Forum des Bundes der Energieverbraucher

Energiepreis-Protest => Grundsatzfragen => Thema gestartet von: Gas-Rebell am 11. November 2009, 21:48:16

Titel: Billigkeitseinrede bei Ersatzversorgung
Beitrag von: Gas-Rebell am 11. November 2009, 21:48:16
Mir kommt in letzter Zeit des öfteren zu Ohren, dass Sondervertragskunden, denen der Vertrag gekündigt wurde, zu einem anderen Versorger gewechselt sind, zwischen dem Auslaufen des Altvertrages und dem Start der Belieferung durch den neuen Versorger aber noch für 1-2 Monate gezwungen waren, im Rahmen eines Ersatzversorgungsverhältnisses aus dem Leitungsnetz des Grundversorgers (der identisch mit dem alten Versorger war) Gas zu entnehmen.

Wie ist die Rechtslage zu beurteilen, wenn ein solcher Verbraucher zum einen bereits vor dem Beginn der Ersatzversorgung, als auch nach Eingang der entsprechenden Schlussabrechnung Billigkeitsrüge nach § 315 BGB erhoben sowie den Rechnungsbetrag einstweilen insgesamt als unverbindlich und nicht fällig zurückbehalten hat und der Versorger daraufhin unter Androhung eines gerichtlichen Mahnverfahrens Zahlung anmahnt?
Titel: Billigkeitseinrede bei Ersatzversorgung
Beitrag von: Cremer am 12. November 2009, 00:44:10
@gasrebell,

Widerspruch einlegen, eigene Abschlussrechnung erstellen und abwarten.
Titel: Billigkeitseinrede bei Ersatzversorgung
Beitrag von: bolli am 12. November 2009, 09:21:10
Da bei der Ersatzversorgung eben kein Vertrag zustande kommt, erscheint es fraglich, ob hier ein Unbilligkeitseinwand möglich ist, da der § 315 BGB gerade einen solchen vorausetzt. Und da es sich lediglich um 3 Monate handelt, in der diese Bezugsform von Energie möglich ist, sollte man abwägen, ob man sich hier auf ein juristisches Risiko einlässt.

Aber man kann es sicher,  wie Cremer schreibt, mal versuchen. Bei einer Mahnung würde ich mir mein weiteres Verhalten in diesem Punkt aber gut überlegen.
Titel: Billigkeitseinrede bei Ersatzversorgung
Beitrag von: reblaus am 12. November 2009, 09:33:34
Bei einer Ersatzversorgung von 1 bis 2 Monaten dürfte ein streitbehafteter Anspruch von 50 bis 100 € anfallen. Bei einer Streiterei um so einen Betrag geht es nur ums Rechthaben und nicht um einen nennenswerten Vorteil.

Wer hier auf seinem Standpunkt besteht ist eine Nervensäge.
Titel: Billigkeitseinrede bei Ersatzversorgung
Beitrag von: Gas-Rebell am 12. November 2009, 12:51:55
Zitat
Original von bolli
Da bei der Ersatzversorgung eben kein Vertrag zustande kommt, erscheint es fraglich, ob hier ein Unbilligkeitseinwand möglich ist, da der § 315 BGB gerade einen solchen vorausetzt.

§ 17 GasGVV, Abs. 1, S. 3 (nach § 3 GasGVV i.V.m. § 38 EnWG ebenfalls gültig für die Ersatzversorgung) besagt wörtlich:
\"§ 315 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bleibt von Satz 2 unberührt.“
Wobei besagter Satz 2 Beschränkungen zum Zahlungsaufschub oder zur Zahlungsverweigerung bei Einwänden gegen Rechnungen und Abschlagsberechnungen des Grundversorgers enthält. Siehe hier (http://www.gesetze-im-internet.de/gasgvv/__17.html).

Inwiefern soll da § 315 BGB aus sich heraus eine Billigkeitseinrede unmöglich machen, sodass der Versorger berechtigt sein könnte, einen gerichtlichen Mahnbescheid zu beantragen?

@ reblaus
Hier geht es mir nur um die Klärung der Rechtslage. Ob jemand dann für sich entscheidet, wegen eines vergleichsweise geringen Betrages den Aufwand der nötigen Korrespondenz und ggf. auch einer gerichtlichen Auseinandersetzung auf sich zu nehmen, sei dahingestellt.

Das rechtliche Risiko selbst halte ich zunächst einmal für begrenzt. Denn wenn der Verbraucher den Versorger mit der Billigkeitseinrede zugleich aufgefordert hat, hinreichende und nachvollziehbare Nachweise für die Billigkeit der in Rechnung gestellten Preise beizubringen und sich bis dahin auf die Unverbindlichkeit und Nichtfälligkeit der Preisforderung beruft, dürfte im Falle einer Rechtshängigkeit der Sache (z.B. durch Klageerhebung des Versorgers oder nach einem Widerspruch gegen den evtl. Mahnbescheid) der Verbraucher keine Veranlassung zur gerichtlichen Auseinandersetzung gegeben haben und insofern erst einmal in Ruhe abwarten können, ob und welche Billigkeitsnachweise der Versorger dann in das schriftliche Vorverfahren einbringt.  Nach deren Prüfung dürfte dann immer noch ein sofortiges Anerkenntnis möglich sein, womit nach § 93 ZPO die Kostenfolge zu Lasten des Versorgers eintreten würde.

Ggf. noch zu prüfen wäre die Frage, inwieweit (vgl. die BGH-Rechtssprechung zur Grundversorgung) auch der Anfangspreis der Ersatzversorgung möglicherweise nicht einer Billigkeitsprüfung nach § 315 BGB unterliegen könnte.

@ Cremer
Eigene Schlussrechnung aufmachen? Wie soll der Verbraucher denn wissen, welche Beträge als billig anzusehen sind?
Titel: Billigkeitseinrede bei Ersatzversorgung
Beitrag von: bolli am 12. November 2009, 13:14:31
Zitat
Original von Gas-Rebell
Zitat
Original von bolli
Da bei der Ersatzversorgung eben kein Vertrag zustande kommt, erscheint es fraglich, ob hier ein Unbilligkeitseinwand möglich ist, da der § 315 BGB gerade einen solchen vorausetzt.

§ 17 GasGVV, Abs. 1, S. 3 (nach § 3 GasGVV i.V.m. § 38 EnWG ebenfalls gültig für die Ersatzversorgung) besagt wörtlich:
\"§ 315 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bleibt von Satz 2 unberührt.“
Wobei besagter Satz 2 Beschränkungen zum Zahlungsaufschub oder zur Zahlungsverweigerung bei Einwänden gegen Rechnungen und Abschlagsberechnungen des Grundversorgers enthält. Siehe hier (http://www.gesetze-im-internet.de/gasgvv/__17.html).

Inwiefern soll da § 315 BGB aus sich heraus eine Billigkeitseinrede unmöglich machen, sodass der Versorger berechtigt sein könnte, einen gerichtlichen Mahnbescheid zu beantragen?
Sie haben Recht, der Unbilligkeitseinwand kann erhoben werden, nur die Sockelpreistheorie dürfte nicht angewandt werden, da ja eben kein Vertrag zustande kommt, bei dem ich diesen anerkannt hätte.
Manchmal verliert man echt den Überblick.  ;)
Titel: Billigkeitseinrede bei Ersatzversorgung
Beitrag von: reblaus am 12. November 2009, 13:35:03
Die Unbilligkeitseinrede kann nach der gefestigten Rechtsprechung zum Sockelpreis nur bei Preisänderungen eingelegt werden. Soweit keine Preisänderung erfolgte, gilt der anfängliche Preis als vertraglich vereinbart. Ich sehe kein Argument, dass dies bei der Ersatzversorgung anders sein sollte.

Allenfalls für den Fall, dass der Verbraucher nachweisen kann, dass die Preisfestsetzung unbillig war, sehe ich gewisse Chancen den Versorgerpreis anzugreifen. Ein solcher Nachweis wird aber allenfalls dann gelingen, wenn der Preis in einem anderen Verfahren erfolgreich angegriffen wurde, und auf diese Beweismittel zurück gegriffen werden kann.
Titel: Billigkeitseinrede bei Ersatzversorgung
Beitrag von: Gas-Rebell am 12. November 2009, 14:42:26
Zitat
Original von reblaus
Die Unbilligkeitseinrede kann nach der gefestigten Rechtsprechung zum Sockelpreis nur bei Preisänderungen eingelegt werden. Soweit keine Preisänderung erfolgte, gilt der anfängliche Preis als vertraglich vereinbart. Ich sehe kein Argument, dass dies bei der Ersatzversorgung anders sein sollte.

Dies ist mir aus folgenden Gründen nicht eingängig:

1. Meiner Kenntnis nach gibt es bisher keinerlei Rechtssprechung zum Sockelpreis bei der Ersatzversorgung.

2. Eine Übertragbarkeit der Rechtssprechung zu Sockelpreisen der Grundversorgung auf die Ersatzversorgung scheidet m.E. aus, da § 3 Abs. 1 S. 1 GasGVV ausdrücklich nur die §§ 4 bis 8, 10 bis 19 und 22 sowie für die Beendigung der Ersatzversorgung nach § 38 Abs. 2 Satz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes § 20 Abs. 3 als für die Ersatzversorgung entsprechend gültig anführt, nicht jedoch § 2 Abs. 2 GasGVV. Damit kommt also im Falle der Ersatzversorgung m.E. kein Vertragsverhältnis und damit auch keine Vereinbarung über einen Sockelpreis zustande, insbesondere dann nicht, wenn schon vor Beginn der Lieferung bzw. notgedrungenen Gasentnahme einem Grundversorgungsvertrag explizit widersprochen und die Preisforderung der Ersatzversorgung als unbillig gerügt wurde.

3. Zudem besagt, wie bereits oben dargelegt, § 17 GasGVV, Abs. 1, S. 3 ausdrücklich (nach § 3 Abs. 1 S. 1 GasGVV auch für die Ersatzversorgung geltend), dass Einreden aus § 315 des Bürgerlichen Gesetzbuchs unberührt bleiben, womit m.E. der Wille des Gesetzgebers offenbar wird, dass Billigkeitsrügen zu Ersatzversorgungspreisen auch dann möglich sein sollen, wenn bei der Ersatzversorgung kein Vertragsverhältnis, sondern lediglich ein gesetzliches Lieferverhältnis zustande kommt. Wie will ein Gericht einschließlich des BGH da an dieser ausdrücklichen Rechtseinräumung des § 17 GasGVV, Abs. 1, S. 3  vorbeikommen?
Titel: Billigkeitseinrede bei Ersatzversorgung
Beitrag von: Crazycreek5 am 12. November 2009, 14:48:32
Falle ich als gekündigter Gaskunde in die Ersatzversorgung?
Ich meine, jeder gekündigte Gaskunde fällt in die Grundversorgung.

 (Bei der Ersatzversorgung beziehen Sie aus dem Niederdrucknetz Energie, ohne dass dieser Bezug einer Lieferung oder einem bestimmten Liefervertrag zugeordnet werden kann, d.h. der Erdgasbezug erfolgt ohne einen Liefervertrag)

Denn hier ist doch ganz klar ein Liefervertrag zugeordnet?
Titel: Billigkeitseinrede bei Ersatzversorgung
Beitrag von: Gas-Rebell am 12. November 2009, 15:10:31
Zitat
Original von Crazycreek5
Falle ich als gekündigter Gaskunde in die Ersatzversorgung?
Ich meine, jeder gekündigte Gaskunde fällt in die Grundversorgung.

Ob Sie \"fallen\", entscheiden Sie selbst. Als gekündigter Sondervertragskunde könnten Sie sich auch entscheiden, zu einem anderen Versorger zu wechseln. Wenn sich dann herausstellt, dass dieser nicht in der Lage ist, einen nahtlosen Belieferungsübergang zu gewährleisten, sondern z.B. erst 1 Monat später, dann könnten Sie Ihrem Altversorger (unterstellt, dass dieser auch Grundversorger ist) mitteilen, dass Sie es ablehnen, für die Überbrückungszeit einen Grundversorgungsvertrag mit ihm zu begründen und lediglich Ersatzversorgung in Anspruch nehmen werden. Dann \"fallen\" Sie keineswegs in die Grundversorgung, sondern beziehen Erdgas ohne einen bestimmten Liefervertrag, sprich über die Ersatzversorgung.

Zugleich lässt sich nach meinem Dafürhalten Billigkeitsrüge gegen den Preis der Ersatzversorgung erheben. Wobei \"Billigkeitsrüge\" hier insbesondere auch meint, den Versorger unter Hinweis auf § 315 BGB und § 17 Abs. 1 S. 3 GasGVV zunächst \"zwecks Vermeidung einer gerichtlichen Auseinandersetzung\" dazu aufzufordern, hinreichende und nachvollziehbare Nachweise für die Billigkeit seiner Preisforderung beizubringen und zu betonen, dass Sie sich bis dahin auf die Unverbindlichkeit und Nichtfälligkeit der Ersatzversorgungspreise berufen.

In o.g. Fallkonstellation, in der der Versorger in einer anschließenden Mahnung mit Einleitung eines gerichtlichen Mahnverfahrens droht, ließe sich ggf. auch noch erwidern, dass man diese Drohung im Wiederholungsfall angesichts der ausdrücklichen Rechtseinräumung des § 17 Abs. 1 S. 3 GasGVV als verwerflich rechtswidrige Handlung ansehen wird, die den Verdacht einer Nötigung i.S.d. 240 StGB begründet.
Titel: Billigkeitseinrede bei Ersatzversorgung
Beitrag von: bolli am 13. November 2009, 09:18:29
Zitat
Original von Crazycreek5
Falle ich als gekündigter Gaskunde in die Ersatzversorgung?
Ich meine, jeder gekündigte Gaskunde fällt in die Grundversorgung.

 (Bei der Ersatzversorgung beziehen Sie aus dem Niederdrucknetz Energie, ohne dass dieser Bezug einer Lieferung oder einem bestimmten Liefervertrag zugeordnet werden kann, d.h. der Erdgasbezug erfolgt ohne einen Liefervertrag)

Denn hier ist doch ganz klar ein Liefervertrag zugeordnet?
Es gibt Versorger, die kündigen ihre Sonderverträge gegenüber Protestkunden und \"empfehlen\" diesen entweder die Unterzeichung eines neuen, beigelegten neuen Sondervertrages oder sich einen neuen Versorger zu suchen (als Sondervertragskunde). Für den Fall, dass dieses nicht gemacht wird, wird eine 3 monatige Versorgung in der Ersatzversorgung angekündigt. Sollte auch dann noch kein neues Vertragsverhältnis bekannt sein, würde man den Kunden in der Grundversorgung versorgen. Hier sagt der Versorger expliziet, dass er sie 3 Monate in der Ersatzversorgung beliefert, OHNE dass ein entsprechender Liefervertrag zustande kommt.

@reblaus
Der BGH sagt eben nicht, dass der Unbilligkeitseinwand nur bei Preisänderungen erhoben werden kann und deshalb der Preissockel immer als vereinbart gilt sondern argumentiert genau anders herum:
WEIL durch die Entnahme von Gas aus dem Gasnetz ein Vertrag zustande kommt und durch die Entnahmehandlung des Kunden eine Akzeptanz des Preises und ein Vertragsschluss in der gesetzlichen Grundversorgung hergeleitet wird, wird als Folge nur noch die Preisänderung mittels Unbilligkeitseinwand nach § 315 BGB angreifbar sein.
Das ist schon was anderes. Denn wenn der Versorger von sich aus die Belieferung in der Ersatzversorgung ankündigt oder die Ersatzlieferung, wie von Gas-Rebell beschrieben, nur als kurze Übergangslösung erfolgt, tritt eben diese Vertragskonstruktion der gesetzlichen Grundversorgung nicht in Kraft mit der Folge, dass auch kein Sockelpreis akzeptiert wurde. Sonst bedürfte es dse Instrumentes \'Ersatzversorgung\' nicht.
Titel: Billigkeitseinrede bei Ersatzversorgung
Beitrag von: Opa Ete am 13. November 2009, 09:32:36
@bolli
welchen Versorger bitte kennen sie, der einen Wechsel zu einem anderen Versorger empfiehlt?? Das die Versorger versuchen die Sondervertragskunden in andere Verträge, mit z.B. jetzt gültigen Klauseln zu locken ist bekannt. Es sind aber immer ihre eigenen neuen Verträge! Wenn man sie nicht unterschreibt, tun die Versorger so, als sei man in der Grundversorgung.
In dem Punkt mit @reblaus gebe ich ihnen recht. Es ist gerade noch nicht geklärt, ob man als Sondervertragskunde, der eine ungültige Preisgleitklausel hatte, den Preis seit Vertragsabschluss zu zahlen braucht, oder den Preis, seit man das erste mal Widerspruch eingelegt hat, denn bis dahin hat man ja die Preise faktisch anerkannt.
In der Praxis wird es auch oft so sein, das man den Preis vom Vertragsabschluss gar nicht mehr kennt, sei es das man schon 20 Jahre Kunde ist und die Unterlagen nicht mehr hat , sei es dass man überhaupt
nichts unterschrieben hat.
Gruß Opa Ete
Titel: Billigkeitseinrede bei Ersatzversorgung
Beitrag von: Christian Guhl am 13. November 2009, 09:57:07
Zitat
Original von Opa Ete
...denn bis dahin hat man ja die Preise faktisch anerkannt.
Das sehe ich aber anders ! Damit ich etwas anerkenne, muss mir ein Angebot gemacht werden. Da dem Versorger aber gar kein Recht zusteht (aufgrund der unwirksamen Klausel) die Preise zu ändern, verstößt schon das Angebot gegen den Vertrag. Erst recht muss das gelten, wenn der Versorger den Kunden täuscht und ihm vorgaukelt, er befindet sich in der Grundversorgung und es besteht ein gesetzliches Recht zur Preisänderung. Sollte es anders sein, wäre kein Vertrag mehr angreifbar, sobald der andere Vertragspartner gezahlt hat. Es wäre immer alles konkludent anerkannt, egal wie unwirksam der Vertrag auch sei.
Titel: Billigkeitseinrede bei Ersatzversorgung
Beitrag von: Opa Ete am 13. November 2009, 10:05:15
@Christian Guhl
das dürfen sie auch anders sehen. Ich habe doch gerade geschrieben, dass diese Sache noch nicht eindeutig geklärt ist!
Titel: Billigkeitseinrede bei Ersatzversorgung
Beitrag von: bolli am 13. November 2009, 13:34:08
Zitat
Original von Opa Ete
@bolli
welchen Versorger bitte kennen sie, der einen Wechsel zu einem anderen Versorger empfiehlt??
Deshalb hatte ich das empfiehlt in \"\" gesetzt. Bei mir stand sinngemäß (hab den Text jetzt nicht hier): \"... Sollten Sie den neuen Vertrag nicht unterzeichnen, werden wir  Sie ab dem ..... für 3 Monate in der Ersatzversorgung beliefern. Sollten Sie bis zum Ende dieser Ersatzversorgung keinen neuen Versorger benannt haben, erfolgt die weitere Versorgung in der gesetzlichen Grundversorgung, die in der Regel teurer und daher für Sie ungünstiger ist....\" Wenn ich also nicht unterschreiben will, soll ich mir ruhig jemand anders suchen. Wenn  das nicht erfolgt, gibt\'s nach 3 Monaten die Grundversorgung.
Ist für mich ne \"Empfehlung\" zum Suchen eines anderen Lieferanten, wenn ich keinen neuen Vertrag unterzeichnen will.
Titel: Billigkeitseinrede bei Ersatzversorgung
Beitrag von: Gas-Rebell am 13. November 2009, 17:38:10
Es wundert mich, dass sich reblaus noch nicht wieder zu Wort gemeldet hat. Sollte es tatsächlich so sein, dass er nach den von mir angemeldeten Zweifeln von seiner Theorie der Übertragbarkeit der Sockelpreis-Rechtssprechung von Grundversorgungsverträgen auf die Ersatzversorgung abgerückt ist?
Titel: Billigkeitseinrede bei Ersatzversorgung
Beitrag von: Black am 13. November 2009, 17:52:09
§ 315 BGB verlangt das Vorliegen eines Vertrages.

§ 315 BGB
1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.


Bei der Ersatzversorgung gibt es keine Vertragsschließenden. Insoweit keine Anwendbarkeit.
Titel: Billigkeitseinrede bei Ersatzversorgung
Beitrag von: RR-E-ft am 13. November 2009, 18:46:18
§ 315 BGB findet nach h.M. über seinen Wortlaut hinaus auch auf gesetzliche Leistungsbestimmungsrechte Anwendung (vgl. BGH VIII ZR 36/06 m.w.N.).

Bei der Ersatzversorgung besteht kein Vertrag und keine vertragliche Abrede über den Preis. Das Gesetz bestimmt jedoch, dass die Belieferung zu einem vom Grundversorger aufzustellenden und zu veröffentlichtenden Preis erfolgt, was dem Grundversorger ein entsprechendes Preisbestimmungsrecht einräumt, zumal dieser der gesetzlichen Verpflichtung aus §§ 1, 2 EnWG unterliegt.

Die Argumente dazu sind längst getauscht und einfach nur Wiedergänger.
Titel: Billigkeitseinrede bei Ersatzversorgung
Beitrag von: Black am 13. November 2009, 19:01:37
Zitat
Original von RR-E-ft
§ 315 BGB findet nach h.M. über seinen Wortlaut hinaus auch auf gesetzliche Leistungsbestimmungsrechte Anwendung (vgl. BGH VIII ZR 36/06 m.w.N.).

Ja. Auf ein gesetzliches Preisbestimmungsrecht, welches per Gesetz Vertragsinhalt wird.

Auch im Sachverhalt, der der zitierten BGH Entscheidung zugrunde lag, gab es also \"Vertragsschließende\" i.S.d. § 315 BGB. § 315 BGB sagt nicht, dass das Preisanpassungsrecht aus dem Vertrag folgen muss, aber es muss zwischen den Parteien überhaupt erst einmal eine Rechtsbeziehung auf vertraglicher Basis bestehen.
Titel: Billigkeitseinrede bei Ersatzversorgung
Beitrag von: reblaus am 13. November 2009, 19:11:13
@Gas-Rebell
Ich halte jeden Rechtsstreit über Preise in der Ersatzversorgung für geradezu schwachsinnig. Dies insbesondere deshalb, weil man zum Nachweis der Billigkeit gegebenenfalls ein Sachverständigengutachten mit Kosten von bis zu 10.000 € einzuholen hätte, die Ersatzversorgung aber längstens drei Monate anhält. Aus diesem Grunde habe ich mir bisher keine weiteren Gedanken dazu gemacht, warum die Anwendung des § 315 BGB in diesem Falle nicht in Frage kommt. Ich vermute jedoch, dass dies schlussendlich so kommen würde, wenn irgendein Esel wegen so etwas tatsächlich einen Streit vom Zaun brechen würde.

Ich sehe aber Black ist hier nicht so denkfaul.
Titel: Billigkeitseinrede bei Ersatzversorgung
Beitrag von: Gas-Rebell am 13. November 2009, 19:50:35
@ reblaus

Wie ich schon oben sagte: Es geht mir hier rein um die Klärung der Rechtslage und nicht um die Frage irgendeiner \"Schwachsinnigkeit\", sich um Kleinbeträge zu streiten.

@ all

Ungeachtet der Tatsache, dass sich der BGH bisher zum Thema \"Billigkeitsprüfung von Ersatzversorgungspreisen\" noch nicht geäußert hat:

Wie kann es sein, dass § 3 Abs. 1 S. 1 GasGVV ausdrücklich auch den § 17 GasGVV als für die Ersatzversorgung entsprechend gültig anführt, und dieser (§ 17 GasGVV) in Abs. 1, S. 3 dann ausdrücklich besagt, dass § 315 BGB unberührt bleibt (also auch für den Ersatzversorgungsfall, in dem kein Vertragsverhältnis vorliegt?

Wie lässt sich das anders verstehen, als dass nach dem Willen des Gesetzgebers auch im Fall der vertragslosen Ersatzversorgung ungeachtet des Wortlauts „Vertragsschließende“ eine Billigkeitsrüge zulässig sein soll?

Stellt der Gesetzgeber hier nicht darauf ab, dass die Ersatzversorgung als eine Art gesetzliches \"Ersatz-Vertrags-Verhältnis\" mit vorgeschriebenen Leistungs- und Gegenleistungsverpflichtungen zu sehen ist, das im Hinblick auf § 315 BGB \"normalen\" Vertragsverhältnissen, die durch Vertragsschließende bestimmt wurden, gleichgestellt sein soll?
Titel: Billigkeitseinrede bei Ersatzversorgung
Beitrag von: Black am 13. November 2009, 23:30:46
@gas rebell

Die Aussage eine bestimmte Norm sei \"unberührt\" heißt nur, dass § 315 BGB durch § 17 GVV nicht als speziellere Norm von vornherein verdrängt wird, sondern dass neben den speziellen Einwendungen des § 17 GVV auch immer noch die Möglichkeit des § 315 BGB bestehen kann.

Dafür muss dann aber trotzdem der Tatbestand des § 315 BGB erfüllt sein. Ist er bei der Ersatzversorgung aber nicht.
Titel: Billigkeitseinrede bei Ersatzversorgung
Beitrag von: Gas-Rebell am 14. November 2009, 13:09:07
Zitat
Original von Black
@gas rebell

Die Aussage eine bestimmte Norm sei \"unberührt\" heißt nur, dass § 315 BGB durch § 17 GVV nicht als speziellere Norm von vornherein verdrängt wird, sondern dass neben den speziellen Einwendungen des § 17 GVV auch immer noch die Möglichkeit des § 315 BGB bestehen kann.

Dafür muss dann aber trotzdem der Tatbestand des § 315 BGB erfüllt sein. Ist er bei der Ersatzversorgung aber nicht.
Dem kann ich nicht folgen.

Denn wenn einerseits nach § 17 Abs. 1 S. 3 GasGVV die Anwendung des § 315 BGB auf die Ersatzversorgung nicht ausgeschlossen sein soll, nach dessen Inhalt aber eine Anwendung auf die Ersatzversorgung per se ausgeschlossen wäre, dann wäre die Regelung des § 17 Abs. 1 S. 3 GasGVV gänzlich unsinnig.

Denn wozu sollte der Gesetzgeber ausdrücklich darauf hinweisen, dass die Regelung des § 315 BGB auch im Fall der Ersatzversorgung Anwendung finden kann, wenn eine solche An-wendung nach dem Gesetzestext schon von vornherein ausscheiden würde?

Eine solche widersinnige Intention mag ich dem Gesetzgeber nicht unterstellen.
Titel: Billigkeitseinrede bei Ersatzversorgung
Beitrag von: reblaus am 14. November 2009, 13:36:06
§ 17 GasGVV schreibt die Anwendung des § 315 BGB nicht vor. Er besagt lediglich, dass durch § 17 GasGVV die Anwendung des § 315 BGB nicht ausgeschlossen ist.

Der Gesetzgeber stellt damit klar, dass für alle die Fälle, bei denen § 315 BGB anzuwenden ist, der Verbraucher nicht auf die Rückforderungsklage angewiesen ist, sondern die Zahlung von vorn herein verweigern darf.
Titel: Billigkeitseinrede bei Ersatzversorgung
Beitrag von: Gas-Rebell am 14. November 2009, 18:25:55
Zitat
Original von reblaus
§ 17 GasGVV schreibt die Anwendung des § 315 BGB nicht vor. Er besagt lediglich, dass durch § 17 GasGVV die Anwendung des § 315 BGB nicht ausgeschlossen ist.
Ich behaupte nichts anderes. Gleichwohl noch einmal: Wozu sollte der Gesetzgeber ausdrücklich darauf hinweisen, dass die Regelung des § 315 BGB auch im Fall der Ersatzversorgung Anwendung finden kann, wenn eine solche Anwendung nach dem Gesetzestext schon von vornherein ausscheiden würde?

Außerdem: Wenn § 315 BGB bei der Ersatzversorgung nicht greifen würde, könnte der Ersatzversorgte im Gegensatz zu grundversorgten Verbrauchern selbst dann keinerlei Billigkeitseinwände erheben, wenn der Ersatzversorgungspreis innerhalb der dreimonatigen Dauer deutlich erhöht werden würde. Wie rechtfertigt sich eine solche Ungleichbehandlung?
Titel: Billigkeitseinrede bei Ersatzversorgung
Beitrag von: Gas-Rebell am 15. November 2009, 12:16:31
Zitat
Original von RR-E-ft
§ 315 BGB findet nach h.M. über seinen Wortlaut hinaus auch auf gesetzliche Leistungsbestimmungsrechte Anwendung (vgl. BGH VIII ZR 36/06 m.w.N.).

Bei der Ersatzversorgung besteht kein Vertrag und keine vertragliche Abrede über den Preis. Das Gesetz bestimmt jedoch, dass die Belieferung zu einem vom Grundversorger aufzustellenden und zu veröffentlichtenden Preis erfolgt, was dem Grundversorger ein entsprechendes Preisbestimmungsrecht einräumt, zumal dieser der gesetzlichen Verpflichtung aus §§ 1, 2 EnWG unterliegt.

Die Argumente dazu sind längst getauscht und einfach nur Wiedergänger.

Mir ist nicht klar, ob sie damit Blacks Auffassung folgen oder nicht. Zumindest kann ich nicht erkennen, dass Sie von Ihrer hier  (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=51615#post51615)seinerzeit geäußerten Ansicht, dass  § 315 BGB auch auf die Ersatzversorgung Anwendung finde, an irgendeiner Stelle wieder abgerückt sind.
Titel: Billigkeitseinrede bei Ersatzversorgung
Beitrag von: bolli am 16. November 2009, 09:23:31
Zitat
Original von reblaus
@Gas-Rebell
Ich halte jeden Rechtsstreit über Preise in der Ersatzversorgung für geradezu schwachsinnig. Dies insbesondere deshalb, weil man zum Nachweis der Billigkeit gegebenenfalls ein Sachverständigengutachten mit Kosten von bis zu 10.000 € einzuholen hätte, die Ersatzversorgung aber längstens drei Monate anhält.
Vom Grundsatz her bin ich Ihrer Meinung, wenn man die Ersatzversorgung für sich alleine betrachtet.
Sehe ich sie aber im Zusammenhang mit einer anschließenden Grundversorgung und würde mal annehmen, dass eine Billigkeitseinwendung in dieser Ersatzversorgung zulässig wäre und wenn ich dann weiterhin annehme, dass in der Ersatzversorgung, mangels Vertrag kein vereinbarter Sockelpreis vorliegt und ich somit den gesamten Preis auf seine Billigkeit prüfen kann und wenn ich dann noch Ihrer Meinung folge
Zitat
Original von reblaus
Allenfalls für den Fall, dass der Verbraucher nachweisen kann, dass die Preisfestsetzung unbillig war, sehe ich gewisse Chancen den Versorgerpreis anzugreifen. Ein solcher Nachweis wird aber allenfalls dann gelingen, wenn der Preis in einem anderen Verfahren erfolgreich angegriffen wurde, und auf diese Beweismittel zurück gegriffen werden kann.
dann könnte solch ein Verfahren Sinn machen, um einen anderen Sockelpreis zu bekommen. Da aber in dem ganzen Bereich der Billigkeitsprüfung noch ne Menge Ungereimtheiten stecken halte ich das Risiko in solche einem Verfahren für nicht unerheblich und würde mich zunächst einmal gar nicht mit diesem Thema beschäftigen. ist ja nicht so, als ob es nicht genug andere \"Baustellen\" geben würde.  :D
Titel: Billigkeitseinrede bei Ersatzversorgung
Beitrag von: Black am 16. November 2009, 09:58:08
Zitat
Original von Gas-Rebell
Zitat
Original von reblaus
§ 17 GasGVV schreibt die Anwendung des § 315 BGB nicht vor. Er besagt lediglich, dass durch § 17 GasGVV die Anwendung des § 315 BGB nicht ausgeschlossen ist.
Ich behaupte nichts anderes. Gleichwohl noch einmal: Wozu sollte der Gesetzgeber ausdrücklich darauf hinweisen, dass die Regelung des § 315 BGB auch im Fall der Ersatzversorgung Anwendung finden kann, wenn eine solche Anwendung nach dem Gesetzestext schon von vornherein ausscheiden würde?

Weil der Gesetzgeber die Regelung des § 17 GVV in primär für die Grundversorgung gestaltet hat. Und hier ist der Verweis ja auch nicht sinnlos.

Man könnte jetzt argumentieren, dass der Gesetzgeber ja bei der Übertragung auf die Ersatzversorgung diesen Abschnitt des § 17 hätte ausklammern können, aber das mußte er nicht, da ein solcher Blindverweis ja nicht schädlich ist, sondern nur ins Leere führt.

Etwas anderes wäre es vielleicht gewesen, wenn der Gesetzgeber in § 17 gesagt hätte: \"§ 315 BGB findet Anwendung\". Indem er aber gesagt hat, der § 315 BGB sei nicht ausgeschlossen (unberührt) ist die Prüfung der  Anwendbarkeit (wie bei jeder anderen Norm auch) eben noch erforderlich.
Titel: Billigkeitseinrede bei Ersatzversorgung
Beitrag von: Heinrich am 16. November 2009, 10:57:36
Zitat
Original von Black

Weil der Gesetzgeber die Regelung des § 17 GVV in primär für die Grundversorgung gestaltet hat. Und hier ist der Verweis ja auch nicht sinnlos.

Man könnte jetzt argumentieren, dass der Gesetzgeber ja bei der Übertragung auf die Ersatzversorgung diesen Abschnitt des § 17 hätte ausklammern können, aber das mußte er nicht, da ein solcher Blindverweis ja nicht schädlich ist, sondern nur ins Leere führt.

Etwas anderes wäre es vielleicht gewesen, wenn der Gesetzgeber in § 17 gesagt hätte: \"§ 315 BGB findet Anwendung\". Indem er aber gesagt hat, der § 315 BGB sei nicht ausgeschlossen (unberührt) ist die Prüfung der  Anwendbarkeit (wie bei jeder anderen Norm auch) eben noch erforderlich.

Sie sagen es: Wäre Ihre Ansicht zutreffend, wäre die ausdrückliche Regelung des Gesetzgebers, dass § 315 BGB auch für die Ersatzversorgung nicht ausgeschlossen ist, ein völlig sinnloser Blindverweis, der ins Leere führt. Das dies zumindest \"bedingter Vorsatz\" des Gesetzgebers gewesen sein soll, halte auch ich für eine sehr gewagte Theorie. Insbesondere auch wegen der daraus resultierenden Benachteiligung von Ersatzversorgungs- gegenüber Grundversorgungskunden.

Zitat
Original von Gas-Rebell
Wenn § 315 BGB bei der Ersatzversorgung nicht greifen würde, könnte der Ersatzversorgte im Gegensatz zu grundversorgten Verbrauchern selbst dann keinerlei Billigkeitseinwände erheben, wenn der Ersatzversorgungspreis innerhalb der dreimonatigen Dauer deutlich erhöht werden würde. Wie rechtfertigt sich eine solche Ungleichbehandlung?
Titel: Billigkeitseinrede bei Ersatzversorgung
Beitrag von: Black am 16. November 2009, 11:27:55
Diese angebliche \"Benachteiligung\" rührt daher, dass der Kunde in der Ersatzversorgung Energie bezieht, ohne hierfür einen Vertrag abgeschlossen zu haben. Das dies überhaupt möglich ist, stellt schon einen echten Vorteil dar.

Ich könnte auch andersherum fragen: Warum ist der Grundversorgungskunde gegenüber dem Ersatzversorgungskunden benachteiligt? Immerhin unterliegt der Grundversorgungskunde einer Vertragsbindung, wohingegen der ersatzversorgte Kunde völlig frei ist und trotzdem keine höheren Preise zahlt...
Titel: Billigkeitseinrede bei Ersatzversorgung
Beitrag von: nomos am 16. November 2009, 12:05:34
@Black, die Fragen kann man stellen, Sinn macht das wenig. Es geht da auch nicht um Vorteile zwischen Ersatz- Grund- und Sonderversorgung. Das wäre kaum im Sinne des EnWG.

Es geht auch nicht um eine Versorgung mit Zuckerwatte o.ä., es geht um lebensnotwendigen Grundbedarf. Der Staat, vor allem die Kommunen, sind in der Pflicht und die marktbeherrschenden Engergieversorger wurden daher per Gesetz zur Ersatz- und Grundversorgung (u.a. so preisgünstig wie möglich) verpflichtet.

Selbst die Versorger stellen sich und werben damit. Ich finde das gut, unterstellt, das ist ernstgemeint:
Titel: Billigkeitseinrede bei Ersatzversorgung
Beitrag von: Black am 16. November 2009, 12:55:11
Natürlich, die Ersatzversorgung ist in jedem Fall sinnvoll und berechtigt. Die Frage war aber, warum der ersatzversorgte vertragslose Kunde in Bezug auf § 315 BGB schlechter gestellt sein sollte, als der Kunde in der Grundversorgung.

Und die Antwort war eben, weil bereits die Ersatzversorgung eine rechtliche Sonderstellung einnimmt, die im § 315 BGB nicht vorgesehen ist.
Titel: Billigkeitseinrede bei Ersatzversorgung
Beitrag von: Gas-Rebell am 16. November 2009, 16:32:39
@ Heinrich

Sie treffen den Kern. Denn nur so wird ein Schuh daraus: Gerade um eine Ungleichbehandlung und Benachteiligung gegenüber Grundversorgungskunden zu vermeiden (die sich bei Nichthaushaltskunden auch schnell zu erheblichen Beträgen aufsummieren kann), hat der Gesetzgeber über § 3 Abs. 1 S. 1 GasGAVV i.V.m. § 17 Abs. 1 S. 3 bestimmt, dass auch in der Ersatzversorgung Einreden aus § 315 BGB erhoben werden dürfen.


@ Black

Zitat
Diese angebliche \"Benachteiligung\" rührt daher, dass der Kunde in der Ersatzversorgung Energie bezieht, ohne hierfür einen Vertrag abgeschlossen zu haben. Das dies überhaupt möglich ist, stellt schon einen echten Vorteil dar.

Ich könnte auch andersherum fragen: Warum ist der Grundversorgungskunde gegenüber dem Ersatzversorgungskunden benachteiligt? Immerhin unterliegt der Grundversorgungskunde einer Vertragsbindung, wohingegen der ersatzversorgte Kunde völlig frei ist und trotzdem keine höheren Preise zahlt...

Wollen Sie allen Ernstes behaupten, dass in der Versagung einer Billigkeitsprüfung für Ersatzversorgungskunden kein Nachteil gegenüber Grundversorgungskunden zu sehen sei?

Sie gehen auf dies Thema überhaupt nicht ein, sondern weichen dahingehend aus, dass eine wie immer geartete Benachteiligung zu vernachlässigen sei, weil diese einen Ausgleich für angeblich „echte Vorteile“ gegenüber Grundversorgungskunden darstelle. Darüber hinaus ist diese Argumentation auch nicht nachvollziehbar.

Denn worin soll der „echte Vorteil“ eines zeitweiligen vertragslosen Zustands konkret bestehen?

Und wie kommen Sie darauf, der Ersatzversorgte sei „völlig frei“, obwohl er genau wie der Grundversorgte den Regelungen der GasGVV unterworfen ist?

Und wieso zahlen Ersatzversorgte angeblich keine höheren Preise? Sie übersehen, dass für die Ersatzversorgung von Nichthaushaltskunden durchaus höhere Preise verlangt werden können.


@ Bolli

Zitat
Da aber in dem ganzen Bereich der Billigkeitsprüfung noch ne Menge Ungereimtheiten stecken halte ich das Risiko in solche einem Verfahren für nicht unerheblich und würde mich zunächst einmal gar nicht mit diesem Thema beschäftigen.

Ich halte es für wenig hilfreich, sich von diffusen Ängsten leiten zu lassen. Beleuchten wir lieber, welche tatsächlichen Risiken bestünden (unabhängig von der von reblaus aufgeworfenen „Nervensägen“-Frage).

Bei der Erhebung des Billigkeitseinwands gegenüber dem Versorger geht es zunächst überhaupt noch nicht um eine gerichtliche Auseinandersetzung, sondern gerade darum, eine solche zu vermeiden. Der Verbraucher möchte lediglich erst einmal die Möglichkeit eingeräumt bekommen, anhand von ausreichenden und nachvollziehbaren Unterlagen und Auskünften die Preisforderung des Versorgers auf ihre Billigkeit prüfen zu können. Zudem auf eigene Kosten.

Wenn der Versorgung nun diese Prüfungsmöglichkeit verweigert oder nicht alle für eine hinreichende Prüfung notwendigen Informationen offenlegen will und der Verbraucher als Druckmittel einstweilen auch seine Zahlungen zurückhält, wird der Versorger klagen müssen, so er an sein Geld kommen will.

Hier könnte er nach meiner Kenntnis z.B. Feststellungs- und Zahlungsklage mit dem von Black vertretenen Argument erheben, dass bei der Ersatzversorgung eine Billigkeitsprüfung und damit auch ein Zurückbehaltungsrecht des Verbrauchers ausscheide. Wogegen es meiner Auffassung nach jedoch gute Gegenargumente gibt (siehe oben). Wie immer der Streit dann auch ausginge, das Kostenrisiko läge bei einem angenommenen Streitwert bis 100 Euro (ja, ja reblaus, ich weiß ;) ), beidseitiger anwaltlicher Vertretung und Urteil insgesamt bei 253,50 Euro. Zuständige Instanz wäre das Amtsgericht, eine Berufung schiede wegen zu geringer Streitwerthöhe aus. Offen stehen würde ggf. noch der Weg der Verfassungsbeschwerde.

Die Frage der Preisbilligkeit wäre zu entscheiden, wenn das Gericht die Zulässigkeit einer Billigkeitsrüge aus § 315 BGB für die Ersatzversorgung bejahen oder der Versorger direkt auf entsprechende Feststellung klagen würde. In diesem Rahmen sollte es dem Verbraucher dann m.E. zustehen, noch vor dem Termin und einer richterlichen Anordnung auf Einholung eines Sachverständigengutachtens Einblick in die angebotenen Beweismittel des Versorgers zu nehmen, damit er entscheiden kann, ob er die behauptete Billigkeit der Versorgerpreise ggf. noch mittels „Sofortigem Anerkenntnis“ akzeptieren will. Tut er dies, sollte nach § 93 ZPO die Kostenentscheidung zu Lasten des klagenden Versorgers gehen, da der beklagte Verbraucher im Vorfeld der Klage keine Veranlassung zu deren Einreichung gegeben hat. Mit Kosten hätte der Verbraucher hier erst dann zu rechnen, wenn er nach eigener Prüfung der Beweistatsachen die geltend gemachte Billigkeit der Versorgerpreise nicht anerkennt und das Gericht zur entsprechenden Feststellung schreitet, ggf. unter Beiziehung eines Sachverständigen.
Titel: Billigkeitseinrede bei Ersatzversorgung
Beitrag von: Black am 16. November 2009, 17:19:51
Zitat
Original von Gas-Rebell

Wollen Sie allen Ernstes behaupten, dass in der Versagung einer Billigkeitsprüfung für Ersatzversorgungskunden kein Nachteil gegenüber Grundversorgungskunden zu sehen sei?

Sie gehen auf dies Thema überhaupt nicht ein, sondern weichen dahingehend aus, dass eine wie immer geartete Benachteiligung zu vernachlässigen sei, weil .......

Natürlich ist die Versagung des § 315 BGB ein Nachteil.
Aber die Anwendbarkeit von Gesetzen (hier des § 315 BGB) bemisst sich nicht daran, ob das für irgendjemanden jetzt vorteilhaft oder nachteilhaft ist. § 315 BGB verlangt einen Vertrag.
Titel: Billigkeitseinrede bei Ersatzversorgung
Beitrag von: Gas-Rebell am 16. November 2009, 18:16:21
Zitat
Original von Black
Natürlich ist die Versagung des § 315 BGB ein Nachteil.
Aber die Anwendbarkeit von Gesetzen (hier des § 315 BGB) bemisst sich nicht daran, ob das für irgendjemanden jetzt vorteilhaft oder nachteilhaft ist. § 315 BGB verlangt einen Vertrag.
Ich bin nach wie vor der Ansicht, dass es die Intention des Gesetzgebers war, über § 17 GasGVV auch die Ersatzversorgung einer Billigkeitsprüfung zugänglich zu machen, um eine Ungleichbehandlung von ersatzversorgten Letztverbrauchern gegenüber Grundversorgungskunden zu vermeiden.

Wozu heißt es auch \"Ersatz-Versorgung\", wenn da nicht ein Rechtsverhältnis geschaffen werden soll, dass vertragliche Abreden ersetzt? Hier liegt m.E. ein faktisches Vertragsverhältnis im Sinne eines Quasivertrages vor, aus dem Ansprüche entstehen, wenn die Parteien in einem vertragsähnlichen Kontext – aber ohne gültigen Vertrag – handeln und wenn die partielle Anwendung vertragsrechtlicher Normen zu angemesseneren Ergebnissen führt als außervertragliches Recht.

Nur vor diesem Hintergrund macht die ausdrückliche Einbeziehung auch der Ersatzversorgung in § 17 GasGVV durch den Gesetzgeber Sinn.
Titel: Billigkeitseinrede bei Ersatzversorgung
Beitrag von: bolli am 17. November 2009, 09:16:24
@Gas-Rebell
Ich gebe Ihnen bezüglich der Billigkeitsprüfung durchaus Recht, dass ich auch der Meinung bin, dass diese auch auf die Ersatzversorgung anwendbar sein müsste, da sonst der Hinweis in § 17 GasGVV keinen Sinn machen würde.

Aber Ihre Konstruktion, mit der Sie augenscheinlich die Kosten eines Sachverständigengutachtens zu Lasten des Verbrauchers abwehren wollen, halte ich für etwas sehr konstruiert.
Der Nachweis der Billigkeit geht regelmäßig nur über die Offenlegung der Kalkulationen, die auch \"Geschäftsgeheimnisse\" enthalten, die man halt nicht gerne zu Markte tragen möchte, was ich ansatzweise nachvollziehen kann. Demzufolge ist nicht zu erwarten, dass Sie diesen Einblick in einem Vorverfahren erhalten, denn Sie könnten ja im Hauptberuf der Geschäftsführer eines konkurrierenden Unternehmens sein, der auf diese Weise dann bequem an diese Kalkulationen käme. Auch ergibt sich für mich nicht, dass das EVU eine Verpflichtung hätte, diese vorgerichtliche Billigkeitsprüfung vorrangig zu wählen. Im Gegenteil, dadurch, dass im § 315 Abs. 2 ausdrücklich von einer gerichtlichen Festleguzng der Preise gesprochen wird, scheint der Gesetzgeber davon auszugehen, dass soclhe Streitfälle eh vor Gericht landen und dann das Gericht den billigen Preis festlegt.
Und das Sie den Streit aufgrund des Streitwertes vor dem AG ansiedeln (wollen) und wegen des geringen Wertes keine Berufungmöglichkeit sehen, erhöht Ihre Chancen bei unserer Richtervielfalt an den AG nicht gerade. Beispiele sind ja genug vorhanden.

Oder soll das nur ein Weg für die angesprochene Verfassungsbeschwerde sein, da Sie ja anscheinend den höchsten Instanzen (VerfG, EuGH etc.) mehr zugetan sind als den üblichen untren Instanzen ?

Meiner bescheidenen Meinung nach werden Sie mit dieser Kostenverteilung nicht hinkommen und können sich schon mal einen Sitzplatz in Karlsruhe reservieren.
Titel: Billigkeitseinrede bei Ersatzversorgung
Beitrag von: Black am 17. November 2009, 10:01:00
Der Verweis in § 17 GasGVV ist inhaltlich nicht geeignet den erforderlichen Tatbestand des § 315 BGB zu verändern.

Die Prüfungsreihenfolge läuft so ab:

1. Wo sind Einwände gegen Rechnungen geregelt?

spezielleres Gesetz geht vorst das allgemeinere Gesetz, daher § 17 GasGVV.

2. Kann neben § 17 GasGVV der § 315 BGB noch Anwendung finden?

Ja, denn § 17 GasGVV schreibt, das § 315 BGB \"unberührt\" bleibe.

3. Ist § 315 BGB auf den konkreten Fall (Ersatzversorgung) anwendbar

Nein, denn es fehlt am Vertrag

4. Erweitert § 17 GasGVV den Anwendungsbereich des § 315 BGB auch auf vertragslose Zustände?

Nein, denn § 17 GasGVV läßt § 315 BGB ja ausdrücklich \"unberührt\" und damit unverändert. Damit erfolgt gerade keine Erweiterung des § 315 BGB über seinen eigentlichen Tatbestand hinaus.
Titel: Billigkeitseinrede bei Ersatzversorgung
Beitrag von: Gas-Rebell am 17. November 2009, 11:01:02
Zitat
Original von bolli
@Gas-Rebell
Ihre Konstruktion, mit der Sie augenscheinlich die Kosten eines Sachverständigengutachtens zu Lasten des Verbrauchers abwehren wollen, halte ich für etwas sehr konstruiert.

Zunächst: Sie meinen wahrscheinlich \"zu Lasten des Versorgers\".  Darüber hinaus: Ich konstruiere gar nichts. Ich halte mich exakt an die Vorgehensweise, die auch Grundlage der BdEV-Musterbriefe und -empfehlungen ist. (vgl. u.a. hier   (http://bdev.de/de/site/Preisprotest/site__1707/#sofortzahlen))

Zitat
Und das Sie den Streit aufgrund des Streitwertes vor dem AG ansiedeln (wollen) und wegen des geringen Wertes keine Berufungmöglichkeit sehen, erhöht Ihre Chancen bei unserer Richtervielfalt an den AG nicht gerade.

Sie unterstellen mir allerlei Willkür. Ich halte mich exakt an Recht und Praxis.

@ Black
Wir beginnen, uns im Kreis zu drehen. Sie wiederholen Ihre Auffassung, ich könnte auch meine nun laufend wiederholen. Ich denke, wir werden abwarten müssen, wie Fälle in der Gerichtspraxis entschieden werden.

Gleichwohl sei noch einmal betont:

§ 17 Abs. 1 GVV schließt Forderungseinwände diverser Herkunft aus, bestimmt jedoch ausdrücklich, dass Einwände aus 315 BGB nicht ausgeschlossen sollen, und zwar nach § 3 Abs.1 S. 1 GasGVV auch nicht in der Ersatzversorgung. Dies spiegelt zweifelsfrei den Willen des Gesetzgebers wider, ansonsten auftretende Rechtsnachteile für Ersatzversorgungskunden zu vermeiden.

Auch vor diesem Hintergrund ist es in der weiteren Prüfung verfehlt, den Wortlaut des § 315 BGB („Vertragsschließende“) zu enggefasst lediglich dahingehend auszulegen, dass nur einseitige Leistungsbestimmungen aus „typischen“ Verträgen einer Billigkeitsprüfung zugänglich sein könnten. Einzubeziehen sind gleichermaßen vertragsähnliche (quasi-vertragliche) Kontexte, die nicht nur durch Handlungen der Parteien (vgl. c.i.c.) zustande kommen können, sondern auch durch gesetzliche Vorschriften, die - wie hier - ein nach beiden Seiten wirkendes gesetzliches Schuldverhältnis begründen.
Titel: Billigkeitseinrede bei Ersatzversorgung
Beitrag von: bolli am 17. November 2009, 21:34:59
Zitat
Original von Gas-Rebell
Zitat
Original von bolli
@Gas-Rebell
Ihre Konstruktion, mit der Sie augenscheinlich die Kosten eines Sachverständigengutachtens zu Lasten des Verbrauchers abwehren wollen, halte ich für etwas sehr konstruiert.

Zunächst: Sie meinen wahrscheinlich \"zu Lasten des Versorgers\".
Einfach mal LANGSAM lesen. Sie wollen die Kosten für den Verbraucher abwehren (also, dass dieser sie nicht bezahlen soll, falls Sie das besser verstehen)

Zitat
Original von Gas-Rebell
Darüber hinaus: Ich konstruiere gar nichts. Ich halte mich exakt an die Vorgehensweise, die auch Grundlage der BdEV-Musterbriefe und -empfehlungen ist. (vgl. u.a. hier   (http://bdev.de/de/site/Preisprotest/site__1707/#sofortzahlen))
Doch, denn Sie leiten aus dieser Vorgehensweise zwangsweise ab, dass der Versorger, falls er nicht den vom BdEV vorgeschlagenen Weg geht und IHNEN nicht die Billigkeit direkt im vorgerichtlichen Verfahren nachweist, sondern Sie direkt verklagt, selbst schuld ist, wenn ein teures Gutachten erstellt wird und dieses dann nicht zu Lasten des Verbrauchers berechnet werden darf. Schließlich, so Ihre Argumentation, hätte Sie ja nur einen  Billigkeitsnachweis gefordert, den der Versorger Ihnen nicht gegeben hätte.  Von teurem Gutachten ist da nicht die Rede. Oder verstehe ich Sie da falsch ?

Ich bezweifele, dass Sie da viele Gerichte finden, die dieser Argumentation folgen werden.

Zitat
Original von Gas-Rebell
Zitat
Und das Sie den Streit aufgrund des Streitwertes vor dem AG ansiedeln (wollen) und wegen des geringen Wertes keine Berufungmöglichkeit sehen, erhöht Ihre Chancen bei unserer Richtervielfalt an den AG nicht gerade.
Sie unterstellen mir allerlei Willkür. Ich halte mich exakt an Recht und Praxis.
?( Warum unterstelle ich Ihnen Willkür ? Ich weise lediglich darauf hin, dass Ihre Taktik, Recht und Gesetz so auszunutzen, dass Sie vor dem Amtsgericht landen, schnell ein Schuss ins eigene Knie werden kann. Aber es ist Ihr gutes Recht, dieses mal auszuprobieren.
Titel: Billigkeitseinrede bei Ersatzversorgung
Beitrag von: Gas-Rebell am 17. November 2009, 22:22:30
@ bolli

Die Verfahrenskosten sollen doch nicht zu Lasten des Verbrauchers, sondern zu Lasten des Versorgers gehen, oder etwa nicht?

Wenn der Versorger mir jegliche Billigkeitsprüfung versagt und dann selbst Klage einreicht, muss er diese u.a. durch Beibringung von Belegtatsachen für seine Billigkeitsbehauptung begründen. Dies geschieht im schriftlichen Vorverfahren. Hier habe ich erstmals die Möglichkeit zu einer eigenen Prüfung und in der Folge die Möglichkeit, mich mit einem \"Sofortigen Anerkenntnis\" von der Prozesskostenlast zu befreien. Bitte einfach nochmal die BdEV-Infos lesen oder zu diesem Stichwort googeln.

Es ist keine \"Taktik\" von mir, vor dem Amtsgericht zu landen, ich bin lediglich aufgrund des Streitwertes von dessen Zuständigkeit ausgegangen. Wohl fälschlich, sofern auch Zahlungsklagen mit § 315 BGB-Berührung immer vor den Landgerichten zu klären sein sollten.
Titel: Billigkeitseinrede bei Ersatzversorgung
Beitrag von: Black am 18. November 2009, 10:10:44
Zitat
Original von Gas-Rebell

Wenn der Versorger mir jegliche Billigkeitsprüfung versagt und dann selbst Klage einreicht, muss er diese u.a. durch Beibringung von Belegtatsachen für seine Billigkeitsbehauptung begründen. Dies geschieht im schriftlichen Vorverfahren. Hier habe ich erstmals die Möglichkeit zu einer eigenen Prüfung und in der Folge die Möglichkeit, mich mit einem \"Sofortigen Anerkenntnis\" von der Prozesskostenlast zu befreien.

1. Das hat in der Praxis noch nie funktioniert.

2. Im schriftlichen Vorverfahren trägt der Versorger üblicherweise nur vor, dass die Preissteigerung auf gestiegenen Vorlieferantenkosten beruht und nicht anderweitig ausgeglichen werden konnte. Beweisangebot: Gutachten.

3. Vorgerichtlich kann der Versorger Ihnen die Billigkeit gar nicht nachweisen, dwenn die Kundenseite weder WP-Testat noch Zeugenaussagen akzeptiert. Da bleibt als Nachweismöglichkeit nur das gerichtlich bestellte Sachverständigengutachten. Und das ist nur im Prozess möglich.

Wenn Sie also den Versorger zwingen den einzig von Kundenseite akzeptierten Nachweis zu führen, der leider sehr teuer ist, dann müssen Sie auch die Kosten für diesen Nachweis tragen, wenn der Versorger im Recht war.
Titel: Billigkeitseinrede bei Ersatzversorgung
Beitrag von: bolli am 18. November 2009, 10:21:07
Zitat
Original von Gas-Rebell
@ bolli

Die Verfahrenskosten sollen doch nicht zu Lasten des Verbrauchers, sondern zu Lasten des Versorgers gehen, oder etwa nicht?
Das habe ich ja gesagt, Sie habens aber wohl noch nicht richtig verstanden: Sie wollen die Berechnung der Kosten des Gutachtens für den Verbraucher abwehren, das bedeutet, dass Sie eben nicht möchten, dass der Verbraucher diese Kosten zu tragen hat (sondern eben der Versorger, weil er seine Unterlagen ja nicht vorher gegenüber dem Kunden offengelegt hat). Was von diesem Versuch zu halten ist, habe ich schon gesagt.

Zitat
Original von Gas-Rebell
Es ist keine \"Taktik\" von mir, vor dem Amtsgericht zu landen, ich bin lediglich aufgrund des Streitwertes von dessen Zuständigkeit ausgegangen. Wohl fälschlich, sofern auch Zahlungsklagen mit § 315 BGB-Berührung immer vor den Landgerichten zu klären sein sollten.
Hm, dann habe ich Sie an dieser Stelle überschätzt. Ich hatte Sie so verstanden, dass Sie BEWUSST vor dem Amtsgericht landen wollten, denn die Diskussion über die Zuständigkeit des LG wegen des § 102 EnWG ist ja nicht ganz neu, aber eben auch nicht, dass nicht alle (weder Gerichte noch Verbraucher) da immer besonderen Wert drauf legen.

Aber schon wegen der fehlenden Berufungsmöglichkeit und der besonderen Kompetenz, die vonnöten ist, um die Materie sachgerecht beurteilen zu können, würde ich das LG vorziehen. Was allerdings zugegebenermaßen nicht immer hilft.  =)
Titel: Billigkeitseinrede bei Ersatzversorgung
Beitrag von: Gas-Rebell am 18. November 2009, 11:42:51
@ Black

Zitat
Original von Black

Das hat in der Praxis noch nie funktioniert.
Möchten Sie etwa andeuten, dass der BdEV u.a. in diesem Artikel (http://bdev.de/de/site/Preisprotest/site__1707/#sofortzahlen) zum Nachteil des Verbrauchers falsche Informationen verbreitet?

@ bolli

Ihre Aussage war: \"zu Lasten des Verbrauchers abwehren\" Es ist schon immer wieder bemerkenswert, wie Leute die sich nicht klar ausdrücken, dies anderen als Verständnisproblem in die Schuhe schieben möchten.

Zitat
Aber schon wegen der fehlenden Berufungsmöglichkeit ... würde ich das LG vorziehen.
Wie wollen Sie denn, auch wenn das LG Eingangsinstanz sein sollte, bei einem Streitwert von unter 600 Euro in die Berufung gehen?
Titel: Billigkeitseinrede bei Ersatzversorgung
Beitrag von: Black am 18. November 2009, 12:36:00
Zitat
Original von Gas-Rebell
Möchten Sie etwa andeuten, dass der BdEV u.a. in diesem Artikel (http://bdev.de/de/site/Preisprotest/site__1707/#sofortzahlen) zum Nachteil des Verbrauchers falsche Informationen verbreitet?

Der BdEV hängt einer falschen Vorstellung von der Durchführung eines Preiskontrollverfahrens nach. Er geht (noch immer) davon aus, dass der Versorger in der Klageschrift seine Kalkulation offenlegen muss. Das tut kein Versorger. Zudem gibt er den Tatbestand des § 93 ZPO verkürzt wieder und Berücksichtigt keine sonstigen Umstände, die eine sofortiges Anerkenntnis ausschließen.

Der BdeV würde vermutlich antworten seine Rechtsansicht sei richtig und nur die anderslautende Rechtspraxis der Gerichte falsch. Aber ersetzt der BDeV Ihnen 10.000 Euro Gutachterkosten in diesem Fall?
Titel: Billigkeitseinrede bei Ersatzversorgung
Beitrag von: Gas-Rebell am 18. November 2009, 13:20:37
Zitat
Original von Black
Zitat
Original von Gas-Rebell
Möchten Sie etwa andeuten, dass der BdEV u.a. in diesem Artikel (http://bdev.de/de/site/Preisprotest/site__1707/#sofortzahlen) zum Nachteil des Verbrauchers falsche Informationen verbreitet?

Der BdEV hängt einer falschen Vorstellung von der Durchführung eines Preiskontrollverfahrens nach. Er geht (noch immer) davon aus, dass der Versorger in der Klageschrift seine Kalkulation offenlegen muss. Das tut kein Versorger. Zudem gibt er den Tatbestand des § 93 ZPO verkürzt wieder und Berücksichtigt keine sonstigen Umstände, die eine sofortiges Anerkenntnis ausschließen.

Der BdeV würde vermutlich antworten seine Rechtsansicht sei richtig und nur die anderslautende Rechtspraxis der Gerichte falsch. Aber ersetzt der BDeV Ihnen 10.000 Euro Gutachterkosten in diesem Fall?

Jetzt wird\'s spannend. Wie steht denn dann ein Verbraucher auch rechtlich da, wenn er sich auf die BdEV-Ratschläge verlässt? Und ist die Auffassung des BdEV tatsächlich unrichtig?

Dazu würde ich auch gern mal die Meinung von RR-E-ft, reblaus und anderen Experten hören.
Titel: Billigkeitseinrede bei Ersatzversorgung
Beitrag von: reblaus am 18. November 2009, 13:41:13
@Gas-Rebell
Sie haben mit dem BdEV keinen Rechtsberatungsvertrag abgeschlossen, aus dem Sie einen Anspruch wegen eines Beratungsfehlers herleiten könnten. Die vom BdEV geäußerte Ansicht ist sicherlich vertretbar, wenn auch in ihrer Absolutheit nicht richtig. Da de BdEV neben seinen Ratschlägen noch dieses Forum als Informationsquelle zur Verfügung stellt, ermöglicht er es dem recherchierenden Verbraucher, und nur an den richtet sich dieser Rat, sich auch über andere Ansichten zu dieser Frage zu informieren.

Allerdings wäre es zu begrüßen, wenn der Verbraucher auf das große Risiko einer solchen Strategie hingewiesen würde.

Ich bin übrigens geneigt, mich der Ansicht des BdEV in dieser Frage anzuschließen.

Da nach meiner Ansicht die Abrechnung der Gaslieferung im Kontokorrent erfolgt, ist zur Wirksamkeit einer Jahresabrechnung ein Saldoanerkenntnis erforderlich. Dieses kommt jedoch nicht zustande, wenn der Verbraucher der einseitigen Preisfestsetzung widerspricht. Erfolgt dieser Widerspruch willkürlich, ohne dass er begründete und nachvollziehbare Zweifel vorträgt, kann er sich aus Treu und Glauben nicht darauf berufen, dass die Abrechnung wegen des fehlenden Anerkenntnisses nicht fällig geworden wäre.

Hat der Verbraucher jedoch begründete Zweifel, die der Versorger problemlos ausräumen könnte, indem er z. B. die Sparten GuV veröffentlicht, oder sonstige Erläuterungen abgibt, die die Zweifel ausräumen könnten, und verlangt der Kunde die Vorlage solcher Unterlagen, so ist sein Widerspruch nicht als treuwidrig anzusehen. Dies hat dann zur Folge, dass ein Saldoanerkenntnis erst mit dem gerichtichen Anerkenntnis zustande kommt, und die Forderung erst dann fällig wird.
Titel: Billigkeitseinrede bei Ersatzversorgung
Beitrag von: Gas-Rebell am 18. November 2009, 13:43:50
@ reblaus

Ich bin ganz Ihrer Auffassung. Insbesondere auch hier:

Zitat
Erfolgt dieser Widerspruch willkürlich, ohne dass er begründete und nachvollziehbare Zweifel vorträgt, kann er sich aus Treu und Glauben nicht darauf berufen, dass die Abrechnung wegen des fehlenden Anerkenntnisses nicht fällig geworden wäre.
Wenn jemand Billigkeitseinreden aus § 315 BGB nur ins Blaue hinein ohne irgendeine Begründung erhebt, dürfte schlechte Karten haben.

Im Übrigen halte ich die Ansicht von Black dennoch für so diskussionswürdig, dass ich dazu ein neues Hauptthema aufgemacht habe.
Titel: Billigkeitseinrede bei Ersatzversorgung
Beitrag von: bolli am 18. November 2009, 13:45:10
Zitat
Original von Gas-Rebell
@ bolli
Ihre Aussage war: \"zu Lasten des Verbrauchers abwehren\" Es ist schon immer wieder bemerkenswert, wie Leute die sich nicht klar ausdrücken, dies anderen als Verständnisproblem in die Schuhe schieben möchten.
Ich finde es auch immer wieder spannend, wie manche Leute Aussagen, möglicherweise absichtlich (?), missverstehen.
Nochmal, meine Aussage war: \"mit der Sie augenscheinlich die Kosten eines Sachverständigengutachtens zu Lasten des Verbrauchers abwehren wollen\"
Nehmen Sie den markierten Teil als einen feststehenden, zusammenhängenden Begriff und das \"Abwehren\" als das, was es semantisch bedeutet: Etwas von sich fernhalten! Also, verhindern dass dem Verbraucher Kosten aufgeladen werden. Nun verstanden ? (oder zumindest keine Möglichkeit mehr, es noch anders auszulegen!) Noch einen Versuch mach ich nicht, dann bleibst wie es ist.

Zitat
Original von Gas-Rebell
Jetzt wird\'s spannend. Wie steht denn dann ein Verbraucher auch rechtlich da, wenn er sich auf die BdEV-Ratschläge verlässt?
Wie soll er dastehen. Die Meinung des BdEV ist geauso eine Meinung wie die Ihres Anwaltes oder die eines Versorgeranwaltes. Es ist halt eine rechtliche Meinung, die nicht zwangsweise richtig sein muss.
Bei unklaren und ungeklärten Sachverhalten ist es nun mal so, dass man der einen oder anderen Meinung folgen kann und nicht immer sicher sein kann, ob der eingeschlagene Weg auch am Ende in der letzten Instanz genauso gesehen wird. So ist das Leben.
Wenn Sie einen Rechtsschutz haben kann es Ihnen bei Kostenzusage egal sein, wenn nicht, müssen Sie abwägen, was Ihnen das alles wert ist. Auch das ist Lebensalltag.

Aus reiner Prinzipienreiterei etwas (in seinem Sinne) aufklären zu lassen kann sich halt nicht jeder leisten. Auch das ist in gewissem Maße o.k. so.
Wir haben schon heute genug Unsinn vor Gericht, so dass schwere Straftäter wegen zu langer Ermittlungsarbeit und Vorverfahren freigelassen werden müssen.
Titel: Billigkeitseinrede bei Ersatzversorgung
Beitrag von: reblaus am 18. November 2009, 14:08:13
@Bolli
Der Rechtsanwalt ist im Rahmen seines Mandats verpflichtet auf rechtliche Risiken hinzuweisen. Tut er das nicht, muss er haften.
Titel: Billigkeitseinrede bei Ersatzversorgung
Beitrag von: Gas-Rebell am 18. November 2009, 14:25:04
@ bolli
Mit der jetzigen Klarstellung bzgl. des von Ihnen gemeinten \"semantischen Zusammenhangs\" ist Ihre Aussage im Gegensatz zu vorher eindeutig.

@ reblaus
Zitat
Original von reblaus
@Bolli
Der Rechtsanwalt ist im Rahmen seines Mandats verpflichtet auf rechtliche Risiken hinzuweisen. Tut er das nicht, muss er haften.
Wobei es dem Mandanten allerdings schwer fallen dürfte, die Verletzung der Hinweispflicht zu beweisen.
Titel: Billigkeitseinrede bei Ersatzversorgung
Beitrag von: reblaus am 18. November 2009, 14:33:36
Das ist in etwa genauso schwer, wie eine Falschberatung einer Bank, einen ärztlichen Kunstfehler oder die Fehlerhaftigkeit einer gekauften Ware nachzuweisen.
Titel: Billigkeitseinrede bei Ersatzversorgung
Beitrag von: Gas-Rebell am 18. November 2009, 14:52:18
Zitat
Original von reblaus
Das ist in etwa genauso schwer, wie eine Falschberatung einer Bank, einen ärztlichen Kunstfehler oder die Fehlerhaftigkeit einer gekauften Ware nachzuweisen.

In Ihren Beispielen geht es um objektiv nachprüfbare Fehler. Wie will ein Mandant aber beweisen, dass der Anwalt seiner Hinweispflicht nicht nachgekommen ist, wenn dieser  behauptet, den Mandanten in einem Beratungsgespräch entsprechend belehrt zu haben?