Forum des Bundes der Energieverbraucher
Energiepreis-Protest => Grundsatzfragen => Thema gestartet von: meggie64 am 29. Oktober 2008, 14:43:02
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Was macht man sinnvollerweise, wenn das von den Stadtwerken als Gasversorger angegangene Amtsgericht den vom beklagten Verbraucher gestellten Verweisungsantrag (an die wohl zuständige Kammer für Handelssachen beim LG) ignoriert und bereits terminiert hat? Darüber entschieden hat es noch nicht, das AG ist vielmehr mit keinem Wort darauf eingegangen. Läßt man es einfach laufen, dann eben vor dem AG? Wo liegt eigentlich der zwingende Vorteil einer Verhandlung vor dem LG (Berufungsmöglichkeit? Kompetentere Richter?)
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@meggie64
Man muss in Klageerwiderung und in der ersten mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht die Unzuständigkeit des Amtsgerichts (zu Protokoll!) rügen.
Kommt das Amtsgericht zu der Auffassung, dass es unzuständig ist und stellt das klagende Versorgungsunternehmen keinen Verweisungsantrag, ist die Klage als unzulässig abzuweisen.
Der beklagte Kunde muss also die Unzuständigkeit rügen, der Versorger muss einen Verweisungsantrag stellen. Vor den Kammern für Handelssachen beim LG herrscht Anwaltszwang. Die Fallzahlen sind geringer als an den Amtsgerichten. Die erstrebte Konzentration lässt eine gründlichere Prüfung erwarten. Über die Berufung entscheidet die Kartellkammer des OLG, über die Revision der Kartellsenat des BGH.
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Hallo Herr Fricke,
andere Baustelle, gleiches Thema:
Der Richter am Amtsgericht hat in unserem Fall mitgeteilt, dass das Gericht von der Zuständigkeit des AG ausgeht und eine gesonderte Verhandlung und Entscheidung über die Zuständigkeit nicht angeordnet wird.
Die Gegenseite hat die Zuständigkeitsrüge für nicht begründet erachtet und diverse Entscheidungen hierzu vorgelegt.
Macht es nun Sinn, dem Gericht andere Entscheidungen, die eine Verweisung ans Landgericht begründen, vorzulegen?
Vielen Dank,
Pölator
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@Pölator
Es macht nicht nur Sinn, sondern ist tunlichst geboten, dem Gericht Entscheidungen vorzulegen, wonach die KfH beim LG zuständig ist. Dem Bund der Energieverbraucher liegt eine Vielzahl solcher Entscheidungen vor, wonach wegen § 102 EnWG für eine Billigkeitskontrolle die ausschließliche Zuständigkeit des Landgerichts begründet ist.
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@Fricke
Danke für die prompte Anwort! Wo finde ich diese Entscheidungen, bzw. soll ich mich direkt an den BdE wenden. Dieser ist über meinen Fall informiert... .
Pölator
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@Pölator
Ich gehe davon aus, dass die in der Anwaltsliste des Vereins aufgeführten Kollegen über die entsprechenden Entscheidungen verfügen. Jedem Verbraucher steht es frei, einen solchen Kollegen mit seiner Verteidigung zu beauftragen.
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Das Verfahren zwecks Weiterverweisung läuft , vom Amtsgericht ausgehend, zunächst nach § 96 Abs. 2 GVG (http://www.buzer.de/gesetz/6164/a85108.htm). D.h., der Kläger muß einen Antrag auf Verweisung an die Kammer f. Handelssachen stellen.
Stellt der Kläger den Verweisungsantrag nicht, so kann der Beklagte Verweisungsantrag gem. § 98 Abs. 1 Satz 1 GVG (http://www.buzer.de/gesetz/6164/a85110.htm) stellen.
Der Antrag muß vor der Verhandlung des Antragstellers zur Sache (d.h. am Beginn der mdl. Verhandlung) zu Protokoll gestellt (erklärt) werden oder im schriftlichen Verfahren innerhalb der vom Richter gesetzten (Erwiderungs-) Fristen, § 101 Abs. 1 GVG (http://www.buzer.de/gesetz/6164/a85113.htm).
Nun kommt der Richter ins Spiel: Über den Verweisungsantrag ist vorab zu entscheiden. Der Antrag kann ohne mündliche Verhandlung beschieden werden, § 101 Abs. 2 GVG (http://www.buzer.de/gesetz/6164/a85113.htm).
Ergo: Kann der Richter nicht einfach \"weiter wursteln\"; d.h. er muß den Parteien Klarheit über die weitere Vorgehensweise verschaffen.
Aber: auch wenn es sich bei der Zuständigkeit nach §§ 102, 108 EnWG um eine \"ausschließliche\" handelt, immer daran denken, die Rüge der Zuständigkeit - zur Sicherheit - fristgerecht erfolgen zu lassen.
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@Fricke
Guten Morgen nach Jena!
Ich werde anwaltlich vertreten, dieser gehört jedoch nicht zur Anwaltsliste. Er ist aktiv in unserer Ortsgruppe, selbst Verweigerer und somit hoch motiviert. Wir sind übereingekommen, dass ich ihm, soweit es mir als juristischer Laie möglich ist, mit Informationen zuarbeite, auch nur auf Verdacht dass er diese noch nicht habe.
Ich werde mich einfach mal beim BdE kundig machen.
Viele Dank aber schon für die Hinweise!
@tangocharly
Siehe bitte oben.
Die juristische Vorgehensweise ist bekannt, nur ein bisschen mehr Munition schadet nie in der Hinterhand....
Einen schönen Tag noch,
der
Pölator
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Vielen Dank für Ihre Antwort. Dann ist also noch nichts entschieden. Den Verweisungsantrag habe ich schriftlich wiederholt unter Nennung einiger einschlägiger Entscheidungen, die ich dem AG freundlicherweise in Kopie beigefügt habe. In der mündlichen Verhandlung wird dann der Antrag sicherheitshalber wiederholt und die Sache hoffentlich sodann verwiesen. Für sonderlich prozessökonomisch halte ich das nicht (unnötiger Termin), aber anscheinend kann man da nichts machen.
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Speziell für § 315 BGB Verfahren gibt es leider noch immer eine Vielzahl von Landgerichten, die eine Sonderzuständigkeit des Landgerichts nach § 102 EnWG ablehnen und an die Amtsgerichte verweisen. Trotz Begründung der Zuständigkeit.
Insoweit herrscht derzeit praktisch Rechtsunsicherheit.
Es gibt Landgerichtentscheidungen die § 102 EnWG bejahen.
Es gibt Landgerichtsentscheidungen die § 102 EnWG verneinen und an die Amtsgericht verweisen.
Es gibt Amtsgerichte, die ihre Zuständigkeit verneinen und an das Landgericht verweisen.
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@Black
Wir sind uns wohl einig darüber, dass der Beschluss des LG Lüneburg vom 14.10.2008 zutreffend ist, wonach es sich um eine Sache handelt, die gem. §§ 108, 102 EnWG in die ausschließliche Zuständigkeit der Kammer für Handelssachen beim Landgericht gehört.
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Ja, wir sind uns darüber einig. Aber bei allen Landgerichten scheint dies noch nicht der Fall zu sein.
Sind neben dem Urteil des LG noch weitere Entscheidungen hierzu bekannt?
Ich hätte noch OLG Koblenz v. 09.02.07 W 50/07, LG Mönchengladbach, 10.07.2006 7 O 113/05 sowie AG Erfurt vom 12.03.2008, 5 C 1938/07) zu bieten.
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Auch noch:
ZNER 207, Heft 2, Seite 161
\"Die sachliche Zuständigkeit deutscher Gerichte im Rahmen des Billigkeitseinwandes bei Strom und Gas\"
Rechtsanwältin Leonore Holling, Düsseldorf und Dr. Aribert Peters, Vorsitzender des Bundes der Energieverbraucher e.V., Unkel
LG Köln, Urteil v. 11.01.2007 - 84 O 106/06;
LG Limburg, Urteil v. 24.09.2007 - 5 O 56/07;
OLG Braunschweig, Beschluss v. 15.08.2007 - 1 W 43/07;
AG Reutlingen, Beschluss v. 18.01.2008 - 14 C 1820/07;
LG Ravensburg, Urteil v. 13.03.2008 - 4 O 350/07.
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Hallo,
nur kurz zum Sachstand: das AG hat den Termin zur mündlichen Verhandlung aufgehoben zur \"Klärung der Zuständigkeit vorab\". Der Richter hat sich wohl erst einlesen müssen. Auch der Klägervertreter hat um Fristverlängerung seiner Stellungnahme gebeten, wegen \"der Komplexität des Streitstoffes\" müsse er noch \"weitere Erkundigungen einholen\". Aha.
Gruß
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Hallo meggie64,
es wäre nett, wenn Sie ihre angesprochenen \"Entscheidungen\" zur Verweisung ans LG hier nennen könnten.
So hätten andere Betroffene eine kleine Sammlung, die sich im Ernstfall als nützlich erweisen könnte.
Ich habe mich, wie von Hr. Fricke vorgeschlagen, direkt an den Bund der Energieverbraucher, dessen Mitglied ich bin, gewandt, mit Hinweis auf höchste Dringlichkeit. Nur leider ist dies bereits vor fast 14 Tagen geschehen und habe ich seidher immer noch keine Antwort bekommen.
In meinem Fall hat nun das Amtsgericht die Frist verlängert, da sich der Richter offensichtlich noch nicht entscheiden kann oder will.
Schönen Tag noch,
Pölator
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Morgen,
mit Beschluß vom 11.12.2008 hat sich das AG Neuburg für sachlich und örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit antragsgemäß an das LG Ingolstadt - Kammer für Handelssachen - verwiesen.
Begründung: \"Sogar nach der Stellungnahme der Klägerin betrifft der vorliegende Rechtsstreit durchaus \"Randaspekte\" des EnWG, so dass eine ausschließliche Zuständigkeit des LG gegeben ist. Im Rahmen der Anwendung des § 315 BGB ist in jedem Fall der Zweck des EnWG, nämlich das Gebot der möglichst preisgünstigen Energieversorgung, zu berücksichtigen.\"
Das Az.: 1 C 273/08
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Hall Meggie,
könnten Sie bitte die von Ihnen angeführten Urteile bzw. Beschlüsse zur Verweisung hier veröffentlichen?
Es gibt immer wieder Amtsgerichte, die sich in ihrere Meinung nicht beirren lassen, sie seien zuständig und da hilft gute Munition doch am Besten!
Vielen Dank,
der Pölator
der selber gerade davon betroffen ist...
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Hier noch eine Verweisung:
Original von Gasalarm2
Nach neuesten Informationen hat sich das Amtsgericht Neuburg (nach Antrag des Beklagten) für sachlich unzuständig erklärt.
Nun liegt der Fall bei der Kammer für Handelssachen beim LG Ingolstadt.
Gruß vom Gasalarm
Original von Gasalarm2
Verhandelt wird vor der Kammer für Handelssachen.
Das Az ist AG ND: Beschluss vom 08.12.2008, 1C 273/08.
Gruß vom Gasalarm
Rob
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was mich in diesem Zusammenhang noch interessiert. Wenn ich einen Antrag auf Verweisung stelle, kann ich mir dann irgendein LG aussuchen,
an dem ich verhandeln will, muss ich überhaupt ein LG namentlich im Antrag benennen oder muss ich zwingend das LG nehmen, in dessen Bezirk das AG liegt?
Genauso, ist der Richter frei, kann der die Sache an irgeneind LG verweisen?
Gruß Opa Ete
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Es gibt kein Wünsch- Dir- was.
Nach § 102 EnWG ist ein bestimmtes Landgericht zuständig. Nach § 103 EnWG kann es sich auch um ein Landgericht für verschiedene Landgerichtsbezirke handeln. Es kommt also grundsätzlich darauf an, zu welchem Landgerichtsbezirk das Amtsgericht gehört.
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Siehe IR 1/10 S. 2 (http://rsw.beck.de/rsw/upload/IR/01_2010_inhalt.pdf)
Herr Kollege Wollschläger BBH Berlin vertritt regelmäßig Versorger.
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Original von RR-E-ft
Siehe IR 1/10 S. 2 (http://rsw.beck.de/rsw/upload/IR/01_2010_inhalt.pdf)
Herr Kollege Wollschläger BBH Berlin vertritt regelmäßig Versorger.
Ist bekannt. Aber, was für eine Auffassung vertritt er denn im Tenor 8).
(Vermutlich die, dass man bei den Amtsgerichten die Billigkeitskontrolle am Leichtesten tot bekommt 8o )
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Die Frage kann er uns hier selbst beantworten. ;)
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Original von RR-E-ft am 29.10.2008 13:57 Uhr (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=48555#post48555)
Man muss in Klageerwiderung und in der ersten mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht die Unzuständigkeit des Amtsgerichts (zu Protokoll!) rügen.
Leider ist es nicht immer so einfach für manchen Richter, seine Zuständigkeit oder Unzuständigkeit zu erkennen. Bei mir hat der Amtsrichter trotz mehrfacher schriftlicher und mündlicher Rüge seiner Zuständigkeit ein Urteil gefällt. Erst in der Berufungsinstanz am Landgericht Würzburg wurde der Fehler korrigiert, weil \"das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist.\" Der Fall wird jetzt nach § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO (http://dejure.org/gesetze/ZPO/538.html) erneut zum Amtsgericht zurückverwiesen mit der Auflage, dass das Kartellgericht Nürnberg-Fürth sachlich zuständig ist.
Mit 115 Seiten an Schriftsätzen allein von meiner Seite als beklagter Verbraucher in 2 Instanzen und rund 1,5 Jahre später befinde ich mich jetzt am Ausgangspunkt des Verfahrens. Details lassen sich nachlesen unter http://www.ra-bohl.de/html/strompreise.html (http://www.ra-bohl.de/html/strompreise.html), wobei es nicht nur um Strompreise geht, sondern auch um die Entgelte für Gas und Trinkwasser. Leider fehlen auf der angegebenen Homepage der Würzburger Kanzlei Bohl & Coll. noch zwei wichtige Schriftsätze, die sich vertieft und ausschließlich mit Kartellrechtsfragen beschäftigen. Die fehlenden Schriftsätze werden hoffentlich bald auf der Homepage ergänzt. Über weitere Einzelheiten werde ich in ein paar Wochen in der Rubrik Stadt/Versorger unter WVV - Würzburger Versorgungs- und Verkehrs-GmbH » Würzburger Energiepreise vor gerichtlicher Billigkeitsprüfung und mehr (http://forum.energienetz.de/thread.php?threadid=12258) berichten, sobald am OLG Bamberg das Klageerzwingungsverfahren gegen den Würzburger Amtsrichter wegen Rechtsbeugung abgeschlossen ist. Außerdem werde ich dort auch über den Ablauf am Amtsgericht Würzburg 2010 informieren.
Viele Grüße
Lothar Gutsche
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Ich bin beim wiederholten Durchsuchen des Forums nach für uns relevanten Fragestellungen auf diesen Thread gestoßen und habe zwei Fragen - eine eher grundsätzliche und eine speziellere....
Fragen
1. Gilt diese Zuständigkeit des LG nur bei Billigkeitfragen oder auch wenn geklärt werden, ob man Tarifkunde oder Sondervertragskunde ist.
2. Die zweite Frage bezieht sich darauf, ob man bei folgender Vorgeschichte immer noch die Zuständigkeit des AG rügen kann oder sollte.
Unser EVU hat gegen uns und offensichtlich an viele andere Widerspruchskunden Ende 2008 gerichtliche Mahnverfahren zu den gekürzten Zahlungen initiiert. Dem haben wir fristgerecht widersprochen. Wir wurden dann 2 Monate später informiert, dass das Verfahren an das LG Magdeburg abgegeben wurde.
Ein Vierteljahr später erhielten wir zur Kenntnisnahme eine Kopie eines Schreibens and die EVU-Anwälte inkl. einer Entscheidung des OLG Naumburg. Es ging darum, dass das EVU versucht hatte, mehrere Verfahren gegen Widerspruchskunden zusammenzufassen. Dieses hatte das LG Magdeburg abgelehnt, zuvor hatte wohl auch schon das Mahngericht eine gemeinschaftliche Inanspruchnahme versagt. Mit der Beschwerde dagegen sind die Anwälte vor dem OLG dann auch gescheitert. Im Schriftsatz der EVU-Anwälte wird sich unter anderem dagegen gewendet, dass das LG das Vorliegen von Voraussetzungen nach §102 EnWG verneint hat.
Anfang August erhielten wir dann ein Schreiben des LG Magdeburg zur Kenntnisnahme, in dem das LG den EVU-Anwälten sagt, dass es eine Verweisung an das zuständige AG beantragen sollen. Im September wurden wir informiert, dass dieses nun geschehen ist…
Hätte man an diese Stelle bereits dieses als Beklagter wiederum die Zuständigkeit es AG rügen müssen, oder wäre das sinnlos gewesen?
Unser Verfahren ruht nun, weil das AG (wie auch mehrere umliegende AGs) mit Klagen überschüttet wurde und beschlossen hat, ein Musterverfahren zu führen. Inzwischen zeigt sich aber, dass die AG mit den Sachfragen doch irgendwie überfordert zu sein scheinen. In Schönebeck und Zerbst sind zwei fragwürdige Urteile zugunsten des EVU ergangen (Aktenzeichen können wir für die Urteilssammlung liefern), mindestens eines davon ist nach unsereren Informationen nicht rechtskräftig und wird in Revision gehen. Leider ist bei uns der Streitwert unter 600€, so dass uns bei einem ähnlich fragwürdigen Urteil eine Revision wohl versagt bliebe.
Deshalb wäre es interessant zu wissen, ob man immer noch versuchen könnte, wieder vor das mglw. sachkundigere LG zu kommen!
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Empfehlung zum Nachlesen:
OLG Frankfurt, Beschluss vom 15.04.2008 - 21 AR 15/08; OLG München, Beschluss vom 15.05.2008 - AR (K) 7/09, zitiert nach Juris; LG Braunschweig, Beschluss vom 17.08.2009, Az. 22 O 1395/09. Kurze Antwort daraus: Die AG sind zuständig, wenn es sich um Zahlungsforderungen handelt.
Übrigens: Nach einem erstinstanzlichen Urteil steht Ihnen als Rechtsmittel die \"Berufung\" offen, nicht die Revision (§ 511 (1) ZPO).
Wenn der Streitwert unter 600 € liegt, können Sie ja die Zulassung der Berufung im Urteil beantragen (§ 511 (2) ZPO).
Nutzen Sie doch die Möglichkeit der (Eventual-) Widerklage, wenn Sie ggf. Rückforderungsansprüche geltend zu machen haben. Billiger können Sie nicht zur Befriedigung Ihrer Forderungen (zu einem Titel) kommen.
MfG
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Original von Didakt
Empfehlung zum Nachlesen:
OLG Frankfurt, Beschluss vom 15.04.2008 - 21 AR 15/08; OLG München, Beschluss vom 15.05.2008 - AR (K) 7/09, zitiert nach Juris; LG Braunschweig, Beschluss vom 17.08.2009, Az. 22 O 1395/09. Kurze Antwort daraus: Die AG sind zuständig, wenn es sich um Zahlungsforderungen handelt.
Na ja, genau das ist ja der Knackpunkt: Die Versorger, die vor dem AG klagen, behaupten ALLE, es ginge ja nur um ihre Zahlungsforderung und somit sei das AG zuständig. Danach käme eine LG-Zuständigkeit bei Endverbraucher-Vertragsverhältnissen NIE zustande. Die verhandelten Verfahren vor dem Kartellrechtssenat des BGH (vor den man nur kommt, wenn man die Kartellrechtliche Schiene über § 102 EnWG nimmt) sprechen aber eine andere Sprache.
Meiner Meinung nach ist die Angemessenheit (Billigkeit, § 315 BGB) der Preise eine Sache des EnWG (also LG-Zuständigkeit), während die Frage der unwirksamen Preisanpassungsklausel (§ 307 BGB) keine solche Frage sein dürfte.
Da sich aber auch der VIII. BGH-Senat (leider) schon zur Grundversorgung geäußert hat, ist zu erkennen, dass auch dort die Sache nicht ganz klar ist.
Im vorliegenden Fall der Entscheidung ob ein Sondervertrag oder die gesetzliche Grundversorgung vorliegt, sehe ich durchaus eine Problematik, dass sauber zu entscheiden. Möglicherweise, indem man im Falle der Bejaung des Grundversorgungsvertragsverhältnisses die Verweisung ans LG beantragt. Ob dem natürlich gefolgt wird, ist eine ganz andere Sache, wie zahlreiche Gerichtsurteile zeigen. Einige hat Didakt ja schon genannt. Es gibt aber durchaus auch Gegenbeispiele. Eine Garantie für die richtige Entscheidung gibt\'s sowieso nicht, da manchmal durchaus die AG verbraucherfreundlicher oder sachkundiger entscheiden als die LG.
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@bolli
Da sich aber auch der VIII. BGH-Senat (leider) schon zur Grundversorgung geäußert hat, ist zu erkennen, dass auch dort die Sache nicht ganz klar ist.
Das ist nicht ausschlaggebend. Denn wenn, wie so häufig, das AG seine Zuständigkeit bejaht hat, danach der Fall zum Landgericht -Zivilkammer- gewandert ist, das LG die Revision zugelassen hat, dann hängt der Fall beim VIII. Senat an (das ist wie ein Automat).
Der Hintergrund ist der, dass sich das LG eben mit der Zuständigkeitsfrage wegen § 513 Abs. 2 ZPO nicht mehr mit jener befassen muß.
Interessant wird die Sache aber dennoch und zwar da (http://forum.energienetz.de/thread.php?threadid=13578)
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@ bolli,
o. k., keine Gegenrede zu Ihren Ausführungen. Es ist halt schwierig, zu einem konkreten Fall, wie hier von ub40 vorgetragen, Stellung zu beziehen, wenn einem nähere Einzelheiten nicht bekannt sind.
@ ub40
Ich wundere mich z. B., dass ein zentrales Mahngericht diese Mahnsache nicht an das zuständige AG, sondern zur Durchführung des streitigen Verfahrens gleich an das LG abgibt. Es kommt auch nicht klar zum Ausdruck, ob schon eine Klage anhängig ist. Keinesfalls ist zu unterstellen, die AG seien für die hier in Rede stehenden Verfahren nicht sachkundig genug.
M. E. kommt es entscheidend darauf an, wie man die eigene Rechtslage/Vertragslage selbst einschätzt. Dafür hat jedermann an sich genügend Anhaltspunkte. Mir scheint, im vorliegenden Fall wirkt ein RA noch gar nicht mit, sonst könnte dieser ja die anstehenden Fragen konkret sachkundig beantworten.
Wenn eine unwirksame Preisanpassungsklausel ausscheidet, würde ich als einzeln Beklagter sehr wohl überlegen, ob ich bei einem Streitwert unter 600 € alle Register zöge, um durch die Instanzen zu ziehen. Das kann im Rahmen der Billigkeitsfeststelllung ein sehr teures Verfahren werden. Dann lieber ein Endurteil des AG mit den ggf. zu tragenden Konsequenzen. Schon das könnte teuer werden, wenn ich mich als Beklagter auf eine Gutachtenerstellung einlasse.
Die Kosten-/Nutzenabwägung ist jedermanns eigene Sache.
MfG
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@ Didakt, @ Tangocharly, @ bolli
Zunächst Danke für die Informationen, Lesehinweise, Links etc.
Wieder einiges gelernt…..
Nun zu den letzten Anmerkungen von Didakt:
Didakt: „Ich wundere mich z. B., dass ein zentrales Mahngericht diese Mahnsache nicht an das zuständige AG, sondern zur Durchführung des streitigen Verfahrens gleich an das LG abgibt.“
Antwort: Wir haben uns auch etwas gewundert, aber da etliche Verfahren der „Widerspüchler“ vor LG gelandet sind, auch wieder auch nicht zu sehr. Noch mehr haben wir uns dann über Post vom OLG gewundert….
Didakt: „Es kommt auch nicht klar zum Ausdruck, ob schon eine Klage anhängig ist.“
Antwort: Prinzipiell ja, nur ruht alles, wie ausgeführt, bis im Musterverfahren entschieden wurde. Wir sehen hier einen Knackpunkt. Die EVU-Anwälte haben offensichtlich relativ gleich lautende Klageschriften gegen die einzelnen Kunden eingereicht, nachdem Ihnen die Sammelklage verwehrt wurde. Deshalb hat das AG wohl auch gemeint, eine Musterverfahren führen zu müssen. Nun ist es so, dass sich abzeichnet, dass es doch Unterschiede gibt, so auch in der Substanz, die dem EVU entgegengebracht werden kann, in der anwaltlichen Vertretung etc….
Wir wissen z.B., dass im Musterfall bestimmten Behauptungen der EVU-Anwälte nicht substantiviert entgegnet werden konnte, weil Unterlagen fehlen….(z.B. zum Status des Kunden).
Wir haben nun erhebliche Bedenken, dass sich das AG im Musterfall eine Meinung bildet, die dann selbst bei substantivierteren Belegen nicht ausräumen werden kann. Der Richter wird wohl kaum eingestehen, im Musterverfahren die Sache vielleicht doch falsch eingeschätzt zu haben. Und schon hat man schlechtere Chancen.
Didakt: „Keinesfalls ist zu unterstellen, die AG seien für die hier in Rede stehenden Verfahren nicht sachkundig genug.“
Das würde ich primär auch nicht tun, allerdings wurde uns schon bei einer ersten Rechtsberatung bei einer Anwältin aus der BdEV-Liste nahegelegt, zu versuchen, das Verfahren an das LG verweisen zu lassen. Meine Frage, ob das überhaupt mgl. ist, wenn das LG den EVU-Anwälten dringend nahe gelegt hat, die Sache vor das AG zu bringen, hat leider bisher noch niemand aufgegriffen.
Außerdem haben wir von einem Prozess vor dem AG Schönebeck, das die EVU-Anwälte für sich verbuchen konnten, das aber nicht rechtskräftig ist, einiges erfahren. Hier wurde ohne mit der Wimper zu zucken, entschieden, dass die Kunden Tarifkunden seinen, obwohl es starke Belege dafür gibt, dass sie Sondervertragskunden sind. Es wurden rechnerisch fehlerhafte Wirtschaftsprüfertestate als Belege für die Billigkeit akzeptiert und es gab noch mehr Seltsamkeiten. Es soll hier ein Urteil gefällt worden sein, obwohl das Gericht einräumte, das alles nicht verstanden zu haben. Dieses und ein weiteres, gleichermaßen seltsames Urteil sind natürlich gleich von den EVU-Anwälten im Musterprozess vor dem für uns zuständigen AG verwendet worden (obwohl sie nicht rechtkräftig sind).
Didakt: „M. E. kommt es entscheidend darauf an, wie man die eigene Rechtslage/Vertragslage selbst einschätzt. Dafür hat jedermann an sich genügend Anhaltspunkte. Mir scheint, im vorliegenden Fall wirkt ein RA noch gar nicht mit, sonst könnte dieser ja die anstehenden Fragen konkret sachkundig beantworten.“
Antwort: Wir glauben, durchaus genug „Futter“ zu haben, um Paroli bieten zu können (mal endlich eine positive Folge meiner gewissen Messie-Ader). Ein lokaler RA ist eingeschaltet, es gibt jedoch nur sporadischen Kontakt, solange unser Verfahren ruht (bisher gab es auch keine Klagerwiderung unsrerseits, keine weiteren Schriftwechsel – es ist alles aufgeschoben. Eine Rechtberatung mit einem einer Anwältin aus der BdEV-Liste gab es; wir sind jedoch am Überlegen, ob wir nicht doch das Verfahren von einem spezialisierten Anwalt betreiben lassen, auch wenn das Honorar den Streitwert überschreitet.
Didakt: „Wenn eine unwirksame Preisanpassungsklausel ausscheidet, würde ich als einzeln Beklagter sehr wohl überlegen, ob ich bei einem Streitwert unter 600 € alle Register zöge, um durch die Instanzen zu ziehen. Das kann im Rahmen der Billigkeitsfeststellung ein sehr teures Verfahren werden. Dann lieber ein Endurteil des AG mit den ggf. zu tragenden Konsequenzen. Schon das könnte teuer werden, wenn ich mich als Beklagter auf eine Gutachtenerstellung einlasse.“
Antwort: Das ist alles klar! Billigkeitsfeststellung – nur hilfsweise. Mit der Gutachterstory muß sich wohl nun schon der Musterbeklagte auseinandersetzen; mglw. gibt er auf….
Didakt: „Die Kosten-/Nutzenabwägung ist jedermanns eigene Sache.“
Antwort: Sicher, es können sich auch nicht alle leisten, es „um das Prinzip gehen zu lassen“.
Wie dumm, dass wir sparsam mit dem Energieträger Gas umgegangen sind und deshalb die Kosten/Nutzen-Rechnung ungünstig ist.
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@ub40
Sie mögen zwar grundsätzlich Recht haben mit Ihrer Vermutung, dass nach einem durchgeführten (Muster-)Verfahren vor dem AG der Richter vermutlich eine gewisse Meinung hat, aber
1. ergeht Ihnen das vor dem LG genauso, wenn das EVU, wie in verschiedenen Fällen geschehen, direkt massenweise Klagen anstrengt. Auch hier haben die Richter, da es ja meist nur eine Kammer für Handelssachen gibt, gewisse Vorerfahrungen. Die können Sie ihnen kaum nehmen und müssen auf die richterliche Neutralität und Unvoreingenommenheit hoffen.
2. Es gibt letztlich kein (Muster-)Verfahren und in jedem Verfahren fängt man wieder bei Null an, dass muss halt einem Richter klar gemacht werden, und zwar durch dedizierte Tatsachenvorträge zu einzelnen, möglicherweise strittigen Sachverhalten und Rechtsstandpunkten aus anderen, möglicherweise auf den ersten Blick ähnlichen Verfahren. Da muss man gezielt drauf hin arbeiten und daher ist ein versierter Anwalt durchaus sehr zu empfehlen, insbesondere, wenn es um die Billigkeit der Preise geht, da geht es nämlich ans eingemachte der Zahlen und gerade hier haben Richter oft gewisse Schwächen, die man ihnen überwinden helfen muss. :D
Bei dem Streitwert und dem Vergleich zu den Anwaltkosten sei noch erwähnt, dass das EVU ja meist absichtlich nur einen ersten Teil seiner Forderung geltend macht (um den Streitwert gering zu halten und die Zuständigkeit auf AG-Ebene zu halten), dass aber meist ja höhere Forderungen im Hintergrund stehen. Wenn Sie erstmal den Prozess wegen der Forderungen aus 2006 verloren haben, wird morgen die Restforderung aus 2007-2009 auf dem Tisch liegen. Da ja gerade schon mal festgestellt wurde, dass man nicht im Recht ist (aus Sicht des Gerichtes) wird man wahrscheinlich nicht nochmals den Klageweg beschreiten, schon gar nicht, wenn das EVU wieder auf der gleichen Zuständigkeitsebene bleibt, indem es den Forderungsbetrag wieder passend stückelt.
Daher müssen Sie immer das Ganze sehen. Und mit einer Rechtsschutzversicherung im Rücken, die eine Deckungszusage gegeben hat, sind auch die Gutachterkosten bei einer Billigkeitsprüfung kein Schreckgespenst.
Ich gebe allerdings zu, dass ich ohne eine solche auch zweimal überlegen würde, ob ich dass nicht unerhebliche finanzielle Risiko, insbesondere bei der Billigkeitsprüfung, auf mich nehmen würde.
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@ bolli:
Es ist mir aus dem Verfolgen der anderer Verfahren auch bewußt, dass entweder das Urteil, so man gegen das EVU verloren hat, auf weitere Forderungen ausgeweitet wird oder diese sogar noch in das Verfahren einbezogen werden. Aufgrund des sparsamen Gasverbrauches liegen wir allerdings inklusive der letzten Abrechnung noch knapp unter 600€ Gesamtforderung für 2006-2009. Da könnte sich so mancher fragen, warum man es überhaupt auf sich nimmt, sich mit den EVU zu streiten.
Eine Rechtschutzversicherung haben wir nicht im Rücken, haben aber auch nicht vor, die Billigkeitsfrage in den Vordergrund zu stellen (\"äußerst hilfsweise\"). Bei angedrohten 25.000€ für ein Gutachten im hier vor Ort laufenden Musterverfahren (wo man hier im Forum dagegen immer von max. 10.000€ liest!?!) würden wir aber wohl dann auch die Reißleine ziehen (müssen).
Es gibt ja noch einen zweiten Thread, der sich mit Verweisungen befasst. Dort wurde kontrovers diskutiert, ob die Frage der Einstufung des Kunden in Tarif oder Sonderkunde das EnWG berührt oder nicht. Diese Frage müsste in unserem Fall eben erst einmal geklärt werden.
Das sich aber weder die Richter an den AG oder LG, noch die Juristen in diesem Forum einig zu sein scheinen, bleibt dem Laien weiterhin die Verwirrung....
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@ ub40
Die Crux in Ihrem Fall scheint mir zu sein, dass die Zusammenarbeit mit Ihrem Prozessbevollmächtigten nicht richtig flutscht. Ein entscheidender Grund dafür könnte die Vergütungsfrage sein. RA sind verständlicherweise keine Vertreter von Wohltätigkeitsvereinen. Die hier in Frage stehenden Verfahren kosten Zeit und Zeitaufwand erfordert Cash. Die notwendigen Schriftsätze lassen sich nicht eben mal in fünf Minuten vorbereiten und formulieren.
Misslich ist vorliegend obendrein das ruhende streitige Verfahren.
Bei der Frage des zuständigen Gerichts hätten Ihnen doch bereits im Zuge des Mahnverfahrens die jetzt fraglichen Besonderheiten auffallen müssen! Der Mahnbescheid enthält doch schon für den Fall des Widerspruchs die Ankündigung, an welches Gericht die Sache abgegeben wird, wenn die Parteien übereinstimmend die Abgabe an ein anderes Gericht verlangen, an dieses. Die Abgabe ist den Parteien mitzuteilen; sie ist unanfechtbar (§§ 692, 696 ZPO).
Man kann sich auch ohne weiteres bei Gericht schlaufragen.
Im Übrigen gibt es in Ihrem Fall gar keinen Grund, in Pessimismus zu verfallen. Alles ist offen! Wer sich in ein solches streitiges Verfahren begibt, muss sich bewusst sein, auch zu verlieren. Ich teile voll und ganz Ihre Vorgehensweise, den Streitwert gering gehalten zu haben. Das schmälert das Kostenrisiko, dem der Beklagte nun mal ausgesetzt ist. Diese Strategie habe ich in meinem Fall bewusst von Anfang an (seit 2005) strikt verfolgt und gegenüber meinem Versorger durchgesetzt. Mir war von Anfang an klar, dass vor Ablauf der Verjährungsfrist der Mahnbescheid ergeht und als Folge davon das streitige Verfahren. Na und? Jetzt ist es soweit und die - für Tausend Fälle geschriebene - Anspruchsbegründung ist löchrig wie ein schweizer Käse. Attacke, entweder gewinnen oder verlieren bei geringstem Kostenaufwand. Es ist doch interessant, einmal im Leben vor dem Kadi zu stehen.
MfG
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@
Didakt schrieb: „Bei der Frage des zuständigen Gerichts hätten Ihnen doch bereits im Zuge des Mahnverfahrens die jetzt fraglichen Besonderheiten auffallen müssen! Der Mahnbescheid enthält doch schon für den Fall des Widerspruchs die Ankündigung, an welches Gericht die Sache abgegeben wird…“
Antwort: Wie schon gesagt, es wurde uns LG Magdeburg mitgeteilt (womit wir ja an sich auch meinten, an der richtigen Stelle zu sein). Die Sache nahm einen seltsamen Verlauf, als die EVU-Anwälte versucht hatten, eine Sammelklage anzustrengen Das hat das LG abgelehnt. Wir haben das erst mitbekommen, als die Beschwerde der EVU-Anwälte gegen die Ablehnung der Sammelklage vor dem OLG gescheitert war und wir unter anderem ein Schreiben an die EVU-Anwälte zur Kenntnis übermittelt bekamen, in dem stand, dass sie jedes einzelne Verfahren vor den Amtsgerichten betreiben sollen. Damit sind dann die ganzen Verfahren für unsere Region auf verschiedene AG verteilt worden. Wir hatten nach Erhalt dieser zur Kenntnis übermittelten Papiere beim OLG und beim LG angerufen
„Im Übrigen gibt es in Ihrem Fall gar keinen Grund, in Pessimismus zu verfallen. Alles ist offen!“
Hoffen wir, das der Richter unvoreingenommen ist, wenn wir dran sind. Wir haben auch keine Bedenken bzgl. des Verfahrens; das es so weit kommen würde, war uns ja klar; das man verlieren kann auch (was nur in Anbetracht der „Stories“ die sich unser EVU so im Laufe der Zeit geleistet hat, ärgerlich und ungerechtfertigt wäre). Ich war sogar zunächst etwas „sauer“ als unser Verfahren auf Eis gelegt wurde, denn entsprechend Ihrem Motto „Attacke“ hatten wir schon alles vorbereitet und waren voller Erwartung auf die Reaktionen des EVU und ihrer Anwälte.
Ansonsten ist \"interessant\" ein passendes Wort für die ganze Thematik Gas...
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@ub40
Es hört sich so an, als habe der Versorger eine \"Sammelklage\" wegen des summierten Streitwerts bei einer Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg angebracht (O-Aktenzeichen) und diese habe sich für unzuständig erklärt, worüber dann das OLG entschieden habe. Dann sei es zur Abtrennung der einzelnen Verfahren und Verweisung der selben wegen der dann geringeren Streitwerte auf die einzelnen Amtsgerichte (C-Aktenzeichen) gekommen....
Dies schließt nicht aus, dass die Beklagten die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts rügen und sich eine ausschließliche Zuständigkeit des LG Magdeburg- Kammer für Handelssachen ergeben kann, etwa gem. §§ 108, 102 EnWG oder § 87 GWB.
Für eine solche wiederum kommt es entscheidend darauf an, worin der Vortrag der Beklagten in ihren jeweiligen Klageerwiderungen besteht, worauf sie sich innerhalb ihrer Verteidigung berufen (etwa Verletzung energierechtlicher Vorschriften/ kartellrechtswidrige Preisgestaltung). Eine solche ausschließliche Zuständigkeit lässt sich also aus dem Vortrag des Klägers in der Klageschrift allein noch gar nicht absehen. Die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts oder der Zivilkammer eines Landgerichts kann mithin nachträglich aufgrund der Einwendungen des Beklagten verloren gehen und die ausschließliche Zuständigkeit einer Kammer für Handelssachen bei einem Landgericht, ggf. als Kartellgericht begründet werden.
Am Landgericht Magdeburg ist gerade eine Berufung gegen ein Zwischenurteil des Amtsgerichts Wernigerode anhängig, welches sich nach der Rüge der Unzuständigkeit für sachlich zuständig erklärt bzw. die Klage beim Amtsgericht für zulässig erklärt hatte.
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Komplizierter gehts ja nicht mehr! Hier handelt es sich m. E. - und von ub40 zwischen den Zeilen bereits bestätigt - um eine Zahlungsforderung von unter 600 €. Ein Fall wie die meisten hier zur Diskussion gestellten Streitsachen, allenfalls mit mehr oder weniger hohem Streitwert (Zuständigkeit AG). Man kann sich natürlich auch zum Ziel setzen, mit dem Verfahren in die Ausuferung zu gehen. Zeitfenster: Drei bis vier Jahre. Fragt sich nur, wer davon profitiert.
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Original von Didakt
Komplizierter gehts ja nicht mehr! Hier handelt es sich m. E. - und von ub40 zwischen den Zeilen bereits bestätigt - um eine Zahlungsforderung von unter 600 €. Ein Fall wie die meisten hier zur Diskussion gestellten Streitsachen, allenfalls mit mehr oder weniger hohem Streitwert (Zuständigkeit AG). Man kann sich natürlich auch zum Ziel setzen, mit dem Verfahren in die Ausuferung zu gehen. Zeitfenster: Drei bis vier Jahre. Fragt sich nur, wer davon profitiert.
@Didakt
Die ausschließliche Zuständigkeit gem. §§ 102, 108 EnWG ist ebenso wie die ausschließliche Zuständigkeit gem. § 87 GWB streitwertunabhängig.
Ob eine solche ausschließliche Zuständigkeit begründet sein kann, richtet sich - wie ausgeführt - auch nach den Einwendungen in der Klageerwiderung.
Macht der Beklagte in seiner Verteidigung etwa substantiiert geltend, dass die einseitigen Preisfestsetzungen einen kartellrechtswidrigen Preishöhenmissbrauch oder eine kartellrechtswidrige Diskriminierung eines marktbeherrschenden Unternehmens darstellen oder daraus resultieren und somit gem. § 134 BGB unwirksam sind [vgl. etwa BGH, Urt. v. 23.04.09 KZR 21/08], dann ist nach der gesetzlichen Regelung eine sachlich ausschließliche Zuständigkeit der Kammer für Handelssachen bei dem Landgericht (Kartellgericht) gegeben.
Das ergibt sich unschwer aus den gesetzlichen Regelungen in §§ 102, 108 EnWG, § 87 GWB.
Diese gesetzlichen Regelungen sind keinesfalls kompliziert, beanspruchen jedoch Geltung und Beachtung.
Es ist nur eben nicht so, dass bereits jede Zahlungsklage eines marktbeherrschenden Energieversorgungsunternehmens gegen seine Kunden automatisch in die ausschließliche Zuständigkeit des Landgerichts gehört. Sie kann auch streitwertabhängig in die Zuständigkeit eines Amtsgerichts fallen, nämlich dann, wenn die Voraussetzungen der ausschließlichen Zuständigkeit des Landgerichts gem. §§ 102, 108 EnWG, 87 GWB nicht vorliegen.
Entscheidend dafür ist aber der konkrete Streitstoff, also das, worüber gestritten wird. Und dafür wiederum spielt die konkrete Verteidigung des Beklagten eine entscheidende Rolle.
Das hat mit zeitlicher Ausuferung überhaupt nichts zu tun, sondern nur mit den gesetzlichen Regelungen zur ausschließlichen Zuständigkeit der Landgerichte. Meine Erfahrung ist sogar die, dass einige Landgerichte schneller terminieren als Amtsgerichte (möglicherweise, weil sie besser in die Materie eingearbeitet sind).
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@ RR-E-ft
Es lag mir fern und es war auch nicht meine Absicht, Ihnen zu widersprechen. Wo Sie Recht haben, haben Sie unbestritten und fraglos Recht.
Ich kann mich aber des Eindrucks nicht erwehren, dass viele der hier als Beklagte auftretenden Forumsmitglieder - nicht zuletzt durch diverse Beiträge zumeist indirekt angeregt - meinen,
- es bedürfe nur eines Verweisantrages, um die Streitsache vor dem angeblich besser agierenden LG verhandeln zu lassen und
- den AG fehle es dafür an genügend sachkundiger Kompetenz.
Ich gebe nur zu bedenken, dass die überwiegende Anzahl der hier veröffentlichten Urteile von AG ergangen sind, weil es sich in der Regel um Zahlungsklagen handelte.
Im vorliegenden Fall ist die Zuständigkeit doch schon von LG und OLG geprüft und an das zuständige AG verwiesen worden.
Deshalb - mit Verlaub - wird hier doch vielfach auch nur um \"des Kaisers Bart\" diskutiert. Unser \"Wilhelm\" weilt - soweit mir bekannt ist - schon lange nicht mehr unter den Lebenden!
Also nix für ungut und
freundliche Grüße
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Original von Didakt
Im vorliegenden Fall ist die Zuständigkeit doch schon von LG und OLG geprüft und an das zuständige AG verwiesen worden.
@Didakt
Ich kann nur noch einmal wiederholen, dass sich eine ausschließliche Zuständigkeit des Landegerichts durchaus erst aus dem Inhalt der Klageerwiderung ergeben kann.
So lange die Klageerwiderung nicht vorliegt, lässt sich die Frage der Zuständigkeit demnach durch ein Gericht nicht abschließend beurteilen.
In dem genannten Fall kann eine Prüfung der Zuständigkeit nur anhand der Klageschrift selbst erfolgt sein, weil es mehr ja in diesem Verfahrensstadium noch gar nicht gab.
Wenn dort die streitwertabhängige Zuständigkeit der Zivilkammer des Landgerichts Gegenstand der Betrachtung gewesen sein sollte, dann war eben nicht die streitwertunabhängige ausschließliche Zuständigkeit einer Kammer für Handelssachen des Landgerichts wegen energierechtlicher oder kartellrechtlicher Bezüge Gegenstand der Betrachtung undzwar deshalb nicht, weil die Klageschrift dazu wohl keine Veranlassung gab, weil in dieser eben nicht zu lesen war, dass der Versorger gegen energie- oder kartellrechtliche Vorschriften verstoßen habe bzw. der Streit der Parteien (auch) darüber gehe.
Aus genannten Gründen muss die Zuständigkeitsprüfung eine vorläufige gewesen sein, konnte (denknotwendig) noch gar nicht abschließend sein.
Dies schließt (logischerweise) die Möglichkeit ein, dass die Frage der Zuständigkeit nach Vorliegen der Klageerwiderung anders zu beurteilen ist.
Darum ging es in meinen Beiträgen.
Die Sache mit dem Bart diskutiert man hingegen besser mit seinem Friseur. ;)
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@ RR-E-ft,
d\'accord. Es bestehen erneut keinerlei Zweifel an Ihrem fundierten rechtskundlichen Referat.
Ich meine, diese Thematik hat damit einen verständlichen Abschluss gefunden.
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@ ub40
Zitat aus Ihrem Beitrag vom 13.04.2010: \"...bleibt dem Laien weiterhin die Verwirrung....\"
Ihre Erkenntnis findet u.a. nachfolgend ihre Bestätigung: Siehe
http://app.olg-ol.niedersachsen.de/efundus/volltext.php4?id=5273&ident=
http://app.olg-ol.niedersachsen.de/efundus/volltext.php4?id=5267&ident=
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Abschließende Klärung steht beim BGH an (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=70894#post70894), worauf bereits mehrfach hingewiesen wurde.
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Das OLG Celle ist nach meiner Auffassung eines der letzten versorgerfreundlichen OLG\'s, deren Argumentation besonders dadurch auffällt, dass man den sich aus den §§ 2 und 1 EnWG ergebenden Anspruch des Verbrauchers auf Belieferung mit möglichst preisgünstiger (etc.) leitungsgebundener Energie einfach leugnet.
Zwar heißt es unter 2 b) aa):
\"Zweck des Gesetzes ist gemäß § 1 Abs. 1 EnWG eine möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente und umweltverträgliche leitungsgebundene Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität und Gas.\"
Das OLG Celle übersieht jedoch, dass dieser \"Zweck\" zugleich ein Anspruch des Verbrauchers und eine Verpflichtung des Versorgers ist.
Denn in § 2 Abs. 1 EnWG heißt es:
Energieversorgungsunternehmen sind im Rahmen der Vorschriften dieses Gesetzes zu einer Versorgung im Sinne des § 1 verpflichtet.
An dem Rechtsgrundsatz, den der Bundesgerichtshof in seiner Strompreisentscheidung vom 2.10.1991 (http://www.agfw.de/typo3conf/ext/naw_securedl/secure.php?u=0&file=fileadmin/dokumente/rec/BGH_911002_VIIIZR240-90.pdf&t=1213774273&hash=c7376b23871817c95b8cf2fe3cf22cc3) diesbezüglich verfestigt hatte und dessen Formulierung nahezu inhaltsgleich in das EnWG eingefügt wurde, hat sich nichts geändert.
Wenn der Verbraucher seinen Anspruch auf \"möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente und umweltverträgliche leitungsgebundene Versorgung mit Elektrizität und Gas\" geltend macht, dann handelt es sich bereits um eine Entscheidung eines Rechtsstreits, die ganz oder teilweise von einer Entscheidung abhängt, die nach diesem Gesetz (dem EnWG) zu treffen ist.
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Original von Didakt
@ ub40
Zitat aus Ihrem Beitrag vom 13.04.2010: \"...bleibt dem Laien weiterhin die Verwirrung....\"
Ihre Erkenntnis findet u.a. nachfolgend ihre Bestätigung: Siehe
http://app.olg-ol.niedersachsen.de/efundus/volltext.php4?id=5273&ident=
http://app.olg-ol.niedersachsen.de/efundus/volltext.php4?id=5267&ident=
Die Beurteilung der bestehenden Verwirrung teile ich, allerdings in diesem Falle für das OLG Celle.
Denn das OLG Celle hat sich hier in seltsam anmutender Sicherheit zu der Auffassung durchgerungen, dass es sich mit der Zuständigkeitsfrage um eine \"ganz einhellige oder jedenfalls ganz überwiegende Ansicht\" handele, welche das Amtsgericht nicht gewürdigt haben soll.
Es liegt viel näher, dass sich das OLG Celle diese Argumentation selbst an die Backe binden muß.
Denn sonst wäre dem OLG Celle auch die Existenz der Entscheidung des OLG Braunschweig bekannt geworden (15.08.2007, Az.: 1 W 43/07 = ZNER 2007, 348 ), wodurch eine Entscheidung des LG Göttingen - v. 27.06.2007 Az.: 3 O 90/07 - aufgehoben wurde, welches die gleichen verquerten Ansichten vertreten hatte.
Und wenn die Richter am OLG Celle die Entscheidung des BGH vom 19.11.2008, Az.: VIII ZR 138/07, genau studiert hätten, dort insbesondere die Tz. 43, dann hätten sie dort nämlich lesen können, wie folgt:
Das Recht zur Preiserhöhung nach § 4 AVBGasV kann, wie die Revisionserwiderung zutreffend geltend macht, angesichts der sich aus § 2 Abs. 1, § 1 Abs. 1 EnWG ergebenden Verpflichtung des Energieversorgungsunternehmens zu einer möglichst sicheren, preisgünstigen, verbraucherfreundlichen, effizienten und umweltverträglichen leitungsgebundenen Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität und Gas nicht dazu dienen, dass es zu beliebigen Preisen einkauft, ohne günstigere Beschaffungsalternativen zu prüfen (Markert, RdE 2007, 263, 265; Säcker, ZNER 2007, 114, 115), und im Verhältnis zu seinem Vorlieferanten Preisanpassungsklauseln und -steigerungen akzeptiert, die über das hinausgehen, was zur Anpassung an den Markt und die Marktentwicklung im Vorlieferantenverhältnis erforderlich ist (vgl. zu einer entsprechenden Einschränkung des Änderungsrechts von Banken bei Zinsänderungsklauseln in Kreditverträgen BGHZ 97, 212, 217 ff., 222; 158, 149, 155).
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Wer mit § 4 AVBGasV argumentiert, kommt schon überhaupt nicht an der Existenz der Bestimmungen von § 2 Abs. 1 und § 1 Abs. 1 EnWG vorbei. Denn § 4 AVBGasV verdankt seine Existenz den Bestimmungen von § 36 Abs. 1 u. § 39 Abs. 1 EnWG.
Dächte man die Bestimmungen von § 36 Abs. 1 u. § 39 Abs. 1 EnWG hinweg, dann gäbe es keine AVBGasV (oder GasGVV). Existierte aber keine AVBGasV, dann gäbe es auch kein Recht zur einseitigen Preisanpassung (jedenfalls in der Allg. Versorgung).
Es wird halt immer wieder übersehen, dass in § 433 Abs. 2 BGB nix von einer einseitigen Preisanpassung steht, sondern dort das Wörtchen \"vereinbart\" zu lesen ist.
Und wie nun hinlänglich bekannt, existiert jetzt, spätetestens seit dem erstern Widerspruch auf der Basis von § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB, keinerlei Vereinbarung über die Gegenleistung (d.h. den Preis bzw. den Tarif - VIII. BGH-Senat hin oder her ).