Forum des Bundes der Energieverbraucher

Energiepreis-Protest => E => Stadt/Versorger => Erdgas Schwaben => Thema gestartet von: RR-E-ft am 09. Februar 2010, 18:40:52

Titel: Kaufbeuren klagt wegen Konzessionsabgabe
Beitrag von: RR-E-ft am 09. Februar 2010, 18:40:52
Kaufbeuren klagt wegen Konzessionsabgaben (http://www.all-in.de/nachrichten/allgaeu/kaufbeuren/Kaufbeuren-box-konzessionsabgabe;art2759,716994)
Titel: Kaufbeuren klagt wegen Konzessionsabgabe
Beitrag von: Black am 09. Februar 2010, 18:57:30
Daran sieht man, dass die Höhe der gezahlten Konzessionsabgabe keinen Rückschluss darüber zulässt, ob es sich um einen Tarifkunden- oder einen Sondervertrag handelt.

Trotz gezahlter Sonderkunden-KA kann nämlich ein Tarifkundenvertrag vorliegen, was zu Nachforderungsansprüchen des Konzessionsgebers führt.
Titel: Kaufbeuren klagt wegen Konzessionsabgabe
Beitrag von: RR-E-ft am 09. Februar 2010, 18:59:24
Und wonach richtet sich nun die Höhe der zu zahlenden KA?
Wohl danach, ob die Kunden Tarifkunden sind.
Wenn die Kunden Tarifkunden sind, hätte der Versorger- ohne die Gemeinden zu betrügen - wohl die höhere KA gezahlt.
Schließlich verlassen sich die Gemeinden regelmäßig darauf, was der Versorger zum Kundenstatus mitteilt. Oft bleibt ihnen nicht viel mehr übrig.
Titel: Kaufbeuren klagt wegen Konzessionsabgabe
Beitrag von: nomos am 09. Februar 2010, 20:00:05
... spricht man von einem «ungeklärten Rechtsraum». So so!

Schöne Formulierung für eine schlechte Sache.

Welches besondere Edelgas bekommt denn der Tarifkunde oder wo ist die neunmal größere \"Wege-Nutzung\" der Tarifkundengaslieferung? Bitte aufzeigen.

Aber besser das Gericht klärt gleich die Rechtfertigung der sogenannten \"Konzessionsabgabe\" an sich.

PS: .. und wenn der Jahresverbrauch bei über 5 Mio. kWh liegt, liegt überhaupt keine \"Wege-Nutzung\" mehr vor. Zumindestens ist dann eine \"Abgabe\" ausgeschlossen.

Wie wäre das jetzt an der Schweizer Grenze? Kontrolle findet grundsätzlich nicht statt. Vertrauen ist alles und ab 5 Mio. bleibt alles  wieder steuerfrei  ;).
Titel: Kaufbeuren klagt wegen Konzessionsabgabe
Beitrag von: Pedro am 09. Februar 2010, 20:02:08
Der \'\'Sonderkunden-Status\'\' ist nicht selten der einzige Preisvorteil, den auswärtige Anbieter (immer mit Sonderverträgen!) gegenüber dem örtlichen Versorger haben. Die örtlichen Versorger berechnen bekanntlich stattdessen  die hohe KA und führen diese an die Kommune ab, welche dankend annimmt.
Das ist doch auch die Sorge der Kommunen, dass die Einnahmen aus dieser Quelle versiegen. Nicht ohne Grund gibt es starke  politische (und klammheimliche) Bestrebungen bis in den Bundestag, diese \'\'Quellen\'\' ggf. durch eine Änderung der KA-Verordnung zu sichern.
Dazu ist aber hier schon viel geschrieben worden.
Titel: Kaufbeuren klagt wegen Konzessionsabgabe
Beitrag von: RuRo am 10. Februar 2010, 22:02:46
Zitat
Original von Pedro
... Die örtlichen Versorger berechnen bekanntlich stattdessen die hohe KA und führen diese an die Kommune ab, welche dankend annimmt.
Das ist doch auch die Sorge der Kommunen, dass die Einnahmen aus dieser Quelle versiegen.

In dieser konkreten Diskussionsrunde sollten die Besonderheiten der Bayerisch-Schwäbischen Versorgungslage beachtet werden.

Erdgas Schwaben ist festgestellter Grundversorger und hat das Netz an die schwaben netz als eigener Tochter verpachtet. Es werden ca. 70.000 Kunden in knapp 160 Kommunen versorgt. Die umgesetzte Jahresenergiemenge liegt bei etwa 10 Mrd. kWh. Die Anteile liegen zu knapp zwei Dritteln bei der Thüga und einem Drittel bei den Stadtwerken Augsburg. Das sind die Fakten. Die Kommunen richten sich schon aus, es wird nicht bei Kaufbeuren alleine bleiben. Da half selbst kein Kühltransporter (http://forum.energienetz.de/thread.php?threadid=13148)

Erdgas Schwaben hat das Dreieck \"Verbraucher - Versorger - Kommune\" nach Gutdünken ausgefüllt. Die Stellungnahme des Marketingleiters spricht Bände. Nach derzeitigem Sachstand wurden den Kommunen KA in Millionenhöhe vorenthalten. Es wird spannend sein, ob es Erdgas Schwaben gelingt, die kommunalen Partner wieder zu befrieden.

Es dürfte dem aufmerksamen Beobachter nicht verborgen geblieben bleiben, dass der Rechtsbeistand der Erdgas Schwaben, wohl nicht ganz unbedarft, das OLG München mit Engelszungen von einer Belieferung im Rahmen von Sonderverträgen überzeugen wollte. Es sollen Vertreter bayer. Kommunen anwesend gewesen sein, die einen vergnüglichen Nachmittag in Augsburg (http://forum.energienetz.de/thread.php?threadid=13201) hatten.

Sollte diese Welle richtig Schwung bekommen, werden wir noch amüsante Stunden erleben.
Titel: Kaufbeuren klagt wegen Konzessionsabgabe
Beitrag von: RR-E-ft am 10. Februar 2010, 22:13:35
Der Kollege, der für den vergnüglichen Nachmittag vor dem OLG in Augsburg verantwortlich zeichnet, ist wohl nicht zu beneiden, wenn Erdgas Schwaben in der dem Unternehmen eigenen Art sich dann vielleicht an diesen halten wollte.
Titel: Kaufbeuren klagt wegen Konzessionsabgabe
Beitrag von: RuRo am 11. Februar 2010, 12:29:57
Zitat
Original aus der Allgäuer Zeitung
Nach Angaben des Augsburger Unternehmens hat es der Gesetzgeber in der bundesdeutschen Konzessionsabgabenverordnung vor 17 Jahren offen gelassen, wie ein Kunde einzuordnen ist. Erst im Jahr 2006 sei diese Lücke grundsätzlich geschlossen worden: Jetzt seien die Definitionen zwischen Tarif- und Sonderkunde «trennscharf».

Kunden-, Medien-, Bevölkerungsverdummung.

Die Versorger haben es in den letzten 17 Jahren trefflich verstanden, die unbestimmten Regelungen nach Gutdünken anzuwenden und kaum jemanden hat es gestört. Jetzt liegt das Kind in Bayerisch Schwaben im Brunnen. Anstatt an einer Klageerwiderung zu arbeiten, sollte EGS seine Vertragspflichten gegenüber den 160 Kommunen erfüllen. Es könnte teuer werden.

Der 2006 \"vollzogene Lückenschluss\" erschließt sich wohl ausschließlich dem Verfasser derartiger Worthülsen. Die Abgrenzung Tarifkunde/SV-Kunde ist seit 1994 in der KAV unverändert. Richtig ist wohl nur, dass die Versorger meinen, mit einer angepassten Preisstruktur hätte die Abgrenzung an \"Trennungsschärfe\" gewonnen.

Nebenbei bemerkt ist die KAV vom BM für Wirtschaft und Technologie in Abstimmung mit dem Bundesrat erlassen worden. Auch daran hat sich nichts geändert. Gleich geblieben ist auch die Sichtweise der Politiker und verschiedener Dachorganisationen zu diesem Thema.
Titel: Kaufbeuren klagt wegen Konzessionsabgabe
Beitrag von: tangocharly am 19. Februar 2010, 16:21:18
Zitat
Nach Angaben des Augsburger Unternehmens hat es der Gesetzgeber in der bundesdeutschen Konzessionsabgabenverordnung vor 17 Jahren offen gelassen, wie ein Kunde einzuordnen ist. Erst im Jahr 2006 sei diese Lücke grundsätzlich geschlossen worden: Jetzt seien die Definitionen zwischen Tarif- und Sonderkunde «trennscharf».
Quelle: Augsburger Allg.

Wenn man alle Haushaltskunden, die als Tarifkunden vor Gericht geschleppt werden, zu Sondervertragskunden kürt, dann ist diese Trennung schon \"scharf\". So scharf, dass sich vermutlich in Bälde der Staatsanwalt für diese Sache interessieren wird.
Titel: Kaufbeuren klagt wegen Konzessionsabgabe
Beitrag von: RuRo am 19. Februar 2010, 19:44:16
Zitat
Original von tangocharly
So scharf, dass sich vermutlich in Bälde der Staatsanwalt für diese Sache interessieren wird.

Hört, hört.

Allein mir fehlt der Glaube. Bereits vor gut einem Jahr wurde ins gleiche Horn geblasen, offenbar ist der Ton verpufft:

Erdgas Schwaben und das Rechtsbewusstsein (http://forum.energienetz.de/thread.php?threadid=11500)

Zitat
Original von RR-E-ft
Es wird deshalb bereits jetzt beantragt, die Akte nach Abschluss des Verfahrens an die Staatsanwaltschaft beim dem Landgericht Augsburg abzugeben, damit diese den zu Grunde liegenden Sachverhalt unter allen rechtlichen Gesichtspunkten selbständig überprüfen kann.
Titel: Kaufbeuren klagt wegen Konzessionsabgabe
Beitrag von: nomos am 19. Februar 2010, 20:31:13
Zitat
Original von RuRo

Allein mir fehlt der Glaube.
...
Konzessionsabgabe (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=35638#post35638)


... Bei der \"KA\" ist längst nicht nur der Staatsanwalt gefordert![/list]
Titel: Kaufbeuren klagt wegen Konzessionsabgabe
Beitrag von: RR-E-ft am 19. Februar 2010, 20:51:17
Zitat
Original von nomos
Zitat
Original von RuRo

Allein mir fehlt der Glaube.
...
    @RuRo, bei diesem Konstrukt \"Konzessionsabgabe\" hilft auch kein Glaube mehr, egal aus welcher Sicht und egal ob Gas ob Strom ...

    das hier geht z.B.  immer noch:

Konzessionsabgabe (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=35638#post35638)


... Bei der \"KA\" ist längst nicht nur der Staatsanwalt gefordert![/list]


Der Pawlowsche Reflex. Kaum steht irgendwo etwas über Konzessionsabgaben, schon folgt darauf der Verweis, dass diese sowieso insgesamt fragwürdig seien.... Der aufmerksame Forumsleser kann aus der Vielzahl der Beiträge dazu die Auffassung von nomos zum Thema Konzessionsabgaben hinlänglich kennen.  

Man muss doch nicht das selbe Fass alleweil neu aufmachen. ;)
Titel: Kaufbeuren klagt wegen Konzessionsabgabe
Beitrag von: nomos am 20. Februar 2010, 10:43:42
Zitat
Original von RR-E-ft
Der Pawlowsche Reflex. Kaum steht irgendwo etwas über Konzessionsabgaben, schon folgt darauf der Verweis, dass diese sowieso insgesamt fragwürdig seien.... Der aufmerksame Forumsleser kann aus der Vielzahl der Beiträge dazu die Auffassung von nomos zum Thema Konzessionsabgaben hinlänglich kennen.  

Man muss doch nicht das selbe Fass alleweil neu aufmachen. ;)
RR-E-ft zum Kontokorrent, zu bestimmten AGB-Klausen etc. ebenfalls hinlänglich.

Trotzdem ist es immer wieder mal interessant in die offenen Fässer zu schauen. Meistens sind sie noch nicht leer. ;) [/list]
Titel: Kaufbeuren klagt wegen Konzessionsabgabe
Beitrag von: RuRo am 03. Juni 2010, 20:49:36
Die Höhe der Konzessionsabgabe ist bekanntlich abhängig vom Vertragsstatus des belieferten Kunden.

In der aktuellen Ausgabe der Hauszeitschrift „heimatenergie (http://www.erdgas-schwaben.de/geschaeftskunden/heimatenergie)“ des Versorgers wird dazu folgende Einschätzung durch den Kommunalbeauftragten kund getan (Seite 15):

„Die Abgrenzungsmenge zur Bestimmung der jeweiligen Kundengruppe bleibt den Gasversorgungsunternehmen vorbehalten.“
Titel: Kaufbeuren klagt wegen Konzessionsabgabe
Beitrag von: RR-E-ft am 03. Juni 2010, 20:51:40
Selbstbedienungsläden (http://www.erdgas-schwaben.de/geschaeftskunden/kommunen) gibt es im großen Maßstab seit den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts.
Titel: Kaufbeuren klagt wegen Konzessionsabgabe
Beitrag von: RuRo am 22. Juli 2010, 16:07:57
Landgericht Kempten 1 HK O 2653/09 VRiLG Lechner als Einzelrichter  Verhandlungsbeginn: 9.00 Uhr

Stadt Kaufbeuren – Kläger

Erdgas Schwaben – Beklagte
vertreten durch RAin Dr. Kermel, Berlin, anwesend Geschäftsführer Markus Kittl

Sachlage:
Klagegegenstand ist ein Auskunftsanspruch und darauf aufbauend ein Leistungsanspruch auf Konzessionsabgabe für die Zeit von 1999 bis 2004

Verhandlung:
Die Beklagtenvertreterin hat in ihren Schriftsätzen wohl ausführlichen Vortrag zum Vorliegen einer kartellrechtlichen Streitigkeit verwandt. VRiLG Lechner stellt dazu eingangs fest, dass eine solche nicht vorliegt, es lediglich um den Anspruch der Klägerin aus dem geschlossenen Konzessionsvertrag gehe.

Die Konzessionsabgabenverordnung (KAV) kenne auch keine Pflicht zum Abschluss von Sonderverträgen. Ob ein solcher SoV zwischen Versorger und Verbraucher geschlossen wird, obliegt der Entscheidung des Versorgers im Rahmen der allgemeinen Vertragsfreiheit.

Somit liegt auch keine energiewirtschaftliche Streitigkeit, die die Zuständigkeit der Kammer für Handelssachen begründen würde, vor. Es gehe um rein zivilrechtliche Ansprüche aus dem Vertragswerk zwischen Kommune und Versorger.

VRiLG Lechner teilt seine vorläufige rechtliche Einschätzung mit:
Der Anspruch der Klägerin ist verjährt.

Anmerkung:
VRiLG Lechner bemerkt, dass im Zuhörerraum eifrig mitgeschrieben wird, was ihn deutlich missmutig stimmt. Er erwartet für die nächste Zukunft weitere Klagen. Es wird angedeutet, dass eine solche bereits anhängig ist.

Es folgen Ausführungen zur Unterscheidung primärer/sekundärer Erfüllungsansprüche in Abgrenzung zu Schadenersatzansprüchen. Schadenersatz setzt Verschulden voraus. Ob ein solches seitens der Beklagten vorliege erscheint fraglich. Immerhin habe die Klägerin ein vertraglich vereinbartes Auskunftsrecht (wie Richter Lechner sich dessen Ausübung vorstellt wird später deutlich!)

VRiLG Lechner erörtert seine Rechtsauffassung zur Verjährung. Es wird zur Schuldrechtsreform und veränderten Fristen ausgeführt.

Unabhängig von der Verjährung gehe es im Kern um die Unterscheidung Tarifkunde/Sondervertragskunde. Dazu möchte Richter Lechner schon detailliert ausführen, damit die Parteien sich für weitere Verfahren gleich darauf einstellen können.

Wie schon erwähnt gibt es in der KAV keine Abgrenzung. Den Schriftsätzen der Bekl. ist eine Differenzierung der maßgeblichen Begrifflichkeiten zu entnehmen, die so nicht standhalten. Es wir auf ein Gutachten von Prof. Büdenbender verwiesen. Danach gibt es keine Mehrdeutigkeit der Begriffe, sondern eine exakte Eindeutigkeit. Wer sich auf die Versorgung von Tarifkunden beruft (wie in den von ihm verhandelten EKO-Fällen), hat dies auch bei der Abführung der KA so zu handhaben. Entsprechend unterschiedlich argumentierte Klagen des Versorgers gegen seine Verbraucher (insbesondere vor dem AG Kaufbeuren) kann er nicht nachvollziehen und hat dafür auch kein Verständnis.

Die Bezeichnung „Sonderpreis“ in einer allgemeinen Bekanntgabe führe nicht zu einem Sondervertrag. Es ist lediglich ein weiterer allgemeiner Tarif. Die Ausführungen des OLG Düsseldorf, welches insbesondere die Ausführungen des LG Augsburg angreift, sind für Richter Lechner apodiktischer Natur. Eine „Bestpreisabrechnung“ ist jedenfalls keine Belieferung im Rahmen der allgemeinen Vertragsfreiheit. Das EVU entscheidet lediglich WIE beliefert wird. Eine Einschätzung ob dies dann eine Belieferung als Tarifkunde oder SoV-Kunde steht dem EVU nicht zu.

Die Bekl.-Vertreterin und Richter Lechner tauschen dann ihre unterschiedlichen Standpunkte zu dem BFH-Urteil von 1985 (?) und der BGH-Entscheidung, VIII ZR 225/07 vom 15.07.09 aus.

Die alles entscheidende Frage sei:
Ist ein Sonderpreis ein allgemeiner Grundversorgungstarif?

Richter Lechner ist selbst Gaskunde und hat sich den Geschäftsablauf, anhand seines eigenen Verhaltens und dem des Versorgers, noch einmal vor Augen geführt. Er habe Gas entnommen und dies dem Versorger angezeigt, worauf er ein Begrüssungsschreiben erhalten habe. Er habe keine Wahlmöglichkeit zwischen den Tarifen gehabt. Der Versorger habe ihm eine Bestpreisabrechnung mitgeteilt. Dies ist nach seiner Auffassung eine Versorgung im Rahmen der allgemeinen Versorgungspflicht. Etwas anderes könne nur bei entsprechender Wahlmöglichkeit des Verbrauchers gelten.

Ein durchschnittlicher Abnehmer könne nicht ernsthaft glauben, er schließe durch bloße Entnahme von Gas einen Sondervertrag ab.

Wie kann nun die Kommune ihren Auskunftsanspruch geltend machen?
Dazu hat Richter Lechner auch eine vorläufige Meinung. Die Kommune kann beim Versorger die Begrüssungsschreiben einsehen. Nur so könne die Kommune Klarheit über das Rechtsverhältnis zwischen Verbraucher und Versorger bekommen. Dieses Recht der Kommune stellt die Bekl.Vertreterin ausdrücklich während der mündlichen Verhandlung nicht in Abrede.

Zum Ende der Verhandlung legt der Kl.Vertreter seine Auffassung zur Verjährung dar. Es geht um unerlaubte Handlungen (§§ 823 bis 853 BGB).

Richter Lechner nimmt die Kommune hier in die Pflicht. Wer in 2009 einen Zustand aus 2000 beklagt, muss sich schon fragen lassen, wie der vertraglich vereinbarte Auskunftsanspruch in der Vergangenheit ausgeübt wurde. Nach seiner Auffassung sind derartige Ansprüche durch das eigene Verhalten abgeschnitten.

Es folgt der Gütevorschlag, der nach Unterbrechung der Verhandlung wie folgt gefasst wird:

HINWEISE des Gerichts

1.   Nach derzeitiger Rechtsauffassung des Gerichts sind die Ansprüche der Kläger verjährt.

2.   Der sekundäre Erfüllungsanspruch der Klägerin ist dem primären Erfüllungsanspruch gleichgestellt. Als Anspruch aus Vertrag ist die Verjährung zutreffend.
3.   Die Rechtsproblematik wurde ausführlich besprochen. Es gibt zwei kontroverse Auffassungen:

Die Klägerseite sieht in der Übersendung von Begrüssungsschreiben nach der Rechtsprechung des BGH keinen Abschluss eines Sondervertrags. Der titulierte „Sonderpreis“ ist ein Tarif i.S. der AVBGasV.

Die Beklagtenseite sieht, unabhängig von einem förmlichen Vertragsschluss, in dem Begriff „Sonderpreis“ keinen allgemeinen Tarif i.S. der BTO-Gas. Die BTO-Gas ist relevant weil in ihr der Begriff „Pflichttarif“ definiert ist. Die Sicht des Kunden ist damit unerheblich.

Das Gericht schlägt der Klägerseite die Klagerücknahme vor. Im Gegenzug macht die Beklagte keine Kostenerstattung gelten. Die Beklagte erklärt Kostenverzicht. Die Klägerin erklärt die Rücknahme der Klage.

Anmerkung:
Es waren Vertreter weiterer Kommunen anwesend. Mit größtem Interesse wurde von diesen die Reaktion von Frau Dr. Kermel, auf die Vorstellungen des VRiLG Lechner zum Umfang der Auskunftspflicht, aufgenommen. Bis dato war ein derart offenes Verhalten des Konzessionsnehmers zur Klärung von vertraglichen Ansprüchen nicht zu beobachten. Wie ließe sich sonst auch das nächste anhängige Klageverfahren erklären!?
Titel: Kaufbeuren klagt wegen Konzessionsabgabe
Beitrag von: RuRo am 24. Juli 2010, 17:52:46
so titelt die Allgäuer Zeitung zur Verhandlung vom 22.07.10, in ihrer Ausgabe vom 23.07.10 auf Seite 25.

Leider ist der Artikel online nicht verfügbar.

Auszug aus dem Artikel:
Dass die Klage an der Verjährung scheitern würde, sei zu erwarten gewesen,
so ein städtischer Mitarbeiter, der am Rande der Sitzung von einem „Versuchsballon“sprach.

„Wir sind nicht unzufrieden mit dem Verlauf der Gerichtsverhandlung.“ Nun werde die Stadt Ansprüche für die Jahre 2005 und 2006 vor Gericht geltend machen, die nicht verjährt seien. „Dabei geht es dann tatsächlich um die Inhalte“. Die zusätzlichen Konzessionsforderungen für diese zwei Jahre in Höhe von 744 000 Euro machen die finanzielle Dimension des Falls deutlich.

Denn andere Kommunen beobachten den Streit mit Interesse, weil sie sich als Kunden von Erdgas Schwaben ebenfalls nachträglich höhere Abgaben erhoffen.

Anmerkung:
Hoffen allein wird keinen Erfolg bescheren.