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Energiepreis-Protest => Gerichtsurteile zum Energiepreis-Protest => Thema gestartet von: RR-E-ft am 18. Februar 2009, 20:57:24

Titel: LG Bremen, Urt. v. 30.01.2009 Az. 3 O 177/08 Rückzahlungspflicht des Versorgers (swb Enordia Bremen)
Beitrag von: RR-E-ft am 18. Februar 2009, 20:57:24
Das Landgericht Bremen hat mit Urteil vom 30.01.2009 [Az. 3 O 177/08] auf die mündliche Verhandlung vom 23.01.2009 einer gewerblichen Kundin (GmbH) der Bremer swb Vertrieb GmbH einen Rückzahlungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung gem. § 812 BGB infolge unwirksamer Preiserhöhungsklauseln und unwirksamer Gas- Preiserhöhungen seit dem 01.10.2004  in Höhe von 8.572,58 € nebst Zinsen und vorgerichtliche Kosten in Höhe von 718,40 € zugeprochen.

Die Kundin hatte den Gaspreiserhöhungen seit 2004 widersprochen, die AGB- Klauseln entsprachen jenen, die bereits das OLG Bremen für unwirksam erklärt hatte (Gassondervertrag \"EnordiaGas basis plus\"), der Rückforderungsanspruch ergab sich aus der Differenz der geforderten und bezahlten Gaspreise zu den Gaspreisen, die sich ohne die angegriffenen Gaspreiserhöhungen ergeben hätten.

Das Landgericht Bremen stützt seine Entscheidung auf die Entscheidungen des OLG Bremen vom 16.11.07 (5 U 42/06), OLG Celle vom 17.01.08 (13 U 152/07), OLG Hamm vom 06.03.08 (2 U 114/07); OLG Oldenburg vom 05.09.08 (12 U 49/07), BGH vom 29.04.08 (KZR 2/07) wie folgt:


Zitat

TATBESTAND

Die Klägerin begehrt Rückzahlung von zu viel gezahltem Entgelt für Gaslieferungen aus ungerechtfertigter Bereicherung wegen nach ihrer Auffassung unwirksamer Gaspreiserhöhungen der Beklagten.
Zwischen den Parteien bestehen drei Vertragsverhältnisse über Gaslieferung für die Verbrauchsstellen in Bremen O..str. vom 24.09.02 (BI. 6 f. d.A. = Anlage K 1 a), O..str. vom 29.07.03 (BI. 8 f. d.A. = Anlage K 1 b) und ( vom 27.09.01 (BI. 10 f. d.A. = Anlage K 1 c), jeweils bezeichnet als Gassondervertrag „EnordiaGas basis plus\".

Die Verträge enthalten unter anderem folgende Regelungen:

A)

Anlage K 1 a und b:
 
§ 3: \"Die swb Enordia ist berechtigt, die genannten Preise im gleichen Umfang wie ihre Vorlieferanten an die Lohnkosten und die Heizölentwicklung anzupassen. Bei einer Änderung der Preisänderungsklausel oder sonstiger Bestimmungen in den Gasbezugsverträgen kann die swb Enordia auch für diesen Vertrag eine entsprechende Anpassung verlangen. ... Sollten Gesetze oder sonstige Regierungs- oder Verwaltungsanordnungen erlassen werden, welche die Kosten der Erzeugung, des Bezuges, der Fortleitung, der Verteilung oder der Abgabe von Gas unmittelbar oder mittelbar ändern, werden die Preise entsprechend angepasst. Preisänderungen werden dem Kunden durch individuelle Rundschreiben oder durch Veröffentlichung in der Presse bekanntgegeben.\"

B)

Anlage K 1 c:

§ 3: „Die jeweils gültigen „Allgemeinen Bedingungen für die Gasversorgung von Tarifkunden\", die Anlagen der swb Enordia hierzu und die besonderen Bedingungen der beigefügten „Anlage zum Gassondervertrag\" bilden einen wesentlichen Bestandteil des Gassondervertrages.\"


Der Gaspreis zum Zeitpunkt des ersten Widerspruches betrug 3,46 Cent pro kw/h zzgl. Umsatzsteuer. Die Beklagte nahm im Zeitraum ab 1.10.2004 Gaspreiserhöhungen auf die folgenden Beträge vor:
1.10.2004 — 31.12.2004 auf   3,67240   Cent pro kWh zzgl. Ust.
1.01.2005 — 30.09.2005 auf   3,84480   Cent pro kWh zzgl. Ust.
1.10.2005 — 31.12.2005 auf   4,47020   Cent pro kWh zzgl. Ust.
seit 1.01.2006   auf   4,78448   Cent pro kWh zzgl. Ust.

Die Klägerin ist der Ansicht, die in den Gaslieferungsverträgen enthaltenen Preisänderungsklauseln der Beklagten seien unwirksam. Dies folge aus der jüngsten Rechtsprechung zu solchen Klauseln, nach der ein Verstoß gegen das Transparenzgebot vorliege. Insbesondere folge dies aus den Urteilen des LG Bremen in der Sache 8 0 1065/05 und des OLG Bremen 5 U 42/06. Dort sei die hier streitgegenständliche Preis-erhöhungsklausel bereits als unwirksam betrachtet worden wegen Verstoß gegen § 307 BGB.
Aufgrund der unwirksamen Gaspreiserhöhungsklausel seien sämtliche Preisveränderungen unwirksam. Grundlage der Berechnung des geschuldeten Gaspreises sei derjenige, welcher bei Vertragsschluss bestanden habe.
 
Wegen der Einzelheiten der Berechnung des Gaspreises ohne Preiserhöhungen wird auf die Anlagen K 2 a bis c, BI. 12-14 d.A. verwiesen sowie auf die Erläuterung der Berechnung im Schriftsatz des Klägervertreters vom 7.11.2008, BI. 149 d.A.

Die Nebenforderung resultiere aus Verzugsgesichtspunkten, da die Klägerin die Beklagte außergerichtlich zur Zahlung aufgefordert und die Beklagte die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert habe.

Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 8.572,58 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von 718,40 € zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, die von ihr in den 3 Verträgen verwendeten Preisänderungsklauseln seien wirksam und die Beklagte daher berechtigt gewesen, die Gaspreise zu den gegebenen Zeitpunkten in der jeweiligen Höhe anzupassen.

Die Grundsätze aus den von der Klägerin zitierten Urteilen des Landgerichts und des Hanseatischen Oberlandesgerichts Bremen seien schon deshalb nicht anwendbar, weil es sich bei der Klägerin - anders als im dortigen Fall - nicht um einen Verbraucher im Sinne von § 13 BGB handele. Auch sei der Vertrag Anl. k1c bislang nicht Gegenstand von Entscheidungen gewesen.

Die Preisanpassungsklauseln seien hinreichend transparent und verstießen nicht gegen § 307 BGB. Selbst wenn das der Fall sei, so habe die Beklagte ein Leistungsbestimmungsrecht nach § 315 BGB gehabt. Auch eine ergänzende Vertragsauslegung ergebe die Berechtigung der Beklagten zu den von ihr vorgenommenen Preiserhöhungen. Schließlich führe das Preisklauselgesetz dazu, dass die Klausel erst nach rechtskräftiger Feststellung ihrer Unwirksamkeit außer Kraft trete. Wegen der weiteren rechtlichen Argumentation der Beklagten wird auf ihre Klagbeantwortung vom 28.5.2008 (BI. 57 ff. d.A.) und ihre Schriftsätze vom 16.10.2008 (BI. 134 ff. d.A.) und vom 29.12.2008 (BI. 220 ff. d.A.) verwiesen.
 
Im Übrigen wird wegen des weiteren Vorbringens der Parteien auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen sowie auf die Protokolle der öffentlichen Sitzungen vom 24.10.2008 und 23.01.2009.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

Die zulässige Klage ist in vollem Umfang begründet.

Der Klägerin steht der mit der Klage geltend gemachte Betrag als Rückforderungsanspruch aus § 812 11 Alt.1 BGB zu. Denn die Preiserhöhungsklauseln in den streitgegenständlichen 3 Gaslieferungsverträgen sind nach Auffassung der Kammer jeweils unwirksam.

Bei der Beurteilung der Wirksamkeit der Preiserhöhungsklauseln war zunächst zwischen den Verträgen aus Anlage K 1 a und b einerseits und Anlage K 1 c andererseits zu differenzieren.

1.)

Die von der Beklagten verwendeten Preisanpassungsklauseln in den Verträgen Anl. K1 a und K1 b halten einer Inhaltskontrolle aufgrund der Vorschriften über das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach § 307 Abs. 1 BGB nicht stand, weil sie die Klägerin entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Diese Benachteiligung folgt daraus, dass die Klauseln der Beklagten das Recht einräumen, den ursprünglich vereinbarten Gaspreis unter für die Klägerin nicht voraussehbaren und insbesondere nicht nachvollziehbaren Voraussetzungen zu ändern (vgl. hierzu OLG Bremen vom 16.11.07, Az: 5 U 42/06, zit. nach Juris, Rn. 39).

a)

Die Unwirksamkeit der in Rede stehenden Preisanpassungsregelungen folgt dabei vor allem daraus, dass es die beanstandeten Klauseln an einer hinreichend klaren und nachvollziehbaren Beschreibung der für eine Preiserhöhung maßgeblichen Be-zugsfaktoren und deren Gewichtung im Hinblick auf ihre Bedeutung für die Kalkulation des Gaspreises fehlen lassen (vgl. hierzu OLG Bremen, a.a.O., Rn. 41).
 
Preisanpassungsklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen müssen aber so beschaffen sein, dass der Vertragspartner den Umfang der auf ihn zukommenden Preissteigerungen bei Vertragsschluss aus der Formulierung der Klausel erkennen und die Berechtigung einer von dem Verwender vorgenommenen Erhöhung an der Ermächtigungsklausel selbst messen kann (vgl. hierzu OLG Bremen, a.a.O., Rn. 43). Das Transparenzgebot soll nämlich verhindern, dass der Verwender durch einen ungenauen Tatbestand oder eine ungenaue Rechtsfolge ungerechtfertigte Beurteilungsspielräume in Anspruch nehmen kann. Deshalb bedarf es einer möglichst konkreten Festlegung der Voraussetzungen, unter denen das Preisänderungsrecht entsteht (BGH, NJW-RR 2005, 1717; OLG Stuttgart, NJW-RR 2005, 858 m.w.N.; Rott, VuR 2006, 283, 284).

Um diese Voraussetzungen zu erfüllen, ist es aber erforderlich, dass die für die Berechnung der Preisänderung notwendigen Daten dem Kunden entweder vom Energieversorger zur Verfügung gestellt werden oder der Kunde die Möglichkeit hat, sich diese Daten aus allgemein zugänglichen Quellen (etwa aus Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamtes) zu beschaffen. Zwar sind dabei ggf. Einschränkungen der allgemeinen Verständlichkeit einer solchen Preisanpassungsklausel Wegen der möglichen Komplexität der Berechnungen von Preiserhöhungen auf Grund geänderter Bezugspreise oder anderer Bezugskosten des Energieversorgers und weil sich eine einfache Formel in einer Preisänderungsklausel jedenfalls bei leitungsgebundenen Energielieferverträgen offenbar nicht ohne weiteres erstellen lässt,
hinzunehmen. Unabdingbar ist jedoch, dass der Kunde jedenfalls die Möglichkeit erhält, an Hand ihm zugänglicher Daten etwaige Preisänderungen nachzuvollziehen und nachzurechnen. Eine Klausel, in der Preisänderungen unter Bezugnahme auf Daten erfolgen, die sich der Kunde nicht beschaffen kann (z.B. wenn auf Bezugs- oder Lohnkosten von Vorlieferanten abgestellt wird, die dem Kunden nicht bekannt gegeben werden), genügt diesen Anforderungen nicht (vgl. hierzu OLG Bremen, a.a.O., Rn. 43).

b)

Zwar handelte es sich bei den Klägern der sog. Sammelklage vor dem Oberlandesgericht in Bremen um Verbraucher, während hier eine Unternehmerin klagt, so dass für die Frage der Erfüllung des Transparenzgebotes von Allgemeinen Geschäftsbedinungen grundsätzlich auch eine andere Wertung in Betracht kommt. Es ist nach Ansicht der Kammer jedoch nicht ersichtlich, warum diese Mindestanforderung von Transparenz nicht auch gegenüber Unternehmern als Vertragspartnern des Versorgungsunternehmens gelten soll, zumal diese ebenso wenig Einblick in die Preiskalkulation des Gasversorgers haben. Auch Unternehmer müssen bei Vertragsschluss die Voraussetzungen der auf sie zukommenden Preissteigerungen aus der Formulierung der Klausel erkennen können, um in der Lage zu sein, die Berechtigung einer vom Verwender sodann vorgenommenen Erhöhung zu überprüfen.

c)

Die Unwirksamkeit der beanstandeten Klauseln führt auch nicht dazu, dass im vorliegenden Fall eine Preisänderung im Wege der Leistungsbestimmung nach § 315 BGB erfolgen kann. Legt eine Preisanpassungsklausel die einzelnen Parameter für die weitere Entwicklung der Energiepreise abschließend fest, wie es hier der Fall ist, ist zwar zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses deren Entwicklung und damit auch die zukünftig zu zahlende Höhe der Energiepreise noch unbestimmt. Darin liegt jedoch keine vertragliche Einräumung eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts, sondern lediglich die rechtsgeschäftlich grundsätzlich zulässige Vereinbarung von detailliert fixierten Parametern für die zukünftige Preisentwicklung (vgl. hierzu OLG Bremen, a.a.O., Rn. 49; Büdenbender, NJW 2007, 2945). Fehlt es, wie hier, auf Grund einer konkret vereinbarten Preisanpassungsklausel an einem Entscheidungsspielraum für die künftige Preisentwicklung, so ist sie durch das Versorgungsunternehmen nicht einseitig gestaltbar, sondern von beiden Vertragsparteien vorher konsensual abgesprochen. Die fehlende Vorhersehbarkeit der zukünftigen Entwicklung für preisbildende Faktoren an sich begründet auch keine vertragliche Befugnis zur einseitigen Preisfestsetzung.

d)

Obwohl die beanstandeten Klauseln jeweils auf die AVBGasV und damit auch auf deren § 4 ergänzend Bezug nehmen, kann diese Vorschrift nicht ergänzend herangezogen werden, um der Beklagten im vorliegenden Fall ein einseitiges Preiserhöhungsrecht einzuräumen. Wie bereits ausgeführt, haben die Parteien hier eine konkrete, wenn auch unwirksame Preisanpassungsklausel vereinbart. Für die Klägerin wäre es überraschend im Sinne von § 305 c BGB, wenn durch eine Verweisungskette an die Stelle einer solchen konkreten Vereinbarung ein einseitiges Preisgestaltungsrecht der Beklagten träte, das in ihrem freien Ermessen stünde und damit noch weniger überprüfbar wäre. Hinzu kommt, dass sich eine ergänzende Heranziehung von § 4 Abs. 1 AVBGasV als Umgehung des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion von Allgemeinen Geschäftsbedingungen darstellen würde, wenn diese Vorschrift oder deren Regelungsgehalt an die Stelle der speziellen Preiserhöhungsklauseln treten würde (vgl. Rott, VuR 2006, 283, 284; OLG Bremen, a.a.O., Rn. 51).
Eine unmittelbare Anwendung von § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV scheitert schon daran, dass die AVBGasV gemäß ihrem § 1 Abs. 2 nur für Tarifkunden gilt, die Klägerin aber Sonderkundin ist, auf die sich die Anwendung der AVBGasV nicht erstreckt.
 
e)

Entgegen der Auffassung der Beklagten scheidet hier auch eine Preiserhöhung im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung aus (vgl. dazu auch Halfmeier, VUR 2006, 417, 418]. Im vorliegenden Fall fehlt es zwar an einer dispositiven gesetzlichen Regelung zur Preisanpassung. Insbesondere kann, wie oben ausgeführt, die Regelung in § 4 Abs. 1 AVBGasV nicht ergänzend herangezogen werden. Aber auch für eine ergänzende Vertragsauslegung besteht kein Raum, denn es ist hier auch nach einem objektiv-generalisierenden Maßstab schon nicht feststellbar, welche Regelung die Parteien getroffen hätten, wenn ihnen die Unwirksamkeit der Klausel bei Vertragsschluss bekannt gewesen wäre. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass auch im Rahmen einer ergänzenden Vertragsauslegung die genannten Anforderungen an die Transparenz einer Preisänderungsklausel Beachtung finden müssen. Wie ebenfalls dargelegt, würde es gegen § 307 BGB und gegen das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion verstoßen, wenn eine unwirksame spezielle Regelung durch ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht zu Gunsten des Verwenders ersetzt werden würde (vgl. hierzu OLG Bremen, a.a.O., Rn. 55).

f)

Schließlich kann sich die Beklagte nicht auf das Preisklauselgesetz berufen und geltend machen, dass nach § 8 PreisklG die Unwirksamkeit der Preisklausel erst zum Zeitpunkt der rechtskräftigen Feststellung des Verstoßes eintritt und die Rechtswirkungen der Preisklausel bis zum Zeitpunkt der Unwirksamkeit unberührt bleiben. Nach Auffassung des Gerichts ist das Preisklauselgesetz hier wegen § 2 I, II, III Nr. 1, 2 PreisklG nicht einschlägig. Denn nach § 2 I PreisklG ist eine Preisklausel nur dann von dem grundsätzlich geltenden Preisklauselverbot ausgenommen, wenn sie im Einzelfall hinreichend bestimmt ist und keine Vertragspartei unangemessen benachteiligt. Hier fehlt es zum einen an der Bestimmtheit der Klausel (vgl. die obigen Ausführungen zur mangelnden Transparenz). Zum anderen ist vorliegend nur eine einseitige Preiserhöhungsmöglichkeit für die Beklagte vorgesehen, nicht aber ein Ermäßigungsanspruch der Klägerin bei Preisrückgang (vgl. § 2 III Nr. 1, 2 PreisklG).

2.)

Der Vertrag Anl. K1 c enthält keine eigenständige Preiserhöhungsklausel, sondern verweist insoweit allgemein auf die „allgemeinen Bedingungen für die Gasversorgung von Tarifkunden\". Dies entspricht dem Verweis auf § 4 I, II AVBGasV.

a)

Zwar ist anerkannt, dass § 4 AVBGasV für sich genommen wirksam ist. Die AVBGasV gelten jedoch ausdrücklich nur für Tarifkunden, während es sich vorliegend um Sonderabnehmer handelt.

Auf Sonderkunden findet die AVBGasV keine unmittelbare Anwendung (vgl. BGH, Urteil vom 29.4.2008 - KZR 2/07, zit. nach Juris S. 13, 15; OLG Bremen, a.a.O., Rn. 52; OLG Oldenburg vom 5.09.2008 - 12 U 49/07, zit. nach Juris Rn. 26). Das Preisbestimmungsrecht, das die Beklagte für sich in Anspruch nimmt, ergibt sich daher nicht aus einer gesetzlichen Regelung.

Es kann nur vertraglicher Natur sein (BGH, NJW 1959, 1423, 1424).

Die Kammer ist der Ansicht, dass § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV für den hier in Rede stehenden Sonderkundenbereich keine taugliche Regelung darstellen, auf die im Wege einer Bezugnahme zurückgegriffen bzw. über die im Wege einer ergänzenden vertraglichen Bestimmung ein einseitiges Preisanpassungsrecht für die Beklagte begründet werden kann.

Im Sonderkundenbereich hätte die Beklagte vielmehr ein solches Recht nur dadurch vereinbaren können, dass sie es in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausdrücklich - und damit für jedermann klar und verständlich regelt (vgl. hierzu OLG Oldenburg a.a.O., Rn. 38].

b)

Selbst bei wirksamer vertraglicher Einbeziehung der AVBGasV in die zwischen den Parteien bestehenden Vertragsverhältnisse und bei Unterstellung der Begründung eines Preisanpassungsrechtes durch die Verweisung, hat jedoch eine Überprüfung der Vorschriften anhand der §§ 305 ff. BGB zu erfolgen (vgl. hierzu OLG Oldenburg a.a.O., Rn. 76). Die Regelungen der AVBGasV sind in diesem Fall allgemeine Geschäftsbedingungen. Ihrer Inhaltskontrolle steht nicht entgegen, dass gemäß § 310 Abs. 2 Satz 1 BGB die §§ 308, 309 BGB auf Verträge der Gasversorgungsunternehmen keine Anwendung finden, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden abweichen. Damit sind die Klauseln aber immer noch einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB zu unterziehen (BGH KZR 2/07, Urteil vom 29.4.2008, S. 13; OLG Oldenburg a.a.O., Rn. 77).

Die Einschränkung in § 310 Abs. 2 S. 1 BGB hat auch keine mittelbaren Auswirkungen auf die Inhaltskontrolle von § 4 AVBGasV. Insbesondere lässt sich eine Beschränkung der Kontrollmöglichkeit für die hier in Rede stehende Vorschrift nicht mit der Notwendigkeit einer Gleichbehandlung von Sonderabnehmern mit Tarifkunden begründen (vgl. hierzu OLG Oldenburg a.a.O., Rn. 78].

Die von der Beklagten verwendeten Bestimmungen sind unwirksam, weil sie gegen das Transparenzgebot verstoßen (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB). Das Transparenzgebot ist aus zwei Gründen verletzt. Zum einen kann - selbst der juristisch vorgebildete - Kunde aus § 4 AVBGasV nicht mit der erforderlichen Sicherheit entnehmen, dass der Versorger hiermit ein einseitiges Preisanpassungsrecht zu seinen Gunsten begründen will.
 
Zum anderen sagen die Bestimmungen nichts darüber aus, nach welchen Regeln eine Preisanpassung vollzogen werden soll.

Zunächst lassen sie nicht erkennen, dass hiermit überhaupt ein Preisanpassungsrecht begründet werden sollte. Selbst wenn man insoweit dem Rechtsstandpunkt der Beklagten folgen wollte, so erschließt sich die Absicht, durch die Verweisung ein Preisänderungsrecht zu schaffen, für den juristischen Laien erst über einen Rückschluss sowie durch eine Auswertung einzelner energierechtlicher Kommentarstellen bzw. der erst in neuerer Zeit ergangenen Rechtsprechung zur Rechtslage bei allgemeinen Tarifkunden (vgl. OLG Oldenburg a.a.O., Rn. 86)

Außerdem sind die Regelungen inhaltlich intransparent. Sie nennen kein einziges Kriterium, aus dem sich die sachlichen Voraussetzungen und der zulässige Umfang einer Preisänderung ergeben könnte (vgl. hierzu die Ausführungen zu den Verträgen Anl. K1 a und K1 b).

c)

Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass den Bestimmungen der AVBGasV eine „Leitbildfunktion im weiteren Sinne\" zukommen kann und sie damit einen Hinweis darauf geben können, was auch im Vertragsverhältnis mit Sonderabnehmern als (noch) im Einklang mit § 307 BGB anzusehen ist (vgl. BGH vom 29.4.2008 - KZR 2/07; NJW 1998, 1640, 1642; OLG Oldenburg a.a.O., Rn. 88].

Selbst wenn für den hier in Rede stehenden § 4 AVBGasV das Leitbild zeigen sollte, dass der Gesetzgeber die Möglichkeit von Preisänderungen im laufenden Vertragsverhältnis befürwortet, gibt die Vorschrift zumindest keine Antwort auf die entscheidungserhebliche Frage, unter welchen Voraussetzungen, zu welchen Zeitpunkten und in welchem Umfang Preise erhöht werden dürfen oder auch wieder gesenkt werden müssen (OLG Hamm vom 6. März 2008 - 2 U 114/07].

Ein Leitbild für eine ausgewogene Regelung, die beiden Vertragsseiten gerecht wird, müsste demgegenüber die Kriterien aufzeigen, nach denen die Anpassung der Preise stattfinden soll. Denn nur dadurch würde dem Kunden die erforderliche Kontrollmöglichkeit verschafft. Ohne Festlegung dieser Voraussetzungen hat er insbesondere im Fall einer Kostensenkung keine Möglichkeit, eine Preisermäßigung durchzusetzen (vgl. hierzu OLG Oldenburg a.a.O., Rn. 88].

Im Übrigen wäre es unbillig, wenn Preisanpassungsklauseln, welche die für eine Preisänderung maßgebenden Kostenelemente (detailliert) benennen und damit für den Verbraucher eine gewisse Transparenz schaffen, bei der Wirksamkeitsprüfung einer strengeren Kontrolle unterlägen als eine Klausel, die sich allein auf einen nichts sagenden Verordnungstext bezieht (OLG Gelle vom 17. Januar 2008 - 13 U 152/07; OLG Oldenburg a.a.O., Rn. 89].

d)

Zur Folgeargumentation wird auf die Ausführungen zu den Verträgen Anl. K1 a und b verwiesen.

3.)   

Auch der Höhe nach ist die begehrte Rückzahlung vollumfänglich begründet. Die Klägerin stellt in ihrer Berechnung die tatsächlich abgerechneten und gezahlten Beträge den Beträgen gegenüber, die nur hätten gezahlt werden müssen, wenn es keine Preiserhöhungen gegeben hätte. Diese schlüssige Berechnung wurde seitens der Beklagten in tatsächlicher Hinsicht nicht bestritten.

4.)
   
Die Verzinsung seit Rechtshängigkeit folgt aus §§ 280 II, II, 286, 291 BGB. Schließlich kann die Klägerin die Erstattung der begehrten vorgerichtlichen Anwaltskosten aus Verzug beanspruchen gemäß §§ 280 I, II, 286 I, II Nr. 3 BGB. Eine Mahnung seitens der Klägerin war hier entbehrlich wegen ernsthafter und endgültiger Verweigerung der Leistung durch die Beklagte. Nach dem insoweit unbestrittenen Vortrag der Klägerin ließ die Beklagte vorprozessual bereits auf die Rügen der Klägerin zu den Gaspreiserhöhungen hin keinen Zweifel daran aufkommen, dass Rückzahlungen der vereinnahmten Gaspreise nicht in Betracht kommen. Dies war aus Sicht eines verständigen Dritten als das „letzte Wort\' der Beklagten hierzu aufzufassen. Nach Ansicht der Kammer bedarf es hierbei wegen Entbehrlichkeit der Mahnung keiner vorherigen Bezifferung des Rückforderungsanspruchs für den Verzugsbeginn.

II.

Die Entscheidung zu den Kosten folgt aus § 91 I ZPO, diejenige zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.