Forum des Bundes der Energieverbraucher

Energiepreis-Protest => Grundsatzfragen => Thema gestartet von: Black am 16. Dezember 2008, 11:45:28

Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: Black am 16. Dezember 2008, 11:45:28
Mehrmals kam hier folgender Gedanke auf. Wenn der Kunde VOR Abschluss eines Grundversorgungsvertrages bereits den Preisen widerspricht, dann könnten diese Preise nicht mehr als „vereinbarter Preissockel“ gelten und wären dadurch insgesamt überprüfbar.

Zitat
Original von ESG-Rebell
Was ist mit den Totalverweigerern, die sich für ganz clever halten und schon vor Lieferbeginn in der Ersatz- und Grundversorgung einen Unbilligkeitseinwand stellen (http://forum.energienetz.de/thread.php?threadid=11071)?

Woher soll bei diesen Kunden der angeblich vereinbarte und somit vor einer Billigkeitskontrolle geschützte Sockelbeitrag kommen?

Gruss,
ESG-Rebell.

Das Ganze funktioniert aus folgendem Grund nicht.

Zunächst einmal widerspricht der Kunde dann vertraglichen Bedingungen eines Vertrages den er (noch) gar nicht abgeschlossen hat. Zu diesem Zeitpunkt muss der Unbilligkeitseinwand schlichtweg ins Leere gehen. Genauso wie man kein Zeitschriftenabonnement kündigen kann, dass man nicht abgeschlossen hat oder wie man auch die Gaspreise seines Nachbarn nicht wirksam als unbillig rügen könnte.

Schließt man aber später dann doch einen Grundversorgungsvertrag ab so hat auch ab diesem Zeitpunkt der vorher geäußerte Unbilligkeitseinwand keine Wirkung denn:

Ein Vertrag kommt durch die Annahme eines Angebotes zusammen. Der Versorger bietet den Grundversorgungsvertrag an. Das Angebot umfasst als Kerninhalt vor allem die Leistung (Strom/Gas) und den Preis für die Leistung. Der Kunde kann nun annehmen (= Vertrag kommt zustande) oder ablehnen (= kein Vertrag). Da der Kunde nur das gesamte Angebot annehmen kann muss er damit auch den angebotenen Preis annehmen oder das Vertragsangebot insgesamt ablehnen.

Dieses Prinzip gilt für jeden zivilrechtlichen Vertrag. Ich kann mich entscheiden ob mir zum Bsp. ein Brötchen zu teuer ist und ich es daher nicht kaufe oder ob ich den Preis annehme. Ich kann aber nicht zum Bäcker gehen und sagen „ich akzeptiere Ihren Brötchenpreis nicht“ und dann trotzdem die Übergabe eines Brötchens erwarten.

Sage ich dagegen dem Versorger (oder dem Bäcker) „ich will das Angebot zwar annehmen, aber nur zu anderen Preisen“ dann gilt das nicht als Annahme, sondern als neues (Gegen)angebot, dass nun seinerseits der Versorger (oder Bäcker) annehmen oder ablehnen kann.

Natürlich kann mir der Bäcker das Brötchen auch günstiger verkaufen als ursprünglich angeboten und der Versorger mich auch günstiger beliefern als in den Grundversorgungstarifen angeboten. Wenn mich der Versorger aber günstiger als zu den veröffentlichten Tarifen beliefert liegt kein Grundversorgungsvertrag mehr vor, sondern ein Sonderkundenvertrag.
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: superhaase am 16. Dezember 2008, 12:17:36
Der Witz an der Sache ist doch, dass ein solcher fiktiver Preissockel schon von vorneherein unsinnig ist. Das ist doch schon mehrfach rechtlich und logisch schlüssig dargelegt worden. Er widerspricht eindeutig auch dem Willen des Gesetzgebers.

Im übrigen sind Sie, lieber Black, in diesem Zusammenhang nicht noch die Beantwortung der \"Gretchenfrage\" in einem anderen Thread schuldig geblieben? Oder hab ich was verpasst? ;)

Diese groteske Konstruktion des VIII. Senats des BGH hält hoffentlich nicht mehr lange die Rechtsprechung auf. Wo bleibt die Anrufung des Großen Senats des BGH, um hierzu die Rechtssicherheit wiederherzustellen, die der Herr Ball damit an die Wand gefahren hat?

ciao,
sh
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: Black am 16. Dezember 2008, 12:37:08
Zitat
Original von superhaase
Der Witz an der Sache ist doch, dass ein solcher fiktiver Preissockel schon von vorneherein unsinnig ist. Das ist doch schon mehrfach rechtlich und logisch schlüssig dargelegt worden.

Meinungen gibt es viele, was derzeit zählt ist die Rechtspraxis vor Gericht, und da gilt bislang der Preissockel.


Zitat
Original von superhaaseIm übrigen sind Sie, lieber Black, in diesem Zusammenhang nicht noch die Beantwortung der \"Gretchenfrage\" in einem anderen Thread schuldig geblieben? Oder hab ich was verpasst? ;)

Die Gretchenfrage beruhte auf der letzten Rechtsprechung des Kartellsenats und wurde durch die neuere Entscheidung des VIII. Senats mit der erneuten Bestätigung des Sockels überholt. Ausserdem dachte ich, ich hätte geantwortet...

Zitat
Original von superhaaseDiese groteske Konstruktion des VIII. Senats des BGH hält hoffentlich nicht mehr lange die Rechtsprechung auf. Wo bleibt die Anrufung des Großen Senats des BGH,

So ist das halt für die Verbraucher. Entscheidet der BGH im Sinne der Verbraucher sind seine Entscheidungen Gottes Wort (Kartellsenat), entscheidet er für den Versorger ist es nur \"grotesk\".
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: superhaase am 16. Dezember 2008, 12:59:19
Zitat
Original von Black
Meinungen gibt es viele, was derzeit zählt ist die Rechtspraxis vor Gericht, und da gilt bislang der Preissockel.
Aber ausschließlich vor dem VIII. Senat.

Zitat
Die Gretchenfrage beruhte auf der letzten Rechtsprechung des Kartellsenats und wurde durch die neuere Entscheidung des VIII. Senats mit der erneuten Bestätigung des Sockels überholt.
Die uneinheitliche Rechtsprechung wurde wiederholt, mehr nicht.
Eine Klarstellung und Korrektur steht noch aus.
Ich bin überzeugt, dass so eine Korrektur nur in eine Richtung erfolgen kann. Ansonsten ist unser ganzes Rechtssystem ad absurdum geführt.
Ja, so dramatisch sehe ich das.  

Zitat
Ausserdem dachte ich, ich hätte geantwortet...
Das muss ich dann wohl übersehen haben .... haben sie einen Link auf das entsprechende Posting?

Zitat
So ist das halt für die Verbraucher. Entscheidet der BGH im Sinne der Verbraucher sind seine Entscheidungen Gottes Wort (Kartellsenat), entscheidet er für den Versorger ist es nur \"grotesk\".
Tun\'se das mal nich so locker flockig ab.
Es ist schon gut begründet, warum man die Ball\'schen Konstrukte als grotesk bezeichnen kann. Ich verweise hier z.B. mal auf die sehr ausführlichen Kommentare von Herrn Fricke hierzu. Bisher hat das niemand nachvollziehbar und stichhaltig widerlegt.

ciao,
sh
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: Black am 16. Dezember 2008, 13:28:44
Zitat
Original von superhaase
Zitat
Original von Black
Meinungen gibt es viele, was derzeit zählt ist die Rechtspraxis vor Gericht, und da gilt bislang der Preissockel.
Aber ausschließlich vor dem VIII. Senat.

Nur das danach nichts mehr kommt, solange der Große Senat nicht angerufen wird (was bislang nicht der Fall ist). Solange werden sich die übrigen Gerichte am 8. Senat orientieren.


Zitat
Original von superhaaseDie uneinheitliche Rechtsprechung wurde wiederholt, mehr nicht.

Tja und Wiederholung verfestigt. Der 8. Senat ist stets auf seiner Linie geblieben. Es ist der Kartellsenat, der abweicht.

Zitat
Original von superhaaseAnsonsten ist unser ganzes Rechtssystem ad absurdum geführt.
Ja, so dramatisch sehe ich das.

Wenn Gerichtsentscheidungen, die nicht IHREM Wunschergebnis entsprechen immer gleich ihr ganzes Weltbild bzw. die Akzeptanz unseres Rechtssystems zum Einsturz bringen, kann ich nur hoffen, dass sie in ihrem Leben nicht oft mit Gerichten zu tun haben werden. In einem Rechtsstreit sind immer (mindestens) 2 Parteien beteiligt, von der JEDE denkt sie habe Recht. Wenn nun der Verlierer immer das ganze System in Frage stellen würde...


Zitat
Original von superhaaseTun\'se das mal nich so locker flockig ab.
Es ist schon gut begründet, warum man die Ball\'schen Konstrukte als grotesk bezeichnen kann. Ich verweise hier z.B. mal auf die sehr ausführlichen Kommentare von Herrn Fricke hierzu. Bisher hat das niemand nachvollziehbar und stichhaltig widerlegt.

Es ist ja nicht Herr Ball alleine, der im VIII. Senat entscheidet.

Vielleicht führen die ausführlichen Kommentare des Herrn Fricke ja eines Tages zu einer Berufung an den BGH, aber bis dahin sind auch dies nur Rechtsmeinungen.
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: ESG-Rebell am 16. Dezember 2008, 14:41:22
@Black
Vielen Dank für Ihre Stellungnahme.

Lassen wir uns nochmal auf die Sachebene zurückkommen.

Zitat
Original von Black
Zunächst einmal widerspricht der Kunde dann vertraglichen Bedingungen eines Vertrages den er (noch) gar nicht abgeschlossen hat.

Zitat
Original von Black
Das Angebot umfasst als Kerninhalt vor allem die Leistung (Strom/Gas) und den Preis für die Leistung
Dies stimmt nicht. Anstelle eines anfänglich vereinbarten Preises darf auch eine Regelung vereinbart werden, die einen Preis bildet.

In der Grundversorgung wird der zu zahlende Preis aufgrund folgender Grundlage gebildet.
Dieser Grundlage widerspreche ich nicht; vielmehr weise ich ausdrücklich darauf hin:
[list=1]
bevor der Austausch von Leistung und Gegenleistung beginnt.

Gruss,
ESG-Rebell.

@superhaase
Ich persönlich bin sehr froh, dass Black sich so eifrig und sachlich an der juristischen Diskussion in diesem Forum beteiligt.
Daher wünsche ich mir von den anderen Forenteilnehmern, dass sie - bei allem Verständnis - auf der Sachebene bleiben. Dies ist im Ergebnis für alle Beteiligten am nützlichsten.
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: Black am 16. Dezember 2008, 15:26:07
Zitat
Original von ESG-Rebell
Zitat
Original von Black
Das Angebot umfasst als Kerninhalt vor allem die Leistung (Strom/Gas) und den Preis für die Leistung
Dies stimmt nicht. Anstelle eines anfänglich vereinbarten Preises darf auch eine Regelung vereinbart werden, die einen Preis bildet.

In der Grundversorgung wird der zu zahlende Preis aufgrund folgender Grundlage gebildet.
Dieser Grundlage widerspreche ich nicht; vielmehr weise ich ausdrücklich darauf hin:
[list=1]
  • Der Versorger setzt die zu zahlenden Preise einseitig gemäß §36 EnWG fest.
  • Im Gegenzug steht mir als Schutz vor beliebigen Preisforderungen der Unbilligkeitseinwand nach §315 BGB offen.
  • [/list=1]
    Sollte der Versorger nachweisen, dass seine Preise angemessen sind oder ein Gericht einen billigen Preis festsetzen, so wird dieser für mich verbindlich und folglich zu zahlen. Dann kommt es nicht mehr darauf an, ob ich mit dieser Höhe des Preises einverstanden bin. Insbesondere könnte der Preis auch höher sein als die Preise von Sonderverträgen, wenn der Grundversorger dies stichhaltig begründen konnte.

    Der vorsorgliche Unbilligkeitseinwand vermeidet eine konkludent unterstellte Einigung auf einen bestimmten Anfangspreis.
Ihre Argumentation ist zwar in sich schlüssig, weist aber nach meinem Dafürhalten folgende Fehler auf:

1. Der Ausgangspreis ist vertraglich vereinbart und nicht einseitig festgesetzt. Hierzu werden zwar abweichende Ansichten vertreten (denen man auch gerne folgen kann) aber der BGH geht derzeit eben vom VEREINBARTEN Ausgangspreis aus. Wäre der Ausgangspreis tatsächlich auch einseitig festgesetzt könnten sie ihn tatsächlich als unbillig rügen, aber dann könnten sie das auch später tun und müßten es nicht \"vorsorglich\" machen, wie es hier die Idee war. Da beißt sich die Katze in den Schwanz.

2. Es herrscht hier noch immer ein falsches Verständnis der Billigkeitskontrolle vor. Es ist nicht so, dass der Versorger einen Preis (quasi) unverbindlich vorschlägt und dieser erst nach Billigkeitsprüfung verbindlich wird. Wenn sie den Unbilligkeitseinwand erheben behaupten Sie als Kunde bereits dass der Preis unbillig sei, nur das die Beweislast dem EVU zufällt. Sie greifen den Preis aktiv als unbillig an.

Etwas polemisch ausgedrückt: Das ist rechtlich gesehen der gleiche Vorgang, als wenn sie per Musterschreiben behaupten würde der EVU würde als juristische Person gar nicht existieren und daher die Zahlung verweigern. Dann müßte auch der EVU seine \"Existenz\" gerichtlich beweisen. Daraus könnte man aber auch nicht die Regel herleiten \"alle Preise sind bis zum Existenznachweis des EVU durch Offenlegung seiner Gesellschaftspapiere oder Handelsregisterauszüge per Gesetz unverbindlich\".

Wenn Sie also einen Preis in einem Vertrag als unbillig rügen (ihn also nicht akzeptieren) kann das im Einzelfall nur zwei mögliche Folgen haben.

Entweder rücken sie durch den späteren Vertragsschluss konkludent vom vorherigen Einwand wieder ab.,

Oder es kommt kein Vertrag zustande, da Sie sich mit dem EVU nicht über alle Vertragsbestandteile (Preis) einigen konnten.


Ein gutes Beispiel zum Verständnis ist vielleicht auch die Bahn. Ein Beförderungsvertrag kommt hier auch konkludent durch Einsteigen und Mitfahren zustande. Daher muss auch der Schwarzfahrer zahlen, auch wenn er keinen Vertrag eingehen wollte. Verglichen mit der Energieversorgung ist der Widerspruchskunde nun kein heimlicher Schwarzfahrer, sondern jemand der vor dem Einstieg in die Bahn lauthals ausruft:

\"Ich will keinen konkludenten Beförderungsvertrag eingehen. Ich habe nicht vor für diese Fahrt den vollen Preis zu zahlen. Mein Einsteigen ist kein Zeichen eines Vertragsschlusses\"

und dann einsteigt und mit der Bahn fährt. Wird er ohne Fahrschein angetroffen muss er trotzdem die vertraglichen Beförderungskosten zahlen.
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: superhaase am 16. Dezember 2008, 15:34:09
Zitat
Original von ESG-Rebell
Davon abgesehen: Den Bedingungen eines Vertrags nach Abschluß zu widersprechen, ist reichlich nutzlos, da diese dann ja bereits bindend sind. Der Sinn und Inhalt eines Vertrags ist ja gerade die Einigung auf dessen Inhalt bevor der Austausch von Leistung und Gegenleistung beginnt.
Genau das trifft eben nicht zu.
Bei einem Vertrag mit vereinbartem einseitigem Preisbestimmungsrecht und daraus resultierendem Recht des Unbilligkeitseinwands, wird eben eine Leistung (hier der Preis) nicht für beide Seiten bindend und unveränderlich vereinbart. Der Versorger hat von Anfang an das Recht zur einseitigen Preisbestimmung. Ferner kenne ich keinen Grundversorgungsvertrag, in dem ein Preissockel getrennt von einer variablen Komponente vereinbart wäre. Ein solcher würde wohl auch hinsichtlich der somit enthaltenen Preisänderungsklausel bzw. -formel nicht vor dem §307 bestehen.
Ich kann jederzeit nach Vertragsabschluss die Billigkeit des aktuellen \"Anfangspreises\" bezweifeln, wenn ich unterstelle, dass die Kosten (Bezugskosten, Netzkosten, Lohnkosten, Kapitalkosten) gesunken sind. Der Versorger hat die Pflicht, den Preis nach unten anzupassen, wenn die Kosten sinken.
Dies folgt zwingend aus der Einräumung des Unbilligkeitseinwands im Gegenzug zum einseitigen Preisbestimmungsrecht, und ferner aus dem EnWG.
Das ist ja gerade der offensichtliche und unumstößliche Widerspruch zu dem fiktiven Preissockel.
Eine juristisch ausführliche und umfassende Begründung, wie dieses Konstrukt des Preissockels ins Rechtssystem und in die Logik des Denkens passen soll, ist der BGH bisher schuldig geblieben.
Ich sehe in diesem Fall bei einer potentiellen Bestätigung des \"Preissockels\" durch den großen Senat deshalb durchaus unser Rechtssystem gefährdet, weil das m.E. einer höchstrichterlichen Rechtsbeugung gleichkommen würde und eindeutig der Intention des Gesetzgebers widersprechen würde.

Auch an der Fragestellung dieses Threads erkennt man, wie unsinnig der fiktive Preissockel ist: \"Kann ich schon vor Vertragsabschluss den Vertragsbedingungen widersprechen?\"
Hinsichtlich dieser Frage muss ich Black Recht geben. Sie können ein Vertragsangebot nur annehmen oder ablehnen. Beides gleichzeitig ist nicht möglich. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass dies irgendwie rechtlich (durch ein Gesetz) gestützt werden kann.

Andererseits gilt natürlich Ihr Argument, dass in einem Grundversorgungsvertrag ein Preisbestimmungsrecht und folglich das Recht zum Unbilligkeitseinwand vereinbart werden - und eben gerade kein Preis und auch keine \"Preisuntergrenze\". Daher ist der Unbilligkeitseinwand nach Vertragsabschluss jederzeit möglich. Es ist auch nirgendwo etwas darüber zu finden, dass für einen Unbilligkeitseinwand erst irgendeine Schonfrist oder sowas ablaufen muss.

Zuletzt:
Wir müssen nicht \"nochmal auf die Sachebene zurückkommen\", da wir diese bisher nicht verlassen hatten. Ich kann nicht erkennen, wo Sie hier Unsachlichkeit gesehen haben - bei allem Verständnis ...  :)

ciao,
sh
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: Black am 16. Dezember 2008, 15:41:25
Zusammenfassend:

Wer glaubt der Ausgangspreis sei auch vom Versorger einseitig bestimmt muss nicht vorher widersprechen sondern kann dies - nach dieser Rechtsansicht - auch später während des Vertrages tun. Die 8. Zivilkammer des BGH lehnt diese Ansicht jedoch bislang gerade ab.

Wer dagegen glaubt der Ausgangspreis sei vertraglich vereinbart, kann dieser Vereinbarung nicht widersprechen BEVOR sie überhaupt getroffen wurde.
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: elmex am 16. Dezember 2008, 16:09:50
Die Diskrepanz zwischen den Entscheidungen der beiden Senate ist offensichtlich.

So geht der achte Senat im Falle von Haushaltskunden (Verbraucher) von einem vereinbarten, und damit nicht mehr angreifbaren Preissockel aus, obgleich dem gegenüberstehenden Versorger (Unternehmer) bei Tarifkunden/Kunden der Grundversorgung ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht kraft Gesetz eingeräumt wird. Dieses einseitige Leistungsbestimmungsrecht umfasst jedoch denknotwendigerweise auch den zugrunde liegenden Preissockel und erlaubt schon aus Gründen der kartellrechtlichen Gleichbehandlung keine Unterscheidung zwischen Preissockel und Erhöhung.

Dementgegen führt der Kartellsenat (Urteil vom 4.3.2008 - KZR 69/08 ) aus, dass im Rahmen eines Netznutzungsvertrages zwischen zwei Unternehmen (Netzbetreiber/Endverteiler) dem Netzbetreiber ein gesetzlich vorgegebenes einseitiges Leistungsbestimmungsrecht zusteht,vermöge dessen im Zweifel die gesamten Netzentgelte einer Billigkeitskontrolle zu unterziehen sind, ohne dass es darauf ankommt, ob bereits ein einseitig vorgegebener Preis widerspruchslos gezahlt, oder der einseitig festgelegte Preis konkret beziffert wurde. Von einem vereinbarten Preissockel ist hier nicht die Rede.

Danach werden offensichtlich Unternehmen besser gestellt als Verbraucher. Nach dieser divergierenden Rechtsprechung kommt Unternehmern bei faktisch gleicher Sachlage (fehlender Wettbewerb auf dem jeweiligen Marktsegment) ein effektiverer Schutz zu, als dies bei Verbrauchern der Fall ist.
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: ESG-Rebell am 16. Dezember 2008, 16:25:35
Zitat
Original von Black
1. Der Ausgangspreis ist vertraglich vereinbart und nicht einseitig festgesetzt. Hierzu werden zwar abweichende Ansichten vertreten (denen man auch gerne folgen kann) aber der BGH geht derzeit eben vom VEREINBARTEN Ausgangspreis aus.
Denken wir noch einmal daran zurück, wie es zu der umstrittenen Auffassung des BGH im Verfahren 36/06 kam. Der Zivilsenat hatte ausgeführt, der Kunde habe sich dem Wortlaut nach in seinem ursprünglichen Unbilligkeitseinwand gegen die \"Preiserhöhung\" gewandt. Desweiteren habe er in den Jahren zuvor die Rechnungen ohne Vorbehalt bezahlt. Dies dürfte wohl den Tatsachen entsprechen.

Daraus folgerte der Senat im weiteren, der ohne Vorbehalt gezahlte Preis habe einen vereinbarten Sockel gebildet.

Aus meiner Sicht als Mathematiker ist es spitzfindig, aus der Zurückweisung einer Preisanhebung auf das Einverständnis zum alten Preis für die zukünftige Belieferung zu schließen. Addition und Subtraktion sind für mich äquivalente Operationen:
\"Neupreis = Altpreis + Preisänderung\" genau dann wenn \"Preisänderung = Neupreis - Altpreis\".

Aus der Formulierung des Senats ziehe ich zudem den Umkehrschluss, dass das Verfahren evtl. ganz anders ausgegangen wäre, wenn der Kunde - quasi in weiser Vorausahnung der fernen Zukunft - bereits 1984 begonnen hätte, alle Zahlungen nur unter Vorbehalt zu leisten.

Zitat
Original von Black
Wäre der Ausgangspreis tatsächlich auch einseitig festgesetzt könnten sie ihn tatsächlich als unbillig rügen, aber dann könnten sie das auch später tun und müßten es nicht \"vorsorglich\" machen, wie es hier die Idee war.
Dem könnte man evtl. folgen. In vergangenen Prozessen haben Versorgeranwälte ja auch das Argument angebracht, der Kunde habe ohne schuldhafte Verzögerung einen Unbilligkeitseinwand einwenden müssen. Für diese Anforderung gibt es jedoch keine rechtliche Grundlage. Zudem könnte folglich ein Unbilligkeitseinwand innerhalb von bspw. zwei Wochen wohl zumindest nicht mit diesem Argument angegriffen werden.

Ich kenne ja die derzeit gültigen allgemeinen Tarife und weiss schon jetzt, dass ich sie für unbillig halte. Sie müssten schon drastisch sinken, damit ich zu einer anderen Überzeugung gelange. Der vorsorgliche Einwand hat aus meiner Sicht den Vorteil, dass ich keine Fristen - ob gültig oder nicht - versäumen kann.

Zitat
Original von Black
2. Es ist nicht so, dass der Versorger einen Preis (quasi) unverbindlich vorschlägt und dieser erst nach Billigkeitsprüfung verbindlich wird. Wenn sie den Unbilligkeitseinwand erheben behaupten Sie als Kunde bereits dass der Preis unbillig sei, nur das die Beweislast dem EVU zufällt. Sie greifen den Preis aktiv als unbillig an.
Dies trifft zu. Der Preis ist nur dann unverbindlich, wenn der Kunde einen Unbilligkeitseinwand erhebt. Wenn er auf unverbindliche Preise basierende Rechnungen begleicht, dann ist er auf eine Rückzahlungsklage verwiesen, in der ihn eine unerfüllbare Beweislast trifft.

Umso wichtiger ist es im Lichte des BGH-Urteils 36/06, umgehend Unbilligkeitseinwand zu erheben und jegliche Zahlungen zu verweigern. Ansonsten kann man es auch gleich ganz lassen.

Zitat
Original von Black
Etwas polemisch ausgedrückt: .....
Den Vergleich kann ich so nicht ganz nachvollziehen.

Mit der Zustimmung zur Geltung der Regelungen des EnWG und der StromGVV kommt meines Erachtens ein Vertrag zustande, in dem keine Regelungslücken mehr bestehen (als Nicht-Jurist lehne ich mich jetzt aber weit aus dem Fenster, ich weiss ;-)


Welche Folgen hätte die von Ihnen geschilderte und von den Versorgern herbeigesehnte Rechtsauffassung in der mittelfristigen Praxis eigentlich?
Alle Kunden, die keinen Sondervertrag unterschreiben, befinden sich in der Grundversorgung.
Der Allgemeine Tarif, der zum Wechselzeitpunkt veröffentlicht war, ist für den Kunden jeweils verbindlich und einer Billigkeitskontrolle unzugänglich.
Dies gilt insbesondere auch dann, wenn in einer Region (etwa im Gasbereich) keine Sonderverträge mehr angeboten werden. Der Versorger braucht dann nur noch alle Sonderverträge zu kündigen um alle Kunden - die ja nirgendwo hin können - zu den Allgemeinen Tarifen beliefern zu können.

Möchten die Vorstände von E.ON, RWE & Co. höhere Gewinne erzielen, so weisen sie ihre Ferngasgesellschaften bzw. Stromzwischenhändler an, höhere Preise zu verlangen. Die Änderungen dieser Preise werden dann auf die Allgemeinen Tarife aufgeschlagen.


Was passiert eigentlich, wenn der Grundversorger seine Preise bspw. auf 99 Euro/kWh anhebt?
Dann wäre wohl sittenwidriger Wucher offensichtlich. Ich übertreibe absichtlich, um das Problem deutlicher darzustellen.
Viele Kunden würden fluchtartig in Sonderverträge wechseln - sofern überhaupt möglich. Viele Kunden - insgesamt aber nur eine Minderheit - würden die Zahlung mit Unbilligkeitseinwand verweigern. Das Gericht würde dem in jedem Einzelprozess statt geben und einen wesentlich niedrigeren Preis festsetzen oder die verklagten Kunden - und nur diese - im Ergebnis von einer Zahlungspflicht befreien.

Was würde in der Zwischenzeit aber mit den Kunden passieren, die bspw. für zwei Monate in die Ersatzversorgung oder neu in die Grundversorgung fallen?
Müssten diese dann tatsächlich 99 Euro/kWh zahlen? Eine rechtliche Handhabe (außer Wucher, wie erwähnt) hätten sie ja nicht, da Anfangspreis.

Gruss,
ESG-Rebell.
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: Black am 16. Dezember 2008, 21:20:02
Zitat
Original von ESG-Rebell
Aus der Formulierung des Senats ziehe ich zudem den Umkehrschluss, dass das Verfahren evtl. ganz anders ausgegangen wäre, wenn der Kunde - quasi in weiser Vorausahnung der fernen Zukunft - bereits 1984 begonnen hätte, alle Zahlungen nur unter Vorbehalt zu leisten.

Darüber zu Spekulieren ist müßig. Die Rechtsprechung ist wie sie ist. Nun bereits in der 2. Entscheidung bestätigt.

Zitat
Original von ESG-RebellFür diese Anforderung gibt es jedoch keine rechtliche Grundlage. Zudem könnte folglich ein Unbilligkeitseinwand innerhalb von bspw. zwei Wochen wohl zumindest nicht mit diesem Argument angegriffen werden.
(...) Der vorsorgliche Einwand hat aus meiner Sicht den Vorteil, dass ich keine Fristen - ob gültig oder nicht - versäumen kann.

Hat aber den Nachteil, dass Sie vor Gericht ja beweisen müssen den Einwand überhaupt erhoben zu haben. Ob aber ein Versorger bei dem Sie gar nicht grundversorgter Kunde sind einen solchen Einwand aber zuordnen und archivieren (und dann wiederfinden) kann ist fraglich.

Sie bekommen auch ein Problem wenn sich zwischen dem \"vorsorglichen\" Einwand und dem tatsächlichen Vertrag noch einmal die Preise geändert haben. Dann haben sie nämlich den dann aktuellen Preisen nicht wiedersprochen.


Zitat
Original von ESG-RebellDies trifft zu. Der Preis ist nur dann unverbindlich, wenn der Kunde einen Unbilligkeitseinwand erhebt.
Nein! Nicht die Erhebung sondern nur die tatsächliche Unbilligkeit führt zur Unverbindlichkeit. Das ist ein gern übersehener Unterschied.



Zitat
Original von ESG-RebellMit der Zustimmung zur Geltung der Regelungen des EnWG und der StromGVV kommt meines Erachtens ein Vertrag zustande, in dem keine Regelungslücken mehr bestehen (als Nicht-Jurist lehne ich mich jetzt aber weit aus dem Fenster, ich weiss ;-).
EnWG ist ein Gesetz und GVV eine Rechtsverordnung, die gelten auch ohne Ihre Zustimmung. Ein anderer notwendiger Vertragsbestandteil, der nicht im Gesetz geregelt ist, ist aber z.B. der konkrete Lieferort und der konkrete Preis.
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: superhaase am 16. Dezember 2008, 22:55:00
Zitat
Original von Black
Ein gutes Beispiel zum Verständnis ist vielleicht auch die Bahn. Ein Beförderungsvertrag kommt hier auch konkludent durch Einsteigen und Mitfahren zustande. Daher muss auch der Schwarzfahrer zahlen, auch wenn er keinen Vertrag eingehen wollte. Verglichen mit der Energieversorgung ist der Widerspruchskunde nun kein heimlicher Schwarzfahrer, sondern jemand der vor dem Einstieg in die Bahn lauthals ausruft:
\"Ich will keinen konkludenten Beförderungsvertrag eingehen. Ich habe nicht vor für diese Fahrt den vollen Preis zu zahlen. Mein Einsteigen ist kein Zeichen eines Vertragsschlusses\"
und dann einsteigt und mit der Bahn fährt. Wird er ohne Fahrschein angetroffen muss er trotzdem die vertraglichen Beförderungskosten zahlen.
Nein, das ist kein gutes Beispiel. Das ist eine ganz andere Situation.
Vergleichbar wäre nur eine Bahnfahrt, während der der Schaffner jederzeit bei vollem Tempo auf offener Strecke ins Abteil kommen könnte und den Fahrpreis \"willkürlich\" neu festsetzen könnte. Nur dann wäre dies ein Beförderungsvertrag mit einseitigem Preisbestimmungsrecht. Dann stünde dem Fahrgast auch ein Unbilligkeitseinwand zu. Und folglich könnte der Fahrgast diesen auch nach dem Einsteigen jederzeit erheben, wenn er im Radio hört, dass die Bahn kurz vor Fahrtbeginn einen Strompreisnachlass erhalten und noch nicht eingepreist hat, denn dann muss die Bahn diese Kostensenkung an die Fahrgäste weitergeben.

So wird ein Schuh draus.

ciao,
sh
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: Black am 17. Dezember 2008, 00:03:56
Zitat
Original von superhaase
Nein, das ist kein gutes Beispiel. Das ist eine ganz andere Situation.
Vergleichbar wäre nur eine Bahnfahrt, während der der Schaffner jederzeit bei vollem Tempo auf offener Strecke ins Abteil kommen könnte und den Fahrpreis \"willkürlich\" neu festsetzen könnte. Nur dann wäre dies ein Beförderungsvertrag mit einseitigem Preisbestimmungsrecht. Dann stünde dem Fahrgast auch ein Unbilligkeitseinwand zu. Und folglich könnte der Fahrgast diesen auch nach dem Einsteigen jederzeit erheben, wenn er im Radio hört, dass die Bahn kurz vor Fahrtbeginn einen Strompreisnachlass erhalten und noch nicht eingepreist hat, denn dann muss die Bahn diese Kostensenkung an die Fahrgäste weitergeben.

So wird ein Schuh draus.

ciao,
sh

Auf so einen Einwand habe ich ja gewartet.

Der verständige Leser wird hoffentlich bemerkt haben, dass das Beispiel der Bahnfahrt den Aspekt des konkludenten Vertragsschlusses bei gleichzeitig geäußertem Widerspruch behandelt und keine Abhandlung über die Vergleichbarkeit von Bahnreisen und Gasbezug darstellt.

Im übrigen könnte man bei \"voller Fahrt\" auf offener Strecke schwerlich aussteigen. Bei der Grundversorgung können sie jedoch bei einer \"willkürlichen\" Preiserhöhung den Vertrag kündigen, ohne das die Anpassung für Sie wirksam wird.

Auch die Bahn erhöht ihre Preise und dass Sie von der Erhöhung nicht mitten in der Fahrt überrascht werden liegt zum Teil auch daran, dass Sie nicht jahrelang 24 Stunden am Tag Bahn fahren aber sehr wohl Energie beziehen können.
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: superhaase am 17. Dezember 2008, 00:42:19
Das zeigt ja gerade, dass die Situation des Vertragsschlusses bei einer Bahnfahrt mit der Situation des Vertragsschlusses beim Gasbezug nicht vergleichbar ist, da eine Bahnfahrt mit vereinbartem einseitigen Preisbestimmungsrecht gar keinen Sinn ergibt. Die Bahnfahrt hat einen von vorneherein feststehenden und unveränderlichen Preis, wenn ich einsteige.

Es macht ganz offensichtlich einen Unterschied, ob ich einen Vertrag mit feststehendem Preis vereinbare (den es auch beim Gasbezug gibt), oder ob ich einen Vertrag mit einseitigem Preisbestimmungsrecht (und somit eben gerade nicht mit einem festgelegten unveränderlichen Preis) vereinbare.
Mit dem Beispiel der Bahnfahrt lässt sich also nicht verdeutlichen, wie es sich mit dem Grundversorgungsvertrag in der Gasversorgung verhält.
Mehr wollte ich gar nicht sagen.

Im Übrigen teile ich Ihre Auffasung, dass man nicht vor Vertragsabschluss \"vorsorglich\" irgendwelchen Vertragsbedingungen widersprechen kann und den Vertrag dann trotzdem annehmen kann, ohne dass die vorher zurückgewiesenen Bedingungen gültig werden.
Allerdings handelt es sich beim Gaspreis in seiner absoluten Höhe eben gerade nicht um eine solche Vertragsbedingung.

Nochmal nachgefragt: Gibt es Grundversorgungsverträge, die einen \"Anfangspreis\" ausdrücklich nennen, und dann noch ein Preisänderungsrecht enthalten?
Ich kenne nur Varianten, die auf eine Preisveröffentlichung (Tarifblatt etc.) verweisen. Es kann auch noch eine Formulierung wie \"in Höhe von derzeit x ct/kWh\" oder dergleichen enthalten sein.
Eine weitergehende Formulierung wie \"mindestens aber x ct/kWh\" oder ähnliches gibt es wohl nicht - würde auch vor Gericht keinen Bestand haben.
Nun frage ich mich, wie der 8. Senat des BGH in solche Grundversorgungsverträge einen nicht unterschreitbaren Preissockel hineininterpretieren kann, der auch noch mit jeder unwidersprochenen Erhöhung ansteigt, wenn selbst den Versorgern klar ist, dass sie ihre Preise auch mal senken müssen? Das wird auch von keinem Versorger bisher bestritten, ganz im Gegenteil habe ja alle Versorger immer wieder mal die Preise auch gesenkt - völlig grundlos und somit ihren Aktionären gegenüber untreu?

Ansonsten könnte man den Spieß doch auch umdrehen und nach jeder Preissenkung dann, wenn der Versorger einige Zeit Gas geliefert hat (ohne sich selbst zu widersprechen ;)), von einem nicht mehr überschreitbaren Preisdeckel reden. Das wäre doch genauso unsinnig, oder?
Bitte jetzt nicht den Preisdeckel juristisch zerpflücken, das war ein Scherz.  :D

ciao,
sh
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: ESG-Rebell am 17. Dezember 2008, 09:43:33
Zitat
Original von Black
Zitat
Original von ESG-RebellDer vorsorgliche Einwand hat aus meiner Sicht den Vorteil, dass ich keine Fristen - ob gültig oder nicht - versäumen kann.
Hat aber den Nachteil, dass Sie vor Gericht ja beweisen müssen den Einwand überhaupt erhoben zu haben.
Einschreiben mit Rückschein?

Zitat
Original von Black
Ob aber ein Versorger bei dem Sie gar nicht grundversorgter Kunde sind einen solchen Einwand aber zuordnen und archivieren (und dann wiederfinden) kann ist fraglich.
Die Unfähigkeit meines Versorgers, Daten seiner Untertanen zuzuordnen, zu archivieren und wiederzufinden, ist nicht mein Problem.

Allerdings könnte theoretisch der Grundversorger auch wechseln, wenn doch irgendwann einmal genügend Kunden ihren Hintern hochkriegen und wechseln. Dann läge der Unbilligkeitseinwand in den Archiven des falschen (weil alten) Grundversorgers.

Insofern stimme ich Ihnen ja zu - man muss nichts überstürzen. Man kann den Einwand auch immer noch dann abschicken, wenn ein Wechsel in die Ersatzversorgung ansteht oder Rechtsunsicherheit über das Fortbestehen eines Sondervertrags entsteht.

Zitat
Original von Black
Sie bekommen auch ein Problem wenn sich zwischen dem \"vorsorglichen\" Einwand und dem tatsächlichen Vertrag noch einmal die Preise geändert haben. Dann haben sie nämlich den dann aktuellen Preisen nicht wiedersprochen.
Das sehe ich nicht so. Die Formulierung bezieht konkret benannte Festsetzungszeitpunkte (\"der dann festgesetzten Entgelte\") mit ein.

Zitat
Original von Black
Zitat
Original von ESG-RebellDies trifft zu. Der Preis ist nur dann unverbindlich, wenn der Kunde einen Unbilligkeitseinwand erhebt.
Nein! Nicht die Erhebung sondern nur die tatsächliche Unbilligkeit führt zur Unverbindlichkeit. Das ist ein gern übersehener Unterschied.
.... und die Preise unbillig waren. Der Zusatz fehlte in der Tat. Waren die Preise nicht unbillig überhöht, dann waren sie auch von Anfang an verbindlich.

An der Quintessenz ändert dies freilich nichts: Der Kunde muss Unbilligkeitseinwand erheben um seine Rechte geschützt zu wissen; und dies tunlichst bevor ihm eine konkludente Vereinbarung eines Preises - etwa durch Zahlung ohne Vorbehalt unterstellt werden kann.

Zitat
Original von Black
Ein anderer notwendiger Vertragsbestandteil, ... ist aber der konkrete Preis.
Ich sehe, Sie beharren darauf.
Was sagen die anderen Anwälte hier dazu?

Übrigens - wenn Sie argumentieren, der Kunde könne einen Grundversorgungsvertrag nur mit dem darin konkret benannten Preis akzeptieren oder insgesamt ablehen, dann verweigern sie Ihm im Ergebnis doch die Grundversorgung.

Mal anders gefragt: Was soll der Kunde ihrer Auffassung nach tun, wenn er den ihm angebotenen Anfangspreis für unbillig überhöht hält?

Gruss,
ESG-Rebell.
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: Black am 17. Dezember 2008, 10:09:06
@ EGS

Wenn es hart auf hart kommt dann beweist ein Einschreiben mit Rückschein nur, dass Sie irgendeinen Brief geschickt haben (eigentlich sogar nur, dass ein entsprechend frankierter Umschlag versandt wurde), aber nicht WAS in dem Brief drin stand.

Wenn der Versorger dann ihren Brief nicht archiviert hat und den Zugang bestreitet, ist die Archivierung und Zuordnung dann plötzlich doch ihr Problem.

Wenn Sie ihren Einwand nicht auf einen konkreten Preis beziehen, sondern nur auf die \"dann festgesetzten Preise\" ist er zu unbestimmt.
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: Pölator am 17. Dezember 2008, 10:25:08
Zitat
Original von ESG-Rebell
Mal anders gefragt: Was soll der Kunde ihrer Auffassung nach tun, wenn er den ihm angebotenen Anfangspreis für unbillig überhöht hält?

Gruss,
ESG-Rebell.


Hallo,
das finde ich jetzt mal eine ausgesprochen gute Frage an black :D

Gruß,
Pölator
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: Black am 17. Dezember 2008, 10:34:40
Zitat
Original von ESG-Rebell
Übrigens - wenn Sie argumentieren, der Kunde könne einen Grundversorgungsvertrag nur mit dem darin konkret benannten Preis akzeptieren oder insgesamt ablehen, dann verweigern sie Ihm im Ergebnis doch die Grundversorgung.

Mal anders gefragt: Was soll der Kunde ihrer Auffassung nach tun, wenn er den ihm angebotenen Anfangspreis für unbillig überhöht hält?

Wenn ein Vertragspreis zu teuer ist, dann schließt man den Vertrag nicht ab, sondern wählt einen Sonderkundenvertrag.

Grundversorgung bedeutet nicht, dass der billigste Preis angeboten werden soll, sondern dass niemand mangels Belieferung ohne Energie dastehen soll. Grundversorgung ist zum Teil für die Bequemen, die weder Preise vergleichen wollen, noch Sonderkundenverträge abschließen sondern einfach das Licht anschalten oder die Gasheizung anwerfen. Wie in jedem anderen Bereich auch (Telefon, Krankenkassen etc.) ist der Standart 08/15 Bequem-Massentarif fast nie der Beste.
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: Pölator am 17. Dezember 2008, 10:39:34
Zitat
Original von Black
Wenn ein Vertragspreis zu teuer ist, dann schließt man den Vertrag nicht ab, sondern wählt einen Sonderkundenvertrag.

Gut und schön, bei uns gab es aber bei Vertragsabschluß keine Sonderverträge oder Wettbewerber, auf die man hätte ausweichen könne.

mfG
Pölator
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: Black am 17. Dezember 2008, 10:50:36
Zitat
Original von Pölator
Gut und schön, bei uns gab es aber bei Vertragsabschluß keine Sonderverträge oder Wettbewerber, auf die man hätte ausweichen könne.

Eine solche Situation dürfte es heute nicht mehr geben (und bei der Ausgangsfrage dieses Threads geht es ja um künftiges Verhalten bei Vertragsschluss).

Sollte man sich trotzdem in einem Gebiet befinden wo es NUR den Grundversorgungstarif des Grundversorgers und auch keine Wettbewerber gibt, dürfte die Frage der Preisgestaltung/kontrolle dann im Kartellrecht (marktbeherrschende Stellung) zu suchen sein und nicht in der Billigkeitskontrolle.
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: Pölator am 17. Dezember 2008, 11:12:32
Zitat
Original von Black
Eine solche Situation dürfte es heute nicht mehr geben (und bei der Ausgangsfrage dieses Threads geht es ja um künftiges Verhalten bei Vertragsschluss).

Hallo,
sie habe recht, hier geht es um die \"Zukunft\"... .
Bei mir ist es aber noch nicht allzu lange her, Dez.2004, da gabs hier nichts als die allmächtigen Stadtwerke... .

Ich denke, trotz aller Nachvollziehbarkeit Ihrer Ausführungen, dass es hier einen Weg geben wird, da niemand mich zwingen kann, einen Sondervertrag abzuschliessen, wenn ich durch meine eigene Passivität in der Grundversorgung lande... .

Zitat
Original von Black
Grundversorgung bedeutet nicht, dass der billigste Preis angeboten werden soll...

Zur Erinnerung:
Enwg §1 (1):
Zweck des Gesetzes ist eine möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente und umweltverträgliche leitungsgebundene Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität und Gas.

Nun geht es um die Definition preisgünstig und dem Problem, wer es definieren soll. Also zurück zu §315 und den Richtern... .

Ich würde es drauf ankommen lassen ;)

Gruß,
Pölator
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: Black am 17. Dezember 2008, 11:25:54
Zitat
Original von Pölator
Zitat
Original von Black
Grundversorgung bedeutet nicht, dass der billigste Preis angeboten werden soll...

Zur Erinnerung:
Enwg §1 (1):
Zweck des Gesetzes ist eine möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente und umweltverträgliche leitungsgebundene Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität und Gas.

Nun geht es um die Definition preisgünstig und dem Problem, wer es definieren soll. Also zurück zu §315 und den Richtern... .

Tja....nur wenn Sie § 1 EnWG so lesen wollen, dann führt das in letzter Konsequenz zu folgendem Problem:

Wenn die Grundversorgung maximal billig ist, brauchte der gleiche Versorger gar keine Sonderkundenverträge mehr anzubieten, denn diese könnten ja nicht billiger sein als die maximal billige Grundversorgung. Täte er es dennoch würde er nach Ihrer Sicht belegen, dass sein GV Preis gegen § 1 EnWG verstößt.

Es würde auch für andere Wettbewerber keinen Sinn mehr machen zu versuchen Kunden abzuwerben, denn sie könnten den maximal günstigen GV Preis nicht unterbieten. Würde ein Wettbewerber den GV Preis tatsächlich unterbieten, müßte - nach Ihrer Lesart des § 1 EnWG - der GV Preis gesenkt werden, da es ja scheinbar doch billiger geht.

Die Folge wäre dann; kein Wettbewerb mehr, nur noch maximal günstige Grundversorgungstarife von Gebietsmonopolisten, deren Preise im Rahmen der Billigkeitskontrolle von den gerichten festgelegt werden.

Woran erinnert das? An das System der staatlich genehmigten Preise VOR der Liberalisierung. Nun kann man ja so ein System für besser halten als Wettbewerb, aber das ist eine politische Frage und keine juristische. Da der Gesetzgeber aber ausdrücklich mehr Wettbewerb wollte darf die Grundversorgung als \"Auffangbeckentarif\" sehr wohl teurer sein als Sonderverträge. Daher ist § 1 EnWG eben nicht so zu verstehen, dass der maximal billigste Preis angeboten werden muss (das wäre nämlich der Selbstkostenpreis ohne Gewinn ;) )
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: nomos am 17. Dezember 2008, 11:42:56
Zitat
Original von Black
Wenn die Grundversorgung maximal billig ist, brauchte der gleiche Versorger gar keine Sonderkundenverträge mehr anzubieten, denn diese könnten ja nicht billiger sein als die maximal billige Grundversorgung. Täte er es dennoch würde er nach Ihrer Sicht belegen, dass sein GV Preis gegen § 1 EnWG verstößt.
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: ESG-Rebell am 17. Dezember 2008, 14:00:24
Zitat
Original von Black
Wenn die Grundversorgung maximal billig ist, brauchte der gleiche Versorger gar keine Sonderkundenverträge mehr anzubieten ....
Das ist logisch.

Der Begriff \"billig\" bedeutet \"angemessen\" und nicht \"vergleichsweise niedrig\".

Wie ich oben bereits erwähnt hatte, muss der Allgemeine Tarif nicht unbedingt niedriger sein, als die dem Kunden zur Auswahl stehenden Sondertarife.

Der Grundversorger könnte dennoch schlüssig darlegen, dass seine allgemeine Tarife angemessen sind. In einem Sondervertrag hat er ja bspw. Planungs- und Absatzsicherheit für (i.d.R.) mindestens ein Jahr; wohingegen ein grundversorgter Kunde ggf. kurzfristig wechseln kann und durch einen Unbilligkeitseinwand auch zusätzlichen Verwaltungsaufwand verursachen kann. Aufpreise für diese Risiken und Mehrkosten lassen sich schon begründen.

Es wird allerdings schwierig bleiben zu begründen, welche angemessene Gegenleistung der Differenz von bspw. 30% zwischen den Allgemeinen Tarifen und den vom selben Versorger angebotenen Sondertarifen gegenübersteht.

Um die Rechtsauffassung aus Versorgersicht nochmal zusammenzufassen:

Also meines Erachtens würde diese Regelung den Kunden ein bisschen benachteiligen.


Was den §1 EnWG betrifft:
Wenn ich den so lese und dabei bedenke, dass diese Aufgabe an Unternehmen übertragen wurde, die ihrem Wesen nach rein profitorientiert sind, komme ich zu dem Schluss dass hier die Quadratur des Kreises versucht wird.

Genauso gut könnte man einen Bock auf die Wiese stellen und von ihm verlangen dass er einen Englischen Rasen hinterlässt ...

... oder Gefängnisse ohne Gitter bauen und von den Häftlingen verlangen, gefälligst drin zu bleiben.

Wer immer den Wortlaut des §1 EnWG entworfen hat, dem fehlte jeglicher Realitätsbezug!


Der Billigkeitsnachweis so wie die Verbraucher und ich ihn verlangen, ist ohne Vorlage einer Kostenkalkulation schlichtweg nicht zu führen. Mir fällt da auch keine Alternative zu ein.

Alle Versorger behaupten doch immer wieder gebetsmühlenartig, alle Kostensteigerungen seien unausweichlich; die Kunden würden nicht ausgenommen werden.

Wenn dem so ist - warum ist dann die Vorlage einer Kostenkalkulation derart unmöglich?


Gruss,
ESG-Rebell.
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: Pölator am 17. Dezember 2008, 15:39:42
@black

Zitat
Original von Black
Tja....nur wenn Sie § 1 EnWG so lesen wollen, dann führt das in letzter Konsequenz zu folgendem Problem:

Wie lesen Sie denn §1 EnWG? Lesen werden Sie dasgleiche, nur interpretieren werden Sie anders. Und Dritte werden vielleicht eine noch andere Sichtweise zu Tage bringen...

Zitat
Original von Black
Wenn die Grundversorgung maximal billig ist, brauchte der gleiche Versorger gar keine Sonderkundenverträge mehr anzubieten, denn diese könnten ja nicht billiger sein als die maximal billige Grundversorgung. Täte er es dennoch würde er nach Ihrer Sicht belegen, dass sein GV Preis gegen § 1 EnWG verstößt.

Der Grundversorger muss im Rahmen seiner Möglichkeiten dem Gesetz (!) EnWG §1 (1) genüge tun. Das heißt nicht, dass Andere nicht noch günstiger sein können!
Ihre Interpretation würde Betriebe zum Geldverschwenden ermutigen, wenn es nicht Kunden gäbe, die sich wehren, oder es zumindest versuchen.
Nehmen Sie als Beispiel mal ein paar Stadwerke. Ehemals kommunale Betriebe, hochverschuldet in GmbHs gewandelt nutzen nun die Gewinne um die Altschulden zu tilgen. Es machen, wie sooft, nur die Sparten Energie&Co Gewinn, alles andere schreibt rote Zahlen.

Mein Grundversorger hat bis Anfang diesen Jahres Sonderverträge nur für Gewerbe angeboten. Der Privatkunde zahlt die Schulden zurück und die Gewerbe?
Vielleicht nimmt kein Privatkunde die jetzt angebotenen Sonderverträge an, Gewerbekunden sicherlich, da diese damit ja wesentlich günstiger an Energie kommen.

Zitat
Original von Black
Es würde auch für andere Wettbewerber keinen Sinn mehr machen zu versuchen Kunden abzuwerben, denn sie könnten den maximal günstigen GV Preis nicht unterbieten. Würde ein Wettbewerber den GV Preis tatsächlich unterbieten, müßte - nach Ihrer Lesart des § 1 EnWG - der GV Preis gesenkt werden, da es ja scheinbar doch billiger geht.

Siehe oben
Zitat
Original von Black
Die Folge wäre dann; kein Wettbewerb mehr, nur noch maximal günstige Grundversorgungstarife von Gebietsmonopolisten, deren Preise im Rahmen der Billigkeitskontrolle von den gerichten festgelegt werden.

Woran erinnert das? An das System der staatlich genehmigten Preise VOR der Liberalisierung. Nun kann man ja so ein System für besser halten als Wettbewerb, aber das ist eine politische Frage und keine juristische. Da der Gesetzgeber aber ausdrücklich mehr Wettbewerb wollte darf die Grundversorgung als \"Auffangbeckentarif\" sehr wohl teurer sein als Sonderverträge. Daher ist § 1 EnWG eben nicht so zu verstehen, dass der maximal billigste Preis angeboten werden muss (das wäre nämlich der Selbstkostenpreis ohne Gewinn ;) )

Auch siehe oben

Sonderverträge sind gut, sollen bleiben. Wenn der Wettbewerb dann mal kommt, freuen wir uns alle, denke ich.
Da wir eine unterschiedliche \"Leseweise\" haben, würde, wenn Sie VS und ich Kunde wäre, in unserem Fall nur der Gang zu einem unbefangen Dritten helfen... .

Schönen Tag noch,

Pölator
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: Black am 17. Dezember 2008, 16:28:22
Zitat
Original von Pölator
Der Grundversorger muss im Rahmen seiner Möglichkeiten dem Gesetz (!) EnWG §1 (1) genüge tun. Das heißt nicht, dass Andere nicht noch günstiger sein können!
(...)
Da wir eine unterschiedliche \"Leseweise\" haben, würde, wenn Sie VS und ich Kunde wäre, in unserem Fall nur der Gang zu einem unbefangen Dritten helfen... .

Stimme zu. Da Sie Ihre Leseweise des § 1 EnWG für zutreffend halten müßten Sie demzufolge Ihren Grundversorger  per Klage unter Berufung auf § 1 EnWG zur Preissenkung zwingen. Dann brauchen Sie weder den § 315 BGB noch die Frage des Preissockels. Einfach auf § 1 EnWG (und die daraus nach Ihrer Ansicht folgende Rechtspflicht des Versorgers) berufen. Vielleicht schreiben Sie damit ja Rechtsgeschichte.
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: ESG-Rebell am 17. Dezember 2008, 18:28:56
Bei meinen Ausführungen ist mir übrigens noch ein kleiner aber wichtiger Flüchtigkeitsfehler unterlaufen:

Aus einem auslaufenden Sondervertrag kommt ein Kunde gar nicht in die Grundversorgung sondern zunächst erst einmal in die Ersatzversorgung.

Der §38 EnWG regelt Lieferungen ohne Liefervertrag:
(1) Sofern Letztverbraucher ... Energie beziehen, ohne dass dieser Bezug ... einem bestimmten Liefervertrag zugeordnet werden kann, gilt die Energie als von dem Unternehmen geliefert, das nach § 36 Abs. 1 berechtigt und verpflichtet ist.

(2) Das Rechtsverhältnis nach Absatz 1 endet, wenn die Energielieferung auf der Grundlage eines Energieliefervertrages des Kunden erfolgt, spätestens aber drei Monate nach Beginn der Ersatzenergieversorgung.


Unter dieser Prämisse dürfte wohl unstreitig sein, dass während der Ersatzversorgung zwischen dem Kunden und dem Versorger kein Vertrag besteht; mithin kein Preisangebot und keine Annahme durch den Kunden.

Zwecks besserer Anschauung arbeite ich mal wieder mit konkreten Zahlen:

Was passiert nun, wenn der Kunde einen Preis von 25 Ct/kWh in der Ersatzversorgung als unbillig rügt. Der Versorger verklagt den Kunden auf Zahlung und (mal angenommen) das Gericht legt einen Preis von 15 Ct/kWh als angemessenen fest.

Was passiert nun, wenn die Ersatzversorgung nach drei Monaten endet und die Grundversorgung beginnt? Selbstverständlich wird der Versorger von dem Kunden wieder einen Preis von 25 Ct/kWh verlangen. Da es sich nun um eine Lieferung auf Vertragsbasis handelt, müsste der Kunde diesmal den - bereits von einem Gericht als unbillg bescheinigten - Preis hinnehmen.

Das wäre in meinen Augen grotesk.

Was passiert außerdem mit den anderen bzw. zukünftig grundversorgten Kunden?

Da ein Zivilprozess bindende Wirkung nur für die Prozessbeteiligten hat, müssten andere Neukunden des Versorgers mit ansehen, wie der Preis von 25 Ct/kWh zwar soeben in dem o.g. Prozess als unbillig erkannt worden ist und dennoch weiter von ihnen sowohl in der Ersatz- als auch danach in der Grundversorgung verlangt wird.

Auch diese Situation fände ich grotesk.

Möglicherweise werden die Versorger es gar nicht erst darauf ankommen lassen, dass ein Gericht sich mit diesem Widerspruch befassen muss, indem sie ausschliesslich Kunden auf Zahlung verklagen, die sich bereits in der Grundversorgung befinden und Kunden in der Ersatzversorgung lediglich mit massiven Drohungen und Einschüchterungsversuchen traktieren.

Gruss,
ESG-Rebell.
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: Black am 18. Dezember 2008, 10:19:49
Zitat
Original von ESG-Rebell
Aus einem auslaufenden Sondervertrag kommt ein Kunde gar nicht in die Grundversorgung sondern zunächst erst einmal in die Ersatzversorgung.

Das ist falsch. Wenn der Sonderkundenvertrag normal endet und danach weiter Energie bezogen wird kommt dadurch ein Grundversorgungsvertrag zustande.


Zitat
Original von ESG-RebellUnter dieser Prämisse dürfte wohl unstreitig sein, dass während der Ersatzversorgung zwischen dem Kunden und dem Versorger kein Vertrag besteht; mithin kein Preisangebot und keine Annahme durch den Kunden.

Die Ersatzversorgung ist kein Vertrag sondern ein gesetzliches Schuldverhältnis. Insoweit ist § 315 BGB nicht anwendbar, da er ein Leistungsbestimmungsrecht in einem Vertrag erfordert:

§ 315 BGB
(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden  bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: nomos am 18. Dezember 2008, 11:19:30
Zitat
Original von Black
.... Wenn der Sonderkundenvertrag normal endet und danach weiter Energie bezogen wird kommt dadurch ein Grundversorgungsvertrag zustande.
Zitat
Allgemeine Geschäftsbedingungen für die Lieferung von Erdgas Stand: Februar 2007

Nach Ablauf der Preisgarantie ist ..... darüber hinaus berechtigt, die auf der Grundlage dieses Vertrages zu zahlenden Entgelte nach billigem Ermessen der Entwicklung der Kosten anzupassen, die für die Entgeltberechnung maßgeblich sind. Eine Erhöhung oder Ermäßigung kommt insbesondere in Betracht, wenn sich die Kosten für Beschaffung von Energie ändern oder sonstige Änderungen der energiewirtschaftlichen oder rechtlichen Rahmenbedingungen zu einer veränderten Kostensituation führen. .... wird dem Kunden die Änderungen rechtzeitig, mindestens zwei Monate vor Wirksamwerden der neuen Preise, schriftlich mitteilen. Es kommen dann jeweils die aktuellen Preise des entsprechenden Vertragstyps oder eines Nachfolgeangebotes zur Anwendung. Ist der Kunde mit der mitgeteilten Änderung nicht einverstanden, hat er das Recht, den Vertrag innerhalb von vier Wochen ab dem Zugang der Benachrichtigung auf den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderung schriftlich zu kündigen. Macht der Kunde von diesem Recht keinen Gebrauch, gelten die Änderungen als genehmigt.
[/list]
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: ESG-Rebell am 18. Dezember 2008, 11:22:03
Zitat
Original von Black
Zitat
Original von ESG-Rebell
Aus einem auslaufenden Sondervertrag kommt ein Kunde gar nicht in die Grundversorgung sondern zunächst erst einmal in die Ersatzversorgung.
Das ist falsch. Wenn der Sonderkundenvertrag normal endet und danach weiter Energie bezogen wird kommt dadurch ein Grundversorgungsvertrag zustande.
Ja, dieser Einwand war eigentlich vorhersehbar.
Künftig werden also alle Grundversorger, die von ihren zugehörigen Netzbetreibern die Mitteilung über eine fehlende Anmeldung eines Kunden bekommen, diesem umgehend eine Begrüßung als neuen grundversorgten Kunden, verbunden mit einem Dank für die Vertragsannahme zum Preis XYZ übersenden.
Dieses Schreiben wird vorsorglich mit dem Hinweis versehen sein, dass der Preis bereits unabwendbar verbindlich und fällig sei.

Zitat
Original von Black
Zitat
Original von ESG-Rebell
Unter dieser Prämisse dürfte wohl unstreitig sein, dass während der Ersatzversorgung zwischen dem Kunden und dem Versorger kein Vertrag besteht; mithin kein Preisangebot und keine Annahme durch den Kunden.
Die Ersatzversorgung ist kein Vertrag sondern ein gesetzliches Schuldverhältnis. Insoweit ist § 315 BGB nicht anwendbar, da er ein Leistungsbestimmungsrecht in einem Vertrag erfordert:

§ 315 BGB
(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden  bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.
Ups - das bedeutet aber doch, dass die Ersatzversorgung nur ein Zustand sein kann, der unter extrem ungewöhnlichen Umständen zustande kommen kann, oder?

Zugleich stellt dieser für den Kunden einen herben Schicksalsschlag dar, weil er keinerlei Rechtsmittel gegen die in der Ersatzversorgung festgesetzten Entgelte hat, nicht wahr?

Augenblick mal: Ihr Einwand geht eigentlich noch viel weiter.
Laut der oben zitierten Vorschrift betrifft der §315 ja Vertragschließende. Laut BGH 36/06 soll andererseits der Anfangspreis immer vereinbart und einem Unbilligkeitseinwand unzugänglich sein, auch wenn sich eine Vertragspartei nicht auf Preisverhandlungen einlässt und die andere Vertragspartei nur insgesamt auf die Leistung verzichten kann.

Dies hieße aber im Ergebnis, dass der Preisbestimmende immer quasi einen Freischuß am Vertragsbeginn hat und dort die Messlatte schonmal so hoch wie irgend möglich legen darf. Der §315 BGB wäre folglich grundsätzlich nur auf Preisänderungen nach Vertragsabschluss anwendbar.

Im Interesse einer einheitlichen Rechtsprechung müsste dieses Prinzip konsequenterweise auch auf alle anderen Lebensbereiche angewendet werden - eine sehr weitreichende Konsequenz.

Also: Entweder zahlen oder verzichten.

Paradisische Zustände wünschen darf sich jeder  - auch jeder Versorger.

Übrigens: Spitzfindig kann auch ich sein:
Ich kann ja behaupten, der Vertrag sei zu einem Preis von 0 Euro zustande gekommen und der Versorger habe 1 Sekunde nach Vertragsabschluss eine Preiserhöhung von xxx Euro einseitig vorgenommen.

Für diese Preiserhöhung verlange ich dann einen Billigkeitsnachweis.

Zitat
Original von nomos
Da gibt es noch so manche interpretierbare Klauseln in diversen alten und neuen AGB und Fragen zur veränderten Kostensituation nach dem Auslaufen. ...
Das sind zwei Fragestellungen, die im Prinzip unabhängig voneinander sind.
1) Wurde der Vertrag wirksam zum x.y beendet?
2) Unter welchen Bedingungen kommt die Ersatz-/Grundversorgung zustande?

Zu 1) kann man in diesem Thread mal von einem der neueren Sonderverträge mit zeitlicher Befristung und ohne Preisanpassungsklausel ausgehen, die also vollkommen korrekt am Tage x.y enden.


Gruss,
ESG-Rebell.
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: Black am 18. Dezember 2008, 11:54:45
Zitat
Original von nomos
@Black, was verstehen Sie unter \"normal endet\"? Wie sieht das denn bei befristeten Sonderverträgen mit Festpreisvereinbarungen nach Ablauf der Festpreisfirst aus. Kommt dann immer die Grundversorgung oder Ersatzversorgung? Könnte das gegebenenfalls (AGB) nicht auch quasi die Fortsetzung des Sondervertrags sein?

Ein Ende des Vertrages wegen Kündigung oder Ablauf der Vertragslaufzeit ist ein \"normales\" Ende des Vertrages. Ein \"unnormales\" Ende wäre ein z.B. ein nichtiger Vertrag oder eine Insolvenz des Lieferanten.

Die mir bekannten Sonderkundenverträge enthalten Fortsetzungsklauseln. Rechtliche Aussagen zu hier geposteten AGB werde ich nicht treffen.
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: Black am 18. Dezember 2008, 12:21:45
Zitat
Original von ESG-Rebell
Zitat
Original von Black
Das ist falsch. Wenn der Sonderkundenvertrag normal endet und danach weiter Energie bezogen wird kommt dadurch ein Grundversorgungsvertrag zustande.
Ja, dieser Einwand war eigentlich vorhersehbar.
Künftig werden also alle Grundversorger, die von ihren zugehörigen Netzbetreibern die Mitteilung über eine fehlende Anmeldung eines Kunden bekommen, diesem umgehend eine Begrüßung als neuen grundversorgten Kunden, verbunden mit einem Dank für die Vertragsannahme zum Preis XYZ übersenden.

So ist es. Gas und Strom fleuchen ja nicht herrenlos in der Leitung herum damit jeder sich frei bediene. Damit gehört nach dem Ende des Sonderkundenvertrages die Energieentnahme nicht mehr zum Sonderkundenvertrag. Wer dann weiterhin Energie entnimmt schließt damit nach ständiger Rechtsprechung einen Grundversorgungsvertrag ab.

Wenn also ein Sonderkundenvertrag endet (und das tut er ja überraschend nicht von einer Sekunde auf die Andere) kann der Kunde entweder eine Verlängerung anstreben, einen neuen Sonderkundenvertrag abschließen oder in die Grundversorgung gehen.

Wenn der Kunde dies alles nicht will, müßte er die Entnahme von Energie unterlassen.


[
Zitat
Original von ESG-Rebell
Ups - das bedeutet aber doch, dass die Ersatzversorgung nur ein Zustand sein kann, der unter extrem ungewöhnlichen Umständen zustande kommen kann, oder?.

So soll es auch sein. Die Ersatzversorgung ist der absolute Rettungsanker um nicht plötzlich im Dunkeln/Kalten zu stehen.

Zitat
Original von ESG-RebellDies hieße aber im Ergebnis, dass der Preisbestimmende immer quasi einen Freischuß am Vertragsbeginn hat und dort die Messlatte schonmal so hoch wie irgend möglich legen darf.

Da die Grundversorgung zu allgemeinen Tarifen erfolgt, kann der Versorger bei einem Neukunden nicht einfach \"die Latte hochlegen\".

Zitat
Original von ESG-RebellIm Interesse einer einheitlichen Rechtsprechung müsste dieses Prinzip konsequenterweise auch auf alle anderen Lebensbereiche angewendet werden - eine sehr weitreichende Konsequenz.

Also: Entweder zahlen oder verzichten.

Willkommen im Leben! So läuft es doch bei jeder Leistung, die Sie in Anspruch nehmen wollen, bei jeder Ware, die Sie erwerben wollen.


Zitat
Original von ESG-RebellÜbrigens: Spitzfindig kann auch ich sein:
Ich kann ja behaupten, der Vertrag sei zu einem Preis von 0 Euro zustande gekommen und der Versorger habe 1 Sekunde nach Vertragsabschluss eine Preiserhöhung von xxx Euro einseitig vorgenommen.

Für diese Preiserhöhung verlange ich dann einen Billigkeitsnachweis.
Wenn Sie den Vertragsschluss zu 0 Euro auch beweisen können, nur zu!
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: nomos am 18. Dezember 2008, 15:00:45
Zitat
Original von Black
........
Rechtliche Aussagen zu hier geposteten AGB werde ich nicht treffen.
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: Black am 18. Dezember 2008, 15:29:02
Zitat
Original von nomos
@Black, das sind doch veröffentliche Texte. Wo sehen Sie da ein Problem bzw. was stört Sie an der beispielhaften und auszugsweisen Wiedergabe hier im Forum? Ihre Meinung und Beurteilung dazu würde sicher den einen oder anderen Forennutzer interessieren.

Die Wiedergabe stört mich nicht. Ich werde hier nur keine Vertragsbedingungen rechtlich beurteilen.

Zumal einige Leute für so etwas sehr viel Geld bezahlen - aber das nur am Rande  ;)
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: ESG-Rebell am 20. Dezember 2008, 18:37:08
Zitat
Original von Black
Wenn der Sonderkundenvertrag normal endet und danach weiter Energie bezogen wird kommt dadurch ein Grundversorgungsvertrag zustande.
...
Gas und Strom fleuchen ja nicht herrenlos in der Leitung herum damit jeder sich frei bediene. Wer dann weiterhin Energie entnimmt schließt damit nach ständiger Rechtsprechung einen Grundversorgungsvertrag ab.
Niemand verlangt, kostenlos Energie beziehen zu dürfen.

Mit den folgenden Fragen hat sich der BGH allerdings noch gar nicht befasst:
\"Wenn ein Liefervertrag durch Entnahme von Energie konkludent zustande kommt, erklärt der Kunde sich dadurch mit der Höhe der Allgemeinen Tarife einverstanden, auch wenn er diese nicht vorbehaltlos zahlt sondern sie ausdrücklich als unbillig rügt?

Falls ja, gilt dies auch wenn dem Kunden als einzige Alternative der Verzicht auf den Energiebezug insgesamt bleibt; ihm also keine anderen Lieferanten zur Verfügung stehen?\"


Zitat
Original von Black
Wenn also ein Sonderkundenvertrag endet (und das tut er ja überraschend nicht von einer Sekunde auf die Andere) kann der Kunde entweder eine Verlängerung anstreben, einen neuen Sonderkundenvertrag abschließen oder in die Grundversorgung gehen.
Es gibt mehrere Situationen, in denen es für einen Kunden unausweichlich ist, auch gegen seinen Willen zumindest vorübergehend in die Grundversorgung zu gelangen:

War der bisherige Vertragspartner der Sondervertrags zugleich auch Grundversorger des Kunden, so ist dieser auch der Versuchung ausgesetzt, den Kunden heimlich in die Grundversorgung einzustufen und ihn erst mit der ersten Jahresabrechnung damit zu überraschen.
Zitat
Original von Black
Zitat
Original von ESG-RebellDies hieße aber im Ergebnis, dass der Preisbestimmende immer quasi einen Freischuß am Vertragsbeginn hat und dort die Messlatte schonmal so hoch wie irgend möglich legen darf.
Da die Grundversorgung zu allgemeinen Tarifen erfolgt, kann der Versorger bei einem Neukunden nicht einfach \"die Latte hochlegen\".
Doch - genau das kann er.
Da die Grundversorgung zu den jeweils gültigen allgemeinen Tarifen erfolgt, kann der Versorger bei einem Neukunden einfach \"die Latte hochlegen\", indem er seine Allgemeinen Tarife erhöht.

Wer zum Zeitpunkt der Erhöhung bereits Tarifkunde war, der kann gegen den Erhöhungsbetrag Unbilligkeitseinwand erheben. Wer hingegen zum Erhöhungszeitpunkt oder später - auch gegen seinen Willen - in die Grundversorgung kommt, muss den Preis widerspruchslos hinnehmen.

Dies gälte selbst dann, wenn es zu einem Prozess mit dem Altkunden käme und das Gericht die Preiserhöhung für unbillig erkennen würde. Davon profitieren würde nur dieser eine Kunde. Alle Neukunden sowie alle Altkunden, die sich mit der Lüge über den Nutzen einer Vorbehaltszahlung haben ruhigstellen lassen, würden in die Röhre gucken.

Das Ergebnis wäre eine groteske Ungleichbehandlung der Kunden in der Grundversorgung.

Sollte der BGH die obigen beiden Fragen mit \"Ja\" beantworten, so hätte dies außerdem zur Folge, dass die Höhe aller Allgemeinen Tarife aller Grundversorger für alle Zukunft geschützt wären; und zwar für alle Bestandskunden und alle zukünftigen Tarifkunden. Kein Grundversorger bräuchte jemals seine Preise absenken. Das ist keine Propaganda, sondern Mathematik der dritten Grundschulklasse.

Zitat
Original von Black
Zitat
Original von ESG-Rebell
Wenn der Kunde dies alles nicht will, müßte er die Entnahme von Energie unterlassen.

Zitat
Original von ESG-Rebell
Im Interesse einer einheitlichen Rechtsprechung müsste dieses Prinzip konsequenterweise auch auf alle anderen Lebensbereiche angewendet werden - eine sehr weitreichende Konsequenz.

Also: Entweder zahlen oder verzichten.
Willkommen im Leben! So läuft es doch bei jeder Leistung, die Sie in Anspruch nehmen wollen, bei jeder Ware, die Sie erwerben wollen.
Sie werden es kaum glauben - aber diese bittere Erfahrung mache ich täglich auf\'s Neue beim viel zitierten Bäcker ;-)

Wenn dies dem Willen des Gesetzgebers entspräche, so frage ich mich, warum der §315 BGB nicht schon längst abgeschafft worden ist. Am fehlenden Lobby-Druck der Profiteure kann es ja sicherlich nicht liegen.

Gruss,
ESG-Rebell.
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: Black am 22. Dezember 2008, 10:08:07
Zitat
Original von ESG-Rebell
Es gibt mehrere Situationen, in denen es für einen Kunden unausweichlich ist, auch gegen seinen Willen zumindest vorübergehend in die Grundversorgung zu gelangen:
  • Der Kunde wird über das Ende des Sondervertrags nicht informiert. Auch Kündigungsschreiben der Versorger werden i.d.R. als normaler Brief verschickt.
Wenn der Vertrag automatisch durch Zeitablauf endet, ist es das Problem des Kunden sich das Auslaufen des Vertrages rechtzeitig zu notieren. Wird der Vertrag vom Versorger gekündigt, dann muss diese Kündigung dem Kunden auch zugehen um wirksam zu sein.


Zitat
Original von ESG-RebellWar der bisherige Vertragspartner der Sondervertrags zugleich auch Grundversorger des Kunden, so ist dieser auch der Versuchung ausgesetzt, den Kunden heimlich in die Grundversorgung einzustufen und ihn erst mit der ersten Jahresabrechnung damit zu überraschen.

Eine \"heimliche Umbuchung\" in die Grundversorgung ist ohne Zustimmung des Kunden nicht wirksam.


Zitat
Original von ESG-Rebell
  • Der Wechsel zu einem neuen Lieferanten dauert oft sechs Wochen oder länger. Die Ankündigung einer Preiserhöhung oder eine Kündigung durch den Altlieferanten erfolgt aber nicht selten weniger als sechs Wochen vor Inkrafttreten; mithin nicht rechtzeitig für eine lückenlose Anschlusslieferung.
Dafür gibt es § 5 Abs. 3 GasGVV/StromGVV eine Preiserhöhung wird für den \"Wechselkunden\" nicht wirksam.


Zitat
Original von ESG-Rebell
  • Der Grundversorger bietet als einziger Sonderverträge in einem Gebiet an und entscheidet, dies zukünftig zu unterlassen. Seine bisherigen Sondervertragskunden kündigt er in seine eigene - lukrativere - Grundversorgung.
Das ist kein Problem von Vertragsschluss und § 315 BGB sondern ein Kartellrechtsproblem. Dafür gibt es auch rechtliche Handlungsoptionen.


Zitat
Original von ESG-Rebell
  • Der zum selben Konzern, wie der Grundversorger, gehörende Netzbetreiber behindert einen Lieferantenwechsel von Kunden mutwillig, um diese zumindest für einige Monate in die Grundversorgung zu zwingen.

Wenn das der Fall ist können Sie Schadenersatz verlangen.

Wenn Ihre größte Sorge ist, dass der Versorger Sie durch \"Behinderungen\" oder \"heimliche Umbuchungen\" hintergeht, muss ich Ihnen sagen, dass Sie gegen solches rechtswidriges Verhalten der \"Anfangswiderspruch\" auch nicht schützen könnte. Denn ein solcher Versorger mit der von Ihnen befürchteten kriminellen Energie könnte auch dieses Verhalten kriminell umgehen.
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: ESG-Rebell am 22. Dezember 2008, 14:01:31
Zitat
Original von Black
Wird der Vertrag vom Versorger gekündigt, dann muss diese Kündigung dem Kunden auch zugehen um wirksam zu sein.
Versorger, die eine Kündigung per normalem Brief aussprechen, gehen also ein gewisses Risiko ein.

Zitat
Original von Black
Zitat
Original von ESG-RebellWar der bisherige Vertragspartner der Sondervertrags zugleich auch Grundversorger des Kunden, so ist dieser auch der Versuchung ausgesetzt, den Kunden heimlich in die Grundversorgung einzustufen und ihn erst mit der ersten Jahresabrechnung damit zu überraschen.
Eine \"heimliche Umbuchung\" in die Grundversorgung ist ohne Zustimmung des Kunden nicht wirksam.
Natürlich würde der Versorger behaupten, dem Kunden gekündigt zu haben und dieser habe durch Schweigen dem Wechsel in die Grundversorgung zu den dann gültigen Allgemeinen Tarifen zugestimmt.

Dies läuft aber auf das oben genannte Problem des Zugangsnachweises hinaus, wenn der Kunde die Kündigung bestreitet.

Zitat
Original von Black
Zitat
Original von ESG-Rebell
  • Der Wechsel zu einem neuen Lieferanten dauert oft sechs Wochen oder länger. Die Ankündigung einer Preiserhöhung oder eine Kündigung durch den Altlieferanten erfolgt aber nicht selten weniger als sechs Wochen vor Inkrafttreten; mithin nicht rechtzeitig für eine lückenlose Anschlusslieferung.
Dafür gibt es § 5 Abs. 3 GasGVV/StromGVV eine Preiserhöhung wird für den \"Wechselkunden\" nicht wirksam.
Grundversorgungsverträge können doch garnicht gekündigt werden.
Wir reden über Sonderverträge, die die GasGVV/StromGVV nicht unbedingt einbeziehen müssen (und inzwischen auch vielfach garnicht mehr tun). Dort können daher auch abweichende Kündigungs- und Ankündigungsfristen geregelt sein.

Zitat
Original von Black
Zitat
Original von ESG-Rebell
  • Der Grundversorger bietet als einziger Sonderverträge in einem Gebiet an und entscheidet, dies zukünftig zu unterlassen. Seine bisherigen Sondervertragskunden kündigt er in seine eigene - lukrativere - Grundversorgung.
Das ist kein Problem von Vertragsschluss und § 315 BGB sondern ein Kartellrechtsproblem. Dafür gibt es auch rechtliche Handlungsoptionen.
Aber sicher doch.
Einerseits kann das Kartellamt einschreiten, wenn es noch Personal für die Bearbeitung der entsprechenden Kundenbeschwerde frei hat und anderseits kann der Kunde dem Versorger ein kartellrechtswidriges Verhalten nachweisen und daraus einen Unterlassungsanspruch für die Zukunft ableiten.

Zitat
Original von Black
Zitat
Original von ESG-Rebell
  • Der zum selben Konzern, wie der Grundversorger, gehörende Netzbetreiber behindert einen Lieferantenwechsel von Kunden mutwillig, um diese zumindest für einige Monate in die Grundversorgung zu zwingen.
Wenn das der Fall ist können Sie Schadenersatz verlangen.
Was selbstverständlich wieder eine wasserdichte Beweisführung voraussetzt, welche i.d.R. den Zugang zu betriebsinternen Dokumenten erfordert. Das auch zahlreiche andere Kunden über Behinderungen beim Wechsel berichten, ist für solche Prozesse vollkommen ohne Belang.

Ein sehr effektiver Weg, seine Forderungen durchzusetzen, besteht auch darin, die Ansprüche der Gegenseite garnicht abzuwehren sondern mit einer unerfüllbaren Beweislast zurück zu lassen; genauso wie bspw. die notwendige Beweisführung zur Unbilligkeit in Rückzahlungsprozessen. Weshalb die Versorgerseite ja auch zunächst versucht hat, jegliche Unbilligkeitsprüfung mit Verweis auf eben solche zu unterbinden.

Zitat
Original von Black
Wenn Ihre größte Sorge ist, dass der Versorger Sie durch \"Behinderungen\" oder \"heimliche Umbuchungen\" hintergeht, muss ich Ihnen sagen, dass Sie gegen solches rechtswidriges Verhalten der \"Anfangswiderspruch\" auch nicht schützen könnte. Denn ein solcher Versorger mit der von Ihnen befürchteten kriminellen Energie könnte auch dieses Verhalten kriminell umgehen.
Es ist nicht meine größte Sorge aber eine bestehende Möglichkeit. Welche ggf. kriminellen Maßnahmen könnte der Versorger denn gegen meinen \"Anfangswiderspruch\" einleiten?

In den allermeisten Fällen dürfte eine Ersatz- oder Grundversorgung, wie oben geschildert, vorübergehend eintreten.
Hinzu kommen derzeit noch die zahlreichen Kunden, die sich noch in einem Sondervertrag wähnen, der sich aber ggf. erst viel später doch als wirksam gekündigt herausstellen wird.
Oder Kunden, die auch die Preise der angebotenen Sonderverträge für überhöht halten, noch auf mehr Verständnis des BGH für die Verbraucher hoffen und deshalb in der Grundversorgung bleiben.

Langfristig werden aus meiner Sicht aber nur noch wenige Kunden in der Grundversorgung sein. Offen ist nur noch die Frage, ob die Preise der Grundversorgung - und damit auch die der Sonderverträge - gedeckelt sind oder vollkommen unkontrolliert explodieren können. Dies hängt meines Erachtens hautpsächlich von der weiteren Rechtsprechung des BGH ab und weniger vom Wettbewerb der Sondervertragsanbieter.


Um auf die Eingangsfrage zurückzukommen:
Wenn ich Energie beziehe, ohne eine vorherige Willenserklärung abzugeben, dann kann der Versorger einwenden, ich sei mit dem verlangten Preis einverstanden; genauso wie ein Kunde, der auf die Tankstelle fährt, zur Zapfpistole greift und den ersten Tropfen Benzin in seinen Tank rinnen lässt.

Der BGH könnte dem Argument folgen oder es zurückweisen.

Wenn ich aber zuvor erkläre, dass ich den Preis nur dann akzeptiere, wenn er der Billigkeit entspricht und außerdem Energie beziehe nur weil ich keine andere Wahl habe, dann kann mir niemand eine konkludente Einverständniserklärung unterstellen.

Der BGH müsste dann erklären, dass einseitig festgelegte Preise auch dann bindend sind, wenn sie unbillig überhöht sein könnten (sie werden ja gerade nicht auf ihre Unbilligkeit hin überprüft) wenn der Verbraucher auf die Lieferung angewiesen ist.

Um bei dem Autofahrer zu bleiben: Dieser kann immer an der Tankstelle vorbeifahren und es ist ihm immer zuzumuten, auf ÖPNV umzusteigen; dies wird regelmäßig sogar Hartz-IV-Eltern mit vier Kindern zugemutet(!)
Die Unterschiede zwischen Autofahrern und Heizöl-Verbrauchern einerseits und leitungsgebundenen Energiebeziehern andererseits können und dürfen nicht unberücksichtigt bleiben.

Gruss,
ESG-Rebell.
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: Black am 22. Dezember 2008, 15:38:12
Zitat
Original von ESG-Rebell
In den allermeisten Fällen dürfte eine Ersatz- oder Grundversorgung, wie oben geschildert, vorübergehend eintreten.

Und um welche Summen würde man sich dann - bestenfalls bis vor den BGH - streiten wollen, wenn man 2 Monate ungewollt in der Grundversorgung war?
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: ESG-Rebell am 22. Dezember 2008, 23:40:12
Zitat
Original von Black
Zitat
Original von ESG-Rebell
In den allermeisten Fällen dürfte eine Ersatz- oder Grundversorgung, wie oben geschildert, vorübergehend eintreten.
Und um welche Summen würde man sich dann - bestenfalls bis vor den BGH - streiten wollen, wenn man 2 Monate ungewollt in der Grundversorgung war?
Und für welche Summen würde man dann - bestenfalls bis vor den BGH - ziehen wollen und eine neue - eventuell weniger versorgerfreundliche Grundsatzentscheidung - riskieren?

Beide Seiten müssen sich fragen, welches Risiko sie für einen kleinen Streitwert einzugehen bereit sind.

Aufgrund der fragwürdigen Rechtsauffassung des BGH könnte eine einmalige vorbehaltlose Zahlung - auch nur für einen Monat - einen Sockelbetrag zementieren, auf den sich der Versorger jederzeit in der Zukunft wieder berufen könnte.

Dieser Umstand würde mithin quasi eine ähnliche Wirkung entfalten wie eine positiv beschiedene Feststellungsklage des Versorgers.

Gruss,
ESG-Rebell.
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: RR-E-ft am 23. Dezember 2008, 00:06:31
@ESG-Rebell

Zahlungsklagen wegen Hauptforderungen unter 600 € sind in der Regel nicht berufungsfähig. Erst recht kommt man damit grundsätzlich nicht mit einer Revision bis zum Bundesgerichtshof.

Die Ersatzversorgung zeichnet sich dadurch aus, dass die Lieferung keinem Vertragsverhältnis zugeordnet werden kann. Diese zeitlich befristete  Belieferung erfolgt auf gesetzlicher Grundlage zu den vom Grundversorger durch öffentliche Bekanntgabe festgesetzten Entgelten.

Ferner bleibt es jedem Kunden unbenommen, einseitigen Preisfestsetzungen im laufenden Vertragsverhältnis zu widersprechen, keine vorbehaltlosen Zahlungen darauf zu leisten und es auf eine gerichtliche Klärung ankommen zu lassen oder eine solche aktiv zu suchen.  

Schließlich wird jede Seite auch das Prozesskostenriskio zu bedenken haben.

@Black

Wenn es zutreffend ist, dass in der Grundversorgung - jedenfalls nach Vertragsabschluss vorgenommene einseitige Preisneufestsetzungen - der gerichtlichen Billigkeitskontrolle in direkter Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB mit denknotwendig offenem Ausgang unterliegen, dann vermag das Argument nicht zu überzeugen, dass derjenige, dessen zu zahlende Entgelthöhe ggf. vom Gericht neu festzusetzen sei, nicht \"zum Allgemeinen Preis\" vom Grundversorger  beliefert werde. Diese Argumentation läuft nicht ganz rund.

Einigkeit besteht mittlerweile wohl darüber, dass die Billigkeitskontrolle wegen des gesetzlichen Leistungsbestimmungsrechts in jedem Fall die Grund- und Ersatzversorgung betrifft, die Wirksamkeit von Preisänderungen in Sonderverträgen sich hingegen nach der Wirksamkeit etwaig einbezogner Preisänderungsklauseln gem. § 307 BGB richtet, ohne dass es dabei auf die Billigkeit ankommen muss (vgl. BGH, Urt. v. 17.12.2008 - VIII ZR 274/06).

Nach den BGH- Entscheidungen vom 13.06.2007 (VIII ZR 36/06) und vom 19.11.2008 (VIII ZR 138/07) scheint mir auch geklärt, dass der Gesamtpreis dann einer gerichtlichen Billigkeitskontrolle unterliegt, wenn die Parteien bei Vertragsabschluss hinsichtlich der zu zahlenden Entgelte ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Lieferanten gem. § 315 Abs. 1 BGB wirksam vertraglich  vereinbart hatten. Denn das ist der eigentliche Anwendungsbereich der Norm.

Die wirksame vertragliche Vereinbarung eines solchen Rechts ist überall dort, wo es keine unmittelbare gesetzliche Befugnis gibt, Voraussetzung für eine einseitige Leistungsbestimmung, eine einseitige Preisfestsetzung im laufenden Vertragsverhältnis.
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: tangocharly am 23. Dezember 2008, 10:53:28
@ RR-E-ft

Zitat
Nach den BGH- Entscheidungen vom 13.06.2007 (VIII ZR 36/06) und vom 19.11.2008 (VIII ZR 138/07) scheint mir auch geklärt, dass der Gesamtpreis dann einer gerichtlichen Billigkeitskontrolle unterliegt, wenn die Parteien bei Vertragsabschluss hinsichtlich der zu zahlenden Entgelte ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Lieferanten gem. § 315 Abs. 1 BGB wirksam vertraglich vereinbart hatten. Denn das ist der eigentliche Anwendungsbereich der Norm.

... ich finde es ja gut, dass Sie sich den Stiefel (den der VIII. Senat verzapft) \"richtig herum\" anziehen wollen (mit den Absätzen hinten).

Noch ist aber schleierhaft, wie ein \"durch schlichte Entnahme von Gas aus der Leitung\" zustande gekommener Vertrag das (zu diesem Zeitpunkt unbekannte) einseitige Recht zur Leistungsbestimmung auf Konsensual-Basis tragen soll (abgesehen von AVBGasV / GasGVV).
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: RR-E-ft am 23. Dezember 2008, 15:45:55
@tangocharly

Darauf kommt es doch bei einem vertraglich vereinbarten einseitigen Leistungsbestimmungsrecht gem. § 315 Abs. 1 BGB nicht an.

Die Entscheidungen vom 13.06.2007 und vom 19.11.2008 sollen Sachverhalte zu Grunde gelegen haben, bei denen vertraglich kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vereinbart gewesen sein soll, sich ein solches Recht im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB zugunsten des Versorgers jedoch unmittelbar aus einem Gesetz ergeben habe.
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: Black am 23. Dezember 2008, 16:16:56
Es sind jetzt wohl Sonderkundenverträge in gerichtlicher Überprüfung, die entsprechend dem Leitbild der GVV ein Preisanpassungsrecht nach GVV Vorbild übernommen haben (entweder durch Verweis auf die GVV Regelung oder durch Kopie des Gesetzeswortlautes in die AGB). Ergebnis bleibt abzuwarten.
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: RR-E-ft am 23. Dezember 2008, 16:57:29
@Black

Ich meine mich zu erinnern, dass der BGH bereits in der Entscheidung vom 29.04.2008 (KZR 2/07 Rn. 26) für Erdgas- Sonderverträge ausgeführt hatte, dass § 4 AVBGasV keine solche Leitbildfunktion zukommt.

Ferner wurde dabei m. E. entschieden, dass  Preisänderungsklauseln in Sonderverträgen der Inhalts- und Transparenzkontrolle gem. § 307 BGB standhalten müssen und es zu einer unangemessenen Benachteiligung führen kann, wenn das Versorgungsunternehmen über Zeitpunkt und Umfang von Preisänderungen entscheiden kann, weil sich daraus ein nicht kontrollierbarer Gestaltungsspielraum für Erhöhungen des Gewinnanteils also eine Verschiebung des Äquivalenzverhältnisses zu Lasten der Kunden ergeben kann (vgl. aaO. Rn. 21).
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: Black am 23. Dezember 2008, 17:34:45
Zitat
Original von RR-E-ft
@Black

Ich meine mich zu erinnern, dass der BGH bereits in der Entscheidung vom 29.04.2008 (KZR 2/07 Rn. 26) für Erdgas- Sonderverträge ausgeführt hatte, dass § 4 AVBGasV keine solche Leitbildfunktion zukommt.

Der BGH sagte dort

Zitat
Original von BGH
Hiernach kommt § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV Leitbildfunktion für die streitige Preisänderungsklausel nicht zu.

Damit hat der BGH nicht gesagt, dass es ein Leitbild nach AVB nicht gäbe, sondern nur, dass die dort konkret untersuchte Klausel nicht darunter fällt.
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: RR-E-ft am 23. Dezember 2008, 17:39:30
@Black

M.E. gilt das für jede Preisänderungsklausel in einem Sondervertrag. Wäre ja auch komisch, wenn sich der AGB- Verwender aussuchen könnte, ob hinsichtlich seiner konkreten Klausel nun eine Leitbildfunktion bestünde oder aber nicht.

Zitat
Original von RR-E-ft
@Black

Ferner wurde dabei m. E. entschieden, dass  Preisänderungsklauseln in Sonderverträgen der Inhalts- und Transparenzkontrolle gem. § 307 BGB standhalten müssen und es zu einer unangemessenen Benachteiligung führen kann, wenn das Versorgungsunternehmen über Zeitpunkt und Umfang von Preisänderungen entscheiden kann, weil sich daraus ein nicht kontrollierbarer Gestaltungsspielraum für Erhöhungen des Gewinnanteils also eine Verschiebung des Äquivalenzverhältnisses zu Lasten der Kunden ergeben kann (vgl. aaO. Rn. 21).


Zitat
Mangels anderweitiger vertraglicher Vorgaben hat die Beklagte damit die Möglichkeit, den Zeitpunkt zu bestimmen, zu dem sie von dem Preisänderungsrecht Gebrauch macht, und durch die in der Preisanpassungsklausel nicht vorgegebene Wahl des Preisanpassungstermins erhöhten Einstandskosten umgehend, niedrigeren Einstandskosten jedoch nicht oder erst mit zeitlicher Verzögerung durch eine Preisänderung Rechnung zu tragen.
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: Black am 23. Dezember 2008, 18:15:01
Die Idee einer Leitbildfunktion der AVB stammt aber von Gesetzgeber (§ 310 Abs. 2 BGB) und BGH selbst:

Zitat
Dem schließt sich der Senat unter Berücksichtigung der Leitbildfunktion des § 6 AVBEltV an. Eine gegenüber Tarifkunden vorteilhaftere Behandlung der Sonderkunden erscheint auch in diesem Fall nicht gerechtfertigt. Der Verordnungsgeber hat im Tarifkundenbereich ein Einzellimit für erforderlich angesehen, um das Haftungspotential der Energieversorgungsunternehmen angemessen zu begrenzen. Aus welchem Grunde dies im Sonderkundenbereich nicht gelten soll, ist nicht einzusehen. Die Sonderabnehmer erhalten den Strom regelmäßig zu günstigeren, zumindest aber nicht zu höheren Preisen als Tarifkunden (vgl. Senatsurteil vom 9. Juni 1959 aaO unter 1 b). Es fehlt daher an einer Gegenleistung, die eine gegenüber Tarifkunden erhöhte Haftung der Energieversorgungsunternehmen im Sonderkundenbereich rechtfertigen würde.
BGH Urteil vom 25.02.98 (Az.: VIII ZR 276/96)
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: RR-E-ft am 23. Dezember 2008, 18:18:55
@Black

§ 6 AVBEltV (Haftungsbegrenzung des EltVU) wurde von der Rechtsprechung Leitbildfunktion im weiteren Sinne beigemessen.
Mehr auch nicht.

Genaue Betrachtung (http://www.jurpc.de/rechtspr/19980076.htm)

Zitat
Allerdings hält die angegriffene Klausel einer Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG – entgegen der Ansicht der Revision – nicht bereits deshalb stand, weil sie der Bestimmung des § 6 Abs. 1 AVBEltV entspricht und diese eine gesetzliche Regelung im Sinne des § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG darstellt, an deren \"Leitbild\" sich eine Inhaltskontrolle auszurichten hätte.

Daraus lässt sich nicht ableiten, dass jeder gesetzlichen Regelung für Tarifkunden/ \"gesetzlich\" belieferte Kunden eine Leitbildfunktion zugemessen werden könne.

Es bedarf vielmehr der Betrachtung im Einzelfall und diese ist für § 4 AVBGasV so ausgefallen wie oben aufgeführt, anders als bei § 6 AVBEltV.
Ohne Rücksicht auf die AGB- Klausel wurde geprüft, ob der einzelnen Bestimmung der Verordnung eine \"Leitbildfunktion im weiteren Sinne\" zukommt.

Zitat
Allerdings kann den Bestimmungen der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Gasversorgung von Tarifkunden ebenso wie den Bestimmungen der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Elektrizitätsversorgung von Tarifkunden, obwohl sie für Sonderverträge nicht gelten, \"Leitbildfunktion im weiteren Sinne\" zukommen (BGHZ 138, 118, 126 ff.). Indessen ist eine solche Funktion den Vorschriften der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Gasversorgung von Tarifkunden nicht pauschal beizumessen, sondern jeweils für die einzelne in Rede stehende Bestimmung zu prüfen. Damit wird auch dem Umstand angemessen Rechnung getragen, dass nach § 310 Abs. 2 BGB zwar die §§ 308, 309 keine Anwendung auf Verträge über die Versorgung von Sonderabnehmern mit Gas finden, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden abweichen, die allgemeine Inhaltskontrolle nach § 307 BGB jedoch nicht ausgeschlossen ist.

Hiernach kommt § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV Leitbildfunktion für die streitige Preisänderungsklausel nicht zu.

Damit kommt dieser Norm eine Leitbildfunktion für Preisänderungsklauseln nicht zu.
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: ESG-Rebell am 23. Dezember 2008, 20:23:43
Zitat
Original von RR-E-ft
... Diese zeitlich befristete [Ersatzversorgung] erfolgt auf gesetzlicher Grundlage ...

Black monierte:

Zitat
Original von Black
Die Ersatzversorgung ist kein Vertrag sondern ein gesetzliches Schuldverhältnis. Insoweit ist § 315 BGB nicht anwendbar, da er ein Leistungsbestimmungsrecht in einem Vertrag erfordert:
§ 315 BGB (1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, ...
Hat er Recht?
Ist ein Unbilligkeitseinwand bei Belieferung in der Ersatzversorgung schon deshalb ausgeschlossen?

Hat der Gesetzgeber etwa übersehen, dass der Verbraucher auch dann einen Schutz benötigt, wenn er jemandem per Gesetz ein einseitiges Preisanpassungsrecht zuweist und den Verbraucher dadurch fahrlässig der Gefahr unbegrenzt hoher Forderungen ausgesetzt?

Falls ja, so wären die Schuldigen dafür wohl unter den Intelligenzbestien zu suchen, die das EnWG geklöppelt haben, welches ja das deutlich jüngere Gesetz ist.

Gruss,
ESG-Rebell.
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: RR-E-ft am 23. Dezember 2008, 20:34:20
@ESG-Rebell

Die Ersatzversorgung ist ein gesetzliches Schuldverhältnis, da die Belieferung gerade keinem Vertragsverhältnis zugeordnet werden kann.

Da die Lieferung nicht auf einem Vertragsverhältnis beruht, ist folglich zwischen dem Kunden und dem Lieferanten auch kein Entgelt für die Lieferungen vertraglich vereinbart worden, da schon kein Vertrag.

Damit stellt sich die Frage, zu welchen Entgelten die Lieferungen im Rahmen dieses gesetzlichen Schuldverhältnisses erfolgen, die sich gerade dadurch auszeichnen, dass sie zwischen Kunde und Lieferant nicht - insbesondere nicht vor der Lieferung - vertraglich vereinbart worden sind (kein Vertragsverhältnis!).

Aus den Bestimmungen der GVV ergibt sich ohne weiteres, dass der Grundversorger berechtigt ist, die Entgelte für die von ihm geschuldete Ersatzversorgung durch öffentliche Bekanntgabe einseitig festzusetzen und zu ändern.

Es handelt sich dabei um ein gesetzliches Leistungsbestimmungsrecht im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB, auf welches die gerichtliche Billigkeitskontrolle gem. § 315 Abs. 3 BGB unmittelbare Anwendung findet.

BGH, Urt. v. 19.11.2008 (VIII ZR 138/07) Rn. 26:

Zitat
Die Ausübung des sich aus diesen Vorschriften von Gesetzes wegen ergebenden Leistungsbestimmungsrechts unterliegt der Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB ebenso wie eine einseitige Leistungsbestimmung auf vertraglicher Grundlage (BGHZ 172, 315, Tz. 14 ff.).

Wenig vorstellbar ist auch, dass dabei ein \"Preissockel\" vereinbart sei, nachdem schon keinerlei vertragliche Vereinbarung hinsichtlich dieser Lieferung zwischen dem Kunden und dem Grundversorger getroffen wurde.

Als es die Ersatzversorgung noch nicht gab, nannte man die Belieferung im \"vertraglosen Zustand\" Interimsverhältnis und wandte auf deren Entgelte § 315 BGB entsprechend an (vgl. BGH, Urt. v. 02.10.1991 VIII ZR 240/90). Dogmatisch ist kein Grund ersichtlich, die Sache nun anders zu beurteilen, ist doch die Situation vergleichbar, nämlich Belieferung ohne vorherige vertragliche Preisvereinbarung/ Entgeltfindung unter Kontrahierungszwang des Lieferanten.

Wenig zielführend sind solche Beiträge:

Zitat
Hat er Recht?
Ist ein Unbilligkeitseinwand bei Belieferung in der Ersatzversorgung schon deshalb ausgeschlossen?

Hat der Gesetzgeber etwa übersehen, dass der Verbraucher auch dann einen Schutz benötigt, wenn er jemandem per Gesetz ein einseitiges Preisanpassungsrecht zuweist und den Verbraucher dadurch fahrlässig der Gefahr unbegrenzt hoher Forderungen ausgesetzt?

Falls ja, so wären die Schuldigen dafür wohl unter den Intelligenzbestien zu suchen, die das EnWG geklöppelt haben, welches ja das deutlich jüngere Gesetz ist.

Möglicherweise wurde vergessen, wie das EnWG 2005 zustande gekommen ist. Das Kartell- Deutschland im Griff der Energiekonzerne (http://de.youtube.com/view_play_list?p=ECD68F5ADA456F57)

Was nutzt die Suche nach \"Schuldigen\", wenn man nicht weiß, wie man mit ihnen umgehen soll, wenn man sie denn gefunden hat.
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: Black am 23. Dezember 2008, 22:42:51
Zitat
Original von RR-E-ft
Es handelt sich dabei um ein gesetzliches Leistungsbestimmungsrecht im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB, auf welches die gerichtliche Billigkeitskontrolle gem. § 315 Abs. 3 BGB unmittelbare Anwendung findet.

BGH, Urt. v. 19.11.2008 (VIII ZR 138/07) Rn. 26:.

Bei einem gesetzlichen Leistungsbestimmungsrecht innerhalb eines vertraglichen Schuldverhältnisses hat der BGH eine Anwendung des § 315 BGB bejaht. Also bei der Grundversorgung.

Bei der Ersatzversorgung liegt aber gerade kein vertragliches Schuldverhältnis vor. Zur Ersatzversorgung hat der BGH im Urteil v. 19.11.2008 keine Aussage getroffen, insoweit geht ein entsprechendes Zitat fehl.

Auch der Wortlaut des § 315 BGB verlangt ausdrücklich ein Leistungsbestimmungsrecht zwischen Vertragsschließenden. Wer nicht zwischen gesetzlichem Schuldverhältnis und gesetzlichem Leistungsbestimmungsrecht innerhalb eines vertraglichen Schuldverhältnisses unterscheiden kann oder will, dem sei folgende Übersicht empfohlen:

Schuldverhältnis: vertraglich
einseitiges Leistungsbestimmungsrecht: aus Vertrag
§ 315 BGB: anwendbar,  Grundfall des § 315


Schuldverhältnis: vertraglich
einseitiges Leistungsbestimmungsrecht: aus Gesetz
§ 315 BGB: anwendbar nach BGH, energierechtlich der Standartfall

Schuldverhältnis: gesetzlich
einseitiges Leistungsbestimmungsrecht: aus Gesetz
§ 315 BGB: keine Anwendbarkeit, keine BGH Entscheidung dazu
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: RR-E-ft am 23. Dezember 2008, 22:47:35
@Black

Dass innerhalb der Ersatzversorgung dem gesetzlich versorgungspflichtigem Grundversorger ein gesetzliches Leistungsbestimmungsrecht im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB zusteht, steht wohl außer Zweifel.

Nur deshalb kann der Grundversorger die Allgemeinen Preise der Ersatzversorgung überhaupt durch öffentliche Bekanntgabe einseitig festsetzen und ändern. Sonst fehlte ihm die entsprechende Befugnis dazu und man müsste wie bereits zuvor bei den Interimsverhältnissen weiter auf eine entsprechende Anwendung der §§ 316, 315 BGB zurückgreifen (vgl. BGH, Urt. v. 02.10.1991 Az. VIII ZR 240/90 = NJW-RR 1992, 183).

Dass auf ein solches gesetzliches Leistungsbestimmungsrecht § 315 BGB unmittelbare Anwendung findet, wurde mehrfach entschieden. Darauf bezog sich das Zitat.

In der Entscheidung vom 13.06.2007 (VIII ZR 36/06) Rn. 14 f.  heißt es dazu zum Beispiel:

Zitat
Ein Leistungsbestimmungsrecht im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB kann einer Vertragspartei nicht nur durch vertragliche Vereinbarung, sondern auch durch Gesetz eingeräumt werden (BGHZ 126, 109, 120 zu § 12 Abs. 3 Gesetz über Arbeitnehmererfindungen; Palandt/Grüneberg, BGB, 66. Aufl., § 315 Rdnr. 4; Soergel/Wolf, BGB, 12. Aufl., § 315 Rdnr. 29; Bamberger/ Roth/Gehrlein, BGB, 2003, § 315 Rdnr. 3; Staudinger/Rieble, BGB (2004), § 315 Rdnr. 255; Erman/Hager, BGB, 11. Aufl., § 315 Rdnr. 10).

So verhält es sich hier. Die Beklagte hat als Energieversorgungsunternehmen, das die allgemeine Versorgung von Letztverbrauchern durchführt, allgemeine Tarife für die Versorgung in Niederdruck öffentlich bekannt zu geben und zu diesen Tarifen jedermann an ihr Netz anzuschließen und zu versorgen, [§ 10 Abs. 1 des hier anwendbaren Energiewirtschaftsgesetzes vom 24. April 1998, BGBl. I S. 730, EnWG 1998].

In der Entscheidung vom 03.04.2008 (KZR 29/06) Rn. 20 f. heißt es dazu zum Besipiel:

Zitat
Ebenso wie der Gesetzgeber den Energieversorgern, die nach § 10 EnWG 1998 allgemeine, d.h. für jedermann geltende Tarife aufzustellen haben, hierdurch ein gesetzliches Leistungsbestimmungsrecht eingeräumt hat (BGH NJW 2007, 2540 Tz. 17), ist damit den Netzbetreibern, die allein über die für die Bestimmung des zulässigen Preises erforderlichen tatsächlichen Kenntnisse verfügen, das Recht gegeben worden, unter Beachtung der Vorgaben des Energiewirtschaftsgesetzes und gegebenenfalls der durch Rechtsverordnung konkretisierten Kriterien allgemeine Entgelte für die Netznutzung zu bilden.

Die energiewirtschaftsrechtlichen Kriterien für das zulässige Netznutzungsentgelt stehen damit, wie der Senat bereits entschieden hat (BGHZ 164, 336, 341 – Stromnetznutzungsentgelt I; BGH WuW/E DE-R 1730, 1731 f. – Stromnetznutzungsentgelt II), einem Verständnis der Preisbestimmung als Bestimmung des billigen Entgelts im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB nicht entgegen. Der Maßstab der Billigkeit und Angemessenheit ist lediglich kein individueller, sondern muss aus der typischen Interessenlage des Netznutzungsverhältnisses und den für dessen Ausgestaltung maßgeblichen gesetzlichen Vorgaben gewonnen werden (vgl. BGHZ 115, 311, 317 ff.; BGH NJW 2007, 2540 Tz. 17).

Klar ist demnach, dass § 315 BGB ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht im Sinne des § 315 Abs. 1  BGB erfordert, welches sich nicht nur aus vertraglicher Vereinbarung, sondern auch aus einem Gesetz ergeben kann.

Mir ist noch keine Entscheidung des BGH bekannt geworden, welche die Ersatzversorgung gem. § 38 EnWG betrifft.
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: Black am 25. Dezember 2008, 11:50:30
In der Ersatzversorgung mag ein gesetzliches einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Versorgers bestehen. Es handelt sich aber nicht um ein Leistungsbestimmungsrecht im Sinne des § 315 BGB.

Der § 315 BGB selbst gewährt kein Leistungsbestimmungsrecht, sondern regelt nur die Rechtsfolge wenn ein solches Leistungsbestimmungsrecht in einem Vertragsverhältnis besteht.


die Prüfungsreihenfolge für § 315 BGB sieht nämlich so aus:

1. vertragliches Schuldverhältnis?
2. vertraglich vereinbartes oder gesetzliches Leistungsbestimmungsrecht?
3. Billigkeit der getroffenen Leistungsbestimmung?

Im Rahmen der Grundversorgung gilt:

1. vertragliches Schuldverhältnis? (+)
2. vertraglich vereinbartes oder gesetzliches Leistungsbestimmungsrecht? (+)
3. Billigkeit der getroffenen Leistungsbestimmung?

Bei der Ersatzversorgung aber:

1. vertragliches Schuldverhältnis? (-)
2. (...)


Einseitige Leistungsbestimmungsrechte außerhalb vertraglicher Schuldverhältnisse sind vom § 315 BGB nicht umfasst.
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: jofri46 am 25. Dezember 2008, 17:52:25
Nimmt die Diskussion hier nun nicht etwas sophistische Züge an?
Wie wär\'s mit den §§ 241, 242 BGB (die gehen doch fast immer) und analog dazu § 315 BGB?
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: ESG-Rebell am 26. Dezember 2008, 11:37:11
Zitat
Original von jofri46
Wie wär\'s mit den §§ 241, 242 BGB?
Diese gelten nicht für die Energiewirtschaft - nach Ansicht derselben.
Indizien dafür:
Gruss,
ESG-Rebell.
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: RR-E-ft am 27. Dezember 2008, 17:35:47
@Black

Ich kann Ihre Argumentation nicht mehr nachvollziehen.

Hat der Grundversorger gegen den ersatzbelieferten Kunden einen Zahlungsanspruch entsprechend § 433 Abs. 2 BGB ?
Ich neige dazu, diese Frage zu bejahen.

Sonst würde man wohl dazu kommen, dass in § 38 EnWG nur die Versorgungspflicht des Grundversorgers gesetzlich geregelt ist, und dessen Recht, Allgemeine Preise der Ersatzversorgung festzusetzen und zu bilden, nicht aber die Zahlungspflicht des Kunden.

Gibt es demnach keine vertraglich/ gesetzlich geregelte Zahlungspflicht des Kunden, könnte sich die Frage nach der Billigkeit möglicherweise naturgemäß schon erübrigen.

So ist es aber nicht.

Es besteht ein gesetzliches Leistungsbestimmungsrecht des Grundversorgers und auf dieses findet § 315 BGB unmittelbare Anwendung.
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: jofri46 am 27. Dezember 2008, 20:53:43
Wenn ich Black richtig verstehe, unterscheidet er  bei der unmittelbaren Anwendung von § 315 BGB zwischen Grundversorgung und Ersatzversorgung.

Einigkeit besteht wohl darüber, dass in der Grundversorgung § 315 BGB unmittelbar Anwendung findet. Für die Ersatzversorgung will Black das offenbar nicht gelten lassen.

Der Grundversorger ist zugleich Ersatzversorger.

Die Ersatzversorgung ist auf drei Monate befristet (§ 38 Abs. 2 EnWG). Entnimmt der Kunde nach Fristablauf weiter Gas, kommt es durch den weiteren Gasbezug zum Abschluss eines Grundversorgungsvertrages (§ 2 Abs. 2 GasVV).

Ein Streit darüber, ob § 315 BGB unmittelbar auch auf die  Preise für die Ersatzversorgung anwendbar ist, kann m. E. schon im Hinblick auf deren Befristung vernachlässigt werden, aber auch deshalb, weil bei Belieferung von Haushaltskunden (um die es hier wohl vorrangig geht) die Preise der Ersatzversorgung die der Grundversorgung nicht übersteigen dürfen (§ 38 Abs. 1 Satz 3 EnWG).

Wenn nun der Grundversorger zugleich Ersatzversorger ist, für die Preise der Grundversorgung § 315 BGB unmittelbar gilt und diese Preise Obergrenze in der Ersatzversorgung sind, wird m. E. auch auf die Preise in der Ersatzversorgung § 315 BGB unmittelbar anzuwenden sein. Alles andere wäre Haarspalterei.
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: RR-E-ft am 27. Dezember 2008, 21:05:07
@jofri46

Wenn hinsichtlich der Ersatzversorgung ein gesetzliches Leistungsbestimmungsrecht besteht und mangels vertraglicher Vereinbarung denknotwendig kein Anfangspreis/ Preissockel vertraglich  vereinbart sein kann, so könnte dabei der Gesamtpreis der Billigkeitskontrolle unterliegen. Diese Frage steht nicht damit im Zusammenhang, ob bei der Grundversorgung der Anfangspreis einer Billigkeitskontrolle unterliegt. § 38 EnWG lässt es zu, dass die Allgemeinen Preise der Ersatzversorgung niedriger liegen als die Preise der Grundversorgung. In welcher Höhe die Allgemeinen Preise der Ersatzversorgung liegen, ist eine Ermessensentscheidung des Grundversorgers, der diese Preise durch öffentliche Bekanntgabe festlegt.
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: Black am 28. Dezember 2008, 02:02:16
Zitat
Original von jofri46
Wenn ich Black richtig verstehe, unterscheidet er  bei der unmittelbaren Anwendung von § 315 BGB zwischen Grundversorgung und Ersatzversorgung.

Einigkeit besteht wohl darüber, dass in der Grundversorgung § 315 BGB unmittelbar Anwendung findet. Für die Ersatzversorgung will Black das offenbar nicht gelten lassen.
(...)
Ein Streit darüber, ob § 315 BGB unmittelbar auch auf die  Preise für die Ersatzversorgung anwendbar ist, kann m. E. schon im Hinblick auf deren Befristung vernachlässigt werden, aber auch deshalb, weil bei Belieferung von Haushaltskunden (um die es hier wohl vorrangig geht) die Preise der Ersatzversorgung die der Grundversorgung nicht übersteigen dürfen (§ 38 Abs. 1 Satz 3 EnWG).

Das § 315 BGB für die Grundversorgung Anwendung findet ist schon seit Längerem durch alle gerichtlichen Instanzen entschieden. Es wundert mich daher, dass dies hier noch immer wieder betont wird. Aber sei es drum.

Die Frage der Anwendbarkeit des § 315 BGB auf die ersatzversorgung ist tatsächlich derzeit noch juristische Gedankenspielerei. Es mag unbefriedigend sein für die Ersatzversorgung zu einem anderen Ergebnis zu kommen als für die Grundversorgung. Dabei ist aber zu bedenken, dass bei der Fassung des § 315 BGB nicht speziell an Energieversorgungsverträge gedacht wurde. Daher findet sich diese Regelung nicht im EnWG sondern im BGB und ihre Anwendbarkeit war früher generell umstritten.

Nun kommt man aber nicht umhin festzustellen, dass § 315 BGB nach dem Willen des Gesetzgebers eben für \"Vertragsschließende\" also Parteien eines Vertrages gelten soll. Und ein Vertrag liegt eben bei der Ersatzversorgung gerade nicht vor. Die ersatzversorgung ist insoweit ein rechtlicher Sonderfall eines gesetzlichen Schuldverhältnisses.

Es wundert mich, dass die hier anwesenden Juristen sich nicht die Mühe einer sachlichen Prüfung des Tatbestandes der Norm machen, sondern lieber vom Ergebnis her nach dem Motto \"weil nicht sein kann, was nicht sein darf\" argumentieren. Ich kann aber nicht eine gesetzliche Norm nur deshalb gelten lassen wollen, weil mir das Ergebnis gerade passt ohne ihren Tatbestand erfüllt zu haben.
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: nomos am 28. Dezember 2008, 10:49:10
Zitat
Original von Black
........
Nun kommt man aber nicht umhin festzustellen, dass § 315 BGB nach dem Willen des Gesetzgebers eben für \"Vertragsschließende\" also Parteien eines Vertrages gelten soll.
..........
siehe hier (http://www.baurechtsexperte.de/315-bgb-motive-des-gesetzgebers-db30504.html)

Die grundsätzliche Motivation des Gesetzgebers war in erster Linie die Bestimmung der Leistung nicht der Willkür des Schuldners zu überlassen.

Das Motiv ist völlig unabhängig von der Art der Schuld oder Leistung. Ob Gas- Strom, oder was auch immer, ob Ersatz-, Grund- oder Sonderversorgung, da sind keine Abgrenzungskriterien des Gesetzgebers von diesem Motiv ersichtlich. Das Motiv ist generell. Es geht in jedem Fall um Willkür die der Gesetzgeber mit diesen Paragrafen verhindert sehen möchte. Dafür haben im Notfall die Gerichte durch Anwendung zu sorgen.

Alles hat Grenzen. Anwaltliche Vertretung ist eine parteiliche Vertretung, allerdings innerhalb des rechtlichen Rahmens. Juristen im Richteramt sind erst recht an die Gesetze gebunden und keine Interessenvertreter. Der \"advocatus vinculi\" hat im Rechtsstaat nichts zu suchen.[/list]
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: RR-E-ft am 28. Dezember 2008, 16:10:34
@Black

Bei der juristischen Prüfung sollte man zunächst zu ergründen suchen, woraus sich der Zahlungsanspruch des Versorgers bei der Ersatzversorgung ergibt.

In § 38 EnWG ist m. E. die Zahlungspflicht des ersatzversorgten Kunden nicht geregelt, sondern nur die Verpflichtung zur Ersatzversorgung und das Recht, hierfür einseitig Allgemeine Preise festzulegen, die bestimmten Vorgaben genügen müssen.

§ 38 EnWG ist somit in gewisser Weise § 10 Abs. 1 EnWG 1998 bzw. § 6 EnWG 1935 nachgebildet. Auch aus diesen Vorschriften ergab sich kein Zahlungsanspruch des Versorgers. Der Zahlungsanspruch ergab sich nach h.M. erst aus einer entsprechenden Anwendung des § 433 Abs. 2 BGB.

Direkt passte der § 433 BGB schon deshalb nicht, weil die zu liefernde Energiemenge nicht im vornherein feststeht. Auch wurden nicht Eigentum und Besitz an einer Sache übertragen, so jedenfalls unzweifelhaft für Elektrizität.  

Findet man keine gesetzliche/ vertragliche Anspruchsgrundlage für den Zahlungsanspruch, so erübrigt sich die Frage der Billigkeitskontrolle völlig, weil es dann schon keine Anspruchsgrundlage gäbe.

Erst wenn man die Anspruchsgrundlage für den Zahlungsanspruch gefunden hat, kann man überlegen, ob auf diese nicht auch § 315 BGB wegen des bestehenden gesetzlichen Leistungsbestimmungsrechts Anwendung findet. Die Anwendung des § 315 BGB zu verneinen, ohne dass man die Anspruchsgrundlage für den Zahlungsanspruch überhaupt gefunden hat, erscheint mir contra legem artis.
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: jofri46 am 28. Dezember 2008, 23:01:14
@Black

Die Ersatzversorgung als gesetzliches Schuldverhältnis ist ein sog. \"Quasi-Vertrag\", d. h. ein rechtsgeschäftsähnliches Schuldverhältnis und darauf kann trotz eines fehlenden Vertragsschlusses Vertragsrecht angewandt werden. Regelungen hierzu hat der Gesetzgeber z. B. in § 311 BGB getroffen.

Damit ist nach meiner Auffassung auch für die Ersatzversorgung der Weg zu § 315 BGB eröffnet, ob unmittelbar oder mittelbar (über § 241 Abs. 2 BGB), mag dahingestellt bleiben.

Es entspricht also durchaus dem Willen des Gesetzgebers, dass § 315 BGB nicht nur für \"Vertragsschließende\" gelten soll.
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: Black am 29. Dezember 2008, 10:22:09
Zitat
Original von jofri46
@Black
Die Ersatzversorgung als gesetzliches Schuldverhältnis ist ein sog. \"Quasi-Vertrag\", d. h. ein rechtsgeschäftsähnliches Schuldverhältnis und darauf kann trotz eines fehlenden Vertragsschlusses Vertragsrecht angewandt werden.

Ist das jetzt frei von der Leber weg behauptet, oder haben Sie dafür irgendeinen Beleg in Form einer Norm, Rechtsquelle, Urteil, Kommentierung...?



Zitat
Original von jofri46Regelungen hierzu hat der Gesetzgeber z. B. in § 311 BGB getroffen.

 § 311 Rechtsgeschäftliche und rechtsgeschäftsähnliche Schuldverhältnisse

(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.

(2) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 entsteht auch durch  1.  die Aufnahme von Vertragsverhandlungen,
 2.  die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder
 3.  ähnliche geschäftliche Kontakte.

(3) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 kann auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.


In § 311 BGB Abs. 1 ist klarstellend geregelt, dass es sowohl vertragliche als auch gesetzliche Schuldverhältnisse gibt. Es gibt dort jedoch keine Aussage, dass die Normen des BGB, die ausdrücklich ein vertragliches Schuldverhältniss verlangen auch auf gesetzliche Schuldverhältnisse anwendbar sein sollen.

§ 311 Abs. 2 regelt das vorvertragliche Schuldverhältnis im Sinne der cic.

§ 311 Abs. 3 regelt besondere Vertragspositionen Dritter.

Aussagen zu einem Rechtskonstrukt namens \"Quasi-Vertrag\" gibt es dort nicht.
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: Black am 29. Dezember 2008, 10:51:56
Zitat
Original von RR-E-ft
@Black
Bei der juristischen Prüfung sollte man zunächst zu ergründen suchen, woraus sich der Zahlungsanspruch des Versorgers bei der Ersatzversorgung ergibt.

In § 38 EnWG ist m. E. die Zahlungspflicht des ersatzversorgten Kunden nicht geregelt, sondern nur die Verpflichtung zur Ersatzversorgung und das Recht, hierfür einseitig Allgemeine Preise festzulegen, die bestimmten Vorgaben genügen müssen.
[/I].

Wie heißt es so schön? Der Blick ins Gesetz erspart die Rechtsfindung.

(1) Sofern Letztverbraucher über das Energieversorgungsnetz der allgemeinen Versorgung in Niederspannung oder Niederdruck Energie beziehen, ohne dass dieser Bezug einer Lieferung oder einem bestimmten Liefervertrag zugeordnet werden kann, gilt die Energie als von dem Unternehmen geliefert, das nach § 36 Abs. 1 berechtigt und verpflichtet ist. Die Bestimmungen dieses Teils gelten für dieses Rechtsverhältnis mit der Maßgabe, dass der Grundversorger berechtigt ist, für diese Energielieferung gesonderte Allgemeine Preise zu veröffentlichen und für die Energielieferung in Rechnung zu stellen. Für Haushaltskunden dürfen die Preise die nach § 36 Abs. 1 Satz 1 nicht übersteigen.

(2) Das Rechtsverhältnis nach Absatz 1 endet, wenn die Energielieferung auf der Grundlage eines Energieliefervertrages des Kunden erfolgt, spätestens aber drei Monate nach Beginn der Ersatzenergieversorgung. Das Energieversorgungsunternehmen kann den Energieverbrauch, der auf die nach Absatz 1 bezogenen Energiemengen entfällt, auf Grund einer rechnerischen Abgrenzung schätzen und den ermittelten anteiligen Verbrauch in Rechnung stellen.


Der § 38 EnWG ist gesetzliche Anspruchsgrundlage, da er den Ersatzversorger nicht nur zur Lieferung verpflichtet, sondern ihm gleichzeitig das Recht einräumt diese Energielieferung dem Kunden - im Rahmen der veröffentlichen Preise - in Rechnung zu stellen.
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: RR-E-ft am 29. Dezember 2008, 16:21:01
@Black

Das Recht, etwas in Rechnung zu stellen, kann, muss aber nicht mit einer Zahlungsverpflichtung des anderen Teils  korrespondieren. Auslegungsfrage. Es bleibt dabei, dass die Preise in Rechnung gestellt werden können, die der Grundversorger allein durch öffentliche Bekanntgabe einseitig festzusetzen berechtigt ist, was ein einseitiges Leistungbestimmungsrecht des Grundversorgers gegenüber dem anderen am Schuldverhältnis beteiligten Teil darstellt.
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: Black am 29. Dezember 2008, 16:28:24
Zitat
Original von RR-E-ft
Das Recht, etwas in Rechnung zu stellen, kann, muss aber nicht mit einer Zahlungsverpflichtung des anderen Teils  korrespondieren.

Sehr abenteuerliche Ansicht.
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: RR-E-ft am 29. Dezember 2008, 16:32:23
@Black

Noch abenteuerlicher ist vielleicht, wenn sich aus § 38 EnWG nicht eindeutig ergibt, wem gegenüber etwas in Rechnung gestellt/ berechnet werden kann.
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: Black am 29. Dezember 2008, 16:45:12
Zitat
Original von RR-E-ft
@Black

Noch abeneteuerlicher ist vielleicht, dass sich aus § 38 EnWG nicht eindeutig ergibt, wem gegenüber etwas in Rechnung gestellt/ berechnet werden kann.

Hm.. ja seltsam, da hat der Gesetzgeber geregelt, dass bestimmte Endverbraucher auch ohne Liefervertrag Energie erhalten, und er hat auch geregelt wie die Preise hierfür gestaltet sein sollen und auch dass der Versorger den Verbrauch in Rechnung stellen darf.... wen hatte er wohl als Adressaten der Rechnung im Sinn?

a.) niemanden, die Energie sollte es frei Haus geben
b.) der Staat
c.) derjenige der aus dem Rechtsverhältnis heraus Energie bezogen hat

zumal die Rechnung nach § 38 EnWG \"für die Energielieferung\" gestellt werden soll. Und § 38 Abs. 1 satz 3 noch eine Sonderrregelung zu den Preisen in Rechnungen  für Haushaltskunden trifft
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: RR-E-ft am 29. Dezember 2008, 16:59:07
@Black

§ 433 II BGB regelt eine Zahlungspflicht des Käufers.

§ 38 EnWG regelt, dass ein Energieverbrauch in Rechnung gestellt werden kann, ohne dass eine Zahlungsverpflichtung und ein Zahlungspflichtiger konkret benannt sind.

Erst durch Auslegung könnte man dazu gelangen, dass womöglich dem Letztverbraucher etwas in Rechnung gestellt werden kann, der seine Energie nicht aus dem Rechtsverhältnis heraus, sondern über einen Hausanschluss aus dem örtlichen Verteilnetz (Niederdruck/ Niederspannung) heraus bezogen hat, ohne dass dieser Bezug einem konkreten Lieferverhältnis zuordenbar war.

Es gibt keinen allgemeinen Rechtssatz, wonach der Adressat einer Rechnung zur Zahlung auf diese  verpflichtet ist.

Schon wieder bedarf es einer Auslegung.
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: jofri46 am 29. Dezember 2008, 17:14:13
@Black

\"Quasi-Vertrag\" bezeichnet ein gesetzliches Schuldverhältnis, bei dem Rechte und Pflichten, Leistung und Gegenleistung, einem vertraglichen Schuldverhältniss gleichen. So ist es auch im Falle der Ersatzversorgung.

Kann ein gesetzliches Schuldverhältnis nicht zugleich ein rechtsgeschäftsähnliches Schuldverhältnis i. S. des § 311 BGB darstellen?

Dass trotz fehlenden Vertragsschlusses Vertragsrecht angewandt werden kann, ist Stand der Rechtsprechung. So u. a. jüngst der BGH:
\"Die Ausübung des sich aus diesen Vorschriften von Gesetzes wegen ergebenden Leistungsbestimmungsrechtes unterliegt der Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB ebenso wie eine einseitige Leistungsbestimmung auf vertraglicher Grundlage\" (VIII ZR 138/07, Urteil vom 19.11.2008, S. 15).

§ 311 auf vertragliche Schuldverhältnisse und Fälle der c.i.c. zu beschränken, greift zu kurz. Es ist eine abstrakte Regelung, \"die der Ausdifferenzierung und Fortentwicklung durch die Rechtsprechung zugänglich ist\" (so in der Begründung des Gesetzgebers).

Was spricht denn dagegen, § 241 Abs. 2 BGB heranzuziehen, wenn das Gesetz, wie im Falle der Ersatzversorgung, einer Partei ein Leistungsbestimmungsrecht zuweist und im Rahmen des § 241 BGB dann § 315 BGB analog anzuwenden?
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: Black am 29. Dezember 2008, 17:19:08
Zitat
Original von RR-E-ft
Schon wieder bedarf es einer Auslegung.

Ja, das Juristenleben ist schon hart....

Reden wir darüber, ob die Ersatzversorgung mangels gesetzlicher Zahlungsverpflichtung nicht zu bezahlt werden braucht oder ob man den Wortlaut des § 38 EnWG \"schöner\" hätte fassen können?

Salje zumindest hat kein Problem festzustellen:
Der Ersatzversorger kann seinen Zahlungsanspruch gegen den Letztverbraucher unmittelbar auf § 38 Abs. 1 stützen. Salje, Kommentar zum EnWG, zu § 38, Rdn. 14

Zitat
Original von RR-E-ftEs gibt keinen allgemeinen Rechtssatz, wonach der Adressat einer Rechnung zur Zahlung auf diese verpflichtet ist.

§ 286 BGB

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet.
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: RR-E-ft am 29. Dezember 2008, 17:32:16
@Black

Ersatzversorgungslieferungen sind zu vergüten. Auf die Vergütung findet m.E. § 315 BGB Anwendung.

§ 286 BGB betrifft doch nicht die Zahlungspflicht des Adressaten einer Rechnung, sondern die Zahlungspflicht des Schuldners einer Entgeltforderung, der nach Rechnungsstellung in Verzug gerät. Allein aus der Eigenschaft als Adressat einer Rechnung ist man jedoch noch kein Schuldner einer Entgeltforderung. Wenn jeder, an den Lieschen M. eine Rechnung adressiert und zusendet, tatsächlich allein daraus zur Zahlung verpflichtet wäre, wäre die Frau wohl alle ihre Finanzsorgen los. Raus aus der Schuldenfalle: Rechnungen schreiben. ;)

Es gibt keinen allgemeinen Rechtssatz, wonach der Adressat einer Rechnung zur Zahlung auf diese verpflichtet ist.
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: Black am 29. Dezember 2008, 17:55:09
Zitat
Original von RR-E-ft
Ersatzversorgungslieferungen sind zu vergüten. .

Woher nehmen Sie dann den Vergütungsanspruch, wenn Sie § 38 EnWG als Anspruchsgrundlage ablehen möchten?
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: RR-E-ft am 29. Dezember 2008, 18:34:55
Schrieb ich wohl schon. (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=51553#post51553)
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: Black am 29. Dezember 2008, 18:58:24
Zitat
Original von RR-E-ft
Schrieb ich wohl schon. (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=51553#post51553)

§ 433 BGB?

Sie gehen recht locker mit gesetzlichen Tatbeständen um. Für § 433 BGB fehlt es am Vertrag.

Jemand der schon bekrittelt und bezweifelt ob das normierte Recht auf Rechnungsstellung auch einen Zahlungsanspruch beinhaltet, sollte darüber, dass § 433 BGB einen (Kauf)vertrag erfordert nicht so leicht hinwegkommen.
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: RR-E-ft am 29. Dezember 2008, 19:00:46
@Black

Ich meine, bereits ausgeführt zu haben, dass § 433 Abs. 2 BGB bei Energielieferungen nach h.M. seit eh und je entsprechend angewendet wird, obschon die Norm offensichtlich nicht direkt angewendet werden kann (insbesondere bei Elektrizität und Fernwärme). Den Fällen ist oft gemein, dass ein Vertragsschluss durch die erfolgten Energielieferungen lediglich fingiert wurde.

§ 38 EnWG enthält die Fiktion einer Energielieferbeziehung.

Zitat
gilt die Energie als von dem Unternehmen geliefert, das nach § 36 Abs. 1 berechtigt und verpflichtet ist. Die Bestimmungen dieses Teils gelten für dieses Rechtsverhältnis

Salje führt in seinem Kommentar § 38 EnWG, Rn. 3 von einer Beleihung des Versorgers durch die Norm die Rede, was m. E. nicht zutrifft. Unter Beleihung (http://de.wikipedia.org/wiki/Beleihung) versteht man die Übertragung von Hoheitsrechten auf Private. Da gilt es einiges mit Vorsicht zu genießen.
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: Black am 29. Dezember 2008, 20:20:32
Zitat
Original von RR-E-ft
@Black

Ich meine, bereits ausgeführt zu haben, dass § 433 Abs. 2 BGB bei Energielieferungen nach h.M. seit eh und je entsprechend angewendet wird, obschon die Norm offensichtlich nicht direkt angewendet werden kann (insbesondere bei Elektrizität und Fernwärme).

Dieser Streit über die Anwendbarkeit des § 433 BGB beruht  auf der Frage ob Energie als Kaufsache i.S.d. § 433 BGB zu verstehen ist. Während einige hier (wobei auch dort noch zwischen Strom und Gas zu unterscheiden ist) § 433 BGB direkt anwenden möchten (wenn ich mich Recht erinnere z.B. Palandt) lösen andere das Problem über § 453 Abs. 1 BGB und klassifizieren Energie als \"sonstige Gegenstände\". Auch dies führt zu einer Anwendbarkeit des Kaufrechts.

Bei allen diesen Positionen ist jedoch unstreitig, dass ein Vertrag zwischen Kunden und Versorger voraussetzung ist. Mir ist bislang keine Auffassung bekannt, die§ 433 BGB auf ein gesetzliches SV ohne Vertrag anwenden möchte.
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: jofri46 am 29. Dezember 2008, 21:56:22
Kommt denn durch \"faktischen Vollzug\" gem. § 38 EnWG nicht konkludent ein
Vertrag zustande (vgl. BGH VIII ZR 279/02, Urteil vom 30.04.2003) und damit ein Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises gem. § 433 Abs. 2 BGB, zumindest für Gas als Kaufsache (vgl. BGH VIII ZR 125/06, Urteil vom 07.03.2007)?
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: RR-E-ft am 29. Dezember 2008, 22:25:31
Also bei der Grundversorgung wird § 433 Abs. 2 BGB entsprechend angewandt, auch wenn es sich bei Energie in Form von Strom und Fernwärme um keine Sachen handelt und der Umfang der künftigen Lieferung vorher nicht feststeht. Anders als beim Kaufvertrag besteht bei Energielieferungsverträgen regelmäßig keine Abnahmeverpflichtung. Wer einen Stromlieferungsvertrag abgeschlossen hat, mag zwar ggf.  zur Bedarfsdeckung, nicht aber zum Strombezug selbst verpflichtet sein. Wer keinen Bedarf hat, ist auch nicht verpflichtet Strom abzunehmen und zu vergüten.  All das unterscheidet Energielieferungsverträge grundsätzlich von Kaufverträgen und es endet keinesfalls beim Begriff \"Sache\". Oft vermittelt ein Energielieferungsvertrag lediglich ein Bezugsrecht ohne Abnahmeverpflichtung.

In § 38 Abs. 1 Satz 2 EnWG heißt es,  die Bestimmungen dieses Teils gelten für dieses Rechtsverhältnis mit der Maßgabe...

Gemeint ist wohl der Teil 4 \"Energielieferungen an Letztverbraucher\" (§§ 36 bis 42 EnWG). Anscheindend  eine Rückverweisung auf § 36 EnWG mit der Folge, dass auch dabei § 433 Abs. 2 BGB entsprechende Anwendung findet, nur eben mit den Modifikationen, wie sie in § 38 Abs. 1 Satz 2 und 3 EnWG sodann aufgeführt sind.

Anders wäre § 38 Abs. 1 Satz 2 EnWG schwer bzw. gar nicht verständlich.

Bei dieser Lesart ergibt sich eben die Zahlungsverpflichtung nicht unmittelbar aus § 38 EnWG, sondern erst über die (notwendige) Verweisung in § 38 Abs. 1 Satz 2 EnWG, welche im Übrigen lediglich Modifikationen enthält. Der fiktive Lieferant, der dem Verkäufer gleichgestellt ist, hat das Recht, gesonderte Preise festzusetzen und für die Energielieferungen in Rechnung zu stellen.

Ohne diese Verweisung ist in § 38 EnWG selbst weder eine Zahlungsverpflichtung statuiert noch ein Zahlungsverpflichteter benannt. Das ergibt sich erst aus der entsprechenden Anwendung des § 433 Abs. 2 BGB, wie bei anderen Energielieferungen an Letztverbraucher auch.

Das ist meine Meinung dazu. Salje mag es anders sehen. Aber bei dem werden ja auch Grundversorger noch beliehen.
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: Black am 30. Dezember 2008, 10:45:08
Zitat
Original von jofri46
@Black

\"Quasi-Vertrag\" bezeichnet ein gesetzliches Schuldverhältnis, bei dem Rechte und Pflichten, Leistung und Gegenleistung, einem vertraglichen Schuldverhältniss gleichen. So ist es auch im Falle der Ersatzversorgung.

Ist der Begriff des \"Quasi-Vertrages\" ihre eigene Kreaktion oder gibt es hierfür Quellen?

Zitat
Original von jofri46Kann ein gesetzliches Schuldverhältnis nicht zugleich ein rechtsgeschäftsähnliches Schuldverhältnis i. S. des § 311 BGB darstellen?

Nein, kann es nicht. Es geht nur das eine oder das andere. Wenn man es darauf anlegt könnte man natürlich ein gesetzliches SV noch einmal zusätzlich vertraglich vereinbaren und so eine Doppelnatur erreichen. Aber Ersatzversorgung tritt eben nur ein, wenn ausdrücklich kein Vertrag vorliegt.
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: jofri46 am 30. Dezember 2008, 12:13:28
\"Quasi-Vertrag\" ist ein historischer Rechtsbegriff und bezeichnet alle Verbindlichkeiten schuldrechtlicher Natur, die weder aus einem Vertrag noch aus Delikt herrühren. So zumindest habe ich es, in aller Kürze, noch in Erinnerung. Quellen für den Begriff gibt es zuhauf. Google hilft hier weiter.
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: RR-E-ft am 30. Dezember 2008, 12:43:58
@Black

Laut Creifelds Rechtswörterbuch ist der Quasikontrakt ein Begriff des römischen Rechts. Der Begriff Quasivertrag findet sich im Deutschen Rechtswörterbuch, erstbelegt 1794. (http://drw-www.adw.uni-heidelberg.de/drw-cgi/zeige?db=faks&index=buecher&term=Schwarz,LausWB. V&seite=F10%2fschwlwba%7cg144&ref=link) Manche verwenden Quasivertrag und faktischen Vertrag synonym. In der Erstbelegung wird der uneigentliche Vertrag oder Quasivertrag hingegen vom \"wahren Vertrag\", der auch stillschweigend abgeschlossen sein kann, unterschieden.
Titel: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
Beitrag von: tangocharly am 30. Dezember 2008, 18:29:54
So wurde das Thema im Bundestag debattiert, auf der Grundlage des Entwurfs des neuen EnwG auf Vorlage der Bundesregierung
BT-Drucksache 15/3917, S. -66- (http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/15/039/1503917.pdf)

Zitat
Zu § 38 (Ersatzversorgung mit Energie)
Die Vorschrift begründet ein gesetzliches Schuldverhältnis, wenn die Energieversorgung in Niederspannung oder Niederdruck ohne vertragliche Grundlage allein aufgrund der Entnahme durch den Letztverbraucher erfolgt. Der Grundversorger ist berechtigt, für die Ersatzversorgung gesonderte allgemeine Preise zu veröffentlichen, die über den Preisen der Grundversorgung liegen können. Letzteres gilt jedoch nicht für Haushaltskunden. Angesichts des Übergangscharakters dieses Rechtsverhältnisses ist es zeitlich begrenzt.

Also, wenn der Gesetzgeber das selbst schon so gesehen hat, dann wird die Diskussion über das \"gesetzliche Schuldverhältnis\" müßig. Mir persönlich gefällt diese Kategorie auch nicht.
Das  erwähnte \"faktische Vertragsverhältnis\" wäre m.E. auch passender, d.h. auf der Grundlage des \"so gilt als\"-Satzes in § 38 EnWG