Forum des Bundes der Energieverbraucher

Sonstiges => Der Wasserpreis => Thema gestartet von: Christian Guhl am 03. Januar 2015, 16:43:40

Titel: Veröffentlichung von Preisänderungen
Beitrag von: Christian Guhl am 03. Januar 2015, 16:43:40
Der Wasserverband bei uns will die Trinkwasserpreise zum 01.01. um 25% erhöhen. Die Erhöhung wird gem. § 4 AVBWasserV mit der öffentlichen Bekanntmachung wirksam. Nun ist bis heute nichts in der örtlichen Presse "bekanntgemacht". Lediglich ein Artikel eines Reporters über die Versammlung des Verbandes und den Beschluß, die Preise zu erhöhen. Reicht das aus, um die Veröffentlichungsverpflichtung zu erfüllen ? Ich meine nicht. Der Reporter kann sich ja auch irren oder etwas falsch verstanden haben. Für eine Veröffentlichung müsste m.E. doch der Vorstand verantwortlich zeichnen.
 
Titel: Re: Veröffentlichung von Preisänderungen
Beitrag von: Stromfraß am 03. Januar 2015, 17:49:31
Was steht im § 4 der AVBWasserV?
§ 4 Art der Versorgung
(1) Das Wasserversorgungsunternehmen stellt zu den jeweiligen allgemeinen Versorgungsbedingungen einschließlich der dazugehörenden Preise Wasser zur Verfügung.
(2) Änderungen der allgemeinen Versorgungsbedingungen werden erst nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam. Dies gilt auch für die dazugehörenden Preise, sofern sie nicht dem Kunden im Einzelfall mitgeteilt werden.

Also: entweder offizielle öffentliche Bekanntgabe oder eine persönliche Mitteilung.
Titel: Re: Veröffentlichung von Preisänderungen
Beitrag von: Christian Guhl am 04. Januar 2015, 12:17:10
Soweit war mir das klar. Die Frage ist, ob ein Zeitungsartikel, in dem steht, dass die Preise erhöht werden sollen, eine öffentliche Bekanntgabe darstellt.
Titel: Re: Veröffentlichung von Preisänderungen (Wasserpreiserhöhungen)
Beitrag von: Didakt am 04. Januar 2015, 12:43:31
Soweit war mir das klar. Die Frage ist, ob ein Zeitungsartikel, in dem steht, dass die Preise erhöht werden sollen, eine öffentliche Bekanntgabe darstellt.

Davon ist wohl auszugehen.

Bei dieser exorbitanten Preiserhöhung stellt sich jedoch auch die Frage, ob diese Anpassung mir nichts dir nichts hingenommen werden sollte.

Welche Möglichkeiten bestehen, gegen Wasserpreiserhöhungen rechtlich vorzugehen?

Die Frage stellt sich dabei, ob das Versorgungsverhältnis „Wasser“ öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich geregelt ist? Siehe hierzu auch AVBWasserV (http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/avbwasserv/gesamt.pdf).
Die Antwort darauf ergibt sich aus § 1 Abs. 1 AVBWasserV (Allgemeine Versorgung) oder aus § 1 Abs. 3 AVBWasserV (Gestaltung im Rahmen eines Sondervertragsverhältnisses).
Danach sind ggf. die Einwendungen gem. § 315 BGB oder aber gem. § 307 BGB auszurichten.

Anzunehmen ist, dass in diesem Fall die Allgemeine Versorgung vorliegt (§ 1 (1) AVB). Wenn demnach das Wasser vom Verbraucher einfach aus dem Netz der Kommune entnommen wird, dann liegt ein Fall des § 1 Abs. 1 AVBWasserV vor (Allgemeine Versorgung).
Entscheidend ist, ob die Kommune hierzu eine öffentlich-rechtliche Satzung erlassen und damit das Versorgungsverhältnis öffentlich-rechtlich geregelt hat. Die Einzelheiten müssen dann gem. § 35 AVBWasserV (Öffentlich-rechtliche Versorgung mit Wasser) mit den Bedingungen dieser Verordnung übereinstimmen.
In diesem Fall wäre aufgrund der angekündigten Preiserhöhung eine Billigkeitskontrolle gemäß § 315 BGB angebracht (durchführbar wie bei Strom und Gas).

Anders stellt sich der Fall dar (§ 1 Abs. 3 AVBWasserV), falls der Versorger abweichend von den Regelungen der AVBWasser Vertragsbedingungen angeboten und der Verbraucher diese angenommen hat (§ 305 Abs. 2 BGB).
Im Fall einer solchen privatrechtlichen Versorgung könnte gegen die Preiserhöhung rechtlich gemäß § 24 Abs. 3 AVBWasserV vorgegangen werden (Angemessenheits- und Transparenzkontrolle).
§ 30 AVBWasserV (Zahlungsverweigerung) behindert nicht das Vorgehen gegen den Versorger. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH sind die Bestimmungen des § 30 AVBWasserV auf vertragsrechtliche Einwendungen nicht anwendbar (vgl. BGH, 06.04.2011, Az.: VIII ZR 66/09).

Die Vbz Berlin hat beispielsweise vor Jahren einen Musterbrief gegen Wasserpreiserhöhungen (in Sachen Billigkeitskontrolle) zur Verfügung gestellt.
Titel: Re: Veröffentlichung von Preisänderungen
Beitrag von: Christian Guhl am 05. Januar 2015, 10:37:14
Das Versorgungsverhältnis ist auf Grundlage der AVBWasserV privatrechtlich geregelt. In der AVBWasserV besteht kein Preisänderungsrecht (OLG Celle 07.03.2012 Az.: 7 U 62/11). Ein Preisänderungsrecht aus § 4.1 AVBWasserV herauslesen zu wollen (weil dort von "jeweiligen Preisen" die Rede ist), dürfte nach dem Urteil des EuGH vom 23.10.14 wohl sehr vermessen sein. Zusätzlich zu der AVB wurden "Ergänzende Bestimmungen" erlassen. Diese sind mit AGB gleichzusetzen. Da kein Änderungsvorbehalt vereinbart wurde, können diese nur mit Zustimmung der Kunden geändert werden. Dort sind aber nicht die Preise pro cbm festgelegt, sondern nur die Grundpreise. Diese können demnach schon mal nicht geändert werden. Es war nämlich auch geplant, eine zusätzliche Grundgebühr für den Gartenwasserzähler einzuführen. Wo eigentlich die cbm-Preise stehen, ist mir nicht bekannt. Wahrscheinlich gibt es noch eine Anlage zu den "Ergänzenden Bestimmungen". Eine wirksame Einbeziehung der "Ergänzenden Bestimmungen" hat nicht stattgefunden. Die Dinger kennt kein Mensch. Ich habe sie zufällig gefunden,da sie in der Geschäftstelle des Wasserversorgers auslagen. Dort steht nicht mal drin, ab wann sie gelten. Es herrscht allgemein ein großes Durcheinander. In älteren Rechnungen (so bis 2005) ist von einer Sondervertragsregelung für Gartenwasser die Rede. Obwohl ich selbst schon seit 1990 einen Nebenzähler für Gartenbewässerung habe und den ermässigten Preis dafür zahle, habe ich noch nie einen Sondervertrag gesehen.
Titel: Re: Veröffentlichung von Preisänderungen
Beitrag von: Didakt am 05. Januar 2015, 11:33:03
Wenn das so ist, könnte die Verbraucherschaft mit Hilfe eines kundigen Fachanwalts dieses fragwürdige Konstrukt doch auf den "Kopf stellen"! Warum hat sich da noch niemand gerührt?
Titel: Re: Veröffentlichung von Preisänderungen
Beitrag von: Christian Guhl am 05. Januar 2015, 12:07:18
Sie wissen doch wie träge die Leute sind. Außerdem war das Thema bei uns bisher nicht auf der Tagesordnung. Die Preise wurde zuletzt 1982 erhöht. Zwischendurch gab es sogar eine Senkung. Bei einem Preis von 0,60 € für den cbm Trinkwasser tut es noch nicht weh. Mir geht es aber nicht um die Höhe des Preises, sondern um die Art und Weise wie mit den Kunden umgesprungen wird. Und wenn diese Erhöhung problemlos von den Kunden geschluckt wird, wird es jedes Jahr weitergehen. Der Geschäftsführer des Wasserverbandes ist in der Vergangenheit schon mal mit einer übermässigen Gaspreiserhöhung in Bad Pyrmont aufgefallen. Damals hatte ihn das Kartellamt gestoppt. Ich habe jetzt übrigens die Preisliste gefunden. Wie vermutet ist es die Anlage 2 zur AVBWasserV. Somit dürfte die Preisliste eine AGB darstellen. Weder Änderungsvorbehalt noch einseitiges Preisänderungsrecht sind darin enthalten. Ich sehe das als Festpreisvereinbarung. Um noch mal auf das Anfangsthema zurückzukommen : Wenn eine AGB geändert werden soll, müsste, meiner Meinung nach, der gesamte Text der Veränderung veröffentlicht werden. Eine Zeitungsmeldung "Der Wasserversorger erhöht den Preis um xxx." dürfte da nicht ausreichen.
Titel: Re: Veröffentlichung von Preisänderungen
Beitrag von: RR-E-ft am 05. Januar 2015, 12:10:03
Oftmals besteht ein Anschluss- und Benutzungszwang zur örtlichen Trinkwasserversorgung.
Das örtliche Wasserversorgungsunternehmen hat eine Monopolstellung.
Da es in einm Trinkwassernetzgebiet nicht mehrerere konkurrierende Anbieter gibt, kann sich kein Marktpreis herausbilden.

Der Monopolanbieter unterliegt einem Kontrahierungszwang und  ist zur diskriminierungsfreien Gleichbehandlung aller Abnehmer verpflichtet.
Es liegt deshalb m.E. in der Naur der Sache, dass der Versorger den Wasserpreis einseitig bestimmt undzwar sowohl zu Beginn des Versorgungsverhältnisses wie auch im laufenden Versorgungsverhältnis. Seine einseitige Preisbestimmung unterliegt deshalb der gerichtlichen Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB.

BGH, Urt. v. 13.07.11 Az. VIII ZR 342/09, juris Rn. 36:
Zitat
Insoweit gilt vielmehr, dass Tarife von Unternehmen, die mittels eines privatrechtlich ausgestalteten Benutzungsverhältnisses Leistungen der Daseinsvorsorge anbieten, im Falle einer Monopolstellung des Versorgungsunternehmens, wie sie hier vom Berufungsgericht unangegriffen festgestellt worden ist, nach billigem Ermessen festgesetzt werden müssen und einer Billigkeitskontrolle entsprechend § 315 Abs. 3 BGB unterworfen sind. Demgemäß sind in diesen Fällen, zu denen auch die Tariffestsetzung auf dem Gebiet der Wasserversorgung zählt, die vom Versorgungsunternehmen angesetzten Tarife für den Kunden gemäß § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entsprechen (vgl. BGH, Urteile vom 5. Juli 2005 - X ZR 60/04, WuM 2005, 589 unter II 1, insoweit in BGHZ 163, 321 nicht abgedruckt; vom 21. September 2005 - VIII ZR 7/05, NJW-RR 2006, 133 unter II 1; vom 13. Juni 2007 - VIII ZR 36/06, BGHZ 172, 315 Rn. 33; vom 4. März 2008 - KZR 29/06, NJW 2008, 2175 Rn. 22 ff.).


Hat man eine solche Konstellation, dass der Versorger naturgemäß den Preis einseitig bestimmt, erscheint es nicht zielführend, nach einem Preisänderungsrecht zu fragen. Die vertragliche Preishauptabrede besteht schon darin, dass die Belieferung zum jeweiligen, vom Versorger einseitig zu bestimmenden Tarif erfolgt und nicht zu einem vereinbarten Preis.

Den kontrahierungspflichtigen Versorger trifft eine Preisbestimmungspflicht, welche der Billigkeitskontrolle unterliegt.
Entspricht der einseitig bestimmte Preis nicht der Billigkeit, ist er für die Abnehmer nicht verbindlich, § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB.
Titel: Re: Veröffentlichung von Preisänderungen
Beitrag von: Christian Guhl am 05. Januar 2015, 14:40:54
Hat man eine solche Konstellation, dass der Versorger naturgemäß den Preis einseitig bestimmt, erscheint es nicht zielführend, nach einem Preisänderungsrecht zu fragen. Die vertragliche Preishauptabrede besteht schon darin, dass die Belieferung zum jeweiligen, vom Versorger einseitig zu bestimmenden Tarif erfolgt und nicht zu einem vereinbarten Preis.
Den kontrahierungspflichtigen Versorger trifft eine Preisbestimmungspflicht, welche der Billigkeitskontrolle unterliegt.
Entspricht der einseitig bestimmte Preis nicht der Billigkeit, ist er für die Abnehmer nicht verbindlich, § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB.
Wo ist der Unterschied zur Stromgrundversorgung ? Auch hier gibt es einen Kontrahierungszwang und eine Preisbestimmungspflicht.
Trotzdem ist ein Preisanpassungsrecht in der GVV erforderlich. Und das gib es in der AVBWasserV nicht.
Mit der Billigkeitskontrolle kommt man wohl nicht zum Ziel. Hat überhaupt schon einmal ein Gericht die Unbilligkeit festgestellt (Bei Strom oder Gas) ? Ich habe erlebt, dass die Prozesse meist schnell vorüber waren, wenn Kunden sich auf die Unbilligkeit  berufen haben. Entweder wurde ein Mitarbeiter als Zeuge gebracht, der natürlich die Billigkeit bestätigte, oder der Versorger bot ein Sachverständigengutachten an. Dann haben die Leute aus Angst vor den Kosten schnell einen Rückzieher gemacht. Wenn, dann ging es doch bisher nur über Preisänderungsklauseln. Ich sehe im Moment den Unterschied zwischen Stromgrundversorgung und Wasserversorgung nicht.
Titel: Re: Veröffentlichung von Preisänderungen
Beitrag von: Christian Guhl am 05. Januar 2015, 15:16:20
Die Kanzlei BBH gibt Newsletter zu dem Thema heraus : http://www.beckerbuettnerheld.de/de/bbh-newsletter/newsletter-wasser-und-abwasser/ (http://www.beckerbuettnerheld.de/de/bbh-newsletter/newsletter-wasser-und-abwasser/)
Im der Ausgabe Mai 2012 wird darin auf das Urteil des OLG Celle eingegangen. Im April 2014 geht es um die "Ergänzenden Bestimmungen".
 
Titel: Re: Veröffentlichung von Preisänderungen
Beitrag von: Didakt am 05. Januar 2015, 16:04:56
@ Christian Guhl

Die Ausführungen von @ RR-E-ft unter Antwort # 7 sind ja nun schon mal sehr aufschlussreich und klären die Rechtslage. Aus den Newslettern der Kanzlei BBH ist ersichtlich, dass es sich hierbei um eine sehr komplexe Materie handelt, die m. E. ohne Fachanwalt gar nicht angegangen werden kann.

Aber fordern Sie den Wasserzweckverband doch mal heraus, und schicken Sie ihm folgendes Schreiben, auf das er sicher reagieren wird:

Edit: Schreiben gelöscht!
Titel: Re: Veröffentlichung von Preisänderungen
Beitrag von: RR-E-ft am 05. Januar 2015, 20:33:13
@Christian Guhl

Ich meine auch, dass es in der Grundversorgung Strom/ Gas nicht anders sein kann als bei der Wasserversorgung. In der von mir zitierten Entscheidung des BGH vom 13.07.11 VIII ZR 342/11, juris Rn. 34 f. führt der VIII.ZS aus, weshalb es seiner Meinung nach bei der leitungsgebundenen Versorgung mit Strom und Gas anders sein soll als bei der Wasserversorgung.

Letztere Argumentation des Senats überzeugt mich nicht, da der Gesetzgeber die gerichtlichen Kontrollmöglichkeiten der Energieverbraucher nicht beschränken, sondern vielmehr ausweiten wollte, wie die Neurgelung der §§ 29, 33 GWB eindeutig zeigt (vgl. auch Fricke, ZNER 2011, 130 ff.; Markert FS Säcker, S. 845 ff.). 
Titel: Re: Veröffentlichung von Preisänderungen
Beitrag von: Christian Guhl am 06. Januar 2015, 18:13:09
@Didakt
Danke für das Schreiben. Hat das einen besonderen Grund, warum unter Vorbehalt gezahlt werden soll ?
Sonst ändere ich das ab.
Titel: Re: Veröffentlichung von Preisänderungen
Beitrag von: Didakt am 06. Januar 2015, 21:49:39
@ Christian Guhl

Edit: Siehe hierzu die Ausführungen unter Antwort # 16.
Titel: Re: Veröffentlichung von Preisänderungen
Beitrag von: khh am 06. Januar 2015, 22:56:56
Eine Zahlung unter Vorbehalt ist m.E. wenig konsequent und zielführend: Entweder bezahle ich eine Preiserhöhung widerspruchslos oder ich bestreite die Berechtigung zur Preiserhöhung bzw. die Wirksamkeit/Billigkeit derselben und bezahle die Preiserhöhungsbeträge dann nicht.

Mit einer Zahlung unter Vorbehalt ist nichts gewonnen, denn ein Rückforderungsanspruch für rechtsgrundlos geleistete Zahlungen geht so oder so nicht verloren. Und bekanntlich sind auch bei Zahlung unter Vorbehalt die (vermeintlichen) Rückforderungsansprüche spätestens vor Eintritt der gesetzlichen Regelverjährung gerichtlich geltend zu machen. Da zahle ich solche Preiserhöhungsbeträge besser erst gar nicht und überlasse es lieber dem Gläubiger, seine (behaupteten) Forderungen einzuklagen  -  inkl. Beweisführungslast !

Nachtrag:
Eine Zahlung unter Vorbehalt (ohne Anerkennung einer Rechtspflicht) kann vllt. ausnahmsweise dann sinnvoll sein, wenn zum Sachverhalt bspw. eine höchstrichterliche Klärung bereits anhängig ist.
Titel: Re: Veröffentlichung von Preisänderungen
Beitrag von: RR-E-ft am 07. Januar 2015, 10:56:23
Bei einer Zahlung unter Vorbehalt bleibt es bei der Darlegungs- und Beweislast wie im Zahlungsprozess des Versorgers.
Der Rückzahlungsanspruch bei einer Vorbehaltszahlung kann verjähren und verwirken.
Bei einer zulässigen Rechnungskürzung nach Unbilligkeitseinrede kann hingegen der Zahlungsanspruch des Versorgers verjähren und verwirken.
Nach Unbilligkeitseinrede gegen den Gesamtpreis sollte man deshalb wohl die Zahlung mindestens  um den Erhöhungsbetrag kürzen und die Restzahlung nur unter dem Vorbehalt der Rückforderung leisten.

Ist der Wasserversorger aus o.g. Gründen verpflichtet, den Tarif nach billigem Ermessen zu bestimmen, so bedarf es seiner Willenserklärung gem. § 315 Abs. 2 BGB, die gem. § 130 Abs. 1 Satz 1  BGB grundsätzlich erst mit deren Zugang beim Kunden wirksam werden kann. Die Regelung des § 4 Abs. 2 Satz 2 AVBWasserV trifft hierzu eine Sonderregelung, indem sie eine öffentliche Bekanntgabe genügen lässt.
Titel: Re: Veröffentlichung von Preisänderungen
Beitrag von: Didakt am 07. Januar 2015, 16:51:20
@ Christian Guhl

Zitat von:  Ihnen in Antwort # 6
Um noch mal auf das Anfangsthema zurückzukommen: Wenn eine AGB geändert werden soll, müsste, meiner Meinung nach, der gesamte Text der Veränderung veröffentlicht werden. Eine Zeitungsmeldung "Der Wasserversorger erhöht den Preis um xxx." dürfte da nicht ausreichen.

Ich hatte in Antwort # 3 bereits ausgeführt, dass davon wohl auszugehen ist. Dies ist von @ RR-E-ft in Antwort # 15 wie folgt verdeutlicht worden:

Zitat
Ist der Wasserversorger aus o.g. Gründen verpflichtet, den Tarif nach billigem Ermessen zu bestimmen, so bedarf es seiner Willenserklärung gem. § 315 Abs. 2 BGB, die gem. § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB grundsätzlich erst mit deren Zugang beim Kunden wirksam werden kann. Die Regelung des § 4 Abs. 2 Satz 2 AVBWasserV trifft hierzu eine Sonderregelung, indem sie eine öffentliche Bekanntgabe genügen lässt.

Die weiteren Ausführungen in diesem Thread gehen bereits über Ihre Anfangsfrage hinaus. Hierzu führte ich u. a. aus, dass es sich hierbei um eine sehr komplexe Materie handelt, die m. E. ohne Fachanwalt gar nicht angegangen werden kann. Aber „fordern Sie den Wasserzweckverband doch mal heraus“, und schicken Sie ihm das Ihnen zur Verfügung gestellte Musterschreiben, auf das er sicher reagieren wird.

Wegen der Komplexität dieses Rechtsgebiets, das hier im Forum noch nicht näher beleuchtet wurde, maße ich mir nicht an, hierzu Rechtsinterpretationen zu äußern. Ihre Frage „zur Zahlung unter Vorbehalt“ habe ich mehr unter Berücksichtigung der einschlägigen Bestimmungen der §§ 27 ff. AVBWasserV und der daraus resultierenden Folgen beantwortet, die zu einigen Unannehmlichkeiten führen könnten. Ich schließe mich auch deshalb den übrigen Beiträge hierzu nicht an. Das Musterschreiben nehme ich als unangebracht zurück.

Titel: Re: Veröffentlichung von Preisänderungen
Beitrag von: Christian Guhl am 07. Januar 2015, 17:40:20
@Didakt
Da es nach einem Widerspruch gem. § 315 BGB an einer fälligen Forderung mangelt, dürften alle Unannehmlichkeiten, die Sie aufgeführt haben, gegen das Gesetz verstossen. So ein Verhalten würde entsprechend beantwortet, z.B. mit einer einstweiligen Verfügung. Wir haben das doch mit den Energieversorgern jahrelang so durchgezogen. Auch die meinten zu Anfang erst mal mit Stromabstellen drohen zu müssen. Davon abgesehen, ist die Einstellung der Wasserversorgung nach meiner Meinung Körperverletzung. Absolut unverhältnismässig wegen ca. 50 €. Siehe auch § 33.2 AVBWasserV. Ohne Strom kann man zur Not leben, ohne Wasser nicht. Auch müsste das Ordnungsamt eingreifen, wenn das Wasser abgestellt wird. Es besteht Gefahr für die öffentliche Sicherheit durch Seuchen, da z.B. Fäkalien nicht beseitigt werden können. Dazu das VG Freiburg Zitat : "des Weiteren könnte es geboten sein, dass die Antragsgegnerin darlegt, wie sie sich im konkreten Fall ein (menschenwürdiges) Leben der Antragstellerin ohne jegliche Wasserversorgung auf Dauer vorstellt" http://www.rechtslupe.de/verwaltungsrecht/wassersperre-wegen-gebuehrenrueckstands-384151 (http://www.rechtslupe.de/verwaltungsrecht/wassersperre-wegen-gebuehrenrueckstands-384151)
Titel: Re: Veröffentlichung von Preisänderungen
Beitrag von: Didakt am 07. Januar 2015, 17:54:36
@ Christian Guhl,

es ist o. k., wenn Sie die Sache durchziehen wollen. Der Vergleich mit den übrigen Versorgern trifft zu, aber auch die Tatsache, dass diese Kameraden an ihren Forderungen festgehalten und viel Ungemach ausgelöst haben, bis hin zur Klageerhebung. Es ist richtig, da muss man dann ggf. bis zum bitteren Ende durch. Wie gehabt!  :D

Titel: Re: Veröffentlichung von Preisänderungen
Beitrag von: RR-E-ft am 07. Januar 2015, 22:50:16

Da es nach einem Widerspruch gem. § 315 BGB an einer fälligen Forderung mangelt, dürften alle Unannehmlichkeiten, die Sie aufgeführt haben, gegen das Gesetz verstossen.

Ganz so einfach ist es nicht. Erfolgt eine Unbilligkeitseinrede im Zahlungsprozess des Versorgers, so muss das Gericht wegen § 315 Abs. 3 BGB prüfen, ob der einseitig bestimmte Preis überhaupt der Billigkeit entspricht, weil er nur dann für den Kunden verbindlich ist und eine Verbindlichkeit begründen kann.

Diese notwendige Prüfung kann indes auch zum Ergebnis haben, dass der einseitig bestimmte Preis der Billigkeit entspricht und somit von Anfang an verbindlich war und seiner Fälligkeit nichts entgegenstand, so dass sich der Kunde ab Fälligkeit im Zahlungsverzug befand.

Zwar wäre es gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB dogmatisch sauber und konsequent, bei einer unbilligen Leistungsbestimmung insgesamt von einer Nichtschuld zu sprechen.
Indes ist der Versorger vorleistungspflichtig und klar ist auch, dass der angemessene Preis keinesfalls null betragen, sondern darüber liegen wird. Einen Preis, der nach eigener Abschätzung der Billigkeit entsprechen könnte, sollte man deshalb schon - wenn auch unter dem Vorbehalt der Rückforderung - (zunächst) zahlen.

Wenn jeder Kunde, der nur Zweifel an der Billigkeit der einseitigen  Preisbestimmung hat, seine Zahlungen an den Versorger nach Unbilligkeitseinrede vollständig einstellen würde, könnte der Versorger alsbald in die Situation geraten, dass er seinen eigenen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen und deshalb die Versorgung insgesamt nicht mehr aufrecht erhalten kann. Dies gilt umso mehr, wenn man weiß, wie lange sich ein Prozess um die Billigkeit der Entgeltbestimmung im Instanzenzug bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung hinziehen kann.

Der BGH sieht deshalb eine Versorgungseinstellung bei vollständiger Zahlungsverweigerung nach Unbilligkeitseinrede gegen den Gesamtpreis als gerechtfertigt an (vgl. BGH, Urt. v. 11.12.13 Az. VIII ZR 41/13, juris Rn. 19).   
Titel: Re: Veröffentlichung von Preisänderungen
Beitrag von: bolli am 08. Januar 2015, 09:31:38
Leider gehen hier jetzt einige Dinge durcheinander.

Der Threadersteller Christian Guhl hat zunächst im Eröffnungsthread nachgefragt, ob durch eine redaktionelle Berichterstattung über einen Beschluss des vermeintlich zuständigen Gremiums für die Erhöhung der Wasserpreise über eine ebensolche der Anforderung an eine öffentliche Bekanntmachung der Preiserhöhung durch den Versorger Genüge getan ist (meiner Meinung nach nein, aber dazu später mehr).

So wie die Nachfrage in #2 gestellt war, bedeutet die Antwort von Didakt in #3, dass er der Meinung ist, dass der redaktionelle Zeitungsartikel , der die Berichterstattung über die Versammlung mit dem Beschluss der Erhöhung beinhaltet, ausreichend ist.

Soweit war mir das klar. Die Frage ist, ob ein Zeitungsartikel, in dem steht, dass die Preise erhöht werden sollen, eine öffentliche Bekanntgabe darstellt.

Davon ist wohl auszugehen.

In Antwort #16 wird aber nun eine weitergehende Frage zitiert und auf die Antwort #3 verwiesen.

@ Christian Guhl

Zitat von:  Ihnen in Antwort # 6
Um noch mal auf das Anfangsthema zurückzukommen: Wenn eine AGB geändert werden soll, müsste, meiner Meinung nach, der gesamte Text der Veränderung veröffentlicht werden. Eine Zeitungsmeldung "Der Wasserversorger erhöht den Preis um xxx." dürfte da nicht ausreichen.

Ich hatte in Antwort # 3 bereits ausgeführt, dass davon wohl auszugehen ist. Dies ist von @ RR-E-ft in Antwort # 15 wie folgt verdeutlicht worden:

Zitat
Ist der Wasserversorger aus o.g. Gründen verpflichtet, den Tarif nach billigem Ermessen zu bestimmen, so bedarf es seiner Willenserklärung gem. § 315 Abs. 2 BGB, die gem. § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB grundsätzlich erst mit deren Zugang beim Kunden wirksam werden kann. Die Regelung des § 4 Abs. 2 Satz 2 AVBWasserV trifft hierzu eine Sonderregelung, indem sie eine öffentliche Bekanntgabe genügen lässt.

Neben der Tatsache, dass RR-E-ft zu der Frage, was unter einer öffentlichen Bekanntmachung zu verstehen ist, gar nichts sagt, ist auch der Teil der Nachfrage, ob neben den geänderten Preisen auch die vollständigen AGB mit abgedruckt werden müssen, von RR-E-ft's Ausführungen nicht betroffen. Und in #3 war von AGB noch gar nicht die Rede.
Die Frage der AGB und des Preisänderungsrechts hat sich durch #7 von RR-E-ft ja wohl weitestgehend erledigt.

Vielleicht mal zur Frage der öffentlichen Bekanntmachung: Ein reiner Bericht über eine Versammlung, in dem die Preiserhöhung erwähnt wird, ggf. sogar mit der genauen Summe der Erhöhung, stellt keine öffentliche Bekanntgabe dieser Preiserhöhung im Sinne des Gesetzes dar. Bei der öffentlichen Bekanntgabe handelt es sich um eine durch den Bekanntgebenden (also nicht einen berichtenden Redakteur oder Reporter) veranlasste Veröffentlichung in einer festgelegten Form. Dabei ist auch in der Veröffentlichung deutlich zu machen, dass es sich um eine öffentliche Bekanntgabe handelt. Darüber hinaus ist festgelegt, in welchen Medien die Veröffentlichung zu erfolgen hat (um dem Erfordernis der öffentlichen Bekanntgabe zu genügen). Im Regelfall ist das die größte ortsgebundene Zeitung, ggf. auch ein Aushang an festgelegter Veröffentlichungsstelle und heutzutage meist auch eine Veröffentlichung auf der Internetseite des Anbieters/Lieferanten.
Eine redaktionelle Berichterstattung ersetzt diese Art der Veröffentlichung NICHT !




Titel: Re: Veröffentlichung von Preisänderungen
Beitrag von: Didakt am 08. Januar 2015, 10:22:26
@ bolli,
Ihre Einlassung ist bei näherem Hinschauen nachvollziehbar. Aber wie dem aus immer sei, ich bin mir aus Erfahrung im hiesigen Bereich ziemlich sicher, dass in dieser Sache eine "öffentliche Bekanntmachung" erfolgen wird. Dafür bestehen im Übrigen unterschiedliche Möglichkeiten, z. B. meistens in Form von "Gebührenbescheiden" der Stadtwerke mit Rechtsmittelbelehrungen.
Titel: Re: Veröffentlichung von Preisänderungen
Beitrag von: Christian Guhl am 08. Januar 2015, 10:39:37
Der BGH sieht deshalb eine Versorgungseinstellung bei vollständiger Zahlungsverweigerung nach Unbilligkeitseinrede gegen den Gesamtpreis als gerechtfertigt an (vgl. BGH, Urt. v. 11.12.13 Az. VIII ZR 41/13, juris Rn. 19).
Da muss etwas mißverstanden worden sein. Eine vollständige Zahlungsverweigerung war nie vorgesehen.
@bolli
Danke, damit ist meine Frage beantwortet. Ich werde berichten, wie sich Angelegenheit entwickelt.
@Didakt
Da die Erhöhung am 01.01. in Kraft treten sollte, ist der Termin schon mal geplatzt. Und so "beratungsresistent" wie der Versorger ist, wird er stur auf seiner Ansicht, dass er die Veröffentlichungspflicht eingehalten hat, bestehen. Kann die Kunden nur freuen.
Titel: Re: Veröffentlichung von Preisänderungen
Beitrag von: Christian Guhl am 04. Februar 2015, 18:02:01
"Bei der Neukalkulation der Wasserpreise haben wir zulässige Parameter in zulässiger Höhe einbezogen und unseren Ermessensspielraum
gemäß § 315 Abs.1 BGB im Rahmen der Billigkeit ausgeübt." So lautet unter anderem die Antwort auf den Preiswiderspruch. Meiner Meinung nach bedeutet das, es wurden Kosten mit einberechnet, die frei erfunden sind (z.B. kalkulatorische Verzinsung) und die in der früheren Kalkulation noch nicht enthalten waren. Daher die immense Steigerung um 25%. Weiterhin ist man der Meinung, dass die Ergänzenden Bedingungen entsprechend § 4 Abs.2 AVBWasserV einseitig änderbar sind. Das sieht allerdings die Kanzlei Becker,Büttner,Held in ihren Rundschreiben "BBH2O Neues rund ums (Ab)Wasser"ganz anders. Danach handelt es sich um AGB, für die die Regelungen des BGB gelten und die deshalb in laufenden Verträgen nicht einseitig geändert werden können. Wir haben jetzt die Situation, dass eine zweite Grundgebühr (für den Nebenzähler) eingeführt wurde, genau das aber nach den Ergänzenden Bestimmungen ausgeschlossen ist. Denn obwohl man sich für berechtigt hält, hat man die Ergänzenden Bestimmungen in diesem Punkt nicht geändert. Die Veröffentlichung wurde übrigens in letzter Minute doch noch vorgenommen. Kaum ein Mensch hatte das zur Kenntnis genommen, so versteckt war die kleine Announce in der Regionalpresse. Mittlerweile kann man auch die Hintergründe für die Preiserhöhung vermuten. Die Tochtergesellschaft des Wasserversorgers, ein kleiner Energieversorger, hat nach dem Stromnetz nun auch das Gasnetz übernommen. Das kostet Geld. Und da die gesamten Rücklagen des Wasserversorgers, die jahrelang aus überhöhten Abwassergebühren angespart wurden, schon bei der Übernahme des Stromnetzes verbraten wurden, wird neues Kapital benötigt. Die Strom-und Gaspreise kann man nicht anheben (dann würden die Kunden weglaufen), also erhöht man die Wasser-und Abwassergebühren. Die daraus resultierenden Überschüsse werden dann (als Darlehn ohne Rückzahlungstermin) an den Energieversorger ausgeschüttet. 
Titel: Re: Veröffentlichung von Preisänderungen
Beitrag von: Christian Guhl am 21. Februar 2015, 16:07:19
Heute in der Regionalpresse :
Nach der Kalkulation der Trinkwasserpreiserhöhung gefragt, gibt der Geschäftsführer folgende Auskunft :
Zitat
"Eine Detailkalkulation wie bei einer Abwassergebührenkalkulation nach NKomAG sei hier nicht erforderlich."
Das bedeutet, das die Erhöhung nur geschätzt wurde.
Wie soll dann die Billigkeit nachgewiesen werden, frage ich mich ?