Forum des Bundes der Energieverbraucher
Energiepreis-Protest => Grundsatzfragen => Thema gestartet von: Pölator am 24. November 2008, 08:04:30
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Guten Morgen werte mündige Bürger!
Da der BGH zuletzt extra auf die Möglichkeit des Zeugenbeweises abzielt, stellt sich mir die Frage, wie so etwas tatsächlich aussieht.
a.)Kommt der Zeuge (anzunehmen: ein MA des VS) und wird vom Richter befragt wie es mit dem Zustandekommen der Preiserhöhung aussieht?
b.) Muss ein Richter dazu irgendwie betriebswirtschaftlich qualifiziert sein, bzw. muss er dies nachweisen? Ich denke in die Richtung, dass ein Prokurist einen schwindelig redet und es Erwachsenen oftmals schwer fällt, zusagen \"Das verstehe ich nicht, bitte nochmals aber einfacher!\"
c.) Dürfen die Beklagten (Kundenanwälte) diesen Zeugen auch befragen?
Einen schönen Wochenbeginn wünscht der Pölator
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a) Ja
b) Nein
c) Ja
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ABer ich denke ein einfaches \"Ja, es wurden nur Preiserhöhungen weitergegeben\" wird nicht ausreichen, da ich ihn sofort Fragen würde wie sich die Preise gegenüber letzens geändert haben. Daraufhin dürfte er wohl kaum sagen \"ähm das kann ich nicht sagen\". Er wird hier dann wohl Fakten nennen müssen, da dies ansonsten wohl kaum glaubwürdig wäre.
Auf jedenfall würde ich ihn vereidigen lassen!
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@ben100
Der Zeuge beantwortet die Fragen zu dem Beweisthema, welches im Beweisbeschluss angegeben ist, oder auch nicht, weil er dazu tatsächlich nichts sagen kann.
Die Partei bestimmt mit ihrem Schriftsatz, für welche beweisbedürftige Tatsache der Zeuge Beweis bieten soll. Beweisbedürftig sind nur bestrittene Tatsachenbehauptungen einer Partei.
Bietet der Versorger also nur Zeugen für gestiegene Bezugskosten auf, jedoch auf entsprechendes Bestreiten keinen Beweis dafür, dass gestiegene Bezugskosten nicht durch rückläufige Kosten bei anderen preisbildenden Faktoren vollständig kompensiert wurden, dann dürfte dies für den Billigkeitsnachweis nicht genügen.
Über bestrittene Tatsachen, zu denen von der darlegungs- und beweisbelasteten Partei kein Beweismittel im Sinne der ZPO angeboten wurde, wird auch kein Beweis erhoben.
Wurde der Zeuge also nur für die Tatsache eines Bezugskostenanstiegs benannt, ist er eben kein Zeuge für andere bestrittene Tatsachen und wird deshalb zu anderen Tatsachen auch nicht gehört/ vernommen.
Man kann den Antrag stellen, Zeugen zu vereidigen. Wenn das Gericht den Zeugen für unglaubwürdig hält, wird es von einer Vereidigung absehen, um den Zeugen nicht in einen Meineid zu treiben. Paradox aber gängige Praxis. In der Regel bleiben Zeugen, selbst nach Antrag auf Vereidigung unvereidigt. Auch die uneidliche Falschaussage ist strafbar. Der Meineid ist ein Verbrechen und wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr geahndet, wenn er sich im Strafverfahren nachweisen lässt.
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Hallo,
nehmen wir jetzt mal an, dass 2 Verfahren mit den gleichen Eckdaten fast zeitgleich laufen:
-gleicher Versorger
-gleicher Zeuge
-gleiche Tarife
-gleiches AG, nicht jedoch die gleichen Richter
-gleicher Anwalt bei den Widersprüchlern
-nur die Beträge und Zeitdaten sind unterschiedlich, ansonsten Übereinstimmung der Klageschriften zu 99%
Wenn nun in der zuerst stattfindenden Verhandlung der vom VS eingebrachte Zeuge befragt wird, auch vom Anwalt der Beklagten und merkt, dass es ungünstig läuft für ihn bzw. für den VS, könnte es doch passieren, dass er 2 Wochen später auf exakt die gleichen Fragen anders antwortet oder sich dann windet und sich auf Geschäftsgeheimnisse beruft.
Kann/darf/sollte man dann auf die Antworten aus dem ersten Verfahren zurückgreifen oder darauf hinweisen?
Ich denke in die Richtung \"Unglaubwürdigkeit\" des Zeugen... .
Schönen Tag noch,
der Pölator
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Zusatzfrage:Können \'\'Zeugen\'\' in diesen Verfahren auch vereidigt werden (mit oder ohne Zweifel an deren Glaubwürdigkeit)?
Hat sich erledigt, hatte leider die wieder mal fachlich hervorragende Stellungnahme von RR-E-ft übersehen, sorry!
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Original von Pölator
Hallo,
nehmen wir jetzt mal an, dass 2 Verfahren mit den gleichen Eckdaten fast zeitgleich laufen:
-gleicher Versorger
-gleicher Zeuge
-gleiche Tarife
-gleiches AG, nicht jedoch die gleichen Richter
-gleicher Anwalt bei den Widersprüchlern
-nur die Beträge und Zeitdaten sind unterschiedlich, ansonsten Übereinstimmung der Klageschriften zu 99%
Praktisch würde das eher so laufen: Solche Verfahren werden entweder zur gemeinsamen Verhandlung verbunden oder (wenn ein Verfahren deutlich schneller beendet ist) greift man auf die dem Gericht bekannten Tatsachen des 1. Verfahrens zurück und führt keine erneute Beweisaufnahme durch.
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Original von Black
Praktisch würde das eher so laufen: Solche Verfahren werden entweder zur gemeinsamen Verhandlung verbunden oder (wenn ein Verfahren deutlich schneller beendet ist) greift man auf die dem Gericht bekannten Tatsachen des 1. Verfahrens zurück und führt keine erneute Beweisaufnahme durch.
@black
Ihr Pendel ist kaputt, vielleicht können Sie es noch umtauschen.
Ich vergaß den Hinweis, das dieser Fall keine Konstruktion ist, sondern in Echtzeit passiert.
Wenn es so laufen würde, wie Sie es sagen, was dann, wenn die Beweisführung unterschiedlich ist, bzw. es ein anderer Anwalt macht?
Also, kann man/darf man den Zeugen auf seine ersten Aussagen festnageln?
a.) ja
b.) nein
c.) kann ich das Publikum fragen?
d.) weiß nicht
Gruß
Pölator
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@Pölator
Der Prozessstoff eines jeden Verfahrens richtet sich gesondert nach Behaupten/ Bestreiten/ Beweisen.
Es bedarf deshalb einer gesonderten Beweisaufnahme in jedem Verfahren.
Schließlich ist der Ausgang eines Zeugenbeweises maßgeblich von der Befragung des Zeugen durch die Parteien innerhalb der Beweisaufnahme abhängig und dem persönlichen Eindruck, den sich das Gericht vom Zeugen gemacht hat.
Wenn ein Zeuge in einem anderen Verfahren anders ausgesagt haben sollte, sich dabei ein Widerspruch auftut, so kann sich nicht nur die Frage nach der Glaubwürdigkeit eines solchen Zeugen stellen, sondern auch die Frage ob etwaig eine (uneidliche) Falschaussage in einem der Verfahren vorliegt.
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Grundsätzlich wird doch wohl ein Zeuge nicht nur mündlich Zeugnis über etwas ablegen können, was anhand von Unterlagen beweisbar ist.
Das ist doch absurd!!!
Was ist denn wenn man dann den Antrag stellt den Zeugen als befangen zu bewerten, da er bei dem EV beschäftigt ist und ihn zu Details befragt.
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@ben100
Möglicherweise wird der Zeuge einräumen müssen, beim Versorger beschäftigt zu sein, insbesondere dann, wenn er gerade als Mitarbeiter des Unternehmens von diesem als Zeuge benannt wurde....
Möglicherweise könnte man ihn zur eigenen Weiterbeschäftigungsprognose befragen, wenn seine Aussage zum eigentlichen Beweisthema zuungunsten des Versorgers ausfallen sollte.
Der Mitarbeiter eines Energieversorgers kann Zeuge sein. Die Beweisaufnahme durch Befragung des Zeugen ist in der ZPO geregelt.
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Original von Pölator
Muss ein Richter dazu irgendwie betriebswirtschaftlich qualifiziert sein, bzw. muss er dies nachweisen?
Eine köstliche Idee, ich stelle mir gerade Hr. Ficke vor, wie er einem Richter vor der Zeugenvernehmung Kontrollfragen über dessen betriebs-/ energiewirtschaftliches Wissen stellt :D
Ich glaube nicht das ein Zeuge befangen sein kann, er entscheidet ja nichts. Genausowenig können ja auch die Anwälte befangen sein, und die versuchen ja auch dem Gericht etwas einzureden.
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Der Zeuge kann nicht befangen sein i.S.d. Zivilprozessordnung.
Ein Zeuge kann auch nicht abgelehnt werden.
Aber man kann einen Zeugen \"in die Pfanne hauen\", wenn er vor Gericht lügt. Das besorgt dann aber schon ein gewissenhafter Richter selber, indem er die Akte zuschlägt und mit Stempel an die Staatsanwaltschaft im gleichen Hause weiter leitet.
Ach ja, manchmal wollen Anwälte dem Gericht etwas einreden. Das kennt man aber auch umgekehrt. Das Resultat findet sich dann, so Gott will, in der nächsten Instanz.
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@Fridericus Rex
Wir Anwälte sind nicht befangen, sondern parteiisch, weil wir nach den Regeln der Kunst für unsere Mandanten streiten müssen, sonst leicht mit diesen in Streit geraten. Leider gehören grundlegende betriebswirtschaftliche Kenntnisse noch nicht überall zum Inhalt der juristischen Ausbildung. Iudex non calculat, womöglich weil er es nicht gelernt hat.
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Original von RR-E-ft
@Fridericus Rex
Wir Anwälte sind nicht befangen, sondern parteiisch, weil wir nach den Regeln der Kunst für unsere Mandanten streiten müssen, sonst leicht mit diesen in Streit geraten. [...].
So wird Fridericus Rex in Wikipedia (http://de.wikipedia.org/wiki/Robe) zitiert (sicher schon bekannt):
Im Jahre 1726 verfügte König Friedrich Wilhelm I. von Preußen mit der ihm eigenen Ironie die Einführung einer einheitlichen Juristentracht in den Gerichten seines Territoriums:
„Wir ordnen und befehlen hiermit allen Ernstes, dass die Advocati wollene schwarze Mäntel, welche bis unter das Knie gehen, unserer Verordnung gemäß zu tragen haben, damit man diese Spitzbuben schon von weitem erkennt.“
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BGH – Mitteilung der Pressestelle Nr. 211/2008, 19.11.2008
„… Sie führte zur Aufhebung und Zurückverweisung des Verfahrens an das Berufungsgericht, weil das Berufungsgericht die Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast des Versorgers rechtsfehlerhaft überspannt hat.
…Beweis dafür kann er auch durch Zeugen anbieten. …“
>>Service/Verein >>energiepreis-runter >>News >BGH entscheidet – Protest geht weiter, 20.11.2008
„… Fragwürdig ist, dass nach BGH für den Beleg der Bezugskostensteigerung auch Beweis durch Zeugen angeboten werden kann. Das Tatgericht (das Landgericht) kann aber durchaus auf Vorlage von Unterlagen bestehen, wenn es den Zeugenbeweis für nicht ausreichend hält. …“
>>Energiepreis-Protest >>Gerichtsurteile zum Energiepreis-Protest >BGH, Urt. v. 19.11.2008, VIII ZR 138/07 – Erdgas-Tarifkunde, 20.11.2008 Dr. Aribert Peters, Unkel
Stellungnahme von Leonora Holling, Rechtsanwältin „…Kommt der Tatrichter zu dem Ergebnis, dass der bisherige Vortrag angeblicher Bezugskostensteigerungen für ihn nach dem Vortrag des Versorgers nicht überzeugend ist, bleibt der Weg zu einem Sachverständigengutachten ausdrücklich eröffnet. …“
Verbraucherzentrale Hamburg
(19.11.2008 ) BGH zur Kontrolle der Billigkeit von Gaspreisen: Kein Freifahrtschein für Gasversorger - Widerstand geht weiter
„… - Fragwürdig ist, dass nach BGH für den Beleg der Bezugskostensteigerung auch Beweis durch Zeugen angeboten werden kann. Es ist aber darauf hinzuweisen, dass das Tatgericht (das Landgericht) durchaus auf Vorlage von Unterlagen bestehen kann, wenn es den Zeugenbeweis für nicht ausreichend hält. Der BGH betont, dass bei der gerichtlichen Prüfung der Unterlagen das Geheimhaltungsinteresse des Versorgers zu berücksichtigen ist. Das könnte bedeuten, dass das Tatgericht entscheidet, die Öffentlichkeit von diesem Teil der mündlichen Verhandlung auszuschließen. …“
>>Energiepreis-Protest >>Gerichtsurteile zum Energiepreis-Protest >BGH, Urt. v. 19.11.2008, VIII ZR 138/07 – Erdgas-Tarifkunde, 19.11.2008
@RR-E-ft, RA Thomas Fricke, Jena „Änderung der Rechtsprechung im Widerspruch zu anderen BGH- Senaten … Der Versorger kann sich aller nach der ZPO zulässigen Beweismittel bedienen, so dass der Zeugenbeweis nicht ausgeschlossen ist. Nichts Neues. …“
>wie vor< 24.11.2008
@RR-E-ft, RA Thomas Fricke, Jena „…Ggf. aufzeigen, warum ein etwaig nachgewiesener Anstieg der Bezugskosten als überzogen angesehen wird (Entwicklung der Erdgasimportpreise (= Wert der Ware Erdgas an der deutschen Grenze)/ Großhandelspreise für Erdgas anhand amtlicher Feststellungen des BAFA und der BNetzA oder Börsennotierungen der EEX etc. , Senkung der Gasnetzkosten, zwischenzeitliche Entwicklung der durchschnittlichen Gasbezugs- und Gasabgabepreise der Vorlieferanten...). …“
Was soll der „Zeugenbeweis“ des BGH bewirken: Eine Umkehrung der Darlegungs- und Beweislast?
Die Auseinandersetzungen mit Sondervertragskunden haben die Versorger – durch die unzulässigen Preisanpassungsklauseln – verloren. Diese Botschaft ist bei der großen Mehrheit der Sondervertragskunden anscheinend noch gar nicht angekommen, sonst könnte es für die Versorger recht teuer werden.
Nun gilt es für die Versorger noch eine letzte Bastion zu sichern: die Tarifkunden.
Dabei ist ihnen der 8. Zivilsenat des BGH auch mit dem „Zeugenbeweis“ behilflich.
Wie fragwürdig der „Zeugenbeweis“ sein kann, hat sich gezeigt in einer Berufungsverhandlung am LG Osnabrück am 30.01.2008
>(B) Prozessverlauf skizziert nach Kurznotizen (http://forum.energienetz.de/thread.php?threadid=8913&sid=)
Das Amtsgericht Lingen hat auch zu diesem Thema seine unabhängige und eigenständige Rechtsfindung (siehe auch Urteilssammlung) beibehalten.
Der Rechtsanwalt eines auf Zahlung verklagten Verbrauchers hat den Beschluss des Amtsgerichts Lingen vom 04.11.2008 zur Veröffentlichung im Internet-Forum des BdE zur Verfügung gestellt.
>Amtsgericht Lingen beauftragt unabhängigen Sachverständigen (http://www.rcka.de/index.php?con_kat=4&con_art=149&con_lang=1)
Die Lingener Tagespost hat am 12.11.2008 in einer Pressenotiz berichtet:
„Amtsgericht: Unabhängige Prüfer zulassen“
Der Beschluss des Amtsgerichts Lingen liegt dem Bund der Energieverbraucher vor, ist aber in Urteilssammlung nicht enthalten.
Amtsgericht Lingen, Geschäfts-Nr.: 12 C 1143/08 (X)
Lingen, 04.11.2008
Beweis- und Hinweisbeschluss
„In dem Rechtsstreit Energieversorgung Emsbüren GmbH gegen -.-.
I. Es soll Beweis erhoben werden über folgende Fragen:
Hat die Klägerin mit den Gaspreiserhöhungen lediglich die gestiegenen Bezugskosten weitergegeben? Sind die Kostensteigungen nicht durch Einsparungen in anderen Bereichen ganz oder teilweise ausgeglichen worden?
durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens eines Sachverständigen, um dessen Benennung die Wirtschaftsprüferkammer NRW, Tersteegenstraße 14,40474 Düsseldorf-Golzheim, gebeten werden soll.
II. Der Sachverständige wird erst beauftragt, wenn die klagende Partei einen Kostenvorschuss von 2.500,- EUR eingezahlt hat. Die Anforderung eines etwa erforderlichen weiteren Kostenvorschusses bleibt vorbehalten. Zur Einzahlung wird eine Frist von 3 Wochen gesetzt. Nach Fristablauf kann die Partei mit dem Beweismittel ausgeschlossen werden.
III. Dem Interesse der Klägerin an der Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse wird wie folgt Rechnung getragen:
Der Sachverständige fordert die für das Gutachten benötigten Geschäftsunterlagen unmittelbar von der Klägerin an. Er setzt das Gericht hiervon in Kenntnis. Die Klägerin stellt ihm die Unterlagen vollständig zur Verfügung.
Der Sachverständige übersendet das fertige Gutachten zunächst nur an das Gericht und an die Klägerin. Die Klägerin legt gegenüber dem Gericht dar, an welchen Teilen des Gutachtens aus welchen Gründen ein Geheimhaltungsinteresse besteht. Auf dieser Grundlage trifft das Gericht die weiteren Entscheidungen, auf welche Weise die Geheimhaltung sichergestellt wird.
IV. Das Gericht weist auf folgendes hin.
1. Die Klage ist schlüssig. Dabei kann für die Entscheidung der Hauptsache nach dahinstehen, ob die Rechnung der Klägerin prüffähig ist. Etwaige Mängel sind durch die Klageschrift behoben.
2. Streitentscheidend ist damit allein die unter I. aufgeworfene Frage. Nach Auffassung des Gerichtes bleibt es auch bei Vorlage eines Testates dabei, dass die Klägerin für die Billigkeit der Erhöhung darlegungs- und beweispflichtig ist. Da der Kunde die Grundlagen des Testates und die einzelnen Berechnungsmethoden nicht kennt und diese ihm auch nicht im Einzelnen mitgeteilt werden müssen, kann er nicht substantiiert bestreiten.
3. Die streitentscheidende Frage ist auch nicht durch Vernehmung der beauftragten Wirtschaftsprüfer zu klären. Es stellt eine Sachverständigenfrage dar, ob nur die Bezugskosten weitergegeben werden. Es kommt nicht auf die Wahrnehmung der Zeugen an. Zur Klärung der Frage ist auch keine Prüfung der Glaubhaftigkeit geboten. Selbst wenn die Zeugen glaubhaft aussagen, dass nach ihren Berechnungen lediglich die Bezugskostensteigerungen weitergegeben worden sind, schließt dies nicht aus, dass sich die Zeugen verrechnet bzw. eine falsche Berechnungsmethode gewählt haben.
Die Parteien erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 3 Wochen.
Hardt, Richter am Amtsgericht“
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Original von enerveto
Nun gilt es für die Versorger noch eine letzte Bastion zu sichern: die Tarifkunden.
Dabei ist ihnen der 8. Zivilsenat des BGH auch mit dem „Zeugenbeweis“ behilflich.
(...)
Das Amtsgericht Lingen hat auch zu diesem Thema seine unabhängige und eigenständige Rechtsfindung (siehe auch Urteilssammlung) beibehalten.
(...)
Amtsgericht Lingen, Geschäfts-Nr.: 12 C 1143/08 (X)
Lingen, 04.11.2008
Beweis- und Hinweisbeschluss
„In dem Rechtsstreit Energieversorgung Emsbüren GmbH gegen -.-.
(...)
Der Beweisbeschluss ist vom 04.11. 2008. Wie kann das AG Lingen seine \"unabhängige Rechtsfindung beibehalten\" haben, wenn das BGH Urteil zur Zulässigkeit des Zeugenbeweises vom 19.11.2008 stammt?
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IMHO die wichtigste Feststellung überhaupt: Zeugen können die Wahrheit sagen, sich aber trotzdem irren!!!
Amtsgericht Lingen, Geschäfts-Nr.: 12 C 1143/08 (X)
3. Die streitentscheidende Frage ist auch nicht durch Vernehmung der beauftragten Wirtschaftsprüfer zu klären. Es stellt eine Sachverständigenfrage dar, ob nur die Bezugskosten weitergegeben werden. Es kommt nicht auf die Wahrnehmung der Zeugen an. Zur Klärung der Frage ist auch keine Prüfung der Glaubhaftigkeit geboten. Selbst wenn die Zeugen glaubhaft aussagen, dass nach ihren Berechnungen lediglich die Bezugskostensteigerungen weitergegeben worden sind, schließt dies nicht aus, dass sich die Zeugen verrechnet bzw. eine falsche Berechnungsmethode gewählt haben.
Damit dürfte der \"einfache\" Zeugenbeweis wohl hinfällig sein...
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Original von u.h.
Damit dürfte der \"einfache\" Zeugenbeweis wohl hinfällig sein...
Wenn der BGH auf einen Beschluss des AG Lingen hin - der vor dem letzten BGH Urteil erlassen wurde - noch einmal seine Rechtsauffassung ändert - dann schon ;)
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Original von Black
Original von u.h.
Damit dürfte der \"einfache\" Zeugenbeweis wohl hinfällig sein...
Wenn der BGH auf einen Beschluss des AG Lingen hin - der vor dem letzten BGH Urteil erlassen wurde - noch einmal seine Rechtsauffassung ändert - dann schon ;)
Ich sehe nicht dass der BGH eine andere Rechtsauffassung hätte:
Für den Fall, dass im weiteren Verlauf des Verfahrens der von der Beklagten angebotene Zeugenbeweis für die von ihr behauptete Bezugskostensteigerung nicht ausreichen sollte, um die Überzeugung des Tatrichters von dieser Tatsache zu begründen, und es deshalb der Einholung eines Sachverständigengutachtens bedürfen sollte, für das die Beklagten weitere Geschäftsunterlagen vorlegen müsste, ...
Der BGH schränkt den Tatrichter in dieser Hinsicht in seiner Entscheidungsfreiheit, dem Zeugenbeweis zu glauben oder nicht, nicht ein. Er legt nur fest dass das Geheimhaltungsinteresse des Gasversorgers bei der Wahrheitsfindung berücksichtigt werden muss.
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@BLACK
Der Beweisbeschluss ist vom 04.11. 2008. Wie kann das AG Lingen seine \"unabhängige Rechtsfindung beibehalten\" haben, wenn das BGH Urteil zur Zulässigkeit des Zeugenbeweises vom 19.11.2008 stammt?
Wie fragwürdig der „Zeugenbeweis“ sein kann, hat sich gezeigt in einer Berufungsverhandlung am LG Osnabrück am 30.01.2008
>(B) Prozessverlauf skizziert nach Kurznotizen
>LG Osnabrück Berufung 30.01.08, AG Lingen 13.11.06
Das Amtsgericht Lingen hat auch zu diesem Thema seine unabhängige und eigenständige Rechtsfindung (siehe auch Urteilssammlung) beibehalten.
>Urteil Amtsgericht Lingen vom 6. Februar 2008 - Az: 12 C 468/07 (X) (http://www.energieverbraucher.de/de/Service/Container_Urteilssammlung/site__2145/)
Eben:
Beibehalten auch nach der fragwürdigen Berufungsverhandlung am LG Osnabrück am 30.01.2008 mit Urteil am 20.02.2008 – 2 S 636/06, zum Urteil des AG Lingen vom 13.11.2006 – 12 C 423/06 (X).
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Original von enerveto
Eben:
Beibehalten auch nach der fragwürdigen Berufungsverhandlung am LG Osnabrück am 30.01.2008 mit Urteil am 20.02.2008 – 2 S 636/06, zum Urteil des AG Lingen vom 13.11.2006 – 12 C 423/06 (X).
Ich dachte Sie beziehen das \"Beibehalten\" auf den BGH.
Aber ist nicht das LG Osnabrück die Berufungsinstanz des AG Lingen und hat mitlerweile schon zwei Entscheidungen des AG Lingen (in denen das AG Lingen auch seine Meinung \"beibehalten\" hat) wieder aufgehoben? Hat nicht vor dem LG Osnabrück das EVU jedesmal dann doch gewonnen? Oder sind diese Urteile nicht bekannt?
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Original von Black
Hat nicht vor dem LG Osnabrück das EVU jedesmal dann doch gewonnen? Oder sind diese Urteile nicht bekannt?
@Black
Das LG Osnabrück hat als Berufungsgericht Urteile des Amtsgerichts Lingen zu Lasten der klagenden Verbraucher aufgehoben (siehe Gerichtsurteile im Forum). Es hat aber auch schon eine Berufung der Stadtwerke durch Beschluss zurückgewiesen (http://www.energieverbraucher.de/files.php?dl_mg_id=1001&file=dl_mg_1207818420.pdf), so dass ein Urteil des Amtsgerichts zu Lasten der Stadtwerke rechtskräftig wurde.
Ganz offensichtlich ist es nicht so, dass das EVU dann in der Berufung jedesmal obsiegt hätte.
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@BLACK
Aber ist nicht das LG Osnabrück die Berufungsinstanz des AG Lingen und hat mitlerweile schon zwei Entscheidungen des AG Lingen (in denen das AG Lingen auch seine Meinung \"beibehalten\" hat) wieder aufgehoben? Hat nicht vor dem LG Osnabrück das EVU jedesmal dann doch gewonnen? Oder sind diese Urteile nicht bekannt?
@RR-E-ft
Zu @Black Das LG Osnabrück hat als Berufungsgericht Urteile des Amtsgerichts Lingen zu Lasten der klagenden Verbraucher aufgehoben (siehe Gerichtsurteile im Forum). Es hat aber auch schon eine Berufung der Stadtwerke durch Beschluss zurückgewiesen, so dass ein Urteil des Amtsgerichts zu Lasten der Stadtwerke rechtskräftig wurde. Ganz offensichtlich ist es nicht so, dass das EVU dann in der Berufung jedesmal obsiegt hätte.
Bekannt sind folgende Verfahren:
AG Lingen Urteil vom 13.11.2006 – 12 C 423/06 (X), Kläger Verbraucher, Gaspreis § 315 BGB,
mit Berufung LG Osnabrück Urteil vom 20.02.2008 – 2 S 636/06;
AG Lingen Urteil vom 19.09.2007 – 12 C 993/06 (X), Kläger Verbraucher, Versorgungssperre,
mit Berufung LG Osnabrück Urteil vom 06.03.2008 – 5 S 503/07;
AG Lingen Urteil vom 04.10.2007 – 12 C 925/06 (XI), Kläger Versorger, Zahlung Gaspreis,
mit Berufung LG Osnabrück Verhandlung am 19.11.2008 – 2 S 326/08;
AG Lingen Urteil vom 06.02.2008 – 12 C 468/07 (X), Kläger Verbraucher, Gaspreis § 315 BGB,
mit Berufung LG Osnabrück Verhandlung sollte Ende Oktober 2008 stattfinden – Az. ?
Welche weiteren Urteile – außer AG Lingen 13.11.2006 - hat das LG Osnabrück denn bisher zu Lasten der Verbraucher aufgehoben?
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Das Urteil des AG Lingen vom 13.11.2006 – 12 C 423/06 (X) wurde mit Urteil des LG Osnabrück vom 20.02.2008 zu Gunsten des EVU aufgehoben.
Das Urteil des AG Lingen vom 06.02.2008 12 C 468/07 (X) wurde mit Urteil des LG Osnabrück vom19.11.2008 zu Gunsten des EVU aufgehoben.
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@ Black
.... und wie lautet das Aktenzeichen der II. Instanz (12 C 488/07)?
..... und was ist mit dem Verfahren 12 C 468/07 (X) ?
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@ tangocharly
Aktenzeichen wurden korrigiert statt 488/07 muss es 468/07 heißen.
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@Black
Das Urteil des AG Lingen vom 06.02.2008 12 C 468/07 (X) wurde mit Urteil des LG Osnabrück vom19.11.2008 zu Gunsten des EVU aufgehoben.
... und wie lautet nun hierzu das Aktenzeichen der 2. Instanz LG Osnabrück?
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AG Lingen Urteil vom 06.02.2008 – 12 C 468/07 (X), Kläger Verbraucher, Gaspreis § 315 BGB,
mit Berufung LG Osnabrück Urteil vom 19.11.2008 – 2 S 67/08.
Vorsitzender Richter wie Urteil vom 20.02.2008.
Verbraucher-/Klägeranwalt wie Urteil vom 20.02.2008.
Dieses Verfahren hatte vermutlich „das gleiche Strickmuster“ wie AG Lingen 13.11.06 – 12 C 423/06 (X) / LG Osnabrück 20.02.08 – 2 S 636/06.
In beiden Verfahren handelt es sich um Verbraucher / Kunden als Einzelkläger.
Der Versorger EWE Oldenburg hatte auch derartige Verfahren.
Der Kläger war schon in der mündlichen Verhandlung am AG Lingen zu 12 C 423/06 am 23.10.2006 - (aber zumindest namentlich benannt und aus Lingen) - nicht anwesend, wie dann auch später in der Berufungsverhandlung am 30.01.2008 als „unsichtbares Wesen“.
Zum Verfahren AG Lingen Urteil 06.02.2008 – 12 C 468/07 (X) / LG Osnabrück 20.02.08 – 2 S 636/06 ist noch anzumerken:
Erdgaslieferant der Stadtwerke Lingen GmbH ist die Erdgas Münster GmbH.
Gesellschafter der Erdgas Münster GmbH sind:
Aus \"Elektronischer Bundesanzeiger\":
Erdgas Münster GmbH, Münster Jahresabschluss zum 31. Dezember 2007 - Anhang zum 31. Dezember 2007,
1. Allgemeines Gesellschafter der Erdgas Münster GmbH (Erdgas Münster) sind:
BEB Erdgas und Erdöl GmbH, Hannover
ExxonMobil Gas Marketing Deutschland GmbH, Hannover
Gaz de France Produktion Exploration Deutschland GmbH, Lingen
RWE Dea AG, Hamburg
Wintershall Holding AG, Celle
Welchen Eindruck macht es, wenn bestätigen werden muss, dass der Kläger (Verbraucher/Kunde) in diesem Verfahren Mitarbeiter der Firma Gaz de France Produktion Exploration Deutschland GmbH, Lingen, ist?!
„Ein Schelm, der sich Böses dabei denkt.“
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Original von enerveto
Welchen Eindruck macht es, wenn bestätigen werden muss, dass der Kläger (Verbraucher/Kunde) in diesem Verfahren Mitarbeiter der Firma Gaz de France Produktion Exploration Deutschland GmbH, Lingen, ist?!
„Ein Schelm, der sich Böses dabei denkt.“
Ich verstehe Ihren Gedanken nicht ganz. Wie meinen Sie das? WER soll Mitarbeiter von Gaz de France sein?
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Original von enerveto
Der Beschluss des Amtsgerichts Lingen liegt dem Bund der Energieverbraucher vor, ist aber in Urteilssammlung nicht enthalten.
Amtsgericht Lingen, Geschäfts-Nr.: 12 C 1143/08 (X)
Lingen, 04.11.2008
Beweis- und Hinweisbeschluss
„In dem Rechtsstreit Energieversorgung Emsbüren GmbH gegen -.-.
I. Es soll Beweis erhoben werden über folgende Fragen:
Hat die Klägerin mit den Gaspreiserhöhungen lediglich die gestiegenen Bezugskosten weitergegeben? Sind die Kostensteigungen nicht durch Einsparungen in anderen Bereichen ganz oder teilweise ausgeglichen worden?
durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens eines Sachverständigen, um dessen Benennung die Wirtschaftsprüferkammer NRW, Tersteegenstraße 14,40474 Düsseldorf-Golzheim, gebeten werden soll.
II. Der Sachverständige wird erst beauftragt, wenn die klagende Partei einen Kostenvorschuss von 2.500,- EUR eingezahlt hat. Die Anforderung eines etwa erforderlichen weiteren Kostenvorschusses bleibt vorbehalten. Zur Einzahlung wird eine Frist von 3 Wochen gesetzt. Nach Fristablauf kann die Partei mit dem Beweismittel ausgeschlossen werden.
III. Dem Interesse der Klägerin an der Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse wird wie folgt Rechnung getragen:
Der Sachverständige fordert die für das Gutachten benötigten Geschäftsunterlagen unmittelbar von der Klägerin an. Er setzt das Gericht hiervon in Kenntnis. Die Klägerin stellt ihm die Unterlagen vollständig zur Verfügung.
Der Sachverständige übersendet das fertige Gutachten zunächst nur an das Gericht und an die Klägerin. Die Klägerin legt gegenüber dem Gericht dar, an welchen Teilen des Gutachtens aus welchen Gründen ein Geheimhaltungsinteresse besteht. Auf dieser Grundlage trifft das Gericht die weiteren Entscheidungen, auf welche Weise die Geheimhaltung sichergestellt wird.
IV. Das Gericht weist auf folgendes hin.
1. Die Klage ist schlüssig. Dabei kann für die Entscheidung der Hauptsache nach dahinstehen, ob die Rechnung der Klägerin prüffähig ist. Etwaige Mängel sind durch die Klageschrift behoben.
2. Streitentscheidend ist damit allein die unter I. aufgeworfene Frage. Nach Auffassung des Gerichtes bleibt es auch bei Vorlage eines Testates dabei, dass die Klägerin für die Billigkeit der Erhöhung darlegungs- und beweispflichtig ist. Da der Kunde die Grundlagen des Testates und die einzelnen Berechnungsmethoden nicht kennt und diese ihm auch nicht im Einzelnen mitgeteilt werden müssen, kann er nicht substantiiert bestreiten.
3. Die streitentscheidende Frage ist auch nicht durch Vernehmung der beauftragten Wirtschaftsprüfer zu klären. Es stellt eine Sachverständigenfrage dar, ob nur die Bezugskosten weitergegeben werden. Es kommt nicht auf die Wahrnehmung der Zeugen an. Zur Klärung der Frage ist auch keine Prüfung der Glaubhaftigkeit geboten. Selbst wenn die Zeugen glaubhaft aussagen, dass nach ihren Berechnungen lediglich die Bezugskostensteigerungen weitergegeben worden sind, schließt dies nicht aus, dass sich die Zeugen verrechnet bzw. eine falsche Berechnungsmethode gewählt haben.
Die Parteien erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 3 Wochen.
Hardt, Richter am Amtsgericht“
Was wurde aus der Sache? Ist der Versorger dem Beschluss nachgekommen?