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Energiepreis-Protest => Gerichtsurteile zum Energiepreis-Protest => Thema gestartet von: RR-E-ft am 30. November 2006, 17:32:23

Titel: Urteil LG Koblenz: Androhung der Stromsperre unzulässig
Beitrag von: RR-E-ft am 30. November 2006, 17:32:23
[ 4-HK-O-113-06 21-11-2006 ]

LG Koblenz, Urteil vom 21.11.2006 - 4 HK.O 113/06

http://www.energieverbraucher.de/de/site/Hilfe/Container-Urteilssammlung/site__2003/

Der Antragsgegnerin wird untersagt, die Stromversorgung für ... zu sperren bzw. mit der Sperrung zu drohen, bis sie den Nachweis der Angemessenheit ihrer Gebührenerhöhung zum 01.01.2005 dem Antragsteller offengelegt hat und so lange der Antragsteller seiner Zahlungsverpflichtung ihr gegenüber auf der Grundlage der bis zum 31.12.2004 geltenden Tarife nachkommt.

Die Antragsgegnerin hat die weitern Kosten des Verfahrens zu tragen.


Sachverhalt:

Der Verbraucher hatte aus der Jahresverbrauchsabrechnung vom Mai 2006 ersehen, dass die Strompreise zum 01.01.2005 erhöht wurden, lediglich die Preiserhöhung sodann als unbillig gerügt und fortan die Abschlagszahlungen gekürzt und erhielt daraufhin eine Sperrandrohung, die auch auf Aufforderung nicht zurückgenommen wurde. Der Stromversorger meinte, der Unbilligkeitseinwand und die Kürzung seien 1 1/2 Jahre nach der angegriffenen Erhöhung nicht mehr möglich.


Unter anderem führte das Gericht aus:



Das Recht des AS, von der AGin eine Darlegung der konkreten Preisfestsetzung zu verlangen, ist auch nicht unter Verwirkungsgesichtspunkten ausgeschlossen.

Die entsprechenden Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

Ein Recht ist nur verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit hindurch
nicht geltend gemacht hat und der Verpflichtete sich darauf eingerichtet hat und sich nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten auch darauf einrichten durfte, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde....

Die AGin hat nicht dargetan, dass das Umstandsmoment vorliegt...

Der AS hat durch die bloße Zahlung der Jahresabrechnung 2004 und der
unveränderten Fortzahlung der Abschläge keinen Vertrauenstatbestand
geschaffen aus dem die AGin hätte einen Verzicht auf die Geltendmachung von § 315 BGB ableiten können.

Zudem hat der AS glaubhaft dargelegt, von der Problematik erst mit der Jahresabrechnung 2006 Kenntnis erlangt zu haben.

... Es ist nicht Allgemeingut, dass ein Kunde eines Energieversorgers  ein Recht zur Überprüfung der Angemessenheit der Leistungsbestimmung durch den Energieversorger hat.



Pikanterweise hatte die Antragsgegnerin zum Vortrag bringen lassen, seit der Liberalisierung 1998 stehe den Stromversorgern und damit auch ihr selbst kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht gegenüber den Stromkunden mehr zu.

Dies als wahr unterstellt, hätte die Antragsgegnerin gegenüber dem Antragsteller die Preise zum 01.01.2005 überhaupt nicht einseitig erhöhen dürfen, völlig egal, ob die Erhöhung sich nun als angemessen erweist oder nicht. Das Recht auf einseitige Preiserhöhung war vom Antragsteller bestritten worden.

Eine ggf. mögliche Berufung des Versorgers gegen dieses Urteil wäre wohl allein aus diesem Grunde zum Scheitern verurteilt.

Ein solcher Vortrag eines Stromversorgers ist eigentlich zum Totlachen.
Titel: Urteil LG Koblenz: Androhung der Stromsperre unzulässig
Beitrag von: superhaase am 30. November 2006, 18:36:00
tja, auch Anwälte machen Fehler, gravierende Fehler sogar ;)