Forum des Bundes der Energieverbraucher

Energiepreis-Protest => Grundsatzfragen => Thema gestartet von: ESG-Rebell am 30. Dezember 2008, 15:19:31

Titel: Nachweis von Einsparungen: Sprengkraft unterschätzt?
Beitrag von: ESG-Rebell am 30. Dezember 2008, 15:19:31
Zitat
BGH 36/06 vom 13.06.07:
Leitsatz D.: \"Die Weitergabe von Bezugskostensteigerungen ist grundsätzlich nicht unbillig,
wenn und soweit diese nicht durch Einsparungen an anderer Stelle ausgeglichen werden können\"
Hinsichtlich der Kosteneinsparungen lässt dieser Leitsatz grundsätzlich zwei Interpretationen zu:
[list=1]
Zitat
BGH 138/07 vom 19.11.08:
Ferner kann für die Unbilligkeit ... von Bedeutung sein, ob der Versorger im Verhältnis zu seinem Vorlieferanten ... Preissteigerungen akzeptiert hat, die er ... ohne die Möglichkeit einer Weitergabe ... vermieden hätte.
Wir Verbraucher vermuten ja aufgrund deutlicher Indizien, dass in den Energiepreisen stark überhöhte Gewinnmargen stecken. Um die Angemessenheit eines verlangten Preises - also das Fehlen einer überhöhten Gewinnmarge - sicher feststellen zu können, fordern wir die Offenlegung der Kalkulation des Preises.

Bei genauer Betrachtung besteht diese Forderung jedoch aus zwei Teilen:
[list=1]
Staatliche/Kommunale Abgaben:
Betriebliche Kosten:
Hier kommt jetzt nochmal die oben zitierte Rechtsprechung des BGH und der Vortrag der betroffenen Kunden zum Tragen.

Überhöhte Gewinne können ja einerseits in der eigenen Gewinnmarge des Versorgers stecken. Darüber hinaus können überhöhte Gewinne aber natürlich auch in anderen Kostenbestandteilen stecken, insbesondere in den \"Bezugskosten Vorlieferant\" und den Netznutzungsentgelten. Wenn dem so ist, dann sind Einsparungen dadurch möglich, dass die Bezahlung dieser überhöhten Gewinne vermieden wird.

Die Höhe dieser Kostenbestandteile sollen nach Wunsch des Versorgers ja geheim bleiben. Folglich bleibt dem Kunden nur zu behaupten, diese Bestandteile enthielten überhöhte Gewinne und auf Bestreiten des Versorgers entsprechenden Beweis zu verlangen.

Ebenso sollen die Vertragsinhalte des Versorgers mit dem Netzbetreiber und dem Vorlieferanten nach Wunsch des Versorgers ja geheim bleiben. Folglich bleibt dem Kunden auch hier nur zu behaupten, diese Verträge enthielten Klauseln, die dem Netzbetreiber und Vorlieferanten eine Erzielung unbillig überhöhter Gewinne ermöglichten ohne dass der Versorger sich dagegen wehre und auf Bestreiten des Versorgers wieder entsprechenden Beweis zu verlangen.

Derzeit habe ich den Eindruck, dass die \"Sprengkraft\" dieser Anforderungen an den Versorger von den bislang verklagten Kunden bzw. deren Anwälten noch nicht gänzlich erkannt bzw. genutzt worden ist.

Exerziert man dies gedanklich mal durch, kommt man meines Erachtens zu dem Schluss, dass dies langfristig zu einer Billigkeitskontrolle des Gesamtpreises \"durch die Hintertür\" führen kann. Sollte sich die Auffassung des BGH-Zivilsenats durchsetzen, so könnten die Versorger ihre derzeitigen überhöhten Sockelbeträge zwar behalten; müssten zum Auffangen zukünftiger Preissteigerungen aber ihre überhöhten Gewinnmargen abschmelzen.

Gruss,
ESG-Rebell.
Titel: Nachweis von Einsparungen: Sprengkraft unterschätzt?
Beitrag von: Black am 30. Dezember 2008, 15:40:30
1. wie definieren Sie \"überhöhte Gewinne\"

2. Wie kommen Sie darauf, dass eine Reduzierung des Gewinns eine Kosteneinsparung darstellt?

3. Wenn der Kunde behauptet, die Vorlieferantenverträge seien ihrerseits unbillig, so liegt die Beweislast hierfür beim Kunden
Titel: Nachweis von Einsparungen: Sprengkraft unterschätzt?
Beitrag von: jroettges am 30. Dezember 2008, 15:45:51
In diesem Zusammenhang sei auch auf die Untersuchungen des BdEv zu den Rohmargen der Gasversorger  (http://www.energieverbraucher.de/index.php?st_id=2221&itid=2221)hingewiesen.

Diese Unterschiede sind nur mit der \"Gewinnkultur\" erklärbar, die das jeweilige Unternehmen in der Vergangenheit entwickelt hat.

Kein Geschäftsführer lässt sich gerne einen Gewinneinbruch anlasten, weil er zu einer offenen und fairen Kalkulation der Gaspreise übergegengen ist.

Das wollen die jeweiligen Eigentümer auch nicht, die meist von uns selbst in ihre Position gewählt worden sind.

Bricht der Gewinn wegen eines warmen Winters und/oder des allgemein nachlassenden Verbrauchs ein, werden vielmehr die Preise erhöht.

Der Grundgedanke im Beitrag von ESG-Rebell ist aber richtig: Das Urteil vom 19.11.08 zur Billigkeit in Tarfifverträgen bietet eine Menge Ansatzpunkte, die viel stärker von der Verbraucherseite ausgelotet werden sollten.
Titel: Nachweis von Einsparungen: Sprengkraft unterschätzt?
Beitrag von: Black am 30. Dezember 2008, 15:53:18
Gewinnmargen sind nach der Rechtsprechung des BGH weder zu überprüfen noch zu reduzieren um Preisanpassungen zu vermeiden. Es ist gerade umgekehrt, die Preisanpassung darf der Erhaltung der Gewinnmarge dienen. Eine Preisanpassung ist nur dann unzulässig, wenn sie die gewinnmarge noch steigert.

Zitat
BGH VIII ZR 138/07
Eine Erhöhung des Gaspreises widerspricht nicht schon deshalb der Billigkeit, weil das Versorgungsunternehmen mit ihr anstrebt, eine Gewinnschmälerung zu vermeiden.

Die durch § 315 BGB angeordnete Überprüfung der Billigkeit einer einseitigen Preiserhöhung durch eine Vertragspartei im laufenden Vertragsverhältnis dient - anders als die hier ausgeschlossene Billig-keitskontrolle des Anfangspreises in entsprechender Anwendung von § 315 BGB (siehe oben unter a bb) - nicht dazu, die Kalkulation der zuvor mit der an-deren Partei vereinbarten Preise daraufhin zu kontrollieren, welche Gewinnspanne darin enthalten ist und ob diese billigem Ermessen entspricht.

Die Billigkeitskontrolle einer Preiserhöhung darf nicht dazu benutzt werden, in das bisher bestehende Preisgefüge einzugreifen und einen ursprünglich für den Lieferanten besonders vorteilhaften Vertrag in einen Vertrag mit einem anderen Interessenausgleich zu verwandeln.
Titel: Nachweis von Einsparungen: Sprengkraft unterschätzt?
Beitrag von: nomos am 30. Dezember 2008, 17:17:50
@Black, man sollte dazu aber ergänzen, dass die hier geäußerte Rechtsmeinung diametral zu anderen Entscheidungen des BGH und der Oberlandesgerichte in kartellrechtlichen Verfahren zur Überprüfung von Strom und Gaspreisen steht. Die Urteile unter dem Vorsitz des Richters Ball stehen mindestens in der Kritik.

Zitat
Original von Black
1. wie definieren Sie \"überhöhte Gewinne\"
2. Wie kommen Sie darauf, dass eine Reduzierung des Gewinns eine Kosteneinsparung darstellt?
3. Wenn der Kunde behauptet, die Vorlieferantenverträge seien ihrerseits unbillig, so liegt die Beweislast hierfür beim Kunden
Thorsten Franz (http://de.wikipedia.org/wiki/Thorsten_Franz) oder Alfred Katz (http://media1.roadkast.com/vox/Buchempfehlung.pdf). Es gibt da auch noch den Begriff der \"marktüblichen Verzinsung\" die bei kommunalen Vesorgern eine Rolle spielt (http://www.suedkurier.de/news/baden-wuerttemberg/bawue/Stuttgart;art1070,3013804,0).

Eine Reduzierung des Gewinns ist selbstverständlich keine Kosteneinsparung, ermöglicht aber eine Preisreduzierung (betriebwirtschaftlich nicht notwendiger Gewinn = §1ff EnWG). Neben Quersubventionen, Unwirtschaftlichkeit und Mängel im Managment sind überhöhte Preise Folgen überhöhter Gewinne. Ein Markt, bzw. Wettbewerb, der das korrigiert, existiert leider nicht.

Die Beweislast für wettbewerbsgerechte Preise liegt beim Versorger.  Der Staat mit seinen Behördern ist gefordert. Gesetze sind anzuwenden, Wettbewerb ist herzustellen. Der Bürger und Verbraucher hat einen Anspruch auf faire Leistungen und Preise. Das war der Wille des Gesetzgebers u.a. beim § 315 BGB ;). Steigende Milliardengewinne bei den Konzernen und Millionengewinne und Quersubventionen bei den Stadtwerken, trotz Verbrauchsrückgang ist mit diesem Willen nicht im Einklang.[/list]
Titel: Nachweis von Einsparungen: Sprengkraft unterschätzt?
Beitrag von: tangocharly am 30. Dezember 2008, 18:43:06
.... und wenn wir schon den BGH VIII ZR 138/07 (http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=&client=12&nr=46275&pos=10&anz=16&Blank=1.pdf) zitieren, dann auch die Rdnr. 43 nicht vergessen:

Zitat
bb) Das schließt allerdings nicht aus, dass jedenfalls die Weitergabe sol-cher Kostensteigerungen im Verhältnis zum Abnehmer als unbillig anzusehen ist, die der Versorger auch unter Berücksichtigung des ihm zuzubilligenden unternehmerischen Entscheidungsspielraums ohne die Möglichkeit einer Preiserhöhung aus betriebswirtschaftlichen Gründen vermieden hätte. Das Recht zur Preiserhöhung nach § 4 AVBGasV kann, wie die Revisionserwiderung zutreffend geltend macht, angesichts der sich aus § 2 Abs. 1, § 1 Abs. 1 EnWG ergebenden Verpflichtung des Energieversorgungsunternehmens zu einer möglichst sicheren, preisgünstigen, verbraucherfreundlichen, effizienten und umweltverträglichen leitungsgebundenen Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität und Gas nicht dazu dienen, dass es zu beliebigen Preisen einkauft, ohne günstigere Beschaffungsalternativen zu prüfen (Markert, RdE 2007, 263, 265; Säcker, ZNER 2007, 114, 115), und im Verhältnis zu seinem Vorlieferanten Preisanpassungsklauseln und -steigerungen akzeptiert, die über das hinausgehen, was zur Anpassung an den Markt und die Marktentwicklung im Vorlieferantenverhältnis erforderlich ist (vgl. zu einer entsprechenden Einschränkung des
Änderungsrechts von Banken bei Zinsänderungsklauseln in Kreditverträgen BGHZ 97, 212, 217 ff., 222; 158, 149, 155).
Titel: Nachweis von Einsparungen: Sprengkraft unterschätzt?
Beitrag von: RR-E-ft am 30. Dezember 2008, 18:54:04
@tangocharly

Sehr zutreffend.

Es gab zuvor keine überhöhten Gewinne und überhöhte Preise, sondern nur für monopolistische Energielieferanten besonders vorteilhafte Verträge. Der Vertrag soll für den gesetzlich versorgungspflichtigen Energieversorger auch dann besonders vorteilhaft bleiben können, wenn dies gegen dessen gesetzliche Verpflichtung aus § 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 EnWG zu einer möglichst preisgünstigen Versorgung der Allgemeinheit verstößt.
Titel: Nachweis von Einsparungen: Sprengkraft unterschätzt?
Beitrag von: Black am 30. Dezember 2008, 18:55:00
@ tangocharly

meinen Sie im Ernst, dass irgendein Versorger nachweisbar absichtlich ungünstige Verträge abgeschlossen hat und \"zu beliebigen Preisen eingekauft\" hat? Das zu belegen dürfte schwer fallen.

Würden Sie einem Verbraucher raten dies in einem Prozess zu behaupten? Denn um einen Beweisbeschluss hierüber zu erlangen muss zumindest eine Partei entsprechende Tatsachen behaupten.
Titel: Nachweis von Einsparungen: Sprengkraft unterschätzt?
Beitrag von: RR-E-ft am 30. Dezember 2008, 19:00:44
@Black

Zunächst stellt sich wohl die Frage, ob der Bezug überhaupt im Wettbewerb ausgeschrieben wurde.

Dann sollte der Versorger schon etwas zu seinen Bezugspreisen und den ggf. vorhandenen Preisänderungsklauseln sagen, um diese mit dem Marktüblichen zu vergleichen, insbesondere den Bezugskostenanstieg mit der Entwicklung auf dem vorgelagerten Großhandelsmarkt für Erdgas, wobei regelmäßig nur der Wert der Ware Erdgas an der deutschen Grenze und dessen Entwicklung aufgrund der Veröffentlichungen des BAFA bekannt sind. An deren nominalen Veränderungen sollten sich die Veränderungen der Bezugskosten wohl messen lassen.

Denn der Vorlieferant sollte nicht mehr verlangen können, als sich der Gasimportpreis überhaupt nominal verteuert hat. Ihm sollte auch nicht mehr zugestanden werden.
Titel: Nachweis von Einsparungen: Sprengkraft unterschätzt?
Beitrag von: Black am 30. Dezember 2008, 19:08:59
Was Sie wollen ist also ein zusätzliches Sachverständigengutachten (neben dem Gutachten ob Bezugskosten weitergegeben wurden) über die Vorlieferantenverträge. Das erhöht die Prozesskosten noch einmal deutlich. Ich würde pro Gutachten 3.000 - 5.000 Euro veranschlagen.

Des weiteren müßte der Kunde vorab dementsprechend detailliert vortragen, warum nach seiner Meinung die Vorlieferantenverträge unbillig sind damit es überhaupt zu einer entsprechenden Beweisaufnahme hierzu kommen kann.
Titel: Nachweis von Einsparungen: Sprengkraft unterschätzt?
Beitrag von: nomos am 30. Dezember 2008, 19:38:17
@Black, es gibt zahllose Fälle, da duftet der Braten durch alle Ritzen.

Wenn ein \"Stadtwerk\" an einen Großkonzern vertraglich gebunden ist, der damit Alleinlieferant und auch noch Gesellschafter (49,9%) ist, dürfte es am \"Einkauf\" zu beliebigen Preisen ohne Prüfung von günstigeren Alternativen kaum ernsthafte Zweifel geben. Der Versorger wird das kaum widerlegen können und große Sachverständigengutachten sehe ich nicht.

Wenn, dann sehe ich damit den Versorger belastet. Entsprechende Fälle sind hier im Forum zu finden. Das Urteil BGH VIII ZR 138/07 ist auch für die Versorger nicht vollkommen. @tangocharly hat das schon richtig markiert. Manche Kosten sollte man nicht scheuen. Es dürfte Fälle geben, da ist da Urteil richtig hilfreich und Gutachten bieten mehr Chancen als Risiko.
Titel: Nachweis von Einsparungen: Sprengkraft unterschätzt?
Beitrag von: RR-E-ft am 30. Dezember 2008, 19:41:28
@Black

Der Kunde kann doch erst dann etwas zur Unangemessenheit der Vorlieferantenpreise und einzelnen Vertragsregelungen sagen, wenn der Versorger dazu entsprechende detaillierte Darlegungen gemacht hat.

Auf Bestreiten des Kunden hat der Versorger vorzutragen und unter Beweis zu stellen, dass seine Bezugspreise das übliche Preisniveau auf dem vorgelagerten Gasbeschaffungsmarkt nicht übersteigen.

Wenn Marktpreise marktöffentlich sind, also auch die Preise auf dem vorgelagerten Gasbeschaffungsmarkt, sollte ein entsprechend detaillierter Vortrag dem Versorger möglich sein.

Warum das nun schon wieder auf ein Sachverständigengutachten hinauslaufen sollte, bleibt schleierhaft.
Titel: Nachweis von Einsparungen: Sprengkraft unterschätzt?
Beitrag von: Lothar Gutsche am 30. Dezember 2008, 20:22:51
Zitat
Zitat Black:
Würden Sie einem Verbraucher raten dies in einem Prozess zu behaupten? Denn um einen Beweisbeschluss hierüber zu erlangen muss zumindest eine Partei entsprechende Tatsachen behaupten.

Ja, ich werde genau das in meinem Prozess am Amtsgericht Würzburg oder Landgericht Würzburg tun; der Gerichtsstand ist derzeit noch umstritten. Die Stadtwerke Würzburg gehören zu den über 200 Stadtwerken, an denen das Strom-Duopol E.ON/RWE beteiligt ist. In seiner Entscheidung KVR 60/07 - E.ON/Stadtwerke Eschwege hat der Bundesgerichtshof am 11.11.2008 festgestellt, dass es der Geschäftsstrategie der E.ON AG entspricht, an zahlreichen Stadtwerken oder sonstigen Stromversorgern Minderheitsbeteiligungen zu erwerben, um auf diese Weise ihre Absatzgebiete zu sichern und den Wettbewerb einzuschränken. Das ist in ähnlicher Form sogar dem Geschäftsbericht 2006 der E.ON AG zu entnehmen, wo es um die Aufgaben und den Geschäftszweck der 100%-Tochter Thüga AG geht, die Beteiligungen an Stadtwerken wie in Würzburg hält, siehe Seite 82 unter http://www.eon.com/de/downloads/GB_D_komplett_geschuetzt_2006.pdf (http://. [URL)]http://www.eon.com/de/downloads/GB_D_komplett_geschuetzt_2006.pdf[/URL].

Belege dafür, dass die Einkaufspreise oder die Margen der Stadtwerke Würzburg völlig überhöht sind, hatte ich bereits in meinem Schriftverkehr mit den Stadtwerken zum Unbilligkeitseinwand genannt, beim Erdgas vor allem:
•   die extreme Preisdifferenzierung zwischen Kraftwerksgas und Gas für Tarifabnehmer
•   die Entwicklung des Preisdeltas zwischen den Erdgasimportpreisen und den Endverbraucherpreisen.

In der Klageerwiderung haben wir diese Argumente  erneut vorgetragen. Sie sind den Stadtwerken wohl bekannt und nichts wirklich Neues. Nur haben sich bislang die Staatsanwaltschaften und Finanzbehörden geweigert, den überteuerten Einkauf von Vorleistungen wie Strom und Gas als Untreue durch verdeckte Gewinnausschüttung an den Aktionär E.ON oder als Steuerhinterziehung durch verdeckte Gewinnausschüttung zu ahnden. Von politisch weisungsabhängigen Behörden ist in unserer Bananenrepublik Deutschland aber auch nicht mehr zu erwarten. So setze ich nun auf die Unabhängigkeit der Richter im Zivilprozess.

Ein solches Gutachten für den Nachweis überteuerter Vorleistungen wäre mir persönlich 5.000 Euro wert, weil damit auch die strafrechtlichen und kartellrechtlichen Diskussionen endlich mit neuen Argumenten unterlegt werden können. Denn es geht hier schon lange nicht mehr um Zivilstreitigkeiten nach § 315 BGB, sondern es geht um schwerste Wirtschaftskrimininalität. Nach der neuesten Studie, die von der Bundestagsfraktion der Grünen  bei Professor Uwe Leprich in Auftrag gegeben wurde, reden wir über einen Schaden von 80 - 100 Milliarden Euro, der bundesweit in den letzten Jahren durch überhöhte Energiepreise entstanden ist. Dazu kommt noch einmal ein Betrag von geschätzt 40 - 50 Milliarden Euro in dem gleichen Zeitraum für die verfassungswidrige Quersubventionierung von Schwimmbädern und öffentlichem Nahverkehr, siehe http://www.cleanstate.de/Energiepreise.html (http://www.cleanstate.de/Energiepreise.html).

Mit freundlichen Grüßen
Lothar Gutsche
Titel: Nachweis von Einsparungen: Sprengkraft unterschätzt?
Beitrag von: Black am 30. Dezember 2008, 21:00:12
Na dann haben Sie ja Ihre neue Wunderwaffe im Billigkeitsstreit gefunden.
Titel: Nachweis von Einsparungen: Sprengkraft unterschätzt?
Beitrag von: Black am 30. Dezember 2008, 21:29:18
Zitat
Original von RR-E-ft
@Black

Der Kunde kann doch erst dann etwas zur Unangemessenheit der Vorlieferantenpreise und einzelnen Vertragsregelungen sagen, wenn der Versorger dazu entsprechende detaillierte Darlegungen gemacht hat.

Auf Bestreiten des Kunden hat der Versorger vorzutragen und unter Beweis zu stellen(....).

Der BGH sagte aber:

Zitat
BGH 138/07
Dafür, dass es sich bei den von der Beklagten geltend gemachten Bezugskostensteigerungen um im vorgenannten Sinne \"unnötige\" Kosten handelt, die die Beklagte durch eine Preissteigerung auffangen möchte, ergeben sich aus dem Parteivortrag keine Anhaltspunkte.

Ob die Vorlieferantenverträge für das Gericht eine Rolle spielen hängt also vom Parteivortrag ab. Wenn nichts vorgetragen, dann keine Relevanz.

Der kluge Versorger wird dazu  nichts vortragen.

Insoweit kann der Kunde auch noch nichts bestreiten, denn prozessual bestreiten kann man nur , was als Tatsache im Rahmen eines Sachvortrages überhaupt erst einmal behauptet wurde. Die einzige Möglichkeit des Kunden die Vorlieferantenverträge in den Prozess einzubringen besteht also darin seinerseits detailiert vorzutragen, dass die Vorlieferantenverträge irgendwie unbillig geartet seien. Diesen Vortrag kann der Versorger dann wiederum bestreiten und der Kunde für seine Behauptung Beweis anbieten.
Titel: Nachweis von Einsparungen: Sprengkraft unterschätzt?
Beitrag von: RR-E-ft am 30. Dezember 2008, 22:00:17
@Black

Das sehe ich (etwas) anders. Man kann auch vorsorglich etwas bestreiten, was für den Rechtsstreit Relevanz hat und zu dem sich die Gegenseite noch nicht erklärt hat, um dieser zu einer Erklärungsmöglichkeit zu verhelfen/ eine entsprechende Erklärung zu veranlassen.

Es mag gewiss klug sein, dass der Versorger von sich aus ohne Not nichts dazu vorträgt und sich lieber ausschweigt:

Viele beziehen ihr Gas leider immer noch zu teuer, weil sie die bestehenden Möglichkeiten des Wettbewerbs nicht genutzt und schon keine Ausschreibungen durchgeführt haben. Mancherorts ließ man sich wohl als Gegenleistung vom Vorlieferanten zu Lustreisen u.a. verleiten. Teuer bezahlen sollen dann andere dafür.

Es geht auch anders. (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=43719#post43719)
Titel: Nachweis von Einsparungen: Sprengkraft unterschätzt?
Beitrag von: ESG-Rebell am 30. Dezember 2008, 23:43:27
Zitat
Original von Black
@ tangocharly

meinen Sie im Ernst, dass irgendein Versorger nachweisbar absichtlich ungünstige Verträge abgeschlossen hat und \"zu beliebigen Preisen eingekauft\" hat? Das zu belegen dürfte schwer fallen.
Ja und zwar mit folgender Überlegung (wie übrigens schon mehrfach erwähnt):

Die zum jeweiligen Konzern zugehörigen Endverteiler (namentlich EnBW Vertriebs GmbH, EnBW Gas GmbH und Erdgas Südwest GmbH, was den EnBW AG Konzern betrifft) unterliegen einer direkten Weisungsgebundenheit des EnBW AG Vorstands.
Bei gerichtlichen Auseinandersetzungen mit Kunden besteht die Gefahr, dass überhöhte Gewinne dieser Unternehmen als unbillig erkannt und folglich abgeschöpft werden. Um dies zu vermeiden, sollten diese Unternehmen tunlichst \"Harakiri\"-Verträge akzeptieren um den Großteil der Profite auf die ebenfalls konzerneigenen Schwesterunternehmen GVS und EnBW Netz GmbH zu verlagern. Diese sind zumindest vor einem direkten \"juristischen Durchgriff\" der geplünderten Kunden geschützt, da sie nicht deren unmittelbare Vertragspartner sind.

Bei den zahlreichen Stadtwerken, an denen die EnBW mindestens Sperrminoritäten hält (also 25,1%), kann der EnBW AG Vorstand zumindest massiv in die Geschäftsentscheidungen eingreifen; insbesondere also Bemühungen unterminieren, hohen Kostenfordergungen seitens der GVS und der EnBW Netz GmbH zu entgehen.

Zitat
Original von Black
Was Sie wollen ist also ein zusätzliches Sachverständigengutachten ...
Das erhöht die Prozesskosten noch einmal ... [um] 3.000 - 5.000 Euro.
Bangemachen gilt nicht - Der Umweltschutz wurde auch Jahrzehntelang mit dem Totschlagargument \"steigende Arbeitslosigkeit\" abgewehrt.

Natürlich erfordert eine Beweisaufnahme zunächst einmal ein plausibles Vorbringen beider Seiten.
Auf Verbraucherseite kann man nur die Abhängigkeiten der Firmen untereinander sowie die Höhe und Veränderung öffentlich zugänglicher Zahlen interpretieren.

Auf Versorgerseite besteht nun aber eindeutig die Pflicht, sich im Vertragsverhältnis seinen Vorlieferanten gegenüber so zu verhalten, als könnten keinerlei Kosten abgewälzt werden. Dies ist natürlich ebenfalls plausibel vorzutragen und ggf. zu beweisen.

Ein schnödes \"Nö - wir konnten nix einsparen.\" wird nicht reichen.

Gruss,
ESG-Rebell
Titel: Nachweis von Einsparungen: Sprengkraft unterschätzt?
Beitrag von: nomos am 31. Dezember 2008, 11:02:28
Zitat
Original von Black
Na dann haben Sie ja Ihre neue Wunderwaffe im Billigkeitsstreit gefunden.
Titel: Nachweis von Einsparungen: Sprengkraft unterschätzt?
Beitrag von: Lothar Gutsche am 31. Dezember 2008, 11:06:01
@ESG-Rebell

Begleitet wird der konzerninterne Einkauf von diversen Maßnahmen der Bilanzverschleierung. Der EnBW-Konzern ist zum einen gesellschaftsrechtlich an den Stadtwerken beteiligt und entsendet meist auch ein oder gar mehrere Mitglieder in den Aufsichtsrat der Stadtwerke. Sowohl über seine Beteiligung als Aktionär als auch über das Aufsichtsratmandat kann EnBW zumindest mittelbar auf die Stadtwerke einwirken. Deshalb gilt EnBW als sogenannte „nahe stehende Person“ im Sinne des Deutschen Rechnungslegungs Standards Nr. 11, siehe wegen Details http://www.ias-rechnungslegung.com/ (http://www.ias-rechnungslegung.com/).

Bei Geschäften mit nahe stehenden Personen besteht ganz allgemein der Verdacht, dass den Geschäften nicht übliche kaufmännischer Erwägungen, sondern persönliche Motive zu Grunde liegen. Es besteht die Gefahr, dass die Stadtwerke keine angemessene Gegenleistung erhielten, überhöhte Einkaufspreise an ihren Vorlieferanten zahlten und mit nicht marktüblichen Bedingungen benachteiligt wurde. Noch deutlicher drückt das Professor Dr. Kai-Uwe-Marten in dem Artikel „Related Parties: Prüfung nach dem neuen ISA 550 und Grundlagen der Behandlung in der Rechnungslegung“ in der Zeitschrift für Internationale Rechnungslegung IRZ, Heft 1, Seite 49 – 56, Mai 2006 aus (siehe Seite 53 in Abschnitt 3.1 http://www.mathematik.uni-ulm.de/irw/downloads/irz_rp.pdf (http://www.mathematik.uni-ulm.de/irw/downloads/irz_rp.pdf)):
Auch wenn ein Unternehmen im Rahmen seiner gewöhnlichen Geschäftstätigkeit Transaktionen mit einer nahe stehenden Person unternimmt, kann es sein, dass die Abwicklung nicht zu marktüblichen Bedingungen erfolgt. Möglicherweise liegt der Grund für Geschäftsvorfälle mit nahe stehenden Personen nicht in den üblichen kaufmännischen Erwägungen, sondern in anderen Motiven (z.B. in einer Gewinnverlagerung oder der Ermöglichung von Vermögensschädigungen oder sonstigen Gesetzesverstößen). … Gleichzeitig wird hieran deutlich, dass Informationen über nahe stehende Personen und die mit ihnen abgewickelten Transaktionen für den Abschlussprüfer und die Anwendung des risikoorientierten Prüfungsansatzes selbst dann von besonderer Bedeutung sind, wenn die einschlägigen Rechnungslegungsvorschriften keine spezifischen Berichterstattungspflichten vorsehen. … Infolgedessen bieten Beziehungen mit nahe stehenden Personen vermehrt Gelegenheit für kollusives Verhalten, Verschleierung oder Manipulation, was zu einem höheren Risiko für Verstöße i.S.v. dolosen Handlungen führt. Dies gilt insbesondere, wenn nahe stehende Personen dem Abschlussprüfer gegenüber nicht offen gelegt werden.

Wegen der Gefahren oder schon wegen des erhöhten Risikopotentials müssen die Geschäfte mit nahe stehenden Personen im Risikomanagement besonders beobachtet werden und in die Risikobeurteilung des Abschlussprüfers einfließen.

Der Deutsche Rechnungslegungs Standard Nr. 11 (DRS 11) verpflichtet lediglich kapitalmarktorientierte Mutterunternehmen, über Beziehungen zu nahe stehenden Personen zu berichten. Nicht kapitalmarktorientierten Unternehmen wie den Stadtwerken wird die Anwendung des Standards empfohlen. Wegen der besonderen Sorgfaltspflichten bei Kommunalunternehmen im mehrheitlich öffentlichen Eigentum liegt die Empfehlung für die Stadtwerke jedoch nicht mehr im Ermessen der Geschäftsleitung, sondern wird zur Pflicht. Im Sinne einer ordnungsgemäßen Buchführung müssten die Geschäftsbeziehungen mit dem EnBW-Konzern im Geschäftsbericht transparent dargestellt werden. Nach Randnummer 12 des DRS 11 sind zu den Geschäftsvorfällen mit nahe stehenden Personen folgende Angaben für das aktuelle Geschäftsjahr und das Vorjahr zu machen:
a) Beschreibung des Geschäftsvorfalls
b) sein Umfang, entweder als Betrag oder als prozentualer Wert des Umsatzes
c) Forderungen und Verbindlichkeiten sowie Eventualforderungen und –verbindlichkeiten gegenüber nahe stehenden Personen als Betrag oder prozentualer Wert und
d) die Preisgestaltung.

Ich stelle in Frage, dass die Geschäftsberichte der Stadtwerke ein vollständiges und korrektes Bild der wirtschaftlichen Verhältnisse im Sinne von § 238 Abs. 1 HGB vermitteln. Ob Geschäftsführer und Aufsichtsrat der Stadtwerke wegen unrichtiger Darstellung nach § 400 Abs. 1 AktG bzw. § 331 HGB strafrechtlich zu belangen ist, lasse ich derzeit prüfen. Zumindest im Zivilprozess der Stadtwerke Würzburg gegen mich werde ich diese Bedenken vortragen, nachdem ich die Stadtwerke in mehreren Schreiben in der Vergangenheit zu ihren Einkaufsbeziehungen vergeblich um eine Stellungnahme gebeten hatte. Bei Interesse versende ich gern meine Strafanzeige, den Einstellungsbescheid der Staatsanwaltschaft Würzburg und meinen zugehörigen Widerspruch gegen den skandalösen Einstellungsbescheid.

Mit freundlichen Grüßen
Lothar Gutsche
Kontakt: Lothar.Gutsche@arcor.de
Titel: Nachweis von Einsparungen: Sprengkraft unterschätzt?
Beitrag von: tangocharly am 31. Dezember 2008, 14:49:01
Zitat
Original von Black
@ tangocharly

meinen Sie im Ernst, dass irgendein Versorger nachweisbar absichtlich ungünstige Verträge abgeschlossen hat und \"zu beliebigen Preisen eingekauft\" hat? Das zu belegen dürfte schwer fallen.
Würden Sie einem Verbraucher raten dies in einem Prozess zu behaupten? Denn um einen Beweisbeschluss hierüber zu erlangen muss zumindest eine Partei entsprechende Tatsachen behaupten.

Na also, jetzt haben wir ihn doch noch erwischt, den BGH (meine ich). Denn weil @Black den Nagel auf den Kopf getroffen hat (oder meint getroffen zu haben), liegt auf der Hand dass der BGH in seinem Urteil vom 19.11.2008 Dinge problematisiert, welche ernsthaft nicht in Erwägung zu ziehen sind (nicht gerade beruhigend !).

Nun meine ich, dass dem BGH wohl schon bekannt war, dass es (einer branchenüblichen Manier entsprechend) Verträge geben soll, in denen gebunden, gekoppelt, Gewinne kumuliert, etc. wird. Ohne Rücksicht auf Europarecht, ohne Rücksicht auf Vergaberecht und natürlich ohne Rücksicht auf die bundesdeutschen \"Zielvorgaben\" des EnWG.