Forum des Bundes der Energieverbraucher

Energiepreis-Protest => Grundsatzfragen => Thema gestartet von: Franky_at_home am 06. Februar 2012, 19:33:33

Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: Franky_at_home am 06. Februar 2012, 19:33:33
Hallo zusammen,

bei meiner Recherche im Internet nach Neuigkeiten zum Thema Billigkeit und Energiepreise, habe ich widersprüchliche Informationen zu Strompreisen und Billigkeit gefunden.

Welche Aussage ist denn nun richtig?
Unterliegen die Strompreise der Billigkeit, oder hängt es gar vom Einzelfall ab?



Viele Grüße
  Frank
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: berghaus am 06. Februar 2012, 23:33:41
Zitat
Unterliegen die Strompreise der Billigkeit, oder hängt es gar vom Einzelfall ab?
Das ist natürlich die Jahrhundertfrage!

Ich würde mal \'Suchen\' anklicken und mich ein wenig einlesen.

Billig sind die Strompreise auf jeden Fall nicht (mehr)1 :)

berghaus 06.02.12
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: RR-E-ft am 07. Februar 2012, 12:11:07
Vorrangig stellt sich immer die Frage, ob dem Versorger überhaupt wirksam vertraglich oder kraft Gesetzes das Recht eingeräumt wurde, den Preis nach Vertragsabschluss einseitig abzuändern/ neu festzusetzen (vgl. BGH, B. v. 18.05.11 Az. VIII ZR 71/10, B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10).

Auch Strompreise unterliegen der Billigkeitskontrolle, soweit diese auf der wirksamen Ausübung eines dem Energieversorger vertraglich oder gesetzlich wirksam eingeräumten Preisbestimmungsrechts (Preisänderungsrecht) beruhen und von den Parteien nicht stillschweigend vertraglich neu vereinbart wurden (vgl. BGH, B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10 (http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=&nr=57029&pos=0&anz=1); OLG Stuttgart, Urt. v. 30.12.10 Az. 2 U 94/10 (http://www.energieverbraucher.de/files_db/1294833251_5297__12.pdf)).

Zitat
BGH, B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10 Rn. 17

Ist einem Energieversorger aufgrund Gesetzes oder vertraglicher Vereinbarung ein Preisanpassungsrecht eingeräumt, so unterliegt eine auf der Grundlage dieses Rechts erfolgte Preiserhöhung als einseitige Leistungsbestimmung der gerichtlichen Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB, sofern und soweit es sich nicht um vereinbarte Preise handelt (st. Rspr. des Senats; zuletzt Beschlüsse vom 18. Mai 2011 - VIII ZR 71/10, aaO unter III 2 a; vom 9. Februar 2011 - VIII ZR 162/09, WM 2011, 850 Rn. 18; jeweils mwN).

Es ist genauso wie bei Gas (vgl. BGH, B. v. 18.05.11 Az. VIII ZR 71/10 (http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=&nr=56751&pos=0&anz=1)).

Zitat
BGH, B. v. 18.05.11 Az. VIII ZR 71/10 Rn. 9 ff.:

Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entnimmt § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV, dass dem Gasversorgungsunternehmen das Recht zusteht, Preise nach billigem Ermessen (§ 315 des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuchs [BGB]) zu ändern.

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann ein Gasversorgungsunternehmen das ihm nach dem Regelungsgehalt des § 4 Abs. 1 oder 2 AVBGasV kraft Gesetzes zukommende und dort nach Anlass, Voraussetzun-gen und Umfang nicht präzisierte Recht zur Preisänderung nicht nach freiem Belieben ausüben; eine solche Preisänderung hat vielmehr gemäß § 315 BGB nach billigem Ermessen zu erfolgen.

Sie ist deshalb für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Zu diesem Zweck kann dieser die Preisänderung auch gerichtlich auf ihre Billigkeit überprüfen lassen (BGH, Urteile vom 13. Juni 2007 - VIII ZR 36/06, BGHZ 172, 315 Rn. 14 ff.; vom 29. April 2008 - KZR 2/07, BGHZ 176, 244 Rn. 26; vom 19. November 2008 - VIII ZR 138/07, BGHZ 178, 362 Rn. 26; vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 56/08, BGHZ 182, 41 Rn. 19 f.).

b) Aus dieser gesetzlichen Bindung des allgemeinen Tarifs an den Maßstab der Billigkeit folgt nicht nur die Rechtspflicht des Versorgers, bei einer Preisänderung Kostensenkungen ebenso zu berücksichtigen wie Kostenerhöhungen. Der Versorger ist vielmehr auch verpflichtet, die jeweiligen Zeitpunkte einer Preisänderung so zu wählen, dass Kostensenkungen nicht nach für den Kunden ungünstigeren Maßstäben Rechnung getragen wird als Kostenerhöhungen, so dass Kostensenkungen mindestens in gleichem Umfang preiswirksam werden müssen wie Kostenerhöhungen.

Die gesetzliche Regelung umfasst daher neben dem Recht des Versorgers zur Preisänderung auch die Pflicht hierzu, wenn die Änderung für den Kunden günstig ist (BGH, Urteile vom 29. April 2008 - KZR 2/07, aaO; vom 13. Januar 2010 - VIII ZR 81/08, WM 2010, 481 Rn. 18 mwN).
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: marten am 07. Februar 2012, 14:42:27
Ich habe anwaltlich die Info erhalten, das immer mehr Gerichte den Billigkeitseinwand bei grundversorgten Kunden nicht oder nicht mehr anerkennen. Bei Strom schon länger, bei Gas seit dem letzten Jahr.
Es wurde mir empfohlen, die neuen Abschläge nicht mehr zu kürzen, sondern die errechneten Beträge des Versorgers zu bezahlen. ( Unter Vorbehalt)
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: userD0003 am 07. Februar 2012, 15:13:48
Zitat
Original von marten
Es wurde mir empfohlen, die neuen Abschläge nicht mehr zu kürzen, sondern die errechneten Beträge des Versorgers zu bezahlen. (Unter Vorbehalt)
Es ist wohl sehr anzuzweifeln, dass diese Empfehlung wirklich zweckdienlich für Sie ist!?
Wann haben welche Gerichte den Billigkeitseinwand in der Grundversorgung nicht (mehr) anerkannt?
Es scheint ebenfalls zweifelhaft zu sein, ob diese Gerichte sowie der Sie informierende Anwalt auf dem aktuellsten Stand der höchstrichterlichen Rechtsprechung (s.o.) sind.
Ich gehe davon aus, dass RR-E-ft hierzu ergänzend Stellung nehmen wird.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: RR-E-ft am 07. Februar 2012, 15:16:58
Zitat
Original von marten
Ich habe anwaltlich die Info erhalten, das immer mehr Gerichte den Billigkeitseinwand bei grundversorgten Kunden nicht oder nicht mehr anerkennen. Bei Strom schon länger, bei Gas seit dem letzten Jahr.
Es wurde mir empfohlen, die neuen Abschläge nicht mehr zu kürzen, sondern die errechneten Beträge des Versorgers zu bezahlen. ( Unter Vorbehalt)

Diese Empfehlung erscheint mit Rücksicht darauf, dass der BGH nun vom EuGH erst klären lassen will, ob dem Grundversorger überhaupt wirksam gesetzlich ein Recht zur einseitigen Preisänderung eingeräumt wurde, nicht nachvollziehbar.

Sollte der EuGH bei dieser Prüfung die Rechtsauffassung des BGH bestätigen, wonach ein der Billigkeitskontrolle unterliegendes Preisänderungsrecht gesetzlich wirksam eingeräumt wurde, so muss eine Billigkeitskontrolle laut BGH erfolgen (vgl. BGH, B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10 Rn. 17). Anders verhielte es sich dabei nur dann, wenn der Versorger die Preise entweder nicht einseitig geändert hatte oder aber der Preisänderung nicht in angemessener Frist widersprochen worden war.

Billigkeitskontrolle und Anbieterwechsel sind zudem nach der gesetzlichen Regelung  gleichwertige Alternativen des grundversorgten Kunden, wie der Bundesgerichtshof mehrfach entschieden hat.

Zitat
BGH, Urt. v. 15.07.09 Az. VIII ZR 56/08 Rn. 36, juris:

Im Gesamtzusammenhang gewährleisten die Vorschriften damit, dass dem Grundversorgungskunden im Falle einer Preisänderung zwei Alternativen offen stehen. Er kann entweder am Vertrag festhalten und die Preisänderung gemäß § 315 BGB auf ihre Billigkeit hin überprüfen lassen. Oder er kann sich spätestens gleichzeitig mit dem Wirksamwerden der Preisänderung vom Vertrag lösen und den Anbieter wechseln.

Zitat
BGH, Urt. v. 14.07.10 Az. VIII ZR 246/08 Rn. 41 f., juris:

Daraus ergibt sich aber nicht, dass auch die gegenüber den Sonderkunden der Beklagten erfolgenden Preisänderungen wie bei dem gesetzlichen Preisänderungsrecht nach § 5 Abs. 2 GasGVV der Billigkeitskontrolle gemäß § 315 Abs. 3 BGB unterliegen (vgl. Senatsurteil vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 56/08, aaO, Tz. 20; BGHZ 172, 315, Tz. 16 f.; 178, 362, Tz. 26).

Bei kundenfeindlichster Auslegung kommt vielmehr auch ein Verständnis der Klausel in Betracht, nach dem der Beklagten wegen der festen Koppelung der Preisänderungen an die Änderungen der Grundversorgungspreise kein Ermessensspielraum zusteht und deshalb keine Billigkeitskontrolle stattfindet (vgl. Senatsurteil vom 11. Oktober 2006 - VIII ZR 270/05, WM 2007, 40, Tz. 19).

Mit diesem Inhalt hält die Klausel einer Prüfung gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht stand, denn sie stellt keine unveränderte Übernahme des gesetzlichen Preisänderungsrechts gemäß § 5 Abs. 2 GasGVV dar, weil es an der Möglichkeit der Billigkeitskontrolle gemäß § 315 Abs. 3 BGB fehlt.

Schließlich ist nicht ersichtlich, welchen Vorteil eine Zahlung unter Vorbehalt gegenüber einer gem. § 17 Abs. 1 Satz 3 GVV zulässigen Zahlungskürzung überhaupt erbringen soll.
Man müsste dann jedenfalls selbst auf Rückzahlung klagen, wenn man das Geld zurück erlangen wollte.

Man sollte deshalb nur die Abschläge bezahlen, die sich bei Zugrundelegung der bisher vereinbarten Preise ergeben, wenn man einseitigen  Preisänderungen in angemessener Frist widersprochen hatte.

Und bitte:

Beim Preiswiderspruch zunächst grundsätzlich das Recht zur einseitigen Preisänderung bestreiten und nur hilfsweise die Billigkeit der einseitigen Preisänderung/ des einseitig geänderten Preises, ferner vorsorglich einen Billigkeitsnachweis durch Vorlage der zu Grunde liegenden  bisherigen und geänderten Preiskalkulation verlangen.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: marten am 07. Februar 2012, 15:47:48
Die Empfehlung wurde von mir einer der bekanntesten Anwältin in diesem Bereich im Rahmen des Energieschutzbriefes gegeben. Da muss ich einfach davon ausgehen, dass diejenige weiss wovon sie spricht.
Sie teilte mir mit, dass eine Korrektur meiner Jahresrechnung ihr aus den genannten Gründen nicht möglich sei.
Ich bin ihren Empfehlungen gefolgt, und habe keine Kürzung meines vom Versorger errechneten Jahresabschlages vorgenommen.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: RR-E-ft am 07. Februar 2012, 15:52:04
Dann vertritt die Frau Kollegin wohl eine andere Rechtsauffassung als ich und gibt deshalb andere Empfehlungen ab.
Ich orientiere mich wie aufgezeigt an der aktuellen Rechtsprechung des BGH.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: marten am 07. Februar 2012, 16:12:06
Nur wenn diese Kollegin, die den Bund der Energieverbraucher u.a. auch juristisch berät, diese Empfehlungen weitergibt muss ich doch auf diese Rechtsauffassung vertrauen.
Ich habe mir jetzt seit Jahren von ihr die Rechnung meines Versorgers korigieren lassen, was jetzt aus den genannten Gründen nicht mehr möglich sein soll. Das Prozessrisiko wäre zu hoch. Das war in den vergangenen Jahren ihrer Ansicht nicht so.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: Didakt am 07. Februar 2012, 17:21:39
@ marten

Zitat
Original von Ihnen
Ich habe anwaltlich die Info erhalten, das immer mehr Gerichte den Billigkeitseinwand bei grundversorgten Kunden nicht oder nicht mehr anerkennen. Bei Strom schon länger, bei Gas seit dem letzten Jahr.

Wenn dem so ist, müsste Ihre Anwältin doch beispielhaft entsprechende Gerichtsurteile benennen können. Erst dann wäre eine konkrete Bewertung möglich.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: Kampfzwerg am 07. Februar 2012, 18:18:24
Zitat
Original von marten
Nur wenn diese Kollegin, die den Bund der Energieverbraucher u.a. auch juristisch berät, diese Empfehlungen weitergibt muss ich doch auf diese Rechtsauffassung vertrauen.
Ich habe mir jetzt seit Jahren von ihr die Rechnung meines Versorgers korigieren lassen, was jetzt aus den genannten Gründen nicht mehr möglich sein soll. Das Prozessrisiko wäre zu hoch. Das war in den vergangenen Jahren ihrer Ansicht nicht so.

Müssen Sie? Wieso?
Nicht jede Rechtsauffassung ist haltbar und auch die Empfehlung der eigenen Anwältin ist ganz sicher nicht unfehlbar!
Ich gebe Ihnen den ausgesprochen gut gemeinten Rat, sich vor allem sowohl auf Ihren eigenen Verstand und Ihre Intuition, als auch auf die Rechts-Informationen von RR-E-ft und des Forums zu verlassen und bei Ihrer Methode zu bleiben!
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: marten am 07. Februar 2012, 19:33:51
@kampfzwerg

Danke für den gut gemeinten Rat.
Ich habe mich bisher nicht einschüchtern lassen, auch nicht als einen gerichtlichen Mahnbescheid von meinem Versorger bekommen habe.
Was die Gegenseite aber nicht geschafft hat, hat jetzt die eigene Seite geschafft.
Das hat mich tief erschüttert.
Wenn der eigene Anwalt, dazu ein bedeutender Mitstreiter des Bundes der Energieverbraucher, mir schreibt

sehe ich mich derzeit aufgrund der Rechtssituation nicht in der Lage, die Jahresrechnung gegenüber dem Versorger erneut zu \"korrigieren\".

das wir \" im Falle einer Entgeltkürzung und ohne das der EUGH die Preisänderungen bei Tarifkunden ausser Kraft setzt, Sie zumindestens im Fall einer Forderungsklage Ihres Versorgers höchstwahrscheinlich derzeit unterliegen würden, das Prozesskostenrisiko also hoch ist\"
Weiterhin: \"

\"Insoweit empfehle ich Widerspruch, aber Zahlung der Jahresrechnung-auch der neuen Abschläge - unter Vorbehalt.\"

Das ist die Empfehlung meiner Anwältin. Wenn Sie dieser Überzeugung ist, dann soll Sie dieses auch so äussern.

Nur für mich macht es jetzt keinen Sinn mehr, die \"Schlacht\" weiter zu fechten wenn mein \"General\"  von einer Niederlage ausgeht.

Was jetzt mich auch sehr irritiert, das in einer so entscheidenden Frage  so unterschiedliche Meinungen, Empfehlungen seitens bedeutender Mitstreiter des Bundes der Energieverbraucher gegeben wird.
Das kann doch nicht im Sinn des Bundes der Energieverbraucher sein, wenn so unterschiedliche Ansichten an die Mitglieder verbreitet werden.
Ich möchte nicht wissen, wie viele ihren Protest aufgegeben, weil sie entmutigt sind wenn Sie so solche Empfehlungen bekommen haben.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: Kampfzwerg am 07. Februar 2012, 20:09:10
Zitat
Original von marten
Was jetzt mich auch sehr irritiert, das in einer so entscheidenden Frage  so unterschiedliche Meinungen, Empfehlungen seitens bedeutender Mitstreiter des Bundes der Energieverbraucher gegeben wird.
Das kann doch nicht im Sinn des Bundes der Energieverbraucher sein, wenn so unterschiedliche Ansichten an die Mitglieder verbreitet werden.
Ich möchte nicht wissen, wie viele ihren Protest aufgegeben, weil sie entmutigt sind wenn Sie so solche Empfehlungen bekommen haben.
Ich persönlich halte es für sinnvoll, wichtig - und sogar vielmehr noch - überaus notwendig, dass Sie eben so wie Sie hier und weiter oben die Sachlage und Ihre Bedenken geschildert und formuliert haben, den Bund der Enegieverbraucher schriftlich über die Sachlage und die ausgesprochenen Empfehlungen Ihrer Anwältin in Kenntnis setzen!!

Zitat
sehe ich mich derzeit aufgrund der Rechtssituation nicht in der Lage, die Jahresrechnung gegenüber dem Versorger erneut zu \"korrigieren\".
Das ist wohl kein schlechter Scherz? Wenn Sie möchten, dass Ihre Anwältin die JRG wie jedes Jahr korrigiert, d. h. wenn Sie deren \"Empfehlung\" nicht folgen möchten, dann hat sie das zu erledigen.

Zitat
Nur für mich macht es jetzt keinen Sinn mehr, die \"Schlacht\" weiter zu fechten wenn mein \"General\"  von einer Niederlage ausgeht.
Das sehe ich grundlegend und ganz entschieden anders!
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: RR-E-ft am 07. Februar 2012, 20:23:13
Es gibt Instanzgerichte, die die Billigkeitskontrolle mit dem Argument ablehnen, der Kunde könne den Anbieter wechseln.
Es gibt auch eine Reihe veröffentlichter dementsprechender Urteile.
Auch in der bekannten Urteilssammlung des Vereins findet sich dazu so einiges.

So war es zB. auch bei den Vorinstanzen zur Entscheidung  BGH, B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10, welche die Frage betrifft, ob dem Stromgrundversorger überhaupt durch das Gesetz wirksam ein Preisänderungsrecht eingeräumt wird.

Betroffen ist ein Zeitraum, wo der Kunde aufgrund der Liberalisierung den Anbieter längst wechseln konnte. Wegen dieser Wechselmöglichkeit des Stromkunden hatten die Vorinstanzen die Billigkeitskontrolle verneint!

Der BGH stellt demgegenüber m. E. glasklar fest, dass es auf eine Billigkeitskontrolle gem. § 315 Abs. 3 BGB immer dann ankommt, wenn dem Energieversorger kraft vertraglicher Vereinbarung oder aufgrund eines Gesetzes wirksam ein nicht weiter konkretisiertes  Preisänderungsrecht eingeräumt wurde (Rn. 17), dass jedoch zunächst vorrangig die Frage zu klären ist, ob dem Energieversorger tatsächlich ein solches Preisänderungsrecht wirksam eingeräumt wurde (deshalb die EuGH- Vorlage).

Ferner entspricht es - wie aufgezeigt- der Rechtsprechung des BGH, dass Billigkeitskontrolle und Anbieterwechsel zwei gleichwertige Alternativen für den grundversorgten Kunden bilden, nach der gesetzlichen Regelung die Billigkeitskontrolle gem. § 315 Abs. 3 BGB dem grundversorgten  Kunden zur Verfügung stehen muss (BGH, Urt. v. 15.07.09 Az. VIII ZR 56/08 Rn. 36, Urt. v. 14.07.10 Az. VIII ZR 246/08 Rn. 41 f., m.w.N.).

Schließlich hatte der BGH bereits im Gaspreis-Urteil v. 13.06.07 Az. VIII ZR 36/06 klar zwischen einer entsprechenden Anwendung des § 315 BGB infolge einer Monopolsituation und einer direkten Anwendung dieser Norm bei vertraglicher oder gesetzlicher Einräumung eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts des Versorgers unterschieden, so dass sich bereits daraus ergab, dass es für die direkte Anwendung der Billigkeitskontrolle auf eine  einseitige Preisänderung auf der Grundlage eines wirksam eingeräumten, nicht weiter konkretisierten Preisänderungsrechts gerade nicht auf eine Monopolstellung ankommt (siehe auch Strompreis- Urteil OLG Stuttgart, v. 31.12.10 Az. 2 U 94/10).

Ich meine deshalb, dass diese Fragen in der Rechtsprechung des BGH bereits geklärt sind, in dem hier aufgezeigten Sinne.

Für meine Argumentation spricht auch die gesetzliche Regelung des § 19 Abs. 2 StromGVV zur Versorgungsunterbrechung, wo es heißt:

Zitat
Ferner bleiben diejenigen Rückstände außer Betracht, die wegen einer Vereinbarung zwischen Versorger und Kunde noch nicht fällig sind oder die aus einer streitigen und noch nicht rechtskräftig entschiedenen Preiserhöhung des Grundversorgers resultieren.

Sperren kann der Grundversorger wegen derart streitiger Forderungen also nicht, so dass er entsprechende Zahlungsansprüche nur gerichtlich verfolgen kann, ggf. klagen muss. Ob er deshalb überhaupt klagt, bleibt abzuwarten.

Hat der betroffene Kunde nach seinem Preiswiderspruch jedoch vollständig (unter Vorbehalt) gezahlt, dann muss der Kunde deshalb auf Rückzahlung klagen, wenn er das Geld zurückhaben will.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: marten am 07. Februar 2012, 20:33:50
@kampzwerg

Ist nett gemeint, mir Mut zu machen.
Nur wer hilft mir mit meinem Versorger? Wenn es darauf ankommt, werde ich einen Anwalt brauchen der fachlich kompetent, engagiert ist und sich nicht entmutigen lässt.
Und bezahlbar, wenn es nicht klappt.

Wir haben jetzt bereits den ersten nicht korigierten Abschlag gezahlt, so wie von unserer
Anwältin empfohlen.

In den letzten Jahren hatten wir immer den Energieschutzbrief in Anspruch genommen, weil das mich und meine Familie beruhigt hat, das wir eine kompetente Anwältin zur Unterstützung haben.
Auf wen können wir jetzt noch zählen.

Das Schreiben meiner Anwältin habe ich bereits vor 2 Tagen dem Bund der Energieverbraucher gemailt um bat um Antwort, bisher habe ich noch keine
Antwort erhalten.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: Tojas am 07. Februar 2012, 20:50:12
Hallo,

genau dieses Problem habe ich Herrn Rechtsanwalt RR-E-ft geschrieben.
Das ist nun schon etwas länger her.
Leider bekam ich bis heute keine Antwort.
Genau der gleiche Text stand in einer Antwortmail. Ich bekam nicht einmal ein Brief. Dafür habe ich 69 Euro bezahlt.
Herr RR-E-ft
Etwas simmt doch nicht im Verband.
Die Anwälte scheinen sehr verunsichert und sehen die Dinge anders als Sie.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: Kampfzwerg am 07. Februar 2012, 20:53:26
@marten

Noch besteht doch gar kein Grund zu erhöhter Sorge!
Frühestens dann, wenn Sie tatsächlich verklagt werden sollten.

In der Zwischenzeit hätten Sie ausreichend Zeit, die Anwältin zu wechseln.
Es gibt nämlich Anwälte, die fachlich kompetent und engagiert sind - und sich nicht entmutigen lassen. ;-)

Voraussetzung wäre vor alledem jedoch zunächst, dass Sie sich nicht entmutigen lassen!
Dann wären alle Anstrengungen der letzten Jahre völlig umsonst gewesen- und ohne Not - verloren.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: marten am 07. Februar 2012, 21:35:51
@Kampfzwerg

Die Frage stellt sich: Wie lange müssen wir noch kämpfen?
Ich bin jetzt schon etwa 7 Jahre dabei und ein Ende ist nicht Sicht.
Langsam müssen ich und meine Familie auch mal rechtliche Klarheit haben, auch in finanzieller Hinsicht.

Nachzahlen für die vergangenen Jahre werde ich nicht, ausser ein Gericht entscheidet dieses
.
Wenn sich nicht noch kurzfristig etwas ändert, werde ich so vorgehen wie meine Anwältin mir das empfohlen hat.
Faktisch bedeutet das, das Ende meines Preisprotestes.
Ausser mein Versorger fängt mich jetzt wieder an zu ärgern, dann könnte mein Kampfgeist noch mal erwachen.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: userD0003 am 07. Februar 2012, 21:43:38
Die Ausgangsfrage von \"Franky at home\" wurde hier eindeutig beantwortet.

Das \"marten\" betreffende und von seiner Anwältin angesprochene Problem ist vorrangig das Kostenrisiko, welches bei einem Prozess, in dem es um die Billigkeit geht, ungleich höher und schwieriger abzuschätzen ist (aufgrund möglicher Gutachterkosten) als bei einem Prozess, in dem es um eine Preisänderungsklausel geht.

Wieso das Risiko des Unterliegens (und damit auch das Kostenrisiko) derzeit höher als in zurückliegender Zeit sein soll, ist für mich allerdings nicht ersichtlich. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass der BGH nun vom EuGH erst klären lässt, ob in der Grundversorgung überhaupt wirksam gesetzlich ein Recht zur einseitigen Preisänderung eingeräumt wurde.

Sollte der EuGH bald eine Entscheidung im Sinne der Verbraucher treffen, könnte \"marten\" spätestens dann seine Vorauszahlungen noch rechtzeitig anpassen, mit Berücksichtigung der in den zurückliegenden Monaten bereits geleisteten Zahlungen (vielleicht ist das eine Lösung).

Nachtrag: Der Widerspruch gemäß obiger Empfehlung von RR-E-ft muss selbstverständlich kurzfristig raus !
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: RR-E-ft am 07. Februar 2012, 21:55:49
Fakt ist, dass der Grundversorger wegen Forderungen aus streitigen Preiserhöhungen nicht zur Versorgungssperre berechtigt ist, § 19 Abs. 2 StromGVV.

Fakt ist, dass im Falle der Verweigerung der Zahlung der auf einseitigen Preiserhöhungen beruhenden Forderungen, denen in angemessener Frist widersprochen wurde, der Versorger ggf. auf Zahlung klagen muss.

Fakt ist, dass derjenige, der unter Vorbehalt gezahlt hat, auf Rückzahlung klagen muss, wenn er sein Geld zurück haben will.

Fakt ist, dass sich sowohl im Zahlungsprozess des Versorgers (hierzu BGH, B. v. 18.05.11 Az. VIII ZR 71/10) als auch im Rückzahlungsprozess des Kunden (hierzu BGH, B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10) sich exakt die gleichen Fragen stellen, nämlich danach, ob dem Versorger überhaupt wirksam ein Preisänderungsrecht eingeräumt wurde, und wenn dies der Fall sein sollte, ob die einseitige Preisänderung, der in angemessener Frist widersprochen wurde, der Billigkeit entspricht, weil sie nur dann für den Kunden verbindlich sein kann, § 315 Abs. 3 BGB.

Fakt ist, dass sich bei Zahlung unter Rückforderungsvorbehalt und Rückforderungsklage gegenüber der Zahlungskürzung und Zahlungsklage des Versorgers an der Darlegungs- und Beweislast nichts ändert.

Fakt ist, dass für den Streit um einen bestimmten Geldbetrag deshalb das Prozesskostenrisiko gleich hoch ist, egal ob nun der Versorger auf Zahlung dieses Betrages klagt oder aber der Kunde auf Rückzahlung des selben.

Fakt ist, dass derjenige Rückzahlungskläger, dem das Kostenrisiko zu hoch wird, seine Rückzahlungsklage zurücknehmen kann und dann die bisherigen Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat, ebenso wie der auf Zahlung verklagte Kunde, dem das Kostenrisiko zu hoch wird, den Anspruch im Prozess noch anerkennen kann und dann die bisherigen Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat.

Fakt ist, dass ein sofortiges Anerkenntnis im Sinne des § 93 ZPO mit Kostentragungspflicht des auf Zahlung klagenden Versorgers nur dem auf Zahlung verklagten Kunden offen stehen kann, nicht aber dem auf Rückzahlung klagenden Kunden.  

Fakt ist:

Während der betroffene Kunde, der dabei unter Rückforderungsvorbehalt vollständig zahlt, vollkommen sicher sein kann, dass er innerhalb der Verjährungsfrist  auf Rückzahlung klagen muss, wenn er das Geld zurückhaben will, bleibt dem betroffenen Kunden, der den einseitigen Preisänderungen widersprochen und seine Zahlungen deshalb entsprechend gekürzt hatte, die (wohl erträglich) große Unsicherheit, ob der Versorger innerhalb der Verjährungsfrist die streitigen Forderungen überhaupt gerichtlich geltend macht.  

Fakt ist, dass derjenige betroffene Kunde, der ständig kürzt und die Unsicherheit deshalb unerträglich findet, deshalb auch selbst auf Feststellung klagen kann, dass dem Versorger die Forderungen, derer sich dieser berühmt, gar nicht zustehen.

Fakt ist, dass die Verjährungseinerede jedenfalls nicht dem betroffenen Kunden helfen kann, der unter Vorbehalt gezahlt hatte.

Nach alldem ist meines Erachtens nichts dafür ersichtlich, was in dieser bestimmten Konstellation für eine Zahlung unter Rückforderungsvorbehalt sprechen soll.

Zitat
Original von marten
Ich bin jetzt schon etwa 7 Jahre dabei und ein Ende ist nicht Sicht.
Langsam müssen ich und meine Familie auch mal rechtliche Klarheit haben, auch in finanzieller Hinsicht.

Nachzahlen für die vergangenen Jahre werde ich nicht, ausser ein Gericht entscheidet dieses.

@marten


Fakt ist, dass sich die Rechtsposition innerhalb der letzten sieben Jahre um keinen Deut verschlechtert haben kann, wenn man allen einseitigen  Preisänderungen im ununterbrochen laufenden Vertragsverhältnis  immer in angemesener Frist widersprochen und Zahlungen nur im Umfange dieser streitigen Erhöhungen gekürzt hatte.

Wenn Sie bereits seit 7 Jahren einseitigen Preisänderungen widersprechen und zudem Abschlags- und Rechnungsbeträge entsprechend kürzen, dann können viele streitige Forderungen, die darauf beruhen, längstens verjährt sein, wenn der Versorger diese nicht verjährungshemmend gerichtlich gelten gemacht hatte.

Zahlungsansprüche des Versorgers verjähren innerhalb von drei Jahren beginnend mit dem 31.12. des Jahres, in welchem der Rechnungsbetrag erstmals vom Versorger zur Zahlung fällig gestellt wurde.

Das Verjährungsrecht schafft Rechtssicherheit.

Allein dies spricht doch wohl dafür, Abschlags- und Rechnungsbeträge zu kürzen (und einbehaltene Beträge sicher unters Kopfkissen zu legen), statt vollständig unter Vorbehalt zu zahlen, nachdem man immer in angemessener Frist widersprochen hatte.
 
 

@Tojas

An mich hat deshalb jedenfalls  niemand 69 Euro bezahlt.

Ich bewerte auch nicht die rechtliche Würdigung meiner Kolleginnen und Kollegen, an die sich jeder wenden kann, ebenso wie auch an mich.

Eine solche Beurteilung der Würdigung meiner Kollegen im konkreten Einzelfall würde, wenn ich sie denn überhaupt anbieten würde, selbstverständlich vollkommen ergebnisoffen erfolgen und dabei deutlich mehr als 69 Euro kosten.

Ich habe meine Sicht der Dinge immer wieder, insbesondere mit aktueller höchstrichterlicher Rechtsprechung belegt, unter anderem auch hier im Forum dargelegt, insbesondere auch für Sie. (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=88673#post88673)

Ob meine veröffentlichten Darlegungen nun jederzeit und für jeden nachvollziehbar sind, vermag ich naturgemäß nicht zu beurteilen. Ich trage mich diesbezüglich jedoch mit einer gewissen Hoffnung.  ;)
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: userD0003 am 07. Februar 2012, 22:41:59
Zitat
Original von RR-E-ft
Zahlungsansprüche des Versorgers verjähren innerhalb von drei Jahren beginnend mit dem 31.12. des Jahres, in welchem der Rechnungsbetrag erstmals vom Versorger zur Zahlung fällig gestellt wurde.
Frage: Maßgeblich das Rechnungsdatum oder der Fälligkeitstermin (Beispiel: Rechnung vom 20.12.2011, fällig am 06.01.2012) ?
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: RR-E-ft am 07. Februar 2012, 22:46:30
Maßgeblich ist das Fälligkeitsdatum, frühestens 14 Tage nach Rechnungszugang.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: marten am 07. Februar 2012, 23:11:12
Zitat
Original von RR-E-ft

@marten

Wenn Sie bereits seit 7 Jahren einseitigen Preisänderungen widersprechen und zudem Abschlags- und Rechnungsbeträge entsprechend kürzen, dann können viele streitige Forderungen, die darauf beruhen, längstens verjährt sein, wenn der Versorger diese nicht verjährungshemmend gerichtlich gelten gemacht hatte.

Zahlungsansprüche des Versorgers verjähren innerhalb von drei Jahren beginnend mit dem 31.12. des Jahres, in welchem der Rechnungsbetrag erstmals vom Versorger zur Zahlung fällig gestellt wurde.

Allein dies spricht doch wohl dafür, Abschlags- und Rechnungsbeträge zu kürzen (und einbehaltene Beträge sicher unters Kopfkissen zu legen), statt vollständig unter Vorbehalt zu zahlen, nachdem man immer in angemessener Frist widersprochen hatte.

Fakt ist, dass sich die Rechtsposition innerhalb der letzten sieben Jahre um keinen Deut verschlechtert haben kann, wenn man allen einseitigen  Preisänderungen im ununterbrochen laufenden Vertragsverhältnis  immer in angemesener Frist widersprochen und Zahlungen nur im Umfange dieser streitigen Erhöhungen gekürzt hatte.

@RR-E-ft

Ich habe Ende 2008 einen gerichtlichen Mahnbescheid von meinen Versorger bekommen, dem ich widersprochen habe. Gerichtlich wurde seitdem von meinem Versorger nichts unternommen.

Meine Fragen  bezüglich der Verjährung an meinen Anwalt wurden so beantwort:

Wie lange hemmt der gerichtliche Mahnbescheid die Verjährung:  Antwort: zunächst unbegrenzt.

Es gibt keine zeitliche Begrenzung der Verjährungsunterbrechung. Nur eine Verwirkung.
Meine Frage, wann denn eine Verwirkung einsetzt wurde mir nicht konkret beantwortet.

Ist dieser gerichtlicher Mahnbescheid von 2008 verjährt, verwirkt ....?

Oder muss ich noch damit rechnen,das ich den Betrag eventuell noch bezahlen muss.

Was ist jetzt Fakt?

Muss ist jetzt noch damit rechnen, das ich vieleicht in 10 Jahren noch eine Zahlungsklage bekommen, die nicht verjährt, verwirkt oder ähnliches ist.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: RR-E-ft am 07. Februar 2012, 23:52:45
Fakt ist, dass derjenige, der unter Vorbehalt zahlt, weiterhin riskiert, vom Versorger deshalb verklagt zu werden.

Das vergessen die Kollegen, die (noch oder schon wieder) zur Vorbehaltszahlung raten, oft (zu erwähnen).

Weil auch dem Versorger die Ungewissheit, ob er die unter Vorbehalt geleistete Zahlung schlussendlich behalten darf, unzumutbar sein kann, kann dieser entweder die Vorbehaltszahlung zurückweisen und hiernach auf Zahlung (Erfüllung) klagen oder auf Feststellung, dass die Zahlung geschuldet war und deshalb als vorbehaltlos geleistet gilt.

Es ist kein Vorteil einer Vorbehaltszahlung gegenüber gewissenhafter Zahlungskürzung ersichtlich, so mein seit 2004 vertretener Beratungsstandpunkt.

Selbst für ausgesprochene Hasenfüße ist die Zahlung unter Vorbehalt deshalb  wenig empfehlenswert.


@marten

Fakt ist wohl , dass Ihre Anwältin Sie gegen ordentliches Entgelt berät.
Fakt ist, dass ich das in meiner Anwaltspraxis auch gern mache.

Fakt ist, dass der Mahnbescheid seine verjährungshemmende Wirkung verliert, wenn der Antragsteller nicht binnen eines halben Jahres nach Mitteilung über den Widerspruch/ Abagbe an das Streitgericht und Aufforderung zur Anspruchsbegründung das gerichtliche Verfahren weiter betreibt und das Verfahren deshalb in Stillstand gerät.

Nachzulesen in  § 204 Abs. 2 BGB (http://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__204.html).

Zitat
Die Hemmung nach Absatz 1 endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.

Bevor die Partei das Verfahren dann weiter betreibt, kann die - zwischenzeitlich gehemmt gewesene - Verjährungfrist bereits abgelaufen sein. Ist die Verjährunsgfrist jedoch erst einmal  abgelaufen, kommt eine weitere Hemmung nicht mehr in Betracht.

Merke:

Der Mahnbescheid selbst kann nicht verjähren, nur verwittern.
Verjähren kann jedoch der Zahlungsanspruch, dessen Verjährung durch die Beantragung  des Mahnbescheides gehemmt werden sollte.

Man sollte sich in einem solchen Verfahren, nachdem man die Abgabenachricht an das Streitgericht erhalten hat,  auf Verjährung berufen, bevor die Anspruchsbegründung ggf. doch noch erfolgt und zugestellt wird, §§ 696, 697 ZPO. Darum! (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=88679#post88679)
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: Kampfzwerg am 08. Februar 2012, 18:07:13
@marten

Fakt ist ebenfalls, dass man ggf. eine anwaltliche Zweitmeinung einholen kann, wenn man starke (und berechtigte) Zweifel an der Beratung durch die eigene Anwältin bzw. an deren Empfehlungen  hat.

FAKT ist weiterhin - ganz sicher - , dass es jederzeit möglich ist, die Anwältin zu wechseln! ! !

Fakt ist aber ebenfalls, dass man von der Rechtmässigkeit und Richtigkeit seiner eigenen Position auch selbst überzeugt sein muss, denn sonst kann man es gleich lassen und aufgeben.
Sollte man seinen Überzeugungen treu bleiben, und sich nicht einschüchtern lassen, ist es FAKT, dass man seinen ggf. zu erwartenden Prozess durchaus gewinnen kann!

Fakt ist schlussendlich, dass man für seine Überzeugungen verdammt noch einmal auch irgendwann einmal geradestehen muss!
Und jeder muss letztendlich selbst entscheiden, was ihm das wirklich wert ist.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: marten am 08. Februar 2012, 19:51:41
@RR-E-ft
Danke erstmal an Herrn Fricke für seine Ausführungen, besonders zum Thema Verjährung. Das hat mir schon mal weitergeholfen.

@Kampfzwerg

Fakt ist:
Die Einschätzung meiner Anwältin ist keine Einzelmeinung.
Es geht um die Einschätzung der Erfolgsaussichten vor Gericht, die anscheinend regional unterschiedlich sind.
Für ihren Bereich kann die Empfehlung anders sein, trotz gleicher Rechtslage.
Wie geschrieben, habe ich mit dem Bund der Energieverbraucher in Verbindung gesetzt.


Wir wissen doch, Recht haben und Recht bekommen, sind immer zwei Paar Schuhe.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: Kampfzwerg am 08. Februar 2012, 20:11:33
Zitat
Original von marten
Wir wissen doch, Recht haben und Recht bekommen, sind immer zwei Paar Schuhe.
Aber manchmal passen sogar beide  ;)


Sollten Sie tatsächlich vielleicht irgendwann einmal verklagt werden, haben sich heute geltende Meinungen und Einschätzungen vielleicht wirklich geändert.
Einzelmeinungen hin oder her. Und dann? Wären Sie genau so weit wie heute.  
Nur die Sorgenfalten, davon gäbe es wohl mehr  :)



P.S. Woher wissen Sie, bzw. wer sagt denn, dass das keine Einzelmeinung wäre? Jetzt sagen Sie bitte nicht, Ihre Anwältin ;-)
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: marten am 08. Februar 2012, 20:56:03
@Kampfzwerg

Nein, nicht von meiner Anwältin.

Lesen Sie mal in den Zeilen meines letzten Betrages, dann wissen Sie wen ich meine.

gruss

marten
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: userD0003 am 08. Februar 2012, 22:05:03
Zitat
Original von marten - am 06. und 07.01.2008:
Da die RWE bis zu Klärung der Rechtslage nicht auf die Verjährung verzichten will, ( das passt zu dem schlechten Ruf der Versorger)
heisst das für den Verbraucher auf keinen Fall unter Vorbehalt zu bezahlen, wenn er sein zuviel gezahltes Geld noch mal widersehen will.

Auf was soll ich denn warten, wenn ich unter Vorbehalt bezahle. Auf die Verjährung vielleicht?Die Entscheidung das Risiko einzugehen oder nicht einzugehen kann Dir keiner nehmen.

Jeder der die Rechnungen des Versorgers gekürzt hat und Geld einbehalten hat, muss doch damit rechnen irgendwann mal verklagt zu werden. Nur wenn man gleich einknickt, dann hat man schon verloren.
 ;)
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: marten am 08. Februar 2012, 22:11:16
Deshalb werde auch ich nicht unter Vorbehalt zahlen. Da für mich keine
Rückzahlungsklage in Frage kommt.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: userD0003 am 08. Februar 2012, 22:19:41
Zitat
Original von h\'berger
Sollte der EuGH bald eine Entscheidung im Sinne der Verbraucher treffen, könnte \"marten\" spätestens dann seine Vorauszahlungen noch rechtzeitig anpassen, mit Berücksichtigung der in den zurückliegenden Monaten bereits geleisteten Zahlungen (vielleicht ist das eine Lösung).

Der Widerspruch gemäß obiger Empfehlung von RR-E-ft (evtl. mit dem Vorbehalt, die Abschläge ggf. später zu kürzen) muss selbstverständlich kurzfristig raus!

Damit halten Sie sich zumindest einige Möglichkeiten offen, falls der EuGH im Sinne der Verbraucher urteilt - auf den Billigkeitseinwand können Sie ja verzichten (ohne Anerkennung einer Rechtspflicht zahlen).
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: RR-E-ft am 08. Februar 2012, 23:03:12
Man sollte tunlichst das Preisänderungsrecht als solches, ferner in angemessener Frist hilfsweise die Billigkeit der Preisänderung bestreiten und einen Billigkeitsnachweis durch Offenlegung der bisherigen und geänderten Kostenkalkulation des konkreten Preises unter Einschluss aller preisbildenden Kostenfaktoren verlangen.

Man sollte also die Unbilligkeitseinrede nicht weglassen!!!

Nochmals:

Erfolgt die Zahlung des Kunden nur unter Vorbehalt, kann der Versorger deshalb Veranlassung haben, zu klagen. Hieran ändert sich nichts, ob man nun die Unbilligkeitseinrede erhebt oder nicht. Man sollte die Unbilligkeitseinrede wie aufgezeigt tunlichst auch erheben.

Sonst könnte es später heißen, der betroffene Kunde habe lediglich nur das Preisänderungsrecht als solches bestritten, nicht aber die Angemessenheit (Billigkeit) der Preisänderung und des geänderten Preises.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: userD0003 am 08. Februar 2012, 23:10:46
@RR-E-ft

Ich bin mit Ihnen uneingeschränkt einer Meinung (und maße mir auch nicht an, Ihnen zu widersprechen  ;) ). Mit meinem Vorschlag wollte ich für @marten nur eine Brücke bauen, jetzt nicht völlig zu resignieren.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: marten am 09. Februar 2012, 00:49:56
Da in den letzten Jahren jeweils Widerspruch mit Offenlegung der Kalkulation usw. durch mich und später durch meine Anwältin erhoben wurde und sich an den Widerspruchgründen nichts geändert, werde ich das soweit erstmal fortführen.
Somit werde ich weiterhin meinen Versorger mitteilen, das ich mit seiner Preisgestaltung nicht konform gehe.

Wie schon geschrieben, werde ich allerdings nicht unter Vorbehalt zahlen, da eine Rückforderungsklage für uns nicht in Frage kommt.


Mir ist durchaus bewusst, dass mein Geld dann weg ist, ausser der EuGH entscheidet wirklich in absehbarer Zeit im Sinne der Verbraucher, und die Gerichte richten auch danach, und ich kann meine Abschlagszahlungen dann vieleicht noch anpassen.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: RR-E-ft am 09. Februar 2012, 01:14:36
@marten

Nicht unter Vorbehalt zahlen, kann auch heißen, vollständig ohne Vorbehalsterklärung zu zahlen. Die dümmste Variante.  

Dann wäre einem bewusst, dass das Geld weg ist, wenn eine Rückforderungsklage für einen  nicht in Betracht kommt.

Wenn man jedoch die Möglichkeit einer Rückforderungsklage in Betracht ziehen wollten, sollten man - wegen der Darlegungs- und Beweislast im Rückforderungsprozess - jedenfalls nur unter Vorbehalt zahlen.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: bolli am 09. Februar 2012, 07:54:41
Also ich glaube, @marten ist nicht mehr zu retten (also als Mitstreiter zu halten). Wenn selbst einfachste Handlungshinwiese aus \"Angst\" nicht mehr umgesetzt werden wollen. Das muss letztlich auch jeder selbst wissen.

Aber was ich viel bedenklicher finde ist, wenn nun schon \"BdE-Anwälte\" solche Empfehlungen geben, OBWOHL sie doch wissen sollten, dass entscheidende Fragen derzeit noch in einer höchstgerichtlichen Klärung sind. Es gab schon immer regionale Gerichte, die anders entschieden haben als die Mehrheit oder sogar der BGH. Dafür gibt\'s Berufung und Revision oder auch Nichtzulassungsbeschwerde. Und trotzdem schaffens einige (leider) nicht zu einer \"richtigen Entscheidung\". Aber einige sind dann doch durchgekommen und haben eine zumindest für den Augenblick günstige Entscheidungslandschaft z.B. im Sondervertragsbereich geschaffen. Das damit das eigentliche Problem der \"billigen Energiepreise\" nicht gelöst ist, ist bedauerlich aber derzeit nun mal nicht zu ändern.

Aber wenn die Anwälte der Verbraucher nun schon so früh die Flinte ins Korn werfen, kann man es ganz vergessen. Wie sollen \"willige Verbraucher\" denn ihre Interessen wahren, wenn sie keinen vernünftigen Anwalt finden. Es war ja in der Vergangenheit in bestimmten Regionen schon schwer genug einen versierten Anwalt zu finden, der die Angelegenheit zu einem angemessenen Preis vertrat. Das scheint nun ja noch schwerer zu werden.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: marten am 09. Februar 2012, 09:00:16
@bolli

Ich würde es weniger Angst nennen, bei mir ist mehr Resignation.
Nur wenn von seiten des BdE diese Empfehlungen raus gegeben werden.
Dann stelle ich die Frage?

Warum soll ich alleine weiter kämpfen, die Preise meines Versorgers kürzen wie in der Vergangenheit, wenn ich in der Frage alleine dastehe.

Ich habe mich bestimmt nicht leicht einschüchtern lassen ( gerichtlicher Mahnbescheid) usw, es gab immer Gerichte die gegen den Verbraucher entschieden, auch der BGH hat ja einige unsinnige Entscheidungen getroffen,
aber wenn selbst dem Bde das Risiko zurzeit zu hoch erscheint Abschläge zu kürzen, was soll ich als Einzelkämpfer weitermachen.

Mir fehlt einfach der Rückhalt.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: userD0003 am 09. Februar 2012, 11:26:27
Die (wenig nachvollziehbare) Empfehlung der Anwältin wurde, wenn ich das richtig verstanden habe, im Rahmen von Leistungen des Energieschutzbriefes gegeben.

Frage an den BdEV: Wenn sich das Mitglied nicht an diese Empfehlung hält, hat das für ein Gerichtsverfahren möglicherweise negative Auswirkungen auf Leistungen des Prozesskostenfonds?

Sollte das so sein, geht deshalb diese Empfehlung der Anwältin vom BdEV aus, weil diesem das Prozesskostenrisiko (Stichwort: Gutachterkosten) bei einem Billigkeitsverfahren zu hoch ist???
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: energienetz am 09. Februar 2012, 13:26:56
Natürlich steht der Verein und auch der Prozesskostenfonds zu all denen, die nicht den geforderten Rechnungsbetrag sondern einen begründet gekürzten Betrag zahlen und auch das Preisänderungsrecht des Versorgers in Frage stellen. Es gibt hier also keine Änderung der bisherigen Vereinsposition. Im Rahmen des Energieschutzbriefs und auch der Anwaltshotline berät jeder Anwalt in eigener Verantwortung. Wer also seit Jahren kürzt und in den Fonds regelmäßig einzahlt, für den hält sich das Risiko selbst im Fall eines verlorenen Gerichtsverfahrens in engen Grenzen. Nach wie vor entscheidet aber der Fonds jeden Einzelfall einzeln. Im übrigen trägt der Fonds die Kosten eines Gutachtens nur in sehr überschaubaren Einzelfällen.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: marten am 09. Februar 2012, 14:00:53
Die Empfehlung, dass ich die Abschläge aufgrund des Risikos zukünftig nicht kürzen soll, ist keine Einzelmeinung einer einzelnen Anwältin im Rahmen des Energieschutzbriefes, sondern wird gestützt durch den BdE.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: RR-E-ft am 09. Februar 2012, 14:52:49
Zitat
Original von energienetz
Natürlich steht der Verein und auch der Prozesskostenfonds zu all denen, die nicht den geforderten Rechnungsbetrag sondern einen begründet gekürzten Betrag zahlen und auch das Preisänderungsrecht des Versorgers in Frage stellen. Es gibt hier also keine Änderung der bisherigen Vereinsposition. Im Rahmen des Energieschutzbriefs und auch der Anwaltshotline berät jeder Anwalt in eigener Verantwortung. Wer also seit Jahren kürzt und in den Fonds regelmäßig einzahlt, für den hält sich das Risiko selbst im Fall eines verlorenen Gerichtsverfahrens in engen Grenzen. Nach wie vor entscheidet aber der Fonds jeden Einzelfall einzeln. Im übrigen trägt der Fonds die Kosten eines Gutachtens nur in sehr überschaubaren Einzelfällen.

In einem Prozess stellt sich die Frage nach der Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens sowieso überhaupt nur dann, wenn die Voraussetzungen dafür vorlliegen, also wenn wirksam ein Preisänderungsrecht eingeräumt wurde, es um die Frage der Billigkeit geht, der Versorger die notwendigen Anknüpfungstatsachen, also die  zwischenzeitliche Entwicklung aller preisbildenden Kostenfaktoren einschließlich Preissockel vorgetragen (BGH, Urt. v. 19.11.08 Az. VIII ZR 138/07 Rn. 39) und durch gerichtliches Sachverständigengutachten unter Beweis gestellt hat und der betroffene Kunde einen solchen entscheidungserheblichen Vortrag sodann auf entsprechenden Hinweis weiter bestreitet.

Kommt ein Verfahren an einen solchen Punkt, kann man sich immer noch überlegen, wie man sich dieser besonderen Prozesssituation stellt.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: Kampfzwerg am 09. Februar 2012, 15:08:53
Zitat
Original von marten
Nur wenn von seiten des BdE diese Empfehlungen raus gegeben werden.
...
Die Empfehlung, dass ich die Abschläge aufgrund des Risikos zukünftig nicht kürzen soll, ist keine Einzelmeinung einer einzelnen Anwältin im Rahmen des Energieschutzbriefes, sondern wird gestützt durch den BdE.
Das glaube ich einfach nicht! Schon die Formulierung \"des/den BdE\" ist viel zu allgemein gehalten. Das hört sich an, als würde black behaupten \"der BGH hat gegen die Verbraucher entschieden\" und wir würden deswegen alle unseren Preisprotest aufgeben ;)


Zitat
Warum soll ich alleine weiter kämpfen, die Preise meines Versorgers kürzen wie in der Vergangenheit, wenn ich in der Frage alleine dastehe
...
Mir fehlt einfach der Rückhalt.
Ach ja? Was glauben Sie eigentlich, was wir alle hier gerade versuchen?
Nur leider scheinen Sie bereits so resigniert, verunsichert und mutlos zu sein, dass Sie unsere Rat- und Vorschläge gar nicht mehr aufnehmen wollen.

Und das, obwohl der worst case bei Ihnen noch gar nicht eingetreten ist. Sorry, bei allem Verständnis, aber das kann ich nun nicht mehr nachvollziehen. Bitte denken Sie noch einmal gründlich über alles nach!
Jeder von uns hatte wohl schon einmal eine Phase, in der er starke Zweifel hatte und am liebsten alles hingeschmissen hätte. Aber bitte glauben Sie mir, der Kampf lohnt sich, Sie brauchen nur einen anderen Anwalt!



Siehe auch:
BGH schlägt sich auf Verbraucherseite (http://www.energieverbraucher.de/de/site/Preisprotest/site/site__2909/)
BGH VIII ZR 113/11 Verkündungstermin 14.03.12 Rückforderung Sondervertrag ohne Widerspruch (http://forum.energienetz.de/thread.php?threadid=16488)
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: marten am 09. Februar 2012, 16:01:24
@Kampzwerg

Sie zitieren Urteile für Sondervertragskunden und nicht für grundversorgte Kunden.

Zu der Gläubwürdigkeit meiner Aussage, fragen Sie den verantwortlichen
Herrn vom Bde,der uns zum kämpfen auffordert.

Ich habe keine Lust hier als Lügner hingestellt zu werden.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: RR-E-ft am 09. Februar 2012, 16:13:37
@Kampfzwerg

Wirklich nicht fein.

@marten

Ich sehe wirklich keinerlei Grund, warum Sie nun anders vorgehen sollten, als all die Jahre bisher schon, in denen noch gar keiner die - nun auch stark thematisierte -  Frage gestellt hatte, ob das gesetzliche Preisänderungsrecht in der Grundversorgung überhaupt wirksam sei.

Und dazu zitiere ich nochmals für die Grundversorgung die jüngsten Entscheidungen des BGH:

BGH, B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10 - Grundversorgung Strom- und
BGH, B. v. 18.05.11 Az. VIII ZR 71/10 - Grundversorgung Gas.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: energienetz am 09. Februar 2012, 16:17:02
Zitat
Original von marten
@Kampzwerg

Sie zitieren Urteile für Sondervertragskunden und nicht für grundversorgte Kunden.

Zu der Gläubwürdigkeit meiner Aussage, fragen Sie den verantwortlichen
Herrn vom Bde,der uns zum kämpfen auffordert.

Ich habe keine Lust hier als Lügner hingestellt zu werden.
Hier liegt ganz offensichtlich ein Missverständnis vor, ich hatte marten das schon als privatmail mitgeteilt. Die Meinung der Vereins hatte ich doch schon sehr deutlich zum Ausdruck gebracht.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: marten am 09. Februar 2012, 16:40:53
@energienetz

Ich habe von Ihnen bisher eine Antwort Mail auf meine erste Mail erhalten mit einen 2 seitigen Text, der die Empfehlung meiner Anwältin mir gegenüber untermauert.

Da gab es eigentlich nichts misszuverstehen.

Daraufhin habe ich Ihnen eine zweite Mail geschickt mit weiteren Fragen.

Haben Sie mir noch eine zweite Mail geschickt?
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: Didakt am 09. Februar 2012, 16:55:53
@ RR-E-ft

Zitat
Original von Ihnen:
Ob meine veröffentlichten Darlegungen nun jederzeit und für jeden nachvollziehbar sind, vermag ich naturgemäß nicht zu beurteilen. Ich trage mich diesbezüglich jedoch mit einer gewissen Hoffnung.

Ich wage eine These, Herr Fricke: Sie können aus Sicht der meisten Leser dieses Forums versichert sein, dass Ihre berechtigte Hoffnung Sie nicht trügt. Ihre hilfreichen Ausführungen sind einschließlich Ihrer steten Bemühungen anerkennenswert und für eine individuelle Entscheidungsfindung äußerst nützlich. Von Ihren Erklärungen haben sicher viele profitiert.

@ marten

Vermutlich setze ich mich mit meiner Meinung zu Ihrem Fall der Kritik vieler Leser aus. Ich bin und bleibe Preisprotestler aus Überzeugung und bestätige Ihnen aufgrund eigener Erfahrung dennoch, dass ich Ihre Gedankengänge nachvollziehen kann. Im Übrigen auch die Empfehlung Ihrer Anwältin, deren Namen Sie nicht genannt haben. Nach Ihrer Beschreibung ist wohl davon auszugehen, dass es sich hierbei um eine im Forum bekannte renommierte Juristin handelt, die als Fachanwältin des Energierechts eine ausgezeichnete Reputation genießt und sich in der jüngsten höchstrichterlichen, gefestigten Rechtsprechung durchaus gut auskennen dürfte. Vielleicht erweist sich ihr Ratschlag an Sie später einmal als kluge und weise Empfehlung.

Auf die vielen hier im Forum diskutierten fragwürdigen Gerichtsurteile möchte ich gar nicht näher eingehen. Wer diese als Betroffener – vielfach mangels versagter Rechtsbehelfe wegen zu geringen Streitwertes – zwangsweise hinnehmen und verinnerlichen musste und noch muss, staunt oft als Laie, und selbst der Fachmann wundert sich darüber.
In meinem verlorenen Zahlungsprozess in 2010 hat der Richter mich als Sondervertragskunde in seinem Urteil u. a. wissen lassen, dass ich bereits 2007 einen Versorgerwechsel hätte veranlassen können, um den Preisanpassungen der Klägerseite auszuweichen. Meinen Altversorger sah er wahrscheinlich als seinen Schutzbefohlenen an.

Wir haben gegenüber dem Zeitraum 2004 bis 2008/2009 eine veränderte Marktsituation. Die Versorger haben sich neu aufgestellt und ihre Preisanpassungsklauseln in den AGB weitestgehend angriffsfrei der aktuellen Rechtslage angepasst und ihre Kunden aus den alten Verträgen heraus gekündigt. Dem Kunden, der sein Lieferverhältnis danach im Rahmen der Vertragsfreiheit gründete, bleiben bei einer Preisanpassung ggf. das Sonderkündigungsrecht und der Versorgerwechsel.

Es ist nach Ihren Ausführungen davon auszugehen, dass Sie grundversorgter Kunde des für Ihren Wohnort zuständigen Grundversorgers sind. Ihnen kann man demnach nicht kündigen.

Bisherigen Preisanpassungen, deren Angemessenheit Sie bezweifelten, sind Sie bislang zu Recht mit Widersprüchen unter Hinweis auf § 315 (3) BGB begegnet. Eine Zahlungsklage bezüglich dieser Altfälle ist bisher ausgeblieben. Sie kann noch kommen, soweit Forderungen nicht verjährt sind. Hier gilt es Ihrerseits, an der bisherigen Strategie festzuhalten. Abwarten und Tee trinken. Die Entscheidung des EuGH steht ja auch noch aus.

Der Versorger wird Sie naturgemäß aber weiterhin in Abständen mit Preisanpassungen konfrontieren. Natürlich können Sie auch weiterhin in gleicher Weise unter Beachtung der von Herrn Fricke aufgeführten Hinweise in seinem Faktencheck dagegen vorgehen. Es gilt: Entspricht die Preisbestimmung nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung letztlich durch Urteil getroffen. Wollen Sie es auch neuerdings unter Berücksichtigung des Prozesskostenrisikos noch darauf ankommen lassen?

Jetzt kommen die praktischen Erwägungen der aktuellen Marktsituation ins Spiel. Es ist verwunderlich, dass Sie immer noch an Ihrem gesetzlichen Grundversorger festhalten. Sein aktueller Preis könnte unbillig sein. Angenommen, das Gericht stellt per Urteil fest, dass dieser Preis um 0,20 ct/kWh überhöht ist. Und was nützt Ihnen dies, wenn Sie im Rahmen eines Versorgerwechsels einen Preisvorteil von 0,50 ct/kWh hätten erzielen können?
Es wäre möglich, dass Ihnen dieser Sachverhalt bei einem Gerichtsverfahren zu Ihrem Nachteil vorgehalten wird.

Neuerdings muss sich der Preisprotest über den Versorgerwechsel akzentuieren. Davon macht leider nur 10% der Verbraucherschaft Gebrauch. Das ist die eigentliche Crux! Ich für meinen Teil habe jedenfalls im letzten Jahr vier Versorgerwechsel (2 x Gas, 2 x Strom) vorgenommen.

Treffen Sie die für Sie richtige persönliche Entscheidung.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: marten am 09. Februar 2012, 17:21:51
@Didakt

Sie haben die Situation sehr schön erklärt.
Nachdem ich die Empfehlungen meiner Anwältin erhalten habe, sie wissen wen ich meine, war ich natürlich erstmal geschockt.
Ich bin schließlich seit Jahren überzeugter Preisprotestler.

Wenn aber eine ausgewiesene Expertin, die sicherlich auch die Darlegungen von Herr Fricke kennt, die aktuelle Rechtslage kennt, und sich in den Gerichtssäälen auskennt,  dann sollte man schon überlegen, ob man sich nicht an die Empfehlungen hält.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: Kampfzwerg am 09. Februar 2012, 17:33:43
Zitat
Original von marten
@Kampzwerg

Sie zitieren Urteile für Sondervertragskunden und nicht für grundversorgte Kunden.

Zu der Gläubwürdigkeit meiner Aussage, fragen Sie den verantwortlichen
Herrn vom Bde,der uns zum kämpfen auffordert.

Ich habe keine Lust hier als Lügner hingestellt zu werden.

@marten

Das tut mir wirklich leid, meine Wortwahl war vielleicht etwas missverständlich. Seien Sie versichert, dass es ganz und gar nicht meine Absicht war, Sie hier als Lügner hinzustellen!
Ich wollte lediglich meine Ungläubigkeit an der beschriebenen Position als einer \"allgemeingültigen\" Aussage des \"BdEV\" zum Ausdruck bringen. Meine Anwältin vertritt nämlich nicht diese Meinung, und wird ebenfalls vom BdEV empfohlen.


In den zitierten Urteilen geht es u. a. auch ganz allgemein um Infos in Bezug auf \"Vorbehaltszahlungen und Rückforderungen\", daher die links zum Stöbern für stille Stunden, ich dachte, sie könnten Ihnen hilfreich sein.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: marten am 09. Februar 2012, 18:19:19
@kampfzwerg


Ich habe ja geschrieben, das die Empfehlungen wie man Sie sich im Preisprotest verhalten soll unterschiedlich sein kann, je nach Region.
Das kann es sich durchaus lohnen zu kürzen.

Es gibt aber anscheindend Regionen, in denen eine steigende Anzahl der Gerichte das Recht anders auslegt und diese Zahl nimmt zu. Der Billigkeitseinwand wird einfach abgeschmettert, man könne ja den Anbieter wechseln.
Das Risiko vor Gericht zu verlieren, wäre einfach zu gross.
So teilte man mir.

Deshalb auch die Ablehnung meine Abschläge zu kürzen.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: courage am 09. Februar 2012, 18:34:10
Der Beitrag von Frau Rechtsanwältin Leonora Holling vom 06.09.2011: \"Risiko für Protestkunden steigt\" (http://www.energieverbraucher.de/de/site/Preisprotest/News__1700/NewsDetail__12016/) hat mich schon damals sehr irritiert.
Es geht in ihrem Beitrag zwar um Rückforderungen aufgrund von Sonderverträgen; die dort beschriebene Argumentation der Versorgerseite und die angebliche Zumutbarkeitsgrenze des BGH ließe sich womöglich sinngemäß auch auf Grundversorgungsverhältnisse übertragen.

Bedauerlich finde ich, dass Frau Holling keine Urteile oder sonstige Fundstellen genannt hat, die man studieren könnte, um sich selbst argumentativ zu wappnen.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: Kampfzwerg am 09. Februar 2012, 18:55:08
@marten
bitte mal Ihre PN checken!


@courage
BINGO!
BINGO!
BINGO!


@Didakt
Zitat
(1)Ich bin und bleibe Preisprotestler aus Überzeugung und bestätige Ihnen aufgrund eigener Erfahrung dennoch, dass ich Ihre Gedankengänge nachvollziehen kann. (...)
(2)Nach Ihrer Beschreibung ist wohl davon auszugehen, dass es sich hierbei um eine im Forum bekannte renommierte Juristin handelt, die als Fachanwältin des Energierechts eine ausgezeichnete Reputation genießt und sich in der jüngsten höchstrichterlichen, gefestigten Rechtsprechung durchaus gut auskennen dürfte.
(3)Vielleicht erweist sich ihr Ratschlag an Sie später einmal als kluge und weise Empfehlung.
1. Grundsätzlich stimme ich Ihrem ersten Satz zu!
2. Der Konjunktiv \"dürfte\" erscheint durchaus angebracht.
Vielleicht müssten aber Reputationen durch den BdEV auch von Zeit zu Zeit kritisch hinsichtlich ihrer Berechtigungen und anhand objektiver Kriterien überprüft werden!
Schlimmstenfalls würden nämlich ungerechtfertigte Empfehlungen mancher Anwälte/Anwältinnen sehr direkt und schädigend auf das Image und die Reputation des BdEv zurückfallen. Und damit direkt auf die Protestaktionen der Verbraucher einwirken. Wäre doch schade, die bisherigen Erfolge des BdEv derart leichtfertig aufs Spiel zu setzen oder gar zunichte zu machen!
3. Womöglich erweist sich dieser aber auch als Rohrkrepierer. Den Schaden hätte ausschliesslich der Mandant, die Anwältin erhielte ihr Salär in jedem Fall. Verdient oder unverdient!
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: marten am 09. Februar 2012, 20:13:08
@Kampfzwerg

Bitte auch mal kurz die PN checken.

gruss marten
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: userD0003 am 09. Februar 2012, 21:02:08
Zitat
Original von courage
Der Beitrag von Frau Rechtsanwältin Leonora Holling vom 06.09.2011: \"Risiko für Protestkunden steigt\" (http://www.energieverbraucher.de/de/site/Preisprotest/News__1700/NewsDetail__12016/) hat mich schon damals sehr irritiert.
Es geht in ihrem Beitrag zwar um Rückforderungen aufgrund von Sonderverträgen; die dort beschriebene Argumentation der Versorgerseite und die angebliche Zumutbarkeitsgrenze des BGH ließe sich womöglich sinngemäß auch auf Grundversorgungsverhältnisse übertragen.
Das lässt sich nicht auf Grundversorgungsverhältnisse übertragen und hat mit dem hier diskutierten \"Billigkeits-Fall\" @marten gar nichts zu tun.
Diese Tendenz der BGH-Rechtsprechung, die in dem verlinkten Beitrag aufgezeigt wird, zeichnet sich ab für Rückforderungsklagen bei Sonderverträgen, wenn der/die Anspruchsteller/in zuvor niemals Widerspruch eingelegt hatte (betrifft also diejenigen, die nachträglich auf den Zug aufspringen).
Wenn ich das richtig erinnere, dann steht hierzu in absehbarer Zeit eine Urteilsverkündung des BGH an (?).
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: Kampfzwerg am 09. Februar 2012, 21:28:22
Zitat
Original von RR-E-ft
@marten

Ich sehe wirklich keinerlei Grund, warum Sie nun anders vorgehen sollten, als all die Jahre bisher schon, in denen noch gar keiner die - nun auch stark thematisierte - Frage gestellt hatte, ob das gesetzliche Preisänderungsrecht in der Grundversorgung überhaupt wirksam sei.
@RR-E-ft
Richtig. Jetzt weniger denn je.
Gerade deshalb: Vielleicht könnten Sie @marten und uns Lesern bitte erklären, wieso eine vom BdEv stark favorisierte und fachlich als äußerst kompetent empfohlene Anwältin dann eine zu Ihren Ausführungen diametral entgegengesetzte Empfehlung vertritt?

Mehr noch, sie sich sogar schlicht weigert, die bisher jahrelang erfolgte Berechnung für ihren Mandanten weiterhin auszuführen?
Wohlgemerkt immer finanziert durch die Bezahlung des Energieschutzbriefes.
Auch wenn die Kosten sich \"nur\" auf 69,- Euro, jeweils pro Jahr und Energieart, belaufen, erscheint mir der so genannte Gegenwert für ein Schreiben mit vielfach verwendeten Textbausteinen doch etwas überzogen.
Vom Nutzwert in diesem Fall gar nicht erst zu reden.



@h´berger
Zitat
Diese Tendenz der BGH-Rechtsprechung, die in dem verlinkten Beitrag aufgezeigt wird, zeichnet sich ab für Rückforderungsklagen bei Sonderverträgen, wenn der Anspruchsteller zuvor niemals Widerspruch eingelegt hatte.
Ich finde ganz und gar nicht, dass sich eine derartige (negative) Tendenz (Risiko für Protestkunden steigt) abzeichnet! Weder als Tendenz des BGH (näheres voraussichtlich im März) noch vor anderen Instanzen.
Ausnahme ist vielleicht die einsame Rechtsprechung des OLG Nürnberg ;-)

Ich nehme davon abgesehen an, dass @courage grundsätzliche Zweifel zum Ausdruck bringen wollte.
Frau Rechtsanwältin Holling nennt wohl,  unabhängig von der Art des Vertrages, wohl grundsätzlich keine Urteile oder sonstige Fundstellen.
Ein Schelm, der Böses dabei denkt?


kleiner Scherz am Rande:
In meinem USA-Urlaub hatte ich immer ein komisches Gefühl, in irgendeinem Bus das Schild \"trust in god\" über dem Fahrer hängend zu sehen  ;)
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: userD0003 am 09. Februar 2012, 21:43:48
@Kampfzwerg

Die \"Trittbrettfahrer\" sind ja auch keine \"Protestkunden\"   ;)
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: bolli am 10. Februar 2012, 08:01:25
Zitat
Original von h\'berger
Das lässt sich nicht auf Grundversorgungsverhältnisse übertragen und hat mit dem hier diskutierten \"Billigkeits-Fall\" @marten gar nichts zu tun.
Diese Tendenz der BGH-Rechtsprechung, die in dem verlinkten Beitrag aufgezeigt wird, zeichnet sich ab für Rückforderungsklagen bei Sonderverträgen, wenn der/die Anspruchsteller/in zuvor niemals Widerspruch eingelegt hatte (betrifft also diejenigen, die nachträglich auf den Zug aufspringen).
Wenn ich das richtig erinnere, dann steht hierzu in absehbarer Zeit eine Urteilsverkündung des BGH an (?).
Der BGH hat für die Grundversorgung ja bereits u.a. in seinem Urteil vom 14.07.2010 VIII ZR 246/08 Rd-Nr. 58 festgelegt, dass bei grundversorgten Kunden immer ein neuer Widerspruch gegen jede einzelne Preiserhöhung notwendig ist, da man ansonsten mit der Zahlung der Rechnungsforderung die dort genannten Preis als neu vereinbart anerkennt.
Zitat
Allerdings hat der Senat zu einseitigen Preiserhöhungen in einem Tarifkundenvertrag entschieden: Wenn der Kunde eine auf der Grundlage einer öffentlich bekannt gegebenen einseitigen Preiserhöhung vorgenommene Jahresabrechnung des Versorgungsunternehmens akzeptiert hat, indem er weiterhin Gas bezogen hat, ohne die Preiserhöhung in angemessener Zeit gemäß § 315 BGB zu beanstanden, wird der zum Zeitpunkt der Jahresabrechnung geltende, zuvor einseitig erhöhte Tarif zu dem zwischen den Parteien vereinbarten Preis. Er kann deshalb nicht mehr gemäß § 315 Abs. 3 BGB auf seine Billigkeit überprüft werden (BGHZ 172, 315, Tz. 36; vgl. auch BGHZ 178, 362, Tz. 15 f.).
Problem bei der Grundversorgung ist aber wohl, dass man ja gemäß Auslegung des VIII. Senats des BGH NUR gegen die Preiserhöhungen und nicht gegen den gesamten Preis Widerspruch einlegen bzw. dessen Billigkeit bezweifeln kann, da der Sockelpreis als vereinbart gilt. Oder genauer ausgedrückt: Bisher folgt der VIII. Senat nicht RR-E-ft\'s Auslegung, dass es nur EINEN Preis, nämlich den einseitig festgelegten Preis des Versorgers gibt, den man nur in seiner Gesamtheit angreifen kann, sondern hat mit dem Sockelpreis für die Versorger ein bisschen Preissicherheit geschaffen. Damit werden auch nur die Preiserhöhungen auf ihre Billigkeit untersucht und es geht somit um relativ wenig Geld.

Gleichwohl stellt sich für mich weiterhin die Frage, wie man als \"BdEV-Anwältin\" in der jetzigen Lage, wo eine Entscheidung des EuGH zu der Frage, ob überhaupt ein gesetzliches Preisänderungsrecht in der Grundversorgung gegeben ist, einem jahrelangen Protestler solch eine Empfehlung geben kann. Das @marten da ins Grübeln kommt, kann ich verstehen. Es sind halt nicht alle die geborenen Kämpfer ala unserem Kampfzwerg.  ;)
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: Kampfzwerg am 10. Februar 2012, 19:19:41
Zitat
Original von energienetz
Natürlich steht der Verein und auch der Prozesskostenfonds zu all denen, die nicht den geforderten Rechnungsbetrag sondern einen begründet gekürzten Betrag zahlen und auch das Preisänderungsrecht des Versorgers in Frage stellen. Es gibt hier also keine Änderung der bisherigen Vereinsposition. Im Rahmen des Energieschutzbriefs und auch der Anwaltshotline berät jeder Anwalt in eigener Verantwortung. Wer also seit Jahren kürzt und in den Fonds regelmäßig einzahlt, für den hält sich das Risiko selbst im Fall eines verlorenen Gerichtsverfahrens in engen Grenzen. Nach wie vor entscheidet aber der Fonds jeden Einzelfall einzeln. Im übrigen trägt der Fonds die Kosten eines Gutachtens nur in sehr überschaubaren Einzelfällen.



Zitat
Original von marten
Nur für mich macht es jetzt keinen Sinn mehr, die \"Schlacht\" weiter zu fechten wenn mein \"General\" von einer Niederlage ausgeht.
...
In den letzten Jahren hatten wir immer den Energieschutzbrief in Anspruch genommen, weil das mich und meine Familie beruhigt hat, das wir eine kompetente Anwältin zur Unterstützung haben.
Auf wen können wir jetzt noch zählen.


Zitat
Original von bolli
Gleichwohl stellt sich für mich weiterhin die Frage, wie man als \"BdEV-Anwältin\" in der jetzigen Lage, wo eine Entscheidung des EuGH zu der Frage, ob überhaupt ein gesetzliches Preisänderungsrecht in der Grundversorgung gegeben ist, einem jahrelangen Protestler solch eine Empfehlung geben kann.

Zitat
Original von Kampfzwerg
@RR-E-ft
Richtig. Jetzt weniger denn je. Gerade deshalb: Vielleicht könnten Sie @marten und uns Lesern bitte erklären, wieso eine vom BdEv stark favorisierte und fachlich als äußerst kompetent empfohlene Anwältin dann eine zu Ihren Ausführungen diametral entgegengesetzte Empfehlung vertritt?

Zitat
Original von Didakt
Nach Ihrer Beschreibung ist wohl davon auszugehen, dass es sich hierbei um eine im Forum bekannte renommierte Juristin handelt, die als Fachanwältin des Energierechts eine ausgezeichnete Reputation genießt und sich in der jüngsten höchstrichterlichen, gefestigten Rechtsprechung durchaus gut auskennen dürfte.

Zitat
Original von courage
Der Beitrag von Frau Rechtsanwältin Leonora Holling vom 06.09.2011: \"Risiko für Protestkunden steigt\" hat mich schon damals sehr irritiert.
[...] Bedauerlich finde ich, dass Frau Holling keine Urteile oder sonstige Fundstellen genannt hat, die man studieren könnte, um sich selbst argumentativ zu wappnen.

Zitat
Original von Didakt
Wenn dem so ist, müsste Ihre Anwältin doch beispielhaft entsprechende Gerichtsurteile benennen können. Erst dann wäre eine konkrete Bewertung möglich.

Zitat
Original von h`berger
Es ist wohl sehr anzuzweifeln, dass diese Empfehlung wirklich zweckdienlich für Sie ist!?Wann haben welche Gerichte den Billigkeitseinwand in der Grundversorgung nicht (mehr) anerkannt?Es scheint ebenfalls zweifelhaft zu sein, ob diese Gerichte sowie der Sie informierende Anwalt auf dem aktuellsten Stand der höchstrichterlichen Rechtsprechung (s.o.) sind.

Zitat
Original von RR-E-ft
Diese Empfehlung erscheint mit Rücksicht darauf, dass der BGH nun vom EuGH erst klären lassen will, ob dem Grundversorger überhaupt wirksam gesetzlich ein Recht zur einseitigen Preisänderung eingeräumt wurde, nicht nachvollziehbar.
...
Dann vertritt die Frau Kollegin wohl eine andere Rechtsauffassung als ich und gibt deshalb andere Empfehlungen ab.
Ich orientiere mich wie aufgezeigt an der aktuellen Rechtsprechung des BGH.
...
Fakt ist, dass sich die Rechtsposition innerhalb der letzten sieben Jahre um keinen Deut verschlechtert haben kann, wenn man allen einseitigen Preisänderungen im ununterbrochen laufenden Vertragsverhältnis immer in angemesener Frist widersprochen und Zahlungen nur im Umfange dieser streitigen Erhöhungen gekürzt hatte.

Zitat
Original von Tojas an RR-E-ft
Etwas simmt doch nicht im Verband.Die Anwälte scheinen sehr verunsichert und sehen die Dinge anders als Sie.

Zitat
Original von h´berger
Das \"marten\" betreffende und von seiner Anwältin angesprochene Problem ist vorrangig das Kostenrisiko,...Wieso das Risiko des Unterliegens (und damit auch das Kostenrisiko) derzeit höher als in zurückliegender Zeit sein soll, ist für mich allerdings nicht ersichtlich. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass der BGH nun vom EuGH erst klären lässt, ob in der Grundversorgung überhaupt wirksam gesetzlich ein Recht zur einseitigen Preisänderung eingeräumt wurde.

Zitat
Original von RR-E-ft
Ich bewerte auch nicht die rechtliche Würdigung meiner Kolleginnen und Kollegen, an die sich jeder wenden kann, ebenso wie auch an mich.
Eine solche Beurteilung der Würdigung meiner Kollegen im konkreten Einzelfall würde, wenn ich sie denn überhaupt anbieten würde, selbstverständlich vollkommen ergebnisoffen erfolgen und dabei deutlich mehr als 69 Euro kosten.

Zitat
Original von Kampfzwerg @RR-E-ft
Richtig. Jetzt weniger denn je.Gerade deshalb: Vielleicht könnten Sie @marten und uns Lesern bitte erklären, wieso eine vom BdEv stark favorisierte und fachlich als äußerst kompetent empfohlene Anwältin dann eine zu Ihren Ausführungen diametral entgegengesetzte Empfehlung vertritt?



All die oben genannten Zitate stammen ausschliesslich aus diesem Thread! In anderen gibt es dergleichen mehr.
Natürlich wundert es uns auch nicht, dass RR-E-ft auf derartige Fragen nicht antwortet. Dafür haben wir auch alle Verständnis.
Er ist letztendlich nämlich der falsche Adressat.

Der richtige ist vielmehr @energienetz!
Sehr geehrter Herr Dr. Peters, vielleicht könnten Sie freundlicherweise noch einmal Stellung nehmen zu den vielen oben dezidiert geäußerten Zweifeln in Bezug zu den sachgerechten Empfehlungen einer durch den BdEv als außerordentlich fachkompetent empfohlenen Anwältin?
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: marten am 10. Februar 2012, 22:28:56
@energienetz

Vieleicht könnten Sie auch den Artikel \"Probleme beim Preisprotest\" den Sie mir freundlicherweise zur Info gesandt haben,  für die anderen Mitglieder bzw. Interessierten
zugänglich machen. Wäre das möglich?

gruss

marten
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: energienetz am 11. Februar 2012, 13:42:18
Das ist eine gute Idee, diesen Artikel für die nächste Energiedepesche hier vorab zum lesen zu geben, da er genau auf die hier diskutierten Fragen eingeht. Er ist aber noch nicht ganz fertiggestellt und will ja auch gut durchdacht und formuliert sein.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: RR-E-ft am 11. Februar 2012, 14:13:18
Ich habe dem Verein folgendes geschrieben und eine Veröffentlichung in der ED angeboten.

Zitat

\"Bei einigen Gerichten ist leider eine gewisse Tendenz ersichtlich, dem Preisprotest und der Unbilligkeitsrüge keine Erheblichkeit mehr beizumessen, weil ja nun jeder Kunde seinen Anbieter wechseln könne. Dies ist auch darauf zurückzuführen, dass den Gerichten die jüngste Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nicht hinreichend deutlich vermittelt wird.

Hatte der betroffene Kunden einseitigen Preisänderungen des Energieversorgers bzw. darauf basierenden Verbrauchsabrechnungen in angemessener Frist widersprochen und deshalb nur die entsprechend gekürzten Beträge gezahlt und wurde er deshalb auf Rest- Zahlung verklagt, so ist auf die Zahlungsklage fristgerecht und unter Beweisantritten zu erwidern, dass der Anspruch insgesamt dem Grunde und der Höhe nach bestritten wird, der streitgegenständlichen Abrechnung vom Versorger Preise zu Grunde gelegt wurden, die vertraglich nicht vereinbart wurden, die der Versorger vielmehr - ohne wirksame Einräumung eines entsprechenden Rechts -  ohne Zutun des Kunden einseitig festgesetzt hat, wogegen man jeweils in angemessener Frist  widersprochen hatte, und die zudem auch nicht der Billigkeit entsprechen, weil sie nicht auf entsprechenden zwischenzeitlichen Kostenänderungen gründen.

Hinsichtlich der Billigkeit zu  bestreiten ist dabei jeweils, dass die Kosten gestiegen sind, insbesondere Bezugskosten gestiegen waren, hilfsweise ein etwaiger Bezugskostenanstieg zur Anpassung an die Marktverhältnisse auf der vorgelagerten Marktstufe erforderlich und angemssen war (BGH, Urt. v. 19.11.08 Az. VIII ZR 138/07 Rn. 43), ein solcher nicht durch rückläufige Kosten bei anderen preisbildenden Kostenfaktoren des konkreten Preissockels mindestens vollständig kompensiert werden konnte (BGH, aaO. Rn. 39), gesunkene Kosten bei preisbildenden Kostenfaktoren des konkreten Preises mindestens nach gleichen Mäßstäben unverzögert und vollständig weitergegeben wurden (BGH, B. v. 18.05.11 Az. VIII ZR 71/10 Rn. 11 mwN), die Preisbestimmungen der gesetzlichen Verpflichtung aus §§ 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 EnWG zu einer möglichst preisgünstigen, effizienten leitungsgebundenen Versorgung entsprechen; wobei ein Bestreiten mit Nichtwissen zumeist hinreicht (vgl. BGH, Urt. v. 14.07.10 Az. VIII ZR 6/08 Rn. 20 mwN).

Das Gericht hat dann zunächst vorrangig zu prüfen, ob dem Versorger überhaupt wirksam ein Preisänderungsrecht eingeräumt wurde.

Dies kann bei Sonderverträgen (im Rahmen der Vertragsfreiheit) vertraglich geschehen sein und bei Tarifkundenverträgen (Grundversorgungspflicht) durch Gesetz.

Beim Sondervertrag ist zunächst die wirksame Einbeziehung einer Preisänderungsklausel zu bestreiten (§ 305 Abs. 2 BGB) und auch ein Verstoß von etwaig einebzogenen Klauseln gegen das Transparenzgebot und darauf beruhende Unwirksamkeit geltend zu machen (§ 307 BGB). Selbst bei der wirksamen Einbeziehung einer Klausel, die der gesetzlichen Regelung der §§ 4 AVBGasV/ AVBElt bzw. § 5 GasGVV/ StromGVV entspricht, ist laut BGH - entgegen bisheriger Rechtsprechung -  nunmehr zunächst vorrangig  zu prüfen, ob eine solche Klausel überhaupt mit EU- Recht vereinbar  und wirksam ist (BGH, B. v. 09.02.11 Az. VIII ZR 162/09).  

Bei grundversorgten Tarifkunden ist laut jüngster Rechtsprechung des BGH ebenso zunächst vorrangig zu prüfen, ob die gesetzliche Regelung dem EVU überhaupt wirksam ein Preisänderungsrecht einräumt oder aber wegen Verstoß gegen EU- Recht unwirksam ist (BGH, B. v. 18.05.11 Az. VIII ZR 71/10 und B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10), jedenfalls wenn sich der betroffene Kunde diesbezüglich auch auf die Unwirksamkeit beruft.

Diese vorrangig zu entscheidende Rechtsfrage, ob eine entsprechende Klausel oder eine gesetzliche Regelung überhaupt mit EU- Recht vereinbar und wirksam ist, fällt gem. Art. 267 AEUV in die ausschließliche Kompetenz des EuGH, weshalb der BGH entsprechende Verfahren bereits mehrfach  ausgesetzt und die vorrangig zu klärende Rechtsfrage dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt hat. Instanzgerichte, die letztinstanzlich entscheiden, müssen ebenso  verfahren und die Sache dem EuGH vorlegen oder das Verfahren gem. § 148 ZPO analog bis zur abschließenden Entscheidung des EuGH über die dort bereits vorgelegten Fälle aussetzen. Untere Instanzen, gegen deren Entscheidung noch ein Rechtsmittel offen steht, können ebenso verfahren, worüber sie auf entsprechenden Antrag nach pflichtgemäßen Ermessen zu entscheiden haben.

Auch in  seinen mit Strom und Gas grundversorgte Tarifkunden  betreffenden Beschlüssen hat der BGH zudem bereits mittelbar deutlich klargestellt, dass immer dann, wenn das Ergebnis dieser vorrangigen Prüfung die wirksame Einräumung eines Preisänderunsgrechts ist, jedenfalls eine Billigkeitskontrolle gem. § 315 Abs. 3 BGB erfolgen muss, soweit der Preis auf einer einseitigen Preisänderung beruht und auch nicht als vereinbart gelten kann, weil der betroffene Kunde der Preisänderung oder der darauf beruhenden Verbrauchsabrechung in angemessener Frist widersprochen hatte (BGH, B. v. 18.05.11 Az. VIII ZR 71/10 Rn. 9 ff.; B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10 Rn. 17).

Diese Fragen und Prüfungen - immer in der genannten Stufenfolge - betreffen laut BGH gleichermaßen sowohl Zahlungsklagen des Versorgers (BGH Az. VIII ZR 71/10) als auch Rückforderungsklagen der Kunden (Az. VIII ZR 162/09 und VIII ZR 211/10).

Interessant ist dabei, dass die Instanzgerichte in jenen Verfahren zuvor die Billigkeitskontrolle insbesondere im Strombereich  gerade mit dem Argument abgelehnt hatten, der betroffene Kunde könne ja nunmehr den Anbieter leicht wechseln.  Der BGH betont jedoch, dass die Billigkeitskontrolle allein zur Voraussetzung hat, dass einem Energieversorger entweder aufgrund vertraglicher Vereinbarung oder aber kraft Gesetzes ein einseitiges Preisänderunsgrecht wirksam eingeräumt wurde und er darauf gestützt den Preis einseitig abändert, der betroffene Kunde diese Kontrolle geltend macht (BGH Az. VIII ZR 211/20 Rn. 17).

Bereits zuvor hatte der BGH mittelbar entschieden, dass die Möglichkeit zu einem Anbieterwechsel die Billigkeitskontrolle gem. § 315 Abs. 3 BGB nicht ausschließen kann, weil nach der gesetzlichen Regelung Anbieterwechsel und Billigkeitskontrolle gem. § 315 Abs. 3 BGB zwei gleichwertige Alternativen des grundversorgten Kunden im Falle einer einseitigen Preisänderung darstellen (vgl. BGH, Urt. v. 15.07.09 Az. VIII ZR 56/08 Rn. 36).  Deshalb muss für die AGB- rechtliche Wirksamkeit einer Preisänderungsklausel auch einem Sondervertragskunden -  unabhängig vom Kündigungsrecht und der Möglichkeit des Lieferantenwechsels -  zweifelsfrei die Möglichkeit einer gerichtlichen Billigkeitskontrolle gem. § 315 Abs. 3 BGB eingeräumt werden (BGH, Urt. v. 14.07.11 Az. VIII ZR 246/08 Rn. 41).  

Mit Rücksicht darauf hatten  Obergerichte die Unbilligkeitseinrede gegen einseitig geänderter Strompreise auch dann weiter berücksichtigt, wenn der betroffene Kunde entweder seinen Lieferanten oder aber beim bisherigen Versorger in einen günstigeren Tarif leicht wechseln konnte (OLG Stuttgart, Urt. v. 30.12.10 Az. 2 U 94/10, juris).

Diese materielle Rechtslage, wie sie sich nach der jüngsten Rechtsprechung des BGH ziemlich eindeutig ergibt, muss dem erkennenden Gericht jedenfalls eindringlich vor Augen geführt werden.

Das schließt das allgemeine Prozessrisiko nicht aus, dass ein Gericht von der insoweit eindeutigen höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht.

Wenn ein Gericht jedoch von einer eindeutigen höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht, so hat es - soweit aufgrund des Streitwertes nicht ohnehin zulässig - auf Antrag jedenfalls die Berufung bzw. Revision zuzulassen, weshalb ein entsprechender Hilfsantrag auf Zulassung der Berufung oder Revision vom betroffenen Kunden im Verfahren immer angebracht werden sollte, um dem betroffenen Kunden  jedenfalls noch eine Überprüfung in der nächsten Instanz zu ermöglichen.\"

Ob er in eine Energiedepesche passt, bleibt abzuwarten.
Möglicherweise ist zu wenig Platz, der Beitrag zu wenig stimmungsvoll und mit Rechtsprechungsnachweisen überfrachtet und zudem zu unverständlich  juristisch formuliert. Schließlich ist eine ED kein juristisches Seminar.

Aus eigener Erfahrung lässt sich berichten, dass auch grundversorgte Stromkunden eine Chance haben, sich vor Gericht gegen Zahlungsklagen des Grundversorgers mit ihren Preiswidersprüchen durchzusetzen.

Voraussetzung dafür ist freilich, dass den Preisänderungen bzw. darauf basierenden Verbrauchsabrechnungen in angemessener Frist wiedersprochen  wurde und Zahlungen auf Abschläge und Verbrauchsabrechnungen konsequent gekürzt wurden.

So hat  das AG Fürstenfeldbruck in jüngster Zeit eine Zahlungsklage der E.ON Bayern Vertrieb GmbH gegen Stromkunden soweit abgewiesen, wie diese grundversorgt worden seien und die Forderungen auf einseitigen Preisänderungen beruhten, denen die betroffenen Kunden zeitnah widersprochen hatten, weil der klagende Versorger auf entsprechendes Bestreiten jedenfalls die Billigkeit - insbesondere entsprechend gestiegene Kosten - nicht nachgewiesen habe. Dieses Urteil ist rechtskräftig geworden.

Ebenso hat jüngst das AG Pößneck die Zahlungsklage eines kommunalen Energieversorgers  gegen Stromkunden soweit abgewiesen, wie diese grundversorgt worden seien und die Forderungen auf einseitigen Preisänderungen  beruhten, denen die betroffenen Kunden zeitnah widersprochen hatten, weil der klagende Versorger auf entsprechendes Bestreiten jedenfalls die Billigkeit - insbesondere entsprechend gestiegene Kosten - nicht nachgewiesen hatte. Dieses Urteil ist noch nicht rechtskräftig, da der Versorger dagegen noch Berufung einlegen kann.

Die Stromgrundversorger hatten jeweils damit argumentiert, dass beklagten Kunden die Möglichkeit offen gestanden habe, entweder bei ihnen oder bei vielfälitig zur Verfügung stehenden anderen Stromlieferanten einen günstigeren Sonderpreis zu vereinbaren.

Auch in diesen  Verfahren - ebenso wie beim Strompreisurteil des OLG Stuttgart vom 30.12.10 Az. 2 U 94/10 -  kam es deshalb weder auf die offene und noch klärungsbedürftige Frage an, ob die gesetzliche Regelung dem Grundversorger überhaupt wirksam ein Preisänderungsrecht einräumt (hierzu BGH, B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10) noch auf ein gerichtliches Sachverständigengutachten.

Die Stromversorger hatten seit dem Urteil des BGH vom 28.03.07 Az. VIII ZR 144/06 immer wieder damit argumentiert, dass Strompreise gar keiner gerichtlichen Billigekitskontrolle mehr unterlägen, weil der Kunde den Anbieter wechseln kann.

Dies betrifft jedoch selbst nach jener Entscheidung nur einen nach der Senatsrechtsprechung als vereinbart geltenden Anfangspreis. Die Frage der Kontrolle einer einseitigen Preisänderung ließ der Senat hingegen ausdrücklich offen (BGH, aaO. Rn. 16).

Zitat
BGH, Urt. v. 28.03.07 Az. VIII ZR 144/06 Rn. 16, juris:

Anders mag es dagegen bei Preiserhöhungen liegen, die ein Versorgungsunternehmen im Rahmen eines bereits abgeschlossenen Vertrages gemäß § 4 Abs. 1, 2 AVBEltV vornimmt, weil diese einseitig in Ausübung eines gesetzlichen Leistungsänderungsrechts erfolgen. Darum geht es im vorliegenden Fall jedoch nicht.

In der Entscheidung vom 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10 Rn. 17 stellt der Senat auch für Strom heraus, dass der Preis insoweit einer Billigkeitskontrolle unterliegt, als dieser vom Versorger aufgrund eines wirksam eingeräumten Rechts einseitig festgesetzt wurde und ein solcher so einseitig festgesetzter Preis nicht dadurch (nachträglich) zum vereinbarten Preis wurde, dass der Kunde der Preisänderung oder einer darauf beruhenden Verbrauchsabrechnung nicht in angemessener Frist widersprochen hatte.

Nachdem nunmehr die wirksame Einäumung eines gesetzlichen Preisänderungsrechts für Grundversorger in Frage steht (hierzu BGH, B. 18.05.11 Az. VIII ZR 71/10 und B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/11, sind die Chancen betroffener Kunden sogar noch gestiegen.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: energienetz am 11. Februar 2012, 14:52:49
Grundversorgung: Probleme beim Preisprotest
Arbeitsüberlastete Richter haben in einigen Regionen schlicht keine Lust mehr, sich mit der Billigkeit von Strom- oder Gaspreisen zu befassen.Die sterotype Aussage der unwilligen Richter ist , dass ja kein Monopol mehr bestehe und der Kunde aus § 315 BGB keinen Anspruch auf Belieferung zu einem bestimmten Preis habe.

Dies hat der Bundesgerichtshof schon mehrfach anders entschieden. Das hält viele Richter nicht davon ab, eine solche Auffassung zu vertreten. Interessanter Weise gilt § 315 BGB aber auch bei Anwaltsgebühren (§ 14 Abs. 1 RVG), obwohl niemand behaupten wird, dass es bei Rechtsanwälten keine Konkurrenz gibt. Er gilt auch bei Arzthonoraren, Bankkrediten und Versicherungsprämien.

Hat der Versorger ein gesetzliches oder wirksames vertragliches Preisbestimmungsrecht und hat er gestützt darauf seinen Preis einseitig erhöht, steht dem Kunden der Unbilligkeitseinwand nach § 315 BGB zu und das Gericht muss bei Erheben diese Einwandes in die Billigkeitsprüfung eintreten. Dies gilt nur dann nicht, wenn der Kunde der Erhöhung nicht in angemessener Zeit nach Erhalt der Jahresschlussabrechnung als unbillig widersprochen hat (ständige Rechssprechung des BGH, zum Beispiel Beschluss v. 29.6.2011, VIII ZR 211/10. Rn. 17). In diesem Beschluss hat der BGH auch indirekt entschieden, dass die Möglichkeit des Kunden, den Versorger zu wechseln, die Verpflichtung der Gerichte zur Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB nicht ausschließt.

Bei dieser klaren Rechtslage ist die Weigerung eines Instanzgerichts, trotz Vorliegens der genannten Voraussetzungen in eine Billigkeitsprüfung einzutreten, jedenfalls objektive Rechtsverweigerung. Eine Strafanzeige wegen Rechtsbeugung dürfte hier aber wegen der strengen Anforderung vor allen an den subjektiven Tatbestand wenig Sinn machen. Gleiches dürfte für eine Dienstaufsichtsbeschwerde gelten. Sehr ungewiss ist auch, ob Rechtsverweigerung durch ein Gericht ein Verfassungsverstoß ist und deshalb eine Verfassungsbeschwerde in Betracht kommt.

Die meisten Gerichte setzen die Zahlungsklage zunächst aus. Denn die Europarechtskonformität der Preiserhöhungsregelungen steht beim EUGH zur Entscheidung an. Einige Gerichte verweigern die Aussetzung und begründen dies mit dem Ermessenspielraum, der dem Gericht nach ZPO 148 zusteht. Einen Ausweg bietet § 267 AEUV (s.u.). Nach § 267 AEUV muss ein letztinstanzlich entscheidendes Gericht, vor dem der Verbraucher sich auf die Europarechtswidrigkeit der auf § 4 GVV gestützten Preiserhöhung beruft, darüber auch entscheiden. Und darum muss das Gericht entweder selbst eine Vorlage zum EuGH machen, oder das Verfahren aussetzen.

Entscheidet das Instanzgericht aber trotzdem in der Sache, wird dem unterlegenen Kunden seinem gesetzlichen Richter entzogen (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG). Hier dürfte deshalb eine Verfassungsbeschwerde aussichtsreich sein.


Fazit: Jeder Jahresabrechnung und auch einer Zahlungsklage sollte widersprochen werden: Es wird bestritten, dass die zur Abrechnung gestellten Preise vertraglich vereinbart wurden, diese wurden vom Versorger ohne Zutun des Verbrauchers einseitig festgesetzt, freilich ohne dass dem Versorger ein Recht zur einseitigen Preisänderung überhaupt wirksam eingeräumt ist. Darüber hinaus werden die Preisfestsetzungen und Preisänderungen als unbillig gerügt. Bei Preiskürzung und Zahlungsklagen von Versorgern sollte man in der Grundversorgung die \"örtliche\" Rechtslage berücksichtigen, um absehbares Unterliegen zu vermeiden. Denn Recht kriegt nicht, wer Recht hat, sondern recht hat, wer Recht kriegt. Das soll die Rechtsbeugung durch arbeitsscheue Richter keinesfalls legitimieren oder schönreden.

Artikel 267 AEUV
(ex-Artikel 234 EGV)
Der Gerichtshof der Europäischen Union entscheidet im Wege der Vorabentscheidung
a) über die Auslegung der Verträge,
b) über die Gültigkeit und die Auslegung der Handlungen der Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union,
Wird eine derartige Frage einem Gericht eines Mitgliedstaats gestellt und hält dieses Gericht eine Entscheidung darüber zum Erlass seines Urteils für erforderlich, so kann es diese Frage dem Gerichtshof zur Entscheidung vorlegen.
Wird eine derartige Frage in einem schwebenden Verfahren bei einem einzelstaatlichen Gericht gestellt, dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, so ist dieses Gericht zur Anrufung des Gerichtshofs verpflichtet.
Nationale Gerichte, bei denen es streitentscheidend auf jene Rechtsfrage der Wirksamkeit ankommt und die letztinstanzlich entscheiden, haben die Rechtsfrage entweder dem EuGH vorzulegen oder müssen alternativ zur Erübrigung einer eigenen weiteren EuGH- Vorlage das Verfahren aussetzen.

Die Vorlagepflicht betrifft nicht nationale Gerichte, die nicht letztinstanzlich entscheiden, also nicht die Fälle, in denen mit Berufung oder Revision ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung zulässig ist
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: RR-E-ft am 11. Februar 2012, 15:08:57
Zitat
Bei Preiskürzung und Zahlungsklagen von Versorgern sollte man in der Grundversorgung die \"örtliche\" Rechtslage berücksichtigen, um absehbares Unterliegen zu vermeiden. Denn Recht kriegt nicht, wer Recht hat, sondern recht hat, wer Recht kriegt. Das soll die Rechtsbeugung durch arbeitsscheue Richter keinesfalls legitimieren oder schönreden.

Ich meine nicht, dass es sich um Rechtsbeugung handelt, wenn ein unabhängiger Richter etwas anderes für Rechte erkennt, als es die höchstrichterliche Rechtsprechung gerade vorgibt. Ich denke dabei auch an den \"vereinbarten Preissockel\".

Den an die Richterschaft mittelbar gerichteten Vorwurf arbeitsscheu und faul zu sein, in einzelnen Regionen nach Lust und Laune zu entscheiden,  halte ich für eher verfehlte Stimmungsmache. Schließlich sollte auch der unzutreffende Eindruck vermieden werden, es gäbe dabei eine \"örtliche\" Rechtslage.
 
Wer sein Recht finden will, sollte zum einen den Gerichten unvoreingenommen gegenübertreten, diesen seinen eigenen Rechtsstandpunkt anhand der jüngsten BGH- Rechtsprechung detailliert und deutlich vermitteln, eine negative Entscheidung nach Möglichkeit in der nächsten Instanz zur Überprüfung stellen, da nur so erreicht werden kann, dass der eigene begründete Rechtsstandpunkt auch als Recht erkannt wird.

Gut fände ich deshalb  einen Hinweis darauf angebracht, dass nicht nur für grundversorgte Kunden vor Gericht ein Risiko besteht, diese insbesondere dann Gefahr laufen, nicht zu ihrem Recht zu kommen, wenn sie sich dabei nicht von Anwälten vertreten lassen, die so sachlich wie kenntnisreich dem Gericht die Rechtslage anhand der jüngsten höchstrichterlichen Rechtsprechung verdeutlichen.

Wer sein Recht nicht verteidigt, kann dabei auch nicht verlieren. Wer nicht verlieren kann, der sollte es eher lassen.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: RR-E-ft am 11. Februar 2012, 17:00:08
Nicht nur die Stromversorger hatten seit dem Urteil des BGH vom 28.03.07 Az. VIII ZR 144/06 immer wieder damit argumentiert, dass Strompreise gar keiner gerichtlichen Billigekitskontrolle mehr unterlägen, weil der Kunde den Anbieter wechseln kann.

Dies betrifft jedoch selbst nach jener Entscheidung nur einen nach der Senatsrechtsprechung als vereinbart geltenden (Anfangs-) Preis. Die Frage der Kontrolle einer einseitigen Preisänderung ließ der Senat hingegen ausdrücklich offen (BGH, aaO. Rn. 16).

Zitat
BGH, Urt. v. 28.03.07 Az. VIII ZR 144/06 Rn. 16, juris:

Anders mag es dagegen bei Preiserhöhungen liegen, die ein Versorgungsunternehmen im Rahmen eines bereits abgeschlossenen Vertrages gemäß § 4 Abs. 1, 2 AVBEltV vornimmt, weil diese einseitig in Ausübung eines gesetzlichen Leistungsänderungsrechts erfolgen. Darum geht es im vorliegenden Fall jedoch nicht.

In der Entscheidung vom 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10 Rn. 17 stellt der Senat auch für Strom heraus, dass der Preis insoweit einer Billigkeitskontrolle unterliegt, als dieser vom Versorger aufgrund eines wirksam eingeräumten Rechts einseitig festgesetzt wurde und ein solcher so einseitig festgesetzter Preis nicht dadurch (nachträglich) zum vereinbarten Preis wurde, dass der Kunde der Preisänderung oder einer darauf beruhenden Verbrauchsabrechnung nicht in angemessener Frist widersprochen hatte.

Zitat
BGH, B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10 Rn. 17, juris:
Ist einem Energieversorger aufgrund Gesetzes oder vertraglicher Vereinbarung ein Preisanpassungsrecht eingeräumt, so unterliegt eine auf der Grundlage dieses Rechts erfolgte Preiserhöhung als einseitige Leistungsbestimmung der gerichtlichen Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB, sofern und soweit es sich nicht um vereinbarte Preise handelt (st. Rspr. des Senats; zuletzt Beschlüsse vom 18. Mai 2011 - VIII ZR 71/10, aaO unter III 2 a; vom 9. Februar 2011 - VIII ZR 162/09, WM 2011, 850 Rn. 18; jeweils mwN).

Den Regelungen in § 4 Abs.1 und 2 AVBGasV, § 5 Abs. 2 StromGVV, § 4 Abs. 1 und 2 AVBEltV, § 5 Abs. 2 StromGVV kann jeweils entnommen werden, dass Energieversorgungsunternehmen das Recht zusteht, Preise nach billigem Ermessen zu ändern.

Davon ist offenbar auch das Berufungsgericht ausgegangen. Es hat darüber hinaus ohne Rechtsfehler angenommen, dass es sich bei den ab 2005 von der Beklagten verlangten Preisen nicht um vereinbarte Preise handelt, da der Kläger die jeweiligen Jahresabrechnungen der Beklagten beanstandet und die (erhöhten) Preise nur noch unter Vorbehalt gezahlt hat. Dem weiteren Strom- und Gasbezug durch den Kläger konnte daher nicht der Erklärungswert zukommen, er sei mit den (erhöhten) Preisen einverstanden.

Nachdem nunmehr die wirksame Einäumung eines gesetzlichen Preisänderungsrechts für Grundversorger in Frage steht (hierzu BGH, B. 18.05.11 Az. VIII ZR 71/10 und B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10, sind die Chancen betroffener Kunden sogar noch gestiegen.

Zitat
BGH, B. v. 29.06.11 Az. 211/10 Rn. 9 ff., juris:

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

Hinsichtlich der von der Beklagten verlangten Strompreise für die Jahre 2005 bis 2008 und der Gastarife für 2008 komme eine gerichtliche Kontrolle der Billigkeit nicht in Betracht, da der Anwendungsbereich des § 315 BGB nicht eröffnet sei. § 315 BGB sei ein Kontrollmechanismus, der den der Leistungsbestimmung eines Dritten Unterworfenen vor einem Missbrauch der dem Dritten durch Gesetz oder Vertrag eingeräumten einseitigen Gestaltungsmacht schützen solle. Dieses Schutzes habe der Kläger hinsichtlich der erhöhten Strompreise für die Jahre 2005 bis 2008 sowie des Gastarifs für das Jahr 2008 nicht bedurft, da es ihm freigestanden habe, die Versorgungsverträge mit der Beklagten zu beenden und mit einem anderen Anbieter zu kontrahieren. Der Kläger habe auf dem während des gesamten streitgegenständlichen Zeitraums liberalisierten Strommarkts die Möglichkeit gehabt, den Anbieter zu wechseln; gleiches gelte für den Gasbereich ab dem Jahr 2008. Es wäre nicht sachgerecht und dem Zweck des § 315 BGB nicht entsprechend, wenn ein Energiekunde den Versorger zur Offenlegung betriebswirtschaftlicher Interna, wie der Bezugspreise und der Kostenentwicklung in anderen Bereichen der Energieversorgung, zwingen könnte, obwohl er sich jederzeit ohne nennenswerten Aufwand vom Vertrag lösen und mit einem anderen Versorger kontrahieren könne.

Auch in Bezug auf die Preiserhöhungen im Bereich der Gasversorgung für die Jahre 2005 bis 2007, hinsichtlich der die Beklagte ein Monopol gehabt habe, scheide eine Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB aus, denn der Kläger habe die gerichtliche Kontrolle nicht rechtzeitig herbeigeführt. Eine der einseitigen Leistungsbestimmung eines Dritten unterworfene Partei könne mit dem Unbilligkeitseinwand nur durchdringen, wenn sie innerhalb angemessener Zeit eine gerichtliche Überprüfung herbeiführe; andernfalls seien die verlangten Preise als vereinbart anzusehen. So liege es hier. Vorliegend habe der Kläger erst am 30. Dezember 2008 seine Klage eingereicht, die am 2. Februar 2009 rechtshängig geworden sei. Damit habe der Kläger seit dem 1. Januar 2005 ca. vier Jahre und seit der letzten innerhalb des streitgegenständlichen Zeitraums erfolgten Preiserhöhung vom 1. Mai 2007 immerhin noch mehr als eineinhalb Jahre verstreichen lassen. Dies sei kein angemessener Zeitraum mehr.

III.

Die Entscheidung über die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche hängt vorrangig von der Frage ab, ob der Beklagten hinsichtlich der von ihr einseitig erhöhten Preise für Gas- und Stromlieferungen ein wirksames gesetzliches Preisänderungsrecht aus § 4 Abs. 1 und 2 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Gasversorgung von Tarifkunden vom 21. Juni 1979 (BGBl. I S. 676 - AVBGasV, für die Gaspreiserhöhungen 2005 und 2006) be-ziehungsweise § 5 Abs. 2 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Grundversorgung von Haushaltskunden und die Ersatzversorgung mit Gas aus dem Niederdrucknetz vom 26. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2391 - Gasgrundversorgungsverordnung - GasGVV, für die Gaspreiserhöhungen in den Jahren 2007 und 2008] sowie § 4 Abs. 1 und 2 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Elektrizitätsversorgung von Tarifkunden vom 21. Juni 1979 (BGBl. I S. 684 - AVBEltV, für die Strompreiserhöhungen in den Jahren 2005 und 2006) beziehungsweise § 5 Abs. 2 der Verordnung über Allgemeine Bedin-gungen für die Grundversorgung von Haushaltskunden und die Ersatzversorgung mit Elektrizität aus dem Niederspannungsnetz vom 26. Oktober 2006 (Stromgrundversorgungsverordnung - StromGVV, BGBl. I S. 2391, für die Strompreiserhöhung im Jahr 2008] zustand.

Dies wiederum hängt, da die genannten Vorschriften hinsichtlich Anlass, Voraussetzungen und Umfang des dem Versorgungsunternehmen zustehenden einseitigen Leistungsbestimmungsrechts keine näheren tatbestandlichen Konkretisierungen enthalten, davon ab, ob solche tatbestandlichen Konkretisierungen bei Gaspreiserhöhungen von Art. 3 Abs. 3 Satz 4 bis 6 in Verbindung mit Anhang A Buchst. b oder c der Richtlinie 2003/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 98/30/EG (ABl. EU Nr. L 176 S. 57, im Folgenden Gas-Richtlinie, aufgehoben zum 3. März 2011 durch Art. 53 der Richtlinie 2009/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/55/EG, ABl. EU Nr. L 211 S. 94) sowie bei Strompreiserhöhungen von Art. 3 Abs. 5 Satz 3 bis 5 in Verbindung mit Anhang A Buchst. b oder c der Richtlinie 2003/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 96/92/EG (ABl. EU Nr. L 176 S. 37, im Folgenden Strom-Richtlinie, aufgehoben zum 3. März 2011 durch Art. 48 der Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG, ABl. EU Nr. L 211 S. 55) gefordert werden.

Der BGH macht dabei ganz klar, dass es auf die Erwägungen des Berufungsgerichts, der Kunde könne seinen Versorger leicht wechseln, gerade nicht ankommt!

Es komme vielmehr darauf an, ob dem Versorger überhaupt wirksam ein Preisänderungsrecht eingeräumt wurde.

Wurde dem Versorger wirksam ein Preisänderungsrecht eingeräumt, soll es auf eine Billigkeitskontrolle ankommen, sofern der einseitig geänderte Preis nicht in Folge eines unterlassenen Widerspruchs zum vereinbarten Preis wurde.

Zunächst stellt sich doch die Frage, ob Gerichte, welche die Billigkeitskontrolle wegen mangelnder Monopolstellng des Versorgers ablehnen, überhaupt bisher in den Prozessen mit dieser jüngsten klaren Entscheidung des BGH konfrontiert wurden!

Erst danach stellt sich die Frage, wie sich die Gerichte mit dieser neueren höchstrichterlichen Entscheidung des BGH auseinandergesetzt haben.

Der vorstehende Beitrag \"Grundversorgung: Probleme beim Preisprotest\" suggeriert vielleicht unzutreffend, dass die Gerichte diese aktuelle Entscheidung des BGH zwar zur Kenntnis genommen, sich jedoch bewusst über diese hinweggesetzt hätten.

Dann könnte beim Leser ein falscher Eindruck darüber entstehen, wie es derzeit um solche Prozesse vor Gericht steht.
Es handelt sich deshalb eher um ein Kommunikationsproblem.

Zutreffend ist:

Die Chanchen der betroffenen Kunden haben sich nicht verschlechtert, sondern verbessert.

Dies folgt aus der Entscheidung des BGH vom 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10 (http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=&nr=57029&pos=0&anz=1).

Nach der Rechtsprechung des Senats kann ein einseitig geänderter Preis nur dann aufgrund eines unterbliebenen Widerspruchs nachträglich zum vereinbarten Preis werden, wenn die einseitige Preisänderung auf einem wirksam eingeräumten Preisänderungsrecht basiert (BGH, Urt. v. 14.07.10 Az. VIII ZR 246/08 Rn. 57, 59), so dass die Frage, ob eine wirksame Einräumung eines solchen Rechts überhaupt vorliegt - über Vorstehendem hinaus - sogar noch mehr an Relevanz gewinnen kann.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: Kampfzwerg am 11. Februar 2012, 17:47:40
Zitat
Original von energienetz

Grundversorgung: Probleme beim Preisprotest
Arbeitsüberlastete Richter haben in einigen Regionen schlicht keine Lust mehr, sich mit der Billigkeit von Strom- oder Gaspreisen zu befassen.
[...]
Fazit: Jeder Jahresabrechnung und auch einer Zahlungsklage sollte widersprochen werden: Es wird bestritten, dass die zur Abrechnung gestellten Preise vertraglich vereinbart wurden, diese wurden vom Versorger ohne Zutun des Verbrauchers einseitig festgesetzt, freilich ohne dass dem Versorger ein Recht zur einseitigen Preisänderung überhaupt wirksam eingeräumt ist. Darüber hinaus werden die Preisfestsetzungen und Preisänderungen als unbillig gerügt. Bei Preiskürzung und Zahlungsklagen von Versorgern sollte man in der Grundversorgung die \"örtliche\" Rechtslage berücksichtigen, um absehbares Unterliegen zu vermeiden. Denn Recht kriegt nicht, wer Recht hat, sondern recht hat, wer Recht kriegt. Das soll die Rechtsbeugung durch arbeitsscheue Richter keinesfalls legitimieren oder schönreden.
@energienetz

Wer ist der Verfasser dieses Artikels?
Das ist ein verdammt starkes Stück!

Anstatt den Verbraucher auf vermeintlich \"örtliche\" Rechtslagen, Gegebenheiten und Geflogenheiten der Gerichte zu verweisen, sind die durch den BdEV empfohlenen Anwälte doch geradezu in der Pflicht, den Gerichten durch ihre Prozessführung und sachgerechte Informationen eine sachgerechte Entscheidung zu ermöglichen!
Statt dessen werden Verbrauchern die Erfolgsaussichten ihrer Möglichkeiten und Prozesse ausgeredet und  davon abgeraten, wenigsten zu versuchen ihre legitimen Rechte auch durchzusetzen?
Recht kriegt jedenfalls ganz sicher nur, wer einen fähigen Anwalt hat! Und das hat m. E. rein gar nichts mit vermeintlich arbeitsscheuen Richtern zu tun. (Siehe Beibringungsgrundsatz) Sondern sehr viel mehr mit unfähigen und/oder lustlosen Anwälten, die ihr Salär zwar oftmals nicht verdienen, aber trotzdem bekommen.
Sollten sich derartige Erkenntnisse beim Verbraucher verfestigen, schaden sie dem Preisprotest und dem Image des BdEv grundsätzlich und unwiderruflich!

Ich möchte Sie, auch und gerade unter Berücksichtigung dieser von Ihnen veröffentlichten Vorabversion des geplanten Artikels in der ED, deshalb noch einmal darauf hinweisen, dass Sie mir eine Antwort auf meine letzteFrage schuldig geblieben sind.


Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft hat schon verloren!
(Brecht)




@RR-E-ft

Chapeau!
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: RR-E-ft am 11. Februar 2012, 18:00:44
@Kampfzwerg

Ein Kommunikationsproblem hat auch, wer auf Krawall gebürstet ist.
Auf Krawall gebürstet erscheinen mir Ihre Beiträge zuweilen.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: Kampfzwerg am 11. Februar 2012, 18:15:47
@RR-E-ft

Solange es Ihnen nur zuweilen so erscheint...
Wenn es der Sache dienlich ist, kann ich ggf. auch mit Ihrer Kritik gut leben.  
Manchmal erhält man eine Reaktion nur aufgrund einer Provokation. ;-)
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: RR-E-ft am 11. Februar 2012, 18:25:01
Der Beitrag \"Grundversorgung: Probleme mit dem Preisprotest\" erscheint mir in dieser Form jedenfalls  nicht ganz zeitgemäß.

In die Zeit passend erschiene mir persönlich ein Beitrag, der über die Entscheidung BGH B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10 und die sich daraus ergebenden Folgerungen für den Verbraucherprotest informiert, insbesondere da diese Entscheidung das beklagte Argument der Instanzgerichte, wonach die Möglichkeit eines Versorgerwechsels die Billigkeitskontrolle ausschließe, eindeutig erledigt.

Peng!  

Da sich diese Entscheidung eindeutig mit der Billigkeitskontrolle von einseitigen Preisänderungen der Energieversorger befasst, bedarf es deshalb in diesem Zusammenhang  zB. auch keines Hinweises mehr darauf, dass auch Honorfestsetzungen der Anwälte der Billigkeitskontrolle unterliegen können (§ 14 RVG), wo doch allgemein bekannt ist, dass Rechtsanwälte keine Monopolstellung haben, es auch unter diesen Konkurrenz gibt.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: Didakt am 11. Februar 2012, 18:50:35
@ marten,
zurückkommend auf Ihren Fall, gestatten Sie mir zur Abrundung meiner Meinung über Ihre erhaltene Empfehlung von RAin H. noch zwei Fragen:

1. Zu welchen preislichen Konditionen werden Sie aktuell als Tarifkunde beliefert?
2. Liegen besondere Gründe vor, die Sie bewogen haben, das Lieferverhältnis mit Ihrem gesetzlichen Grundversorger zwischenzeitlich nicht aufzugeben?

PS.:
Bei der Abfassung der folgenden Anmerkungen zu Äußerungen in diesem Thread und in Ergänzung zu meinem weiter oben stehenden Beitrag habe ich folgendes Sprichwort bedacht: „Vertraue dir nur selbst, wenn andere an dir zweifeln, aber nimm ihnen ihren Zweifel nicht übel.“ ;)

Meine kurze Bewertung des besagten Beitrags von Frau H. vom 06.09.2011,  siehe hier (http://www.energieverbraucher.de/de/site/Preisprotest/News__1700/NewsDetail__12016/) aus subjektiver Wahrnehmung:
Die geäußerte Kritik daran ist eine Frage der persönlichen Auslegung.
Ich habe den Beitrag schon damals als einen „informativen Hinweis“ für mich eingeordnet und keinesfalls als abträglich für die Sache des Preisprotestes. Es gibt/gab ja auch Alternativen zum „Rückforderungsprozess“. Einen solchen Weg, z. B. den der Aufrechnung, habe ich ohne anwaltliche Begleitung beschritten und stehe deshalb in Erwartung einer möglichen weiteren gerichtlichen Auseinandersetzung immer noch mit meinem Altversorger im Clinch. Und nicht zuletzt hat Frau H. ihren Beitrag wie folgt mit einem hinreichenden Ratschlag abgeschlossen: „Wer erwägt, seinen Versorger auf Rückzahlung zu verklagen, sollte sich zuvor kompetent beraten lassen.“ Also, wahlfrei, doch nicht nur vor ihr! Aus alledem ist doch nichts Nachteiliges abzuleiten. Übrigens, mit Frau H. habe ich nichts am Hut!

Ebenso empfinde ich die jüngst von Frau H. an Sie gerichtete Empfehlung nicht für verwerflich, eher fände ich es als verwerflich, von meinem Anwalt nicht auf ein hohes Prozessrisiko hingewiesen worden zu sein. Motto: Prozess um jeden Preis, sogar die verbleibenden eigenen Kosten dürfen den Streitwert durchaus um ein Mehrfaches überschreiten. Wer wie Sie eine Entscheidung in eigener Sache selbst zu treffen hat, die ihnen naturgemäß keiner abnehmen kann, ist immer gut beraten, unterschiedliche Meinungen anderer dazu in seine Überlegungen und sein weiteres Vorgehen einfließen zu lassen. Diese findet er insbesondere hier im Forum in vielfältiger Weise, u. a. dank der umfassenden, aufklärenden Beiträge von „RR-E-ft“ und auch auf den Web-Seiten des BdEV. Es versteht sich von selbst, dass weder der BdEV noch einzelne Autoren für das eigene Vorgehen in Verantwortung zu nehmen sind. Allenfalls ggf. der RA nach einer Mandatsübernahme. „Entscheidend ist auf’n Gericht!“ :)

Mit Verlaub, meine persönliche Meinung: Aus diesen o. g. Anlässen den Verriss einer \"BdEV-Anwältin bzw. des BdEV zu begründen, halte ich nicht für opportun.

Wie so oft hat Herr Fricke die praktikablen Wege des Vorgehens u. a. mit den grundsätzlichen Aussagen in seiner diesbezüglichen Faktenliste aufgezeigt, die Komplexität der Thematik und Rechtslage zudem auch in den vorstehenden Beiträgen. Was will man mehr!
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: tangocharly am 11. Februar 2012, 18:55:04
Zitat
@RR-E-ft
Fakt ist, dass sich bei Zahlung unter Rückforderungsvorbehalt und Rückforderungsklage gegenüber der Zahlungskürzung und Zahlungsklage des Versorgers an der Darlegungs- und Beweislast nichts ändert.

Vgl. hierzu BGH, 05.02.2003, Az.: VIII ZR 111/02 (http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=&nr=25734&pos=20&anz=24&Blank=1.pdf)
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: Kampfzwerg am 11. Februar 2012, 19:14:32
Zitat
Original von Didakt
Wie so oft hat Herr Fricke die praktikablen Wege des Vorgehens u. a. mit den grundsätzlichen Aussagen in seiner diesbezüglichen Faktenliste aufgezeigt, die Komplexität der Thematik und Rechtslage zudem auch in den vorstehenden Beiträgen. Was will man mehr!
@Didakt
Bei allem Respekt, in vielerlei Hinsicht stimme ich Ihnen nämlich durchaus zu!
Was man mehr will? Ganz einfach: Einen eigenen (!) Anwalt, der ggf. eben diese Auffassungen vor Gericht durchsetzen will und kann.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: RR-E-ft am 11. Februar 2012, 19:19:46
Zitat
Original von tangocharly
Zitat
@RR-E-ft
Fakt ist, dass sich bei Zahlung unter Rückforderungsvorbehalt und Rückforderungsklage gegenüber der Zahlungskürzung und Zahlungsklage des Versorgers an der Darlegungs- und Beweislast nichts ändert.

Vgl. hierzu BGH, 05.02.2003, Az.: VIII ZR 111/02 (http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=&nr=25734&pos=20&anz=24&Blank=1.pdf)


BGH Az. VIII ZR 111/02 betrifft den Fall, dass der Kunde den Preisen/ Preisänderungen des Monopolisten nicht widersprochen und seine Zahlung ohne Rückforderderungsvorbehalt geleistet hatte. Dabei ist die Darlegungs- und Beweislast eine andere. Auf diese kommt es jedoch bezüglich § 315 BGB dann sowieo nicht mehr an, wenn der einseitig geänderte Preis nach der neuen Lösung wegen unterbliebenen Widerspruchs zum vereinbarten Preis wurde, deshalb geschuldet war. Dann gibt es gem. § 812 BGB bekanntermaßen nichts mehr zurückzufordern.

Fakt ist, dass sich bei Zahlung unter Rückforderungsvorbehalt und anschließender Rückforderungsklage gegenüber der Zahlungskürzung und anschließenden Zahlungsklage des Versorgers an der Darlegungs- und Beweislast nichts ändert.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: RR-E-ft am 11. Februar 2012, 21:49:35
Zitat
Original von Didakt
Meine kurze Bewertung des besagten Beitrags von Frau H. vom 06.09.2011,  siehe hier (http://www.energieverbraucher.de/de/site/Preisprotest/News__1700/NewsDetail__12016/) aus subjektiver Wahrnehmung:

Die dort beschriebenen Probleme können Rückforderungsprozsse betreffen, wenn dem Versorger kein Preisänderunsgrecht wirksam eingeräumt war - so dass es auf keine Widersprüche ankam und solche nicht erfolgten - und der Kunde dann die vorbehaltlos geleisteten Zahlungen aus ungerechtfertigter Bereicherung zurückverlangt (hierzu BGH Az. VIII ZR 113/11, Verkündungstermin 14.03.12).

Hatte der Kunde hingegen solchen Preisänderungen widersprochen und nur unter Vorbehalt gezahlt, kann er das Geld zurück verlangen, ohne dass es auf eine Entreicherung oder ein  Sachverständigengutachten ankommen kann (vgl. BGH, B. v. 07.09.11 Az. VIII ZR 14/11 (http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=&nr=58110&pos=0&anz=44), B. v. 27.09.11 Az. VIII ZR 5/11 (http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=&nr=58314&pos=0&anz=1)).
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: tangocharly am 11. Februar 2012, 22:36:19
Zunächst ist auf die Gründe zu verweisen (Ziff. II.1.d.).

Klar, wenn man sich der Ball\'schen Logik anschließen will, dass ein nicht widersprochener \"Mond-Preis\" entgegen aller Grundsätze der Grundversorgung \"als vereinbart gelten\" soll, dann kommt man zu dem Ergebnis, dass sich der VIII.Senat von seiner eigenen vorgängigen Rechtsprechung gelöst hat, ohne dies auch nur mit einer Silbe zu erwähnen.

Denn in der Entscheidung vom 05.02.2003 ist keiner Rede davon, dass irgend ein Preis \"als vereinbart gilt\". Der Energiekunde hat seinen Klageantrag lediglich deshalb zurück gefahren, weil er das Verjährungsbeil außerhalb des 10-Jahres-Zyklus fürchten mußte.

Keineswegs hat der BGH damals dem Verbraucher die Sahne vom Kuchen genommen, weil er \"vergessen haben mag\" sich gegen die Billigkeit der Preise zeitens der Abrechnung zur Wehr zu setzen. Wie sich aus Ziff. II.1.d. ergibt, wollte es dem Verbraucher nicht gelingen, seinen Anforderungen an die primäre Darlegungslast zur Unbilligkeit gerecht zu werden.

Keine Rede vom \"unterlassenen Widerspruch\" !

Der vereinbarte Preis in der Grundversorgung ist schlicht \"Nonsens\" !

Entweder gibt es den \"Allgemeinen Preis\", der von Gesetzes wegen gelten soll oder es gibt den \"vereinbarten (individuellen) Preis\". Die Grundversorgung mit ihren gesetzlichen Vorgaben ist abseits der Privatautonomie (Kontrahierungszwang, etc.).

Gem. §§ 36 Abs. 1, 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 EnWG existiert \"gesetzliches Preisrecht\", über das sich die Parteien nicht verständigen müssen.

Und wenn ein Verbraucher eine Rechnung erhält, die nicht einmal die gesetzlichen Vorgaben des § 40 Abs. 1 und Abs. 2 EnWG beachtet, wie soll daraus eine von beiderseitigem Erklärungswillen getragene Vereinbarung entstehen ?

Und dabei ist nicht einmal der Tenor der Billigkeit berücksichtigt !
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: RR-E-ft am 11. Februar 2012, 23:23:32
Von der Entscheidung BGH Az. VIII ZR 111/02 hatte sich der Senat in seiner Entscheidung vom 28.03.07 Az. VIII ZR 144/06  (http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=&nr=39650&pos=0&anz=1) abgewandt.

Darin vertrat er erstmals die These von der Preisvereinbarung für den anfänglichen Stromtarifpreis, der keiner Billigkeitskontrolle in unmittelbarer Anwenung des § 315 Abs. 3 BGB unterliege und der auch keiner Billigkeitskontrolle in entsprechender Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB.

Für die entsprechende Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB fehle es an der Voraussetzung, wenn der betroffene Kunde - anders als noch bei Az. VIII ZR 111/02 - den Anbieter frei wählen konnte, der Versorger keine Monopolstellung mehr hat.

Zu der gesetzlichen Preisbestimmungspflicht des Grundversorgers gem. §§ 36 Abs. 1, 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 EnWG, welche zur unmittelbaren Anwendung des § 315 Abs. 3  BGB führen sollte, weil sie zugleich die vertragliche Preishauptabrede ausmache, liegt der Aufsatz Fricke, ZNER 15/2/2011, S. 130 ff. vor.

Dessen ungeachtet geht der Senat weiter von Preisvereinbarungen auch im Bereich der Grundversorgung aus (vgl. BGH, B. v. 13.04.11 Az. VIII ZR 127/10 (http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=&nr=56434&pos=1&anz=4)).

Wir sehen -  anders als der Senat - dass  eine solche Preisvereinbarung der gesetzlichen Bindung des Allgemeinen Tarifs an den Maßstab der Billigkeit und der gesetzlichen Verpflichtung zur Preissenkung bei rückläufigen Kosten zuwiderläuft (vgl. BGH, B. v. 18.05.11 Az. VIII ZR 71/10 Rn. 11), wie auch dem gesetzlichen Verbot der Preisspaltung im Bereich der Grundversorgung.

Zitat
BGH, B. v.18.05.11 Az. VIII ZR 71/10 Rn. 11, juris:

Aus dieser gesetzlichen Bindung des allgemeinen Tarifs an den Maßstab der Billigkeit folgt nicht nur die Rechtspflicht des Versorgers, bei einer Preisänderung Kostensenkungen ebenso zu berücksichtigen wie Kostenerhöhungen. Der Versorger ist vielmehr auch verpflichtet, die jeweiligen Zeitpunkte einer Preisänderung so zu wählen, dass Kostensenkungen nicht nach für den Kunden ungünstigeren Maßstäben Rechnung getragen wird als Kostenerhöhungen, so dass Kostensenkungen mindestens in gleichem Umfang preiswirksam werden müssen wie Kostenerhöhungen. Die gesetzliche Regelung umfasst daher neben dem Recht des Versorgers zur Preisänderung auch die Pflicht hierzu, wenn die Änderung für den Kunden günstig ist (BGH, Urteile vom 29. April 2008 - KZR 2/07, aaO; vom 13. Januar 2010 - VIII ZR 81/08, WM 2010, 481 Rn. 18 mwN).  

Wir sehen jedoch, dass die Instanzgerichte in diesem Punkt bisher weiter der Logik bzw. Unlogik des Senats folgen.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: marten am 12. Februar 2012, 15:26:42
@Didakt

Solange ich die Abschläge gekürzt habe( seit ca. 7 Jahren ) habe ich den Preis der damals galt bezahlt bwz. hat mir meine Anwältin die zu zahlenden Abschläge ausgerechnet.
Deshalb  sah ich bisher keine Veranlassung meinen Versorger zu wechseln, da ich bei einem neuen Versorger einen höheren Anfangspreis gezahlt hätte.
Das sieht natürlich jetzt für mich anders aus.

Trotz der guten rechtlichen Argumente von Herrn Fricke, dessen Arbeit hier im Forum ich sehr schätze, und der Unterstützung von Mitstreitern,  besonders von kampfzwerg, der mich zum weitermachen bewegen wollte, habe ich letztendlich mit meiner Familie entschieden, zukünftig die Abschläge nicht zu kürzen und auch nicht unter Vorbehalt zu zahlen.
Somit faktisch den Protest aufzugeben.

Neben der rechtlichen Empfehlung die ich erhalten habe. gibt es persönliche Gründe dafür.

Daneben wurde mein Vertrauen in den letzten Tagen nachhaltig gestört.
Das gab letzendlich den Auschlag, für meine Entscheidung die ich zusammen mit meiner Familie getroffen habe.
Das wars.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: tangocharly am 12. Februar 2012, 15:37:38
In seiner Entscheidung vom 28.03.2007 grenzte sich der VIII. Senat von der Kartellsenatsentscheidung vom 18.10.2005 (http://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Text=BGHZ%20164,%20336) ab. Soweit ersichtlich interessierte sich der VIII. Senat nicht für seine frühere Meinung aus 2003. Erwähnt wird ein Senatsurteil vom 30. April 2003 – VIII ZR 279/02, NJW 2003, 3131, unter II 1 a m.w.N.). Diese Entscheidung vom 30.04. beschäftigt sich durchaus mit der Senatsentscheidung vom 05.02.2003 (VIII ZR 111/02).
Aber, bei näherer Betrachtung ging es dem Senat nicht um die mögliche Nichtanwendung des § 315 BGB auf den \"gebildeten Preis\" :

Zitat
III.
Nachdem das Berufungsgericht demnach zu Unrecht die vom Beklagten erhobenen Einwendungen gegen die Preisbestimmung der Klägerin für das geforderte Entgelt für die Wasserversorgung und die Entwässerungsleistungen ungeprüft gelassen und den Beklagten hierfür auf einen Rückforderungsprozeß verwiesen hat, ist das angefochtene Urteil insoweit aufzuheben, damit eine Billigkeitsprüfung nach Zurückverweisung der Sache unter Berücksichtigung des Vortrags der Klägerin zu dem Zustandekommen ihrer (genehmigten) Tarife (vgl. BGH, Urteil vom 5. Februar 2003 aaO unter II 1 d) nachgeholt werden kann.

Auch in der Entscheidung vom 30.04.2003 vermißt man jeglichen Hinweis darauf, dass sich der Senat von seiner früher geäußerten Auffassung verabschieden wollte (wozu in der Regel auch eine Begründung zählt, die sich von der früheren Auffassung abgrenzt, was wiederum auch nicht ersichtlich ist).

In diesem Zusammenhang ist es halt doch eben immer noch die alte Leyer:

Der VIII. Senat grenzt sich vom Kartellsenat ab; der Kartellsenat grenzt sich vom VIII. Senat ab - wohl bis sie denn dann gestorben sind. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.

Die gegenseitigen Abgrenzungen kennen wir ja auch schon von der Wärmemarkt-Abgrenzungs-Entscheidung des Kartellsenats (Az.: KZR 29/06).
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: Didakt am 12. Februar 2012, 19:48:32
@ marten

Mein volles Verständnis für Ihre Entscheidung bestätige ich Ihnen. Es ist zwar unmaßgeblich, aber immerhin. Ich denke da vor allem an Ihre Gefühlslage.
Ihnen bleibt ja folgendes unbenommen, was ich schon einmal ausführte, und ein(e) RA/in Ihrer Wahl wird Sie ggf. dann sicherlich kompetent über das weitere Vorgehen beraten:
„Bisherigen Preisanpassungen, deren Angemessenheit Sie bezweifelten, sind Sie bislang zu Recht mit Widersprüchen unter Hinweis auf § 315 (3) BGB begegnet. Eine Zahlungsklage bezüglich dieser Altfälle ist bisher ausgeblieben. Sie kann noch kommen, soweit Forderungen nicht verjährt sind. Hier gilt es Ihrerseits, an der bisherigen Strategie festzuhalten. Abwarten und Tee trinken. Die Entscheidung des EuGH steht ja auch noch aus.“

Was mich dennoch interessiert, ist die Frage nach der Höhe der jetzt geltenden Preiskonditionen für Tarifkunden Ihres Versorgers.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: marten am 12. Februar 2012, 20:23:51
@Didakt

Danke für das wohlwollende Verständnis.

Zurzeit zahle ich für Strom: 20,50 ct/kwh
                           bei  Gas :   5,33 ct/kwh

alle preise plus mwst.

gruss

marten
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: Didakt am 12. Februar 2012, 22:41:33
@ marten

Preise: Habe ich mir vorher schon fast gedacht. Zu teuer, falls noch Grundgebühren hinzukommen.
Ich rate zu einem schnellen Wechsel, aber keinesfall zu einem billigen Jakob! Das bringt nichts.
Das hätten Sie angesichts der jetzigen Marktsituation schon eher tun sollen, ohne Ihre alten Widersprüche aufzugeben. :)
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: berghaus am 13. Februar 2012, 00:25:08
Zitat
von marten
Solange ich die Abschläge gekürzt habe( seit ca. 7 Jahren ), habe ich den Preis, der damals galt, bezahlt bwz. hat mir meine Anwältin die zu zahlenden Abschläge ausgerechnet.

Wie konnte es denn diese Anwältin verantworten, ihren Mandanten als Tarifkunde so viele Jahre nur den Preis von 2004 zahlen zu lassen?

Die nachteiligen Urteile des BGH und fast aller anderen Gerichte bei Tarifkunden gibt es doch schon ein paar Jahre!

berghaus 13.02.12
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: bolli am 13. Februar 2012, 08:25:06
Zitat
Original von berghaus
Wie konnte es denn diese Anwältin verantworten, ihren Mandanten als Tarifkunde so viele Jahre nur den Preis von 2004 zahlen zu lassen?

Die nachteiligen Urteile des BGH und fast aller anderen Gerichte bei Tarifkunden gibt es doch schon ein paar Jahre!

berghaus 13.02.12
Man sollte es mal gut sein lassen. Die Parteien haben (weitestgehend) ihre Argumente mehr oder minder deutlich vorgebracht. Da wird sich nichts mehr dran ändern, auch wenn man noch so sehr darauf rumhackt.

Das die Grundversorgung eine deutlich schwierigere Materie darstellt als der Sondervertrag, insbesondere dank der \"denkwürdigen BGH-Rechtssprechung des VIII. Senats bezüglich Sockelpreis\" ist bekannt und bedarf ebenfalls keiner weiteren Erläuterung.

Schwierig wird\'s nur für protestwillige Kunden in der Grundversorgung im Zweifelsfall auf die Schnelle (bei Klageeingang) einen kompetenten und willigen Anwalt zu finden, der bereit ist, einen zu vertreten. Denn die scheinen mittlerweile dünn gesäht zu sein. Vielleicht sollte der BdEV seine Anwaltsliste um das Attribut \"auch in der Grundversorgung\" erweitern, um dieser Differenzierung Rechnung zu tragen.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: marten am 13. Februar 2012, 09:03:44
@berghaus

Welchen Preis hätte ich denn ihrer Meinung zahlen sollenl?
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: RR-E-ft am 13. Februar 2012, 10:59:25
Zitat
Original von berghaus
Zitat
von marten
Solange ich die Abschläge gekürzt habe( seit ca. 7 Jahren ), habe ich den Preis, der damals galt, bezahlt bwz. hat mir meine Anwältin die zu zahlenden Abschläge ausgerechnet.

Wie konnte es denn diese Anwältin verantworten, ihren Mandanten als Tarifkunde so viele Jahre nur den Preis von 2004 zahlen zu lassen?

Die nachteiligen Urteile des BGH und fast aller anderen Gerichte bei Tarifkunden gibt es doch schon ein paar Jahre!

berghaus 13.02.12

Folgt man der Preisneuvereinbarungsthese, die der 8. Zivilsenat des BGH seit seinem Urteil vom 13.06.07 Az. VIII ZR 36/06 in st. Rechtsprechung vertritt, so gilt bei  grundversorgten Tarifkunden nicht nur der Anfangspreis als vereinbart (so die These seit BGH, Urt. v. 28.03.07 Az. VIII ZR 144/06), sondern auch ein einseitig erhöhter Preis, der darauf beruht, dass der Versorger in Ausübung eines wirksam eingeräumten Rechts den Preis einseitig erhöht hatte, und dieser einseitig geänderte Preis dadurch zum vereinbarten Preis wurde, dass der betroffene Kunde der Preisänderung oder der darauf beruhenden Verbrauchsabrechnung nicht in angemessener Frist widersprochen hatte.  

Alle einseitigen Preisänderungen, denen man in angemssener Frist widersprochen hatte, wurden demnach nicht zum vereinbarten Preis und können für den Kunden nur dann verbindlich sein, wenn dem Versorger zum einen ein Preisänderungsrecht wirksam eingeräumt worden war und darüber hinaus die darauf gründenden einseitigen  Preisänderungen jeweils auch der Billigkeit entsprachen, § 315 Abs. 3 BGB (vgl. BGH, B. v. 18.05.11 Az. VIII ZR 71/10 Rn. 6 ff. und B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10).

Hatte man etwa allen Stromtarifpreisänderungen, die ab 01.01.05 erfolgten, und darauf basierenden Verbrauchsabrechnungen jeweils in angemessener Frist widersprochen, wäre denach nur der 2004 geltende Stromtarifpreis als vereinbart anzusehen und soweit die vom Versorger geforderten Preise darüber liegen, käme es zunächst darauf an, ob dem Versorger überhaupt ein Preisänderungsrecht  wirksam eingeräumt wurde und ob diese einseitigen Preisänderungen darüber hinaus  jeweils der Billigkeit entsprachen (vgl. BGH, aaO.).

Daran hat sich nichts geändert (vgl. BGH, B. v. 18.05.11 Az. VIII ZR 71/10 und B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10).

Die Gerichte orientieren sich weit überwiegend an dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung des BGH, so dass auch Rechtsanwälte diese ihrer Beratung zu Grunde zu legen haben.

§ 17 Abs. 1 Satz 3 StromGVV macht klar, dass sich der Kunde auf § 315 BGB berufen kann.
§ 19 Abs. 2 StromGVV macht klar, dass wegen solcher Zahlungskürzungen die Versorgung nicht eingestellt werden darf.

Kürzt man die vom Versorger geforderten Abschläge nicht entsprechend, kommt es folglich zwangsläufig zu Überzahlungen, die man allenfalls aufgrund einer erfolgreichen Rückforderungsklage zurückerlangen kann, da gem. § 17 StromGVV ein Aufrechnungsverbot besteht.

Bereits oben wurde ausführlich dargestellt, dass sich die Position des betroffenen Kunden dabei verschlechtert, weil er dann selbst  innerhalb der Verjährungsfrist Klage erheben muss, nicht auf Verjährung hoffen kann,  und ihm dabei - anders als bei einer Zahlungsklage des Versorgers bestimmte Optionen (wie etwa ein sofortiges Anerkenntnis gem. § 93 ZPO) jedenfalls nicht zur Verfügung stehen.

Die bisherige Mindermeinung Fricke, ZNER 15/2/2011 S. 130 ff. lehnt die Preisvereinbarungsthesen des BGH deutlich ab und plädiert wegen einer gesetzlichen Preisbestimmungspflicht der Grundversorger gem. §§ 36 Abs. 1, 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 EnWG dafür, dass der Gesamtpreis der Billigkeitskontrolle in unmittelbarer Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB unterliege.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: tangocharly am 13. Februar 2012, 20:35:43
Und es gibt noch ein weiteres gewichtiges Argument:

Der BGH wird sich auch künftig kaum von seiner \"Geisterfahrer-Vereinbarungs-Theorie\" lösen,  selbst dann nicht, wenn der EuGH das Preis-Änderungsmodell auf der Grundlage der AVB\'s/GVV\'s nach Strich und Faden über den Jordan schicken sollte.

Merke: \"Alle Räder stehen still, wenn dein Widerspruch es will\"
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: RR-E-ft am 13. Februar 2012, 23:40:42
Zitat
Original von tangocharly
Und es gibt noch ein weiteres gewichtiges Argument:

Der BGH wird sich auch künftig kaum von seiner \"Geisterfahrer-Vereinbarungs-Theorie\" lösen,  selbst dann nicht, wenn der EuGH das Preis-Änderungsmodell auf der Grundlage der AVB\'s/GVV\'s nach Strich und Faden über den Jordan schicken sollte.

Merke: \"Alle Räder stehen still, wenn dein Widerspruch es will\"


@tangocharly

Hier geht es nicht um die Mindermeinung, die man auch vertreten kann, sondern darum, was sich nach der derzeit herrschenden Meinung auf der Grundlage der Rechtsprechung des BGH ergibt.
Denn auf jener Grundlage hat ein Anwalt zu beraten.
Der Anwalt sollte getrost auch auf die Mindermeinung hinweisen, muss dann aber auch die Risiken benennen, die sich aus der Abweichung zur herrschenden Meinung für den Mandanten ergeben können.

Es ist eher nicht anzunehmen, dass der EuGH auf die Vorlagefrage dem BGH entsprechend unserer Mindermeinung auswirft, dass mit § 4 AVBEltV/ § 5 StromGVV dem Versorger gar kein Preisänderungsrecht eingeräumt wurde, ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vielmehr aus der gesetzlichen Preisbestimmungspflicht des Grundversorgers gem. §§ 36 Abs. 1, 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 EnWG folgt.  

Zunächst bleibt abzuwarten, ob der EuGH die Vorlagefrage überhaupt annimmt und wie er im Falle einer Annahme darüber entscheidet.

Sollte der EuGH auf die Vorlage des EuGH erkennen, dass mit §§ 4 AVBEltV/ § 5 StromGVV dem Versorger kein Preisänderungsrecht wirksam eingeräumt wurde, müssen dann sicherlich nationale Gerichte darüber befinden, ob ggf. die Voraussetzungen einer ergänzenden Vertragsauslegung vorliegen und wenn sie vorliegen sollten, wie eine ergänzende Vertragsauslegung dann zu erfolgen hat, die sich - selbstverständlich -  im Ergebnis selbst nicht als europarechtswidrig erweisen darf.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: berghaus am 13. Februar 2012, 23:45:53
Zitat
von berghaus
Wie konnte es denn diese Anwältin verantworten, ihren Mandanten als Tarifkunde so viele Jahre nur den Preis von 2004 zahlen zu lassen?
Die nachteiligen Urteile des BGH und fast aller anderen Gerichte bei Tarifkunden gibt es doch schon ein paar Jahre!
Zitat
von marten an berghaus
Welchen Preis hätte ich denn Ihrer Meinung zahlen sollenl?

Das ist eine Frage des Mutes und der Höhe der möglichen Einsparungen.
Negativ sind die Urteile für Tarifkunden ja nicht nur generell (z.B. Sockelpreis), sondern auch bei tatsächlicher Billigkeitskontrolle (firmeneigene Gutachter und Zeugen, Gutachtenkosten usw.)

Es mag auch Strom- und Gasrebellen geben, die es sich leisten können, mit Verlust zu siegen oder dies zu versuchen, um der Rebellion zum Erfolg zu verhelfen.

In diesem Zusammenhang die Frage an marten:

Grundversorgt ist man bei Strom und Gas doch nur bei geringem Verbrauch (Stichwort: Oma mit Kochgas zahlt die höchsten Preise, auch bei der Telekom).

Wie hoch waren bei Ihnen die Kürzungen bei Strom und Gas im Verhältnis zu den Kosten des Schutzbriefes von 2 x 69,00 EUR/Jahr?

Frage 2: Hat Ihnen Ihre Anwältin nicht auch geraten, ganz schnell die gekürzten Beträge an den Versorger  zu zahlen, oder hofft man auf Verjährung?

berghaus 13.02.12
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: RR-E-ft am 13. Februar 2012, 23:53:27
@berghaus

Ihre Beiträge muten komisch an.
Es kann doch wohl keine Frage des Mutes und der möglichen Einsparungen sein, auf welchen Preis man kürzt.
Wer eine reine Mutprobe sucht, der ist vielleicht besser beim Rummelboxen aufgehoben.

Unzutreffend ist bereits, dass man nur mit geringem Verbrauch grundversorgt sei. Denn grundversorgt wird jeder Haushaltskunde im Sinne des § 3 Nr. 22 EnWG, der die Energie nicht für berufliche oder gewerbliche Zwecke bezieht, und keinen anderweitigen Energielieferungsvertrag im Sinne des § 41 EnWG abgeschlossen hat, also auch derjenige Haushaltskunde, der mit Strom oder Gas das gesamte Haus, die Veranda, die Dachterasse, die Garage und den Swimmingpool im Keller ganzjährig beheizt.

Es wurde doch umfassend dargestellt, welche Rechtslage sich für die Grundversorgung nach der aktuellen höchstrichterlichen Rechtsprechung ergibt.
Auf diese muss der Anwalt hinweisen und jene hat er grundsätzlich seiner Beratung zu Grunde zu legen.
Rät der Anwalt deshalb, bisher rechtmäßig gekürzte Beträge zu zahlen, so haftet er dem Mandanten ggf. für den sich daraus ergebenden Vermögensschaden.

Soweit man den Fall richtig verstanden hat, sind wohl auch Ansprüche des Versorgers, sollten sie denn überhaupt jemals begründet gewesen sein, bereits verjährt, weil zum Beispiel die verjährungshemmende Wirkung eines Mahnantrages gem. § 204 Abs. 2 BGB zwischenzeitlich bereits wieder entfallen war. Es ist darüber hinaus nicht auszuschließen, dass auch weitere Ansprüche des Versorgers ebenso verjähren können.

In der Praxis zeigt sich, dass Versorgerklagen gegen grundversorgte Kunden auch ohne gerichtliches Sachverständigengutachten abgewiesen werden.

Ferner haben auch schon Gerichte entschieden, dass sich der betroffene Tarifkunde unter bestimmten Voraussetzungen auch auf § 93 ZPO berufen kann. Voraussetzung dafür ist, dass der Versorger auf entsprechendes Verlangen des Kunden vorprozessual eine nachvollziehbare Darlegung der Tatsachen, die die Billigkeit begründen sollen (Kostenanstieg unter Einschluss aller Preisbildenden Kostenfaktoren des konkreten Preissockels), nicht erbracht hatte.

Das wiederum lässt sich oft erst dann entscheiden, wenn man überhaupt erst einmal verklagt wurde und die Anspruchsbegründung gesehen hat. Erst aus dieser lässt sich ersehen, ob die Klage schlüssig ist und für den Fall, dass allen Beweisangeboten nachgegangen und diese die Behauptungen des Versorgers vollständig  bestätigen würden, begründet wäre.

Klar ist aber wohl auch, dass ein Anwalt einem betroffenen Kunden, der den Preisänderungen [seit langem] [jeweils in angemessener Frist] widersprochen, die wirksame Einräumung eines Preisänderungsrechts und die Billigkeit der Preisänderung/ des geänderten Preises bestritten und entsprechende Darlegungen zur Kostenentwicklung verlangt und hiernach Abschläge und Rechnungsbeträge entsprechend gekürzt hatte, nicht zur Zahlung der deshalb streitigen Beträge zuraten kann, ohne sich gegenüber dem Mandanten wegen des daraus resultierenden Vermögensschadens schadensersatzpflichtig zu machen, bevor der Versorger die Kostenentwicklung überhaupt nachvollziehbar und prüffähig dargestellt hatte.  

Klar ist auch, dass ein Anwalt ergebnisoffen berät und dass die Höhe des Honorars grundsätzlich nicht davon abhängen kann, wie sich die Erfolgsaussichten des betroffenen Kunden danach beurteilen.
Für 69 EUR bzw. ca. 60 EUR nettto kann man realistisch nicht erwarten, dass sich ein Anwalt mit der Sache mit allem drum und dran länger als 20 Minuten befasst, die gesamte Prüfung der gesamten Unterlagen und die Erörterung mit dem Mandanten sowie ggf. die Fertigung entsprechender Schreiben eingeschlossen.

Viele grundversorgte Kunden, die entsprechend kürzen, wurden bisher überhaupt nicht verklagt, selbst wenn sie bereits seit sieben Jahren widersprechen und Rechnungsbeträge kürzen!

Wenn schließlich ein Dritter die Deckungszusage für eine entsprechende Rechtsberatung und Rechtsstreit  gibt, zB. eine Rechtsschutzversicherung, dann stellt dieser Dritte selbstverständlich  nicht das Geld dafür zur Verfügung, um eine zweifelhafte Rechnung des Versorgers zu begleichen.

Welche Kosten eines Rechtsstreits sich anhand des streitigen Hauptsachebetrages ergeben kann, kann jeder hier ersehen:

Prozesskostenrechner (http://rvg.pentos.ag/)

Dabei sieht man, dass bei einem geringen Streitwert das Prozesskostenrisiko im Verhältnis zum Gegenstandswert relativ hoch ist, so dass man eher nicht um einen einzelnen Euro streiten sollte.

Beim Streit um einen einzelnen Euro unter Beteiligung von zwei Anwälten betragen die gerichtlichen Kosten 253,50 EUR. Wird die Berufung zugelassen, können in der Berufung noch einmal 299,92 EUR hinzukommen. Ein gerichtlicher Vergleich lohnt sich beim Streit um einen einzelnen Euro auch nicht, da sich die gerichtlichen Kosten dabei sogar auf 274,90 EUR belaufen. Die gleichen Kosten entstehen, wenn man sich nur um 50 Cent streitet. Bei höheren Streitwerten bessert sich das Verhältnis des Prozesskostenrisikos zum Streitwert jedoch deutlich.

Das ändert jedoch nichts daran, dass bei einem gerichtlichen Streit um 3.000 EUR unter Beteiligung von zwei Anwälten der Unterlegene gem. § 91 ZPO nach der ersten Instanz gerichtliche Kosten in Höhe von 1.439,16 EUR zu tragen hat.

Ein entsprechendes Risiko geht der Versorger ein, der eine Klage erhebt, die er nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung auch nicht mehr einseitig zurücknehmen kann.  

Hinzutreten können die Kosten eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens, wenn es der betroffene Kunde auf ein solches ankommen lässt, worüber der betroffene Kunde jedoch selbst entscheidet.
Geht ein solches Gutachten zu Lasten des Versorgers aus, kann dessen Risiko über den Einzelfall hinaus noch deutlich steigen.

Man hat schon Verfahren gesehen, dass Versorger wegen 45 EUR geklagt haben, dann das Verfahren jedoch nicht weiterbetrieben haben und die Ansprüche, sollten sie je begründet gewesen sein, verjähren ließen.
Ebenso habe ich schon Verfahren erlebt, wo der Versorger nach der Klageerwiderung seine Klage unverzüglich zurückgenommen hat.

Ebenso hat man schon gesehen, dass sich ca. 190 Verbraucher zusammentaten, um den Versorger wegen der Feststellung der Unwirksamkeit von dessen Preisänderungen zu verklagen, es dabei auf ein gerichtliches Sachverständigengutachten ankommen ließen, welches sie gegenbeweislich zu all den Zeugenaussagen der Mitarbeiter des Versorgers aufboten, hierfür 15.000 EUR Kostenvorschuss einzahlten und der Versorger, nachdem das Gutachten endlich vorlag, die Klageansprüche anerkannt hat.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: Didakt am 14. Februar 2012, 11:09:23
@ marten

Nur noch eine kurze Anmerkung als rechtsunkundiger Mitleser der letzten Beiträge zu Ihrer Sache.

Beherzigen Sie die vorstehenden Ausführungen von RR-E-ft zur aktuellen Rechtslage und damit auch zu Ihrer ursächlichen Fragestellung. Besser kann man diese einem Nichtjuristen gar nicht vermitteln.

Lassen Sie sich durch weitere Hinterfragungen nicht verunsichern. Sie müssen darauf auch nicht antworten.

Ganz wichtig erscheint mir in diesem Zusammenhang der folgende Textanteil zu § 93 ZPO. Diese aufschluss- und hilfreiche Interpretation habe ich in dieser Deutlichkeit bislang an anderer Stelle im Forum noch nicht gelesen oder sie evtl. überlesen. Wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, steht es einem Zahlungsbeklagten offen, sich ggf. relativ kostenfrei aus dem Klageverfahren zu verabschieden.

Zitat
Original von RR-E-ft
Ferner haben auch schon Gerichte entschieden, dass sich der betroffene Tarifkunde unter bestimmten Voraussetzungen auch auf § 93 ZPO berufen kann. Voraussetzung dafür ist, dass der Versorger auf entsprechendes Verlangen des Kunden vorprozessual eine nachvollziehbare Darlegung der Tatsachen, die die Billigkeit begründen sollen (Kostenanstieg unter Einschluss aller Preisbildenden Kostenfaktoren des konkreten Preissockels), nicht erbracht hatte. Das wiederum lässt sich zumeist jedoch erst dann entscheiden, wenn man überhaupt erst einmal verklagt wurde und die Anspruchsbegründung gesehen hat. Erst aus dieser lässt sich ersehen, ob die Klage schlüssig ist und für den Fall, dass allen Beweisangeboten nachgegangen und diese die Behauptungen des Versorgers vollständig bestätigen würden, begründet wäre.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: marten am 14. Februar 2012, 11:09:24
@RR-E-ft

Sie haben mir ja jetzt erläutert, dass die Zahlungsansprüche aus dem gerichtlichen Mahnbescheid von 2008, dem ich widersprochen habe verjährt sind.

In der Sache, war ich bisher unsicher gewesen, da meine Anwältin dazu andere Aussagen getroffen hat.

In diesem Zusammenhang sprach Sie von dem Begriff  Verwirkung.

Anbei ein Link, wo diese Thematik auch erläutert wird.

http://www.anwalt.de/rechtstipps/anwendungsbereich-der-verwirkung-nach-der-reform-des-verjaehrungsrechts_002146.html[/URL]

Zitat daraus:
\"Eine Verwirkung ist daher dann ausgeschlossen, wenn er durch Mahnung, Widerspruch oder in sonstiger Weise zu erkennen gegeben hat, dass er auf seinem Recht beharrt. Die Kenntnis des Berechtigten vom Bestehen des Rechts ist nicht erforderlich. Es genügt, wenn der Berechtigte bei objektiver Beurteilung Kenntnis hätte haben können.\"


Das schliesst dann eine Verwirkung vollkommen aus.
Das würde dann bedeuten.

Hat der Versorger einen gerichtlichen Mahnbescheid an seinen Kunden geschickt, die dieser widerspricht, und lässt der Versorger die durch den gerichtlichen Mahnbescheid erhaltene Hemmung der Verjährung von 6 Monaten verstreichen, so tritt die Verjährung ein wenn der Kunde bei einer später erhaltenen Zahlungsklage die Einrede der Verjährung stellt.


Für welche mögliche Fälle z.B. kommt denn überhaupt noch eine Verwirkung in Frage?

gruss
marten
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: RR-E-ft am 14. Februar 2012, 11:14:26
Zitat
Original von marten
@RR-E-ft

Sie haben mir ja jetzt erläutert, dass die Zahlungsansprüche aus dem gerichtlichen Mahnbescheid von 2008, dem ich widersprochen habe verjährt sind.

In der Sache, war ich bisher unsicher gewesen, da meine Anwältin dazu andere Aussagen getroffen hat.

In diesem Zusammenhang sprach Sie von dem Begriff  Verwirkung.

Anbei ein Link, wo diese Thematik auch erläutert wird.

http://www.anwalt.de/rechtstipps/anwendungsbereich-der-verwirkung-nach-der-reform-des-verjaehrungsrechts_002146.html[/URL]

Zitat daraus:
\"Eine Verwirkung ist daher dann ausgeschlossen, wenn er durch Mahnung, Widerspruch oder in sonstiger Weise zu erkennen gegeben hat, dass er auf seinem Recht beharrt. Die Kenntnis des Berechtigten vom Bestehen des Rechts ist nicht erforderlich. Es genügt, wenn der Berechtigte bei objektiver Beurteilung Kenntnis hätte haben können.\"


Das schliesst dann eine Verwirkung vollkommen aus.
Das würde dann bedeuten.

Hat der Versorger einen gerichtlichen Mahnbescheid an seinen Kunden geschickt, die dieser widerspricht, und lässt der Versorger die durch den gerichtlichen Mahnbescheid erhaltene Hemmung der Verjährung von 6 Monaten verstreichen, so tritt die Verjährung ein wenn der Kunde bei einer später erhaltenen Zahlungsklage die Einrede der Verjährung stellt.


Für welche mögliche Fälle z.B. kommt denn überhaupt noch eine Verwirkung in Frage?

gruss
marten


@marten

Ich habe erläutert, dass die mit dem Mahnbescheid aus 2008 geltend gemachten Ansprüche mit Rücksicht auf § 204 Abs. 2 BGB mittlerweile verjährt sein können, weil die Hemmung der Verjährung nicht unbefristet gilt.  
Ob sie verjährt sind, lässt sich nur beurteilen, wenn man weiß, wie sich die Verjährung der mit diesem Mahnbescheid geltend gemachten Ansprüche überhaupt darstellt, insbesondere ob es  einer Hemmung des Ablaufs der Verjährunsgfrist gem. § 204 Abs. 1 BGB in Bezug auf diese Ansprüche überhaupt bedurfte.

Die Verjährung ist eingetreten, wenn die Verjährungsfrist abgelaufen ist.
Der Schuldner muss sich zudem in Form einer Einrede auf die Verjährung berufen, § 214 Abs. 1 BGB.
Dies sollte er bereits vor Zustellung der Klageschrift/ Anspruchsbegründung tun. Warum/ darum siehe oben.

Die Verwirkung wurde \"erfunden\" als die regelmäßige Verjährungsfrist noch 30 Jahre betrug.
Die Verwirkung konnte zB. greifen, wenn der Gläubiger nach 29 Jahren seinen unverjährten Anspruch erstmals geltend machte.
Für alle Fälle, bei denen nunmehr die kurze regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren zum Zuge kommt, bedarf es m. E. keines Rückgriffs auf eine Verwirkung mehr.

Rechtsanwalt Torsten Klose von Rechtsanwälte Leipold & Coll. in München und Frankfurt am Main schreibt demnach auch:

Zitat
Auch wenn ein Anspruch noch nicht verjährt ist, kann der Gläubiger an seiner Geltendmachung nach Treu und Glauben gehindert sein (sog. Verwirkung). Durch die Reform des Verjährungsrechts wurde der Anwendungsbereich der Verwirkung deutlich zurückgedrängt.

Es stellt sich die Frage, wann diese rechtsvernichtende Einwendung noch zum Zuge kommen kann.

.....

Je kürzer die Verjährungs- oder Ausschlussfrist ist, desto seltener kann die Verwirkung in Betracht kommen. Das resultiert aus der zumeist kurzen Frist, in der sich kein schutzwürdiges Vertrauen bilden kann. Nachdem die regelmäßige Verjährung im Rahmen der Schuldrechtsmodernisierung von 30 auf drei Jahre verkürzt wurde, scheint die von Amts wegen zu berücksichtigende Verwirkung nur noch wenige Anwendungsbereiche zu haben.

Wer sich weiter interessiert, der kann ggf. - gegen kleines Geld -  einen entsprechenden Kurs an der örtlichen Volkshochschule belegen.  ;)
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: RR-E-ft am 14. Februar 2012, 13:09:35
Wenn ein grundversorgter Kunde erstmals einer Preisänderung widerspricht und sodann den monatlichen Abschlag deshalb erstmals kürzt, zB. um 10 EUR, so mag sich dieser betroffene Kunde die Frage stellen, wie es weitergeht, wenn der Versorger allein wegen dieser Kürzung um 10 EUR klagt,  zB.wo man sich dann auf die Schnelle einen Anwalt besorgt, der die Verteidigung in diesem Klageverfahren übernimmt, etwa zu den gesetzlichen Gebühren nach RVG in Höhe von 75 EUR netto, dafür alle Unterlagen sichtet, mit dem Beklagten die Sache eingehend erörtert, die Klageerwiderung fertigt und den Gerichtstermin wahrnimmt, wenn es zur mündlichen Verhandlung kommt, insbesondere wenn das Gericht einen frühen ersten Termin mit Güteverhandlung verfügt.

Wenn ein betroffener Kunde jedoch - wie marten - bereits seit sieben Jahren (!) - entsprechend anwaltlichem Rat -  im bestehenden Vertragsverhältnis so verfährt, dabei auch keinerlei schlechte Erfahrungen gemacht hatte, so stellt sich die Frage, warum sich dann plötzlich daraus ein höheres Risiko ergeben soll, wenn er - wie bisher - mit dem Kürzen der Abschläge fortfährt.

Mir erscheint das schlicht nicht nachvollziehbar.
Ich verstehe die Logik nicht.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: bolli am 14. Februar 2012, 13:49:57
Zitat
Original von RR-E-ft
Wenn ein betroffener Kunde jedoch - wie marten - bereits seit sieben Jahren (!) - entsprechend anwaltlichem Rat -  im bestehenden Vertragsverhältnis so verfährt, dabei auch keinerlei schlechte Erfahrungen gemacht hatte, so stellt sich die Frage, warum sich dann plötzlich daraus ein höheres Risiko ergeben soll, wenn er - wie bisher - mit dem Kürzen der Abschläge fortfährt.

Mir erscheint das schlicht nicht nachvollziehbar.
Ich verstehe die Logik nicht.
Ich auch nicht, aber da @marten ja nur dem Rat siener Anwältin folgt, wäre wohl primär DIESE zu fragen, warum er nunmehr sein Verhalten ändern soll.

Vielleicht sprechen Sie sie demnächst ja mal. Manchmal trifft man sich ja mal oder telefoniert miteinander. Interesse an der Beantwortung dieser Frage haben sicherlich auch andere.   ;)
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: tangocharly am 14. Februar 2012, 14:30:17
Siehe BGH,21.04.2010, Az.: VIII 97/09 (http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=&nr=51967&pos=13&anz=19&Blank=1.pdf), Tz. 18
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: berghaus am 14. Februar 2012, 15:15:35
Zitat
von RR- E-ft
@berghaus:             \"Ihre Beiträge muten komisch an.\"

                   .                  .   .    .  . . . Das ist gewollt!

Lösen sie doch häufig eine Flut von interessanten Beiträgen und Diskussionen aus!

Siehe vorstehend!

So stellt sich doch die Haftungsfrage, wenn der Kunde auf anwaltlichen Rat jahrelang gekürzt hat, plötzlich den gegenteiligen Rat erhält, obwohl sich die Rechtslage - wie hier - nicht ganz plötzlich geändert hat.

berghaus 14.02.12
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: Kampfzwerg am 14. Februar 2012, 15:54:00
Zitat
Original von RR-E-ft
Klar ist aber wohl auch, dass ein Anwalt einem betroffenen Kunden, der den Preisänderungen [seit langem] [jeweils in angemessener Frist] widersprochen, die wirksame Einräumung eines Preisänderungsrechts und die Billigkeit der Preisänderung/ des geänderten Preises bestritten und entsprechende Darlegungen zur Kostenentwicklung verlangt und hiernach Abschläge und Rechnungsbeträge entsprechend gekürzt hatte, nicht zur Zahlung der deshalb streitigen Beträge zuraten kann, ohne sich gegenüber dem Mandanten wegen des daraus resultierenden Vermögensschadens schadensersatzpflichtig zu machen, bevor der Versorger die Kostenentwicklung überhaupt nachvollziehbar und prüffähig dargestellt hatte.  

Klar ist auch, dass ein Anwalt ergebnisoffen berät und dass die Höhe des Honorars grundsätzlich nicht davon abhängen kann, wie sich die Erfolgsaussichten des betroffenen Kunden danach beurteilen.
Für 69 EUR bzw. ca. 60 EUR nettto kann man realistisch nicht erwarten, dass sich ein Anwalt mit der Sache mit allem drum und dran länger als 20 Minuten befasst, die gesamte Prüfung der gesamten Unterlagen und die Erörterung mit dem Mandanten sowie ggf. die Fertigung entsprechender Schreiben eingeschlossen.

Viele grundversorgte Kunden, die entsprechend kürzen, wurden bisher überhaupt nicht verklagt, selbst wenn sie bereits seit sieben Jahren widersprechen und Rechnungsbeträge kürzen!

Wenn ein betroffener Kunde jedoch - wie marten - bereits seit sieben Jahren (!) - entsprechend anwaltlichem Rat - im bestehenden Vertragsverhältnis so verfährt, dabei auch keinerlei schlechte Erfahrungen gemacht hatte, so stellt sich die Frage, warum sich dann plötzlich daraus ein höheres Risiko ergeben soll, wenn er - wie bisher - mit dem Kürzen der Abschläge fortfährt.
Mir erscheint das schlicht nicht nachvollziehbar.
Ich verstehe die Logik nicht.


Zitat
Original von marten
...
Somit faktisch den Protest aufzugeben.
 Neben der rechtlichen Empfehlung die ich erhalten habe. gibt es persönliche Gründe dafür.
Daneben wurde mein Vertrauen in den letzten Tagen nachhaltig gestört.Das gab letzendlich den Auschlag, für meine Entscheidung die ich zusammen mit meiner Familie getroffen habe.Das wars.


Selbstverständlich berät ein Anwalt ergebnisoffen und sollte seinem Mandanten Risiken und Chancen entsprechend aufzeigen, um diesem eine sachgerechte Entscheidung überhaupt erst zu ermöglichen.

Im Fall von @marten ist aber wohl auch klar, da dieser inzwischen seit 7 Jahren anwaltlich beraten wurde, dass ihn allein diese Beratung mittels Energieschutzbrief inzwischen also 7x129,- = 903,- € gekostet haben wird.
Eine vollständige Prüfung aller Unterlagen und ein ausführlichess, entsprechendes Schreiben wird nur einmal am Anfang notwendig gewesen sein, und in den Folgejahren macht ein Schreiben unter der Zugrundelegunge der jeweiligen JRG und Berechnungen auf die gekürzten Preise wohl nur ein paar Minuten Arbeit.
Stellt man die bereits erfolgten Zurückbehaltungen dagegen, dürfte die Bilanz für @marten dürftig ausfallen.

Außerdem bietet der BdEv diese Energieschutzbriefe doch genau deswegen an, um die Mitglieder zu unterstützen und deren Mut zur Wehrhaftigkeit zu stärken! Und wenn ein Verbraucher diese Möglichkeit dann nutzt, kann man doch nicht einfach sagen \"Was darf man schon für diesen Preis erwarten?\"

Andererseits ist bereits jetzt neben einem materiellen ein weiterer Schaden bei @marten angerichtet. All das ganz ohne irgendeine Klage.

Trotz aller umfassenden Äußerungen von RR-E-ft und aller Unterstützung durch Mitstreiter.

@marten hat schlicht das Vertrauen verloren, in seine Anwältin und in den BdEv.
Unter den von ihm geschilderten Umständen erscheint mir diese Logik sehr nachvollziehbar.
Denn das sind weit größere als ggf. nur angebliche Kommunikationsprobleme.
Es bleibt nur zu hoffen, dass anderen Protestlern derartige Erfahrungen erspart bleiben!



Zitat
Original von bolli
Ich auch nicht, aber da @marten ja nur dem Rat siener Anwältin folgt, wäre wohl primär DIESE zu fragen, warum er nunmehr sein Verhalten ändern soll.
Nicht, dass auch Sie noch ein Kommunikationsproblem heraufbeschwören  :D  ;)

Wahrscheinlich erscheint mir als Erklärung die so genannte und weiter oben erwähnte vermeintliche Berücksichtigung der <\"örtlichen\" Rechtslage> zu sein.
Eine Antwort auf Ihre, aber auch auf @berghaus Frage, inwiefern im hiesigen Fall eine derartige anwaltliche Empfehlung eine Schadensersatzpflicht begründen könnte, fände ich jedenfalls ebenfalls interessant.  ;)
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: RR-E-ft am 14. Februar 2012, 15:58:08
Zitat
Original von tangocharly
Siehe BGH,21.04.2010, Az.: VIII 97/09 (http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=&nr=51967&pos=13&anz=19&Blank=1.pdf), Tz. 18

Die zitierte Entscheidung kann allenfalls dafür herangezogen werden, in welcher angemessenen Frist gegen eine Preisänderung/ darauf basierende Verbrauchsabrechnung die Unbilligkeitseinrede erhoben/ der Widerspruch erfolgen muss, es nach fünfeinhalb Monaten insoweit jedenfalls noch am Zeitmoment der Verwirkung fehlen wird (so auch Fricke, ZNER 15/2/2011 S. 131 Fn. 15).

Die Frage von marten zielte hingegen darauf ab, wann die mit einem Mahnbescheid geltend gemachten Zahlungsansprüche verwirken können, die auf Preiswidersprüchen und entsprechenden Zahlungskürzungen gründen.

Die können wohl gar nicht verwirken, da es am Umstandsmoment fehlen wird, erst recht bei gerichtlicher Geltendmachung.

Zitat
BGH, Urt. v. 20.07.10 EnzR 23/09 Rn. 20; juris:

§ 315 Abs. 3 Satz 2 BGB bestimmt für die Erhebung der dort vorgesehenen Klage keine besondere Frist. Der Betroffene kann aller-dings durch illoyale Verzögerung der Klageerhebung sein Klagerecht verwirken (vgl. BGH, Urteil vom 6. März 1986 - III ZR 195/84, BGHZ 97, 212, 220 f. mwN).

Ein Recht ist verwirkt, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Umstandsmoment).

Letzteres ist der Fall, wenn der Verpflichtete bei objektiver Betrachtung aus dem Verhalten des Berechtigten entnehmen durfte, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde.

Ferner muss sich der Verpflichtete im Vertrauen auf das Verhalten des Berechtigten in seinen Maßnahmen so eingerichtet haben, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 6. März 1986 - III ZR 195/84, BGHZ 97, 212, 220 f., vom 20. Oktober 1988 - VII ZR 302/87, BGHZ 105, 290, 298 und vom 12. März 2008 - XII ZR 147/05, NJW 2008, 2254 Rn. 22, jeweils mwN).

Egal wie lange man das Zeitmoment hinsichtlich der Verwirkung vertraglicher Zahlungsansprüche des Versorger bemessen wollte, wird es regelmäßig am Umstandsmoment für eine Verwirkung solcher Ansprüche fehlen!

Sie verjähren jedoch innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist, die abläuft, wenn die Verjährung nicht/ nicht mehr gehemmt ist, insbesondere wenn die Verjährungsfrist dadurch ablief, dass die gem. § 204 Abs. 1 BGB durch den Mahnantrag zunächst bewirkte Hemmung gem. § 204 Abs. 2 BGB endete.

Nur am Rande:

Fricke, ZNER 15/2/2011 S. 131 stellt übrigens mit Rücksicht auf BGH, Urt. v. 09.06.09 Az. 5 StR 394/09 die Frage, ob für die Verwirkung der Unbilligkeitseinerde für den Versorger überhaupt ein Umstandsmoment und dessen Vertrauen auf gesetzwidrig zu hoch kalkulierte Tarife streiten kann.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: RR-E-ft am 14. Februar 2012, 16:13:24
@Kampfzwerg

Möglicherweise fehlt Ihnen von Natur aus ein entsprechender Modus. Nicht nur zuweilen. ;)
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: marten am 14. Februar 2012, 16:19:35
@kampzwerg

Eine kleine Korrektur.
Ich bin zwar schon seit 7 Jahren dabei die Abschläge zu kürzen, den Energieschutzbrief nehme ich aber erst seit 4 oder 5 Jahren in Anspruch.
(Müsste ich jetzt in den Unterlagen nachschlagen)
Der Energieschutzbrief für Gas und Stom kostet auch zusammen 138 €.

Ansonsten stimme ich dem Beitrag zu.

@energienetz

Es sind leider Fragen offen geblieben, von mir und Mitstreitern.

Ausserdem bin ich der Meinung Sie hätten eher und klarer Stellung beziehen müssen, wie die Position des Bde zu den unterschiedlichen Rechtsauffassungen ist.
Weiterhin kann es doch nicht im Interesse des Bde sein das unterschiedliche Rechtsauffassungen an die Mitglieder des Bde bzw. die Preisprotestler von empfohlenen Anwälten gegeben.



gruss

marten
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: energienetz am 14. Februar 2012, 17:17:00
Oft ist es leichter, Fragen zu stellen als Antworten zu geben. Auch der Bund der Energieverbraucher e.V. weiss nicht auf alle Fragen eine Antwort. Und die den Verein beratenden und für ihn tätigen Anwälte vertreten mitunter sehr unterschiedliche Ansichten, wie hier hinreichend deutlich geworden sein sollte.

Im Unterschied zur katholischen Kirche vertritt aber bei uns jeder ohne Einschränkung seine eigene Meinung und steht dafür auch gerade.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: userD0003 am 14. Februar 2012, 17:42:27
Nach dieser Antwort (mit dem fragwürdigen Vergleich mit der katholischen Kirche   X( ) kann ich den Frust von \"marten\" sehr gut nachvollziehen.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: Didakt am 14. Februar 2012, 18:13:55
@ RR-E-ft

Sie schrieben in Ihrem Beitrag von heute, 13:09 Uhr, u.a.

Zitat
… insbesondere wenn das Gericht einen frühen ersten Termin mit Güteverhandlung verfügt
.

Meine Frage hierzu mit der Bitte um Beantwortung, obwohl sie nicht die vorliegende Thematik betrifft:
Wie ist es zu bewerten, wenn der Richter die gemäß § 278 ZPO vorgeschriebene Güteverhandlung nicht von Amts wegen vornimmt? Kann die Unterlassung zu verfahrensrechtlichen Konsequenzen führen? Ggf. zu welchen?
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: RR-E-ft am 14. Februar 2012, 18:42:18
energienetz hat recht. Die Änwälte, die sowohl den Verein als auch  betroffene Verbraucher beraten, beraten jeweils in eigener Verantwortung und müssen jeweils in eigener Verantwortung beraten. Soweit zwischen uns Kollegen tatsächlich unterschiedliche Auffassungen bestehen sollten, wovon ich noch nicht gänzlich überzeugt bin, dann kann der Verein deshalb kein \"Papstwort\" sprechen. Die Kollegen können nur versuchen, wenn sie etwaiger unterschiedlicher Auffassungen zu einzelnen Aspekten gewahr werden,  sich gegenseitig in kollegial- konstruktiven Diskussionen mit den treffenderen Argumenten zu überzeugen. Diskussionen finden auch regelmäßig statt. Es verbleibt jedoch dabei, dass die Anwälte vollkommen eigenverantwortlich beraten. Mit eben jener berechtigten Erwartung wenden sich betroffene Verbraucher schließlich auch an die Rechtsanwälte. Im Übrigen sind betroffene Verbraucher so mündig, sich selbst einen Überblick zu verschaffen, zumal hier im Forum die neueste Entwicklung anhand der höchtrichterlichen Rechtsprechung immer möglichst nachvollziehabr und allgemeinverständlich aufgezeigt wird.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: Kampfzwerg am 14. Februar 2012, 20:23:04
Ob dieser letzten beiden Erklärungen von @energienetz und @RR-E-ft und der damit implizierten Konsequenzen, bin ich , ehrlich gesagt und zumindest vorläufig, fassungs- und sprachlos.

[@RR-E-ft: Mein Modus ist entsprechend zur Zeit \"standby\" und das fröhliche Lachen blieb mir gerade im Halse stecken.]

Edit:
Da Sie gerade in Ihrem Beitrag alle Wortkombinationen, die \"eigenverantwortlich\" in sämtlich möglichen Varianten beeinhalten, extra noch einmal unterstrichen haben, schlage ich vor, zu dem Thema \"anwaltliche Haftung\" einen  eigenen Grundsatz- Thread zu eröffnen und alle möglichen Aspekte anwaltlicher Haftungsmöglichkeiten in diesem und möglichst ausführlichst ! aus allen Blickwinkeln zu beleuchten und zu erörtern!
Um den berechtigten Erwartungen (!) der Verbraucher auch möglichst hilfreich dienlich sein zu können!
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: marten am 14. Februar 2012, 20:43:37
@RR-E-ft
Es braucht auch kein Papstwort gesprochen werden.
Nur möchte ich gerne wissen wie der BdE zu wichtigen Fragen steht.

Der zweiseitige Text Probleme beim Preiskampf den ich von Herrn Peters bekomme, den er mir ohne sonstigen Kommentar dazu geschickt hat, unterstützt ja die Empfehlung von Frau Holling aufgrund der örtlichen Rechtslage meine Abschläge nicht weiter zu kürzen.
Ich glaube andere, die hier mitgelesen habe sind auch der Meinung.
Das soll er dann auch so sagen.

Was soll ich jetzt machen, als Verbraucher und Mitglied des BdE?

Der Empfehlung nicht folgen, zumal der BdE von Frau Holling auch beraten wird.

Soll ich die Anwaltsliste durchklicken, und hoffen einen Anwalt zu finden der mir eine andere Empfehlung gibt, wie die von Herrn Fricke oder noch eine 3 und 4 Meinung einholen.

Und dazu noch mal wieder neues Geld und noch mehr Nerven lassen.
Ich denke da verlangt man ein wenig viel, selbst von einem mündigen Verbraucher.

Warum bin ich denn dann Mitglied im Verein geworden, habe den Energieschutzbrief in Anspruch genommen, und zahle seit Jahren in den Prozesskostenfonds?

gruss

marten
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: userD0003 am 14. Februar 2012, 21:07:45
Zitat
Original von energienetz
Grundversorgung: Probleme beim Preisprotest
...Bei Preiskürzung und Zahlungsklagen von Versorgern sollte man in der Grundversorgung die \"örtliche\" Rechtslage berücksichtigen, um absehbares Unterliegen zu vermeiden. Denn Recht kriegt nicht, wer Recht hat, sondern recht hat, wer Recht kriegt. Das soll die Rechtsbeugung durch arbeitsscheue Richter keinesfalls legitimieren oder schönreden. ...
Meine konkrete Frage an den BdEV: Bleibt diese Aussage seitens des Vereins und einzelner kooperierender Anwälte so bestehen ?
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: RR-E-ft am 14. Februar 2012, 21:17:48
@marten

Man kann sich durchaus - wie geschehen- zB.  eine Zweitmeinung einholen, so wie man es vielleicht auch bei einem Arzt tun würde, wenn man sich vor einer schwierigen Situation stehend sehen würde.

Und dann sollte man ggf. einfach noch einmal in Ruhe und mit etwas Abstand überlegen, welche Erfahrungen man bisher über viele  Jahre hinweg mit seinem bisherigen eigenen Vorgehen gemacht hatte, ob das - auch  bisher schon bestehende - Risiko dadurch ansteigen kann, wenn man auch weiterhin so verfährt.

Bei Lichte betrachtet, erhöht sich dadurch, wenn man weiter wie bisher mit dem Kürzen fortfährt, wohl nur der maßgebliche Gegenstandswert und möglicherweise das daraus resultierende Prozesskostenrisiko (http://rvg.pentos.ag/) und sonst nichts.

Und wenn man später erfolgte Vorbehaltszahlungen innerhalb der kurzen Verjährungsfrist zurück klagen wollte, hätte man es mindestens mit dem selben Risiko zu tun.

Schließlich hat man die mehrfach zitierte Entscheidung BGH, B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10 (http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=&nr=57029&pos=0&anz=1) ebenso gelesen wie BGH, B. v. 18.05.11 Az. VIII ZR 71/10 (http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=&nr=56751&pos=0&anz=1) und vielleicht auch noch das rechtskräftige Strompreisurteil  OLG Stuttgart, Urt. v. 30.12.10 Az. 2 U 94/10 (http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&GerichtAuswahl=Oberlandesgerichte&Art=en&sid=&nr=14239&pos=0&anz=1) selbst gelesen, welches erfahrungsgemäß auch Amtsrichter zumindest in Bayern und Thüringen gut nachvollziehen können,  und ggf. mit jemanden besprochen, der es ebenso getan hat.

Die Mitgliedschaft im  Prozesskostenfond macht doch wohl Sinn hinsichtlich des bisherigen Vorgehens, bei dem man damit rechnen muss, dass der Versorger wegen der gekürzten Beträge doch noch  klagt.

Zahlt man hingegen zukünftig Abschläge und Rechnungsbeträge wie vom Versorger verlangt und muss deshalb für die Zukunft nicht mehr damit rechnen, dass man noch wegen offener Kürzungsbeträge  vom Versorger verklagt wird, darf man sich die Frage stellen, welchen Sinn der Prozesskostenfond für einen selbst noch hat, wenn man sich nicht zB. allein aus Solidaritätsgedanken für andere an diesem beteiligt. Der Solidaritätsgedanke ist ja auch kein schlechter.

Schlussendlich die Mitgliedschaft im Verein hat doch wohl eher nichts damit zu tun, ob man nun grundversorgter Kunde ist und sich als solcher gegen einseitige Preisfestsetzungen des Grundversorgers wehrt, oder ob man sich nur noch aufgrund von Sonderverträgen durch ständig wechselnde Lieferanten mit Strom und Gas beliefern lässt, auch wenn man einst etwa nur über den sog.  Preisprotest zum Verein gefunden haben mag.

Der vor nunmehr 25 Jahren [am 06.02.1987] gegründete Verein kümmert sich auf vielen Gebieten um die Belange der Energieverbraucher. Der von ihm seit Herbst 2004 unterstützte sog. Preisprotest ist nur ein Ausschnitt seiner vielfältigen Aktivitäten.

Zitat
Original von marten
Warum bin ich denn dann Mitglied im Verein geworden, habe den Energieschutzbrief in Anspruch genommen, und zahle seit Jahren in den Prozesskostenfonds?

Die Frage, was Sie dazu bewogen hat, können Sie wohl nur selbst beantworten.
Möglicherweise verfolgten Sie damit ganz bestimmte Ziele.
Was Sie vielleicht bewegen könnte, möglicherweise zukünftig diese Fragen anders zu beantworten, lässt sich immerhin erahnen.

Übrigends berate auch ich den Verein und nehme auch deshalb hier im Forum an dieser Diskussion teil.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: RR-E-ft am 15. Februar 2012, 09:28:17
Frau Kollegin Holling teilt mit, dass sie mit mir zur Billigkeitskontrolle auch von Strompreisen in der Grundversorgung  die gleiche Rechtsauffassung vertritt. Es gibt also diesbezüglich keine unterschiedlichen Auffassungen zwischen uns.

Es gebe jedoch regional Probleme, wo Gerichte bisher in einer Art Autismus mit dem bekannten Argument, welchem der BGH jedoch ersichtlich keine Relevanz beimisst (vgl. BGH, B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10 Rn. 6 f.), derzeit die Billigkeitskontrolle ablehnen, diese schlicht übergehen.

Dort gebe es Probleme mit dieser  derzeitigen örtlichen Rechtsprechungslage.

Davon betroffen seien in solchen Regionen nicht nur Verfahren mit einem Streitwert unter 600 EUR, wenn Gerichte weder das Verfahren aussetzen, noch die Berufung zulassen, sondern auch die bisherige Spruchpraxis mancher Berufungsgerichte, die ebenso weder aussetzen, noch der Unbilligkeitseinrede Relevanz beimessen, noch die Revision zulassen, wofür bisherige  Erfahrungen an den Landgerichten Münster und Hagen benannt wurden.

Obschon man dabei sei, diese Spruchpraxis zu kippen, müsse man diese jedoch aktuell gewärtigen und deshalb in solchen einzelnen Regionen derzeit mit einem Unterliegen rechnen, worauf auch ein Anwalt seine Beratung einzustellen habe.

Angesichts einer solchen derzeitigen regionalen Rechtsprechungslage können Empfehlungen dann eben so ausfallen, wie geschildert, um den betroffenen Verbraucher vor einem bisher absehbaren Unterliegen vor Gericht zu bewahren.
Denn Maßstab ist immer das Interesse des Mandanten.  Das wiederum ist nachvollziehbar.

Wer als betroffener Verbraucher um eine solche derzeitige regionale Rechtsprechungslage weiß, der sollte ein sich daraus ergebendes erhöhtes Risiko, derzeit bei Gericht zu unterliegen, in seine Erwägungen mit einstellen.

Wenn ihm dieses Risiko benannt wurde und er gleichwohl wie bisher weiterverfährt, kann er seinem Anwalt jedenfalls keinen Vorwurf daraus machen, wenn es - wie von diesem aus genannten Gründen derzeit so eingeschätzt - zu einem Unterliegen vor Gericht kommen sollte.

Es ist wohl nachvollziehbar, dass es zu großem Wehklagen sowie wohl auch Vorwürfen gegenüber Anwälten und auch dem Verein kommen würde, wenn  betroffene Verbraucher endgültig vor Gericht unterliegen, und dabei den Vorwurf erheben würden, ein solches Unterliegen habe doch nach der derzeitigen regionalen Rechtsprechungspraxis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten gestanden, worauf man ihn jedoch nicht hingewiesen habe.

Für mich ist ersichtlich geworden, dass die gesamte erhitzte Diskussion wohl auf einem Kommunikationsproblem beruht, das Problem mit der derzeitigen regionalen Rechtsprechungslage und sich daraus ergebende derzeitige Folgerungen hinreichend zu vermitteln. Eine solche regionale Rechtsprechungslage kann sich auch ändern und daran wird gearbeitet.

Ein Beitrag in der neuen Energiedepesche will genau auf diese Problematik der derzeitigen regionalen Rechtsprechungslage hinweisen.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: Didakt am 15. Februar 2012, 11:22:05
@ RR-E-ft

Sie schrieben in diesem Thread in Ihrem Beitrag von gestern, 13:09 Uhr, u.a.:

Zitat
… insbesondere wenn das Gericht einen frühen ersten Termin mit Güteverhandlung verfügt

Dazu hatte ich folgende Frage gestellt, auf die Sie leider nicht eingegangen sind:

Wie ist es zu bewerten, wenn der Richter die gemäß § 278 ZPO vorgeschriebene Güteverhandlung nicht von Amts wegen vornimmt? Kann die Unterlassung zu verfahrensrechtlichen Konsequenzen führen? Ggf. zu welchen?

Kann ich noch eine Antwort erwarten?
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: RR-E-ft am 15. Februar 2012, 11:30:48
@Didakt

Ein ZPO- Seminar ist hier nicht beabsichtigt.

Greger in: Zöller, ZPO- Komm., 26.Aufl., § 278 Rn. 23:
\"Verfahrensfehler können im Zusammenhang mit der Gütverh kaum gerügt werden. Dass ein Urteil auf ihrem gesetzwidrigen Unterbleiben beruht, wird schwerl feststellbar sein; zudem ist der Fehler nicht mehr korrigierbar. Parteianträge auf Durchführung oder Unterlassen sind unbeachtl (s Rn 22) und eröffnen keine Beschwerdemöglichkeit...\"

Sie erhalten diese Kommentierung und viele weitere im Buchhandel.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: Didakt am 15. Februar 2012, 11:44:51
@ RR-E-ft

Danke, auch für den Hinweis. Darauf bin ich in der Tat nicht gekommen, dass es dazu auch einschlägige Literatur gibt. :)
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: RR-E-ft am 15. Februar 2012, 13:27:28
Die Rechtslage ist überall in Deutschland die gleiche.

Einseitige Strompreisänderungen des Grundversorgers, soweit sie auf der wirksamen Einräumung eines Preisänderungsrechts gründen und deshalb dem Grunde nach zulässig sind, unterliegen der Billigkeitskontrolle gem. § 315 Abs. 3 BGB, jedenfalls soweit der einseitig geänderte Preis nicht dadurch als nachträglich vereinbart gelten kann, dass der betroffene Kunde der einseitigen Preisänderung oder der darauf beruhenden Verbrauchsabrechnung nicht in angemessener Frist widersprochen hatte (vgl. BGH B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10 Rn. 17).

Von dieser Rechtslage aufgrund der höchstrichterlichen Rechtsprechung  weichen jedoch in einigen Regionen  Gerichte in ihren Entscheidungen so nachhaltig ab, ohne auch nur Berufung oder Revision zuzulassen, so dass man wohl schon von einer örtlichen Rechtsprechungslage reden kann, wobei diese örtliche Rechtsprechungslage selbstverständlich nicht unveränderlich ist.

Die Regelungen der Zivilprozessordnung über die Zulassung von Rechtsmitteln §§ 511, 543 ZPO (Berufung/ Revision) sollen gerade verhindern, dass es in Bezug auf die Rechtslage zur regionalen Zersplitterung der Rechtsprechung kommt, insbesondere sich also örtliche Rechtsprechungslagen herausbilden, die von der Rechtslage aufgrund der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweichen.

Angestrebt wird eine bundeseinheitliche Rechtsprechung, fraglos eine solche, die der materiellen Rechtslage entspricht, wie sie der Gesetzgeber vorgibt.

Wo solche örtlichen Rechtsprechungslagen auftreten, die von der Rechtslage abweichen, gerät der Rechtsunterworfene leicht in ein Dilemma, wonach er sein Verhalten nun ausrichten soll:
nach der Rechtslage aufgrund der höchstrichterlichen Rechtsprechung oder aber nach der davon abweichenden derzeitigen örtlichen Rechtsprechungslage, die es eigentlich gar nicht geben sollte.

In ein solches Dilemma geraten auch Anwälte, die ihn dazu beraten sollen.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: bolli am 15. Februar 2012, 13:34:44
Zitat
Original von RR-E-ft
Dort gebe es Probleme mit dieser  derzeitigen örtlichen Rechtsprechungslage.

Davon betroffen seien in solchen Regionen nicht nur Verfahren mit einem Streitwert unter 600 EUR, wenn Gerichte weder das Verfahren aussetzen, noch die Berufung zulassen, sondern auch die bisherige Spruchpraxis mancher Berufungsgerichte, die ebenso weder aussetzen, noch der Unbilligkeitseinrede Relevanz beimessen, noch die Revision zulassen, wofür bisherige  Erfahrungen an den Landgerichten Münster und Hagen benannt wurden.
OFF TOPIC an
Ich sag\'s ja immer wieder, wir bewegen uns auf eine Bananenreüublik mit vielen kleinen \"Bananenkönigen\" zu (wenn wir nicht sogar schon dort angekommen sind) und dann wollen unsere \"höheren Herrschaften\" Europa und die Welt retten. Oh man.
OFF TOPIC aus
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: marten am 15. Februar 2012, 14:22:07
Zitat
Original von RR-E-ft
Frau Kollegin Holling teilt mit, dass sie mit mir zur Billigkeitskontrolle auch von Strompreisen in der Grundversorgung  die gleiche Rechtsauffassung vertritt. Es gibt also diesbezüglich keine unterschiedlichen Auffassungen zwischen uns.

Es gebe jedoch regional Probleme, wo Gerichte bisher in einer Art Autismus mit dem bekannten Argument, welchem der BGH jedoch ersichtlich keine Relevanz beimisst (vgl. BGH, B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10 Rn. 6 f.), derzeit die Billigkeitskontrolle ablehnen, diese schlicht übergehen.

Dort gebe es Probleme mit dieser  derzeitigen örtlichen Rechtsprechungslage.

Davon betroffen seien in solchen Regionen nicht nur Verfahren mit einem Streitwert unter 600 EUR, wenn Gerichte weder das Verfahren aussetzen, noch die Berufung zulassen, sondern auch die bisherige Spruchpraxis mancher Berufungsgerichte, die ebenso weder aussetzen, noch der Unbilligkeitseinrede Relevanz beimessen, noch die Revision zulassen, wofür bisherige  Erfahrungen an den Landgerichten Münster und Hagen benannt wurden.

Obschon man dabei sei, diese Spruchpraxis zu kippen, müsse man diese jedoch aktuell gewärtigen und deshalb in solchen einzelnen Regionen verstärkt mit einem Unterliegen rechnen, worauf auch ein Anwalt seine Beratung einzustellen habe.

Angesichts einer solchen derzeitigen regionalen Rechtsprechungslage können Empfehlungen dann eben so ausfallen, wie geschildert, um den betroffenen Verbraucher vor einem bisher absehbaren Unterliegen vor Gericht zu bewahren.
Denn Maßstab ist immer das Interesse des Mandanten.  Das wiederum ist nachvollziehbar.

Wer als betroffener Verbraucher um eine solche derzeitige regionale Rechtsprechungslage weiß, der sollte ein sich daraus ergebendes erhöhtes Risiko, derzeit bei Gericht zu unterliegen, in seine Erwägungen mit einstellen.

Wenn ihm dieses Risiko benannt wurde und er gleichwohl wie bisher weiterverfährt, kann er seinem Anwalt jedenfalls keinen Vorwurf daraus machen, wenn es - wie von diesem aus genannten Gründen derzeit so eingeschätzt - zu einem Unterliegen vor Gericht kommen sollte.

Es ist wohl nachvollziehbar, dass es zu großem Wehklagen sowie wohl auch Vorwürfen gegenüber Anwälten und auch dem Verein kommen würde, wenn  betroffene Verbraucher endgültig vor Gericht unterliegen, und dabei den Vorwurf erheben würden, ein solches Unterliegen habe doch nach der derzeitigen regionalen Rechtsprechungspraxis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten gestanden, worauf man ihn jedoch nicht hingewiesen habe.

Für mich ist ersichtlich geworden, dass die gesamte erhitzte Diskussion wohl auf einem Kommunikationsproblem beruht, das Problem mit der derzeitigen regionalen Rechtsprechungslage und sich daraus ergebende derzeitige Folgerungen hinreichend zu vermitteln. Eine solche regionale Rechtsprechungslage kann sich auch ändern und daran wird gearbeitet.

Ein Beitrag in der neuen Energiedepesche will genau auf diese Problematik der derzeitigen regionalen Rechtsprechungslage hinweisen.

@RR-E-ft
Das Kommunkationsproblem hätte erst gar nicht entstehen müssen.
Der Bde hätte eher für Klarheit sorgen können, die Chance hat er aber nicht genutzt.
Die Antworten die wir bekommen haben, waren wenig hilfreich.

So wie Sie das jetzt zusammengefasst haben, hätte es auch der BdE auch schon eher machen können.

gruss

marten
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: RR-E-ft am 15. Februar 2012, 14:37:40
@marten

Das Dilemma Ihrer Rechtsanwältin ist das Dilemma (http://de.wikipedia.org/wiki/Dilemma), in dem Sie selbst stecken, wenn die örtliche Rechtsprechung bei Ihnen derzeit anders entscheidet als der BGH und dabei derzeit entgegen §§ 511, 543 ZPO Rechtsmittel regelmäßig nicht zulässt.
Ich gehe davon aus, dass der Verein Ihnen genau dieses Dilemma vermitteln wollte, es aber vielleicht bisher nicht hinreichend kurz und prägnant vermitteln konnte, eben ein Kommunikationsproblem.
Nun beklagen Sie wohl, dass es alle nur gut mit Ihnen meinten, um Ihrem Anliegen und Ihrem Interesse bestmöglich Rechnung zu tragen.

Zitat
Original von marten
So wie Sie das jetzt zusammengefasst haben, hätte es auch der BdE auch schon eher machen können.

Diese Behauptung geht von verschiedensten Grundannahmen aus, die insbesondere fraglich erscheinen, wenn Ihnen etwa Ihre Rechtsanwältin ihr Dilemma schon nicht hinreichend  verständlich machen konnte.
Gerade bestehende Dilemmata lassen sich oft nicht eben leicht erklären.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: marten am 15. Februar 2012, 15:12:15
@RR-E-ft

Wenn ich heute die Empfehlung von meiner  Anwältin erhalten hätte, das ich meine Abschläge aufgrund der \"örtlichen Rechtsunlage\" besser nicht kürzen sollte, und der BdE dies auch so kommuniziert hätte, dann hätte es  deutlich weniger Verwirrung und Enttäuschung auch von meiner Seite gegeben.

So war ich natürlich, ob der unerwarteten Empfehlung vollkommen überrascht und natürlich auch enttäuscht, da hier auf den Internetseiten und im Forum nichts von dieser \"örtlichen Rechtslage\" kommuniziert wurde.
Da bleibe ich auch bei meiner Kritik an den BdE.

Im Gegenteil, ich habe ja Unverständnis erhalten, das ich den Empfehlungen meiner Anwältin folgen will ( bis auf die Zahlung unter Vorbehalt)

gruss

marten
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: RR-E-ft am 15. Februar 2012, 15:26:48
@marten

Gerade bestehende Dilemmata lassen sich oft nicht eben leicht erklären.

Die Zwickmühle, in der Sie sich derzeit befinden, besteht nur deshalb und nur so lange, wie die örtlichen Gerichte bei Ihnen derzeit regelwidrig verfahren, indem sie entgegen der Rechtslage aufgrund der höchstrichterlichen Rechtsprechung entscheiden und darüber hinaus derzeit regelmäßig kein Rechtsmittel zu lassen, welches nach der Zivilprozessordnung gerade dafür zuzulassen ist, um eine bundesweit uneinheitliche Rechtsprechung zu verhindern bzw. eine bundesweit einheitliche Rechtsprechung zu gewährleisten.  

Es ist davon auszugehen, dass ein solcher regelwidriger Zustand nicht von Dauer sein kann. Er besteht demnach wohl zeitlich befristet.

Wenn es nach der Rechtslage gemäß der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BGH (B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10) geht und auch diese bei ihrer örtlichen Rechtsprechung - Dorfrichter Adam - (wieder) zum Zuge kommt, dann würde sich wohl (nachträglich) erweisen, dass es wohl besser gewesen wäre, weiter wie bisher fortzufahren und zu kürzen.

Das macht doch gerade das Dilemma (http://de.wikipedia.org/wiki/Dilemma) aus!!!

Es lässt sich nicht unbedingt sagen, welcher der zwei möglichen Wege sich für Sie in der konkreten Situation schlussendlich als der bessere erweist!  

Sie haben gerade diesen, aller Voraussicht nach vorübergehenden Zustand bei der örtlichen Rechtsprechung, sollen sich jedoch jetzt entscheiden, wie Sie weiterverfahren, welchen Weg Sie wählen.

Das Problem, dass die für Sie örtlich zuständigen Gerichte derzeit anders entscheiden und regelmäßig keine Rechtsmittel zu lassen, wirkt sich nur dann aus, wenn Sie jetzt verklagt werden.

Wenn Sie jedoch gar nicht oder später verklagt werden, kann sich die Situation schon wieder ganz anders darstellen.

Sie wollen aber vorausschauend möglichst sicher fahren.

Sie könnten auch, hoffend darauf, dass sich die örtliche Rechtsprechung ändert oder gerade Ihren Fall als ersten wieder unter Beachtung der Rechtslage aufgrund der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BGH  entscheidet, dazu entschließen, genau so weiter fortzufahren wie bisher. Schließlich könnte Sie auch Ihre bisherige Erfahrung, dass Sie ja noch nie deshalb verklagt wurden, sich dafür entscheiden lassen.

Sie können jedoch auch, entsprechend der Empfehlung Ihrer Anwältin, bisher nur unter Vorbehalt zahlen und den Streit darüber quasi vertagen, nämlich bis zu einer  entsprechenden Rückforderungsklage, die Sie später einreichen müssten, um das Geld zurückzubekommen. Diese Vertagung geht nicht unbefristet, weil der Rückforderungsanspruch der kurzen Verjährungsfrist unterliegt.

Zahlen Sie jetzt aber die vom Versorger verlangten Beträge vollständig und ohne Rückforderungsvorbehalt, so können Sie sich schon jetzt auch die Erfolgsaussichten einer späteren Rückforderungsklage vergeigen!
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: berghaus am 15. Februar 2012, 19:03:58
Zitat
von RR-E-ft

Davon betroffen seien in solchen Regionen nicht nur Verfahren mit einem Streitwert unter 600 EUR, wenn Gerichte weder das Verfahren aussetzen, noch die Berufung zulassen, sondern auch die bisherige Spruchpraxis mancher Berufungsgerichte, die ebenso weder aussetzen, noch der Unbilligkeitseinrede Relevanz beimessen, noch die Revision zulassen, wofür bisherige Erfahrungen an den Landgerichten Münster und Hagen benannt wurden.

Sind die das Dilemma auslösenden Urteile in der Sammlung zu finden?
Oder kann jemand Hinweise geben, wo man sie findet?

berghaus 15.02.12
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: RR-E-ft am 15. Februar 2012, 19:29:20
Frau Kollegin Holling wird wohl ihr Dilemma auslösende  Urteile in ihrer Sammlung haben. Mir ist bisher nur ein Berufungsurteil des LG Münster bekannt geworden, bei dem die Revision zugelassen wurde (Vorinstanz zu BGH Az. VIII ZR 211/10).
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: Kampfzwerg am 15. Februar 2012, 19:57:31
Zitat
Original von RR-E-ft
Frau Kollegin Holling teilt mit, dass sie mit mir zur Billigkeitskontrolle auch von Strompreisen in der Grundversorgung  die gleiche Rechtsauffassung vertritt. Es gibt also diesbezüglich keine unterschiedlichen Auffassungen zwischen uns.

Es gebe jedoch regional Probleme, wo Gerichte bisher in einer Art Autismus mit dem bekannten Argument, welchem der BGH jedoch ersichtlich keine Relevanz beimisst (vgl. BGH, B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10 Rn. 6 f.), derzeit die Billigkeitskontrolle ablehnen, diese schlicht übergehen.

Dort gebe es Probleme mit dieser  derzeitigen örtlichen Rechtsprechungslage.
Wenn ich diese und nachfolgenden Erläuterungen richtig interpretiere, besteht unter Ihnen demnach zwar die gleiche Rechtsauffassung, aber eine anderslautendende Empfehlung an den Mandanten, und das aufgrund einer hiesigen (in NRW) und vermeintlich problematischen \"örtlichen \" Rechtsprechungslage, die erstens wahrscheinlich sowieso nur temporärer Natur ist und zweitens für @marten z. Zt. sowieso nicht zutrifft, da er noch gar nicht verklagt worden ist.
In diesem Fall stellen sich mir allerdings immer noch die selben Fragen wie ehedem: wieso RAin Holling dann ihre entsprechende Empfehlung abgab und wieso sie sich weigerte, die bisherige Praxis einfach weiter fortzuführen?
Ich erkenne nämlich immer noch keinen Sinn darin, die bisherige Praxis im Fall von @marten aufzugeben. Ebenso wenig wie Sie es tun.
Und ganz davon abgesehen, dass @ marten  \"vorausschauend möglichst sicher fahren\" will.

Zitat
Original von RR-E-ft
Dann könnte beim Leser ein falscher Eindruck darüber entstehen, wie es derzeit um solche Prozesse vor Gericht steht.Es handelt sich deshalb eher um ein Kommunikationsproblem.
Zutreffend ist:
Die Chanchen der betroffenen Kunden haben sich nicht verschlechtert, sondern verbessert.

Nach meiner Meinung handelt es sich deswegen im vorliegenden Fall auch ganz sicher nicht um ein Dilemma. Dieses setzt nämlich eine Ausweglosigkeit voraus, die ich beim besten Willen hier absolut nicht erkennen kann. Weder für die Anwältin, noch für den Mandanten!

Zitat
Frau Kollegin Holling wird wohl ihr Dilemma auslösende Urteile in ihrer Sammlung haben.
Das nützt einem Mandanten wenig, da er die Urteile demnach nicht nachlesen kann und erst gar keine eigene Interpretationsmöglichkeit hat. Er muss sich demnach zwangsweise voll und ganz auf die Aussage seiner Anwältin und deren Interpretation verlassen.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: RR-E-ft am 15. Februar 2012, 20:17:33
@Kampfzwerg

Was Ihre Interpretationsversuche erbringen sollen, ist nicht ersichtlich.

Der betroffene Verbraucher, der auf Sicherheit bedacht ist, und sich deshalb anwaltlich beraten lässt, möchte wissen, wie es weitergeht, wenn er nun verklagt wird. Diese Frage stellt er selbstverständlich ohne selbst zu wissen, ob und wann er verklagt wird. Er stellt diese Frage ja gerade, um danach sein zukünftiges Verhalten möglichst rechtssicher auszurichten, einen entsprechenden Weg zu wählen.  

Wenn es bestimmte Regionen gibt, in denen die örtlichen Gerichte die Billigkeitskontrolle derzeit nachhaltig mit dem bekannten Argument ablehnen und zudem keine Rechtsmittel zulassen, dann kann es dort für betroffene Verbraucher zu einem nachvollziehbaren Dilemma kommen.

Es lässt sich dann nicht unbedingt sagen, welcher der zwei möglichen Wege sich schlussendlich für den davon betroffenen Verbraucher in der konkreten Situation als die bessere Lösung erweist.


Zitat
Original von RR-E-ft
Es gebe jedoch regional Probleme, wo Gerichte bisher in einer Art Autismus mit dem bekannten Argument, welchem der BGH jedoch ersichtlich keine Relevanz beimisst (vgl. BGH, B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10 Rn. 6 f.), derzeit die Billigkeitskontrolle ablehnen, diese schlicht übergehen.

Dort gebe es Probleme mit dieser  derzeitigen örtlichen Rechtsprechungslage.

Davon betroffen seien in solchen Regionen nicht nur Verfahren mit einem Streitwert unter 600 EUR, wenn Gerichte weder das Verfahren aussetzen, noch die Berufung zulassen, sondern auch die bisherige Spruchpraxis mancher Berufungsgerichte, die ebenso weder aussetzen, noch der Unbilligkeitseinrede Relevanz beimessen, noch die Revision zulassen, wofür bisherige  Erfahrungen an den Landgerichten Münster und Hagen benannt wurden.

Obschon man dabei sei, diese Spruchpraxis zu kippen, müsse man diese jedoch aktuell gewärtigen und deshalb in solchen einzelnen Regionen derzeit mit einem Unterliegen rechnen, worauf auch ein Anwalt seine Beratung einzustellen habe.
Angesichts einer solchen derzeitigen regionalen Rechtsprechungslage können Empfehlungen dann eben so ausfallen, wie geschildert, um den betroffenen Verbraucher vor einem bisher absehbaren Unterliegen vor Gericht zu bewahren. Denn Maßstab ist immer das Interesse des Mandanten.  Das wiederum ist nachvollziehbar.

Wer als betroffener Verbraucher um eine solche derzeitige regionale Rechtsprechungslage weiß, der sollte ein sich daraus ergebendes erhöhtes Risiko, derzeit bei Gericht zu unterliegen, in seine Erwägungen mit einstellen.

Wenn ihm dieses Risiko benannt wurde und er gleichwohl wie bisher weiterverfährt, kann er seinem Anwalt jedenfalls keinen Vorwurf daraus machen, wenn es - wie von diesem aus genannten Gründen derzeit so eingeschätzt - zu einem Unterliegen vor Gericht kommen sollte.

Es ist wohl nachvollziehbar, dass es zu großem Wehklagen sowie wohl auch Vorwürfen gegenüber Anwälten und auch dem Verein kommen würde, wenn  betroffene Verbraucher endgültig vor Gericht unterliegen, und dabei den Vorwurf erheben würden, ein solches Unterliegen habe doch nach der derzeitigen regionalen Rechtsprechungspraxis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten gestanden, worauf man ihn jedoch nicht hingewiesen habe.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: Lothar Gutsche am 15. Februar 2012, 20:59:23
Zitat
Original von RR-E-ft
Frau Kollegin Holling teilt mit, dass sie mit mir zur Billigkeitskontrolle auch von Strompreisen in der Grundversorgung die gleiche Rechtsauffassung vertritt. Es gibt also diesbezüglich keine unterschiedlichen Auffassungen zwischen uns.

Es gebe jedoch regional Probleme, wo Gerichte bisher in einer Art Autismus mit dem bekannten Argument, welchem der BGH jedoch ersichtlich keine Relevanz beimisst (vgl. BGH, B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10 Rn. 6 f.), derzeit die Billigkeitskontrolle ablehnen, diese schlicht übergehen.

Dort gebe es Probleme mit dieser derzeitigen örtlichen Rechtsprechungslage.

Zitat
Original von RR-E-ft
Davon betroffen seien in solchen Regionen nicht nur Verfahren mit einem Streitwert unter 600 EUR, wenn Gerichte weder das Verfahren aussetzen, noch die Berufung zulassen, sondern auch die bisherige Spruchpraxis mancher Berufungsgerichte, die ebenso weder aussetzen, noch der Unbilligkeitseinrede Relevanz beimessen, noch die Revision zulassen, wofür bisherige Erfahrungen an den Landgerichten Münster und Hagen benannt wurden.

Zitat
Original von RR-E-ft
Wenn es bestimmte Regionen gibt, in denen die örtlichen Gerichte die Billigkeitskontrolle derzeit nachhaltig mit dem bekannten Argument ablehnen und zudem keine Rechtsmittel zulassen, dann kann es dort für betroffene Verbraucher zu einem nachvollziehbaren Dilemma kommen.

Wenn nach Auffassung zweier im Energierecht spezialisierter Rechtsanwälte, RR-E-ft und Frau Holling, die Rechts- und Gesetzeslage so eindeutig ist, dann müsste doch das Mittel der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 544 ZPO (http://dejure.org/gesetze/ZPO/544.html) ergriffen werden. Denn  eine \"regionale Rechtsprechungslage\", die weder mit dem Gesetz (§ 315 BGB) noch mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung vereinbar ist, widerspricht dem gesetzlichen Ziel einer einheitlichen Rechtsprechung. Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist nach § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO (http://dejure.org/gesetze/ZPO/543.html) die Revision zuzulassen. So verstehe ich als juristischer Laie die Zivilprozessordnung.

Falls die Juristen, die den BdEV beraten, auf die Rechtsstaatlichkeit Deutschlands vertrauen, dann hätte die Empfehlung an den Protestkunden \"marten\" eindeutig ausfallen müssen - weiter die Rechnungen und Abschläge kürzen.

Mit freundlichen Grüßen
Lothar Gutsche
Email: Lothar.Gutsche@arcor.de
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: RR-E-ft am 15. Februar 2012, 21:08:49
Zitat
Original von Lothar Gutsche

Wenn nach Auffassung zweier im Energierecht spezialisierter Rechtsanwälte, RR-E-ft und Frau Holling, die Rechts- und Gesetzeslage so eindeutig ist, dann müsste doch das Mittel der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 544 ZPO (http://dejure.org/gesetze/ZPO/544.html) ergriffen werden. Denn  eine \"regionale Rechtsprechungslage\", die weder mit dem Gesetz (§ 315 BGB) noch mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung vereinbar ist, widerspricht dem gesetzlichen Ziel einer einheitlichen Rechtsprechung. Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist nach § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO (http://dejure.org/gesetze/ZPO/543.html) die Revision zuzulassen. So verstehe ich als juristischer Laie die Zivilprozessordnung.

Falls die Juristen, die den BdEV beraten, auf die Rechtsstaatlichkeit Deutschlands vertrauen, dann hätte die Empfehlung an den Protestkunden \"marten\" eindeutig ausfallen müssen - weiter die Rechnungen und Abschläge kürzen.


@Lothar Gutsche

Recht flotte Sprüche. Danke dafür.

Die Regelungen, die eine bundesweit einheitliche Rechtsprechung gewährleisten sollen, sind bekannt und werden auch von uns so verstanden.


Zitat
Original von RR-E-ft

Mit Rücksicht darauf hatten Obergerichte die Unbilligkeitseinrede gegen einseitig geänderter Strompreise auch dann weiter berücksichtigt, wenn der betroffene Kunde entweder seinen Lieferanten oder aber beim bisherigen Versorger in einen günstigeren Tarif leicht wechseln konnte (OLG Stuttgart, Urt. v. 30.12.10 Az. 2 U 94/10, juris).

Diese materielle Rechtslage, wie sie sich nach der jüngsten Rechtsprechung des BGH ziemlich eindeutig ergibt, muss dem erkennenden Gericht jedenfalls eindringlich vor Augen geführt werden.

Das schließt das allgemeine Prozessrisiko nicht aus, dass ein Gericht von der insoweit eindeutigen höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht.

Wenn ein Gericht jedoch von einer eindeutigen höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht, so hat es - soweit aufgrund des Streitwertes nicht ohnehin zulässig - auf Antrag jedenfalls die Berufung bzw. Revision zuzulassen, weshalb ein entsprechender Hilfsantrag auf Zulassung der Berufung oder Revision vom betroffenen Kunden im Verfahren immer angebracht werden sollte, um dem betroffenen Kunden jedenfalls noch eine Überprüfung in der nächsten Instanz zu ermöglichen.

Vielleicht ist aber zB. nicht allen bekannt, dass die Nichtzulassungsbeschwerde derzeit eine Beschwer von über 20.000 EUR voraussetzt, § 26 Nr. 8 EGZPO.

Da scheinen wohl irgendwo in NRW ganz unglaublich schlimme Verhältnisse zu herrschen, als wenn sich in einzelnen Regionen wohl alle Richter gegen die betroffenen - auch grundversorgte-  Strom- und Gaskunden verschworen hätten, worüber man sich nur entsetzen kann.

Und wenn eine Rechtsanwältin in einer bestimmten Region aus eigener Erfahrung in einem bestimmten Punkt derzeit nicht mehr auf Rechtstaatlichkeit vertraut, dann darf sie wohl betroffenen Verbrauchern nur noch empfehlen, wegzuziehen, wenn nicht gar gleich ins Ausland, wo rechtsstaatliche Grundsätze nicht nur auf dem Papier stehen....

Wohl niemand sollte sich in eine solch verzwickte Beratungssituation hineinwünschen. Und jeder sollte sich selbst fragen, wie er in dieser konkreten Situation eigenverantwortlich beraten würde.

Ich bin froh, selbst noch nicht auf so ein Dilemma gestoßen zu sein.
Bei einem Gaspreisverfahren aus dem Amtsgerichtsbezirk Kleve vor dem Landgericht Düsseldorf, möchte das Gericht wegen der Unbilligkeitseinrede eines nach Auffassung des Gerichts grundversorgten Kunden ohne Aussetzung  in eine Billigkeitskontrolle eintreten, ein Gaspreisverfahren aus dem Paderborner Raum vor dem Landgericht Dortmund hat die Kammer für Handelssachen nach Unbilligkeitseinrede gem. § 148 ZPO bis zur Entscheidung über die EuGH- Vorlagen (BGH Az. VIII ZR 71/10 und VIII ZR 211/10)  ausgesetzt. Glücklicherweise bin ich dabei bisher noch nicht an einen solchen Verschwörer geraten.

Billigkeitskontrolle vor NRW- Gerichten in 2011:

AG Rheine, Urt. v. 23.12.11 Az. 10 C 263/10 (SW Emsdetten) (http://forum.energienetz.de/thread.php?threadid=16696) - Berufung mögich

LG Mönchengladbach, Urt. v. 15.09.11 Az. 6 O 61/11 (Niederrheinwerke Viersen) (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=88693#post88693) - Berufung möglich

LG Wuppertal, Urt. v. 28.06.11 Az. 5 O 22/11 (http://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/wuppertal/lg_wuppertal/j2011/5_O_22_11urteil20110628.html) - Berufung möglich

LG Duisburg, Urt. v. 21.04.11 Az. 5 S 76/06 - Darlegungslast bei Gaspreiserhöhung (http://forum.energienetz.de/thread.php?threadid=15838) - Revision nicht zugelassen

OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.04.11 Az. VI-2 U (Kart) 13/08 (http://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/duesseldorf/j2011/VI_2_U__Kart__13_08urteil20110413.html) - Revision zugelassen

OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.04.11 Az. VI-2 U (Kart) 3/09 (http://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/duesseldorf/j2011/VI_2_U__Kart__3_09urteil20110413.html) - Revision zugelassen

LG Dortmund, Urt. v. 13.04.11 Az. 8 O 521/08 (Stadtwerke  Werl) (http://forum.energienetz.de/thread.php?threadid=15990) - Berufung möglich
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: Kampfzwerg am 16. Februar 2012, 15:28:59
...und NRW ist eine Insel.  

Zitat
Original von RR-E-ft
@Kampfzwerg

Was Ihre Interpretationsversuche erbringen sollen, ist nicht ersichtlich.

Wirklich nicht? Nur eine Zusammenfassung von einem Nichtjuristen für andere Nichtjuristen!   :)

 
Zitat
Original von RR-E-ft
Der betroffene Verbraucher, der auf Sicherheit bedacht ist, und sich deshalb anwaltlich beraten lässt, möchte wissen, wie es weitergeht, wenn er nun verklagt wird. Diese Frage stellt er selbstverständlich ohne selbst zu wissen, ob und wann er verklagt wird. Er stellt diese Frage ja gerade, um danach sein zukünftiges Verhalten möglichst rechtssicher auszurichten, einen entsprechenden Weg zu wählen.  

Natürlich. Aber dass Sie diese Replik direkt an meine Adresse gerichtet haben, grenzt ja in zweifacher Hinsicht schon fast an eine Beleidigung  :D  

Kleine Auswahl gefällig? Nicht? Na denn man los:   ;)

Zitat
Originale von Kampfzwerg

Selbstverständlich berät ein Anwalt ergebnisoffen und sollte seinem Mandanten Risiken und Chancen entsprechend aufzeigen, um diesem eine sachgerechte Entscheidung überhaupt erst zu ermöglichen.

...,sind die durch den BdEV empfohlenen Anwälte doch geradezu in der Pflicht, den Gerichten durch ihre Prozessführung und sachgerechte Informationen eine sachgerechte Entscheidung zu ermöglichen!
 
Schlimmstenfalls würden nämlich ungerechtfertigte Empfehlungen mancher Anwälte/Anwältinnen sehr direkt und schädigend [] auf die Protestaktionen der Verbraucher einwirken.

Meine Anwältin vertritt nämlich nicht diese Meinung, und wird ebenfalls vom BdEV empfohlen. [Anm.: Ich wohne übrigens ebenfalls in NRW]!

[Anm. ehemals @marten]
Sollten Sie tatsächlich vielleicht irgendwann einmal verklagt werden, haben sich heute geltende Meinungen und Einschätzungen vielleicht wirklich geändert. Einzelmeinungen hin oder her. Und dann? Wären Sie (schlimmstenfalls) genau so weit wie heute.
Fakt ist ebenfalls, dass man ggf. eine anwaltliche Zweitmeinung einholen kann, wenn man starke (und berechtigte) Zweifel an der Beratung durch die eigene Anwältin bzw. an deren Empfehlungen hat.
FAKT ist weiterhin - ganz sicher - , dass es jederzeit möglich ist, die Anwältin zu wechseln! ! !
Fakt ist aber ebenfalls, dass man von der Rechtmässigkeit und Richtigkeit seiner eigenen Position auch selbst überzeugt sein muss, denn sonst kann man es gleich lassen und aufgeben.
Sollte man seinen Überzeugungen treu bleiben, und sich nicht einschüchtern lassen, ist es FAKT, dass man seinen ggf. zu erwartenden Prozess durchaus gewinnen kann!
Fakt ist schlussendlich, dass man für seine Überzeugungen verdammt noch einmal auch irgendwann einmal geradestehen muss!
Und jeder muss letztendlich selbst entscheiden, was ihm das wirklich wert ist.





Zitat
Original von RR-E-ft
Obschon man dabei sei, diese Spruchpraxis zu kippen, müsse man diese jedoch aktuell gewärtigen und deshalb in solchen einzelnen Regionen derzeit mit einem Unterliegen rechnen, worauf auch ein Anwalt seine Beratung einzustellen habe.
Angesichts einer solchen derzeitigen regionalen Rechtsprechungslage können Empfehlungen dann eben so ausfallen, wie geschildert, um den betroffenen Verbraucher vor einem bisher absehbaren Unterliegen vor Gericht zu bewahren. Denn Maßstab ist immer das Interesse des Mandanten. Das wiederum ist nachvollziehbar.

Wer als betroffener Verbraucher um eine solche derzeitige regionale Rechtsprechungslage weiß, der sollte ein sich daraus ergebendes erhöhtes Risiko, derzeit bei Gericht zu unterliegen, in seine Erwägungen mit einstellen.

Wenn ihm dieses Risiko benannt wurde und er gleichwohl wie bisher weiterverfährt, kann er seinem Anwalt jedenfalls keinen Vorwurf daraus machen, wenn es - wie von diesem aus genannten Gründen derzeit so eingeschätzt - zu einem Unterliegen vor Gericht kommen sollte.

Es ist wohl nachvollziehbar, dass es zu großem Wehklagen sowie wohl auch Vorwürfen gegenüber Anwälten und auch dem Verein kommen würde, wenn betroffene Verbraucher endgültig vor Gericht unterliegen, und dabei den Vorwurf erheben würden, ein solches Unterliegen habe doch nach der derzeitigen regionalen Rechtsprechungspraxis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten gestanden, worauf man ihn jedoch nicht hingewiesen habe.

Wenn es bestimmte Regionen gibt, in denen die örtlichen Gerichte die Billigkeitskontrolle derzeit nachhaltig mit dem bekannten Argument ablehnen und zudem keine Rechtsmittel zulassen, dann kann es dort für betroffene Verbraucher zu einem nachvollziehbaren Dilemma kommen.

Zunächst erkenne ich an, dass  ersichtlich eine Verlinkung/Veröffentlichung dieser Urteile erbracht worden ist  ;)

7 Urteile: Und 1x ist eine Revision nicht zugelassen worden.
Finde ich persönlich im Hinblick auf eine \"örtliche\" Rechtslage nicht wirklich überzeugend. Und \"man sei\" doch schon dabei, \"diese Spruchpraxis zu kippen.\"
Außerdem geht es hier nicht nur darum, den Mandanten über Chancen und Risiken zu informieren, Hinweise und Empfehlungen auszusprechen.
Es geht auch darum, dass die Anwältin mit ihrer Weigerung, die Berechnung wie ehedem weiterzuführen, dem Mandanten eine eigene Entscheidung schlichtweg abgenommen hat!

Maßstab ist immer das Interesse des Mandanten?!
.
.
.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: RR-E-ft am 16. Februar 2012, 16:24:02
Bei den zitierten Urteilen aus 2011 wurde einmal die Revision nicht zugelassen.
Man/ frau sollte all diese Urteile zunächst gelesen haben.
In jener Entscheidung, bei der die Revision nicht (noch einmal) zugelassen wurde, erfolgte eine Billigkeitskontrolle,
die zu Lasten des klagenden Versorgers ausging (SW Dinslaken), was die Klageabweisung zur Folge hatte.

Aus all den verlinkten Urteilen ergibt sich eine entsprechende Rechtsprechungslage, wonach Rechtsmittel zu Lasten der betroffenen Verbraucher trotz entsprechender Beantragung regelmäßig nicht zugelassen werden, nicht.
In eine andere Richtung weisende Entscheidungen  sind mir bisher selbst nicht bekannt geworden, insbesondere auch nicht bei von mir selbst in NRW geführten Verfahren.

Dies schließt nicht aus, dass Kollegen vor Ort andere Erfahrungen gemacht haben und deshalb ggf. in einem Dilemma stecken.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: Kampfzwerg am 16. Februar 2012, 17:00:29
Zitat
Original von RR-E-ft
Aus all den verlinkten Urteilen ergibt sich eine entsprechende Rechtsprechungslage, wonach Rechtsmittel zu Lasten der betroffenen Verbraucher trotz entsprechender Beantragung regelmäßig nicht zugelassen werden, nicht.
In eine andere Richtung weisende Entscheidungen  sind mir bisher selbst nicht bekannt geworden, insbesondere auch nicht bei von mir selbst in NRW geführten Verfahren.

...Chapeau!  ;)
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: berghaus am 16. Februar 2012, 18:15:17
Frau RA Holling macht Angst:

 hier (http://www.energieverbraucher.de/de/site/Preisprotest/News__1700/NewsDetail__12016/) den Sonderkunden (09/11): „Doch inzwischen hat die Versorgungswirtschaft „argumentativ aufgerüstet\".

und nun auch den Tarifkunden mit der “örtlichen Rechtslage“.

Wenn aber die (noch nicht gefundene) „örtliche Rechtslage“ so gefährlich für marten ist, dass er nicht mehr kürzen sollte, stellt sich meine Frage  (in meinem nach Aussage von RR-E-ft komisch anmutenden Beitrag) weiter oben immer noch:

 Geht Frau Holling nicht auch ein Haftungsrisiko ein, wenn sie Ihrem Mandanten nicht gleichzeitig rät, alle bisher auf Grund ihrer vorhergehenden Beratung von marten einbehaltenen (und noch nicht verjährten) Forderungen ganz schnell an den Versorger zu leisten?

Oder kann er sich das selber denken?

berghaus 16.02.12
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: Didakt am 16. Februar 2012, 18:48:46
Das Dilemma aus anderer Betrachtungsweise bezogen auf die Spruchpraxis in der Provinz:

Zitat
Original von bolli
Ich sag\'s ja immer wieder, wir bewegen uns auf eine Bananenreüublik mit vielen kleinen \"Bananenkönigen\" zu (wenn wir nicht sogar schon dort angekommen sind) und dann wollen unsere \"höheren Herrschaften\" Europa und die Welt retten. Oh man.

Das gegenwärtige Verhalten der Gesellschaft und ihrer Institutionen zeugt unabweisbar von fortgeschrittener Dekadenz.
Die sogenannte „Dritte Gewalt“, die Rechtsprechung, ist davon nicht ausgenommen. Auch in der Gerichtsbarkeit ist der Sittenverfall deutlich erkennbar. Wer glaubt, das bzw. jedes „Gericht kenne das Recht“ und wende es auch in seinen „Urteilen im Namen des Volkes“ uneingeschränkt rechtmäßig an – wie man uns glauben machen will – der unterliegt einem Irrtum. Aber es verbietet sich ja, der „Rechtsbeugung“ das Wort zu reden. Besonders zu leiden haben unter dieser Verkehrtheit die kleinen Krauter, die bei Gericht auch allein schon deshalb unterliegen, weil sie sich einen versierten Fachanwalt des Energierechts nicht leisten können oder solche in der tiefsten Provinz nicht zu finden sind, und sie obendrein noch auf „Dorfrichter“ in eben dieser tiefsten Provinz treffen, die nicht auf dem aktuellen Stand der höchst speziellen, ständig fortgeschriebenen höchstrichterlichen Rechtsprechung des hier in Rede stehenden Energierechts sind und vielfach wegen vorliegender Überforderung auch nicht sein können. Dabei muss man sich vergegenwärtigen, welch Wust an Arbeit von einem Amtsrichter zu bewältigen ist, der als alleiniger Richter in seinem Haus residiert. Und ob man will oder nicht, diesem Herrscher aller Reußen als für den eigenen Wohnort zuständigen Richter kann man nicht entkommen, das erste Mal sowieso nicht und in durchaus möglichen weiteren Fällen nur schwerlich bis gar nicht.

Wozu führt dieser Sachstand? Zu Abwicklungen im Schnellverfahren unter Ausnutzung der eigenen Machtstellung des verliehenen Amtes. Die Akten müssen vom Tisch. Auf der Terminsliste sind zehn und mehr Verhandlungen an einem Tag anberaumt. Im Abstand von vier bis fünf Minuten kurzes Diktat in die Flüstertüte für einen Dreizeiler ins Protokoll. Nach einer Stunde, spätestens nach anderthalb Stunden ist Mittagspause. Und die Prozessbevollmächtigten der Parteien hauen nicht etwa mächtig mit der Faust auf den Tisch. Die werden teilweise abgekanzelt ob des Inhalts Ihrer abgelieferten Schriftsätze. Gegen geringes Salär ist sehr gute, fundierte Leistung wohl auch nicht möglich bzw. zu verlangen.
Die Klägerparteien wissen um diese Umstände. Zahlungsansprüche werden, soweit wie nur möglich, gestückelt, um auf Streitwerte unter 600 € zu kommen.
Und wie sehen die Urteile aus? Umfang maximal 3 Seiten zweizeilig geschrieben, Verzicht auf die Darlegung des Tatbestands (§ 313a ZPO), Entscheidungsgründe höchst fragwürdig und in aller Kürze, Nichtzulassung von Rechtsmitteln trotz Beantragung ist der Regelfall.

So, und das alles habe ich mir aus den Fingern gesogen? Nee, ein Ergebnis meiner Recherche in 2010 aus vier Zahlungsklagen des gleichen Versorgers gegen Verbraucher bei zwei Amtsgerichten meiner Region einschl. der Klage gegen mich. In drei Verfahren unterlagen die Verbraucher als Beklagte, ein Verbraucher obsiegte, weil dessen Anwalt mit seiner dezidierten Sachkenntnis den Richter vorführte. An den Verhandlungen habe ich teilgenommen und die späteren Urteile auch eingesehen.

Das ist die Realität in der tiefsten Provinz!

Abschließend noch ein Wort zur Urteilssammlung des BDEV. Darin spiegelt sich ein unrealistisches Verhältnis zwischen gewonnenen und verlorenen Verfahren wider. Es liegt in der Natur der Sache, dass sich viele nicht als Verlierer von Klagen präsentieren möchten, weil sie eine leider auch hier im Forum schon vorgekommene Stigmatisierung vermeiden möchten.
Es ist zudem auch anzunehmen, dass die obsiegenden Parteien vielfach einen Pyrrhussieg erzielten, weil das Kosten-/Nutzenverhältnis unverhältnismäßig ausfiel. Eine Beispielrechnung stelle ich gern auf. Die Ergebnisse der Prozesskostenrechner im Web können allenfalls an Anhalt dienen. Die realen Kosten fallen immer höher aus.

edit 17.02.12: Eine ursprünglich an dieser Stelle geäußerte Vermutung von mir wurde wegen eines akzeptierten Einwands von RR-E-ft hierzu zurückgenommen.

Zu würdigen ist der weiter oben stehende Beitrag von Herrn Dr. Gutsche. Er hat mit vielen seiner Darlegungen hier im Forum über äußerst fragwürdige Entscheidungen – ich sage „Machenschaften“ – der Gerichte unverzichtbare Aufklärung ausgeübt.

Mich hat man neulich hier im Forum einen „Querulanten“ genannt, weil ich die chaotischen Zustände bei einem Versorger herausgestellt und beim Namen genannt habe.
Es fehlt noch, dass auch marten , Kampfzwerg, berghaus u . a. nach einigen weiteren Unmutsäußerungen entsprechend kategorisiert werden: Dann ist das Maß voll.

Sollten Diffamierungen zur Praxis werden, melde ich mich „ungehorsamst“ und mit den allerbesten Empfehlungen für die weitere Zeit aus diesem Forum ab.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: tangocharly am 16. Februar 2012, 20:24:54
Mal ne bescheidene Frage :

Sind wir in diesem thread in der Abteilung \"Kummerkasten\" gelandet ?

Was hat diese Auseinandersetzung (für die ich allerdings Verständnis habe !) mit dem Thema \"Billigkeit von Strompreisen\" zu schaffen ?
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: Kampfzwerg am 16. Februar 2012, 20:54:09
Tangocharly hat natürlich recht ;-)
Obwohl ich das Wort \"Kummerkasten\" im hiesigen Kontext doch als stark verharmlosend empfinde ;-))


Vorschlag:
@Evitel2004

vielleicht könntest Du alle Beiträge ab
marten 07.02.2012 14:42
abhängen und als neu einzurichtendem Thread in \"Grundsatzfragen\" einfügen?
Titelvorschlag: \"örtliche\" Dilemmata und anwaltliche Empfehlungen\".
Möglichst mit einem Ausrufezeichen!
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: RR-E-ft am 16. Februar 2012, 21:45:03
@tangocharly

Ich trage Eulen nach Athen:

Die Lage ist bei der leitungsgebundenen Stromversorgung nicht anders als bei der leitungsgebundenen Gasversorgung, auch der verständliche Kummer wegen etwaiger Dilemmata.

@Didakt

Sie zitieren mich bitte nicht aus dem Zusammenhang gerissen. Wo wohl eine Art Verschwörung bestehen muss, hatte ich ausgeführt.

Zitat
Original von RR-E-ft
Da scheinen wohl irgendwo in NRW ganz unglaublich schlimme Verhältnisse zu herrschen, als wenn sich in einzelnen Regionen wohl alle Richter gegen die betroffenen - auch grundversorgte- Strom- und Gaskunden verschworen hätten, worüber man sich nur entsetzen kann.

Warum ich etwa annehmen sollte, Herr Dr. Gutsche sei nun auch noch oder schon unter die verschworenen  Richter in NRW gegangen, vermag ich nicht nachzuvollziehen.  

Zur Sache:

Sie berichten von bewusst zerhackstückelten Zahlungsklagen der Versorger mit Streitwerten unter 600 €, bei denen die Entscheidungen gem. § 313a ZPO (http://www.gesetze-im-internet.de/zpo/__313a.html) keinen Tatbestand und nur knappe  Entscheidungsgründe enthielten.

Ob der Versorger einen Betrag über oder unter 600 € einklagt, hat das Gericht selbst nicht in der Hand. Ist gegen eine Entscheidung offensichtlich kein Rechtsmittel gegeben, kommt § 313a ZPO zum Zuge. Diese Norm ist im Grundsatz nicht böswillig, sondern sorgt dafür, dass der Richter den  Entscheidungen, welche die Parteien stärker beschweren, eine stärkere Aufmerksamkeit widmen kann.  

Offen bleibt in diesem Bericht, ob es sich dabei um solche Fälle gehandelt hatte, bei denen betroffene Verbraucher den einseitigen Preisänderungen widersprochen, nur die Erhöhungsbeträge gekürzt hatten, den Vortrag des Versorgers zur Kosten- und Erlösentwicklung vollinhaltlich bestritten hatten, und ob dabei eine Billigkeitskontrolle mit dem Argument abgelehnt wurde, dass dem betroffenen Kunden ein Anbieterwechsel möglich sei und dabei zudem ein mit höchstrichterlicher Rechtsprechung substantiierter Antrag auf Zulassung von Berufung bzw. Revision zu Lasten des bestroffenen Kunden abgewiesen wurde oder ob es sich womöglich dabei um ganz andere Fallgestaltungen handelte.

****

Wer die Zulassung von Berufung/ Revision anstrebt, der muss anhand der höchtsrichterlichen oder zumindest obergerichtlichen Rechtsprechung dezidiert aufzeigen, warum die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung vorliegen (zu solchen Gründen siehe OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.04.11 Az. VI-2 U (Kart) 13/08 Billigkeitskontrolle Gas (http://forum.energienetz.de/thread.php?threadid=16841)).

Insbesondere beim Streit um Strompreiserhöhungen sollte deshalb ein Hinweis auf das rechtskräftige Strompreisurteil OLG Stuttgart, Urt. v. 30.12.10 Az. 2 U 94/10 (http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&GerichtAuswahl=OLG+Stuttgart&Art=en&sid=&nr=14239&pos=0&anz=1) und dessen Inhalt erfolgen.

In 2010 konnte für die Zulassung der Berufung/ Revision jedenfalls noch nicht auf die Entscheidungen BGH B. v. 09.02.11 Az. VIII ZR 162/09, B. v. 18.05.11 Az. VIII ZR 71/10, B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10; OLG Stuttgart, Urt. v. 30.12.10 Az. 2 U 94/10; OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.04.11 Az. VI- 2 U (Kart) 13/08 und deren Inhalt verwiesen werden, da diese noch nicht vorlagen.

Nun ist aber 2012 und wir sind um gewichtige Argumente reicher.

****

Das Problem der bewussten Zerhackstückelung von Zahlungsklagen der Versorger wurde bereits seit 2005 immer wieder thematisiert.

Insbesondere wenn Preisänderungen widersprochen worden war und der betroffene Kunde daraufhin bereits weit höhere Beträge gekürzt hatte, die vom Versorger bei seiner Zahlungsklage bewusst zerhackstückelt wurden, bestand und besteht die Möglichkeit, den Gegenstandswert und die Beschwer durch Widerklagen sowohl auf Festellung der Unwirksamkeit bisher widersprochener Preisänderungen als auch auf Feststellung des Nichtbestehens weiterer Zahlungsansprüche wegen erfolgter Zahlungskürzungen, derer sich der Versorger berühmt, zu erhöhen.

Mit solchen Widerklagen kommt man oft leicht über die 600 €, weil bereits der Gegenstandswert der Feststellung einer einzelnen Preisänderung dem 3,5- fachen Jahresrechnungsbetrag aus der Differenz zwischen einseitig erhöhtem Preis und zuvor geltendem Preis entspricht.

Umfasst die Feststellungswiderklage die Unwirksamkeit aller Preisänderungen, denen der betroffene Verbraucher widersprochen hatte, so überstigt der Gegenstandswert allein dieser Widerklage zumeist den Gegenstandswert einer Zahlungsklage des Versorgers wegen aller bisher dementsprechend gekürzten Beträge deutlich. Bei einem betroffenen Kunden mit einem Jahresverbrauch von 20.000 kWh, der allen einseitigen Preisänderungen seit 2004 widersprochen hatte, kam man bereits 2008 für eine solche Widerklage auf einen Gegenstandswert iHv. ca. 4.000 €.  

Dem mit einer Zahlungsklage angegriffenen betroffenen Kunden stand und steht also regelmäßig ein eigener Gegenangriff in Form einer Widerklage offen. Nur die Möglichkeit der Feststellung der Unwirksamkeit der einzelnen Preisänderungen besteht wohl dann nicht mehr, nachdem das betroffene Vertragsverhältnis bereits beendet wurde. Die Möglichkeit der Feststellung, dass Zahlungsansprüche des Versorgers, derer dieser sich berühmt, besteht, so lange wie der Versorger sich solcher Ansprüche berühmt und diese insbesondere noch nicht selbst mit Zahlungsklage geltend gemacht hat.

Erhöhung des Gegenstandswertes durch Widerklage am Beispiel OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.04.11 Az. VI- 2 U (Kart) 13/08 (http://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/duesseldorf/j2011/VI_2_U__Kart__13_08urteil20110413.html)

Zitat
Die Klägerin hat beantragt,


           den Beklagten zu verurteilen, an sie 398,10 € nebst Zinsen in Höhe
           von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz von 339,22 € seit dem
           15. Juli 2006 und von 56,88 € seit dem 20.06.2007 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

           die Klage abzuweisen,

und im Wege der Widerklage

1.    

festzustellen, dass die von der Klägerin in dem zwischen den Parteien bestehenden Gaslieferungsvertrag zum 24. Mai 2002, 1. Januar 2003, 13. Juni 2003, 4. November 2003, 25. Mai 2004, 1. Januar 2005, 21. Mai 2005, 1. Januar 2006 und 1. Januar 2007 jeweils vorgenommene Preisbestimmung der Gastarife unbillig und unwirksam ist,

2.    

festzustellen, dass die von Seiten der Klägerin ermittelten Teilbeträge (Abschlagszahlung) anlässlich der Jahresabrechnung der Klägerin vom 30. Juni 2006 in Höhe von jeweils 355,- € unbillig und unwirksam sind,

3.    

festzustellen, dass die Jahresendabrechnungen der Klägerin vom 24. Juni 2003, 2. Juni 2004, 2. Juni 2005 und 30. Juni 2006 bezogen auf den Erdgasverbrauch in den Zeiträumen 24. Mai 2002 bis 23. Mai 2006 unbillig und unwirksam sind,

4.    

festzustellen, dass die von Seiten der Klägerin in dem zwischen den Parteien bestehenden Gaslieferungsvertrag zum 24. Mai 2006, 1. August 2006 und 1. Januar 2007 vorgenommenen Preisbestimmungen unbillig und unwirksam sind,

5.    

festzustellen, dass die von Seiten der Klägerin ermittelten Teilbeträge (Abschlagszahlungen) anlässlich der Abrechnung vom 5. Juni 2007 in Höhe von jeweils 307 € unbillig und unwirksam sind,

6.    

festzustellen, dass die Endabrechnung der Klägerin vom 5. Juni 2007 bezogen auf den Erdgasverbrauch vom 24. Mai 2006 bis 31. Mai 2007 unbillig und unwirksam ist.

.......

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert für den Rechtsstreit wird wie folgt festgesetzt:

1. Klage: 398,10 €

2. für die Widerklage zu 1. und 4. : 3000 €

3. für die Widerklageanträge zu 3. und 6.: 2000 €

4. für die Widerklageanträge zu 2. und 5.: 200 €

Dort wurde der Gegenstandswert des Klageverfahrens für die Zahlungsklage von 398,10 € durch Widerklage um 5.200 € auf 5.598,10 € erheblich nach oben gehebelt.

Ob die zugelassene Revision eingelegt wurde, ist mir nicht bekannt.

Ersichtlich wird, dass insbesondere \"Aktivisten der ersten Stunde\" die Möglichkeit haben, die Gegenstandswerte deutlich nach oben zu hebeln. Selbstverständlich steigt bei Widerklagen durch den erhöhten Gegenstandswert das Prozesskostenrisiko.

****

Der Witz ist doch wohl aber, dass die Versorger zumeist nach Rechnungskürzungen bisher gar nicht geklagt haben, zwar anwaltliche Mahnschreiben schickten, danach allenfalls Mahnbescheide beantragten, um die Verjährung zu hemmen, diese Hemmung jedoch oft wieder enden ließen.

Gemessen an der Zahl der Preiswidersprüche und Rechnungskürzungen blieb indes die Klagewelle der Versorger aus, wohl nicht ohne Grund.

Wer zählt denn eigentlich die Beträge zusammen, welche den betroffenen Verbrauchern auch in der tiefsten Provinz so über viele Jahre hinweg erspart blieben?

In den Fällen, in denen Versorger klagen, enden solche Verfahren oft durch Klagerücknahme oder mit einem Vergleichsabschluss, um einen langjährigen und kostenträchtigen Gang des Verfahrens durch mehrere Instanzen zu erübrigen.
 
Wenn betroffene Kunden, die verklagt wurden, einen Vergleich abschließen, dann nur deshalb, weil dieser für sie günstig ist, günstiger als die vom Versorger ursprünglich geforderten Beträge vollständig zu zahlen.
   
****

Die Entscheidungssammlung des Vereins mag vielleicht nicht repäsentativ sein.

Ohne diese Entscheidungssammlung konnten betroffene Verbraucher und deren Anwälte entsprechende Entscheidungen noch schwerer oder gar nicht erlangen.

Schließlich ist die umfangreiche Entscheidungssammlung des BDEW auch nicht jedem zugänglich. Die Versorger bringen verständlicherweise auch vornehmlich nur solche Entscheiungen in ihren Fachorganen zur Veröffentlichung, die ihnen genehm sind.

Schlussendlich kommt es auch nicht darauf an, ob die Zahl der Verfahren überwiegt, in denen die betroffenen Kunden unterlegen waren und die vielleicht nur deshalb rechtskräftig wurden, weil kein zulässiges Rechtsmittel eingelegt wurde.

Recht bekommt nämlich nicht, wer das größere Paket mit kopierten Gerichtsentscheidungen vorlegt, sondern es geht um die Bewertung des ganz konkreten Falls mit fundierten Argumenten.  

Auch die Entscheidungen OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.04.11 Az. VI- 2 U (Kart) 13/08 und Az. VI - 2 U (Kart) 3/09 sind leider bis heute nicht in die Entscheidungssammlung des Vereins gelangt.

Sie wurden jedoch in das Forum http://forum.energienetz.de/board.php?boardid=40 eingestellt.

****

Warum die gerichtlichen Kosten der Gerichtsverfahren regelmäßig deutlich über den tatsächlichen Kosten liegen sollen, die sich nach dem Prozesskostenrechner (http://rvg.pentos.ag/) anhand des jeweiligen Gegenstandswertes ergeben, ist nicht ersichtlich.
Es können noch Reisekosten und Abwesenheitsgelder der Anwälte für die Terminswahrnehmung hinzutreten.
Vom Gegner für das Verfahren erstattungsfähig sind jedenfalls jeweils nur diese notwendigen Kosten der Rechtsverfolgung/ Rechtsverteidigung.

Zudem wurde insbesondere für betroffene Verbraucher, die sich am Preisprotest beteiligen wollen,  jedoch über keine Rechtsschutzversicherung verfügen, die Möglichkeit geschaffen, sich am Prozesskostenfond des Vereins zu beteiligen.    

@berghaus

Der Artikel über gestiegenes Risiko der Sondervertragskunden (http://www.energieverbraucher.de/de/site/Preisprotest/News__1700/NewsDetail__12016/) betrifft m. E. Fälle, wo Sondervertragskunden nie Preisänderungen widersprochen hatten, später aus ungerechtfertigter Bereicherung auf Rückfzahlung klagten und dabei den bei Vertragsabschluss ursprünglich vereinbarten Preis zu Grunde legten, zB. einen 1980 vereinbarten Gaspreis.

Zu dieser konkreten Konstellation ist absehbar, dass die Rechtsprechung des BGH wohl eine Einschränkung des Rückforderungsanspruchs bringen wird.

BGH VIII ZR 113/11 Verkündungstermin 14.03.12 Rückforderung Sondervertrag ohne Widerspruch (http://forum.energienetz.de/thread.php?threadid=16488)

Ferner gab es bekanntlich noch folgende Entwicklung in der BGH- Rechtsprechung zu Sonderverträgen:

Seit den Entscheidungen BGH, Urt. v. 15.07.09 Az. VIII ZR 225/07 und Az. VIII ZR 56/08 hatte der Senat zunächst merfach obiter dicta herausgestellt, dass in Sonderverträgen ein Preisänderungsrecht wie bei grundversorgten Tarifkunden bestehen könne, wenn § 4 AVBV bzw. § 5 GVV unverändert als AGB- Klausel in den Vertrag einbezogen wurden, so dass auch dann die gleichen von ihm aufgestellten Regeln wie bei grundversorgten Tarifkunden gelten sollen: Billigkeitskontrolle der Preisänderung gem. § 315 BGB und Neuvereinbarungsfiktion, wenn es keinen Widerspruch in angemessener Frist gab (vgl. schon BGH, Urt. v. 13.06.07 VIII ZR 36/06).

An die Stelle dieser obiter dicta traten  dann die BGH- Entscheidungen vom 14.07.10, u.a. Urt. Az. VIII ZR 246/08, wonach die Sondervertragskunden den grundversorgten Tarifkunden gleichgestellt sein sollen, wenn die Bestimmungen der AVBV/ GVV unverändert wirksam als AGB einbezogen wurden. Zugleich wurde darin herausgestellt, dass eine stillschweigende Preisneuvereinbarung jedoch dann nicht in Betracht komme, wenn in den Sondervertrag eine Preisänderungsklausel nicht wirksam einbezogen wurde oder aber eine wirksam  einbezogene Preisänderungsklausel unwirksam ist (BGH, aaO., Rn 57 - 59).

Wer Energiedepsche Sonderheft Nr. 1 vom April 2006 gelesen hatte, der wird womöglich die dort genannten Grundsätze zur Billigkeitskontrolle in der nachfolgenden Senatsrechtsprechung z.T. wiedergefunden haben (Billigkeitskontrolle auch bei Sondervertragskunden bei Preisänderungen, die auf § 4 AVBV beruhen).  

Schließlich wurde die Gleichstellung Sondervertragskunden und grundversorgte Tarifkunden durch die EuGH- Vorlage BGH, B. v. 09.02.11 Az. VIII ZR 162/09 in Frage gestellt, da zunächst vorrangig zu klären ist, ob solche Klauseln überhaupt europrechtmäßig und wirksam sind.

Hiernach  wurde durch die EuGH- Vorlagen BGH, B. v. 18.05.11 Az. VIII ZR 71/10 und v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10 konsequent auch für grundversorgte Tarifkunden die vorrangig zu entscheidende Rechtsfrage aufgeworfen, ob die gesetzlichen Regelungen, denen der Senat die wirksame Einräumung eines Preisänderungsrechts entnimmt, überhaupt europarechtmäßig und wirksam sind.

An dem Punkt stehen wir derzeit.

Es gab also durchaus eine Entwicklung in der Senatsrechstprechung seit 2005.

Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass nicht alle Anwälte, die betroffene Verbraucher in diesem Zusammenhang vertreten, diese Entwicklung  immer aktuell verfolgt und nachvollzogen haben.

Auch in der tiefen Provinz gibt es zumeist einen Zugang zum Internet.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: RR-E-ft am 17. Februar 2012, 01:51:01
Zitat
Original von marten
Die Frage stellt sich: Wie lange müssen wir noch kämpfen?Ich bin jetzt schon etwa 7 Jahre dabei und ein Ende ist nicht Sicht.Langsam müssen ich und meine Familie auch mal rechtliche Klarheit haben, auch in finanzieller Hinsicht.

Nachzahlen für die vergangenen Jahre werde ich nicht, ausser ein Gericht entscheidet dieses.

Es ist wohlwahr ein großer Kampf, die Rechnungsbeträge entsprechend zu kürzen, die Kürzungsbeträge über die Zeit zusammenzuhalten.
Und die Ungewissheit kann an den Nerven zehren, zumal wenn man schon viele Jahre dabei ist.

Das muss gar nicht sein.

Klarheit kann zwar nur eine gerichtliche Entscheidung erbringen.
Aber man muss nicht abwarten, ob, wann und wie  sich der Versorger denn nun mal zu einer Klageerhebung bequemt.

Wenn man unbedingt rechtliche Klarheit möchte wegen der Zahlungsansprüche, derer der Versorger sich berühmt und die auf entsprechenden Rechnungskürzungen beruhen, und einem die Ungewissheit darüber unzumutbar erscheint, hat man immer die Möglichkeit, eine negative Feststellungsklage zu erheben, um feststellen zu lassen, dass solche Ansprüche gar nicht bestehen.

Hatte man schon einen gerichtlichen Mahnbescheid zugestellt bekommen und diesem widersprochen und betreibt der Antragsteller das Verfahren nicht weiter, kann man als Antragsgegner selbst gem. § 697 Abs. 3 ZPO (http://www.sadaba.de/GSBT_ZPO_0688_0703.html) Terminsbestimmung beantragen, damit man in mündlicher Verhandlung sodann Klageabweisung beantragen kann. Zuvor sollte man sich vorsorglich auf Verjährung der Ansprüche berufen.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: Didakt am 17. Februar 2012, 10:44:47
@ RR-E-ft

Zitat
Original von Ihnen bezüglich meines Beitrag von gestern, 18:48 Uhr:
Sie zitieren mich bitte nicht aus dem Zusammenhang gerissen. Wo wohl eine Art Verschwörung bestehen muss, hatte ich ausgeführt.

Ich akzeptiere Ihren Einwand. Bitte entschuldigen Sie meine diesbezügliche Auslegung. Der Bezug war nicht deutlich erkennbar. Ich habe den Text an genannter Stelle bereits storniert.

PS. Ach sowas: Den von Ihnen ergänzten Text in Sachen \"Erhebung Widerklage\" habe ich erst jetzt gelesen. Danke, weil wie immer sehr hilfreich.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: RR-E-ft am 17. Februar 2012, 11:15:37
Zitat
Original von Didakt

So, und das alles habe ich mir aus den Fingern gesogen? Nee, ein Ergebnis meiner Recherche in 2010 aus vier Zahlungsklagen des gleichen Versorgers gegen Verbraucher bei zwei Amtsgerichten meiner Region einschl. der Klage gegen mich. In drei Verfahren unterlagen die Verbraucher als Beklagte, ein Verbraucher obsiegte, weil dessen Anwalt mit seiner dezidierten Sachkenntnis den Richter vorführte. An den Verhandlungen habe ich teilgenommen und die späteren Urteile auch eingesehen.


Zitat
Original von RR-E-ft
@Didakt

Sie berichten von bewusst zerhackstückelten Zahlungsklagen der Versorger mit Streitwerten unter 600 €, bei denen die Entscheidungen gem. § 313a ZPO (http://www.gesetze-im-internet.de/zpo/__313a.html) keinen Tatbestand und nur knappe  Entscheidungsgründe enthielten.

Ob der Versorger einen Betrag über oder unter 600 € einklagt, hat das Gericht selbst nicht in der Hand. Ist gegen eine Entscheidung offensichtlich kein Rechtsmittel gegeben, kommt § 313a ZPO zum Zuge. Diese Norm ist im Grundsatz nicht böswillig, sondern sorgt dafür, dass der Richter den  Entscheidungen, welche die Parteien stärker beschweren, eine stärkere Aufmerksamkeit widmen kann.  

Offen bleibt in diesem Bericht, ob es sich dabei um solche Fälle gehandelt hatte, bei denen betroffene Verbraucher den einseitigen Preisänderungen widersprochen, nur die Erhöhungsbeträge gekürzt hatten, den Vortrag des Versorgers zur Kosten- und Erlösentwicklung vollinhaltlich bestritten hatten, und ob dabei eine Billigkeitskontrolle mit dem Argument abgelehnt wurde, dass dem betroffenen Kunden ein Anbieterwechsel möglich sei und dabei zudem ein mit höchstrichterlicher Rechtsprechung substantiierter Antrag auf Zulassung von Berufung bzw. Revision zu Lasten des bestroffenen Kunden abgewiesen wurde oder ob es sich womöglich dabei um ganz andere Fallgestaltungen handelte.

Das war als Nachfrage gemeint.

Fraglich erscheint zudem,
- ob ihre Recherche in 2010 repräsentativ sein konnte und
- ob sich das Ergebnis derselben noch auf die aktuelle Situation übertragen lässt, nachdem sich die Zulassung von Rechtsmitteln nunmehr auch mit Rücksicht auf BGH, B. v. 18.05.11 Az. VIII ZR 71/10 und B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10 jedenfalls vertiefter begründen lässt.


Zitat
aus: OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.04.11 Az. VI- 2 U (Kart) 13/08

Die Revision war zuzulassen, weil der Sache rechtsgrundsätzliche Bedeutung i. S. des § 543 Abs. 2 ZPO zukommt.

Eine gesicherte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Europarechtskonformität von § 4 Abs. 1 AVBGasV bzw. § 5 GasGVV besteht noch nicht.

Auch die Frage, ob die von dem Gasversorger vorgenommenen und angegriffenen Preiserhöhungen durch einen entsprechenden Anstieg der Bezugskosten im jeweiligen Gaswirtschaftsjahr gedeckt sein müssen oder für die Billigkeitsprüfung der gesamte Zeitraum, in dem die angegriffenen Erhöhungen stattgefunden haben, maßgeblich ist bzw. jede Preiserhöhung für sich durch entsprechende Bezugskostensteigerungen gerechtfertigt sein muss, hat der Bundesgerichtshof bislang noch nicht ausdrücklich entschieden. Zudem weicht der Senat mit der Annahme, es sei auf das Gaswirtschaftsjahr abzustellen, von der Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichte ab (vgl. OLG Celle, Urteil v. 19.08. 2010 13 U 82/07; OLG München, Urteile v. 01. 10 2009 - U (K) 3772/08 und v. 28. 01.2010 - U (K) 4211/09; OLG Koblenz, Urteil vom 12. April 2010 - 12 U 18/08].

Wollte ein Gericht etwa  bei einer Strompreisklage die Erheblichkeit der Einwendung der nicht wirksamen Einräumung eines Preisänderungsrechts oder der Unbilligkeitseinrede verneinen und dabei u.a. von der Entscheidungen des BGH vom 18.05.11 Az. 71/10 und B. v.  29.06.11 Az. VIII ZR 211/10 sowie der Rechtsprechung des OLG Stuttgart, Urt. v. 30.12.10 Az. 2 U 94/10 abweichen, so hätte es auf entsprechenden substantiierten Antrag nach den Vorschriften der ZPO Berufung oder Revision jedenfalls  zuzulassen.

Die Nichtzulassung könnte dabei gegen das Willkürverbot verstoßen, was zunächst mit Gehörsrüge gem. § 321a ZPO und bei Nichtabhilfe derselben sodann mit Verfassungsbeschwerde geltend zu machen wäre.
Eine Verfassungsbeschwerde ohne vorherige Gehörsrüge wäre unzulässig.

Wer letztgenannte Rechtsschutzmöglichkeiten nicht ausschöpft, sollte deshalb auch nicht auf den gesamten Rechtsstaat schimpfen.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: RR-E-ft am 17. Februar 2012, 12:33:13
Wenn es die zu einem Dilemma führenden örtlichen Rechtsprechungslagen geben sollte, dann muss wohl jemand das Entstehen solcher zugelassen haben, indem er bestehende weitere Rechtsschutzmöglichkeiten nicht ausgeschöpft hat.
Er müsste sie zudem in zukünftig zur Entscheidung stehenden Fällen weiter zulassen.

Jammern allein hilft nicht, man muss ggf. auch mit den zu Gebote stehenden Mitteln, die der Rechtsstaat einem Betroffenen zur Verfügung stellt,  kämpfen und seine Sache durchfechten.
Vor als solchem erkannten Unrecht bereits vorsorglich die Waffen zu strecken, erscheint zumindest unritterlich.

Außer Frage steht, dass nicht zu erwarten steht, dass jeder Betroffene ein geübter Ritter ist oder eine solche Rolle ausfüllen kann und mag.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: Didakt am 17. Februar 2012, 13:21:28
@ RR-E-ft

Zunächst wollte ich die Zeit aufwenden und Ihnen auf Ihre Nachfrage doch noch weiter Rede und Antwort stehen. Das lasse ich nun dahin gestellt sein, nachdem Sie Ihren Textbeitrag hierzu zwischenzeitlich erweitert haben.
Von Ihnen habe ich in der Tat erwartet, dass Sie mich bei dieser Diskussion der Anwendung von Totschlagargumenten bezichtigen. In diese Ecke lasse ich mich von Ihnen nicht drängen. Sie haben Pech, es gelingt Ihnen nicht, mich hier vorführen zu wollen. Diese Taktik nehme ich Ihnen aber übel. Sie ist unseriös.

Zitat
von Ihnen:
Die Nichtzulassung könnte dabei gegen das Willkürverbot verstoßen, was zunächst mit Gehörsrüge gem. § 321a ZPO und bei Nichtabhilfe derselben sodann mit Verfassungsbeschwerde geltend zu machen wäre.
Eine Verfassungsbeschwerde ohne vorherige Gehörsrüge wäre unzulässig. Wer letztgenannte Rechtsschutzmöglichkeiten nicht ausschöpft, sollte deshalb auch nicht auf den gesamten Rechtsstaat schimpfen.

Auch darauf habe ich gewartet. Ich muss mir das nicht vorhalten lassen. Es ist in meinem Fall geschehen. Und stellen Sie sich vor, Sie kennen sogar das niederschmetternde Ergebnis des Beschlusses hierzu, der dem erkennenden Richter nicht gut zu Gesicht stand.

Und nun auch noch auf die ach so erfolgversprechende Möglichkeit der Verfassungsbeschwerde abzuheben, halte ich für absoluten Hohn. Es soll vorkommen, dass das BVG sogar Strafen für solche nichtsnutzigen Vorlagen verhängt.

Ich stelle fest, mein Beitrag passt nicht in Ihr Gefüge. Ich lösche ihn deshalb zwar nicht. Ihnen sei es aber vergönnt, dies vornehmen zu lassen.

Trotzdem begrüße ich, wenn Sie so weitermachen wie bisher. ;)
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: RR-E-ft am 17. Februar 2012, 13:22:11
Zur Unterstützung \"seiner Bodentruppen in umkämpften Gebieten\" sollte der Verein vielleicht bei einem renommierten Verfassungsrechtler, zum Beispiel bei einem, der jetzt als zukünftiger Bundespräsident gehandelt wird, kurzfristig ein Rechtsgutachten in Auftrag geben zu der Frage, ob die Verweigerung eines beantragten Rechtsmittels (Berufung/ Revision) in der konkreten Fallkonstellation gegen das Willkürverbot verstößt.

Bestätigt ein solches Rechtsgutachten einen Verstoß gegen das Willkürverbot, sollte es veröffentlicht werden und kann sodann von allen Betroffenen sowohl für die Beantragung der Zulassung eines Rechtsmittels (Berufung/ Revision) als auch im Rahmen einer Gehörsrüge als auch im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde leicht Verwendung finden.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: RR-E-ft am 17. Februar 2012, 13:25:12
Zitat
Original von Didakt
@ RR-E-ft

Zunächst wollte ich die Zeit aufwenden und Ihnen auf Ihre Nachfrage doch noch weiter Rede und Antwort stehen. Das lasse ich nun dahin gestellt sein, nachdem Sie Ihren Textbeitrag hierzu zwischenzeitlich erweitert haben.
Von Ihnen habe ich in der Tat erwartet, dass Sie mich bei dieser Diskussion der Anwendung von Totschlagargumenten bezichtigen. In diese Ecke lasse ich mich von Ihnen nicht drängen. Sie haben Pech, es gelingt Ihnen nicht, mich hier vorführen zu wollen. Diese Taktik nehme ich Ihnen aber übel. Sie ist unseriös.

Zitat
von Ihnen:
Die Nichtzulassung könnte dabei gegen das Willkürverbot verstoßen, was zunächst mit Gehörsrüge gem. § 321a ZPO und bei Nichtabhilfe derselben sodann mit Verfassungsbeschwerde geltend zu machen wäre.
Eine Verfassungsbeschwerde ohne vorherige Gehörsrüge wäre unzulässig. Wer letztgenannte Rechtsschutzmöglichkeiten nicht ausschöpft, sollte deshalb auch nicht auf den gesamten Rechtsstaat schimpfen.

Auch darauf habe ich gewartet. Ich muss mir das nicht vorhalten lassen. Es ist in meinem Fall geschehen. Und stellen Sie sich vor, Sie kennen sogar das niederschmetternde Ergebnis des Beschlusses hierzu, der dem erkennenden Richter nicht gut zu Gesicht stand.

Und nun auch noch auf die ach so erfolgversprechende Möglichkeit der Verfassungsbeschwerde abzuheben, halte ich für absoluten Hohn. Es soll vorkommen, dass das BVG sogar Strafen für solche nichtsnutzigen Vorlagen verhängt.

Ich stelle fest, mein Beitrag passt nicht in Ihr Gefüge. Ich lösche ihn deshalb zwar nicht. Ihnen sei es aber vergönnt, dies vornehmen zu lassen.

Trotzdem begrüße ich, wenn Sie so weitermachen wie bisher. ;)

@Didakt

Sie haben wohl etwas deutlich missverstanden.
Wer hat Ihnen denn etwas vorgehalten?!
Das war doch keine an Sie persönlich gerichtete Ansage!

Auch kenne ich weder Ihren Fall noch die anderen Fälle, von denen Sie aufgrund eigener Erfahrung aus 2010 berichtet haben.
Sonst hätte ich schon nicht nachgefragt!

Schließlich habe ich Sie nicht der Verwendung von Totschlagargumenten bezichtigt, auch wenn Sie dies von mir - aus welchen Gründen auch immer - erwartet haben möchten.
Ich hoffe sehr, Sie finden schnell wieder raus aus ihrer Ecke, sonst nehme ich Ihnen noch etwas übel.

Das Folgende war doch wohl eindeutig auf die jetzige, aktuelle Situation in 2012 gemünzt:


Zitat
Original von RR-E-ft

Fraglich erscheint zudem,
- ob sich das Ergebnis derselben noch auf die aktuelle Situation übertragen lässt, nachdem sich die Zulassung von Rechtsmitteln nunmehr auch mit Rücksicht auf BGH, B. v. 18.05.11 Az. VIII ZR 71/10 und B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10 jedenfalls vertiefter begründen lässt.


Zitat
aus: OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.04.11 Az. VI- 2 U (Kart) 13/08

Die Revision war zuzulassen, weil der Sache rechtsgrundsätzliche Bedeutung i. S. des § 543 Abs. 2 ZPO zukommt.

Eine gesicherte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Europarechtskonformität von § 4 Abs. 1 AVBGasV bzw. § 5 GasGVV besteht noch nicht.

Auch die Frage, ob die von dem Gasversorger vorgenommenen und angegriffenen Preiserhöhungen durch einen entsprechenden Anstieg der Bezugskosten im jeweiligen Gaswirtschaftsjahr gedeckt sein müssen oder für die Billigkeitsprüfung der gesamte Zeitraum, in dem die angegriffenen Erhöhungen stattgefunden haben, maßgeblich ist bzw. jede Preiserhöhung für sich durch entsprechende Bezugskostensteigerungen gerechtfertigt sein muss, hat der Bundesgerichtshof bislang noch nicht ausdrücklich entschieden. Zudem weicht der Senat mit der Annahme, es sei auf das Gaswirtschaftsjahr abzustellen, von der Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichte ab (vgl. OLG Celle, Urteil v. 19.08. 2010 13 U 82/07; OLG München, Urteile v. 01. 10 2009 - U (K) 3772/08 und v. 28. 01.2010 - U (K) 4211/09; OLG Koblenz, Urteil vom 12. April 2010 - 12 U 18/08].

Wollte ein Gericht etwa  bei einer Strompreisklage die Erheblichkeit der Einwendung der nicht wirksamen Einräumung eines Preisänderungsrechts oder der Unbilligkeitseinrede verneinen und dabei u.a. von der Entscheidungen des BGH vom 18.05.11 Az. 71/10 und B. v.  29.06.11 Az. VIII ZR 211/10 sowie der Rechtsprechung des OLG Stuttgart, Urt. v. 30.12.10 Az. 2 U 94/10 abweichen, so hätte es auf entsprechenden substantiierten Antrag nach den Vorschriften der ZPO Berufung oder Revision jedenfalls  zuzulassen.

Die Nichtzulassung könnte dabei gegen das Willkürverbot verstoßen, was zunächst mit Gehörsrüge gem. § 321a ZPO und bei Nichtabhilfe derselben sodann mit Verfassungsbeschwerde geltend zu machen wäre.
Eine Verfassungsbeschwerde ohne vorherige Gehörsrüge wäre unzulässig.

Wer letztgenannte Rechtsschutzmöglichkeiten nicht ausschöpft, sollte deshalb auch nicht auf den gesamten Rechtsstaat schimpfen.

Wenn man so will, geht es um die zwischenzeitlich eingetretene argumentative Aufrüstung betroffener Verbraucher.


Zitat
Original von RR-E-ft
Ob meine veröffentlichten Darlegungen nun jederzeit und für jeden nachvollziehbar sind, vermag ich naturgemäß nicht zu beurteilen. Ich trage mich diesbezüglich jedoch mit einer gewissen Hoffnung.  ;)
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: marten am 17. Februar 2012, 13:57:16
Zitat
Original von RR-E-ft
Zur Unterstützung \"seiner Bodentruppen in umkämpften Gebieten\" sollte der Verein vielleicht bei einem renommierten Verfassungsrechtler, zum Beispiel bei einem, der jetzt als zukünftiger Bundespräsident gehandelt wird, kurzfristig bein Rechtsgutachten in Auftrag geben zu der Frage, ob die Verweigerung eines beantragten Rechtsmittels (Berufung/ Revision) in der konkreten Fallkonstellation gegen das Willkürverbotr verstößt.

Bestätigt ein solches Rechtsgutachten einen Verstoß gegen das Willkürverbot, sollte es veröffentlicht werden und kann sodann von allen Betroffenen sowohl für die Beantragung der Zulassung eines Rechtsmittels als auch im Rahmen einer Gehörsrüge als auch im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde Verwendung finden.

Das ist sicher ein guter Vorschlag, denn das von einem einzelnen Protestler
( Bodentruppe )zu erwarten ist zuviel verlangt. Mit einer starken Gemeinschaft kann man sicherlich wesentlich mehr Erfolg haben, als dieses als Einzelkämpfer zu erreichen wäre.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: RR-E-ft am 17. Februar 2012, 14:40:33
Nochmals zum Verständnis:

Wenn ein Gericht aus eigener Rechtsüberzeugung von bestehender höchstrichterlicher oder obergerichtlicher Rechtsprechung abweicht, ist dies nicht automatisch Rechtsbeugung oder Willkür, wie einige vielleicht meinen.

In vorliegender Sache besteht nunmehr jedenfalls mit BGH, B. v. 18.05.11 Az. VIII ZR 71/10 und B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10 sowie OLG Stuttgart, Urt. v. 30.12.10 Az. 2 U 94/10 einschlägige höchst- und obergerichtliche Rechtsprechung,
der ein anderes Gericht entweder folgen oder aber von dieser abweichen kann.

Ein Verstoß gegen das Willkürverbot kann jedoch dann vorliegen, wenn ein Gericht davon abweicht und sodann die deshalb - gerade wegen dieser Abweichung -  beantragte Zulassung eines Rechtmittels (Berufung/ Revision) ablehnt.

Wird ein Rechtsmittel zugelassen, ist es Sache des Betroffenen, dieses Rechtsmittel auch auszuschöpfen, wenn er zu einer anderen Entscheidung in seiner Sache gelangen möchte.

Das sind die Spielregeln der ZPO, an die man sich im Rahmen einer gerichtlichen Auseinandersetzung zu halten hat, quasi unsere Gefechtsordnung.
Diese Regeln müssen eingehalten werden, damit das Verfahren der Rechtsfindung fair vonstatten gehen kann.

Das Unterliegen in einer unteren Instanz ist regelmäßig nicht gleichbedeutend mit einem endgültig verlorenen Prozess, sondern vielmehr  nur dann, wenn man vorzeitig aufgibt.
Es dauert dann eben länger und das Verfahren kostet durch den Instanzenzug mehr.

Zur Wahrheit gehört deshalb schließlich auch, dass das Obsiegen in einer unteren Instanz noch keinen endgültig gewonnen Prozess bedeutet, wenn der unterlegene Gegner einen in die nächste Instanz zieht.
Dann dauert es ebenso länger und das Verfahren kostet durch den Instanzenzug mehr.  

Abweichende Rechtsprechung allein ist deshalb kein Beinbruch.
Es muss sie sogar geben können, damit sich das Recht fortentwickeln kann.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: RR-E-ft am 17. Februar 2012, 16:32:41
Meine Meinung, wenn ich nach dieser gefragt werde,  ist nach wie vor Folgende:

Weil die bestehende höchstrichterliche  und obergerichtliche Rechtsprechung der Einwendung der nicht wirksamen Einräumung eines Preisänderungsrechts zugunsten des Energieversorgers  und der Unbilligkeitseinrede des betroffenen Kunden unter den genannten Voraussetzungen auch im Zahlungsprozess des Energieversorgers gegen den Kunden streitenscheidende Bedeutung  beimisst (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 30.12.10 Az. 2 U 94/10 und  BGH, B. v. 18.05.11 Az. VIII ZR 71/10 sowie BGH, B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10, davon abweichende unterinstanzliche Rechtsprechung deshalb auf Antrag regelgemäß Rechtsmittel zulassen muss, müssen die Empfehlungen grundsätzlich auf der Grundlage der bestehenden obergerichtlichen und höchstrichterlichen Rechtsprechung erfolgen, soweit keine alsbaldige und nachhaltige Änderung derselben absehbar ist.

Die insoweit bestehende höchstrichterliche und obergerichtliche Rechtsprechung nimmt insbesondere auf die Fallgestaltung Bezug, bei denen  der betroffene Kunde den Anbieter leicht wechseln kann (siehe insbesondere auch BGH, B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10 Rn. 6 f., 17; Urt. v. 15.07.09 Az. VIII ZR 56/08 Rn. 36; Urt. v. 14.07.10 Az. VIII ZR 246/08 Rn. 41 f.)

Zunächst ist betroffenen Kunden deshalb zu empfehlen, allen einseitigen Preisänderungen des EVU im laufenden Vertragsverhältnis wie auch darauf basierenden Abschlägen und Verbrauchsabrechnungen jeweils in angemessener Frist zu widersprechen. Betroffenen Kunden, die einseitigen Preisänderungen des Energieversorgers  jeweils in angemessener Frist widersprochen hatten, ist deshalb regelmäßig zu empfehlen, die Abschlags- und Rechnungsbeträge entsprechend  zu kürzen. Es ist weiter  darauf hinzuweisen, dass untere Instanzgerichte abweichend von der bestehenden obergerichtlichen und höchstrichterlichen Rechtsprechung entscheiden können, woraus sich entsprechende Risiken ergeben können.

Eine Zahlung unter Vorbehalt ist betroffenen Kunden dabei eher nicht zu empfehlen, da sich mit solchen der Streit nur für den Zeitraum der kurzen regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren aufschieben lässt, innerhalb dessen dann ein Rückforderungsprozess ggf. geführt werden muss, der mindestens mit den gleichen Risiken behaftet ist.

Ferner ist zu berücksichtigen, dass auch im Falle von Vorbehaltszahlungen dem Versorger Anlass zu einer eigenen Leistungs- oder Feststellungsklage gegen den betroffenen Kunden gegeben sein kann, weil ihm die Rechtsprechung die Ungewissheit, ob er die so erlangten Beträge schlussendlich behalten darf, nicht zumutet. Da die Vorbehaltszahlung nicht als Erfüllung zu betrachten ist, kann der Versorger unter Umständen sogar ebenso noch Leistungsklage gegen den Kunden auf Zahlung erheben  wie bei einer Zahlungskürzung durch den Kunden.

Wo Anhaltspunkte dafür bestehen, dass untere Instanzen von der bestehenden höchstrichterlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung nachhaltig abweichen und gleichwohl deshalb mindestens ebenso nachhaltig keine Rechtsmittel zulassen, sind betroffene Verbraucher darauf hinzuweisen, damit sie sich mit ihrem eigenen Vorgehen darauf einrichten können.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: RR-E-ft am 17. Februar 2012, 17:49:53
Bestehende Beschwerdemöglichkeiten (Gehörsrüge gem. § 321a ZPO und Verfassungsbeschwerde) gegen die willkürliche Nichtzulassung eines Rechtsmittels (Berufung/ Revision) sind auszuschöpfen.


BVerfG, 1 BvR 172/04 vom 26.5.2004 (http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rk20040526_1bvr017204.html)


Zitat
Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 3 Abs. 1 GG angezeigt ist (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die entscheidungserheblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind vom Bundesverfassungsgericht schon entschieden (vgl. BVerfGE 87, 273 <278 f.>; 89, 1 <13 f.>). Auch die weiteren Voraussetzungen des § 93 c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG liegen vor.


1. Das angegriffene Urteil ist, soweit das Amtsgericht darin die Berufung nicht zugelassen hat, mit Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Bedeutung als Willkürverbot nicht vereinbar.


a) Willkürlich ist ein Richterspruch, wenn er unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht. Fehlerhafte Auslegung eines Gesetzes allein macht eine Gerichtsentscheidung allerdings nicht willkürlich. Willkür liegt vielmehr erst vor, wenn eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt oder der Inhalt einer Norm in krasser Weise missdeutet wird. Das ist anhand objektiver Kriterien festzustellen. Schuldhaftes Handeln des Richters ist nicht erforderlich (vgl. BVerfGE 87, 273 <278 f.>; 89, 1 <13 f.>).


b) Nach diesem Maßstab steht die Nichtzulassung der Berufung im angegriffenen Urteil des Amtsgerichts mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht im Einklang.


Der Beschwerdeführer beantragte vor Erlass dieses Urteils die Berufung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen (§ 511 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Alternative 2 ZPO). Das Amtsgericht hat bei seiner Entscheidung, dem nicht zu entsprechen, diesen Zulassungsgrund nicht erwähnt und ihn auch in dem weiter angegriffenen Beschluss nicht erörtert. Es hat in diesem Beschluss vielmehr ausgeführt, die Berufung sei beim Vorliegen eines berufungsunfähigen Urteils nur zuzulassen, wenn eine für den Rechtsstreit entscheidungserhebliche Rechtsfrage durch das Berufungsgericht noch nicht geklärt sei (vgl. § 511 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ZPO), und diese Voraussetzung für das Ausgangsverfahren mit der Begründung verneint, das Berufungsgericht habe die maßgebliche Rechtsfrage - wenn auch abweichend vom Amtsgericht - schon entschieden.


Damit wird der Zulassungsgrund des § 511 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Alternative 2 ZPO übergangen. Dieser war im Ausgangsverfahren einschlägig. Danach ist die Berufung durch das Gericht des ersten Rechtszugs zuzulassen, wenn die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Damit soll ausweislich der Gesetzesmaterialien vermieden werden, dass im Zuständigkeitsbereich eines Berufungsgerichts schwer erträgliche Unterschiede in der Rechtsprechung entstehen oder fortbestehen (vgl. BTDrucks 14/4722, S. 93 i.V.m. S. 104; vgl. auch Rimmelspacher, in: Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung, Aktualisierungsband ZPO-Reform 2002, 2. Aufl. 2002, § 511 Rn. 73). Von solchen Unterschieden ist bei Abweichung von der Entscheidung eines höherrangigen Gerichts in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage nach überwiegender Auffassung auszugehen, wenn die Rechtsfrage von allgemeiner Bedeutung ist, weil sie in einer Mehrzahl von Fällen auftreten kann (vgl. BTDrucks 14/4722, S. 93; Rimmelspacher, a.a.O., § 511 Rn. 74 ff. i.V.m. Rn. 68; enger, soweit ersichtlich nur, Reichold, in: Thomas/Putzo, Zivilprozessordnung, 25. Aufl. 2003, § 511 Rn. 21: nur bei Abweichung von Entscheidungen des Bundesgerichtshofs oder eines Oberlandesgerichts).


Hier hat das Amtsgericht mit der Frage nach den Anforderungen an die Aufschlüsselung einer Kraftfahrzeugsachverständigenrechnung eine Rechtsfrage entschieden, die eine Vielzahl von Verkehrsunfallsachen betrifft und äußerst umstritten sowie höchstrichterlich offensichtlich noch nicht geklärt ist (vgl. dazu Heinrichs, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 63. Aufl. 2004, § 315 Rn. 10 m.w.N.). Dabei ist es von der ihm erklärtermaßen bekannten Rechtsprechung des zuständigen Berufungsgerichts abgewichen. Indem es die Berufung nicht zugelassen hat, hat es damit eine Sicherung der Rechtseinheitlichkeit im Zuständigkeitsbereich dieses Berufungsgerichts vereitelt.


Mit der vom Amtsgericht im angegriffenen Beschluss erörterten sachlichen Unabhängigkeit des Gerichts (Art. 97 Abs. 1 GG) hat die Frage der Zulassung der Berufung nichts zu tun. Der Amtsrichter war unbeschadet der Pflicht, bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 511 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Alternative 2 ZPO die Berufung zuzulassen (\"lässt ... zu\"; vgl. auch Rimmelspacher, a.a.O., § 511 Rn. 79; Albers, in: Baumbach/ Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung, 62. Aufl. 2004, § 511 Rn. 25) nicht gehindert, von der Rechtsauffassung des übergeordneten Berufungsgerichts inhaltlich abzuweichen.


2. Da die Nichtzulassung der Berufung durch das Amtsgericht auf dem festgestellten Verfassungsverstoß beruht, ist das angegriffene Urteil insoweit gemäß § 93 c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben und die Sache im Umfang der Aufhebung an das Amtsgericht zurückzuverweisen. Der ebenfalls angegriffene Beschluss des Gerichts wird damit gegenstandslos.

Siehe auch:

BVerfG 1 BvR 1991/09 vom 26.04.10 (http://www.bverfg.de/entscheidungen/rk20100426_1bvr199109.html)



Zitat
Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts der Beschwerdeführerin aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Auch die weiteren Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG liegen vor. Das Bundesverfassungsgericht hat die hier maßgeblichen Fragen bereits entschieden (vgl. nur BVerfGE 74, 228 <234>; 96, 189 <203>; BVerfGK 11, 235 <237 ff.>; 12, 298 <300 ff.>). Die Verfassungsbeschwerde ist danach offensichtlich begründet.

1. Das angegriffene Urteil verstößt gegen die Rechtsschutzgarantie aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG.


a) Das Gebot effektiven Rechtsschutzes, das für bürgerlichrechtliche Streitigkeiten aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleiten ist (vgl. BVerfGE 54, 277 <291>; 80, 103 <107>; 85, 337 <345>; stRspr), beeinflusst die Auslegung und Anwendung der Bestimmungen, die für die Eröffnung eines Rechtswegs und die Beschreitung eines Instanzenzugs von Bedeutung sind. Hat der Gesetzgeber sich für die Eröffnung einer weiteren Instanz entschieden und sieht die betreffende Prozessordnung dementsprechend ein Rechtsmittel vor, so darf der Zugang dazu nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 69, 381 <385>; 74, 228 <234>; 77, 275 <284>). Mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes unvereinbar sind die den Zugang zum Rechtsmittel erschwerende Auslegung und Anwendung der einschlägigen zivilprozessualen Vorschriften dann, wenn sie sachlich nicht zu rechtfertigen sind, sich damit als objektiv willkürlich erweisen und dadurch den Zugang zur nächsten Instanz unzumutbar einschränken (vgl. zu § 522 Abs. 2 ZPO: BVerfGK 11, 235 <237 ff.>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 4. November 2008 - 1 BvR 2587/06 -, NJW 2009, S. 572 <573>).

b) Dies ist hier bei der (unterlassenen) Anwendung des § 511 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Alt. 3 ZPO der Fall. Nach dieser Vorschrift lässt das Gericht des ersten Rechtszugs die Berufung zu, wenn die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Damit soll ausweislich der Gesetzesmaterialien vermieden werden, dass im Zuständigkeitsbereich eines Berufungsgerichts schwer erträgliche Unterschiede in der Rechtsprechung entstehen oder fortbestehen (vgl. BTDrucks 14/4722, S. 93, 104). Von solchen Unterschieden ist bei Abweichung von der Entscheidung eines höherrangigen Gerichts in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage insbesondere dann auszugehen, wenn die Rechtsfrage von allgemeiner Bedeutung ist, weil sie in einer Mehrzahl von Fällen auftreten kann (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 26. Mai 2004 - 1 BvR 172/04 -, NJW 2004, S. 2584 <2585> m.w.N.). Die willkürliche Nichtzulassung der Berufung in solchen Fällen verletzt Grundrechte des im Ausgangsverfahren Unterliegenden (vgl. BVerfGK 12, 298 <301 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 26. Mai 2004, a.a.O. [jeweils: Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG]; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 21. Januar 2009 - 1 BvR 2524/06 -, NVwZ 2009, S. 515 <516>; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 21. Dezember 2009 - 1 BvR 812/09 -, juris [jeweils: Verletzung von Art. 19 Abs. 4 GG im Verwaltungsrechtsstreit]; BVerfGK 2, 202 <204> [Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG durch willkürliche Nichtzulassung der Revision]; vgl. auch BerlVerfGH, Beschluss vom 1. April 2008 - VerfGH 203/06 -, NJW 2008, S. 3420 [Verletzung der mit Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG übereinstimmenden Vorschrift der Landesverfassung]).

Diese Rechtslage hat das Amtsgericht verkannt. Trotz Ausführungen der Beschwerdeführerin im Replikschriftsatz zur Rechtsprechung mehrerer Landgerichte zu § 19a UrhG hat sich das Amtsgericht einer hiervon abweichenden Auffassung einer Kammer des Landgerichts Berlin (Urteil vom 2. Oktober 2007 - 15 S 1/07 -, GRUR-RR 2008, S. 387) angeschlossen. Dabei hat es offensichtlich auch übersehen, dass das unmittelbar übergeordnete Landgericht Hamburg sich mit Urteil vom 17. April 2009 - 308 O 612/08 - (n.v.) ebenfalls ausdrücklich gegen die Meinung der Kammer des Landgerichts Berlin und für die herrschende Meinung entschieden hatte. Auch das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg hatte in seinem im einstweiligen Rechtsschutz ergangenen Beschluss vom 23. November 2006 (- 5 W 168/06 -, ZUM 2007, S. 917 <918>), den das Amtsgericht selbst zitiert, festgehalten, urheberrechtlich geschützte Kartografien seien weiterhin öffentlich zugänglich, auch wenn die Gefahr einer rechtsverletzenden Nutzung oder Kenntnisnahme durch Dritte deswegen äußerst gering sei, weil die Kartografie im Zeitpunkt der Abmahnung nicht (mehr) in eine Homepage eingebunden gewesen sei. Letzteres schließt nach dieser Rechtsprechung die Dringlichkeit aus, also den Anordnungsgrund im Sinne von § 935 ZPO, nicht jedoch den Tatbestand des § 19a UrhG (so jüngst noch einmal klarstellend Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 8. Februar 2010 - 5 W 5/10 -, juris). Hinsichtlich der Hamburger Gerichte ist insoweit von einer ständigen Rechtsprechung auszugehen (vgl. noch Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Urteile vom 9. April 2008 - 5 U 151/07 -, BeckRS 2008, 21349, und - 5 U 124/07 -, GRUR-RR 2008, S. 383 <384>; ebenso jetzt auch LG Berlin, Urteil vom 30. März 2010 - 15 O 341/09 -, n.v.).


Es stand dem Amtsgericht frei, wie geschehen zu entscheiden; es hätte dann allerdings von Amts wegen die Berufung zulassen müssen. Die entscheidungserhebliche Rechtsfrage betrifft eine Vielzahl von Urheberrechtsstreitigkeiten der hier fraglichen Art, wie schon die von der Beschwerdeführerin teilweise bereits im Ausgangsverfahren zitierten Urteile in Parallelfällen zeigen.
c) Es kann offen bleiben, ob die Berufung auch deswegen hätte zugelassen werden müssen, weil das Amtsgericht in der Frage der Störerhaftung des Beklagten eine nach Darstellung der Beschwerdeführerin von der jüngsten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGHZ 180, 134) abweichende Position eingenommen hat.

2. Nachdem das angegriffene Urteil jedenfalls die Rechtsschutzgarantie verletzt, bedürfen die weiteren von der Beschwerdeführerin erhobenen Rügen keiner Entscheidung.


3. Das Urteil des Amtsgerichts ist hiernach gemäß § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben. Die Sache ist an das Amtsgericht zurückzuverweisen. Der ebenfalls angegriffene Beschluss wird damit gegenstandslos.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: RR-E-ft am 17. Februar 2012, 18:26:27
Vor einer Zersplitterung der bundesweiten  Rechtsprechung schützen das Grundgesetz und das Bundesverfassungsgericht.


Zitat
Original von RR-E-ft
Weil die bestehende höchstrichterliche  und obergerichtliche Rechtsprechung der Einwendung der nicht wirksamen Einräumung eines Preisänderungsrechts zugunsten des Energieversorgers  und der Unbilligkeitseinrede des betroffenen Kunden unter den genannten Voraussetzungen auch im Zahlungsprozess des Energieversorgers gegen den Kunden streitenscheidende Bedeutung  beimisst (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 30.12.10 Az. 2 U 94/10 und  BGH, B. v. 18.05.11 Az. VIII ZR 71/10 sowie BGH, B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10, davon abweichende unterinstanzliche Rechtsprechung deshalb auf Antrag regelgemäß Rechtsmittel zulassen muss, müssen die Empfehlungen grundsätzlich auf der Grundlage der bestehenden obergerichtlichen und höchstrichterlichen Rechtsprechung erfolgen, soweit keine alsbaldige und nachhaltige Änderung derselben absehbar ist.

Die insoweit bestehende höchstrichterliche und obergerichtliche Rechtsprechung nimmt insbesondere auf die Fallgestaltung Bezug, bei denen  der betroffene Kunde den Anbieter leicht wechseln kann (siehe insbesondere auch BGH, B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10 Rn. 6 f., 17; Urt. v. 15.07.09 Az. VIII ZR 56/08 Rn. 36; Urt. v. 14.07.10 Az. VIII ZR 246/08 Rn. 41 f.)

Allen Unkenrufen zum Trotz macht die aktuelle höchstrichterliche Rechtsprechung deutlich, dass es - wie bei Sondervertragskunden- auch für mit Strom und Gas grundversorgte Kunden streitentscheidend darauf ankommt, ob dem Energieversorger überhaupt wirksam ein Preisänderungsrecht eingeräumt wurde und wenn es denn wirksam eingeräumt wurde, dass es dann bei Widerspruchskunden streitentscheidend auf eine Billigkeitskontrolle gem. § 315 Abs. 3 BGB der einseitigen Preisänderungen des Energieversorgers ankommt, insbesondere auch dann, wenn der betroffene Kunde den Anbieter leicht wechseln kann (BGH, B. v. 18.05.11 Az. VIII ZR 71/10 und BGH, B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10 Rn, 6 f., 9, 17).

Bezeichnenderweise besteht hingegen  bisher ersichtlich keine obergerichtliche oder gar höchstrichterliche Rechtsprechung, wonach die Billigkeitskontrolle ausgeschlossen sei, wenn der betroffene Kunde den Anbieter leicht wechseln kann.

Untere Instanzen können von dieser bestehenden höchstrichterlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung abweichen,
müssen dann jedoch insbesondere auf entsprechenden substantiierten Antrag hin ein Rechtsmittel zulassen (Berufung/ Revision),
da es sich andernfalls um eine durch das Grundgesetz verbotene Willkürentscheidung handelt.

Ich bekenne, ein Rechthaber zu sein.

Zitat
Original von RR-E-ft
Wenn es die zu einem Dilemma führenden örtlichen Rechtsprechungslagen geben sollte, dann muss wohl jemand das Entstehen solcher zugelassen haben, indem er bestehende weitere Rechtsschutzmöglichkeiten nicht ausgeschöpft hat.
Er müsste sie zudem in zukünftig zur Entscheidung stehenden Fällen weiter zulassen.

Und dann stelle ich noch fest, dass andere nicht immer Rechthaber sind.

Zitat
Original von Didakt


Zitat
von Ihnen:
Die Nichtzulassung könnte dabei gegen das Willkürverbot verstoßen, was zunächst mit Gehörsrüge gem. § 321a ZPO und bei Nichtabhilfe derselben sodann mit Verfassungsbeschwerde geltend zu machen wäre.
Eine Verfassungsbeschwerde ohne vorherige Gehörsrüge wäre unzulässig. Wer letztgenannte Rechtsschutzmöglichkeiten nicht ausschöpft, sollte deshalb auch nicht auf den gesamten Rechtsstaat schimpfen.

Auch darauf habe ich gewartet. Ich muss mir das nicht vorhalten lassen. Es ist in meinem Fall geschehen. Und stellen Sie sich vor, Sie kennen sogar das niederschmetternde Ergebnis des Beschlusses hierzu, der dem erkennenden Richter nicht gut zu Gesicht stand.

Und nun auch noch auf die ach so erfolgversprechende Möglichkeit der Verfassungsbeschwerde abzuheben, halte ich für absoluten Hohn.


Man muss in solchen Fällen, bei denen man aufgrund eines  Abweichens von einer bestehenden höchstrichterlichen oder obergerichtlichen Rechtsprechung bei Gericht unterliegt und das Gericht zudem selbst  auf substantiierten Antrag hin dagegen kein Rechtsmittel zulässt,  dagegen zuerst und entsprechend begründet Gehörsrüge gem. § 321a ZPO und bei Nichtabhilfe derselben sodann fristgemäß und entsprechend begründet Verfassungsbeschwerde erheben, um zur Aufhebung des Urteils und zur Zulassung der Berufung/ der Revision zu gelangen.

Wenn man ein solches Urteil bestehen lassen und in Rechtskraft erwachsen lassen möchte, muss man das freilich nicht tun.

Die Begründung einer solchen Verfassungsbeschwerde scheint denkbar einfach:

Man muss u.a. geltend machen, durch die willkürliche Entscheidung des Gerichts in seinen Rechten verletzt zu sein, weil ein Rechtsmittel entgegen der Vorschriften der ZPO nicht zugelassen wurde, obschon das Urteil von bestehender höherrangiger obergerichtlicher oder höchstrichterlicher Rechtsprechung abweicht, zuvor der Rechtsweg einschließlich Gehörsrüge erfolglos ausgeschöpft wurde.

Gleichwohl sollte man sie von einem Anwalt fertigen und einlegen  lassen.
Die Anwaltskosten dafür sind nicht eben gering.

Zitat
Der nach § 37 Abs. 2 RVG festzusetzende Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit im Verfassungsbeschwerdeverfahren beträgt, wenn der Verfassungsbeschwerde durch die Entscheidung einer Kammer stattgegeben wird, in der Regel 8.000,00 € (vgl. Kunze, in: Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, 2. Aufl. 2005, § 34 a Rn. 82; zuletzt BVerfG, 3. Kammer des Zweiten Senats, Beschluss vom 18. April 2006 - 2 BvR 1019/01 -). Weder die objektive Bedeutung der Sache noch Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit weisen hier Besonderheiten auf, die eine Abweichung veranlassen würden.\"

Die dadurch entstehenden notwendigen Kosten des Beschwerdeführers
hat bei Erfolg der Verfassungsbeschwerde die Staatskasse zu tragen.
Bleibt der Verfassungsbeschwerde hingegen der Erfolg versagt,
lag es wohl im Zweifel an der Leistung des Anwalts.
Irgendwer hat schließlich immer schuld.

Der Rechtsstaat steht dem Bürger bei, der sich wegen Rechtsschutz an ihn wendet.
Der arg Betroffene aus tiefster Provinz muss also u.U. auch mal \"nach Karlsruhe gehen\" oder zumindest einen substantiierten  Schriftsatz nebst Anlagen dort fristgerecht anbringen.
Wer sich deshalb mit entsprechenden Beschwerden nicht an ihn wendet und statt dessen nur auf ihn schimpft, dem kann dieser Rechtsstaat dann auch nicht mehr helfen [Verfristung].
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: Kampfzwerg am 17. Februar 2012, 21:01:21
Zitat
Original von RR-E-ft
Vor einer Zersplitterung der bundesweiten  Rechtsprechung schützen uns das Grundgesetz und das Bundesverfassungsgericht.

Untere Instanzen können von dieser bestehenden höchstrichterlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung abweichen, müssen dann jedoch insbesondere auf entsprechenden substantiierten Antrag ein Rechtsmittel (Berufung/ Revision) zulassen, da es sich andernfalls um eine durch das Grundgesetz verbotene Willkürentscheidung handelt.

Ich bekenne, ein Rechthaber zu sein.

Original von RR-E-ft
Wenn es die zu einem Dilemma führenden örtlichen Rechtsprechungslagen geben sollte, dann muss wohl jemand das Entstehen solcher zugelassen haben, indem er bestehende weitere Rechtsschutzmöglichkeiten nicht ausgeschöpft hat. Er müsste sie zudem in zukünftig zur Entscheidung stehenden Fällen weiter zulassen[/B].

Unabhängig davon, dass Sie ein bekennender Rechthaber sind [manchmal wohl auch einhergehend mit einer gewissen Neigung zum Sarkasmus Ich aber sage Euch (http://forum.energienetz.de/thread.php?threadid=16849) mutet schon etwas merkwürdig an], haben Sie einen nicht unwesentlichen Faktor leider wieder einmal unberücksichtigt gelassen, auch wenn Ihnen der Einwand nicht gefällt: zur Durchsetzung seiner Rechte benötigt der Verbraucher einen Anwalt.
Das Thema hatten wir bereits an anderer Stelle im Forum.
Nicht alle Anwälte sind willens oder fähig, oder auch beides, um dem Verbraucher zu seinem Recht zu verhelfen. Und eine wahrscheinlich nicht unbeträchtliche Anzahl der Verbraucher, die ihr Recht gerne durchsetzen möchten, könnte bereits an dieser Hürde scheitern.

Fraglich, Wer hier Was zulässt!

Das nenne ich dann ein echtes Dilemma. Für die Mandanten!
Machen Sie also nicht den Mandanten für eine vermeintliche \"örtliche\" Rechtslage verantwortlich, falls es eine solche überhaupt geben sollte und es sich nicht nur um eine Chimäre handelt.
Ihren letzten von mir zitierten Absatz interpretiere ich daher, und diesmal hoffentlich direkt für jeden ersichtlich, völlig anders.


Betroffene nicht wehrlos bei abweichender Rechtsprechung und Nichtzulassung eines Rechtsmittels (http://forum.energienetz.de/thread.php?threadid=16849)
Zitat
Betroffene Kunden in solchen Regionen sollen sich deshalb in einem Dilemma wähnen,
da sie besorgen, ihnen würde bei Gericht ihr Recht aller Voraussicht nach abgeschnitten werden,
weshalb einige Betroffene von einer gewissen Verzweiflung berichten und sogar davon,
deshalb zu erwägen, von ihrem langjährigen Preisprotest für die Zukunft Abstand zu nehmen/ diesen aufzugeben.

Ich aber sage Euch:

Dass Betroffene dagegen wehrlos seien, ist eine fürchterliche Illusion.
Bei Lichte betrachtet muss man sich so etwas auf keinen Fall gefallen lassen,
sondern man kann sich dagegen erfolgreich beschweren,
was die Aufhebung entsprechender Urteile zur Folge haben kann.  

Nicht die Kunden wähnen sich in einem Dilemma!
Aber in Einem gebe ich Ihnen Recht: die Betroffenen sind nicht wehrlos den mächtigen Kräften der Finsternis ausgesetzt und für alle Zeiten zur Verzweiflung verdammt.
Sie können sich einen anderen Anwalt nehmen.  :D
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: RR-E-ft am 17. Februar 2012, 21:35:37
Bitte um Entschuldigung,
wenn der Eindruck  entstanden sei,
es wäre vom Berge herab gepredigt worden.  

Bei Lichte betrachtet verhält es sich wohl wie folgt.

Bisher war es immer noch so, dass die betroffenen Kunden ohne Anwalt
einfach Widerspruch beim Versorger einlegen
und hiernach Rechnungsbeträge entsprechend kürzen können.
Daran hat sich nichts geändert.

Es genügt dafür wohl regelmäßig ein von Verbraucherverbänden
publizierter Muterbrief und ein durchschnittlicher Schulabschluss.

Betroffene Verbraucher kürzen jeweils nach Widerspruch  
entsprechend ihre Abschlags-und Rechnungsbeträge selbst.

Gegen gerichtliche Manbescheide des Versorgers wird zumeist
mit Kreuzchen und Unterschrift selbst Widerspruch eingelegt.
Das ist wohl regelmäßig der ganze zuweilen heroisierte persönliche Kampf.

Wer danach nicht verklagt wird, braucht wohl auch keinen Anwalt.

Und so geht es immer noch vielen.
Viele, die seit Jahren selbst  widersprechen und Zahlungen entsprechend kürzen,
brauchten deshalb bisher keinen Anwalt.  

Wenn man deshalb dann doch verklagt werden sollte,
was oft gar nicht passiert,
dann sollte man sich als betroffener Verbraucher vor Gericht anwaltlich vertreten lassen,
auch wenn dies vor dem Amtsgericht nach der Zivilprozessordnung nicht erforderlich ist.
Denn zumeist kennt der betroffene Kunde schon den Inhalt der Zivilprozessordnung nicht.

Spielt das Verfahren erstinstanzlich vor dem Landgericht oder wird ein Rechtsmittel zugelassen
und will man dieses einlegen, dann muss man sich anwaltlich vertreten lassen, § 78 ZPO.

Der betroffene Kunde auch als Prozesspartei entscheidet allein (auch wenn ggf. anwaltlich beraten) darüber,
ob er es überhaupt zu einem Streit mit dem Versorger  kommen lässt,
ob und ggf. durch wen vertreten er sich gegen eine Klage verteidigt,
ob er gegen die Nichtzulassung eines beantragten Rechtsmittels Gehörsrüge einlegt,
ob er bei Nichtabhilfe einer solchen Verfassungsbeschwerde erhebt,
ob er ein zulässiges Rechtsmittel einlegt...

Die Partei ist Herr des Verfahrens und keiner sonst.

Und es wird wohl auch betroffene Verbraucher geben,
die in den bezeichneten Fällen zwar noch Gehörsrüge einlegten/ einlegen ließen,
sich bei deren Nichtabhilfe jedoch ausdrücklich gegen eine ihnen noch mögliche Verfassungsbeschwerde entschieden,
womöglich weil sie die Möglichkeit der Erhebung einer Verfassungsbeschwerde - warum auch immer -
als absoluten Hohn empfanden.

Wer dann sagt, die Gerichte seien schuld,
dass man nicht zu seinem Recht fand,
der hat damit wohl nicht recht.

Richterschelte, auch pauschale, ist oft allzuschnell parat.  

In Deutschland gibt es wohl längst mehr als genug Anwälte,
aus denen betroffene Verbraucher sich einen oder auch mehrere wählen können,
mit Ausnahme desjenigen, der bereits den Prozessgegner vertritt.

Manche Rechtsschutzversicherer geben entsprechende Empfehlungen ab.  

Zudem gibt es eine gar nicht so kurze Anwaltsliste (http://www.energieverbraucher.de/de/site/Preisprotest/Rechtsanwaelte__1713/) des Vereins.


Die Lage ist für betroffene Kunden nicht schlechter geworden, sondern deutlich besser!
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: Kampfzwerg am 19. Februar 2012, 17:22:49
@RR-E-ft
Angesichts der Jahreszeit entstand vielleicht auch nur der Eindruck, Sie übten für eine Büttenrede  ;)



Nun zu den Schatten:

Zitat
Original von berghaus
Frau RA Holling macht Angst:
hier den Sonderkunden (09/11): „Doch inzwischen hat die Versorgungswirtschaft „argumentativ aufgerüstet\".
und nun auch den Tarifkunden mit der “örtlichen Rechtslage“.

Zitat
Original von RR-E-ft @berghaus
Der Artikel über gestiegenes Risiko der Sondervertragskunden betrifft m. E. Fälle, wo Sondervertragskunden nie Preisänderungen widersprochen hatten, später aus ungerechtfertigter Bereicherung auf Rückfzahlung klagten und dabei den bei Vertragsabschluss ursprünglich vereinbarten Preis zu Grunde legten, zB. einen 1980 vereinbarten Gaspreis.

Leider muss ich berghaus zustimmen und RR-E-ft widersprechen, paradoxerweise obwohl seine Einschätzung die einzig richtige ist!

Aus eigener Erfahrung kann ich bestätigen, dass Frau RAin Holling im Fall der Sondervertragskunden; und offensichtlich auch im Fall der Tarifkunden, wie hier von @marten anschaulich beschrieben; eine andere Rechtsauffassung vertritt, und das obiter dictum des VIII. Senats des BGH Urteil v. 14.07.10 VIII ZR 246/08 ihren Rechtsauffassungen in Bezug auf Sondervertragskunden wohl grundsätzlich zugrunde legt.

 

Zitat
Original von RR-E-ft
...
Wenn man deshalb dann doch verklagt werden sollte, []...
Spielt das Verfahren erstinstanzlich vor dem Landgericht [] dann muss man sich anwaltlich vertreten lassen, § 78 ZPO.
Der betroffene Kunde auch als Prozesspartei entscheidet allein (auch wenn ggf. anwaltlich beraten) darüber, []
Die Partei ist Herr des Verfahrens und keiner sonst.

GGf. sollte man die Empfehlungen und die Rechtsauffassung der eigenen Anwältin also besser ignorieren!


Zitat
Die Lage ist für betroffene Kunden nicht schlechter geworden, sondern deutlich besser!
Vielleicht ist es RR-E-ft möglich, bei passender Gelegenheit auch seine Kollegin Frau RAin Holling von dieser Rechtsauffasung zu überzeugen!

Obwohl doch angeblich schon Einigkeit besteht.


Und schon wieder ein DILEMMA:
Zitat
RR-E-ft an @Kampfzwerg
Die eigene Auffassung, im Recht zu sein, trägt am Ende nicht weiter, wenn man kein Recht bekommt.
trotz SV, LG sieht Anerkenntnis bzw. Neuvereinbarung des Preises 2004 durch Musterbrief! (http://forum.energienetz.de/thread.php?threadid=15781&hilight=246+08)
LG rät mir \"dringend\" zu einem Vergleich! (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=82862#post82862)
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Edit:
siehe Betroffene nicht wehrlos bei abweichender Rechtsprechung und Nichtzulassung eines Rechtsmittels (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=89750#post89750)
Zitat
Original von RR-E-ft
Die Risiken beim Preisprotest hätten sich erhöht.
Nicht nur für Sondervertragskunden,sondern auch für grundversorgte Kunden.
Es soll wohl Regionen, insbesondere in tiefer Provinz geben,wo Gerichte einfach von der bestehenden höchstrichterlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung abweichen,
Ich würde es wirklich nicht wagen, NRW als tiefe Provinz zu bezeichnen, nur weil RAin Holling hier eine vermeintlich \"örtliche\" Rechtslage ausgemacht haben will.  ;)
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Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: Didakt am 19. Februar 2012, 18:33:54
@ Kampfzwerg

Zitat
von Ihnen:
Ich würde es wirklich nicht wagen, NRW als tiefe Provinz zu bezeichnen, nur weil RAin Holling hier eine vermeintlich \"örtliche\" Rechtslage ausgemacht haben will.

Na, na, ich bin mir da nicht ganz sicher. Vielleicht Teile von NRW.  ;)  ;)
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: Kampfzwerg am 19. Februar 2012, 19:49:48
Zitat
Original von Didakt
Na, na, ich bin mir da nicht ganz sicher. Vielleicht Teile von NRW.  ;)  ;)
Die Kanzlei von Frau RAin Holling liegt jedenfalls in der Landeshauptstadt Düsseldorf   :D




Zitat
Orginal von RR-E-ft
Wer dann sagt, die Gerichte seien schuld,dass man nicht zu seinem Recht fand,der hat damit wohl nicht recht. Richterschelte, auch pauschale, ist oft allzuschnell parat.
Die vorstehende, und ggf. durchaus richtige Bemerkung von RR-E-ft, möchte ich gerne durch eine andere mögliche, aber keinesfalls bessere, Variante ergänzen:
Es sind wahrlich nicht immer die Gerichte schuld, dass man nicht zu seinem Recht findet, manchmal sind es dummerweise die eigenen Anwälte.

Zitat
Original von Kampfzwerg
Man lernt doch niemals aus!
Unter der Berücksichtigung der folgenden Informationen von Lothar Gutsche und Wikipedia muss ich wahrscheinlich für meine womöglich vorschnellen Vermutungen in Bezug auf das LG um Entschuldigung bitten.Jedenfalls danke ich Lothar Gutsche für diesen Beitrag.

\"Feuerpause im Energiekrieg\"?
Zitat:
Original von Lothar Gutsche
Daraufhin musste mein Anwalt das Gericht mit Schriftsatz vom 25.10.2011 eindringlich an einige Verfahrensgrundsätze für das deutsche Zivilrecht erinnern, namentlich an die Dispositionsmaxime und den Verhandlungsgrundsatz. Das Verfahren, nach dem ein zivilrechtlicher Rechtsstreit vor Gericht ausgetragen wird, und insbesondere die Tatsachen, die das Gericht bei seiner Entscheidung zugrunde zu legen hat, werden ausschließlich durch die Parteien bestimmt. Nach dem Verhandlungsgrundsatz, auch Beibringungsgrundsatz genannt, ermittelt das Gericht nicht von sich aus, was im Einzelnen passiert ist. Vielmehr legt das Gericht nur diejenigen Tatsachen zugrunde, die von den Parteien vorgetragen werden. Das bedeutet namentlich, dass das Gericht seiner Entscheidung in jedem Fall jene Tatsachen zugrunde legen muss, die zwischen den Parteien unstreitig sind. Ihren Niederschlag im Gesetz findet diese Vorgabe in § 138 Abs. 3 ZPO: Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen.
Original hier: LG rät mir \"dringend\" zu einem Vergleich! (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=87644#post87644)

Bei dieser Gelegenheit möchte ich Herrn Dr. Lothar Gutsche noch einmal ausdrücklich für diesen Beitrag danken, dem ich - neben den Ausführungen von RR-E-ft - ausgesprochen wichtige Erkenntnisse verdanke!
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: Kampfzwerg am 21. Februar 2012, 19:48:15
...wohl eher schon wieder zum Thema einer vermeintlich ausgemachten \"örtlichen\" Rechtslage in NRW:

OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.04.11 VI-2 U (Kart) 3/09 zur Abgrenzung Tarifkunde/ Billigkeitskontrolle (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=89802#post89802)
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: RR-E-ft am 28. Februar 2012, 16:20:26
Zitat
Original von RR-E-ft
Bekanntermaßen der letzte Stand beim BGH:

BGH, B. v. 24.01.12 VIII ZR 236/10 Aussetzung bei Tarifkunden bis zur EuGH- Entscheidung (http://forum.energienetz.de/thread.php?threadid=16855)


Zitat
BGH, B. v. 24.01.12 Az. VIII ZR 236/10, juris:

Die Klägerin bezieht von der Beklagten, einem regionalen Gasversorgungsunternehmen, seit 1998 leitungsgebunden Erdgas für ihren privaten Haushalt und wendet sich im Wege der Feststellungsklage gegen mehrere Gaspreisanpassungen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben.

Das Berufungsgericht hat - ebenso wie das Landgericht - die Klägerin als Tarifkundin qualifiziert und vor diesem Hintergrund angenommen, dass der Beklagten ein einseitiges Preisänderungsrecht gemäß § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV beziehungsweise § 5 Abs. 2 GasGVV zugestanden habe. Eine Billigkeitskontrolle der angegriffenen Preiserhöhungen hat das Berufungsgericht abgelehnt, da die Klägerin den einseitigen Preisanpassungen der Beklagten nicht innerhalb angemessener Zeit widersprochen habe.

Mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde wendet sich die Klägerin zunächst unter verschiedenen Gesichtspunkten gegen die Qualifikation des Vertragsverhältnisses als Tarifkundenvertrag und bezweifelt ferner, ob die im Tarifkundenverhältnis geltenden gesetzlichen Preisänderungsrechte des § 4 AVBGasV beziehungsweise § 5 GasGVV den europarechtlichen Transparenzvorgaben genügen.


Das vorliegende Verfahren ist gemäß § 148 ZPO analog bis zu der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union in dem dort anhängigen Verfahren C-359/11 auszusetzen.

1. Der Senat hat durch Beschluss vom 18. Mai 2011 in dem Verfahren VIII ZR 71/10 (ZIP 2011, 1620 ff.) dem Gerichtshof der Europäischen Union (im Folgenden: Gerichtshof) folgende Frage zur Vorabentscheidung gemäß Art. 267 AEUV vorgelegt:

Ist Art. 3 Abs. 3 in Verbindung mit Anhang A Buchst. b und/oder c der Richtlinie 2003/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 98/30/EG dahin auszulegen, dass eine nationale gesetzliche Regelung über Preisänderungen in Erdgaslieferungsverträgen mit Haushalts-Kunden, die im Rahmen der allgemeinen Versorgungspflicht belie-fert werden (Tarifkunden), den Anforderungen an das erforderliche Maß an Transparenz genügt, wenn in ihr Anlass, Voraussetzungen und Umfang einer Preisänderung zwar nicht wiedergegeben sind, jedoch sichergestellt ist, dass das Gasversorgungsunternehmen seinen Kunden jede Preiserhöhung mit angemessener Frist im Voraus mitteilt und den Kunden das Recht zusteht, sich durch Kündigung vom Vertrag zu lösen, wenn sie die ihnen mitgeteilten geänderten Bedingungen nicht akzeptieren wollen?

2. Diese Frage ist auch im vorliegenden Fall entscheidungserheblich.


BGH, B. v. 24.01.12 VIII ZR 158/11 Aussetzung bei Tarifkunden bis zur Entscheidung des EuGH (http://forum.energienetz.de/thread.php?threadid=16856)


Zitat
BGH, B. v. 24.01.12 Az. VIII ZR 158/11, juris:

Die Klägerin, ein regionales Gasversorgungsunternehmen, beliefert den Beklagten seit 2002 leitungsgebunden mit Erdgas. Sie änderte den Arbeitspreis für das von ihr gelieferte Gas zwischen Oktober 2004 und April 2007 mehrfach; der Beklagte erhob hiergegen Widerspruch. Mit ihrer Klage hat die Klägerin unter anderem die Zahlung des rückständigen Betrags aus den Jahresabrechnungen für die Jahre 2004 bis 2008 begehrt. Das Landgericht hat der Klage insoweit stattgegeben.

Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben.

Das Berufungsgericht hat - ebenso wie das Landgericht - den Beklagten als Tarifkunden qualifiziert und vor diesem Hintergrund angenommen, dass der Klägerin ein einseitiges Preisänderungsrecht gemäß § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV beziehungsweise § 5 Abs. 2 GasGVV zugestanden habe.

Die von der Klägerin vorgenommenen Preiserhöhungen hat das Berufungsgericht nach Durchführung einer Beweisaufnahme als billig im Sinne des § 315 BGB angesehen.

1. Der Senat hat durch Beschluss vom 18. Mai 2011 in dem Verfahren VIII ZR 71/10 (ZIP 2011, 1620 ff.) dem Gerichtshof der Europäischen Union (im Folgenden: Gerichtshof) folgende Frage zur Vorabentscheidung gemäß Art. 267 AEUV vorgelegt:

Ist Art. 3 Abs. 3 in Verbindung mit Anhang A Buchst. b und/oder c der Richtlinie 2003/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 98/30/EG dahin auszulegen, dass eine nationale gesetzliche Regelung über Preisänderungen in Erdgaslieferungsverträgen mit Haushalts-Kunden, die im Rahmen der allgemeinen Versorgungspflicht beliefert werden (Tarifkunden), den Anforderungen an das erforderliche Maß an Transparenz genügt, wenn in ihr Anlass, Voraussetzungen und Umfang einer Preisänderung zwar nicht wiedergegeben sind, jedoch sichergestellt ist, dass das Gasversorgungsunternehmen seinen Kunden jede Preiserhöhung mit angemessener Frist im Voraus mitteilt und den Kunden das Recht zusteht, sich durch Kündigung vom Vertrag zu lösen, wenn sie die ihnen mitgeteilten geänderten Bedingungen nicht akzeptieren wollen?

2. Diese Frage ist auch im vorliegenden Fall entscheidungserheblich.

Der BGH hält die Frage der wirksamen Einräumung eines Preisänderungsrechts und für den Fall der wirksamen Einräumung eines solchen bei Widerspruchskunden die Frage der Billigkeit jedenfalls für entscheidungserheblich, bei Gas- und bei Stromkunden (vgl. BGH, B. v. 18.05.11 Az. VIII ZR 71/10 und B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10).

BGH, B. v. 24.01.12 Az. VIII ZR 236/10 deutet gar darauf hin, dass es auf Preiswidersprüche in angemessener Frist für die Wirksamkeit der einseitigen Preisänderungen des Versorgers gegenüber Tarifkunden dann nicht ankommt, wenn das gesetzliche Preisänderungsrecht europarechtwidrig und unwirksam ist.
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: Kampfzwerg am 28. Februar 2012, 17:13:13
Eulen hin, Athen her  
Der Titel dieses Threads \"Billigkeit von Strompreisen\" ist aufgrund der Komplexität und der verschiedenen Sachthemen inzwischen nicht nur nicht mehr sachgerecht, sondern definitiv irreführend!
Es geht weder nur um Strom, noch nur um Gas, SVK, TK, Rechtslagen im Allgemeinen und örtlich sehr Speziellen, etc.pp.

Ich stelle daher nochmals den Antrag auf Änderung  ;)
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: RR-E-ft am 28. Februar 2012, 17:51:26
Es ist doch wohl erkennbar, dass sich bei Strom im Einzelnen immer die selben Fragen stellen wie bei Gas auch (vgl. BGH, B. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10).

Aus den Entscheidungen BGH, B. v. 24.01.12 Az. VIII ZR 236/10 und Az. VIII ZR 158/11 ergibt sich ferner, dass es auch dann auf die gleichen Fragen ankommen kann, egal ob es sich nun um einen Tarifkunden oder um einen Sondervertragskunden handelt.

Dies wird auch am der Entscheidung BGH, B. v. 09.02.11 Az. VIII ZR 162/09 deutlich.

Es ist doch jeweils \"dasselbe in Grün\".
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: Kampfzwerg am 05. März 2012, 17:58:50
Zitat
Original von RR-E-ft
Frau Kollegin Holling teilt mit, dass sie mit mir zur Billigkeitskontrolle auch von Strompreisen in der Grundversorgung  die gleiche Rechtsauffassung vertritt. Es gibt also diesbezüglich keine unterschiedlichen Auffassungen zwischen uns.

Es gebe jedoch regional Probleme, wo Gerichte bisher in einer Art Autismus mit dem bekannten Argument, welchem der BGH jedoch ersichtlich keine Relevanz beimisst (vgl. BGH, B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10 Rn. 6 f.), derzeit die Billigkeitskontrolle ablehnen, diese schlicht übergehen.

Dort gebe es Probleme mit dieser derzeitigen örtlichen Rechtsprechungslage.

Davon betroffen seien in solchen Regionen nicht nur Verfahren mit einem Streitwert unter 600 EUR, wenn Gerichte weder das Verfahren aussetzen, noch die Berufung zulassen, sondern auch die bisherige Spruchpraxis mancher Berufungsgerichte, die ebenso weder aussetzen, noch der Unbilligkeitseinrede Relevanz beimessen, noch die Revision zulassen, wofür bisherige  Erfahrungen an den Landgerichten Münster und Hagen benannt wurden.

Obschon man dabei sei, diese Spruchpraxis zu kippen, müsse man diese jedoch aktuell gewärtigen und deshalb in solchen einzelnen Regionen derzeit mit einem Unterliegen rechnen, worauf auch ein Anwalt seine Beratung einzustellen habe.

Angesichts einer solchen derzeitigen regionalen Rechtsprechungslage können Empfehlungen dann eben so ausfallen, wie geschildert, um den betroffenen Verbraucher vor einem bisher absehbaren Unterliegen vor Gericht zu bewahren.


Zitat
Original von RR-E-ft
Aus all den verlinkten Urteilen ergibt sich eine entsprechende Rechtsprechungslage, wonach Rechtsmittel zu Lasten der betroffenen Verbraucher trotz entsprechender Beantragung regelmäßig nicht zugelassen werden, nicht.
In eine andere Richtung weisende Entscheidungen sind mir bisher selbst nicht bekannt geworden, insbesondere auch nicht bei von mir selbst in NRW geführten Verfahren.

Dies schließt nicht aus, dass Kollegen vor Ort andere Erfahrungen gemacht haben und deshalb ggf. in einem Dilemma stecken.


@marten

Sie sollten sich vielleicht folgende Fragen stellen:
1: Liegt der Streitwert in Ihrem ggf. zu erwartenden Verfahren unter 600,- Euro? Wenn nicht, wäre dieses jedenfalls berufungsfähig.
2: Sollte das Verfahren ggf. in die Berufung gehen, welches LG wäre zuständig?
Gerichtsbezirke siehe hier (http://www.justiz.nrw.de/Gerichte_Behoerden/anschriften/uebersichtskarten/ordentliche_gerichtsbarkeiten/index.php)

Unter den von RR-E-ft angebenen Verlinkungen der verschiedenen Urteile sind übrigens weder das LG Münster noch das LG Hagen vertreten.
Vielleicht lassen Sie sich also von Ihrer RAin die Az. der entsprechenden, ihr relevant erscheinenden Urteile geben, oder besser noch selbige faxen, so dass Sie diese selbst nachlesen und sich eine Meinung bilden können!
Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: Kampfzwerg am 09. März 2012, 15:11:29
Zitat
Original von energienetz v. 11.02.2012 14:52
Grundversorgung: Probleme beim Preisprotest
Entgegen der hier vorab veröffentlichten Version des o. g. Artikels, wurde dieser erfreulicherweise für die Veröffentlichung in der neuesten Ausgabe der ED 1/12 offensichtlich gründlich überarbeitet! (ED 1/12, Seite 12, Leider ohne Angabe des Verfassers)

Insbesondere der letzte Absatz über die hier in diesem Thread sehr engagiert diskutierte vermeintlich \"Örtliche \" Rechtslage liest und interpretiert sich nun deutlich anders!
An diesem vormals am seidenen Faden hängenden Damoklesschwert wurden diese Fäden m. E. durch stabile Seile ersetzt.  ;)
Nicht zuletzt durch die Informationen zu dem \"Letzten Ausweg: § 267 AEUV, zum Urteil des BGH v. 15.07.2009 VII ZR 56/08 Rn. 36 (beides ED Seite 12), und den Bericht \"Geordneter Volksaufstand\" (ED Seite 10).


Zitat
ED 1/2012
\"Örtliche\" Rechtslage

EinProblem wird ein versorgerfreundlicher Richter, der die Aussetzung und die Billigkeitsprüfung verweigert, wenn er die letzte Instanz darstellt.
Dies ist in einigen Regionen bekanntermaßen der Fall.
Die Spezialanwälte des Vereins in der Region kennen sich damit aus.
Hier ist dann das Risiko einer Rechnungskürzung deutlich höher und die Anwälte tun gut daran, die Verbraucher auf das Risiko aufmerksam zu machen.
Denn leider ist es in der Bundesrepublik immer noch so, dass nicht automatisch derjenige vor Gericht siegt, der im Recht ist.
Hervorhebungen von mir


Interessant ist in diesem Zusammenhang ebenfalls der Artikel \"Geordneter Volksaufstand\" mit Informationen zu den Verfahren in den einzelnen Bundesländern und der Artikel \"Der Preisprotest und seine Folgen\" auf Seite 8-9 zur allgemeinen Lage der Protestaktionen.
Derenzufolge ist NRW ganz sicher keine Insel, in denen die Verbraucher angeblich reihenweise Verfahren vor ganz bestimmten Gerichten verlieren!

Unangenehm stach mir lediglich der folgende, nichtssagende Satz ins Auge:
Zitat
Die Spezialanwälte des Vereins in der Region kennen sich damit aus
Das ist fein.  :rolleyes: eine schöne Worthülse. Und was beeinhaltet diese Aussage konkret? Was gedenken diese dann im Einzelfall zu tun?

Ich bleibe daher bei meiner Meinung:
Zitat
Original von kampfzwerg
Anstatt den Verbraucher auf vermeintlich \"örtliche\" Rechtslagen, Gegebenheiten und Geflogenheiten der Gerichte zu verweisen, sind die durch den BdEV empfohlenen Anwälte doch geradezu in der Pflicht, den Gerichten durch ihre Prozessführung und sachgerechte Informationen eine sachgerechte Entscheidung zu ermöglichen!...
Recht kriegt jedenfalls ganz sicher nur, wer einen fähigen Anwalt hat!
Jeder Protestler ist sehr gut beraten, sich selbst gründlich zu informieren. Einerseits, um mit seinem Anwalt vernünftig und konstruktiv kommunizieren zu können - und andererseits, um sich selbst eine eigene Einschätzung über dessen Prozessführung und Schriftsätze, natürlich ebenso über die der gegnerischen Anwälte, zu ermöglichen!
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siehe auch Betroffene nicht wehrlos gegen Nichtzulassung eines Rechtsmittels bei abweichender Rechtsprechung (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=90786#post90786)
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Titel: Billigkeit von Strompreisen
Beitrag von: Kampfzwerg am 15. März 2012, 17:11:23
Über eine \"örtliche\" Rechtslage und divergierende Anwaltsempfehlungen müssen wir uns nun nach den BGH-Urteilen vom 14.03.2012  jedenfalls wohl keine Sorgen mehr machen. :-(

BGH, Urt. v. 14.03.12  VIII ZR 93/10 Zahlungsklage E.ON Hanse gegen Gas- Sonderkunde (http://forum.energienetz.de/thread.php?threadid=16843)

BGH, Urt. v. 14.03.12 VIII ZR 113/11  Beschränkung der Rückforderung Sondervertrag ohne Widerspruch (http://forum.energienetz.de/thread.php?threadid=16488)