Forum des Bundes der Energieverbraucher

Energiepreis-Protest => Grundsatzfragen => Thema gestartet von: Ronny am 12. September 2008, 07:33:28

Titel: Wirksamkeit von Preisanpassungsklauseln
Beitrag von: Ronny am 12. September 2008, 07:33:28
@RuRo

Zitat
Alle Diskutierenden wissen es doch, wir kommen zum § 315 Abs. 3 BGB nur bei Haushaltskunden in der Grundversorgung und Letztverbrauchern in der Ersatzversorgung.

Nein, alle von Herrn Fricke informierten Forumsteilnehmer glauben dies zu wissen. Das ist ein großer Unterschied. Herr Fricke verbreitet umtriebigst die Auffassung, dass § 315 BGB bei Haushaltskunden außerhalb der Grundversorgung ganz grundsätzlich keine Anwendung finde. Das kann man auch ganz anders sehen.

Der BGH hat in seinem Urteil vom 29.04.2008 entschieden, dass § 4 Abs. 2 AVBGasV eine Leitbildfunktion zukommt und dass die vom betroffenen Versorger verwendete Klausel diesem Leitbild nicht entspricht, weil nicht die Verpflichtung zur Senkungen der Preise, sondern nur die Berechtigung der Erhöhung der Preise enthielt.

Zitat
Die gesetzliche Regelung umfasst daher neben dem Recht des Versorgers zur Preisanpassung auch die Pflicht hierzu, wenn die Anpassung dem Kunden günstig ist, und enthält damit gerade dasjenige zu einer ausgewogenen Regelung notwendige Element, das der von der Beklagten vorgegebenen vertraglichen Anpassungsklausel fehlt. (BGH KZR 2/07, Rn. 26)
Der Begriff der Leitbildfunktion besagt, dass eine AGB-Regelung in Sonderkundenverträgen, die einer Regelung in der AVBGasV / GasGVV entspricht, wirksam ist, auch wenn sie den Regelungen des § 307 BGB nicht voll gerecht wird. Hintergrund hierfür ist, dass Normsonderkunden nicht besser gestellt werden sollen als Grundversorgungskunden, was auch unmittelbar einleuchtend ist.

Aus der oben zitierten Passage lässt sich mühelos ableiten, dass eine Preisanpassungsklausel, die diese Verpflichtung zur Senkung enthält, wirksam ist.

Weiter lässt sich daraus ableiten, dass eine Klausel, die den Wortlaut des § 4 Abs. 2 AVBGasV oder der Nachfolgeregelung des § 5 Abs. 2 GasGVV enthält, ebenso wirksam ist (hierzu gibt es auch schon Urteile, vgl. OLG Celle, Urteil vom 13.01.2008. 13 U 152/07), siehe hier (http://forum.energienetz.de/thread.php?threadid=8888&hilight=OLG+UND+Celle), Revisionsverfahren vor dem BGH läuft).

Über derartige Klauseln hatte der BGH nur noch nicht zu entscheiden gehabt, sondern nur über die von der ENSO verwendete Klausel.

Jede einzelne AGB-Preisanpassungsklausel ist gesondert zu bewerten. Pauschalisierungen sind hier völlig fehl am Platze!

Man kann über die vom BGH gewählten Formulierungen gewiss streiten, aber auch dem hartgesottensten Frickefan sollte bewusst sein, dass die Rechtslage nicht so sonnenklar sein kann, wie Herr Fricke das behauptet.

Warum sollte außerdem ein Kunde außerhalb der Grundversorgung, der schon günstigere Vertragskonditionen in Anspruch nicht, eigentlich rechtlich bessergestellt sein als ein Grundversorgungskunde, und keinerlei Preiserhöhungen bezahlen müssen? Ich kann ja nachvollziehen, dass viele Cleverle eine Chance sehen, eine Menge Geld zu sparen, aber mit Gerechtigkeit hat das nichts zu tun.

Zu guter Letzt: Was wäre denn die Folge, wenn Preisanpassungen im laufenden Vertragsverhältnis unwirksam wären? Die Versorgungsunternehmen müssten alle Normsonderkundenverträge kündigen und würden nur noch Festpreisprodukte oder Grundversorgungstarife anbieten. Dass dies nicht zu sinkenden Preisen führen würde, dürfte allgemeine Meinung sein.


Ronny
Titel: Wirksamkeit von Preisanpassungsklauseln
Beitrag von: AKW NEE am 12. September 2008, 09:20:44
@ Ronny

Grundsätzliches: wenn Sie zitieren, geben Sie doch bitte an, wen oder woraus Sie zitieren

Sie schreiben:

Zitat
Nein, alle von Herrn Fricke informierten Forumsteilnehmer glauben dies zu wissen. Das ist ein großer Unterschied. Herr Fricke verbreitet umtriebigst die Auffassung, dass § 315 BGB bei Haushaltskunden außerhalb der Grundversorgung ganz grundsätzlich keine Anwendung finde. Das kann man auch ganz anders sehen.

Der BGH hat in seinem Urteil vom 29.04.2008 entschieden, dass § 4 Abs. 2 AVBGasV eine Leitbildfunktion zukommt und dass die vom betroffenen Versorger verwendete Klausel diesem Leitbild nicht entspricht, weil nicht die Verpflichtung zur Senkungen der Preise, sondern nur die Berechtigung der Erhöhung der Preise enthielt.

Richtig Leitbildfunktion, aber nicht automatisch Rechtsgrundlage!


Weiter schreiben Sie:

Zitat
Weiter lässt sich daraus ableiten, dass eine Klausel, die den Wortlaut des § 4 Abs. 2 AVBGasV oder der Nachfolgeregelung des § 5 Abs. 2 GasGVV enthält, ebenso wirksam ist (hierzu gibt es auch schon Urteile, vgl. OLG Celle, Urteil vom 13.01.2008. 13 U 152/07), siehe hier, Revisionsverfahren vor dem BGH läuft).

Wenn ich Ihrem Vorschlag folge und unter siehe hier lese, kann ich lesen, wie sorgfältig Herr Fricke den Sachverhalt beschreibt.

Ist Ihnen eigentlich aufgefallen, dass Sie hier die Erklärungen von Herrn Fricke benutzen um ihre Sichtweise zu bestätigen. So einfach wie Sie am Anfang Ihrer Mail eine Schublade öffnen, ist die Welt wohl doch nicht.
Titel: Wirksamkeit von Preisanpassungsklauseln
Beitrag von: jroettges am 12. September 2008, 09:22:15
@Ronny

Das alles kommt mir sehr bekannt vor! So argumentierte ein bundesweit durch die Gerichtssäle wandelnder Anwalt der Versorgerseite auch in den Verhandlungen beim OLG Oldenburg, zuletzt am 5.9.08. Er nervt mit stundenlangen, ermüdenden und letzlich von niemanden mehr nachvollziehbaren Kaskaden von Zitaten und kommt so tatsächlich immer bei Adam und Eva an.

Er ist aber dort in Oldenburg auf Richter gestoßen, die sich die so strapazierten §§ 4 der AVBGasV und 5 der GVVGas wenigstens mal durchgelesen haben. Sie haben damit aus der Sicht der Versorger \"gesündigt\" wie das Kind in Christian Andersens Märchen von des Kaisers neuen Kleidern.

Was bitte steht denn in den beiden Paragraphen? Da wird, in ausschließlich für die Grund- und Ersatzversorgung geltenden Verordnungen, etwas zu zwingend einzuhaltenen Fristen und Abläufen gesagt. Mehr nicht.

Die Oldenburger Richter haben sich sogar der Mühe unterzogen, Geschichte und Hintergründe dieser Vorschriften zu recherchieren. Sie sind zu dem Ergebnis gekommen, dass es keinerlei Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Gesetzgeber in diesen §§ ein Preisänderungsrecht begründen wollte. Das ergibt sich aus ganz anderen Überlegungen. Die §§ gehen schlicht davon aus, dass Grundversorger ein Recht zur einseitigen Preisänderung in der Grundversorgung haben und regeln Aspekte des Umgangs damit. Nicht mehr und nicht weniger.

Damit war es für die Richter auch ohne Belang, ob die beiden Verordnungen überhaupt wirksam in die einzelnen Vertragsverhältnisse eingbezogen worden sind und ob ein solcher Einbezug prinzipiell überhaupt möglich ist.

§ 36 sagt \"Energieversorgungsunternehmen haben für Netzgebiete, in denen sie die Grundversorgung von Haushaltskunden durchführen, Allgemeine Bedingungen und Allgemeine Preise für die Versorgung in Niederspannung oder Niederdruck öffentlich bekannt zu geben und im Internet zu veröffentlichen und zu diesen Bedingungen und Preisen jeden Haushaltskunden zu versorgen.\"

Die Ermächtigung für die AVBGasV/GVVGas ergibt sich aus § 39 EnWG. In § 41 steht die Ermächtigung für eine Verordnung für \"Verträge über die Belieferung von Haushaltskunden mit Energie außerhalb der Grundversorgung\", die bisher aber leider nicht existiert.

Wenn also Versorger jahrelang selbst so deklarierte Verträge \"außerhalb der Grundversorgung\" nicht den Bestimmungen des § 41 entsprechend gestalten, sondern stattdessen krampfhaft versuchen, die Verordnungen für die Grundversorgung zu strapazieren, müssen sie sich nicht über die Folgen wundern.

Mir ist bisher keine Entscheidung bekannt, in der der BGH den Versorgern in Verträgen außerhalb der Grundversorgung ein einseitiges Recht auf Preisanpassung zugebilligt hätte, sofern es sich nicht jeweils aus diesen Verträgen herleiten lies. Der BGH hat vielmehr in mehreren Entscheidungen das genaue Gegenteil geurteilt.

Auch das Urteil des BGH vom 29.4.08 sagt im Zusammenhang mit der Diskussion der ominösen \"Leitbildfunktion\" in Randnummer 29 \"Der Preis, den sie (Sondervertragskunden) zu zahlen haben, ergibt sich nicht aus dem allgemeinen, für jedermann geltenden Tarif der Beklagten, sondern aus der vertraglichen Vereinbarung in ... des Gasbezugsvertrages.\"

Im Übrigen wird die \"Leitbildfunktion\" in der Urteilsbegründung mehr verneint als bestätigt. Sie kann danach allenfalls für einzelne Aspekte gelten, gerade nicht aber für Preisanpassungsklauseln.
Titel: Wirksamkeit von Preisanpassungsklauseln
Beitrag von: tangocharly am 12. September 2008, 09:57:13
@jroettges

Ihr Kommentar zur \"Leitbildfunkton\" ist richtig. Von einer \"Leitbildfunktion\" - so wie sich die Revision des dortigen Verfahrens das vorstellte - kann keine Rede sein.

Und wer es nachlesen will Rn. 25, 26 (http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=&client=%5B%2712%27%2C+%2712%27%5D&client=%5B%2712%27%2C+%2712%27%5D&nr=44010&pos=9&anz=15&Blank=1.pdf)
Titel: Wirksamkeit von Preisanpassungsklauseln
Beitrag von: Black am 12. September 2008, 10:05:58
Zitat
Original von jroettges

Er ist aber dort in Oldenburg auf Richter gestoßen, die sich die so strapazierten §§ 4 der AVBGasV und 5 der GVVGas wenigstens mal durchgelesen haben. Sie haben damit aus der Sicht der Versorger \"gesündigt\" wie das Kind in Christian Andersens Märchen von des Kaisers neuen Kleidern.

Was bitte steht denn in den beiden Paragraphen? Da wird, in ausschließlich für die Grund- und Ersatzversorgung geltenden Verordnungen, etwas zu zwingend einzuhaltenen Fristen und Abläufen gesagt. Mehr nicht.

Die Oldenburger Richter haben sich sogar der Mühe unterzogen, Geschichte und Hintergründe dieser Vorschriften zu recherchieren. Sie sind zu dem Ergebnis gekommen, dass es keinerlei Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Gesetzgeber in diesen §§ ein Preisänderungsrecht begründen wollte. Das ergibt sich aus ganz anderen Überlegungen. Die §§ gehen schlicht davon aus, dass Grundversorger ein Recht zur einseitigen Preisänderung in der Grundversorgung haben und regeln Aspekte des Umgangs damit. Nicht mehr und nicht weniger.
.

Dass es sich bei den Regelungen  in § 4 AVBGasV (nun § 5 GasGVV) um ein gesetzliches Preisanpassungsrecht handelt ist vom BGH nun mehrfach bestätigt worden (BGH VIII ZR 36/06; BGH KZR 2/07 Rdn. 26) Insoweit ist unstreitig, dass diese Regelungen im Bereich der Grundversorgung ein Preisänderungsrecht begründen.
Titel: Wirksamkeit von Preisanpassungsklauseln
Beitrag von: jroettges am 12. September 2008, 12:00:24
@Black

Zitat
Insoweit ist unstreitig, dass diese Regelungen im Bereich der Grundversorgung ein Preisänderungsrecht begründen.

Das genau haben die Oldenburger Richter anders entschieden und sie haben es bewusst getan.
Die Regelungen begründen kein Preisänderungsrecht.
Sie gehen vielmehr davon aus, dass ein solches Recht besteht und regeln spezielle Aspekte des Umgangs damit.
Das ist der feine Unterschied!

Das konnten alle hören, die bei der Verhandlung anwesend waren.
Aber dazu muss man letztlich den Wortlaut des Urteils abwarten.
Titel: Wirksamkeit von Preisanpassungsklauseln
Beitrag von: Black am 12. September 2008, 12:30:08
Das ist schön für die Oldenburger Richter - und wahrscheinlich auch schön für den dort klagenden Verbraucher.

Natürlich darf ein jeder Richter von der Rechtsansicht des BGH abweichen. Relevanz im Rahmen der juristischen Grundsatzdiskussion besitzt diese Aussage - bislang wohl auch nur mündlich geäußert - nicht.
Titel: Wirksamkeit von Preisanpassungsklauseln
Beitrag von: elmex am 12. September 2008, 12:45:55
Zitat
Original von Ronny

Der BGH hat in seinem Urteil vom 29.04.2008 entschieden, dass § 4 Abs. 2 AVBGasV eine Leitbildfunktion zukommt und dass die vom betroffenen Versorger verwendete Klausel diesem Leitbild nicht entspricht, weil nicht die Verpflichtung zur Senkungen der Preise, sondern nur die Berechtigung der Erhöhung der Preise enthielt.

[...]

Der Begriff der Leitbildfunktion besagt, dass eine AGB-Regelung in Sonderkundenverträgen, die einer Regelung in der AVBGasV / GasGVV entspricht, wirksam ist, auch wenn sie den Regelungen des § 307 BGB nicht voll gerecht wird. Hintergrund hierfür ist, dass Normsonderkunden nicht besser gestellt werden sollen als Grundversorgungskunden, was auch unmittelbar einleuchtend ist.


Sie verklären zum einen, dass der Kartellsenat von einer Leitbildfunktion der betreffenden Klauseln im \"weiteren Sinne\" gesprochen hat. Es bleibt also völlig offen, ob der Wortlaut der AVBGasV/GasGVV als Normbild zur einzelvertraglichen Beurteilung von Abweichungen in der Form allgemeiner Geschäftsbedingungen überhaupt und generell in Frage kommen.

Eine Leitbildfunktion konkretisiert lediglich den vorgegebenen rechtlichen oder rechtlich gleichgesetzten Rahmen, von dem aus eine Abweichung nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB im Einzelfall zu beurteilen ist. Paradebeispiel sind tarifvertragliche Regelungen im Arbeitsrecht.

Eine Leitbildfunktion bedeutet jedoch gerade nicht automatisch, dass eine zum Leitbild wortgleiche Preisanpassungsklausel automatisch dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB entspricht. Danach kann sich nämlich in der Tat auch die Unwirksamkeit ergeben.

Im Übrigen sind die Besonderheiten der leitungsgebundenen Energieversorgung angemessen zu berücksichtigen. Ob sich daraus (wie beispielsweise nach der Rechtsprechung des BAG im Arbeitsrecht) zwingend Einschränkungen des Transparenzgebots an sich oder die Wirksamkeit sog. dynamischer Verweisungsklauseln herleiten läßt, vermag ich an der Stelle zu bezweifeln, jedoch nicht abschliessend zu bewerten...
Titel: Wirksamkeit von Preisanpassungsklauseln
Beitrag von: RR-E-ft am 12. September 2008, 13:52:39
@Ronny

Also hier wissen alle oder könnten wissen, dass § 315 BGB nur auf solche Vertragsverhältnisse außerhalb der \"gesetzlichen Versorgung\" zur Anwendung kommt, bei denen bei Vertragsabschluss ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht hinsichtlich der vom Kunden zu zahlenden Entgelte vereinbart wurde und dass in diesem Fall die aufgrund dieses vertraglich vereinbarten Leistungsbestimmungsrechts einseitig festgesetzten Entgelte der Billigkeitskontrolle in direkter Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB unterliegen.

Siehste hier (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=46833#post46833)

Mir ist bisher kein solcher Fall bekannt geworden, bei dem ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht bei Vertragsabschluss (wann sonst?) hinsichtlich der vom Kunden zu zahlenden Entgelte vereinbart wurde.

In den Sonderabkommen wurden bei Vertragsabschluss Sonder- Preise vereinbart. Ob diese nachträglich abgeändert werden können, richtet sich ausschließlich danach, ob eine wirksame Preisänderungsklausel einbezogen wurde.

Preisänderungsklauseln unterliegen der Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB, für welche der weite Spielraum der Billigkeit nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung viel zu weit ist, vgl. BGH. Urt. v. 13.07.2004 (KZR 10/03) unter II.6:

Zitat
Die Unangemessenheit der Klausel läßt sich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht mit dem Argument ausräumen, eine einseitige Leistungsbestimmung habe gemäß § 315 BGB nach billigem Ermessen zu erfolgen und sei andernfalls unverbindlich. § 315 BGB scheidet als unmittelbare Rechtfertigung einer Klausel schon deshalb aus, weil die Vorschrift eine wirksame Anwendungsvereinbarung bereits voraussetzt und die Entscheidung über die Wirksamkeit der Vertragsklausel sich ausschließlich nach den Angemessenheitsmaßstäben des § 307 BGB, § 9 AGBG richtet (BGHZ 89, 206, 213). Auch als inhaltliche Beschränkung des Anwendungsbereichs einer Klausel läßt sich der in § 315 BGB enthaltene Rechtsgedanke nicht verwerten, weil der weite Spielraum
der Billigkeit nicht den an die Eingrenzung und Konkretisierung einer
Formularbestimmung zu stellenden Anforderungen genügt (BGHZ 89 aaO).

Ich meine, das sei eindeutig.

BGH, Urt. v. 19.10.1999 (XI ZR 8/99) = NJW 2000, 651:

Zitat
Die konkrete Ausgestaltung der beanstandeten Klauseln verstößt unabhängig davon auch gegen das sich aus § 9 AGBG ergebende Transparenzgebot. Danach sind Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen entsprechend den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichtet, Rechte und Pflichten ihrer Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dazu gehört auch, daß Allgemeine Geschäftsbedingungen wirtschaftliche Nachteile und Belastungen soweit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (grundlegend: BGHZ 106, 42, 49 f.; 106, 259, 264 f.). Deshalb verstoßen Anpassungsklauseln, die dem Verwender ein uneingeschränktes Änderungsrecht vorbehalten, ohne daß der Kunde vorhersehen kann, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang ihn höhere oder weitere Gebühren treffen, gegen das Transparenzgebot und sind unwirksam (BGHZ 136, 394, 402). Auch einseitige Bestimmungsvorbehalte können nur hingenommen werden, soweit sie bei unsicherer Entwicklung der Verhältnisse als Instrument der Anpassung notwendig sind und den Anlaß, aus dem das Bestimmungsrecht entsteht, sowie die Richtlinien und Grenzen seiner Ausübung möglichst konkret angeben (Brandner, in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz 8. Aufl. § 9 Rdn. 100).

Auch eindeutig.

Nach der Rechtsprechung des BGH kommt § 4 AVBGasV in Bezug auf Preisänderungsklauseln ausdrücklich keine Leitbildfunktion zu, vgl. BGH, Urt. v. 29.04.2008 (KZR 2/07) Rdn. 26:

Zitat
Hiernach kommt § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV Leitbildfunktion für die streitige Preisänderungsklausel nicht zu.

Das finde ich auch eindeutig.

@Black

Möglicherweise sprechen Sie vorgenannten Entscheidungen des Bundesgerichtshofes die Relevanz für die aktuelle juristische Diskussion nicht vollständig ab. Es kommt indes auch nicht darauf an, was Sie nun für relevant ansehen oder nicht.
Titel: Wirksamkeit von Preisanpassungsklauseln
Beitrag von: Black am 12. September 2008, 14:08:52
Zitat
Original von RR-E-ft

Zitat
Die Unangemessenheit der Klausel läßt sich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht mit dem Argument ausräumen, eine einseitige Leistungsbestimmung habe gemäß § 315 BGB nach billigem Ermessen zu erfolgen und sei andernfalls unverbindlich. § 315 BGB scheidet als unmittelbare Rechtfertigung einer Klausel schon deshalb aus, weil die Vorschrift eine wirksame Anwendungsvereinbarung bereits voraussetzt und die Entscheidung über die Wirksamkeit der Vertragsklausel sich ausschließlich nach den Angemessenheitsmaßstäben des § 307 BGB, § 9 AGBG richtet (BGHZ 89, 206, 213). Auch als inhaltliche Beschränkung des Anwendungsbereichs einer Klausel läßt sich der in § 315 BGB enthaltene Rechtsgedanke nicht verwerten, weil der weite Spielraum
der Billigkeit nicht den an die Eingrenzung und Konkretisierung einer
Formularbestimmung zu stellenden Anforderungen genügt (BGHZ 89 aaO).

Diese Wertung ist eigentlich der Tod für jede AGB rechtliche Festlegung eines Preisbestimmungsrechts nach § 315 BGB in Sonderverträgen (sofern man die gesondert zu betrachtende Leitbilddiskussion einmal aussen vor läßt).
Titel: Wirksamkeit von Preisanpassungsklauseln
Beitrag von: RR-E-ft am 12. September 2008, 14:17:41
@Black

Wem sagen Sie das.

Es ist schlichtweg unmöglich, ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht iSv. § 315 BGB als AGB- Preisänderungsklausel zu vereinbaren. Davon führe ich nicht erst seit 2004 die Rede.

Es entspricht schon lange der höchstrichterlichen Rechtsprechung.

Nach der Rechtsprechung des BGH muss sich nämlich die Berechtigung einer Preisänderung anhand der Klausel selbst kontrollieren lassen, vgl. BGH, Urt. v. 18.11.2007 (III ZR 274/06) Rdn. 33:

Zitat
Die fragliche Klausel erlaubt eine einseitige Preisänderung durch die Beklagte, ohne dass der Abonnent aus der Formulierung der Klausel ersehen kann, in welchem Umfang Preiserhöhungen auf ihn zukommen können und nach welchen Maßstäben die Preise erhöht werden. Dies benachteiligt die Abonnenten der Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unngemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Denn die Bestimmung weicht vom Grundsatz der Vertragsbindung ab, ohne eine Preisänderung auf Fälle zu beschränken, bei denen Anlass und Ausmaß der Preiserhöhung vom Gebot des angemessenen Interessenausgleichs beherrscht werden. Die Klausel ermöglicht somit eine unzulässige Verschiebung des vertraglichen Äquivalenzverhältnisses [vgl. dazu BGHZ 158, 149, 158].

BGH, Urt. v. 18.11.2007 (III ZR 274/06) Rdn. 10:

Zitat
Dementsprechend sind Preisanpassungsklauseln nur zulässig, wenn die Befugnis des Verwenders zu Preisanhebungen von Kostenerhöhungen abhängig gemacht wird und die einzelnen Kostenelemente sowie deren Gewichtung bei der Kalkulation des Gesamtpreises offen gelegt werden, so dass der andere Vertragsteil bei Vertragsschluss die auf ihn zukommenden Preissteigerungen einschätzen kann (Senatsurteil vom 11. Oktober 2007 aaO; vgl. BGH, Urteile vom 11. Juni 1980 - VIII ZR 174/79 - NJW 1980, 2518, 2519 unter II 2. c); vom 19. November 2002 - X ZR 253/01 - NJW 2003, 746, 747 unter III. 2. a) m.w.N.; vom 21. September 2005 aaO S. 1717 f unter II. 3.b) und vom 13. Dezember 2006 aaO Rn. 23 ff).

Für \"Strom- und Gas- Abonnenten\" gilt nichts anderes.

@Ronny

Also zumindest für Black ist es jetzt wohl sonnenklar geworden.
Titel: Wirksamkeit von Preisanpassungsklauseln
Beitrag von: Black am 12. September 2008, 14:26:59
Zitat
Original von RR-E-ft

Zitat
Dementsprechend sind Preisanpassungsklauseln nur zulässig, wenn die Befugnis des Verwenders zu Preisanhebungen von Kostenerhöhungen abhängig gemacht wird und die einzelnen Kostenelemente sowie deren Gewichtung bei der Kalkulation des Gesamtpreises offen gelegt werden, so dass der andere Vertragsteil bei Vertragsschluss die auf ihn zukommenden Preissteigerungen einschätzen kann (Senatsurteil vom 11. Oktober 2007 aaO; vgl. BGH, Urteile vom 11. Juni 1980 - VIII ZR 174/79 - NJW 1980, 2518, 2519 unter II 2. c); vom 19. November 2002 - X ZR 253/01 - NJW 2003, 746, 747 unter III. 2. a) m.w.N.; vom 21. September 2005 aaO S. 1717 f unter II. 3.b) und vom 13. Dezember 2006 aaO Rn. 23 ff).

Leider mischt diese Rechtsansicht die Voraussetzungen von starren Kostenelementklauseln (sämtliche Bezugsgrößen offengelegt) bei denen auch der Versorger kein Ermessen mehr ausüben kann mit der Idee des § 315 eine einseitige Preisbestimmung nach billigem Ermessen ausüben zu können. Ich halte das für verfehlt, da hier verschiedene Prinzipien durcheinander geworfen werden.

Wenn der Versorger vorab Zeitabstände, Bezugsgrößen und Kostengewichtung einer Anpassung nennen kann, dann braucht er das Ermessen nach § 315 BGB ohnehin nicht mehr.
Titel: Wirksamkeit von Preisanpassungsklauseln
Beitrag von: RR-E-ft am 12. September 2008, 14:35:43
@Black

Der weite Spielraum der Billigkeit genügt den Anforderungen, die § 307 BGB an die Konkretisierung stellt, nicht.

Der Vorbehalt von Preiserhöhungen für den Fall, dass sich die Kosten nicht erhöhen, wäre sowieso unangemssen benachteiligend. Also können Preiserhöhungen nur für den Fall von Kostenerhöhungen vorbehalten werden, um eine Gewinnschmälerung zu vermeiden.

Eine solche Preisänderung infolge nachträglich eintretender Kostenerhöhungen muss sich jedoch anhand der Klausel selbst kontrollieren lassen, woraus sich die vom BGH  weiter aufgestellten  Voraussetzungen zwingend ergeben.

Ich gestehe jedoch zu, dass auch nach meiner Auffassung der BGH nicht davor gefeit ist, Regelungssysteme durcheinanderzubringen, so zB. in BGH, Urt. v. 13.06.2007 (VIII ZR36/06) den Regelungsgehalt des § 315 BGB einerseits und das Regelungsregime der §§ 145 ff. BGB andererseits. Das kommt schon mal vor. Hinsichtlich der Inhaltskontrolle von Preisänderungsklauseln gem. § 307 BGB  liegt ein solcher Verstoß jedoch nicht vor.
Titel: Wirksamkeit von Preisanpassungsklauseln
Beitrag von: Black am 12. September 2008, 14:38:44
Zitat
Original von RR-E-ft

Der Vorbehalt von Preiserhöhungen für den Fall, dass sich die Kosten nicht erhöhen, wäre sowieso unangemssen benachteiligend. Also können Preiserhöhungen nur für den Fall von Kostenerhöhungen vorbehalten werden, um eine Gewinnschmälerung zu vermeiden.

Eine Preiserhöhung ohne gestiegene Bezugskosten hätte aber im Rahmen einer Billigkeitskontrolle auch keinen Bestand.
Titel: Wirksamkeit von Preisanpassungsklauseln
Beitrag von: RR-E-ft am 12. September 2008, 14:39:41
@Black

Mag sein.

Darauf kommt es jedoch für die Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB nun wirklich nicht an, vgl. nur BGH, Urt. v. 13.07.2004 (KZR 10/03) unter II.6.

Bei der Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB geht es nicht um eine Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB.

Da bringen Sie etwas durcheinander.

Im Übrigen fiele eine Preiserhöhung bei der Billigkeitskontrolle auch bei gestiegenen Beschaffungkosten dann durch, wenn diese gestiegenen Beschaffungskosten durch rückläufige andere Kosten kompensiert werden.

Damit eine Preiserhöhung anhand einer Preisänderungsklausel selbst kontrolliert werden kann, erfordert § 307 BGB deshalb, dass die preisbildenden Faktoren und deren Gewichtigung an der Kalkulation des Preises bereits in der Klausel selbst offen gelegt werden.
Titel: Wirksamkeit von Preisanpassungsklauseln
Beitrag von: Black am 12. September 2008, 14:51:12
Ich vermag durchaus zwischen Inhaltskontrolle und Billigkeitskontrolle zu trennen. Stelle aber fest, dass damit für § 315 BGB in Sonderkunden AGB zwei Kontrollhürden aufgestellt sind, die bei gleicher inhaltlich Ausrichtung den gleichen Effekt haben.
Titel: Wirksamkeit von Preisanpassungsklauseln
Beitrag von: RR-E-ft am 12. September 2008, 14:56:12
@Black

Dann trennen Sie mal. Eine solche Trennung ist wirklich erforderlich.

Es erfolgt nur eine Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB, jedoch gerade keine Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB, vgl. nur BGH, Urt. v. 13.07.2004 (KZR 10/03 unter II.6). § 315 BGB hat dabei nämlich schon keinen Anwendungsbereich.

Zitat
§ 315 BGB scheidet als unmittelbare Rechtfertigung einer Klausel schon deshalb aus, weil die Vorschrift eine wirksame Anwendungsvereinbarung bereits voraussetzt und die Entscheidung über die Wirksamkeit der Vertragsklausel sich ausschließlich nach den Angemessenheitsmaßstäben des § 307 BGB, § 9 AGBG richtet (BGHZ 89, 206, 213).


Die Rechtsprechung ist vollkommen eindeutig.
Titel: Wirksamkeit von Preisanpassungsklauseln
Beitrag von: Black am 12. September 2008, 15:02:23
Ich verstehe die Rechtsprechung so, dass eine Anwendung des § 315 BGB möglich ist, sofern die betreffende Klausel zugleich den Anforderungen des § 307 BGB entspricht. Da dies in den jeweiligen Entscheidungen nicht der Fall war kippte die klausel nach § 307 BGB und dieser Mangel konnte auch durch eine Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB nicht \"geheilt\" werden.
Titel: Wirksamkeit von Preisanpassungsklauseln
Beitrag von: RR-E-ft am 12. September 2008, 15:06:31
@Black

Das hätten Sie dann falsch verstanden.

§ 307 BGB erfordert eine derartige Konkretisierung, dass der weite Spielraum der Billigkeit einer solchen von Anfang an überhaupt nicht genügen kann, vgl. nur BGH, Urt. v. 13.07.2004 (KZR 10/03) unter II.6.

Der weite Spielraum der Billigkeit passt nicht in das enge Korstett des § 307 BGB. Eher geht ein Kamel durchs Nadelöhr.

Wenn der AGB- Verwender schon mit der Verwendung der Klausel selbst ein eigenes berechtigtes Interesse wahrnimmt, dann kann er nicht später durch eine nach billigem Ermessen zu treffenden Ermessensentscheidung nochmals ein eigenes Interesse wahrnehmen wollen. Das wäre ganz offensichtlich  zuviel Verfolgung eigener Interessen.
Titel: Wirksamkeit von Preisanpassungsklauseln
Beitrag von: sweet sue am 12. September 2008, 15:13:55
Ich sehe neben dem § 307 BGB auch keinen Anwendungsspielraum für § 315 BGB, da die Unangemessenheit iS des § 307 bei der Entscheidung über die Wirksamkeit eine starre -wenn auch abstrakte- Grenze vorgibt. Während die Billigkeit eher einen Rahmen vorgibt, innerhalb dessen durchaus verschiedene Möglichkeiten einer billigen Leistungsbestimmung bestehen.

Außerdem kann auch ganz nah am Gestzestext argumentiert werden, dass nach § 315 BGB die Leistung nur im Zweifel nach billigem Ermessen bestimmt werden soll. Also kann es keine Zweifel mehr geben, wenn tatsächlich eine Preisanpassungsklausel vorliegt, die so transparent ist, dass sie auch wirksam ist.
Titel: Wirksamkeit von Preisanpassungsklauseln
Beitrag von: RR-E-ft am 12. September 2008, 15:42:12
Zitat
Original von sweet sue
Außerdem kann auch ganz nah am Gestzestext argumentiert werden, dass nach § 315 BGB die Leistung nur im Zweifel nach billigem Ermessen bestimmt werden soll. Also kann es keine Zweifel mehr geben, wenn tatsächlich eine Preisanpassungsklausel vorliegt, die so transparent ist, dass sie auch wirksam ist.

Das stimmt so nicht ganz.

Die Leistung (hier der zu zahlende Preis) ist bei Vertragsabschluss vertraglich vereinbart worden und eben kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht diesbezüglich. Nur dann, wenn ein Leistungsbestimmungsrecht überhaupt vereinbart wurde, ist ein solches im Zweifel - also wenn in Bezug auf dieses nichts anderes vereinbart wurde- der Billigkeit entsprechend (arbitium boni viri) auszuüben. Hatte man jedoch konkrete Regelungen zur Ausübung eines vereinbarten Bestimmungsrechts getroffen, so kann der weite Maßstab der Billigkeit nicht gelten.
Titel: Wirksamkeit von Preisanpassungsklauseln
Beitrag von: RuRo am 12. September 2008, 15:44:44
Tut mir leid, dass ich die begonnene rechtliche Diskussion noch mit meiner Antwort an Ronny stören muss.

@Ronny

Ich hatte es schon an anderer Stelle geäußert – für mich persönlich ist die Argumentation von RA Fricke nachvollziehbar und stichhaltig.

Zitat
Original von Ronny
Jede einzelne AGB-Preisanpassungsklausel ist gesondert zu bewerten. Pauschalisierungen sind hier völlig fehl am Platze!

Da bin ich völlig Ihrer Meinung.

Zitat
Original von Ronny
Warum sollte außerdem ein Kunde außerhalb der Grundversorgung, der schon günstigere Vertragskonditionen in Anspruch nicht, eigentlich rechtlich besser gestellt sein als ein Grundversorgungskunde, und keinerlei Preiserhöhungen bezahlen müssen?

Ich kann ja nachvollziehen, dass viele Cleverle eine Chance sehen, eine Menge Geld zu sparen, aber mit Gerechtigkeit hat das nichts zu tun.

Fragen Sie die Versorger, das ist nicht mein Part. Ggf. spielt der Verbrauch eine Rolle.

Ich sage Ihnen aber, dass es eine Verhaltensweise der Versorger gibt, da bleibt nur Kopfschütteln. Klar, dass der Versorgerseite die Rechtsprechung des BGH vom 13.06.07 grundsätzlich besser gefallen hat; das Urteil vom 29.04.08 des Kartellsenats dafür weniger Beachtung findet. Ihre Beiträge vermitteln mir dieselben Vorlieben, aber das nur am Rande.

Es geht nicht um Cleverle sein oder nicht. Es geht darum einer Zielvorgabe oder einem Leitbild gerecht zu werden – effiziente und preisgünstige Versorgung mit Energie. Sie können nicht wirklich glauben, dass kWh-Preise von 7,xx Ct beim Heizen mit Erdgas angemessen sind. Schauen Sie die BAFA-Statistik an, vergleichen Sie Geschäftsberichte der Vorlieferanten und die darauf aufbauende Preisentwicklung eines beliebigen Versorgers. Da wird einem schon mal schummrig.

Zitat
Original von Ronny
Zu guter Letzt: Was wäre denn die Folge, wenn Preisanpassungen im laufenden Vertragsverhältnis unwirksam wären? Die Versorgungsunternehmen müssten alle Normsonderkundenverträge kündigen und würden nur noch Festpreisprodukte oder Grundversorgungstarife anbieten. Dass dies nicht zu sinkenden Preisen führen würde, dürfte allgemeine Meinung sein.

Man soll ja eine Frage nicht mit einer Gegenfrage beantworten. Doch ich bin mal nicht so: Aus dem gegebenen Szenario erkennen die Versorger viel zu spät, dass sich die vermeintlichen Grundversorgungsverträge als Normsonderkundenverträge entpuppen. Damit gibt es keine wirksam einbezogenen AGB\'s ins Vertragsverhältnis; wie soll der Vertrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Landeskartellamts NRW wirksam gekündigt werden können?

Es ist schon klar, dass diese Situation den Versorgern Kopf- und Bauchweh bereitet. Doch das kann wirklich nicht das Problem des Verbrauchers als schwächerer Vertragspartei sein.

Sinkende Preise benötigen Wettbewerb.
Titel: Wirksamkeit von Preisanpassungsklauseln
Beitrag von: RR-E-ft am 12. September 2008, 16:00:58
@RuRo

Ein vertraglich vereinbarter Preis gilt.  Das ist vollkommen unabhängig von der Frage, ob das Preisniveau nun überhöht ist oder nicht. Ein vertraglich vereinbarter Preis kann kartellrechtswidrig überhöht und deshalb insoweit unwirksam sein. Das steht aber wieder auf einem vollkommen anderen Blatt.

Der Preis kann nur dann einseitig neu festgesetzt werden, wenn ein einseitiges Leistungbsetimmungsrecht bei Vertragsabschluss vereinbart wurde. Dann besteht auch eine Verpflichtung zur Preisneufestsetzung in direkter Anwendung des § 315 BGB, sonst nicht. Ein solches einseitiges Leistungsbestimmungsrecht i.S.v. § 315 Abs. 1 BGB kann sich auch aus dem Gesetz ergeben, was bei Sondervertragskunden jedoch nicht der Fall ist.

Ein vertraglich vereinbarter  Preis kann zudem erhöht werden, wenn eine wirksame Preiserhöhungsklausel im Vertrag enthalten ist, sonst nicht. Die Erhöhung richtet sich bei wirksamer Klausel nach den konkret genannten Anlässen und Maßstäben, die in der Klausel genannt sein müssen.

Das alles gilt generell, nicht nur im Energiebereich.
Titel: Wirksamkeit von Preisanpassungsklauseln
Beitrag von: Black am 12. September 2008, 16:04:21
Im Sonderkundenbereich wird die Zukunft den befristeten Festpreisen gehören. In diese werden entsprechende Risikozuschläge für die Gefahr von gestiegenen Bezugskosten bereits mit eingerechnet sein.
Titel: Wirksamkeit von Preisanpassungsklauseln
Beitrag von: RuRo am 12. September 2008, 16:08:31
Zitat
Original von RR-E-ft

Ein vertraglich vereinbarter Preis gilt.  Das ist vollkommen unabhängig von der Frage, ob das Preisniveau nun überhöht ist oder nicht. Ein vertraglich vereinbarter Preis kann kartellrechtswidrig überhöht und deshalb insoweit unwirksam sein. Das steht aber wieder auf einem vollkommen anderen Blatt.

Der Preis kann nur dann einseitig neu festgesetzt werden, wenn ein einseitiges Leistungbsetimmungsrecht bei Vertragsabschluss vereinbart wurde. Dann besteht auch eine Verpflichtung zur Preisneufestsetzung in direkter Anwendung des § 315 BGB, sonst nicht.

Der Preis kann zudem erhöht werden, wenn eine wirksame Preiserhöhungsklausel im Vertrag enthalten ist, sonst nicht. Die Erhöhung richtet sich bei wirksamer Klausel nach den konkret genannten Anlässen und Maßstäben, die in der Klausel genannt sein müssen.

Das alles gilt generell, nicht nur im Energiebereich.

Ich sage mal, dass hab\' ich alles kapiert. Offenbar bin ich bei der schriftlichen Umsetzung noch zu oberflächlich  :rolleyes:

In meiner Antwort an Ronny ging es mir jedoch um die Kündigungsmöglichkeit eines Normsondervertrags, der sich erst nach Vertragsschluss als solcher entpuppt und damit überhaupt keine wirksamen AGB\'s vor Vertragsschluss einbezogen haben kann. Es ging mir gerade nicht um eine Preisänderungsklausel.
Titel: Wirksamkeit von Preisanpassungsklauseln
Beitrag von: RR-E-ft am 12. September 2008, 16:10:10
@Black

So richtig verstehe ich nicht, dass es möglich sein sollte, nun noch weitere Risikozuschläge in die Preise einzukalkulieren. Stünde dem nicht etwa der seit Jahrzehnten so scharfe Wettbewerb mit Heizöl und anderen Energieträgern entgegen?!

Man weiß ja schon heute nicht, welche Risiko- oder aber risikolosen Zuschläge einkalkuliert sind. Darum wird ja oft gestritten, wenn es überhaupt darauf ankommt. Möglicherweise wusste man längst um die Unwirksamkeit der Klauseln und hat deshalb bereits seit Jahren mit Rücksicht darauf hohe Risikozuschläge einkalkuliert ebenso wie mit Rücksicht darauf, dass die wettbewerbslose Zeit irgendwann einmal zu Ende gehen könnte.

Möglicherweise ist allein deshalb das Preisniveau überhöht.

Es wird wohl weiter  entscheidend darauf ankommen, ob die noch weiter zuschlagsbehafteten Preise nicht etwa gem. § 29 GWB kartellrechtswidrig überhöht sind.
Titel: Wirksamkeit von Preisanpassungsklauseln
Beitrag von: Black am 12. September 2008, 16:11:42
Zitat
Original von RuRo
In meiner Antwort an Ronny ging es mir jedoch um die Kündigungsmöglichkeit eines Normsondervertrags, der sich erst nach Vertragsschluss als solcher entpuppt und damit überhaupt keine wirksamen AGB\'s vor Vertragsschluss einbezogen haben kann. Es ging mir gerade nicht um eine Preisänderungsklausel.

Was ist das denn für eine abstruse Konstruktion?
Titel: Wirksamkeit von Preisanpassungsklauseln
Beitrag von: RR-E-ft am 12. September 2008, 16:19:09
@RuRo

Das verstehe ich auch nicht.

Es hat kein Kunde Anspruch darauf, auf alle Zeit aufgrund eines einmal geschlossenen Vertrages, der keine wirksame Preisänderungsklausel enthält, zu unveränderten Konditionen beliefert zu werden. Solche Verträge können gekündigt werden. Ein Sondervertrag als solcher kann außerhalb der gesezlichen Versorgungspflicht natürlich auch vom Lieferanten gekündigt werden. Die Kündigung darf jedoch nicht kartellrechtswidrig diskriminierend sein. Ein auf dem sachlich, räumlich und zeitlich abzugrenden Markt marktbeherrschendes Unternehmen muss seine Kunden gleich behandeln und kann also nicht einzelnen Kunden diese Verträge kündigen, anderen Kunden gegenüber hingegen nicht. Wenn muss man allen Kunden mit gleichen Verträgen kündigen, um keinen betroffenen Kunden  zu diskriminieren.
Titel: Wirksamkeit von Preisanpassungsklauseln
Beitrag von: RuRo am 12. September 2008, 16:21:41
@Black

Das sind genau die Vertragsverhältnisse, die vom Versorger als Tarifkundenvertrag beklagt werden obwohl sie es nicht sind, sich in der gerichtlichen Auseinandersetzung auch als Sonderverträge herausstellen und denen bei Vertragsschluss gerade mal eben die AVBxxx beigegeben waren.

Das ist nicht abstrus - das ist Realität.  ;)
Titel: Wirksamkeit von Preisanpassungsklauseln
Beitrag von: RR-E-ft am 12. September 2008, 16:25:56
@RuRo

Lassen wir das.
Titel: Wirksamkeit von Preisanpassungsklauseln
Beitrag von: Black am 12. September 2008, 17:18:48
Zitat
Original von RR-E-ft
Zitat
Original von Black
Ich verstehe die Rechtsprechung so, dass eine Anwendung des § 315 BGB möglich ist, sofern die betreffende Klausel zugleich den Anforderungen des § 307 BGB entspricht. Da dies in den jeweiligen Entscheidungen nicht der Fall war kippte die klausel nach § 307 BGB und dieser Mangel konnte auch durch eine Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB nicht \"geheilt\" werden.

@Black
Das hätten Sie dann falsch verstanden.

§ 307 BGB erfordert eine derartige Konkretisierung, dass der weite Spielraum der Billigkeit einer solchen von Anfang an überhaupt nicht genügen kann, vgl. nur BGH, Urt. v. 13.07.2004 (KZR 10/03) unter II.6.
Der weite Spielraum der Billigkeit passt nicht in das enge Korstett des § 307 BGB. Eher geht ein Kamel durchs Nadelöhr.

Wenn der AGB- Verwender schon mit der Verwendung der Klausel selbst ein eigenes berechtigtes Interesse wahrnimmt, dann kann er nicht später durch eine nach billigem Ermessen zu treffenden Ermessensentscheidung nochmals ein eigenes Interesse wahrnehmen wollen. Das wäre ganz offensichtlich  zuviel Verfolgung eigener Interessen.

Die Zulässigkeit der Einbeziehung des § 315 BGB bei einer zweistufigen Prüfung (§§ 307, 315 BGB) wird übrigens auch von Ulmer vertreten:

Ulmer/Brandner/Hensen, AGB Recht, zu Vorb. § 307, Rdn. 67

Zitat
Ulmer Vorb. § 307, Rdn. 67§ 315 BGB ist dagegen anwendbar, sofern tatsächlich in AGB ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht wirksam vereinbart wurde. Die vorformulierte Einräumung eines solchen einseitigen Gestaltungsrechts in AGB unterliegt der Inhaltskontrolle nach Maßgabe der §§ 307-309, wobei insbesondere (...) die Anforderungen des Transparenzgebotes zu beachten sind. Nur wenn diese erste Stufe erfolgreich absolviert und die klausel wirksam ist kommt es auf einer zweiten Stufe zu der Untersuchung, ob die Ausübung der eingeräumten Gestaltungsmacht im Einzelfall dem billigen Ermesen entspricht.
Titel: Wirksamkeit von Preisanpassungsklauseln
Beitrag von: RR-E-ft am 12. September 2008, 17:26:00
@Black

Ulmer sagt ja auch, dass zuerst die Hürde des § 307 BGB zu nehmen sei. Diese ist mit einem im Übrigen uneingeschränkten Leistungsbestimmungsrecht gem. § 315 BGB nicht zu nehmen. Eher käme ein Kamel durchs Nadelöhr.

Wenn etwa § 4 AVBGasV als AGB einbezogen worden wäre, so ergäbe sich aus einer solchen Klausel  weder auf Tatbestands- noch auf Rechtsfolgenseite etwas zur Änderung eines vereinbarten Gas- Sonderpreises, geschweige denn zu Anlass und Richtlinien einer solchen Anpassung.
Titel: Wirksamkeit von Preisanpassungsklauseln
Beitrag von: Black am 12. September 2008, 17:33:17
Zitat
Original von RR-E-ft
@Black

Ulmer sagt ja auch, dass zuerst die Hürde des § 307 BGB zu nehmen sei. Diese ist mit einem im Übrigen uneingeschränkten Leistungsbestimmungsrecht gem. § 315 BGB nicht zu nehmen. Eher käme ein Kamel durchs Nadelöhr.


Was denn nun? Es ist ein Unterschied ob etwas rechtlich unzulässig ist, oder die Hürde in der Praxis nur schwer zu überwinden ist.

Sie meinen Ulmer beschreibt extra eine zweistufige Prüfungsfolge, obwohl bereits Stufe 1. rechtlich niemals erfüllt werden kann?
Titel: Wirksamkeit von Preisanpassungsklauseln
Beitrag von: RR-E-ft am 12. September 2008, 17:40:21
@Black

Die Motive von Ulmer sind mir nicht bekannt.

Die Hürde des § 307 BGB ist m.E. nicht zu nehmen.
Nicht meint gar nicht und nicht etwa schwer.

Wird eine Preisänderung allein von einer der Billigkeit entsprechenden Ermessensentscheidung abhängig gemacht, ist dies nicht geeignet,  eine notwenig hinreichende Konkretisierung hinsichtlich Anlass und Richtlinien zu gewährleisten.

Hätte man eine notwendig hinreichende Konkretisierung, so muss sich die Anpassung nach dieser richten, nicht aber nach dem weiten Spielraum der Billigkeit.

Nochmals:

Der BGH verlangt, dass man die Preisänderung anhand der Klausel selbst auf ihre Berechtigung hin kontrollieren kann. Das ist dann nicht der Fall, wenn dafür erst noch eine gerichtliche Billigkeitskontrolle erforderlich ist. Das eine schließt das andere aus.
Titel: Wirksamkeit von Preisanpassungsklauseln
Beitrag von: Black am 12. September 2008, 17:46:24
Zitat
Original von RR-E-ft

Nochmals:

Der BGH verlangt, dass man die Preisänderung anhand der Klausel selbst auf ihre Berechtigung hin kontrollieren kann. Das ist dann nicht der Fall, wenn dafür erst noch eine gerichtliche Billigkeitskontrolle erforderlich ist. Das eine schließt das andere aus.

Also vertritt Ulmer eine vom BGH abweichende Ansicht?

Zitat
Original von RR-E-ftDie Hürde des § 307 BGB ist m.E. nicht zu nehmen.
Nicht meint gar nicht und nicht etwa schwer .

Dann würde Ulmer sinnlose Phrasen schreiben. Wenn er ein Ergebnis in Aussicht stellt - Klausel X ist wirksam unter Bedingung Y und Bedingung Y niemals erfüllt werden könnte, dann wäre diese Aussage wertlos und in einem Kommentar überflüssig.
Titel: Wirksamkeit von Preisanpassungsklauseln
Beitrag von: RR-E-ft am 12. September 2008, 17:50:49
@Black

Ich weiß nicht, ob Ulmer eine vom BGH abweichende Meinung vertritt. Es wäre ihm jedenfalls nicht verboten.

Bezieht sich Ulmer denn überhaupt auf Preisänderungsklauseln, also auf die nachträgliche Änderung der vertraglichen Haupt- Gegenleistung?

Das kann entscheidend sein, vgl. BGH, Urt. v. 29.04.2008 (KZR 2/07) Rdn. 23.

Zitat
Wird eine Preisänderung allein von einer der Billigkeit entsprechenden Ermessensentscheidung abhängig gemacht, ist dies nicht geeignet, eine notwenig hinreichende Konkretisierung hinsichtlich Anlass und Richtlinien zu gewährleisten.

Hätte man eine notwendig hinreichende Konkretisierung, so muss sich die Anpassung nach dieser richten, nicht aber nach dem weiten Spielraum der Billigkeit.

Nochmals:

Der BGH verlangt, dass man die Preisänderung anhand der Klausel selbst auf ihre Berechtigung hin kontrollieren kann. Das ist dann nicht der Fall, wenn dafür erst noch eine gerichtliche Billigkeitskontrolle erforderlich ist. Das eine schließt das andere aus.



Ich habe da dieses Werk von BBH zu § 315 BGB. Das ist auch voller Phrasen. Von denen weiß ich jedoch, dass es ihnen dabei ums Geldverdienen ging. Möglicherweise gilt es manchmal, einfach noch ein paar Seiten zu füllen. Wie gesagt, die Motive des Autors sind mir nicht bekannt.
Titel: Wirksamkeit von Preisanpassungsklauseln
Beitrag von: Black am 12. September 2008, 18:05:43
Zitat
Original von RR-E-ft
@Black

Ich weiß nicht, ob Ullmer eine vom BGH abweichende Meinung vertritt. Es wäre ihm jedenfalls nicht verboten.

Bezieht sich Ullmer denn überhaupt auf Preisänderungsklauseln, also auf die nachträgliche Änderung der vertraglichen Haupt- Gegenleistung?

Das kann entscheidend sein, vgl. BGH, Urt. v. 29.04.2008 (KZR 2/07) Rdn. 23.

Ich habe da dieses Werk von BBH zu § 315 BGB. Das ist auch voller Phrasen. Von denen weiß ich jedoch, dass es ihnen dabei ums Geldverdienen ging. Möglicherweise gilt es manchmal, einfach noch ein paar Seiten zu füllen. Wie gesagt, die Motive des Autors sind mir nicht bekannt.

So kann man auch mit abweichenden Rechtsansichten umgehen. Der Mann heißt Ulmer, nicht Ullmer.
Titel: Wirksamkeit von Preisanpassungsklauseln
Beitrag von: RR-E-ft am 12. September 2008, 18:08:08
@Black

Mein Fehler. Kein Wunder, dass ich dessen Nummer nicht im Telefonbuch finde, um ihn ggf. wegen des Hintergrundes zu befragen.

In der Entscheidung BAG v. 12.01.2005 (5 AZR 364/04) ging es um die Frage der Wirksamkeit eines Widerrufsrechts in den AGB des Arbeitsvertrages. Dabei heißt es:

Zitat
Die Vertragsregelung der Parteien wird den formellen Anforderungen von §308 Nr.4, §307 BGB nicht gerecht.

a)Was die Vertragsregelung enthalten muss, richtet sich nicht allein nach §307 Abs.1 Satz2 BGB. Die Bestimmung muss nicht nur klar und verständlich sein. Sie darf auch als solche nicht unangemessen benachteiligen; die Vereinbarung des konkreten Widerrufsrechts muss zumutbar sein. Das bedeutet: Die Bestimmung muss die Angemessenheit und Zumutbarkeit erkennen lassen. Der Maßstab von §307 Abs.1, Abs.2, §308 Nr.4 BGB muss nach dem Text der Klausel zum Ausdruck kommen. Es muss sich aus der Regelung selbst ergeben, dass der Widerruf nicht ohne Grund erfolgen darf (BGH v. 3.6.1998 … VIII ZR 317/97, NJW 1998, 3114, zu III 3 der Gründe; BGH v. 17.2.2004 … XI ZR 140/03, BGHZ 158, 149 = ZIP 2004, 798, zu II 2 b bb der Gründe, dazu EWiR 2004, 587 (Hensen)).

b)Voraussetzungen und Umfang der vorbehaltenen Änderungen müssen möglichst konkretisiert werden. Die widerrufliche Leistung muss nach Art und Höhe eindeutig sein, damit der Arbeitnehmer erkennen kann, was ggf. ¹auf ihn zukommt“. Diese Anforderung lässt sich auch angesichts der Besonderheiten des Arbeitsrechts (§310 Abs.4 Satz2 BGB) im Regelfall erfüllen. Bei den Voraussetzungen der Änderung, also den Widerrufsgründen, lässt sich zumindest die Richtung angeben, aus der der Widerruf möglich sein soll (wirtschaftliche Gründe, Leistung oder Verhalten des Arbeitnehmers). Welches die Gründe sind, ist keineswegs selbstverständlich und für den Arbeitnehmer durchaus von Bedeutung. Der Grad der Störung (wirtschaftliche Notlage des Unternehmens, negatives wirtschaftliches Ergebnis der Betriebsabteilung, nicht ausreichender Gewinn, Rückgang der bzw. Nichterreichen der erwarteten wirtschaftlichen Entwicklung, unterdurchschnittliche Leistungen des Arbeitnehmers, schwerwiegende Pflichtverletzungen) muss konkretisiert werden, wenn der Verwender hierauf abstellen will und nicht schon allgemein auf die wirtschaftliche Entwicklung, die Leistung oder das Verhalten des Arbeitnehmers gestützte Gründe nach dem Umfang des Änderungsvorbehalts ausreichen und nach der Vertragsregelung auch ausreichen sollen.

c)Der Arbeitsvertrag der Parteien nennt keine Widerrufsgründe. Vielmehr soll die Beklagte das Recht haben, die genannten Leistungen \"jederzeit unbeschränkt“ zu widerrufen. Dieser Änderungsvorbehalt ist nicht zumutbar.

Zitat
Neben der Inhaltskontrolle steht weiterhin die Ausübungskontrolle im Einzelfall gem. §315 BGB. Die Erklärung des Widerrufs stellt eine Bestimmung der Leistung durch den Arbeitgeber nach §315 Abs.1 BGB dar. Der Widerruf muss im Einzelfall billigem Ermessen entsprechen. Daran hat die generelle Regelung der §§305ff. BGB nichts geändert. Der Umfang des Widerrufsrechts wird hier nicht durch objektive Beurteilungsmaßstäbe abschließend festgelegt (vgl. Palandt/Heinrichs, aaO, §315 BGB Rz.6; Preis, aaO, §§305 bis 310 BGB Rz.8, 51, 52, 61 m.w.N.).

Das bedeutet nun jedoch nicht, dass es zulässig wäre, in die AGB einen Widerrufsvorbehalt aufzunehmen, wonach der Verwender ein allein nach billigem Ermessen auszuübendes Widerrufsrecht hat. Ein solcher Widerrufsvorbehalt verstieße gegen § 307 BGB, ohne dass es danach erst  noch zu einer Ausübungskontrolle im Einzelfall gem. § 315 BGB kommt.

Für eine Preiserhöhungsklausel bedarf es eines berechtigten Interesses. Ein solches besteht in Bezug auf einen unvorhersehbaren, vom Klauselverwender nicht beeinflussbaren nachträglichen Kostenanstieg.
Erforderlich ist aber, dass Anlass, Richtlinien einer Preiserhöhung in der Klausel konkret festgelegt werden. Die Kalkulation muss bereits in der Klausel selbst offen gelegt werden.
Titel: Wirksamkeit von Preisanpassungsklauseln
Beitrag von: RR-E-ft am 16. September 2008, 14:52:40
@Black

OLG Oldenburg, Urt. v. 05.09.2008 (12 U 49/07) (http://app.olg-ol.niedersachsen.de/efundus/volltext.php4?id=4808&ident=)

@Ronny

Was sagen Sie denn ggf. zum Inhalt dieses Urteils des OLG Oldenburg?

Zitat
Die von der Beklagten verwendeten Bestimmungen sind unwirksam, weil sie gegen das Transparenzgebot verstoßen (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB). Das Transparenzgebot ist aus zwei Gründen verletzt. Zum einen kann - selbst der juristisch vorgebildete - Kunde aus § 4 AVBGasV sowie § 5 Abs. 2 GasGVV nicht mit der erforderlichen Sicherheit entnehmen, dass der Versorger hiermit ein einseitiges Preisanpassungsrecht zu seinen Gunsten begründen will. Zum anderen sagen die Bestimmungen nichts darüber aus, nach welchen Regeln eine Preisanpassung vollzogen werden soll.

Das Transparenzgebot verpflichtet den Verwender, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen (BGHZ 106, 49. BGH NJW 2000, 651. 2001, 2014,16). Begründet eine Klausel wirtschaftliche Belastungen, ist es ein Gebot von Treu und Glauben, die Nachteile so klar zu formulieren, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (BGH NJW 1999, 2279. BGH NJW 2001, 2014, 2016). Für die Wirksamkeit einer Preisanpassungsklausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen kommt es danach entscheidend darauf an, dass der Vertragspartner des Verwenders die Möglichkeit und den Umfang der auf ihn zukommenden Preissteigerungen beim Vertragsschluss aus der Formulierung der Klausel erkennen und die Berechtigung einer von dem Verwender vorgenommenen Erhöhung an der Ermächtigungsklausel selbst messen kann. Das Transparenzgebot soll verhindern, dass der Verwender durch einen ungenauen Tatbestand oder eine ungenaue Rechtsfolge ungerechtfertigte Beurteilungsspielräume in Anspruch nehmen und das vertragliche Äquivalenzverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung zu seinen Gunsten verschieben kann (OLG Stuttgart NJWRR 2005, 858. OLG Bremen a.a.O. = Bd. III Bl. 68, 78 d.A.. PalandtGrüneberg § 307 Rz. 23 ). Die tatbestandlichen Voraussetzungen und die Rechtsfolgen der Klausel müssen deshalb für den anderen Vertragsteil aus der Sicht eines aufmerksamen und sorgfältigen Betrachters nachprüfbar sein und dürfen keine Irreführung bewirken. Dies muss insbesondere im Rahmen einseitiger Leistungsbestimmungsrechte, die sich ein Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen vorbehält, beachtet werden. Solche Rechte sind in besonderer Weise geeignet, das Interesse des Vertragspartners an jederzeitiger Kenntnis der vertraglichen Rechts und Pflichtenlage unzumutbar zu beeinträchtigen. Klauseln, die eine Preisanpassung wegen und auf der Grundlage sich verändernder Kosten (sog. Kostenelementeklauseln) vorsehen, sind danach unwirksam, wenn sie dem Verwender nicht nur einen Ausgleich für gestiegene Kosten, sondern eine zusätzliche Gewinnerzielung ermöglichen (BGH NJW 2005, 1717. NJW 2007, 1054, 1055. OLG Frankfurt vom 13.12.2007 – 1 U 41/07 = Bd. III Bl. 2664, 270 d.A.. OLG Köln OLGR 2006, 341). Dementsprechend sind Preisanpassungsklauseln nur zulässig, wenn die Befugnis des Verwenders zu Preisanhebungen von Kostenerhöhungen abhängig gemacht wird und die einzelnen Kostenelemente sowie deren Gewichtung bei der Kalkulation des Gesamtpreises offen gelegt werden, so dass der andere Vertragsteil bei Vertragsschluss die auf ihn zukommenden Preissteigerungen einschätzen kann (BGH NJW 2007, 1054, 1055. OLG Bremen a.a.O. = Bd. III Bl. 68, 79. OLG Celle vom 17. Januar 2008 – 13 U 152/07 = Bd. IV Bl. 122, 124 d.A.).

Diesen Anforderungen genügen die Regelungen in § 4 AVBGasV und § 5 GasGVV offensichtlich nicht.

Zunächst lassen sie nicht erkennen, dass hiermit überhaupt ein Preisanpassungsrecht begründet werden sollte. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen zum Wortlaut und zum rechtlichen Hintergrund der Vorschriften Bezug genommen werden. Selbst wenn man insoweit dem Rechtsstandpunkt der Beklagte folgen wollte, so erschließt sich die Absicht, durch die Verweisung ein Preisänderungsrecht zu schaffen, für den juristischen Laien erst über einen Rückschluss sowie durch eine Auswertung einzelner energierechtlicher Kommentarstellen bzw. der erst in neuerer Zeit ergangenen Rechtsprechung zur Rechtslage bei allgemeinen Tarifkunden.

Außerdem sind die Regelungen inhaltlich intransparent. Sie nennen kein einziges Kriterium, aus dem sich die sachlichen Voraussetzungen und der zulässige Umfang einer Preisänderung ergeben könnten. Das gleiche gilt für die ergänzende Bestimmung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die die Beklagte ab dem 1. April 2007 ihren Verträgen zugrunde legen will. Zwar heißt es dort, dass sich die Preise im Sonderkundenbereich in gleicher Weise ändern würden wie im Bereich der Grundversorgung. Da es aber an einer transparenten Regelung für die Grundversorgung fehlt, erfasst dieser Mangel auch die Bestimmung über die Sonderkunden.

Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass den Bestimmungen der AVBGasV bzw. GasGVV eine „Leitbildfunktion im weiteren Sinne“ zukommen kann und sie damit einen Hinweis darauf geben können, was auch im Vertragsverhältnis mit Sonderabnehmern als (noch) im Einklang mit § 307 BGB anzusehen ist (vgl. BGH vom 29. April 2008 – KZR 2/07. NJW 1998, 1640, 1642. Wolf/Horn/LindacherHorn a.a.O. § 23 Rz. 143. abl. etwa Münchener KommentarBasedow a.a.O. § 310 Rz. 16). Selbst wenn für die hier in Rede stehenden § 4 AVBGasV bzw. § 5 GasGVV das Leitbild zeigen sollte, dass der Gesetzgeber die Möglichkeit von Preisänderungen im laufenden Vertragsverhältnis befürwortet, gibt es zumindest keine Antwort auf die entscheidungserhebliche Frage, unter welchen Voraussetzungen, zu welchen Zeitpunkten und in welchem Umfang Preise erhöht werden dürfen oder auch wieder gesenkt werden müssen (OLG Hamm vom 6. März 2008 – 2 U 114/07). Ein Leitbild für eine ausgewogene Regelung, die beiden Vertragsseiten gerecht wird, müsste die Kriterien aufzeigen, nach denen die Anpassung der Preise stattfinden soll. Denn nur dadurch würde dem Kunden die erforderliche Kontrollmöglichkeit verschafft werden. Ohne Festlegung dieser Voraussetzungen hätte er insbesondere im Fall einer Kostensenkung keine Möglichkeit, eine Preisermäßigung durchzusetzen. Da er nicht einmal weiß, welche Kosten mit welcher Gewichtung in die Kalkulation eingehen, könnte beispielsweise sein Hinweis auf gesunkene Bezugskosten ohne weiteres durch das Argument entkräftet werden, es seien inzwischen Kostensteigerungen in anderen Bereichen eingetreten.

Im Übrigen wäre es unbillig, wenn Preisanpassungsklauseln, welche die für eine Preisänderung maßgebenden Kostenelemente (detailliert) benennen und damit für den Verbraucher eine gewisse Transparenz schaffen, bei der Wirksamkeitsprüfung einer strengeren Kontrolle unterlägen als eine Klausel, die sich allein auf einen nichts sagenden Verordnungstext bezieht (OLG Celle vom 17. Januar 2008 – 13 U 152/07).

Die Intransparenz der Regelungen in § 4 AVBGasV bzw. § 5 GasGVV wird auch nicht durch ein Kündigungsrecht der Kläger oder die Möglichkeit einer Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB ausreichend kompensiert. Die Einräumung eines Kündigungsrechts kann den Mangel der Preisanpassungsklausel allenfalls unter bestimmten Bedingungen ausgleichen. Dies hängt von der konkreten Ausgestaltung des Kündigungsrechts ab. Dabei sind die Art des Vertrages, die typischen Interessen der Vertragsschließenden und die die jeweilige Klausel begleitenden Regelungen zu berücksichtigen (BGH NJW 2007, 1054, 1056). Eine Kompensation scheidet im vorliegenden Fall schon deshalb aus, weil den Klägern das Recht zur Lösung vom Vertrag nicht spätestens gleichzeitig mit der Preiserhöhung, sondern erst nach deren Wirksamwerden zugebilligt wird. Ein angemessener Ausgleich setzt aber voraus, dass der Kunde vorab über die beabsichtigte Preisänderung informiert wird und sich vom Vertrag lösen kann, bevor sie wirksam wird (BGH a.a.O.). Das Kündigungsrecht der Kläger nach § 32 Abs. 2 AVBGasV besteht jedoch erst “mit zweiwöchiger Frist auf das Ende des der öffentlichen Bekanntmachung folgenden Kalendermonats“. Nach den vorliegenden Ankündigungen traten die Preiserhöhungen bereits zum 1. des Folgemonats in Kraft, so dass für die Kläger keine rechtzeitige Kündigungsmöglichkeit bestand (vgl. OLG Hamm vom 6. März 2008 – 2 U 114/07). Im Übrigen besteht ein weiterer Nachteil, der geeignet ist, den Kunden von einer vorzeitigen Kündigung Abstand nehmen zu lassen. Ein Ausweichen auf einen anderen Energieträger ist in aller Regel nur mit erheblichem Kostenaufwand durchführbar bzw. für Mieter ohnehin unmöglich (ebenso OLG Hamm vom 6. März 2008 – 2 U 114/07. vgl. auch OLG Dresden vom 11. Dezember 2006 – U 1426/06Kart, S. 19ff. OLG Bremen vom 16. November 2007 – 5 U 42/06). Auch dieser Gesichtspunkt schließt es aus, in der Kündigungsmöglichkeit eine ausreichende Kompensation für die Intransparenz der Klausel zu sehen. Es kann deshalb dahinstehen, ob die Kläger mangels Wettbewerbs von keinem anderen Versorger Erdgas beziehen konnten und deshalb nur die Möglichkeit gehabt hätten, in die teurere Grundversorgung zu wechseln.

Auch eine gerichtliche Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB kann keinen angemessenen Ausgleich für die fehlende Transparenz der Regelung des § 4 AVBGasV bzw. § 5 GasGVV bieten. Der Kunde hat mangels Kenntnis der Preiskriterien keine realistische Möglichkeit, eine Erhöhung des vereinbarten Preises auf ihre Berechtigung zu überprüfen. Dementsprechend kann er nicht beurteilen, ob eine gerichtliche Billigkeitsprüfung überhaupt Aussicht auf Erfolg hat. Folglich kann eine solche Prüfung keinen angemessenen Ausgleich für die fehlende Transparenz der Preisklausel darstellen. Das aus § 307 Abs. 1 BGB folgende Bestimmtheits und Transparenzgebot soll nach Möglichkeit gerade verhindern, dass es im Einzelfall zu gerichtlichen Auseinandersetzungen kommt und der Kunde eine Preiserhöhung nur deshalb hinnimmt, weil sich das zulässige Ausmaß nicht beurteilen lässt (OLG Hamm a.a.O.). Insofern kann die Kontrollmöglichkeit nach § 315 Abs. 3 BGB die notwendige Eingrenzung und Konkretisierung einer AGBKlausel nicht ersetzen (OLG Frankfurt vom 13. Dezember 2007 – 1 U 41/07).