Forum des Bundes der Energieverbraucher

Energiepreis-Protest => Grundsatzfragen => Thema gestartet von: Ronny am 05. Februar 2009, 14:57:36

Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Ronny am 05. Februar 2009, 14:57:36
(edit Evitel2004: abgehangen aus: Dritter Termin beim LG Itzehoe 15.01.2009 (http://forum.bdev.de/thread.php?threadid=11252) )

Hallo Herr Fricke,

ich finde es unglaublich interessant, dass Sie das BGH-Urteil vom 17.12.2008 bisher so gut wie gar nicht kommentiert haben. Hier im Thread findet sich folgende kurze Erwähnung:

Zitat
Gleichwohl wurden alle Preisänderungsklauseln für unwirksam erklärt (BGH, Urt. v. 13.12.2006 VIII ZR 25/06; Urt. v. 29.04.2008 - KZR 2/07; Urt. v. 17.12.2008 - VIII ZR 274/06)

Im eigentlichen Thread zum Verfahren findet man einzig dieses Fazit:

Zitat
[/size]
Zitat: Zu Unrecht hat das Berufungsgericht dagegen angenommen, dass die vorgenannten Gaspreiserhöhungen wirksam sind. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die von der Beklagten verwendete Preisanpassungsregelung in § 2 Nr. 2 des \"Gasversorgungs-Sondervertrages\" der Parteien, einem von der Beklagten vorformulierten Vertrag über die leitungsgebundene Versorgung von Sonderkunden mit Erdgas (im Folgenden nur: Sondervertrag), gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB unwirksam, weil sie nicht klar und verständlich ist und die Kunden der Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Ein Recht zur einseitigen Änderung des Gaspreises steht der Beklagten daher nicht zu, sodass die streitigen Preiserhöhungen schon deshalb unwirksam sind. Auf die Fragen, ob die Preiserhöhungen einer Billigkeitskontrolle gemäß § 315 Abs. 3 BGB standhielten, kommt es somit für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht an.

Fazit:

In Sonderverträgen (alle die wo zu günstigeren als den als solchen öffentlich bekannt gemachten Allgemeinen Tarifen beliefert werden, vgl. KG Berlin, Urt. v. 28.10.2008 Az. 21 U 160/06) sind einseitige Änderungen der vertraglich vereinbarten Preise nur zulässig, wenn eine Preisänderungsklausel in den Vertrag einbezogen wurde (§ 305 Abs. 2 BGB) und diese Klausel als Preisnebenabrede der Inhalstkontrolle standhält und wirksam ist. Liegt keine oder keine wirksame Preisänderungsklausel vor, kommt es nicht darauf an, ob die einseitige Preisänderung einer Billigkeitskontrolle standhielte.
[/size]


Es erstaunt mich doch, dass Sie die Randnummer 20 des Urteils nicht erwähnen (Randnummer 21 konnten Sie doch auch zitieren):

Zitat
Die AVBGasV hat allerdings ebenso wie die Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie (AVBEltV) eine \"Leitbildfunktion im weiteren Sinne\". Sie verkörpert eine Wertentscheidung, die der Verordnungsgeber im Tarifkundenbereich getroffen hat, und enthält somit einen gewichtigen Hinweis auf das, was auch im Vertragsverhältnis mit Sonderabnehmern als angemessen zu betrachten ist. Diese Indizwirkung ergibt sich aus der Absicht des Gesetzgebers des AGB-Gesetzes, durch die Regelung in § 23 Abs. 2 Nr. 2 AGBG weiterhin eine Versorgung der Sonderabnehmer ganz oder teilweise zu den für Tarifabnehmer geltenden Bedingungen zuzulassen. Die damit angestrebte sachliche Gleichbehandlung von Tarif- und Sondervertragskunden beruht auf dem Gedanken, dass Sonderabnehmer regelmäßig keines stärkeren Schutzes bedürfen als Tarifabnehmer (vgl. zur AVBEltV BGHZ 138, 118, 126 f. unter Hinweis auf BR-Drs. 360/75, S. 42). Dies hat der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung zu § 310 Abs. 2 BGB, mit dem die Regelung des § 23 Abs. 2 Nr. 2 AGBG in das Bürgerliche Gesetzbuch übernommen worden ist, ausdrücklich bestätigt und ausgeführt, dass es den Versorgungsunternehmen frei stehen müsse, ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen mit Sonderabnehmern entsprechend den Allgemeinen Versorgungsbedingungen zu gestalten (BT-Drs. 14/6040, S. 160).

Daraus ergibt sich doch sehr deutlich, unter welchen Bedingungen Preisanpassungsklauseln in Verträgen mit Sonderkunden wirksam sein können.

Eine Preisanpassungsklausel, die die Regelungen des § 4 Abs. 2 ABVGasV oder § 5 Abs. 2 GasGVV nachbildet, wird wirksam sein.

Warum informieren Sie die Forumsteilnehmer hier nicht neutral?


Ronny
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 05. Februar 2009, 16:01:35
@Ronny

Ich weiß nicht, wer Sie ggf. nicht neutral informiert hat.

Ihre Folgerung ist nicht zutreffend.

Der achte Senat hat es ausdrücklich offen gelassen, ob solche Klauseln zulässig sein können. Aus der Pressemitteilung des BGH ist im dortigen Thread zitiert:

Zitat
Der Bundesgerichtshof hat offen gelassen, ob Preisanpassungsklauseln in Sonderkundenverträgen einer Prüfung nach § 307 BGB standhalten, wenn sie entsprechend den Regelungen in § 4 Abs. 1 und 2 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Gasversorgung von Tarifkunden (AVBGasV) gestaltet sind, an deren Stelle ab dem 8. November 2006 die Gasgrundversorgungsverordnung (GasGVV) getreten ist. Eine Entscheidung darüber war nicht erforderlich. Denn eine entsprechende Übernahme der Regelungen der AVBGasV lässt sich der von der Beklagten verwendeten Preisanpassungsklausel schon deshalb nicht entnehmen, weil keine Klarheit darüber besteht, in welcher Weise die Preisänderungen bei Vorliegen der Voraussetzungen zu erfolgen haben. Insbesondere folgt aus der Klausel nicht klar und verständlich, ob der Beklagten ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht zustehen soll, wie es sich aus § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV ergibt (Urteil vom 13. Juni 2007, BGHZ 172, 315; Urteil vom 19. November 2008 – VIII ZR 138/07; dazu Pressemitteilungen Nr. 70/2007 und Nr. 211/2008.


Der Senat müsste - wenn er von der Rechtsprechung der anderen Senate abweichen wollte -  den Großen Senat anrufen.

In der Entscheidung vom 28.03.2007 - VIII ZR 144/06 Rn. 16 hatte der Senat noch ausdrücklich offen gelassen, ob einseitige Stromtariferhöhungen gem. § 4 AVBEltV der gerichtlichen Billigkeitskontrolle unterliegen. Einige hatten aus dieser Entscheidung sogleich geschlossen, Strompreiserhöhungen unterlägen keiner Billigkeitskontrolle. Nun weiß man es - hoffentlich - besser, nachdem eine Billigkeitskontrolle in unmittelbarer Anwendung des § 315 BGB bei Bestehen eines gesetzlichen Leistungsbestimmungsrechts Anwendung findet.  



1.

Bei Sonderverträgen besteht kein gesetzliches Leistungsbestimmungsrecht. Wird bei Vertragsabschluss ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht in Bezug auf den zu zahlenden Preis vereinbart, unterliegt von Anfang an der Gesamtpreis einer Billigkeitskontrolle.

In Sonderverträgen wird aber regelmäßig kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vereinbart, sondern die Parteien einigen sich bei Vertragsabschluss auf einen Preis.

Dieser Preis kann nachträglich nur dann einseitig abgeändert werden, wenn es dafür eine vertragliche Grundlage gibt. Eine solche besteht nicht, wenn sich eine Preisänderungsklausel als unwirksam erweist.

Preisänderungsklauseln in Versorgungsverträgen unterliegen der Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB.

BGH, Urt. v. 17.12.2008 - VIII ZR 274/06 Tz. 13


Zitat
Die Preisanpassungsklausel in § 2 Nr. 2 des Sondervertrages ist als Versorgungsbedingung in dem Vertrag eines Gasversorgungsunternehmens mit Sonderkunden nicht durch § 310 Abs. 2 BGB der Inhaltskontrolle gemäß § 307 BGB entzogen (BGHZ 138, 118, 123 zu den Vorgängerregelungen in § 23 Abs. 2 Nr. 2 und § 9 AGBG). Sie unterliegt gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB als Preisnebenabrede der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB (st. Rspr., vgl. Senatsurteil vom 21. September 2005 – VIII ZR 38/05, WM 2005, 2335, unter II 1 m.w.N.).


2.

Der weite Spielraum der Billigkeit genügt dabei nicht den Anforderungen, die dabei an die Konkretisierung zu stellen sind, vgl. BGH, Urt. v. 13.07.2004 - KZR 10/03 unter II.6:

Zitat
Die Unangemessenheit der Klausel läßt sich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht mit dem Argument ausräumen, eine einseitige Leistungsbestimmung habe gemäß § 315 BGB nach billigem Ermessen zu erfolgen und sei andernfalls unverbindlich. § 315 BGB scheidet als unmittelbare Rechtfertigung einer Klausel schon deshalb aus, weil die Vorschrift eine wirksame Anwendungsvereinbarung
bereits voraussetzt und die Entscheidung über die Wirksamkeit der Vertragsklausel sich ausschließlich nach den Angemessenheitsmaßstäben des § 307 BGB, § 9 AGBG richtet (BGHZ 89, 206, 213).

Auch als inhaltliche Beschränkung des Anwendungsbereichs einer Klausel läßt sich der in § 315 BGB enthaltene Rechtsgedanke nicht verwerten, weil der weite Spielraum der Billigkeit nicht den an die Eingrenzung und Konkretisierung einer Formularbestimmung zu stellenden Anforderungen genügt (BGHZ 89 aaO).

3.

Nichts anderes ergibt sich aus § 310 Abs. 2 BGB (früher § 23 AGBG), da dieser sich überhaupt nicht auf die Inhaltskontrolle nach § 307 BGB, 9 AGBG bezieht, noch nie bezog.

4.

Der Kartellsenat des BGH hat zutreffend entschieden, dass § 4 AVBGasV keine Leitbildfunktion für eine Preisänderungsklausel in einem Sondervertrag zukommt (vgl. BGH, Urt. v. 29.04.2008 - KZR 2/07).

Zitat
Entgegen der Auffassung der Revision steht der Unwirksamkeit der Preisänderungsklausel schließlich auch nicht entgegen, dass sie dem gesetzlichen Leitbild des (bis zum 7. November 2006 geltenden) § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV entspräche.

Allerdings kann den Bestimmungen der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Gasversorgung von Tarifkunden ebenso wie den Bestimmungen der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Elektrizitätsversorgung von Tarifkunden, obwohl sie für Sonderverträge nicht gelten, \"Leitbildfunktion im weiteren Sinne\" zukommen (BGHZ 138, 118, 126 ff.).

Indessen ist eine solche Funktion den Vorschriften der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Gasversorgung von Tarifkunden nicht pauschal beizumessen, sondern jeweils für die einzelne in Rede stehende Bestimmung zu prüfen. Damit wird auch dem Umstand angemessen Rechnung getragen, dass nach § 310 Abs. 2 BGB zwar die §§ 308, 309 keine Anwendung auf Verträge über die Versorgung von Sonderabnehmern mit Gas finden, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden abweichen, die allgemeine Inhaltskontrolle nach § 307 BGB jedoch nicht ausgeschlossen ist.

Hiernach kommt § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV Leitbildfunktion für die streitige Preisänderungsklausel nicht zu.


5.

Die Anforderungen, die an Preisänderungsvorbehalte infolge nachträglich gestiegener Kosten zu stellen sind, ergeben sich aus den genannten Entscheiungen des BGH vom 11.10.2007 - III ZR 63/07 und vom 15.11.2007 - III ZR 247/06:

Zitat
Sie sind ein geeignetes und anerkanntes Instrument zur Bewahrung des Gleichgewichts von Preis und Leistung bei langfristigen Lieferverträgen. Sie dienen dazu, einerseits dem Verwender das Risiko langfristiger Kalkulation abzunehmen und ihm seine Gewinnspanne trotz nachträglicher, ihn belastender Kostensteigerungen zu sichern und andererseits den Vertragspartner davor zu bewahren, dass der Verwender mögliche künftige Kostenerhöhungen vorsorglich schon bei Vertragsschluss durch Risikozuschläge aufzufangen versucht (Senatsurteil vom 11. Oktober 2007 - III ZR 63/07 - Rn. 19; BGH, Ur-teile vom 21. September 2005 - VIII ZR 38/05 - NJW-RR 2005, 1717 unter II. 2.; vom 13. Dezember 2006 - VIII ZR 25/06 - NJW 2007, 1054, 1055 Rn. 20; jeweils m.w.N.).

Die Schranke des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB wird allerdings nicht eingehalten, wenn die Preisanpassungsklausel es dem Verwender ermöglicht, über die Abwälzung konkreter Kostensteigerungen hinaus den zunächst vereinbarten Preis ohne Begrenzung anzuheben und so nicht nur eine Gewinnschmälerung zu vermeiden, sondern einen zusätzlichen Gewinn zu erzielen (Senatsurteil vom 11. Oktober 2007 aaO; BGH, Urteile vom 21. September 2005 aaO und vom 13. Dezember 2006 aaO Rn. 21; jeweils m.w.N.).

Dementsprechend sind Preisanpassungsklauseln nur zulässig, wenn die Befugnis des Verwenders zu Preisanhebungen von Kostenerhöhungen abhängig gemacht wird und die einzelnen Kostenelemente sowie deren Gewichtung bei der Kalkulation des Gesamtpreises offen gelegt werden, so dass der andere Vertragsteil bei Vertragsschluss die auf ihn zukommenden Preissteigerungen einschätzen kann (Senatsurteil vom 11. Oktober 2007 aaO; vgl. BGH, Urteile vom 11. Juni 1980 - VIII ZR 174/79 - NJW 1980, 2518, 2519 unter II 2. c); vom 19. November 2002 - X ZR 253/01 - NJW 2003, 746, 747 unter III. 2. a) m.w.N.; vom 21. September 2005 aaO S. 1717 f unter II. 3.b) und vom 13. Dezember 2006 aaO Rn. 23 ff).

Diesen Anforderungen wird die beanstandete Preisanpassungsklausel nicht gerecht. Sie verstößt zum einen gegen das aus § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB folgende Transparenzgebot. Sie ist deshalb zu unbestimmt, weil sie ganz allgemein an eine Erhöhung der nicht näher umschriebenen Bereitstellungskosten anknüpft und weder die Voraussetzungen noch den Umfang einer Preiserhöhung näher regelt. Insbesondere werden die Kostenelemente und deren Gewichtung im Hinblick auf ihre Bedeutung für die Kalkulation des Abonnementpreises nicht offen gelegt. Für den Abonnenten ist deshalb weder vorhersehbar, in welchen Bereichen Kostenänderungen auftreten können, noch hat er eine realistische Möglichkeit, etwaige Preiserhöhungen anhand der Klausel auf ihre Berechtigung hin zu überprüfen.

Zum anderen führt die Klausel auch nach ihrem Inhalt zu einer unange-messenen Benachteiligung des Abonnenten, weil sie Preiserhöhungen nicht auf den Umfang der Kostensteigerung begrenzt und sogar dann gestattet, wenn der Anstieg eines Kostenfaktors durch rückläufige Kosten in anderen Bereichen ausgeglichen wird. Somit ermöglicht die Bestimmung der Beklagten, die Abonnementpreise ohne jede Begrenzung zu erhöhen und nicht nur insgesamt gestiegene Kosten an ihre Kunden weiterzugeben, sondern auch einen zusätzlichen Gewinn zu erzielen. Gerade eine solche Verschiebung des vertraglichen Gleichgewichts durch einen praktisch unkontrollierbaren Preiserhöhungsspielraum will § 307 BGB verhindern.

6.

Wie eine Klausel, wonach der Versorger berechtigt sei, die Preise nachträglich der Marktentwicklung auf einem Wärmemarkt anzupassen, diesen Anforderungen auch nur ansatzweise genügen könnte, ist nicht ersichtlich. Nach der Rechtsprechung des BGH besteht schon einheitlicher Markt für Wärmeenergie.

Der Gasbezieher (Abonnent) kann weder zukünftige Änderungen abschätzen, noch hat er eine reale Möglichkeit, eine vorgenommene Änderung anhand der Klausel selbst zu kontrollieren.

Das dürfte wohl unstreitig sein.

7.

§ 307 BGB will durch die Erfordernisse der Konkretisierung gerade verhindern, dass eine gerichtliche Billigkeitskontrolle erforderlich wird.Deshalb passt der weite Spielraum der Billigkeit nicht in das enge Korsett, welches § 307 BGB voraussetzt.

Vgl. hierzu OLG Frankfurt, Urt.  vom 13.12.2007. (http://www.energieverbraucher.de/files.php?dl_mg_id=959&file=dl_mg_1199450050.pdf):

Zitat
Nach der - vom Senat geteilten - Auffassung des Bundesgerichtshofs (vgl. Urteil vom 13. Januar 2005, NJW-RR 2005, S. 858; Urteil vom 12. Juli 1989, NJW 1990,S. 115 f.) besteht bei langfristigen, auf Leistungsaustausch gerichteten Vertragsverhältnissen ein anerkennenswertes Bedürfnis, das bei Vertragsschluss bestehende Verhältnis von Leistung und Gegenleistung über die gesamte Vertragsdauerim Gleichgewicht zu halten. Je nachdem, ob es darum geht, den Anstieg der Gestehungskosten für die künftige Leistung oder den Wertverfall der Gegenleistung auszugleichen, kommen hierfür Kostenelemente- oder Wertsicherungsklauseln in Betracht.

Solche Klauseln dürfen aber - bei Meidung ihrer Unwirksamkeit nach § 307 Abs. 1 BGB - nicht zu einer ausschließlichen oder überwiegenden Wahrung der Verwenderinteressen führen.

Das Kaufrecht geht in § 433 Abs. 2 BGB von einer grundsätzlich bindenden Preisbestimmung aus und misst somit der Vorstellung der Parteien von der Gleichwertigkeit der von ihnen zu erbringenden Leistungen entscheidende Bedeutung bei (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 13. Dezember 2006, NJW 2007, S. 1054, 1055; Urteil vom 22. Februar 2002, MDR 2002, S. 752 ff., juris Rn. 17; Urteil vom 21. September 2005, NJW-RR 2005,S. 1717; Urteil vom 12. Juli 1989, NJW 1990, S. 115 f. mit weiteren Nachweisen).

Deshalb sind Preisanpassungsklauseln gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam, die dem Verwender nicht nur einen Ausgleich gestiegener Kosten, sondern eine zusätzliche Gewinnerzielung und damit eine nachträgliche Verschiebung des Preis-Leistungs-Verhältnisses zulasten des Vertragspartners ermöglichen (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 13. Dezember 2006, NJW 2007, S. 1054, 1055; Urteil vom 21. September 2005, NJW-RR 2005, S. 1717; Urteil vom 12. Juli 1989, NJW 1990, S. 115, 116; Urteil vom 6. Dezember 1984, NJW 1985, S. 855, 856; Urteil vom7. Oktober 1981, NJW 1982, S. 331, 332).

Zudem muss eine Preisänderungsklausel nach dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB möglichst klar und so verständlich gefasst sein, dass ein aufmerksamer und sorgfältiger Vertragspartner (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 13. Januar 2005, NJW-RR 2005, S. 858; Urteil vom 3. Juni 1998, NJW 1998,S. 3114, 3116) des Verwenders den Umfang der auf ihn zukommenden Preissteigerungen bei Vertragsschluss aus der Formulierung der Klausel erkennen und die Berechtigung einer vom Verwender vorgenommenen Erhöhungan der Ermächtigungsklausel selbst messen kann (vgl. Bundesgerichtshof, Urteile vom 19. November 2002, NJW 2003, S. 746, 747 und S. 507, 509; Urteil vom 26. Mai 1986, NJW 1986, S. 3134, 3135; Urteil vom 11. Juni 1980, NJW 1980,S. 2518, 2519).

Das Landgericht hat Ziffer 4 der für den Vario-Tarif der Beklagten geltenden Vertragsbedingungen zu Recht an den vorstehenden Grundsätzen gemessen.

Die Rügen der Beklagten, die streitgegenständliche Klausel sei schon wegen ihrer „Strukturgleichheit“ mit § 4 Abs. 2 der Allgemeinen Versorgungsbedingungen für Elektrizitätslieferungen (AVBEltV) unbedenklich, sie unterliege zudem alsPreisvorbehaltsklausel im Sinne von § 1 Nr. 1 Preisklauselverordnung (PrKV, jetzt: § 1 Abs. 2 Nr. 1 PrKG) wegen der Kontrollmöglichkeit des § 315 Abs. 3 BGB geringeren Transparenzanforderungen und dürfe auch zur Gewinnsteigerung verwendet werden, zumal die Wettbewerbssituation der Beklagten einen ausreichendenKundenschutz biete, sind unbegründet.
...

Auch beschränken sich die vom Bundesgerichtshof für Preisänderungsklauselnaufgestellten Grundsätze nicht - wie die Beklagte meint - auf Kostenelementeklauseln im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 3 PrKG. Dies ergibt sich deutlich aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 11. Juni 1980 (NJW 1980, S. 2518, 2519), das zu einer Preiserhöhungsklausel ergangen ist, die keine Bezugnahme auf Kostenelemente enthielt.

Auch in dem von der Beklagten herangezogenen Urteil vom 19. Oktober 1999 (NJW 2000, S. 651, 652) ist der Bundesgerichtshof nicht von den geschilderten Grundsätzen abgewichen. Vielmehr hat er ihre Geltung auf einen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen einseitigen Bestimmungsvorbehalt erstreckt: Auch eine solche Regelung könne nur hingenommen werden, soweit sie bei unsicherer Entwicklung der Verhältnisseals Instrument zur Anpassung notwendig sei und Anlass, Richtlinien sowie Grenzen des Bestimmungsrechts möglichst konkret angebe.

Als Instrument zur Anpassung ist eine Preisänderungsklausel - wie bereits unter aa. ausgeführt - nur dann notwendig, wenn sie der Wahrung des Äquivalenzverhältnisses dient.

Ferner hat der Bundesgerichtshof wiederholt klargestellt, dass die Kontrollmöglichkeit nach § 315 Abs. 3 BGB die notwendige Eingrenzung und Konkretisierung einer AGB-Klausel nicht ersetzen kann (vgl. Urteil vom 26. Mai 1986, NJW 1986, S. 3134, 3135; Urteil vom 7. Oktober 1981, NJW 1982, S. 331, 332; Urteil vom 11. Juni 1980, NJW 1980, S. 2518, 2519).

Ebensowenig kann sich die Beklagte darauf berufen, der Wettbewerb auf dem liberalisierten Strommarkt verhindere übermäßige Preiserhöhungen und biete damit bereits ein ausreichendes Korrektiv (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 7. Oktober 1981, NJW 1982, S. 331, 332; Urteil vom 11. Juni 1980, NJW 1980, S. 2518, 2519). Entscheidend für die Wirksamkeit einer Preiserhöhungsklausel ist vielmehr, dass sie im Sinne des § 307 Abs. 1 und 2 BGB angemessen und transparent ist (ebenda).

Diesen Anforderungen genügt die streitgegenständliche Klausel - wie bereits das Landgericht eingehend und zutreffend ausgeführt hat - nicht. Die Formulierung „wird … in Anlehnung an die Preisentwicklung des liberalisierten Strommarktes für Tarifkunden … variabel halten“ gibt lediglich den Anlass einer Preisanpassung im Vario-Tarif der Beklagten wieder, bestimmt aber nicht, dass diese nur im Rahmen und zum Ausgleich etwaiger Kostensteigerungen zulässig ist. Dasselbe gilt für die Bezugnahme auf die „Marktpreise für vergleichbare Vertragsverhältnisse“ und die Formulierung „ggf. wird eine Anpassung der Preise im Vario-Tarif vorgenommen“in Satz 2 der Klausel. Auch bei einer Zusammenschau der beiden Sätze erlaubt Ziffer4 der Vertragsbedingungen der Beklagten eine von den Kunden nicht überprüfbare und auch nicht durch zwischenzeitliche Kostensteigerungen begrenzte Erhöhung desVario-Tarifs. Die damit ermöglichte nachträgliche Verschiebung des Preis-Leistungs-Verhältnisses zulasten der Sonderkunden verstößt - auch wenn sie nach Satz 3 der Klausel nach oben hin durch den Allgemeinen Tarif der Beklagten begrenzt ist -gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom12. Juli 1989, NJW 1990, S. 115, 116; Urteil vom 26. Mai 1986, NJW 1986, S. 3134,3135; Urteil vom 6. Dezember 1984, NJW 1985, S. 855, 856).

Es ist demnach nach der BGH- Rechtsprechung nicht angängig, einen Sondervertragskunden wegen der Kontrolle einer einseitigen Preisänderung auf eine gerichtliche Billigkeitskontrolle zu verweisen.

Mich wundert Ihre Frage dshalb, weil das Thema bereits an derer Stelle - auch mit Ihnen - bereits wiederholt diskutiert wurde. Möglicherweise ist auch Ihnen nicht entgangen, dass in der Entscheidung vom 17.12.2008 insbesondere auch die hier genannten Entscheidungen des 3.Zivilsenat vom Oktober/ Novemeber 2007 zitiert werden.

Entscheidend ist, dass aus der Klausel klar ersichtlich wird, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang nach welchen Richtlinien die Preise nachträglich erhöht werden können und nach gleichen Maßstäben eine Verpflichtung besteht, die Preise abzusenken, um das in der Preisvereinbarung liegende Äquivalenzverhältnis über die gesamte Vertragslaufzeit zu wahren.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 05. Februar 2009, 19:00:51
Zitat
Original von Ronny
Daraus ergibt sich doch sehr deutlich, unter welchen Bedingungen Preisanpassungsklauseln in Verträgen mit Sonderkunden wirksam sein können.

Eine Preisanpassungsklausel, die die Regelungen des § 4 Abs. 2 ABVGasV oder § 5 Abs. 2 GasGVV nachbildet, wird wirksam sein.

Warum informieren Sie die Forumsteilnehmer hier nicht neutral?


Ich halte das auch für möglich. Eine Entscheidung hierüber dürfte das anhängige Verfahren BGH, VIII ZR 56/08 ( mit mündlicher Verhandlung am 17.06.2009) bringen.

Dort geht es um die Klausel:

(EVU) darf den Festpreis und den Verbraucherpreis entsprechend § 5 Abs. 2 GasGVV anpassen. Es handelt sich um eine einseitige Leistungsbestimmung, die wir nach billigem Ermessen ausüben werden. Soweit sich der Festpreis oder der Verbrauchspreis ändert, können Sie den Vertrag entsprechend § 20 GasGVV kündigen“,

Das OLG Celle hält die Klausel  für zulässig (Urteil vom 17.01.2008 - 13 U 152/07 ). Nun kann man  natürlich eine andere Ansicht vertreten als das OLG Celle, aber die Tatsache, dass sowohl das LG Verden, als auch das OLG Celle eine Klausel, die auf das Leitbild der GVV verweist, für zulässig halten, belegt dass eine ernstzunehmende Zahl von Richtern die Ansicht von Ronny teilt.

Leider hat RR-E-ft dieses Urteil des OLG Celle in der obigen umfassenden Darstellung der Rechtslage und der relevanten entscheidungen vergessen.  ;)
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 05. Februar 2009, 19:16:54
@Black

Ich habe bewusst auf die Rechtsprechung des BGH abgestellt.

Zu der Entscheidung des OLG Celle vom 17.01.2008 (13 U 152/07) hatte ich wohl schon etwas im Forum geschrieben. Diese ersichtlich einzeln stehende Entscheidung  blieb an dieser Stelle ebenso unerwähnt wie OLG Hamm, Urt. v. 06.03.2008 - 2 U 114/07, OLG Oldenburg, Urt. v. 05.09.2008 - 12 U 49/07, Kammergericht Berlin, Urt. v. 28.10.2008 - 21 U 160/06, die es alle ebenso sehen wie das OLG Frankfurt/ Main im Urt. v. 13.12.2007.

Soweit ersichtlich, stehen alle diese Entscheidungen zur Revision an.

Dass die Klausel, die Gegenstand des Verfahrens beim OLG Celle war, mit der Sondervertrags- Klausel der Stadtwerke Tornesch vergleichbar sein könnte, ist im Übrigen auch nicht ersichtlich. Immerhin kann der kgu- Kunde noch erkennen, dass sich der Versorger ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vorbehalten möchte. Da es an einer ebensolchen Verpflichtung fehlt, darf man mit Rücksicht auf die Entscheidung des BGH Urt. v. 29.04.2008 - KZR 2/07 diesbezüglich gespannt sein.

Ich bin mir bis heute nicht schlüssig, ob kgu den Kunden im Falle von Preiserhöhungen nur ein Recht zur Teilkündigung einräumen will, nur soweit der Preis erhöht wird.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 05. Februar 2009, 19:28:27
Es bleibt Ihnen natürlich selbst belassen wie Sie Ihre persönliche Rechtsauffassung untermauern möchten.

Wenn man aber den aktuellen Streitstand objektiv darstellen wollte (und dabei z.B. OLG Frankfurt erwähnt)  sollte man auch erwähnen, dass es eben auch anderslautende Entscheidungen gibt.

Wer nicht \"im Stoff\" steht, würde nach Ihrer sehr umfangreichen Drastellung der Rechtsprechung zum Ergebnis kommen, die Wertung von Ronny zum zulässigen Leitbild sei eine reine Fehlinterpretation ohne Widerhall in der Rechtsprechung.  In Wahrheit ist es aber ein juristisch nicht ausgeurteilter Meinungsstreit mit guten Argumenten auf beiden Seiten.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 05. Februar 2009, 19:32:15
@Black

Ja, es gibt auch anderslautende Entscheidungen zum Leitbild, wie die vom LG Bonn, Urt.  vom 07.09.2006 - 8 S 146/08, die der BGH mit Urteil vom 17.12.2008 - VIII ZR 274/06 gerade aufgehoben hat. Regionalgas Euskirchen meinte auch, ein Leitbild würde für sie streiten und fühlte sich darin durch das Landgericht Bonn bestätigt. Zu unrecht, wie sich nun herausgestellt hat.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 05. Februar 2009, 19:40:27
Zitat
Original von RR-E-ft
Ich bin mir bis heute nicht schlüssig, ob kgu den Kunden im Falle von Preiserhöhungen nur ein Recht zur Teilkündigung einräumen will, nur soweit der Preis erhöht wird.

Ein \"wenn\" statt des \"soweit\" wäre schon besser gewesen...  ;)

Ansonsten: Warten wir die Entscheidungen dieses Jahres zu dieser offenen Frage ab.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 05. Februar 2009, 20:18:22
BGH, Urt. v. 19.11.2002 - X ZR 243/01

Zitat
Diese Regelung entspricht dem in der Rechtsprechung anerkannten und nunmehr in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB n.F. auch kodifizierten Grundsatz, daß es für die Wirksamkeit einer Preiserhöhungsklausel entscheidend darauf ankommt, daß der Vertragspartner des Verwenders den Umfang der auf ihn zukommenden Preissteigerungen bei Vertragsschluß aus der Formulierung der Klausel erkennen und die Berechtigung einer von dem Klauselverwender vorgenommenen Erhöhung an der Ermächtigungsklausel selbst messen kann (BGHZ 94, 335; BGH, Urt. v. 26.5.1986 - VIII ZR 218/85, NJW 1986, 3134).

BGH, Urt. v. 21.09.2005 - VIII ZR 38/05

Zitat
Ohne Rechtsfehler ist das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die von der Beklagten verwendete Preisanpassungsklausel deren Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt und deshalb nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam ist. Eine unangemessene Benachteiligung der Vertragspartner der Beklagten hat das Berufungsgericht mit Recht jedenfalls darin gesehen, dass die Klausel weder die Voraussetzungen noch den Umfang einer Gaspreiserhöhung hinreichend bestimmt regelt, was zur Folge hat, dass die Vertragspartner der Beklagten die Berechtigung von Preiserhöhungen nicht verlässlich nachprüfen können und der Beklagten hierdurch die Möglichkeit eröffnet wird, das in dem ursprünglich vereinbarten Gaspreis zum Ausdruck kommende Gleichgewicht von Leistung und Gegenleistung zu ihren Gunsten zu verändern.

Voraussetzung und Umfang einer Preisänderung müssen in der Klausel selbst hintreichend bestimmt geregelt sein.

Auch in der kgu- Klausel ist nicht ersichtlich, unter welchen Voraussetzungen eine Preiserhöhung zulässig sein soll.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 05. Februar 2009, 20:27:28
Ist schon interessant, wenn eine Klausel einerseits:

Preisanpassungen nur für den Fall von \"bei Vertragsabschluss nicht absehbaren nachträglichen Kostenerhöhungen\" vorbehalten soll, anderserseits aber bereits für diese \"nicht absehbaren Kostenänderungen\" die \"Voraussetzungen und den Umfang hinreichend bestimmt\" regeln soll.

Noch dazu in einer Situation in der das gesetzliche Preisanpassungsrecht der GVV absolut intransparent (für eine Klausel nach den Maßstäben der Rechtsprechung) formuliert ist.

Zitat
Auch in der kgu- Klausel ist nicht ersichtlich, unter welchen Voraussetzungen eine Preiserhöhung zulässig sein soll.

Unter denen des § 5 GasGVV.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 05. Februar 2009, 20:44:00
Es muss doch der Grundsatz des Kaufrechts gelten, dass der vereinbarte Preis gilt. Der Vorbehalt einer einseitigen Preisänderung ist nur ausnahmsweise zulässig und bedarf zutreffend der Einschränkungen, die sich aus § 307 BGB ergeben. Warum Energielieferanten dabei besser zu stellen sein sollten als andere AGB- Verwender, erschließt sich nicht.  Eine Besserstellung in Bezug bauf § 307 BGB ist ausdrücklich nicht vorgesehen.  

Das Transparenzgebot, welches bei § 307 BGB zu beachten ist, erfordert hingegen, dass der Kunde schon bei Vertragsabschluss später auf ihn zukommende Belastungen abschätzen kann und die Berechtigung einer Preisänderung (deren Anlass und Umfang) anhand der Klausel selbst kontrollieren kann.

§ 5 GasGVV setzt ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht voraus, welches sich m.E. aus § 36 Abs. 1 EnWG ergibt, wonach das Versorgungsunternehmen verpflichtet ist, zu den jeweiligen Allgemeinen Preisen zu versorgen. § 5 GasGVV nennt also keinen Anlass, wann das Recht entsteht, sondern regelt nur, wie eine Preisänderung durchzuführen ist (zum Monatsersten, öffentliche Bekanntgabe 6 Wochen vorher, zeitgleich briefliche Mitteilung an die Kunden und Veröffentlichung auf den Internetseiten des Versorgers), der Umfang ist nicht geregelt. Die Beschränkung des Umfangs ergibt sich aus dem Gesetz. Zur Überprüfung steht dem grund- oder ersatzversorgten Kunden nur die gerichtliche Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB zur Verfügung. Das gesetzliche Leistungsbestimmungsrecht rechtfertigt sich dabei allein aus der gesetzlichen Versorgungspflicht, weil das Unternehmen zu den jeweiligen Allgemeinen Preisen liefern muss.  

Bei Sonderverträgen ist das Unternehmen hingegen im Rahmen des Vertragsrechts frei. Es muss solche Verträge noch nicht einmal anbieten. Es kann auch auf entsprechende Angebote verzichten, bestehende Angebote einstellen und vom Markt nehmen. Soweit es im Vertrag nicht voreinbart ist, ist das Unternehmen - anders als in der Grundversorgung- auch nicht verpflichtet, die Preise bei rückläufigen Kosten abzusenken.


Die Regelung:

Zitat
kgu darf den Festpreis und den Verbraucherpreis entsprechend § 5 Abs. 2 GasGVV anpassen. Es handelt sich um eine einseitige Leistungsbestimmung, die wir nach billigem Ermessen ausüben werden.

beinhaltet eine unangemessene Beanachteiligung der Kunden allein schon deshalb, weil nur ein Recht zur Preisanpassung vorgesehen ist, jedoch keine korrespondierende Verpflichtung zu Preisanpassungen zugunsten der Kunden vorgesehen ist (vgl. BGH, Urt. v. 29.04.2008 - KZR 2/07).

Zitat
Die Preisänderungsklausel benachteiligt die Kunden der Beklagten schon deshalb entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen, weil sie nur das Recht der Beklagten enthält, Erhöhungen ihres Gaseinstandspreises an ihre Kunden weiterzugeben, nicht aber die Verpflichtung, bei gesunkenen Gestehungskosten den Preis zu senken. Hierdurch wird es der Beklagten ermöglicht, eine erhöhte Kostenbelastung durch eine Preiserhöhung aufzufangen, hingegen den Vertragspreis bei einer Kostensenkung durch einen geringeren Einstandspreis unverändert zu lassen. Risiken und Chancen einer Veränderung des Einstandspreises werden damit zwischen den Parteien ungleich verteilt; eine solche unausgewogene Regelung rechtfertigt kein einseitiges Recht der Beklagten zur Änderung des sich aus der vertraglichen Vereinbarung der Parteien ergebenden Preises.

Eine Preisanpassungsklausel muss das vertragliche Äquivalenzverhältnis wahren [BGHZ 82, 21, 25; 158, 149, 158] und darf dem Verwender nicht die Möglichkeit geben, nicht nur eine Gewinnschmälerung zu vermeiden, sondern auch einen zusätzlichen Gewinn zu erzielen (vgl. BGHZ 94, 335, 339 f.; BGH, Urt. v. 12.7.1989 – VIII ZR 297/88, NJW 1990, 115; Urt. v. 21.9.2005 – VIII ZR 38/05, NJW-RR 2005, 1717; BGH NJW 2007, 1054 Tz. 21; WRP 2008, 112 Tz. 19).

Auch die kgu- Klausel ermöglicht es dem Unternehmen, die Preise bei rückläufigen Kosten nicht entsprechend abzusenken und so nachträglich den eigenen Gewinnanteil zu erhöhen.

Erst recht ist nicht ersichtlich, was sich der Kunde bei Vertragsabschluss wohl unter einer zukünftigen Preisanpassung nach dem billigem Ermessen des Unternehmens vorstellen soll.

Geht es dabei tatsächlich um individuelle Billigkeit und Einzelfallgerechtigkeit?!

Wird sich der Versorger vor einer beabsichtigten Preiserhöhung beim Kunden erkundigen, wie sich dessen familiäre und wirtschaftliche Situation gerade entwickelt hat, um diese in die notwendig vorzunehmende Abwägung der gegenläufigen Interessen beider Vertragspartner mit einzustellen? Wird also etwa von der Erhöhung nach billigem Ermessen Abstand genommen, wenn der Familienvater gerade seinen Job verloren hat und die Mutter gerade durch die Finanzkrise ihre Ersparnisse verlor, beim Versorger aber gerade wieder eine Dividendenerhöhung ins Haus steht? Fällt das billige Ermessen gegenüber der vielköpfigen Aussiedlerfamilie anders aus als bei dem Villenbesitzer, der mit Gas sein Schwimmbad im Keller heizt?

Das Unternehmen wird dabei für sich einen Spielraum in Anspruch nehmen wollen. Aber welchen?

Mit der Klausel delegiert der Versorger eine nachträgliche Preiskontrolle (auf Risiko des Kunden) an ein Gericht, was durch  § 307 BGB gerade verhindert werden soll.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Ronny am 06. Februar 2009, 07:27:04
@ Herr Fricke,

so viele Worte, aber alles immer nur Ablenkungsmanöver.

Nicht eine einzige Zeile geht auf das Stichwort der Leitbildrechtsprechung ein.

Meine Frage nochmal:

Warum zitieren Sie einseitig aus dem Urteil des BGH vom 17.12.2008 und lassen die wesentlichste Aussage des BGH, nämlich die Bestätigung der Leitbildrechtsprechung, unter den Tisch fallen?

Was haben die Forumsteilnehmer davon?


Ronny
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 06. Februar 2009, 10:41:52
Zitat
Original von RR-E-ft
Es muss doch der Grundsatz des Kaufrechts gelten, dass der vereinbarte Preis gilt. Der Vorbehalt einer einseitigen Preisänderung ist nur ausnahmsweise zulässig und bedarf zutreffend der Einschränkungen, die sich aus § 307 BGB ergeben.

Nun, der BGH beschreibt es aber so:

Zitat
BGH KZR 02/07 vom 29.04.2008
 (Preisanpassungsklauseln)  sind ein geeignetes und anerkanntes Instrument zur Bewahrung des Gleichgewichts von Preis und Leistung bei langfristigen Lieferverträgen. Sie dienen dazu, einerseits dem Verwender das Risiko langfristiger Kalkulation abzunehmen und ihm seine Gewinnspanne trotz nachträglicher ihn belastender Kostensteigerungen zu si-chern, und andererseits den Vertragspartner davor zu bewahren, dass der Ver-wender mögliche künftige Kostenerhöhungen vorsorglich schon bei Vertrags-schluss durch Risikozuschläge aufzufangen versucht.

Insoweit kann von einer „nur ausnahmsweisen“ Zulässigkeit von Preisanpassungsklauseln keine Rede sein.

Zitat
Original von RR-E-ft
Warum Energielieferanten dabei besser zu stellen sein sollten als andere AGB- Verwender, erschließt sich nicht.  Eine Besserstellung in Bezug bauf § 307 BGB ist ausdrücklich nicht vorgesehen.

Ein Indiz zumindest für eine Sonderstellung von Energieversorgern ist die Regelung in § 310 Abs. 2 BGB.

Zitat
§ 310 BGB
(2) Die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen über die Versorgung von Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus dem Versorgungsnetz, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen. Satz 1 gilt entsprechend für Verträge über die Entsorgung von Abwasser.

Nun kann man Einwenden, dass § 310 Abs. 2 die Anwendbarkeit von § 307 BGB nicht ausschließt. Der § 307 BGB ist aber eine sehr allgemein gehaltene Generalklausel. Die dort benannten Verbote für AGB sind:

-   unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners
-   Intransparenz
-   Gefährdung des Vertragszweckes
-   Unvereinbarkeit mit gesetzlichen Grundgedanken

Nun kann man feststellen, dass diese Merkmale auslegungsbedürftig sind, denn „Intransparenz“ oder „unangemessene Benachteiligung“ mag jeder subjektiv unterschiedlich empfinden.

Die Frage ist also, ob Klauseln – speziell Preisanpassungsklauseln – die § 5 GVV entweder direkt in den Vertrag einbeziehen oder inhaltsidentisch nachbilden gegen § 307 BGB verstoßen. Kann also eine vertragliche Regelung, die den gleichen Inhalt hat, wie eine gesetzliche Regelung „unangemessen“ i.S.d. § 307 BGB sein. Das ist die Kernfrage.

Der BGH sagt dazu:



Zitat
BGH VIII ZR 274/06 vom 17.12.2008
Die AVBGasV hat allerdings ebenso wie die Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie (AVBEltV) eine \"Leitbildfunktion im weiteren Sinne\". Sie verkörpert eine Wertentscheidung, die der Verordnungsgeber im Tarifkundenbereich getroffen hat, und enthält somit einen gewichtigen Hinweis auf das, was auch im Vertragsverhältnis mit Sonderabnehmern als angemessen zu betrachten ist.

Diese Indizwirkung  ergibt sich aus der Absicht des Gesetzgebers des AGB-Gesetzes, durch die Regelung in § 23 Abs. 2 Nr. 2 AGBG weiterhin eine Versorgung der Sonderabnehmer ganz oder teilweise zu den für Tarifabnehmer geltenden Bedingungen zuzulassen. Die damit angestrebte sachliche Gleichbehandlung von Tarif- und Sondervertragskunden beruht auf dem Gedanken, dass Sonderab-nehmer regelmäßig keines stärkeren Schutzes bedürfen als Tarifabnehmer.

Der BGH bringt damit zum Ausdruck, dass eine Wertentscheidung des Gesetzgebers, was für Tarifkunden angemessen ist nicht plötzlich für Sonderkunden als unangemessen gelten kann. Der BGH bezeichnet es als „Indizwirkung“


Sie sagen nun:

Zitat
Original von RR-E-ft
§ 5 GasGVV setzt ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht voraus, welches sich m.E. aus § 36 Abs. 1 EnWG ergibt, wonach das Versorgungsunternehmen verpflichtet ist, zu den jeweiligen Allgemeinen Preisen zu versorgen. § 5 GasGVV nennt also keinen Anlass, wann das Recht entsteht, sondern regelt nur, wie eine Preisänderung durchzuführen ist (zum Monatsersten, öffentliche Bekanntgabe 6 Wochen vorher, zeitgleich briefliche Mitteilung an die Kunden und Veröffentlichung auf den Internetseiten des Versorgers), der Umfang ist nicht geregelt.

Der § 5 GasGVV setzt kein Recht voraus, er gibt dieses Recht selbst. So sieht es zumindest auch der BGH:

Zitat
BGH VIII ZR 36/06, Rdn. 14
Ein Leistungsbestimmungsrecht im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB kann einer Vertragspartei nicht nur durch vertragliche Vereinbarung, sondern auch durch Gesetz eingeräumt werden. So verhält es sich hier. Die Beklagte hat als Energieversorgungsunter-nehmen, das die allgemeine Versorgung von Letztverbrauchern durchführt, (…) Ferner gilt für die von der Beklagten zum 1. Oktober 2004 vorgenommene Preiserhöhung § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV; vgl. nunmehr § 5 Abs. 2 GasGVV. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AVBGasV stellt das Gasversorgungsunternehmen zu den jeweiligen all-gemeinen Tarifen und Bedingungen Gas zur Verfügung. Änderungen der all-gemeinen Tarife werden gemäß § 4 Abs. 2 AVBGasV nach öffentlicher Be-kanntgabe wirksam.  

Der BGH sieht also in § 5 GVV ein direktes Recht und keinen bloßen Verweis auf ein andererorts normiertes Anpassungsrecgt.

Der BGH sieht auch keine unterschiedlichen Interessenslagen im Rahmen von Preisanpassungen zwischen Grundversorger und Versorgung zu Sondertarifen:

Zitat
BGH VIII ZR 36/06, Rdn. 22
§ 4 Abs. 2 AVBGasV beruht insoweit auf den gleichen Erwägungen, mit denen die Wirksamkeit von in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen Kostenelementeklauseln bei anderen langfristigen Lieferverträgen begründet wird.


Weiter im Text:

Zitat
Original von RR-E-ft
Bei Sonderverträgen ist das Unternehmen hingegen im Rahmen des Vertragsrechts frei. Es muss solche Verträge noch nicht einmal anbieten. Es kann auch auf entsprechende Angebote verzichten, bestehende Angebote einstellen und vom Markt nehmen.

In der freien Wirtschaft „muss“ niemand Verträge anbieten. Daraus kann aber keine Unzulässigkeit gefolgert werden, wenn ein Unternehmen es doch tut.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: jofri46 am 06. Februar 2009, 14:20:27
Einigkeit dürfte wohl darüber bestehen, dass Preisanpassungsklauseln in Dauerschuldverhältnisssen, und um solche geht es hier, grundsätzlich zulässig sind (vgl. z. B. schon § 309 Ziff. 1 BGB, 2. Halbsatz).

Zulässig sind nach der Rechtsprechung insbesondere sog. \"Kostenelementeklauseln\". Den in der Rechtsprechung dazu aufgestellten Anforderungen an eine solche Klausel genügt die Formulierung in § 5 GasGVV offensichtlich nicht.

§ 5 GasGVV kann als vertragliche Regelung in AGB m. E. dann der Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB unterworfen sein, wenn sie isoliert in die AGB übernommen wird.  Die \"Leitbildfunktion im weiteren Sinne\" von der der BGH im Urteil vom 17.12.2008 spricht, bezieht sich ja nicht auf eine bestimmte Regelung, sondern auf die AVBGasV als Ganzes.

Andererseits: Wenn § 5 GasVV in vertraglichen AGB mit dem Kündigungsrecht gem. § 20 GasGVV verbunden ist, dürfte der Kunde wohl nicht schlechter gestellt sein als im Zeitpunkt des Vertragsschlusses, weil er sich, sollten sich die Preise ändern, vom Vertrag kurzfristig lösen kann. Wo läge dann noch eine \"unangemessene Benachteiligung\"?
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: nomos am 06. Februar 2009, 15:22:23
Wie lange schaut die Politik, die  Bürger und Verbraucher hier noch zu? Zitat folgt Zitat. Hickhack auf Hickhack.  Chaos im gesamten Sektor der Haushaltsenergieversorgung!

Der BFH (Zivilsenat - u.a. Richter Ball) hat zu Kostenelementeklauseln und unangemessenen Benachteiligung von Verbrauchern schon mal  im September 2005 festgestellt (Flüssiggas-Urteil (http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=&nr=34088&anz=1&pos=0&client=12&Frame=2)):


Zitat
Die von einem Unternehmer gegenüber Verbrauchern zum Abschluss von Flüssiggasbelieferungsverträgen verwendete Klausel hält der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB nicht stand.
.........
Wie das Berufungsgericht weiter zutreffend erkannt hat, benachteiligt die Klausel die Vertragspartner der Beklagten schließlich auch insofern unangemessen, als sie – jedenfalls in ihrer im Verbandsprozess zugrunde zu legenden kundenfeindlichsten Auslegung (st.Rspr., z.B. BGHZ 139, 190, 199) – der Beklagten eine Preiserhöhung auch dann erlaubt, wenn ein Anstieg bei einem der Kostenfaktoren durch rückläufige Kosten in anderen Bereichen ausgeglichen wird und die Beklagte daher insgesamt keine höheren Kosten zu tragen hat, als dies bei Abschluss des Belieferungsvertrages der Fall war. Die Klausel stellt nicht auf die Gesamtbelastung, sondern ausdrücklich auf die Veränderungen der im Einzelnen benannten „Kostenfaktoren pro Liefereinheit“ ab.

Entgegen der Auffassung der Revision ist mit dieser Formulierung nach dem Verständnis eines durchschnittlichen, rechtlich nicht vorgebildeten Verbrauchers nicht hinreichend klargestellt, dass die Erhöhung einer oder mehrerer Kostenfaktoren nicht zu einer Erhöhung des Gaspreises führen kann, wenn es bei anderen Positionen Kostensenkungen gegeben hat, die die Erhöhung im Ergebnis ausgleichen. Eine derartige Klarstellung ergibt sich, anders als die Revision meint, auch nicht mit der gebotenen Klarheit aus dem Zusammenhang mit der in dem folgenden Absatz der Klausel enthaltenen Regelung des Rechts des Kunden, im Falle einer Kostenermäßigung die Neufestsetzung des Preises „im Rahmen der Veränderung der Kostenfaktoren“ zu verlangen.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 06. Februar 2009, 15:51:11
@nomos

Ihre dauernden Hinweise auf die Politik etc. tragen die Diskussion ersichtlich inhaltlich nicht weiter.


@Ronny

Ich hatte Ihrer Frage eine umfassende Antwort  (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=53144#post53144) gewidmet.

Ich meine dabei, konkret ausgeführt zu haben, was der Kartellsenat des BGH zur Leitbildfunktion entschieden hat. Um es auch für Sie ganz deutlich zu machen, habe ich sogar den Beitrag mit \"keine pauschale Leitbildfunktion\" überschrieben. Dass dazu keine einzige Zeile geschrieben worden sei - so ihr Vorwurf-  vermag ich nicht nachzuvollziehen.

Vielleicht lesen Sie einfach noch einmal nach, ggf. langsam, laut und mit Betonung, insbesondere Ziff. 4 meines Ihnen persönlich gewidmeten Beitrages.

@Black

Wenn der BGH sagt, dass Preisänderungsklauseln nicht von vornherein unzulässig sind, sondern ein anerkanntes Instrument zur Wahrung des Äquivalenzverhältnisses in Dauerschuldverhältnissen über die gesamte Vertragslaufzeit sind, ist das auch klar.

BGH, Urt. v. 29.04.2008 - KZR 2/07:

Zitat
In Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Preisanpassungsklauseln sind, insbesondere bei Dauerschuldverhältnissen, nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht grundsätzlich unwirksam.

Solche Klauseln weichen immer vom dispostiven Recht ab, welches grundsätzlich von einer bindenden Preisvereinbarung der Parteien ausgeht. Das dispositive Recht , von dem abgewichen wird, gibt somit die grundsätzlichen Wertentscheidungen des Gesetzgebers wieder. Der Grundsatz lautet, beide Vertragspartner sind an den vereinbarten Preis gebunden. Preiserhöhungklauseln, mit denen vom gesetzlichen Grundsatz der bindenen Preisvereinbarung abgewichen wird, stellen somit die Ausnahme dar und bedürfen an sich einer inneren Rechtfertigung, welche bei Dauerschuldverhältnissen jedoch von der Rechtsprechung anerkannt ist. Nichts anderes wollte der BGH auch in seiner Entscheidung vom 29.04.2008 - KZR 2/07 zum Ausdruck bringen. Bemerkenswert, dass Sie diesen Satz bei Ihrem Zitat \"unterschlagen\" haben. Wenn der Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen mit diesen vom dispositiven Recht abweicht, dann indiziert dies, das er damit gegenüber seinem Vertragspartner die eigenen Interessenverfolgung in den Vordergrund stellen will, seinen Vertragspartner gegenüber der abdingbaren gesetzlichen Regelung schlechter stellen möchte, zum Beispiel durch Beschränkung bzw. Einschränkung der bindenden Wirkung der Preisvereinbarung der Parteien. Eine Preisänderungsklausel in den AGB an sich ist also bereits geeignet, den Vertragspartner des Verwenders gegenüber der abbedungenen gesetzlichen Regelung schlechter zu stellen. Dessen Recht, sich auf die grundsätzlich bindende Preisvereinbarung der Parteien zu berufen, soll damit eingeschränkt werden.

Die Vorschriften der Grundversorgungsverordnung sind übrigends kein dispostives Recht im vorgenannten Sinne. Sie gelten für Sonderverträge überhaupt nicht und sind im Rahmen der Grund- und Ersatzversorgung nicht abdingbar, vgl. § 1 Grundversorgungsverordnung (ebenso § 1 AVBGasV, AVBEltV)

BGH, Urt. v. 19.11.2001 - X ZR 243/01:

Zitat
Die umstrittene Preisanpassungsklausel ist daher wie Preisanpassungsklauseln im allgemeinen eine das dispositive Recht, das grundsätzlich von einer bindenden Preisvereinbarung der Parteien ausgeht, ergänzende Klausel. Eine diesen Rahmen ausfüllende Klausel unterliegt, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, der Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG (§ 307 Abs. 1 BGB n.F.; vgl. BGH, Urt. v. 12.7.1989- VIII ZR 297/88, NJW 1990, 115).

Der BGH hat aber zugleich betont, welche Anforderungen jedoch bei Meidung ihrer Unwirksamkeit an solche Klauseln zu stellen sind.

Sie dürfen keine unangemessene Benachteiligung der Vertragspartner des Verwenders zur Folge haben.

Eine solche unangemessene Benachteiligung soll in Gaslieferungsverträgen dann vorliegen, wenn sich der Verwender nur Preiserhöhungen vorbehält, aber keine Verpflichtung zu Preissenkungen nach gleichen Maßstäben vorsieht, weil hierdurch Chancen und Risiken sich ändernder Kosten zwischen den Vertragspartnern ungleich verteilt werden (BGH, Urt. v. 29.04.2008 - KZR 2/07).

Außerdem, so der BGH weiter, müssen solche Klauseln - bei Meidung ihrer Unwirksamkeit - dem Transparenzgebot entsprechen, so dass der Vertragspartner des Verwenders künftige Belastungen bereits bei Vertragsabschluss abschätzen und eine vorgenmmene Preiserhöhung anhand der Klausel selbst auf ihre Berechtigung kontrollieren kann.

Hierzu hat der BGH mehrfach entschieden, dass der weite Spielraum der Billigkeit den Anforderungen, die nach § 307 BGB an die Konkretisierung zu stellen sind, nicht entspricht.

Auf die umfangreichen Rechtsprechungsnachweise wird verwiesen.

Der BGH hat darüber hinaus mehrfach entschieden, dass ein eingeräumtes Lösungsrecht nicht stets zu einer angemessenen Kompensation führt (BGH, Urt. v. 13.12.2005 - VIII ZR 25/06; Urt. v. 10.11.2007 - III ZR 63/06; Urt. v. 15.11.2007 - III ZR 247/06; Urt. v. 29.04.2008 - KZR 2/07; Urt. v. 17.12.2008 - VIII ZR 274/06).

Wenn ein Kunde sich für einen längerfristigen Sondervertrag aufgrund des bei Vertragsabschluss angebotenen und vereinbarten Preis entschieden hat, dann hat auch dieser Kunde sicher eine eine längerfristige   Kalkulation angestellt, sich zB. bewusst für eine Gasheizung statt für eine Beheizung mit Öl entschieden, seine Heizungsanlage mit entsprechenden langfristigen Investitionen darauf eingestellt. Nicht anders ist es bei einer Entscheidung für eine elektrische Fußbodenheizung.  

Dieser Kunde hat deshalb ein berechtigtes Interesse daran, dass sein Vertragspartner den Vertrag zu dem vereinbarten Preis erfüllt, zumindest das Äquivalnzverhältnis über die gesamte Vertragslaufzeit wahrt. Das gilt insbesondere dann, wenn eine feste Vertragslaufzeit vereinbart wurde.

Dieses rechtlich anerkannte Interesse, welches im Grundsatz des Kaufrechts seine Grundlage findet, wonach die Parteien an den vereinbarten Preis grundsätzlich gebunden sind,  wird konterkariert, wenn es dem Klauselverwender ermöglicht wird, eine intransparente Preisänderungsklausel zu vereinbaren und ein Sonderkündigungsrecht für den Fall von Preiserhöhungen einzuräumen.

Dadurch wäre jede intransparente Klausel zulässig. Die Preise könnten praktisch unkontrolliert erhöht werden. Der Vertragspartner findet u.U. gar kein anderes Vertragsangebot, dass seiner vor Vertragsabschluss angestellten längerfristigen Kalkulation gerecht wird.

@jofri46

Eine unangemessene Benachteiligung liegt gerade schon dann vor, wenn der Vertragspartner des Klauselverwenders bei Vertragsabschluss auf ihn zukünftig zukommende weitere Belastungen nicht abschätzen kann.  

Abstrakt formuliert, wird der Vertragspartner des Klauselverwenders dadurch unangemessen benachteiligt, dass sein Recht, sich auf die bindende Preisvereinbarung zu berufen, eingeschränkt wird und die gesamte Vertragsdurchführung deshalb für ihn unkalkulierbar wird.

Die Einschränkung des dispositiven Rechts wäre für den Vertragspartner nur dann nicht unangemessen benachteiligend, wenn er die zukünftigen Belastungen bereits aus der Klausel bei Vertragsabschluss ersehen kann, weil nur dann die Zukunft für ihn kalkulierbar bleibt.

Das Transparenzgebot des § 307 BGB soll zudem gerade ausschließen, dass eine gerichtliche Billigkeitskontrolle auf Risiko des Vertragspartners des Klauselverwenders notwendig wird. Deshalb hat die Rechtsprechung seit langem das Erfordernis aufgestellt, dass sich eine vorgenommene Preisänderung vom Veretragspartner anhand der Klausel selbst auf ihre Berechtigung kontrollieren lassen muss.

Sind die zukünftigen Belastungen für den Vertragspartner aber bei Vertragsabschluss nicht absehbar, ist die Zukunft für ihn deshalb nicht kalkulierbar,  und kann er eine vorgenommene Preisänderung nicht anhand der Klausel selbst auf ihre Berechtigung kontrollieren, so wird er durch eine solche Preisanpassungsklausel unangemessen benachteiligt, nicht erst durch die Preiserhöhung selbst, sondern bereits im Zeitpunkt des  Vertragsabnschlusses durch die Beschränkung seines Rechts, sich auf die bindende Preisvereinbarung zu berufen - wofür er regelmäßig keinen adäquaten Ausgleich erfährt.  

@Black

Die Grund- und Ersatzversorgung ist gegenüber Sonderverträgen eben nicht von Vertragsfreiheit geprägt, sondern von einem gesetzlichen Kontrahierungszwang des Versorgers. Das Recht zur ordnungsgemäßen Kündigung ist für den Grundversorger folgerichtig gem. § 20 Abs. 1 Satz 3 Grundversorgungsverordnung  ausgeschlossen. Deshalb und nur deshalb muss es dem Grundversorger auch möglich sein, die dafür geltenden jeweiligen Allgemeinen Preise einseitig festzusetzen, wofür ihm folgerichtig ein gesetzliches Leistungsbestimmungsrecht eingeräumt wurde.

Eine solche besondere Interessenlage des Versorgers ist bei einem Sondervertrag gerade nicht gegeben.

Auch das lässt sich ja schon der Entscheidung des BGH vom 29.04.2008 - KZR 2/07 entnehmen.

Zitat
Hiernach kommt § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV Leitbildfunktion für die streitige Preisänderungsklausel nicht zu. Die Vorschrift bestimmt, dass das Gasversorgungsunternehmen zu den jeweiligen allgemeinen Tarifen und Bedingungen Gas zur Verfügung stellt und dass Änderungen der allgemeinen Tarife und Bedingungen erst nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam werden. Zwar ergibt sich auch aus dem Tarifbestimmungs- und -änderungsrecht entgegen der Auffassung der Kläger ein (gesetzliches) Leistungsbestimmungsrecht im Sinne des § 315 BGB (BGHZ 172, 315 Tz. 17). Dass die Norm keine Vorgaben zu Zeitpunkt und Inhalt von Preisänderungen nennt, ist jedoch eine unmittelbare Folge des Umstandes, dass Tarifkunden zu den jeweiligen allgemeinen Tarifen und Bedingungen beliefert werden und beliefert werden müssen. Aus der gesetzlichen Bindung des allgemeinen Tarifs an den Maßstab der Billigkeit (BGHZ 172, 315 Tz. 16 f.) ergibt sich nicht nur die Rechtspflicht des Versorgers, bei einer Tarifanpassung Kostensenkungen ebenso zu berücksichtigen wie Kostenerhöhungen. Der Versorger ist vielmehr auch verpflichtet, die jeweiligen Zeitpunkte einer Tarifänderung so zu wählen, dass Kostensenkungen nicht nach für den Kunden ungünstigeren Maßstäben Rechnung getragen wird als Kostenerhöhungen, so dass Kostensenkungen mindestens in gleichem Umfang preiswirksam werden müssen wie Kostenerhöhungen. Die gesetzliche Regelung umfasst daher neben dem Recht des Versorgers zur Preisanpassung auch die Pflicht hierzu, wenn die Anpassung dem Kunden günstig ist, und enthält damit gerade dasjenige zu einer ausgewogenen Regelung notwendige Element, das der von der Beklagten vorgegebenen vertraglichen Anpassungsklausel fehlt.

Bei einem Sondervertrag besteht keine gestzliche Versorgungspflicht und keine gesetzliche Verpflichtung zur Preissenkung. Der Abschluss eines langfristigen Sondervertrages auch ohne Preisänderungsklausel ist zulässig. Auch dadurch können Chancen und Risiken sich ändernder Kosten zwischen den Vertragspartnern gleichverteilt werden [vgl. LG Gera, Urt. v. 07.11.2008 - 2 HK.O 95/08] Gerade darin besteht die Vertragsfreiheit, die sich von der gesetzlichen Versorgungspflicht deutlich unterscheidet.

Ich habe mal einen Gaskunden vertreten, der hat mit seinem Gasversorger wohl 2003 einen Sondervertrag abgeschlossen auf zehn Jahre, bekam dafür einen gehörigen Preisnachlass und der Vertrag enthielt keine Preisänderungsklausel. Sowohl für den Kunden als auch den Versorger war die Zukunft damit gut kalkulierbar. Es gibt also durchaus auch  zufriedene Gaskunden, auch in Deutschland.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: nomos am 06. Februar 2009, 16:22:17
Zitat
Original von RR-E-ft
@nomos
Ihre dauernden Hinweise auf die Politik etc. tragen die Diskussion ersichtlich inhaltlich nicht weiter.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 06. Februar 2009, 16:37:40
@nomos

Dann müssen Sie sich eben auch Lobbyisten kaufen, die ebenso agil sind.
Der Einfluss der Politik beschränkt sich aber auch wieder nur darauf, Paragrafenwerke zu schaffen. ...
Juristen entwerfen diese, wenden diese an und legen diese aus, wenn sie von der Politik beschlossen wurden.
Und wieder geht der Reigen vor vorn los.
So ist das nun mal in einem Rechtsstaat.

Und der Rechtsstaat ist ein akzeptabler Dauerzustand, nunmehr fast seit 60 Jahren.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 06. Februar 2009, 18:18:23
Zitat
Original von RR-E-ft

Zitat
In Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Preisanpassungsklauseln sind, insbesondere bei Dauerschuldverhältnissen, nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht grundsätzlich unwirksam.

Bemerkenswert, dass Sie diesen Satz bei Ihrem Zitat \"unterschlagen\" haben.


Dann schauen wir uns diesen Satz einmal GENAU an.

Der BGH verwendet eine doppelte Verneinung
\"nicht grundsätzlich unwirksam.\"

Nun kann man aber die Aussage  \"nicht  unwirksam\" ersetzen durch \"wirksam\" . Die Bedeutung bleibt gleich.

nicht unwirksam = wirksam

Demzufolge kann die Aussage des BGH auch ohne Bedeutungsveränderung auch formuliert werden als:

In Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Preisanpassungsklauseln sind, insbesondere bei Dauerschuldverhältnissen, nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung grundsätzlich wirksam.

Warum diese Aussage nun Ihre These stützen soll erschließt sich mir nicht.



Wenn Sie unterstellen, dass jede AGB die vom dispositiven Recht abweicht und dem Verwender nützt eine Benachteiligung des Verbrauchers indiziert haben Sie den Sinn von AGB nicht verstanden. Folgte man Ihrer These wären nur AGB zulässig, die entweder das dispositive Recht widerspiegeln (das wären überflüssige AGB) oder die den Verwender benachteiligen (das sind dumme AGB). Der Gesetzgeber (oder die Rechtsprechung) läßt jedoch keineswegs nur überflüssige oder dumme AGB zu.

Wenn Sie sagen, der Anbieter eines Sondervertrages hat kein Bedürfnis nach einem Anpassungsrecht nach der GVV, bleibt festzustellen, dass es auf den Vertrag ankommt. Ist der Kunde im Sonderkundenvertrag einem Grundversorgten Kunden gleich- oder sogar besser gestellt (Leitbild) dann besteht durchaus ein Bedürfnis des Versorgers auch wie ein Versorger in der Grundversorgung gestellt zu werden.

Eine Preisanpassungsregelung (§ 5 GVV), die der Gesetzgeber dem aus seiner Sicht schutzwürdigsten aller Kunden, nämlich dem grundversorgten Haushaltskunden \"zumutet\" kann für den Sonderkunden, der ja freier wählen kann, nicht unangemessen sein.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: AKW NEE am 06. Februar 2009, 18:38:02
Manchmmal fand ich Ihre Aussagen wenigstens originell. Diese ist einfach nur peinlich.
Ihre Logik:
nicht grundsätzlich unwirksam = grundsätzlich wirksam.
Im Dialog zwischen uns beiden habe ich nicht grundsätzlich immer recht, dass heißt natürlich zwangsläufig nicht, dass Sie immer grundsätzlich recht haben. Zwischen diesen Feststellungen gibt es z.B. den Einzelfall, soll heißen mal haben Sie und mal habe ich recht, ganz ohne grundsätzlich.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 06. Februar 2009, 18:38:32
@Black

Solch eine Vergewaltigung der Rechtsprechung des BGH hätte ich Ihnen persönlich nicht zugetraut.

Die doppelte Verneinung kommt nicht etwa daher, dass ein Russe am Werk gewesen wäre. Niemand weiß nicht....

Der BGH wollte keinsfalls sagen, dass Preisanpassunsgklauseln grundsätzlich wirksam sind. Er meinte, dass Preisanpassungsklauseln - insbesondere in Dauerschuldverhältnissen -  nicht grundsätzlich unwirksam sind.

Man kann nämlich der Auffassung sein, dass eine Preisanpassungsklausel - mit der vom dispositiven Recht abgewichen wird - von Anfang an unangemessen benachteiligend ist, weil der Vertragspartner des Verwenders bei Vertragsabschluss für die Zukunft in seinem Recht eingeschränkt wird, sich auf die bindende Preisvereinbarung der Parteien zu berufen, so dass ein Preisänderungsvorbehalt deshalb per se unzulässig wäre.

Das ist jedoch - ausnahmsweise- dann nicht der Fall, wenn den besonderen Anforderungen, die von der Rechtsprechung herausgebildet  und später kodifiziert wurden, eingehalten werden, vgl. oben.

BGH NJW 2000, 651:

Zitat
Einseitige Bestimmungsvorbehalte für Entgelte sind mit dem Transparenzgebot nur vereinbar, soweit sie bei unsicherer Entwicklung der Verhältnisse als Instrument der Anpassung notwendig sind sowie Anlaß, Richtlinien und Grenzen der Ausübung möglichst konkret angeben.


Der BGH formuliert es zB. in seinem Urteil vom 19.11.2002 - X ZR 243/01 so:


Zitat
In der Rechtsprechung ist anerkannt, daß Preisänderungsvorbehalte, soweit sie nicht nach § 11 Nr. 1 AGBG unzulässig sind, an der Generalklausel des § 9 AGBG zu messen sind (BGHZ 82, 21; Urt. v. 12.7.1989 - VIII ZR 297/88, NJW 1990, 115; vgl. Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, 9. Aufl., § 9 AGBG Rdn. 67, § 11 Nr. 1 AGBG Rdn. 11; Wolf/Lindacher/Horn, AGBG, 4. Aufl., § 11 Nr. 1 AGBG Rdn. 40).

Ich habe das AGB- Recht wohl verstanden:

Mit allgemeinen Geschäftsbedingungen wird versucht, die Rechtsposition des Vertragparteners, die ihm das dispositive Recht gibt, zu beschneiden.
Selbtredend sucht der AGB- Verwender dadurch einen eigenen Vorteil.

Das ist insbesondere auch bei Preisänderungsvorbehalten der Fall.
Preisanpassungsklauseln sind, wenn keine Verpflichtung zur Preissenkung vorgesehen wird, für den Vertragspartner grundsätzlich nachteilig.

Und weil der Mensch nicht von Natur aus unbedingt gut ist, wurde das AGB-Recht geschaffen.

Für eine Abweichung vom dispositiven Recht zu Lasten des Vertragspartners des Verwenders  bedarf es, damit diese nicht unangemessen benachteiligend wirkt, eines Ausgleichs.

Bei Preisanpassungsklauseln liegt der Ausgleich in den Anforderungen an Transparenz und Ausgewogenheit, wie er von der Rechtsprechung aufgestellt wurden. Diese Grundsätze mag der Klauselverwender nun als für sich benachteiligend empfinden.

Der Gesetzgeber hat den althergebrachten Grundsatz aufgestellt, dass ein vertraglich vereinbarter Preis gilt. (pacta sunt servanda)

Niemand ist gezwungen, zu versuchen,  sich von diesem Grundsatz durch AGB zu lösen.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: nomos am 06. Februar 2009, 18:43:01
Zitat
Original von RR-E-ft
Dann müssen Sie sich eben auch Lobbyisten kaufen, die ebenso agil sind.
Der Einfluss der Politik beschränkt sich aber auch wieder nur darauf, Paragrafenwerke zu schaffen. ...
Juristen entwerfen diese, ...
PS:
 
Zitat
Original von RR-E-ft
Die doppelte Verneinung kommt nicht etwa daher, dass ein Russe am Werk gewesen wäre. Niemand weiß nicht....
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 06. Februar 2009, 19:00:13
Zitat
Original von RR-E-ft
@Black

Solch eine Vergewaltigung der Rechtsprechung des BGH hätte ich Ihnen persönlich nicht zugetraut.

Die doppelte Verneinung kommt nicht etwa daher, dass ein Russe am Werk gewesen wäre. Niemand weiß nicht....

Der BGH wollte keinsfalls sagen, dass Preisanpassunsgklauseln grundsätzlich wirksam sind. Er meinte, dass Preisanpassungsklauseln - insbesondere in Dauerschuldverhältnissen -  nicht grundsätzlich unwirksam sind.

Was der BGH dachte wissen wir beide nicht. Wir können nur lesen was er gesagt hat. Und eine doppelte Verneinung ist nun einmal eine Bejahung. Es sei denn für den BGH gilt die deutsche Grammatik nicht.

nicht grundsärtlich unwirksam = grundsätzlich wirksam
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 06. Februar 2009, 19:22:48
@Black

Was Sie uns  heute hier darbieten ist einfach nur enttäuschend.
Ich hoffe, es handelt sich einfach nur um einen ein vorübergehenden Blackout.

Das nicht bezieht sich entsprechend der deutschen Grammatik auf grundsätzlich und nicht etwa auf unwirksam.

Der BGH hat nicht ewa formuliert:

Preisanpassungsklauseln sind grundsätzlich nicht unwirksam, sondern:
Preisanpassungsklauseln sind nicht grundsätzlich unwirksam.

Das Wort grundsätzlich darf man sich dabei getrost durch eine Unterstreichung hervorheben.

Ich weiß nicht, wie Sie es mit der deutschen Grammatik halten.
Im Russischen, soweit ich mich erinnern kann,  bedeutet die doppelte Verneinung keinesfalls eine Bejahung.
Germanisten finden dafür auch keinen Beleg. (http://www.philhist.uni-augsburg.de/lehrstuehle/germanistik/sprachwissenschaft/ada/runde_3/f07f_f08a/)

Zitat
Diese Konstruktion ergibt jedoch nicht die logische Verneinung der Verneinung – also eigentlich eine Bejahung –, sondern eine Verstärkung der Verneinung.

Man darf die doppelte Verneinung auch nicht etwa mit der dialektischen Negation der Negation verwechseln.

Na dann lesen wir doch noch einmal, was der BGH ständig sagt:

BGH NJW 2000, 651:

Zitat
Einseitige Bestimmungsvorbehalte für Entgelte sind mit dem Transparenzgebot nur vereinbar, soweit sie bei unsicherer Entwicklung der Verhältnisse als Instrument der Anpassung notwendig sind sowie Anlaß, Richtlinien und Grenzen der Ausübung möglichst konkret angeben.

Da ist es wieder, dieses Bedürfnis der inneren Rechtfertigung für eine entsprechende Anpassungsklausel, die notwendig sein muss.

OLG Frankfurt/ Main, Urt. v. 13.12.2007  - 1 U 41/07 zitiert den BGH zutreffend:


Zitat
Solche Klauseln dürfen aber - bei Meidung ihrer Unwirksamkeit nach § 307 Abs. 1 BGB - nicht zu einer ausschließlichen oder überwiegenden Wahrung der Verwenderinteressen führen.

Das Kaufrecht geht in § 433 Abs. 2 BGB von einer grundsätzlich bindenden Preisbestimmung aus und misst somit der Vorstellung der Parteien von der Gleichwertigkeit der von ihnen zu erbringenden Leistungen entscheidende Bedeutung bei (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 13. Dezember 2006, NJW 2007, S. 1054, 1055; Urteil vom 22. Februar 2002, MDR 2002, S. 752 ff., juris Rn. 17; Urteil vom 21. September 2005, NJW-RR 2005,S. 1717; Urteil vom 12. Juli 1989, NJW 1990, S. 115 f. mit weiteren Nachweisen).

Deshalb sind Preisanpassungsklauseln gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam, die dem Verwender nicht nur einen Ausgleich gestiegener Kosten, sondern eine zusätzliche Gewinnerzielung und damit eine nachträgliche Verschiebung des Preis-Leistungs-Verhältnisses zulasten des Vertragspartners ermöglichen (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 13. Dezember 2006, NJW 2007, S. 1054, 1055; Urteil vom 21. September 2005, NJW-RR 2005, S. 1717; Urteil vom 12. Juli 1989, NJW 1990, S. 115, 116; Urteil vom 6. Dezember 1984, NJW 1985, S. 855, 856; Urteil vom7. Oktober 1981, NJW 1982, S. 331, 332).

Zudem muss eine Preisänderungsklausel nach dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB möglichst klar und so verständlich gefasst sein, dass ein aufmerksamer und sorgfältiger Vertragspartner (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 13. Januar 2005, NJW-RR 2005, S. 858; Urteil vom 3. Juni 1998, NJW 1998,S. 3114, 3116) des Verwenders den Umfang der auf ihn zukommenden Preissteigerungen bei Vertragsschluss aus der Formulierung der Klausel erkennen und die Berechtigung einer vom Verwender vorgenommenen Erhöhung an der Ermächtigungsklausel selbst messen kann (vgl. Bundesgerichtshof, Urteile vom 19. November 2002, NJW 2003, S. 746, 747 und S. 507, 509; Urteil vom 26. Mai 1986, NJW 1986, S. 3134, 3135; Urteil vom 11. Juni 1980, NJW 1980,S. 2518, 2519).

Auch in dem von der Beklagten herangezogenen Urteil vom 19. Oktober 1999 (NJW 2000, S. 651, 652) ist der Bundesgerichtshof nicht von den geschilderten Grundsätzen abgewichen. Vielmehr hat er ihre Geltung auf einen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen einseitigen Bestimmungsvorbehalt erstreckt: Auch eine solche Regelung könne nur hingenommen werden, soweit sie bei unsicherer Entwicklung der Verhältnisseals Instrument zur Anpassung notwendig sei und Anlass, Richtlinien sowie Grenzen des Bestimmungsrechts möglichst konkret angebe.

Als Instrument zur Anpassung ist eine Preisänderungsklausel - wie bereits unter aa. ausgeführt - nur dann notwendig, wenn sie der Wahrung des Äquivalenzverhältnisses dient.

Ferner hat der Bundesgerichtshof wiederholt klargestellt, dass die Kontrollmöglichkeit nach § 315 Abs. 3 BGB die notwendige Eingrenzung und Konkretisierung einer AGB-Klausel nicht ersetzen kann (vgl. Urteil vom 26. Mai 1986, NJW 1986, S. 3134, 3135; Urteil vom 7. Oktober 1981, NJW 1982, S. 331, 332; Urteil vom 11. Juni 1980, NJW 1980, S. 2518, 2519).


BGH, Urt.v. 15.11.2007 - III ZR 247/06

Zitat
Dementsprechend sind Preisanpassungsklauseln nur zulässig, wenn die Befugnis des Verwenders zu Preisanhebungen von Kostenerhöhungen abhängig gemacht wird und die einzelnen Kostenelemente sowie deren Gewichtung bei der Kalkulation des Gesamtpreises offen gelegt werden, so dass der andere Vertragsteil bei Vertragsschluss die auf ihn zukommenden Preissteigerungen einschätzen kann (Senatsurteil vom 11. Oktober 2007 aaO; vgl. BGH, Urteile vom 11. Juni 1980 - VIII ZR 174/79 - NJW 1980, 2518, 2519 unter II 2. c); vom 19. November 2002 - X ZR 253/01 - NJW 2003, 746, 747 unter III. 2. a) m.w.N.; vom 21. September 2005 aaO S. 1717 f unter II. 3.b) und vom 13. Dezember 2006 aaO Rn. 23 ff).

Wenn der BGH ständig betont, unter welchen Voraussetzungen Preisänderungsvorbehalte gem. § 307 BGB nur zulässig sind, ergibt sich im logischen Umkehrschluss, dass sie andernfalls unzulässig sind.

Was das Transparenzgebot gem. § 307 BGB erfordert, ist in der langjährigen , ständigen Entscheidungspraxis  mehrer Senate des BGH hinlänglich geklärt.

Die entsprechenden Lehrformeln sind Prüfungsstoff juristischer Staatsexamina.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: ESG-Rebell am 06. Februar 2009, 20:32:07
Zitat
Original von Black
... Und eine doppelte Verneinung ist nun einmal eine Bejahung. Es sei denn für den BGH gilt die deutsche Grammatik nicht.

nicht grundsärtlich unwirksam = grundsätzlich wirksam
Logik und Mathematik?
Moment mal - das ist doch meine Baustelle!

In der Logik gibt es folgende Beziehungen:
\"Für alle\" gilt folgendes: ...
\"Es gibt eins\", für das folgendes gilt: ...

Die Negierung des einen Ausdrucks und seiner Aussage ergibt den anderen. Beispiel:

Nicht \"Für alle\" Reifen gilt: sie sind schwarz

ist identisch mit

\"Es gibt einen\" Reifen, für den gilt: er ist nicht schwarz

Ich denke, jeder Leser wird mir zustimmen, dass beide Aussagen die Realität beschreiben und auch inhaltlich die gleiche Bedeutung haben.

Vielleicht werden auch Sie, Black, mir ferner zustimmen, dass der Begriff \"grundsätzlich\" gleichbedeutend mit \"immer\" oder \"Für alle Fälle\" ist.

Zuletzt sei noch erwähnt, dass eine Negierung in der Deutschen Grammatik sich auf das darauffolgende bezieht. Somit hat \"nicht grundsätzlich unwirksam\" eine andere Bedeutung als \"grundsätzlich nicht unwirksam\".

Auf dieser geschilderten Grundlage kann man die Aussage des BGH in äquivalente Aussagen mit exakt identischer Bedeutung umformen:

\"nicht grundsätzlich unwirksam\" bedeutet

\"nicht Für alle Preisanpassungsklauseln gilt: unwirksam bedeutet

\"Es gibt eine\" Preisanpassungsklauseln, für die gilt: unwirksam

In keinem der Ausdrücke - auch nicht in dem des BGH - wird übrigens ausdrücklich erwähnt, dass es überhaupt wirksame Preisanpassungsklauseln gibt. Für einen Logiker macht das einen gewaltigen Unterschied. Ein darauf basierendes Programm würde konsequenterweise alle Klauseln als unwirksam behandeln, weil der letzte Fall darin auch enthalten ist ;)

Errata:
Entsprechend meinem obigen Reifenbeispiel muss es natürlich heißen:
\"Es gibt eine\" Preisanpassungsklausel, für die gilt: wirksam.

Da ist mir - wie RR-E-ft im nachfolgenden Beitrag korrekt bemerkte - doch noch ein Freitag-Abend-Fehler unterlaufen ;)

Gruss,
ESG-Rebell
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 06. Februar 2009, 20:39:20
@ESG-Rebell

Zitat
Original von ESG-Rebell
\"nicht Für alle Preisanpassungsklauseln gilt: unwirksam bedeutet

\"Es gibt eine\" Preisanpassungsklauseln, für die gilt: unwirksam

So geschehen Freitagabend auf der eigenen Baustelle. Schön, das wir mal darüber gesprochen haben.

Wenn nicht alle Preisanpassungsklauseln unwirksam sind, bedeutet das, dass es auch wirksame Preisanpassungsklauseln geben kann, nicht unbedingt nur eine.

Solche Preisanpassungsklauseln müssen die vom BGH aufgezeigten Bedingungen erfüllen, weil sie nur dann nicht gegen das Transparenzgebot verstoßen und deshalb (nicht?) unwirksam sind. ;)
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 07. Februar 2009, 13:26:05
Zitat
Original von ESG-Rebell

Vielleicht werden auch Sie, Black, mir ferner zustimmen, dass der Begriff \"grundsätzlich\" gleichbedeutend mit \"immer\" oder \"Für alle Fälle\" ist.

Das ist falsch. Die Aussage \"grundsätzlich\" bedeutet im juristischen Sprachgebrauch immer die Möglichkeit der Ausnahme.

http://www.lexexakt.de/glossar/grundsaetzlich.php

Wenn jemand behauptet, er sage grundsätzlich die Wahrheit, heißt das, dass er in Ausnahmefällen auch mal lügt. Umgangssprachlich wird grundsätzlich gerne mit immer gleichgesetzt, was aber falsch ist.

Ich denke zumindest diese Aussage wird ihnen RR-E-ft bestätigen können, wenn sie meine Ausführungen anzweifeln.



Im übrigen  es gibt  nur zwei Konstellationen:

Fall 1. \"grundsätzlich wirksam\" = in der überwiegenden Zahl wirksam, aber es gibt unwirksame Fälle

Fall 2. \"grundsätzlich unwirksam\" = in der überwiegenden Zahl unwirksam, aber es gibt wirksame Fälle

wenn man Fall 2. jetzt negiert, indem man ein \"nicht\" dazunimmt, dann ist man wieder bei Fall 1.




Mann kann grundsätzlich übersetzten mit \"im Regelfall\". Der BGH hat also gesagt:

Preisanpassungsklauseln sind nicht im Regelfall unwirksam.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: userD0009 am 07. Februar 2009, 14:16:56
Zitat
Original von Black

Fall 1. \"grundsätzlich wirksam\" = in der überwiegenden Zahl wirksam, aber es gibt unwirksame Fälle

Fall 2. \"grundsätzlich unwirksam\" = in der überwiegenden Zahl unwirksam, aber es gibt wirksame Fälle

wenn man Fall 2. jetzt negiert, indem man ein \"nicht\" dazunimmt, dann ist man wieder bei Fall 1.




Mann kann grundsätzlich übersetzten mit \"im Regelfall\". Der BGH hat also gesagt:

Preisanpassungsklauseln sind nicht im Regelfall unwirksam.

Ganz so \"einfach\" ist es aber dann doch nicht. Der BGH verwendet eine bestimmte Formulierung mit einer bestimmten Intention.

Wenn der BGH also formiliert, dass Preianpassungsklauseln nicht grundsätzlich unwirksam sind, so hat das eine andere (wertende) Bedeutung, als die Formulierung, dass solche grundsätzlich wirksam sind.

Außer man unterstelle dem BGH, dass er aus Selbstgeltungsgesichtspunkten eine umständliche Ausdrucksweise wähle.

Grüße
belkin
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: nomos am 07. Februar 2009, 17:00:26
@belkin, man darf dem BGH aber die \"umständliche Ausdrucksweise\" vorwerfen, wenn selbst gestandene Juristen solche Schwierigkeiten mit dem Urteilstext haben. Ich stelle mir solche Auslegungen ungern vor den diversen Gerichten vor.

Ich habe mal ein paar Nichtjuristen gefragt, wie sie das verstehen und habe die [grundsätzlich] schwarzen Reifen von ESG-Rebell als Muster genommen ;) :

Das Fahren mit Sommerreifen ist [grundsätzlich] nicht verboten.
Verstanden wurde das überwiegend so:
Das Fahren mit Sommerreifen ist nicht [grundsätzlich] erlaubt.
Verstanden wurde das überwiegend so:
Was ist nun die \"juristische Bedeutung\" dieser gewählten Formulierung? Zweifelsfrei klar wurde der offensichtlich feine Unterschied hier nicht. Auch Juristen könnten doch in Urteilen schreiben was sie konkret meinen ohne massenweise Interpretationen und Kommentare auszulösen, die die Zweifel [grundsätzlich] noch vermehren. ;)
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 07. Februar 2009, 18:55:55
@all

Soviel grundsätzliche Diskussion um einen einzigen Satz.
Das ist des Guten zuviel.

Es ist wie es ist:

Preisänderungsvorbehalte sind, insbesondere in Dauerschuldverhältnissen, nicht grundsätzlich unwirksam.

Es hätte ja jemand der Meinung sein können, dass sie grundsätzlich (im Sinne von per se = an sich = aus sich heraus) unwirksam sind.

In Dauerschuldverhältnissen kann die Notwendigkeit zur Anpassung bestehen, bei normalen Kaufverträgen, die auf einen einmaligen Leistungsaustausch gerichtet sind, hingegen nicht. Ein Preisänderungsvorbehalt in den AGB eines sog. Onlineshops, über dessen Seiten ein Kaufvertrag mit einem \"Mouseklick\" geschlossen wird, wird deshalb demgegenüber wohl schon an sich/ aus sich heraus unwirksam sein.

Sie sind nur wirksam wenn,...

Gemeinhin, insbesondere unter Technikern wird \"grundsätzlich\" oft so verstanden, dass es keine Ausnahmen gäbe.
Juristen beschreiben damit hingegen grundsätzlich den Regelfall, von dem es Ausnahmen geben kann.
\"Grundsätzlich\" wird auch (als) Synonym für per se benutzt.

Ich habe den Satz immer so verstanden, dass Preisänderungsvorbehalte, insbesondere in Dauerschuldverhältnissen, nicht an sich/ aus sich heraus unwirksam sind. Dieses Verständnis ist auch schlüssig. Mit dem Vertständnis des Kollegen (Black) wäre es hingegen unvereinbar, dass der BGH unbestreitbar in ständiger Rechtsprechung ausdrücklich betont, dass Preisanpassungsklauseln nur zulässig sind, wenn....

@nomos

Wenn etwas geboten ist, ist etwas anderes deshalb noch nicht unbedingt verboten... Wir sollten aber die müßige Diskussion über diesen einen Satz an dieser Stelle beenden. Wir enden sonst im Palaver, ohne uns noch auf den Kern der Sache zu konzentrieren.

Der Kern liegt aber darin, dass eine AGB- Preisänderungsklausel nur dann wirksam ist, wenn - kumulativ unter anderem - der Vertragspartner des Verwenders die Berechtigung einer vorgenommenen Preisänderung anhand der Klausel selbst zuverlässig kontrollieren kann.

@Black/ Ronny

Auch die Entscheidung des achten Zivilsenats vom 17.12.2008 (VIII ZR 274/06) stellt zutreffend auf dieses Kriterium ab. Die Klausel (und die darauf gestützten einseitigen Preisänderungen) waren deshalb unwirksam, weil die Kunden als Vertragspartner die Berechtigung der vorgenommenen Preiserhöhungen nicht zuverlässig kontrollieren konnten.

Zitat
Darin liegt zugleich eine unangemessene Benachteiligung der Kunden der Beklagten (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB), weil diese die Berechtigung einer Preisänderung nicht verlässlich nachprüfen können. Der Beklagten wird es dadurch ermöglicht, das in dem ursprünglich vereinbarten Gaspreis zum Ausdruck kommende Gleichgewicht von Leistung und Gegenleistung zu ihren Gunsten zu verändern (vgl. Senatsurteile vom 21. September 2005, aaO, unter II, und vom 13. Dezember 2006 – VIII ZR 25/06, NJW 2007, 1054, Tz. 21).

Dieser Beurteilung lässt sich, anders als das Berufungsgericht gemeint hat, nicht entgegenhalten, die Preisanpassungsklausel entspreche dem gesetzlichen Leitbild des § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV.

Das war und ist der entscheidende Punkt und nichts anderes.

Bei einer einseitigen Leistungsbestimmung, bei welcher der bestimmungsberechtigten Vertragspartei immer ein Spielraum eingeräumt ist, kann der Kunde die Berechtigung einer vorgenommenen einseitigen Preisänderung schon deshalb per se nicht zuverlässig kontrollieren, weil er den dabei zur Verfügung stehenden Spielraum gar nicht kennt/ kennen kann.

Das sollte eigentlich einleuchten.

Mag mich bitte niemand schelten, dass ich \"zuverlässig\" und \"verlässlich\" synonym verwende. ;)
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Alexander Heyers am 07. Februar 2009, 22:03:07
\"Dass die Preisentwicklung auf anderen Märkten für Wärmeenergie die Preisbildung auf
dem Gasversorgungsmarkt wesentlich mitbestimmt, wie schon die auch im Streitfall mit dem Vorlieferanten der Beklagten vereinbarte Kopplung des Gaspreises an den Marktpreis für leichtes Heizöl zeigt, ändert nichts daran, dass die Gasversorgung aus der Sicht der Erdgas als Heizenergie verwendenden Letztverbraucher als Marktgegenseite grundsätzlich nur in Ausnahmefällen, in denen die Grundentscheidung über die für die Beheizung eines Gebäudes verwendete Energie erstmals oder erneut getroffen wird, durch andere Heizenergieträger substituierbar ist\" (BGH KZR 2/07).

So geht grundsätzlich. Das ist klar, präzise, eindeutig.
Und mit dieser Eindeutigkeit kann für Preisänderungsvorbehalte eben nicht angenommen werden, dass sie wirksam sind.

Deshalb steht da nicht \"sie sind grundsätzlich wirksam\"
Weil es nicht so leicht ist.
Sind sind erst einmal nicht grundsätzlich unwirksam
(auch das wäre leicht herauszufinden).

Das \"grundsätzlich\" hat damit zu tun, wie einfach es ist, etwas zu erkennen. Komplizierte Dinge können keine Grundsätze werden.
Einfach ist hier nur, dass ein Bedürfnis des Versorgers besteht, nicht 100 Jahre an dem einmal vereinbarten Preis festgehalten zu werden, auch wenn alles andere dauernd teurer wird.
Und dann wird es halt kompliziert, wann von einer wirksamen Klausel auszugehen ist.
Die Klauseln können aus allen möglichen Gründen wirksam oder unwirksam sein.
Nur nicht aus dem Grund, dass sie eine Preisvorbehaltsregelung darstellen.

Ist doch ganz einfach, oder?
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 07. Februar 2009, 22:31:04
@Simone Heyers

Konnten nun die Kunden der Stadtwerke Tornesch aus der von den Stadtwerken verwendeten Preisänderungsklausel bei Vertragsabschluss zukünftig auf sie zukommende weitere Belastungen abschätzen und die Berechtigung vorgenommener Preisänderungen anhand der Klausel selbst zuverlässig kontrollieren?

Oder aber war das nicht der Fall und die Kunden werden hierdurch unangemessen benachteiligt?
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Alexander Heyers am 08. Februar 2009, 11:48:09
- Wenn der Hahn kräht auf dem Mist - ändert sichs Wetter oders bleibt wie es ist. -

die Klausel, die der BGH (Kartellsenat) in vorbenanntem Urteil zu bewerten hatte, lautet:

Die G.   ist berechtigt, die Gaspreise zu ändern, wenn  
eine Preisänderung durch den Vorlieferanten der G.   er-
folgt.  

Der Senat stellte hierzu fest:
- die Klausel unterliegt der Inhaltskontrolle
- die Klausel ist nicht alleine deshalb unwirksam, weil es sich um einen PÄV in einem Dauerschuldverhältnis handelt
- sie wäre unwirksam, würde der Versorger hiermit eine marktbeherrschende Stellung ausnutzen. Hierzu wurde nicht vorgetragen. Das (wohl festgestellte) Bestehen einer marktbeherrschenden Stellung des Versorgers auf dem relevanten Markt (kein Substitutionswettbewerb!) alleine reicht nicht aus, der Versorger muss nicht darlegen, dass er seine Stellung nicht ausnutzt
-  das Ausgangsgericht hat die Klausel wegen unangemessener Benachteiligung für unwirksam gehalten (§ 307 Abs. 1 S. 1 BGB). Dieser Auffassung folgt der Senat.

\"Die Preisänderungsklausel benachteiligt die Kunden der Beklagten schon deshalb ent-  gegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen, weil sie nur das Recht der Beklagten enthält, Erhöhungen ihres Gaseinstandspreises an ihre Kunden weiterzugeben, nicht aber die Verpflichtung, bei gesunkenen Gestehungskosten den Preis zu senken. Hierdurch wird es der Beklagten ermöglicht, eine erhöhte Kostenbelastung durch eine Preiserhöhung aufzufangen, hingegen den Vertragspreis bei einer Kostensenkung durch einen geringeren  Einstandspreis unverändert zu lassen. Risiken und Chancen einer Veränderung des Einstandspreises werden damit zwischen den Parteien ungleich verteilt;  eine solche unausgewogene Regelung rechtfertigt kein einseitiges Recht der Beklagten zur Änderung des sich aus der vertraglichen Vereinbarung der Parteien ergebenden Preises.\"

Selbst unter Berücksichtigung, dass der Umfang der Ausübung des in der Klausel liegenden Ermessens nach den Kriterien billigen Ermessens iSd § 315 BGB zu bestimmen ist, schließt dies zunächst nur aus, dass ein gesunkener Einstandspreis zum Anlass für eine Preiserhöhung genommen wird.
Danach mag weiter ausgeschlossen sein, dass nur Erhöhungen, nicht aber auch vorübergehende Absenkungen des Einstandspreises berücksichtigt werden.

Allerdings ist der Versorger nur berechtigt, nicht aber verpflichtet

nach gleichmäßigen Maßstäben zu bestimmten Zeitpunkten eine  Preisanpassung unabhängig davon vorzunehmen, in welche Richtung sich der  Einstandspreis seit Vertragsschluss oder seit der letzten Preisanpassung entwickelt hat.

Damit hat der Versorger
mangels anderweitiger vertraglicher Vorgaben [ ... ] die Möglichkeit, den Zeitpunkt zu bestimmen, zu dem [er] von dem Preisänderungsrecht Gebrauch  macht, und durch die in der Preisanpassungsklausel nicht vorgegebene Wahl des Preisanpassungstermins erhöhten Einstandskosten umgehend, niedrigeren  Einstandskosten jedoch nicht oder erst mit zeitlicher Verzögerung durch eine Preisänderung Rechnung zu tragen.  

Im Sinne der kundenfeindlichsten Auslegung reicht die Möglichkeit.

Daran ändert nichts, dass sich die Regelung an dem gesetzlichen Leitbild des § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV orietiert. Denn dieser kommt für die vertragliche Klausel Leitbildungfunktion nicht zu.
Dies zum einen, weil das Tarifänderungsrecht Ausgleich zu der Allgemeinen Versorgungspflicht des Versorgers, der er sich nicht entziehen kann, darstellt. Zum anderen unterliegt das tarifliche Änderugsrecht der direkten gesetzlichen Bindung an das billige Ermessen nach § 315 BGB in dem Sinne, dass sich hieraus auch eine Verpflichtung ergibt.

Die gesetzliche Regelung umfasst  daher neben dem Recht des Versorgers zur Preisanpassung auch die Pflicht  hierzu, wenn die Anpassung dem Kunden günstig ist, und enthält damit gerade  dasjenige zu einer ausgewogenen Regelung notwendige Element, das der von  der Beklagten vorgegebenen vertraglichen Anpassungsklausel fehlt.

Auf die mögliche Leitbildfunktion der AVBGasV geht auch der VIII. Senat (BGH VIII ZR 274/06) ein:

Diese habe Leitbildfunktion im weiteren Sinne.
Allerdings ist (auch) der VIII. Senat der Ansicht, dass die Klausel
\"Der vorstehende Gaspreis ändert sich, wenn eine Änderung der allgemeinen Tarifpreise eintritt\" nicht der gesetzlichen Regelung des (ehem.) § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV entspricht.

Eine sich an dem gesetzlichen Leitbild orientierende Klausel müsste demnach neben der Berechtigung, die Preise zu ändern, auch die (in § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV inzident enthaltene) Verpflichtung zur Preisänderung zu bestimmten, die Belange der Kunden angemessen berücksichtigenden Zeiten enthalten.

Tut sie das nicht, und legt nur eine (einseitige) Berechtigung fest, ist sie nicht dem Leitbild entsprechend und stellt daher eine unangemessene Benachteiligung dar.

Die Konsequenz dieser sicht wird deutlich, wenn man es mal durchspielen würde, was passieren würde wären solche Klauseln wirksam, weil sie (inzident) solche Verpflichtungen enthielten:

Im Rahmen einer Billigkeitsprüfung müsste dann nämlich überprüft werden, ob die Preisanpassungen jeweils auch den (ihre Wirksamkeit begründende) Verpflichtung zur jeweiligen Weitergabe von Preissenkungen zu für den Verbraucher günstigen Zeiten  entsprechen. Und weil ja in der Klausel selbst keine vorhersehbaren Kriterien enthalten sind, müssten diese Kriterien von den Gerichten entwickelt werden um zu überprüfen, ob diesen Kriterien im Sinne der Angemessenheit genügt wurde. Weiterhin müsste überprüft werden, ob die Möglichkeit (!) von Kosteneinsparungen entsprechend berücksichtigt wurde, so dass es hier im Endeffekt auf eine weit umfangreichere Prüfung als bei der Angemessenheitsprüfung von Allgemeinen Tarifen hinausliefe, denn die Berücksichtigung all dieser Elemente macht die Klausel erst wirksam, so dass hier auch nicht von einer entsprechenden Vereinbarung eines angemessenen Preises ausgegangen werden kann.

Ich kann nämlich nicht die Voraussetzungen, unter denen eine Klausel erst wirksam wird, als angemessen vereinbaren.

Zusammengefasst:
zur Wirksamkeit müsste in der Klausel konkludent die Verpflichtung zur regelmäßigen Weitergabe auch von gesunkenen Einstandspreisen sowie von gestiegenen Einstandspreisen zu für Verbraucher günstigen Zeiten enthalten sein. Weiterhin müsste die Berücksichtigung von Einsparungen durch den Gebrauch der Möglichkeit der Kostenersparnis enthalten sein. Hinzu käme die Überprüfung, ob der Versorger von der Möglichkeit, vorteilhaftere Einkaufspreise auszuhandeln Gebrauch gemacht hat. Ggf. kämen noch weitere Elemente hinzu, bei denen insgesamt von einer angemessenen Preisgestaltung die Rede sein kann.

Und damit reden wir von Gesamtpreisgestaltung. Und diese möchte zumindest der VIII. Senat sicher nicht regelmäßig gerichtlich überprüft haben.

Insofern kann man mal davon ausgehen, dass Klauseln, die auch nur in Ansätzen einen Interpretationsspielraum zulassen und sich nicht nur auf wenige, für den Verbraucher vorhersehbare Einzelelemente beziehen und in gleicher Hinsicht ausrücklich sowohl das Recht als auch die Pflicht zur Preisanpassung in beide Richtungen vorsehen, unwirksam sein werden.

Daher wird es so bald auch keine Entscheidung darüber geben, ob eine eventuell unangemessene Benachteiligung durch ein Kündigungsrecht des Kunden ausgeglichen wird. Diese Frage wurde bisher zwar mehrfach angesprochen, jedoch jeweils als nicht entscheidungserheblich angesehen. Wobei ich es schon interessant fände, ob eine unangemessene Benchteiligung des Kunden dadurch ausgeglichen werden kann, dass er ein Recht zur Kündigung hat. Vor allem, wenn alle anderen Versorger dann auch an sich unangemessen benachteiligende und / oder intransparente Klauseln verwendeten. Das würde den Verbraucher dann auch nicht wirklich weiter bringen.

In diesem Sinne ist die Klausel

\"GWT ist berechtigt, ihre Preise der Preisentwicklung auf dem Wärmemarkt anzupassen.\"

unwirksam, das sie zum einen keine Verpflichtung enthält, eine dem Kunden günstige Preisanpassung vorzunehmen und zum anderen die Möglichkeit offen lässt, Preisanpassungen auch ohne Berücksichtigung von Kostenersparnissen vorzunehmen und sie daher nicht dem gesetzlichen Leitbild des § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV entspricht.

Ob sie auch intransparent ist kann ebenso wie die Frage, ob die Unangemessenheit durch ein Kündigungsrecht kompensiert wird dahigestellt bleiben, da zumindest zum Zeitpunkt des Abschlusses dieser Klausel ein solches Kündigungsrecht wegen der marktbeherrschenden Alleinstellung ins Leere lief.
Ob die Preiserhöhungen darüber hinaus der Billigkeit iSd § 315 BGB entsprachen bedarf daher keiner weiteren Beurteilung.

Amen.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: ESG-Rebell am 08. Februar 2009, 12:51:32
Ein Grund dafür, warum sowohl hier als auch in den Gerichten so heiß über intransparente Preisanpassungsklauseln gestritten wird, sehe ich auch darin, daß diese in der Praxis recht weit verbreitet sind. Die aktuellen AGB von Kabel BW bspw. enthalten folgende Klauseln:

\"Kabel BW kann die ... vereinbarten Preise anpassen, soweit dies zum Ausgleich von Kostensteigerungen erforderlich ist.\"

\"Kabel BW wird dem Kunden [dies] ... mindestens sechs Wochen vor Inkrafttreten mitteilen. Dem Kunden steht zum Zeitpunkt des Inkrafttretens ein Sonderkündigungsrecht zu. Kündigt der Kunde nicht innerhalb von sechs Wochen ab Zugang der Änderungsmitteilung, so gelten die Änderungen als genehmigt und werden Vertragsbestandteil.\"

Dem Kunden wird außerdem ein ordentliches Kündigungsrecht nach Ablauf der Mindestvertagslaufzeit eingeräumt.

Erklärt sich ein Kunde nach Erhalt einer Änderungsmitteilung mit dem neuen Preis nicht einverstanden, dann wird Kabel BW dies als Sonderkündigung betrachten und der Kunde muss sich einen anderen Anbieter suchen oder auf Satelliten-TV und DSL ausweichen.

Beruft sich der Kunde erst nach drei Jahren auf die Intransparenz der Preiserhöhungsklausel und verlangt Erstattung der Überzahlung, dann wird Kabel BW wohl monieren, der neue Preis sei Vertragsgegenstand geworden, weil der Kunde nicht von seinem Sonderkündigungsrecht Gebrauch gemacht hat.

Mir fällt kein Grund ein, warum für verschiedenartige Dienstleistungen hinsichtlich der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle unterschiedliche Normen angewendet werden sollten. Folglich könnte die obige Klausel für Kabel BW prinzipiell auch problematisch werden.

Gruss,
ESG-Rebell.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 08. Februar 2009, 14:19:28
Mein Fazit: Die Formulierung des BGH zur \"nicht grundsätzlichen Unwirksamkeit\" ist nicht sehr glücklich gewählt, denn Ihr Aussagewert ist aufgrund verschiedener Interpretationen zweifelhaft.

Das wir überhaupt über diesen Satz diskutieren mußten, lag aber daran, dass RR-E-ft mir vorgeworfen hatte, ich hätte diesen bedeutsamen Satz \"unterschlagen\".
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: eislud am 08. Februar 2009, 16:32:03
Mein Fazit: Die Formulierung des BGH zur \"nicht grundsätzlichen Unwirksamkeit\" ist nicht mißverständlich, zumindest dann, wenn man der deutschen Sprache mächtig ist.

Daß ihr überhaupt über diesen Satz diskutieren mußtet, lag wohl daran, daß Black zumindest in diesem Fall seine entsprechende Unkenntnis dargelegt hat.


Zitat
Original von Black
Dann schauen wir uns diesen Satz einmal GENAU an.

Der BGH verwendet eine doppelte Verneinung
\"nicht grundsätzlich unwirksam.\"

Nun kann man aber die Aussage \"nicht unwirksam\" ersetzen durch \"wirksam\" . Die Bedeutung bleibt gleich.

nicht unwirksam = wirksam

Demzufolge kann die Aussage des BGH auch ohne Bedeutungsveränderung auch formuliert werden als:

In Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Preisanpassungsklauseln sind, insbesondere bei Dauerschuldverhältnissen, nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung grundsätzlich wirksam.
\"Es ist unglaublich, wieviel Geist in der Welt aufgeboten wird, um Dummheiten zu beweisen.\" Oscar Wilde

Gruss eislud
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 08. Februar 2009, 17:17:27
Zitat
Original von eislud
Mein Fazit: Die Formulierung des BGH zur \"nicht grundsätzlichen Unwirksamkeit\" ist nicht mißverständlich, zumindest dann, wenn man der deutschen Sprache mächtig ist.

Daß ihr überhaupt über diesen Satz diskutieren mußtet, lag wohl daran, daß Black zumindest in diesem Fall seine entsprechende Unkenntnis dargelegt hat.

Da Sie ja anscheinend der deutschen Sprache mächtig genug sind diese Behauptung aufzustellen, wird der Rest wohl vermutlich auch noch für eine Begründung ihrer Aussage genügen.

Denn ich habe meine Wertung hier begründet mit Argumenten:

Zitat
Original von black
Im übrigen es gibt nur zwei Konstellationen:

Fall 1. \"grundsätzlich wirksam\" = in der überwiegenden Zahl wirksam, aber es gibt unwirksame Fälle

Fall 2. \"grundsätzlich unwirksam\" = in der überwiegenden Zahl unwirksam, aber es gibt wirksame Fälle

wenn man Fall 2. jetzt negiert, indem man ein \"nicht\" dazunimmt, dann ist man wieder bei Fall 1.


Mann kann grundsätzlich übersetzten mit \"im Regelfall\". Der BGH hat also gesagt:

Preisanpassungsklauseln sind nicht im Regelfall unwirksam.


Echte Gegenargument dazu gab es noch keine.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: superhaase am 08. Februar 2009, 20:19:29
Zitat
Original von Black
Zitat
Original von black
Im übrigen es gibt nur zwei Konstellationen:

Fall 1. \"grundsätzlich wirksam\" = in der überwiegenden Zahl wirksam, aber es gibt unwirksame Fälle

Fall 2. \"grundsätzlich unwirksam\" = in der überwiegenden Zahl unwirksam, aber es gibt wirksame Fälle

wenn man Fall 2. jetzt negiert, indem man ein \"nicht\" dazunimmt, dann ist man wieder bei Fall 1.

Mann kann grundsätzlich übersetzten mit \"im Regelfall\". Der BGH hat also gesagt:
Preisanpassungsklauseln sind nicht im Regelfall unwirksam.
Das sehe ich anders.

Fall 1. \"grundsätzlich wirksam\" = aus Prinzip wirksam, es gibt aber eine unbestimmte Zahl von Fällen, die das Prinzip verletzen und unwirksam sind

Fall 2. \"grundsätzlich unwirksam\" = aus Prinzip unwirksam, es gibt aber eine unbestimmte Zahl von Fällen, die das Prinzip verletzen und wirksam sind

Negiert man Fall 2, dann liest es sich so:
\"nicht grundsätzlich unwirksam\" = nicht aus Prinzip unwirksam, es gibt also eine unbestimmte Zahl von Fällen, die unwirksam sind, ebenso wie solche, die wirksam sind.

Über eine Häufigkeit des Vorkommens wirksamer und unwirksamer Fälle in der Praxis ist damit nichts ausgesagt.
\"grundsätzlich\" lese ich nicht im Sinne einer Verhältnismäßigkeit (Häufigkeit) von Fallzahlen. Eher im Sinne eines Prinzips, das durch Regeln vorgegeben ist - hier die Gesetze und die Rechtsprechung in Bezug auf die Inhaltskontrolle von Preisänderungsklauseln.

ciao,
sh
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 08. Februar 2009, 20:37:42
Zitat
Original von superhaase
Negiert man Fall 2, dann liest es sich so:
\"nicht grundsätzlich unwirksam\" = nicht aus Prinzip unwirksam, es gibt also eine unbestimmte Zahl von Fällen, die unwirksam sind, ebenso wie solche, die wirksam sind.

Wenn man den \"grundsätzlich\" nicht als Häufigkeitsaussage sieht kann man es auch so interpretieren wie Sie. Allerdings landen Sie in ihrer Argumentation mit der Negation von Fall 2 nicht wieder bei Fall 1, sondern irgendwo anders. Wie begründen Sie das?


Im übrigen ist eine Aussage: \"es gibt also eine unbestimmte Zahl von Fällen, die unwirksam sind, ebenso wie solche, die wirksam sind.\" inhaltlich absolut wertlos.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: superhaase am 08. Februar 2009, 20:50:48
@Black:

Ich habe Fall 1 und die Negation von Fall 2 zwar mit anderen Worten, aber mit ein und demselben Sinn ausgedrückt.

Ja, die Aussage ist in dieser Art wertlos.
Daher ist es auch sinnlos, auf die Häufigkeiten hin zu interpretieren.

Eher ist wohl gemeint, dass es kein Prinzip (keine Regeln) gibt, das eine Wirksamkeit von Preisänderungsklauseln auf den ersten Anschein hin ausschließt.
Dass die meisten Verträge unwirksame Klauseln enthalten, geht auf das Unwissen der Vertragsparteien bzw. Unvermögen ihrer Rechtsberater zurück, und nicht auf eine gesetzliche Vorgabe, dass Preisänderungsklauseln erst einmal (vorwiegend, grundsätzlich) unerwünscht sind.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Alexander Heyers am 08. Februar 2009, 21:38:56
Dieser thread bezieht sich auf die Klage gegen die Stadtwerke Tornesch.

Ich finde die Diskussion um den gewählten Ausdruck
\"nicht grundsätzlich unwirksam\"
ausgesprochen ausufernd und das eigentliche Thema zertrollend.

wer meint, er möchte weiter über diesen Satz diskutieren mag das gerne tun,
aber bitte nicht hier.
Das ist in dieser Form ziemlich unhöflich.

Also Leute, eigenen thread aufmachen
oder zum Thema kommen.
Danke.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: goofy3 am 08. Februar 2009, 23:59:00
Ist ja nett, dass ich als Treaderöffner nun irgendein Balken, orden, oder auch sonst was bekomme.

Bezweifle jedoch, das es der Sache zuträglich, hier in einem allgemein zugängigen Forum, derartige \"Korintenkakerei\" auszutragen, welche durch einen \"blackout des ronny\" enstanden sind.

Hatte evitel schon einmal gebeten als Mod hier auch einmal entsprechend zu verschieben.

Es mag hier Leute geben, welche eine Profilneurose haben, bei uns im Dorf ging es eher um die Sache und diese entsprechend voran zu bringen.

Allerdings gebe ich zu, anhand der \"Argumente\" hier, einige bestätigt in den entsprechenden Schubladen ablegen zu können.
So kam mir Ronny von Haus aus in seiner Wortwahl in anderen Threads bekannt vor.

Sinnvolle Beiträge wären eher gewesen, zu klären, welche der Strategien ist die am weitesten bringende, welche wahrscheinlich am erfolgreichsten, in welche von all den hier auftauchenden lohnt es mehr Energie reinzustecken.

Stattdessen wird hier ein Schlachtfeld, angeblich untereinander nach außen transportiert.

Könnte man auch gelungene Infiltration, nebst Profilierungsgelüsten nennen.

Schade.

Nur gemeinsam wäre man stark, so eher nicht.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: superhaase am 09. Februar 2009, 07:17:37
Sorry, wollte die Haarspalterei eigentlich nicht verlängern ....  :)
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: DieAdmin am 09. Februar 2009, 09:50:32
Zitat
Original von goofy3

Hatte evitel schon einmal gebeten als Mod hier auch einmal entsprechend zu verschieben.


@goofy3,

ich hab den Passus zwar nicht gefunden, wo ich schonmal gebeten worden bin zu verschieben, aber kann ich ja jetzt nachholen.

@all,

davon abgehangen: Dritter Termin beim LG Itzehoe 15.01.2009 (http://forum.bdev.de/thread.php?threadid=11252)

Es besteht natürlich auch die Möglichkeit, das User mir mitteilen können, wenn die eigenen Beiträge gelöscht werden sollen. Wollte ich mal so generell anmerken.
Unter jeden Beitrag befindet sich ein Meldebutton. Die Nachricht enthält gleich das Direktlink zum Beitrag.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 09. Februar 2009, 10:38:55
Zurück zum Leitbild:

Die meisten bisher abgeschossenen Klauseln enthalten in Bezug auf das Leitbild leider immer wieder Fehler oder Abweichungen.

Kernfrage für mich ist, wie der BGH eine Klausel beurteilen würde die exakt § 5 GasGVV übernimmt.

Etwa in der Art:

Preisänderungen erfolgen unter den Voraussetzungen und nach den Grundsätzen des § 5 Abs. 2 und Abs. 3 Gas/StromGVV.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: jroettges am 09. Februar 2009, 13:59:09
@Black
Zitat
Preisänderungen erfolgen unter den Voraussetzungen und nach den Grundsätzen des § 5 Abs. 2 und Abs. 3 Gas/StromGVV.

Die §§5 der GVVen nennen weder \"Voraussetzungen\" noch \"Grundsätze\" für Preisänderungen. Sie sind mit \"Art der Versorgung\" übertitelt.

Da in der Grundversorgung von Gas und Strom ein gesetzliches Preisänderungsrecht als automatische Konsequenz der Belieferungspflicht des Versorgers besteht, regeln sie lediglich bestimmte Aspekte der Bekanntgabe der Preisänderungen als Voraussetzung ihrer Wirksamkeit (Abs. 2) sowie das Recht des Kunden, anlässlich einer Preisänderung in einer bestimmten Frist den Anbieter zu wechseln und so das Wirksamwerden der Preisänderung für sein Lieferverhältnis zu vermeiden (Abs. 3).

Nicht mehr und nicht weniger. Hätte der Gesetzgeber hier ein Preisänderungsrecht mit seinen Voraussetzungen und Grundsätzen begründen wollen, hätte er das auch so in die §§5 hineingeschrieben und auch einen anderen Titel gewählt.

Das alles hat das OLG Oldenburg in seinem Urteil vom 5.8.08 sauber so dargelegt. Einer der Richter hat damals die retorische Frage gestellt, wo denn bitte dort irgendeine brauchbare Formulierung zu finden sei, die ein Preisänderungerecht originär begründen würde.

Da Sie ja ein guter Sachkenner der Materie sind, bitte ich Sie inständig, uns hier solche Formulierungen zu nennen.

Ich weiß, dass sie anderer Meinung sind, weil Sie aus einer Formulierung des Ball-Senates herauslesen, dass der BGH aus der AvBGasV und den GVVen die Begründung eines Preisänderungsrechts entnehme.

Es ist doch nun in mehreren Verfahren durch den Kartellsenat des BGH festgestellt worden, dass dem nicht so ist.

Wenn die Verordnungen aber ein Preisänderungsrecht nicht begründen kann auch ihr irgenwie gearteter Import in die AGB nichts bringen.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 09. Februar 2009, 14:24:36
@Black

Meine Meinung dazu ist eindeutig. (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=53211#post53211)

Vielleicht zeigen Sie mal auf, wie man bei einer solchen Klausel des von Ihnen genannten Inhalts als Kunde zukünftige Preiserhöhungen bereits bei Vertragsabschluss abschätzen und die Berechtigung vorgenommenener Preisänderungen anhand der Klausel nach Anlass und Umfang verlässlich kontrollieren können soll.

Der achte Zivilsenat und der Kartellsenat sind sich einig, dass Preisänderungsklauseln in Energielieferungs- Sonderverträgen der Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB unterliegen.

Preisänderungsklauseln sollen ja nach der ständigen BGH- Rechtsprechung gem. § 307 BGB nur zulässig sein, wenn o. g. Voraussetzungen vorliegen.

Andernfalls, so der BGH in ständiger Rechtsprechung, läge eine unangemssene Benachteiligung des Kunden vor, welche die Unwirksamkeit der Klausel und darauf gestützter Preiserhöhungen zur Folge hat.

Darum geht es doch.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 09. Februar 2009, 14:36:18
Zitat
Original von jroettges
Nicht mehr und nicht weniger. Hätte der Gesetzgeber hier ein Preisänderungsrecht mit seinen Voraussetzungen und Grundsätzen begründen wollen, hätte er das auch so in die §§5 hineingeschrieben und auch einen anderen Titel gewählt.

Das alles hat das OLG Oldenburg in seinem Urteil vom 5.8.08 sauber so dargelegt. Einer der Richter hat damals die retorische Frage gestellt, wo denn bitte dort irgendeine brauchbare Formulierung zu finden sei, die ein Preisänderungerecht originär begründen würde.

Auch der Gesetzgeber drückt sich weiss Gott oft unglücklich oder missverständlich aus. Eine brauchbare Formulierung, wie sie das OLG Oldenburg fordert gibt es weder im EnWG noch in der GVV. Natürlich hat der Gesetzgeber dort schlampig getextet.

Daraus aber zu schlussfolgern, das eigentliche Preisänderungsrecht des grundversorgers schwebe quasi als notwendiges aber nicht geregeltes Recht im luftleeren Raum finde ich noch intransparenter und abenteuerlicher.


Zitat
Original von jroettgesEs ist doch nun in mehreren Verfahren durch den Kartellsenat des BGH festgestellt worden, dass dem nicht so ist.

sowas Dummes, nun urteilt aber der 8. Zivilsenat doch munter weiter nach seiner Rechtsauffassung, und das sogar noch in aktuelleren Entscheidungen als der Kartellsenat (Preissockel). Weiss der 8. Senat denn nicht, dass das alles längst\"durch den Kartellsenat des BGH festgestellt\" worden ist?
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 09. Februar 2009, 14:46:55
@Black

Zur Sache bitte. (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=53272#post53272)
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 09. Februar 2009, 15:03:50
Zitat
Original von RR-E-ft
Vielleicht zeigen Sie mal auf, wie man bei einer solchen Klausel des von Ihnen genannten Inhalts als Kunde zukünftige Preiserhöhungen bereits bei Vertragsabschluss abschätzen und die Berechtigung vorgenommenener Preisänderungen anhand der Klausel nach Anlass und Umfang verlässlich kontrollieren können soll.

Der Sonderkunde kann es bei Vorliegen einer solchen Klausel ebenso gut abschätzen, wie es der grundversorgte Kunde kann. Der Sonderkunde ist damit genauso gestellt, wie es der Gesetzgeber dem grundversorgten Kunden zumutbar erscheint.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 09. Februar 2009, 15:36:12
@Black

Dass beantwortet die Frage nicht.

BGH, Urt. v. 28.04.2008 - KZR 2/02 Rdn. 26:

Zitat
Hiernach kommt § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV Leitbildfunktion für die streitige Preisänderungsklausel nicht zu.

Die Vorschrift bestimmt, dass das Gasversorgungsunternehmen zu den jeweiligen allgemeinen Tarifen und Bedingungen Gas zur Verfügung stellt und dass Änderungen der allgemeinen Tarife und Bedingungen erst nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam werden. Zwar ergibt sich auch aus dem Tarifbestimmungs- und -änderungsrecht entgegen der Auffassung der Kläger ein (gesetzliches) Leistungsbestimmungsrecht im Sinne des § 315 BGB (BGHZ 172, 315 Tz. 17).

Dass die Norm keine Vorgaben zu Zeitpunkt und Inhalt von Preisänderungen nennt, ist jedoch eine unmittelbare Folge des Umstandes, dass Tarifkunden zu den jeweiligen allgemeinen Tarifen und Bedingungen beliefert werden und beliefert werden müssen. Aus der gesetzlichen Bindung des allgemeinen Tarifs an den Maßstab der Billigkeit (BGHZ 172, 315 Tz. 16 f.) ergibt sich nicht nur die Rechtspflicht des Versorgers, bei einer Tarifanpassung Kostensenkungen ebenso zu berücksichtigen wie Kostenerhöhungen.

Es besteht bei Sonderverträgen weder eine gesetzliche Versorgungspflicht, noch besteht eine gesetzliche Bindung vertraglich vereinbarter Erdgas- Sonderpreise an den Maßstab der Billigkeit.

Insbesondere ist das Recht zur ordnungsgemäßen Kündigung durch den Lieferanten nicht gem. § 20 Abs. 1 Satz 3 GVV gesetzlich ausgeschlossen.

Das eine ist mit dem anderen also überhaupt nicht vergleichbar.

Oder sind Sie etwa der Meinung, auch bei jedem Sondervertrag unterläge der Preis dem gesetzlichen Maßstab der Billigkeit,  bestünde eine gesetzliche Verpflichtung, rückläufige Kosten durch Preissenkungen an die Kunden weiterzugeben?
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 09. Februar 2009, 16:01:13
Zitat
Original von RR-E-ft
Oder sind Sie etwa der Meinung, auch bei jedem Sondervertrag unterläge der Preis dem gesetzlichen Maßstab der Billigkeit,  bestünde eine gesetzliche Verpflichtung, rückläufige Kosten durch Preissenkungen an die Kunden weiterzugeben?

Wenn in einem Sonderkundenvertrag ein Preisbestimmungsrecht nach GVV vereinbart ist, dann greift natürlich auch hier die Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB und den dazu entwickelten Grundsätzen.

Wenn Versorger A in einem Gebiet Grundversorger ist, dann hat er ein gesetzliches Preisanpassungsrecht nach § 5 GVV. Wenn Versorger B nun wettbewerbsfördernd im gleichen Gebiet A  Konkurrenz machen möchte, so stände er ohne das zulässige Leitbild der GVV vor ungleich höheren Anforderungen als Versorger A sein Preisanpassungsrecht vertraglich zu gestalten auch wenn er gleichartige Verträge wie Versorger A anbieten möchte.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 09. Februar 2009, 16:28:11
@Black

Die Billigkeitskontrolle greift dabei nicht, wenn sich der weite Spielraum der Billigkeit als zu groß für das enge Korsett erweist, welches durch § 307 BGB vorgegeben wird, und die Klausel deshalb unwirksam ist (vgl. BGH, Urt. v. 13.07.2004 - KZR 10/03 unter II.6; BGH, Urt. v. 17.12.2008 - VIII ZR 274/06).

Sie meinen also bundesweite Anbieter wie E wie einfach, eprimo oder Lichtblick seien rechtlich in der Lage, vertraglich vorzusehen, dass Preisänderungen allein unter den Voraussetzungen des § 5 GVV wirksam werden (öffentliche Bekanntgabe....), dies  auch, obschon die Bestimmungen der GVV für diese Unternehmen nie galten und auch nicht zur Anwendung kommen sollten?

Gilt das dann nach Ihrer Aufassung ggf. nur für Haushaltskunden oder etwa auch für alle weiteren Kunden? (Stahlwerke/ Hüttenbetriebe/ Chemische Industrie)

Ich meine, dass gesetzliche Leistungsbestimmungsrecht der Grundversorger ist überhaupt nur wegen des gesetzlichen Kontrahierungszwangs der Grundversorger gerechtfertigt. Wer keinem gesetzlichen Kontrahierungszwang unterliegt, steht sich allein dadurch besser als ein Grundversorger. Lichtblick & Co. können sich entsprechend vertraglicher Vereinbarung  recht kurzfristig durch ordnungsgemäße Kündigung aus den Vertragsverhältnissen lösen. Nicht- Grundversorger haben es somit nicht schwerer, sondern  viel leichter. Sie sind wegen sich ändernder Kosten nicht auf eine Preisanpassungsklausel angewiesen, wenn sie für sich eine kurze Kündigungsfrist vereinbaren.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 09. Februar 2009, 17:00:59
Zitat
Original von RR-E-ft
Die Billigkeitskontrolle greift dabei nicht, wenn sich der weite Spielraum der Billigkeit als zu groß für das enge Korsett erweist, welches durch § 307 BGB vorgegeben wird, und die Klausel deshalb unwirksam ist (vgl. BGH, Urt. v. 13.07.2004 - KZR 10/03 unter II.6; BGH, Urt. v. 17.12.2008 - VIII ZR 274/06).

Das Korsett ist eng genug, denn es verbietet Steigerungen der Gewinnmargen.

Zitat
Original von RR-E-ft
Sie meinen also bundesweite Anbieter wie E wie einfach, eprimo oder Lichtblick seien rechtlich in der Lage, vertraglich vorzusehen, dass Preisänderungen allein unter den Voraussetzungen des § 5 GVV wirksam werden (öffentliche Bekanntgabe....), dies  auch, obschon die Bestimmungen der GVV für diese Unternehmen nie galten und auch nicht zur Anwendung kommen sollten?

Man könnte die öffentliche Bekanntgabe durch eine direkte schriftliche Bekanntgabe beim Kunden ergänzen.

Zitat
Original von RR-E-ft
Gilt das dann nach Ihrer Aufassung ggf. nur für Haushaltskunden oder etwa auch für alle weiteren Kunden? (Stahlwerke/ Hüttenbetriebe/ Chemische Industrie)

Je weiter der Gesamtvertrag vom Leitbild der Grundversorgung abweicht, desto weniger kann darauf Bezug genommen werden. Insoweit ist die GVV für Gewerbesonderkunden nicht heranzuziehen.

Zitat
Original von RR-E-ft
Wer keinem gesetzlichen Kontrahierungszwang unterliegt, steht sich allein dadurch besser als ein Grundversorger.

Es ist zwar verständlich, dass ein (Grund)versorger mit Kontrahierungszwang ein höhreres Bedürfnis nach einem Recht zur Preisanpassung hat, als ein sonstiger Versorger. Diese Frage betrifft aber nur das \"Ob\" der Aufnahme einer Anpassungsklausel. Das \"ob\" ist aber nicht streitig. Auch in Sonderkundenverträgen sind Preisanpassungsklauseln \"nicht grundsätzlich unwirksam\"  ;)

Warum aber eine Preisanpassungsklausel im Grundversorgungsbereich intransparenter formuliert sein darf als eine Klausel für den Sonderkunden (\"Wie\") läßt sich nicht mehr mit dem Kontrahierungszwang begründen.

Zitat
Original von RR-E-ft
Lichtblick & Co. können sich entsprechend vertraglicher Vereinbarung  recht kurzfristig durch ordnungsgemäße Kündigung aus den Vertragsverhältnissen lösen

Dem Kunde steht bei Preisanpassungen auch ein Kündigungsrecht zu. So kann er selbst entscheiden, ob er den Sondervertrag zu veränderten Preisen trotzdem fortführen will oder nicht. Hätte der Versorger (wie Sie es wollen) selbst nur ein Kündigungsrecht und kein Anpassungsrecht, wäre dem Kunde diese Wahlmöglichkeit genommen, da er in jedem Fall den Vertrag los wäre. Ich sehe auch hier keine Schlechterstellung des Kunden.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 09. Februar 2009, 17:23:16
@Black

Der weite Spielraum der Billigkeit entspricht nach ständiger Rechtsprechung des BGH nicht den Anforderungen, die nach § 307 BGB zu stellen sind. Die Gründe dafür hatte ich bereits mehrfach genannt, ebenso wie die Rechtsprechungsnachweise.

Schriftliche Bekanntgaben beim Kunden wären einem Lieferanten nur möglich, wenn jeder Kunde zugleich verpflichtet wäre, vor seiner Haustür/ Wohnungstür/ Grundstückzugang ein dafür geeignetes \"schwarzes Brett\" als Anschlagsmöglichkeit vorzuhalten. Das wäre für den Lieferanten sogar schwieriger als eine öffentliche Bekanntgabe mit brieflicher Mitteilung. Im Zweifel müsste eine zeichnungeberechtigte Person des Unternehmens eine Erklärung für jeden betroffenen Kunden verfertigen, die dann bei diesem gesondert anzubringen wäre.

Es ist ein Irrtum, dass Grundversorger berechtigt seien, intransparente Klauseln zu verwenden:

Die Vorschriften der Grundversorgungsverordnung sind zum einen schon keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die überhaupt nur einer Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB unterliegen können, noch handelt es sich dabei um dispositives Recht. Es ist vielmehr so, dass der Grundversorger diese Grundversorgungs- Bedingungen wegen ihres Rechtsnormcharakters zwingend hinzunehmen hat, nicht anders als der grundversorgte Kunde. Kassiert der Gesetzgeber morgen das gesetzliche Leistungsbestimmungsrecht der Grundversorger, ist es weg.

Grundversorger trefen nach den einschlägigen gesetzlichen Regelungen andere Rechte und Pflichten als Unternehmen, die die Belieferung nicht im Rahmen der Grundversorgung durchführen.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 09. Februar 2009, 17:36:35
Zitat
Original von RR-E-ft
Der weite Spielraum der Billigkeit entspricht nach ständiger Rechtsprechung des BGH nicht den Anforderungen, die nach § 307 BGB zu stellen sind. Die Gründe dafür hatte ich bereits mehrfach genannt.

Zitat
Original von RR-E-ft
Schriftliche Bekanntgaben beim Kunden wären einem Lieferanten nur möglich, wenn jeder Kunde zugleich verpflichtet wäre, vor seiner Haustür/ Wohnungstür/ Grundstückzugang ein dafür geeignetes \"schwarzes Brett\" als Anschlagsmöglichkeit vorzuhalten.

Man könnte kleine Kästen vor der Wohnung aufhängen mit dem Namen dran.

Zitat
Original von RR-E-ft
Der Grundversorger ist nicht berechtigt, intransparente Klauseln zu verwenden:

Muss er auch gar nicht, denn der Gesetzgeber hat ihm eine entsprechende Klausel ja bereits bequem vorgegeben, die nach Ihren Maßstäben eigentlich intransparent wäre.

Zitat
Original von RR-E-ftKassiert der Gesetzgeber morgen das gesetzliche Leistungsbestimmungsrecht der Grundversorger, ist es weg.

Und schafft er morgen die § 307 ff BGB ab ist die AGB Einschränkung weg. So what? Vor Änderungen der Gesetze ist man nie gefeit.

Ich sehe noch immer kein handfestes Argument gegen den Leitbildgedanken bei Preisanpassungen, denn § 307 BGB verbietet ja nicht ausdrücklich die Einbeziehung der GVV sondern pauschal unangemessene Klauseln. Was im Einzelfall nach § 307 BGB noch zulässig ist, ist im einzelfall gerichtliche Wertungsfrage. Und das  OLG Celle hat eine entsprechende  Klausel bereits für zulässig (Urteil vom 17.01.2008 - 13 U 152/07 ) gehalten. Letztendlich also nur eine Wertungsfrage.

Zitat
Original von RR-E-ft
Die Vorschriften der Grundversorgungsverordnung sind zum einen schon keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die überhaupt nur einer Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB unterliegen können, noch handelt es sich dabei um dispositives Recht. Es ist vielmehr so, dass der Grundversorger diese Grundversorgungs- Bedingungen wegen ihres Rechtsnormcharakters zwingend hinzunehmen hat, nicht anders als der grundversorgte Kunde.
Fakt ist, der Gesetzgeber hat mit der GVV einen nach seiner Wertung für den Kunden angemessenen Vertragsinhalt vorgegeben. Dass das keine AGB sind ist ein dogmatisches Problem, ändert aber für die Parteien nichts am Vertragsinhalt. Warum diese Bedingungen die der Gesetzgeber für den grundversorgten Kunden angemessen findet für einen gleichartigen Sonderkunden plötzlich nach § 307 BGB so unangemessen sein sollen ist praktisch nicht nachvollziehbar.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 09. Februar 2009, 17:51:25
@Black

Ich habe bereits auf BGH, Urt. v. 28.04.2008 - KZR 2/07 Rn. 26 verwiesen, wo sich die Antwort findet.

Aus meiner Sicht ist bereits alles gesagt worden. (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=53173#post53173)

Der BGH sagt in ständiger Rechtsprechung, unter welchen Voraussetzungen Preisänderungsklauseln nur zulässig sind, welche Anforderungen nach dem Transparenzgebot zu stellen sind.

Daran lässt sich jede Klausel messen.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: jroettges am 09. Februar 2009, 17:53:47
@Black

Zitat
Wenn Versorger A in einem Gebiet Grundversorger ist, dann hat er ein gesetzliches Preisanpassungsrecht nach § 5 GVV...

Aber nur in den als solche ausgewiesenen Grundversorgungstarifen!

Bietet A daneben ausdrücklich als Tarif \"außerhalb der Grundversorgung\" bezeichnete Sondertarife an, dann hat er eben kein gesetzliches Preisanpassungsrecht sondern muss dies im Vertrag selbst bzw. in den zugehörigen AGB vereinbaren. Die wiederum müssen den Transparenzgeboten des §307 genügen. In den AGB die GVV heranzuziehen und/oder zu zitieren, reicht nach der Rechtsprechung des BGH eben nicht aus.

Zitat
...Wenn Versorger B nun wettbewerbsfördernd im gleichen Gebiet A Konkurrenz machen möchte, so stände er ohne das zulässige Leitbild der GVV vor ungleich höheren Anforderungen als Versorger A sein Preisanpassungsrecht vertraglich zu gestalten auch wenn er gleichartige Verträge wie Versorger A anbieten möchte.

Welch ein Stuss! Wieso steht Versorger B vor ungleich höheren Anforderungen?

Er braucht von vorn herein nur die für Sonderverträge geltende geringere Konzessionsabgabe einzukalkulieren.
Er kann einen Festpreis mit kurzer Laufzeit kalkulieren, dann alle Verträge kündigen und vom Markt verschwinden.

Er kann seinen Bestandskunden im Rahmen der in seinen Sonderverträgen vereinbarten gerichtsfesten Preisanpassungsregeln die Fortsetzung der Verträge mit anderen Konditionen anbieten oder ihnen die Beendigung der Verträge anheim stellen.

@Black

Sie sind für uns ein Glücksfall!
Es ist prima, wie Sie hier aus den Beiträgen die Stellen herauspicken, die Ihrer Ansicht nach falsch und angreifbar sind.  Das fördert das kollektive Nachdenken und schärft die Sinne des Widerstands.

Sie könnten aber auch mal für Ihre Behauptungen den ein oder anderen Beweis antreten.

Daher noch einmal die Frage: Wo in den §§5 der GVVen finden Sie  Formulierungen, die ein Recht zur Preisanpassung begründen???
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 09. Februar 2009, 18:08:11
@ RR-E-ft
Sie beachten dabei aber nicht die Entwicklung dieser Rechtsprechung.

§ 307 BGB ist ja kein spezieller Energierechtlicher Pragraph. Insoweit konnten sich hier schon Grundsätze zu Transparenz und Angemessenheit entwickeln, die mit dem konkreten Sachverhalt des Sonderkundenvertrages nichts zu tun haben.

Des weiteren gab es bisher noch keine Überschneidung von GVV und Sonderkunden-Preisregelung. Die Versorger haben in den Sonderkundenverträgen eigene Klauseln gebastelt, die von den Gerichten (in Ansehung der bisherigen § 307 BGB Rechtsprechung) als intransparent angesehen wurden. Dadurch haben die gerichte für Sonderkundenverträge Kriterien festgelegt, die eine zulässige Preisanpassungsklausel erfüllen muss.

Jetzt haben Versorger aber aufgehört eigene Klauseln zu erfinden sondern greifen auf gesetzliche Regelungen zurück. Diese gesetzlichen Regelungen genügen aber den von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien nach § 307 BGB nicht. Nun ist § 307 BGB aber kein Selbstzweck sondern dient dem Schutz des Verbrauchers. Das tut die GVV auch. Es entsteht also plötzlich ein Wertungswiderspruch wenn Kunde Mustermann in seinem Grundversorgungsvertrag eine gesetzliche Preisanpassungsregelung hinnehmen soll aber bei einem Wechsel zu einem Sondervertrag die selbe regelung ihn plötzlich angeblich\"unangemessen benachteiligt\"

Was Sie nun tun, ist diesen Wertungswiderspruch nicht auflösen zu wollen, sondern \"weil\'s schon immer so (schön) war\" auf der alten § 307 BGB Rechtsprechung zu verharren. Damit würde aber ein Wertungswiderspruch aufrecht erhalten. Ich gehe davon aus, dass früher oder später (nach einigen Kollateralschäden) der BGH für Sonderkundenverträge diese Möglichkeit zulassen wird. Daran ändert auch der Kartellsenat nichts, dass hat die Entwicklung der Rechtsprechung zum \"Preissockel\" bereits gezeigt.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 09. Februar 2009, 18:24:43
@Black

§ 307 BGB ist ebensowenig eine energiewirtschaftsrechtliche Vorschrift wie § 315 BGB.

Jede für sich hat ihren besonderen Anwendungsbereich.

Ich habe mich bewusst an die jüngste BGH- Rechtsprechung zu § 307 BGB im Zusammenhang mit Preisanpassungsklauseln gehalten (Urt. v. 21.09.2005 - VIII ZR 38/05; 13.12.2006 - VIII ZR 25/06; Urt. v. 11.10.2007 - III ZR 63/07; Urt. v. 15.11.2007 - III ZR 247/06; Urt. v. 29.04.2008 - KZR 2/07; Urt. v. 17.12.2008 - VIII ZR 274/06). Die jüngste Entwicklung der Rechtsprechung erkennt man, wenn man die genannten Entscheidungen des BGH  aus den Jahren 2005 ff. miteinander vergleicht.

In jedem Fall ging es darum, ob der Kunde die Berechtigung einer vorgenommenen Änderung hinsichtlich Anlass und Umfang anhand der Klausel selbst verlässlich kontrollieren konnte.  Wo dies nicht der Fall war, war die Klausel jeweils unwirksam, ebenso wie darauf gestützte einseitige Preisänderungen (vgl. insbesondere BGH, Urt. v. 29.04.2008 - KZR 2/07 und Urt. v. 17.12.2008 - VIII ZR 274/06).

Der von Ihnen postulierte Wertungswiderspruch existiert nicht (vgl. nur BGH, Urt. v. 28.04.2007 - KZR 2/07 Rdn. 26).
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 09. Februar 2009, 18:34:01
Zitat
Original von jroettges
Daher noch einmal die Frage: Wo in den §§5 der GVVen finden Sie  Formulierungen, die ein Recht zur Preisanpassung begründen???

Gegenfrage: Wo sonst sollte es geregelt sein? Finden Sie eine detailierte Regelung im EnWG? Oder sind Sie gar der Meinung ein gesetzliches Preisanpassungsrecht muss gar nicht in einem Gesetz geregelt sein, sondern kann ungeregelt frei im Raum schweben?

Zitat
Original von jroettges
Das fördert das kollektive Nachdenken und schärft die Sinne des Widerstands.

Wenn\'s mal so wäre  :rolleyes:
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 09. Februar 2009, 18:58:57
Zitat
Original von RR-E-ft
In jedem Fall ging es darum, ob der Kunde die Berechtigung einer vorgenommenen Änderung hinsichtlich Anlass und Umfang anhand der Klausel selbst verlässlich kontrollieren konnte.  Wo dies nicht der Fall war, war die Klausel jeweils unwirksam, ebenso wie darauf gestützte einseitige Preisänderungen (vgl. insbesondere BGH, Urt. v. 29.04.2008 - KZR 2/07 und Urt. v. 17.12.2008 - VIII ZR 274/06)

Der von Ihnen postulierte Wertungswiderspruch existiert nicht (vgl. nur BGH, Urt. v. 28.04.2007 - KZR 2/07 Rdn. 26).

Und wie ich schon einmal sagte, kann der grundversorgte Kunde diese Kontrolle aufgrund der Formulierung von § 5 GVV auch nicht vornehmen. Und das ist der Widerspruch. Der Sonderkunde soll den Umfang einer Preisänderung angeblich vorher erkennen müssen, der grundversorgte Kunde aber nicht.

Und wie ich auch schon sagte läßt sich dieser Widerspruch nicht mit dem Kontrahierungszwang rechtfertigen. Der Kontrahierungszwang rechtfertigt zwar eine Preisanpassung, aber keine inhaltlich intransparente Regelung dieser Anpassung.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 09. Februar 2009, 19:16:07
@Black

Zitat
Original von RR-E-ft
Grundversorger treffen nach den einschlägigen gesetzlichen Regelungen andere Rechte und Pflichten als Unternehmen, die die Belieferung nicht im Rahmen der Grundversorgung durchführen.

Dieser Tatsache kann man sich natürlich beharrlich verschließen.
Dann lässt sich auch endlos weiter darüber diskutieren (Palaver).

Der Grundversorger unterliegt bezüglich Preisänderungen nicht den Restriktionen, die sich für Preisanpassungsklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen aus dem Transparenzgebot des § 307 BGB ergeben.

Andererseits unterliegen Preise - soweit die Belieferung nicht im Rahmen der Grund- / Ersatzversorgung erfolgt - nicht der gesetzlichen Bindung an den Maßstab der Billigkeit.

Es ist zu müßig, eine Diskussion fortzusetzen, die diesen erkennbar deutlichen Unterschied in der gesetzlichen Rechte- und Pflichtenlage des Energielieferanten nicht zur Kenntnis nimmt und sich dieser Erkenntnis verschließt.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 09. Februar 2009, 19:57:07
Zitat
Original von RR-E-ft
Der Grundversorger unterliegt bezüglich Preisänderungen nicht den Restriktionen, die sich für Preisanpassungsklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen aus dem Transparenzgebot des § 307 BGB ergeben. Andererseits unterliegen Preise - soweit die Belieferung nicht im Rahmen der Grund- / Ersatzversorgung erfolgt - nicht der gesetzlichen Bindung an den Maßstab der Billigkeit.
Das klingt so als sei die Billigkeitskontrolle quasi der Ausgleich für das Fehlen der Transparenz. Eine Preisregelung nach § 5 GVV in Sonderkundenverträgen unterliegt aber gleichfalls  der Billigkeitskontrolle.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 09. Februar 2009, 21:00:26
@Black

So sollte es aber nicht klingen.

Das eine hat mit dem anderen überhaupt nichts zu tun.

Das gesetzliche Leistungsbetimmungsrecht (welches die Billigkeitskontrolle zur Folge hat), ist der Ausgleich für die gesetzliche Versorgungspflicht und den Kontrahierungszwang des Grundversorgers (vgl. BGH, Urt. v. 29.04.2008 - KZR 2/07 Rdn. 26).

Das Transparenzgebot in Sonderverträgen ist hingegen der Ausgleich für die Abweichung von der gesetzlichen Regel gem. § 433 Abs. 2 BGB , wonach bei Kaufverträgen die Preisvereinbarung für beide Teile gleichermaßen verbindlich ist (vgl. ua. BGH, Urt. 19.11.2002- X ZR 243/01).
 
Die Billigkeitskontrolle ist kein Ausgleich für fehlende Transparenz.

Wenn sich die Berechtigung einer vorgenommenen Änderung nicht durch den Kunden schon anhand der Klausel zuverlässig kontrollieren lässt, ist die Klausel unwirksam. Andernfalls hätte der BGH ja auch gleich im Urteil vom 17.12.2008 (VIII ZR 274/06) die fehlende Transparenz dahinstehen lassen können, weil ja die Möglichkeit einer gerichtlichen Billigkeitskontrolle bestand. So war es aber nicht.

Dass die Billigkeitskontrolle kein Ausgleich für fehlende Transparenz bieten kann, ergibt sich eindeutig u. a. aus der Entscheidung des BGH vom 13.07.2004 - KZR 10/03 unter II.6.

Der weite Spielraum der Billigkeit genügt dabei nicht den Anforderungen, die dabei an die Konkretisierung zu stellen sind:

Zitat
Die Unangemessenheit der Klausel läßt sich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht mit dem Argument ausräumen, eine einseitige Leistungsbestimmung habe gemäß § 315 BGB nach billigem Ermessen zu erfolgen und sei andernfalls unverbindlich. § 315 BGB scheidet als unmittelbare Rechtfertigung einer Klausel schon deshalb aus, weil die Vorschrift eine wirksame Anwendungsvereinbarung
bereits voraussetzt und die Entscheidung über die Wirksamkeit der Vertragsklausel sich ausschließlich nach den Angemessenheitsmaßstäben des § 307 BGB, § 9 AGBG richtet (BGHZ 89, 206, 213).

Auch als inhaltliche Beschränkung des Anwendungsbereichs einer Klausel läßt sich der in § 315 BGB enthaltene Rechtsgedanke nicht verwerten, weil der weite Spielraum der Billigkeit nicht den an die Eingrenzung und Konkretisierung einer Formularbestimmung zu stellenden Anforderungen genügt (BGHZ 89 aaO).

BGH NJW 2000, 651:

Zitat
Einseitige Bestimmungsvorbehalte für Entgelte sind mit dem Transparenzgebot nur vereinbar, soweit sie bei unsicherer Entwicklung der Verhältnisse als Instrument der Anpassung notwendig sind sowie Anlaß, Richtlinien und Grenzen der Ausübung möglichst konkret angeben.

Wenn eine Klausel, die eine Preisänderung lediglich an billiges Ermessen koppelt, demnach bereits selbst gegen das Transparenzgebot verstößt, ist eine solche Klausel unwirksam.

Eine Billigkeitskontrolle findet deshalb nicht statt, wenn das einseitige Leistungsbestimmungsrecht (gerade wegen § 307 BGB und in Folge der Unwirksamkeit der Klausel) schon nicht wirksam vereinbart wurde (vgl. BGH, Urt. v. 29.04.2008 - KZR 2/07 und Urt. v. 17.12.2008 - VIII ZR 274/06).

Scheinbar ist da ein Kurz- Schluss in der Diskussion.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: jofri46 am 09. Februar 2009, 21:34:48
Black formuliert als Kernfrage, wie der BGH eine Klausel in einem Sondervertrag beurteilen würde, die exakt § 5 GVV übernimmt und spricht dann davon, dass der Gesetzgeber mit der GVV einen angemessenen Vertragsinhalt vorgegeben habe.

Dabei vermisse ich die aus meiner Sicht notwendige Differenzierung zwischen der Übernahme lediglich einer den Versorger begünstigenden Regelung der GVV, hier des § 5, einerseits und der Übernahme der gegenseitigen Rechte und Pflichten der GVV insgesamt andererseits. Spiegelt sich dieses Verhältnis von Rechten und Pflichten im Sondervertrag nicht wider, erfährt es gar eine Einschränkung zum Nachteil des Kunden (m. E. zwangsläufig, wenn der Versorger nicht auch Grundversorger ist), wird man nicht mehr von einem angemessenen Vertragsinhalt sprechen können.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 09. Februar 2009, 22:43:36
@jofri46

Selbst wenn alle Bestimmungen der Grundversorgungsverordnung  ohne Einschränkungen/ Ergänzungen in den Sondervertrag als AGB implementiert werden, stellt sich die Frage nach dem Transapernzgebot.

@Black

Das OLG Celle hat sich doch schon einmal in Bezug auf die Versorgung von Gas- Kleinkunden gewaltig geirrt. Vgl. BGH, B. v. 10.12.2008 - KVR 2/08 (http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=&client=13&nr=46214&linked=pm&Blank=1)

Zitat
Auf die Beschwerde der Stadtwerke Uelzen hat das Oberlandesgericht Celle die Verfügung der Landeskartellbehörde mit der Erwägung aufgehoben, das Gasversorgungsunternehmen habe keine marktbeherrschende Stellung. Die Stadtwerke seien auf dem allgemeinen Angebotsmarkt für Wärmeenergie tätig, auf dem sie mit Anbietern konkurrierender Energieträger wie Heizöl, Strom und Fernwärme im Wettbewerb stünden.

Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat den Beschluss des Oberlandesgerichts Celle aufgehoben. Er hat – in Fortsetzung seiner bisherigen Rechtsprechung – den Markt für die Versorgung von Kleinkunden mit Erdgas als maßgeblich angesehen. Einen einheitlichen Wärmeenergiemarkt gebe es nicht, weil der Endkunde seine Heizung nicht ohne weiteres von Gas auf eine andere Heizenergie umstellen könne.

Fazit: Auch das OLG Celle ist nicht frei von Irrtümern.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 10. Februar 2009, 09:41:59
Zitat
Original von jofri46
Black formuliert als Kernfrage, wie der BGH eine Klausel in einem Sondervertrag beurteilen würde, die exakt § 5 GVV übernimmt und spricht dann davon, dass der Gesetzgeber mit der GVV einen angemessenen Vertragsinhalt vorgegeben habe.

Dabei vermisse ich die aus meiner Sicht notwendige Differenzierung zwischen der Übernahme lediglich einer den Versorger begünstigenden Regelung der GVV, hier des § 5, einerseits und der Übernahme der gegenseitigen Rechte und Pflichten der GVV insgesamt andererseits. Spiegelt sich dieses Verhältnis von Rechten und Pflichten im Sondervertrag nicht wider, erfährt es gar eine Einschränkung zum Nachteil des Kunden (m. E. zwangsläufig, wenn der Versorger nicht auch Grundversorger ist), wird man nicht mehr von einem angemessenen Vertragsinhalt sprechen können.

Kann man diskutieren, das gebe ich zu. Ein reines Rosinenpicken wäre wohl unangemessen. Der Gesamtvertrag müßte wohl dem Rechte und Pflichten Verhältnis der Grundversorgung weitestgehend ähnlich sein.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 10. Februar 2009, 10:42:42
Zitat
Original von RR-E-ft
Selbst wenn alle Bestimmungen der Grundversorgungsverordnung  ohne Einschränkungen/ Ergänzungen in den Sondervertrag als AGB implementiert werden, stellt sich die Frage nach dem Transapernzgebot.

Betrachtet man einmal die Klausel:

\"Der vorstehende Gaspreis ändert sich, wenn eine Änderung der allgemeinen Tarifpreise eintritt.\"

Kann man feststellen, dass auch diese Klausel ihr Preisänderungsrecht an § 5 GasGVV knüpft. Das erfolgt hier nicht unmittelbar sondern mittelbar. Es dürfte von der Transparenz gleichwertig sein, ob der Versorger nun den Sonderpreis direkt nach § 5 GasGVV ändern darf oder er den Sonderpreis ändern darf, wenn er den Allgemeinen Tarif nach § 5 GasGVV ändert.

Nun kann man einwenden, dass der BGH (VIII ZR 274/06) die obige Klausel für unwirksam befunden hat. Schaut man aber in die Begründung, dann stellt man fest, der der Grund für die Unwirksamkeit eben nicht die Kopplung an den Allgemeinen Tarif (und damit die GasGVV) war, sondern lediglich die Tatsache, dass der Umfang der Änderung nicht geregelt war.

Zitat
Original von BGH VII ZR 274/06, 17.12.2008
Nach ihrem Wortlaut ändern sich die Gaspreise, \"wenn eine Änderung der allgemeinen Tarifpreise eintritt\". Damit regelt die Klausel zwar die Voraussetzung für eine Preisänderung. Nicht hinreichend klar geregelt ist aber, wie sich die Gaspreise bei Vorliegen der Voraussetzung ändern sollen. Unklar ist insbesondere, ob die Änderung in einem bestimmten Verhältnis zur Änderung der allgemeinen Tarifpreise erfolgen und welches Verhältnis dies gegebenenfalls sein soll. Die Bestimmung ist in diesem Punkt objektiv mehrdeutig.

Der Anknüpfungspunkt mittelbar an die GasGVV scheint also dem BGH hinreichend transparent zu sein, solange auch der Umfang geregelt ist.

 
Zitat
Original von RR-E-ft
Auch das OLG Celle ist nicht frei von Irrtümern.

So wie wir alle nicht. Aber das Urteil ist ein Indiz dafür, dass diese Ansicht vertretbar ist.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 18. Februar 2009, 20:04:59
@Black

Möglicherweise ist das bisher bestandskräftige Urteil, welches  zur Verbrennung Giordano Brunos führte, ein Indiz dafür, dass sich die Erde doch nicht um die Sonne dreht. Kann man glauben, muss man aber nicht.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 18. Februar 2009, 20:14:37
Ketzer.

War das auch das OLG Celle?

(Bei der Indizwirkung von Urteilen immer schön zwischen Tatsachenfragen und Rechtsfragen unterscheiden.)
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 18. Februar 2009, 20:19:13
@Black

Das OLG Celle mit seiner speziellen Entscheidungspraxis trat erst später auf den Plan.

Warum sollte man Urteilen überhaupt eine irgend geartete Indizwirkung beimessen (können)?
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 18. Februar 2009, 21:09:54
Zitat
Original von RR-E-ft
Warum sollte man Urteilen überhaupt eine irgend geartete Indizwirkung beimessen (können)?

Warum veröffentlichen Sie hier ständig Gerichtsurteile zum Thema Preiskontrolle?
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 18. Februar 2009, 21:11:41
@Black

Um Öffentlichkeit herzustellen.
Jedenfalls nicht wegen einer Indizwirkung.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: jroettges am 18. Februar 2009, 21:40:39
@Black

Zitat
Black schrieb : Es dürfte von der Transparenz gleichwertig sein, ob der Versorger nun den Sonderpreis direkt nach § 5 GasGVV ändern darf oder er den Sonderpreis ändern darf, wenn er den Allgemeinen Tarif nach § 5 GasGVV ändert.

Wo bitte steht in §5 GasGVV, dass ein Anbieter seine Preise anpassen darf?
Danach habe ich Sie nun schon mehrfach gefragt. Bisher ohne Antwort.

In §5 ist lediglich festgelegt, unter welchen Veröffentlichungspflichten  und Fristen eine Preisanpassung in der Grundversorgung wirksam werden kann.

Mehr steht da wirklich nicht in diesem §5, der mit \"Art der Versorgung\" übertitelt ist.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 18. Februar 2009, 22:17:11
@jroettges

Black hat wohl längst erkannt, worauf Sie immer hinauswollen.
Es macht wenig Sinn, das Argument wieder und wieder zu bringen.
Bei so einem Avatar scheint Bekehrung kaum möglich. ;)

@Black/ Ronny

Siehe hier. (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=53760#post53760)
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: jroettges am 18. Februar 2009, 22:33:39
@RR-E-ft

Dicke Bretter muss man eben lange bohren.
Das vor Black\'s Schädel scheint mir recht dick zu sein.  :evil:
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 18. Februar 2009, 22:37:23
@jroettges

Ganz ruhig. Nichts ist, wie es scheint. Manch einer tut nur so, als ob er Holz vor der Hütten oder sonstwo hätte, damit andere versuchen, sich ihre Bohrer abzuwetzen. ;)
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 19. Februar 2009, 09:59:30
Wenn man sich unter Juristen wagt sollte man irgendwann damit klar kommen, dass es zu rechtlichen Problemen oft verschiedene vertretbare Rechtsmeinungen gibt. Ich glaube zur actio libera in causa gibt es derzeit 4 verschiedene vertretbare Theorien.

Wenn man der Meinung ist, dass § 5 GVV kein Preisänderungsrecht gewährt, stellt sich die Frage worauf dieses Preisänderungsrecht des Grundversorgers sonst beruhen soll?
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: jroettges am 19. Februar 2009, 12:04:49
@Black

Zitat
Black schrieb: Wenn man der Meinung ist, dass § 5 GVV kein Preisänderungsrecht gewährt, stellt sich die Frage worauf dieses Preisänderungsrecht des Grundversorgers sonst beruhen soll?

Darüber hat sich das OLG Oldenburg tiefschürfende Gedanken gemacht.
Nachzulesen im Urteil vom 5.9.08  (http://www.download.egnw.de/080905_OLG_Oldenburg_EWE.pdf)Seite 7 ff.

Zitat
Das OLG Oldenburg urteilte : Im Übrigen wurde es bis 1980 keinesfalls als Mangel oder als eine Lücke angesehen, dass es keine ausdrückliche gesetzliche Regelung über ein einseitiges Preisanpassungsrecht für Gasversorger bei laufenden Verträgen gab. Das grundsätzliche Recht zur Preisanpassung wurde für den Bereich der Grundversorgung vielmehr allgemein vorausgesetzt, und zwar folgend aus der Natur der Sache.  Demgemäß bestand für den Gesetz bzw. Verordnungsgeber bei Erlass der AVBGasV nicht einmal Handlungsbedarf. Letztlich hätte die Neubegründung eines solchen Rechts auch zu der zwangsläufigen Feststellung führen müssen, dass sämtliche vor 1980 vorgenommenen Tarifänderungen ohne Rechtsgrundlage erfolgt waren.

Vor diesem Hintergrund spricht daher nichts dafür, dass der Verordnungsgeber mit dem Verweis auf die „allgemeinen Tarife“ in § 4 AVBGasV ein Tarifanpassungsrecht begründen wollte. Er hat es vielmehr stillschweigend als bereits vorhanden vorausgesetzt bzw. es den Versorgern überlassen, dieses Recht jeweils in ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen im Einzelnen auszugestalten.

Man kann natürlich dazu andere Ausfassungen vertreten.
Die Überlegungen des OLG Oldenburg scheinen aber logisch und fundiert.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 19. Februar 2009, 13:02:48
Was nach meiner Auffassug gegen die Ansicht des OLG Celle spricht ist Folgendes:

Auch der Grundversorgungsvertrag ist ein Vertrag - der zusätzlich sehr stark durch das Gesetz ausgestaltet ist. § 1 Abs. 1 Satz 2 GVV regelt, dass die GVV Vertragsbestandteil ist.

Ein Preisänderungsrecht kann daher nur:

- aus vertraglicher Regelung
- aus Gesetz

folgen.

Für die Annahme eines Preisanpassungsrechts \"Kraft Natur der Sache\" gibt es rechtlich keinen Raum. Rechtliche Pflichten und Rechte gibt es nicht einfach aus der Luft, das widerspricht der Systematik unseres Rechtssystems.

Würde das Anpassungsrecht nicht vom Gesetzgeber normiert sein, sondern quasi \"einfach da\" , dann wäre es kein gesetzliches Preisanpassungsrecht mehr, wie es der BGH bezeichnet hat.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 19. Februar 2009, 13:19:27
@Black

Richtig ist, dass es kein Preisneufestsetzungsrecht aus der Natur der Sache gibt, es sich gegenüber Tarifkunden/ grundversotrgte Kunden um ein gesetzliches Leistungsbestimmungsrecht handelt, welches m. E. in § 10 Abs. 1 EnWG 1998 bzw. § 36 Abs. 1 EnWG selbst zu suchen und zu finden ist und welches durch AVBGasV bzw. Grundversorgungsverordnung lediglich eine Ausformung hinsichtlich seiner Ausübung erfährt. Diese Ansicht lässt sich damit begründen, dass die gesetzliche Versorgungspflicht zu Allgemeinen Tarifen bzw. Preisen älter ist als die entsprechenden Verordnungen, die erst nachträglich erlassen wurden. Die gesetzliche Versorgungspflicht fand sich bereits in § 6 EnWG 1935, später in § 10 EnWG 1998, sodann in § 36, 38 EnWG.

Wäre dieses Leistungsbestimmungsrecht nicht besonders ausgeformt, so würde es gem. § 315 Abs. 2 BGB des Zugangs einer entsprechenden Willenserklärung beim Kunden bedürfen.

Das OLG Oldenburg hat sich wohl nur unpräzise ausgedrückt, und meinte, dass sich aus der gesetzlichen Versorgungspflicht zu jeweiligen Allgemeinen Tarifen bereits ergibt, dass das gesetzlich versorgungspflichtige Unternehmen die Tarife einseitig festsetzen können muss (ähnlich BGH, Urt. v. 18.10.2005 - KZR 36/04 für Netzentgelte).

Ein vertragliches Leistungsbestimmungsrecht unterliegt, soweit es sich in Allgemeinen Geschäftsbedingungen findet, der Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB mit der Folge, dass - zur Meidung der Unwirksamkeit - u. a. das Transparenzgebot zu beachten ist [vgl. OLG Hamm, Urt. v. 06.03.08]. Hierzu sind die Ausführungen in der angeführten Entscheidung des LG Bremen vom 30.01.2009 zutreffend.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 19. Februar 2009, 14:09:32
Von einem Preisänderungsrecht ist in § 36 EnWG noch weniger zu lesen als in der GVV.

Wie begründen Sie, dass ein Preisänderungsrecht, das den Sonderkunden trifft transparenter ausgestaltet sein muss als ein Preisänderungsrecht, das den Grundversorgungskunden trifft?
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 19. Februar 2009, 14:13:24
@Black

Gedanklicher Kreisverkehr?

Ich habe beides bereits umfassend begründet.

Ggf. führt die Lektüre der Entscheidung des BGH vom 18.10.2005 (KZR 36/04) und des Landgerichts Bremen vom 30.01.2009 [3 O 177/08] weiter.

Auch die Netzentgelte I- III - Entscheidungen des BGH stellen zutreffend auf ein gesetzliches Leistungsbestimmungsrecht des Netzbetreibers hinsichtlich der Netzentgelte ab, obschon sich aus § 6 Abs. 1 EnWG 1998 auch ein solches nicht auf den ersten Blick ersehen lässt.

Ein Preisänderungsrecht in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unterliegt der Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB und muss deshalb - zur Meidung der Unwirksamkeit - dem Transparenzgebot entsprechen, transparent sein (vgl. etwa BGH, Urt. v. 11.10.2007 - III ZR 63/07; Urt. v. 15.11.2007 - III ZR 247/06 und Urt. v. 13.07.2004 - KZR 10/03 unter II.6).

Es geht dabei nicht um transparenter, sondern um transparent.

Warum das beim gesetzlichen Leistungsbestimmungsrecht anders ist, ergibt sich ohne weiteres aus der Entscheidung des BGH vom 29.04.2008 - KZR 2/07.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 19. Februar 2009, 14:28:52
§ 307 BGB verlangt Transparenz und Angemessenheit, legt aber selbst nicht fest, was genau angemessen und transparent in jedem Einzelfall bedeutet, denn es handelt sich insoweit um eine Generalklausel.

Der Maßstab für Transparenz wird also durch die Rechtsprechung näher ausgestaltet. Bisher gibt es Rechtsprechung zu Preisanpassungsrechten, die der Versorger selber ausgestaltet hat.

Das schließt aber nicht aus, dass die Übernahme der gesetzlichen Regelung als hinreichend transparent gewertet wird, da die Transparenzanforderungen dazu dienen den Kunden vor unangemessener Benachteiligung zu schützen. Und dann stellt sich schon die Frage nach der Gleichstellung von Sonder- und grundversorgten Kunden.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 19. Februar 2009, 14:31:40
@Black

Das haben objektiv- generalisierende Normen wie § 307 BGB  nun einmal so an sich.

Aus der ständigen Rechtsprechung des BGH ergibt sich doch eindeutig, welche Anforderungen an Preisänderungsrechte in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach dem Transparenzgebot gem. § 307 BGB generell zu stellen sind.

Die Frage, ob  die Übernahme einer - einen vollkommen anderen Sachverhalt regelnden - gesetzlichen Bestimmung transparent sein könnte, hatte der achte Zivilsenat des BGH anlässlich der mündlichen Verhandlung im Verfahren VIII ZR 274/06 wohl auch bereits beantwortet.

Dies sei alles andere als transparent, hieß es.
Wie könnte es auch anders sein?

Eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 BGB liegt insbesondere dann vor, wenn gegen das Transparenzgebot verstoßen wird, so der BGH in ständiger Rechtsprechung.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 19. Februar 2009, 14:39:50
Nun, eine solche Klausel wie hier diskutiert lag normalen Gerichten schon vor, mit dem Ergebnis \"die Einen sagen so, die Anderen sagen so\" und der BGH hat darüber noch nicht entschieden.

Zu den bisherigen Urteilen des BGH zu anderen Klauseln bleibt festzustellen:

Zitat
Original von RR-E-ft
Warum sollte man Urteilen überhaupt eine irgend geartete Indizwirkung beimessen (können)?
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 19. Februar 2009, 14:41:53
@Black

Ich rede nicht von Indizwirkung, sondern von ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, die nach dem Grundgesetz einen Teil der geltenden Rechtsordnung bildet.

Wäre schon komisch, darüber zu diskutieren, ob die geltende Rechtsordnung etwaig an sich nur ein Indiz ist. Wofür eigentlich?
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 19. Februar 2009, 14:49:37
Hat der 8. Senat nicht schon mal so entschieden, wie Sie es vorher in Ansehung anderer BGH Entscheidungen vehement ausgeschlossen hatten (Preissockel)?

Und ergibt sich nicht aus der Rechtsprechung zur Klausel:

\"Der vorstehende Gaspreis ändert sich, wenn eine Änderung der allgemeinen Tarifpreise eintritt.\"

BGH VII ZR 274/06, 17.12.2008
Nach ihrem Wortlaut ändern sich die Gaspreise, \"wenn eine Änderung der allgemeinen Tarifpreise eintritt\". Damit regelt die Klausel zwar die Voraussetzung für eine Preisänderung. Nicht hinreichend klar geregelt ist aber, wie sich die Gaspreise bei Vorliegen der Voraussetzung ändern sollen. Unklar ist insbesondere, ob die Änderung in einem bestimmten Verhältnis zur Änderung der allgemeinen Tarifpreise erfolgen und welches Verhältnis dies gegebenenfalls sein soll. Die Bestimmung ist in diesem Punkt objektiv mehrdeutig.


dass eine Anknüpfung an das Preisänderungsrecht nach der GVV zulässig wäre, wenn die Klausel zusätzlich noch das Anpassungsverhältnis erklärt?
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 19. Februar 2009, 15:14:53
@Black

Zutreffend ist, dass der achte Zivilsenat des BGH sogar wiederholt in Abweichung zu anderen Senaten entschieden hat ohne unter Einhaltung des Verfahrens nach GVG den dafür bestehenden Großen Senat anzurufen (z.B. Urt. v. 13.06.2007 VIII ZR 36/06 unter anderem  in Widerspruch zu BGHZ 151, 274, 282; Urt. v. 19.11.2008 VIII ZR 138/07 unter anderem im Widerspruch zu Urt. v. 08.03.2008 - KZR 29/06 und zu BGH, Urt.  vom 4. Dezember 1986 - VII ZR 77/86, WM 1987, 295, unter II 2 b, c).

Zitat
Stromnetznutzungsentgelt III

BGB § 315; EnWG 1998 § 6; EnWG 2003 § 6

Dem Netzbetreiber steht nach § 6 Abs. 1 EnWG 1998 bei der Bestimmung des Netznutzungsentgelts ein gesetzliches Leistungsbestimmungsrecht zu.

Der Nachprüfung der Billigkeit des vom Wettbewerb nicht kontrollierten Netznutzungsentgelts steht es nicht entgegen, wenn der Preis bei Vertragschluss beziffert worden ist oder der Netznutzer eine frühere Preiserhöhung nicht beanstandet hat (Abgrenzung zu BGH, Urt. v. 13.6.2007– VIII ZR 36/06, NJW 2007, 2540 [für BGHZ vorgesehen]).

BGH, Urteil vom 4. März 2008 – KZR 29/06 – OLG Celle, LG Hildesheim

Zitat
BGH, Urt. v. 04.12.1986 - VII ZR 77/86:


Mißverständlich und im Ergebnis unzutreffend ist es jedoch, wenn das Berufungsgericht von einer \"vereinbarten Pauschale\" spricht und daraus den Schluß ziehen will, schon deshalb seien die in den \"Ergänzenden Bestimmungen\" der Klägerin niedergelegten Sätze einer Nachprüfung unzugänglich.

a) Die Pauschalen sind von den Parteien nicht individuell vereinbart worden. Sie sind vielmehr in den \"Ergänzenden Bestimmungen\" der Klägerin enthalten. Auf diese Bestim-mungen erstreckt sich der Verordnungscharakter der AVBV nicht (Ludwig/Cordt/Stech/Odenthal, Der Wirtschaftskommentator, § 1 AVBE1tV Nr. 7). Sie sind vielmehr als Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne von § 1 Abs. 1 AGBG anzusehen (Tegethoff-Büdenbender-Klinger, Das Recht der öffentlichen Energieversorgung, § 1 AVBGasV Rdn. 23; § 10 AVBGasV
Rdn. 26). So sind denn die Hinweise der Klägerin auf ihre Pauschalen in dem Schreiben vom 4. Februar 1982 und in den Auftragsbestätigungen vom 11. April 1983 auch nicht als ein Angebot der Klägerin zur Vereinbarung bestimmter Beträge zu verstehen, über die sich die Parteien gesondert zu einigen hatten. Es handelte sich vielmehr nur um die Einbeziehung von AGB-Pauschalen in den Vertrag, was sich insbesondere aus dem Wortlaut des Schreibens der Klägerin vom 4. Februar 1982 ergibt, wo es heißt, es kämen die Pauschalpreise entsprechend den \"Ergänzenden Bestimmungen\' zur Anwendung.
 
b) Nun betreffen die Pauschalen als solche die reine Preisgestaltung. Damit unterliegen sie gemäß S 8 AGBG grund-sätzlich nicht der Überprüfung nach §§ 9 bis 11 AGBG (vgl. Senatsurteil NJW 1984, 17L, 172 m.w.N.). Dies bedeutet jedoch im konkreten Fall nicht, daß die Pauschalen einer ge-richtlichen Beurteilung völlig entzogen wären. So hat schon das Reichsgericht bei der Preisgestaltung von Strompreisen durch ein städtisches Versorgungsunternehmen grundsätzlich § 315 Abs. 3 BGB für anwendbar gehalten (RGZ 111, 310, 313).

Später hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, daß Tarife von Unternehmen, die Leistungen der Daseinsvorsorge anbieten, auf deren Inanspruchnahme der andere Vertragsteil im Bedarfsfalle angewiesen ist, grundsätzlich einer Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB unterworfen sind (BGH2 73, 114, 116). Auch im Schrifttum ist anerkannt, daß ein Verwender, der den Preis seiner Leistung einseitig durch Allgemeine Geschäftsbedingungen vorschreibt, einer Kontrolle auf dem Wege der entsprechenden Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB jedenfalls dann unterworfen ist, wenn er in seinem Lei-stungsbereich eine rechtliche oder tatsächliche Monopolstellung besitzt, so daß der andere Teil, wenn er die Leistung erwerben will, mit dem Verwender kontrahieren muß, auch wenn er mit dem vorgeschriebenen Preis oder Tarif nicht einverstanden ist (Brandner in Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, 4. Aufl., § 8 Rdn. 10; so auch Wolf in Wolf/Horn/Lindacher, AGBG-Kommentar, § 8 Rdn. 13; Söllner in MünchKomm, 2. Aufl., S 315 BGB Rdn. 7; Ballhaus in BGB-RGRK, 12. Aufl., 5 315 Rdn. 22).

c)Diese Grundsätze sind hier anzuwenden. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Klägerin, die als kommunales Wirtschaftsunternehmen Gas als Leistung der Daseinsvorsorge anbietet, eine Monopolstellung. Sie wäre von den der Beklagten mitgeteilten Pauschalen schon aus Gründen der Gleichbehandlung nicht abgewichen (vgl. a. Senatsurteil vom 16. März 1978 - VII ZR 73/77 = LM EnergiewirtschaftsG § 6 Nr. 9 = WM 1978, 730, 731). Insofern ist der fehlende Widerspruch der Beklagten gegen die Preisvorstellungen der Klägerin, dem das Berufungsgericht so viel Bedeutung beimißt, ohne Belang. Dasselbe gilt für die Feststellung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe durch ihre Unterschrift unter die Gasanschlußanträge die AVB und die \"Ergänzenden Bestimmungen\" als Vertragsinhalt anerkannt. Die Beklagte mußte als Tarifkundin die Pauschalen akzeptieren oder aber von dem Gasanschluß Abstand nehmen. Deshalb liegt es auch neben der Sache, wenn das Berufungsgericht die vorliegenden Pauschalen mit der Pauschalvereinbarung nach § 2 Nr. 7 VOB/B vergleicht. Dort geht es nicht um die Leistungen der Daseinsvorsorge, die durch ein Monopolunternehmen angeboten werden.

3. Die Pauschalen sind für die Beklagte daher nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entsprechen. Zur Nachprüfung kann die Beklagte nach S 315 Abs. 3 S. 2 BGB das Gericht anrufen.

Zitat
BGH, B. v. 10.12.2008 KVR 2/08 Rn. 12

Der Bundesgerichtshof hat demgemäß schon in seiner bisherigen Rechtsprechung den Gasversorgungsmarkt als den für die kartellrechtliche Beurteilung sachlich relevanten Markt angesehen (Sen.Urt. v. 29.4.2008 – KZR 2/07, WuW/E DE-R 2295 Tz. 12 – Erdgassondervertrag, für BGHZ 176, 244 vorgesehen, im Anschluss an BGHZ 151, 274, 282 – Fernwärme für Börnsen). In Übereinstimmung damit geht jetzt auch der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in seinem Urteil vom 19. November 2008 (VIII ZR 138/07 Tz. 18] von einer Monopolstellung des örtlichen Gasversorgers aus.


Zutreffend ist auch, dass dieser Senat sich dabei mit bereits bestehender Rechtsprechung anderer Senate nicht auseinandergesetzt und die Abweichung dazu nicht begründet hat, was auf eine Ignoranz der bereits bestehenden höchstrichterlichen Rechtsprechung schließen lassen könnte.

Sollte uns dies nun generell schon an der geltenden Rechtsordnung zweifeln lassen?
Ist es etwa ein Indiz dafür, wie zuweilen von einem einzelnen Zivilsenat des BGH mit der geltenden Rechtsordnung verfahren wird?

Ihre letzte Frage ist auch bereits umfassend beantwortet.

Der achte Zivilsenat hatte die Frage in der Entscheidung vom 17.12.2008 (VIII ZR 274/06) ausdrücklich offen gelassen, weil es darauf für die Entscheidungsfindung nicht ankam. Wenn er die Frage ausdrücklich offen gelassen hat, dann kann er sie denknotwendig noch nicht beantwortet haben. Und dass der gezogene Schluss nicht zutreffend ist, wurde auch bereits umfassend begründet.

Es gibt zu der Frage obergerichtliche Rechtsprechung vom OLG Bremen, vom OLG Hamm, vom OLG Oldenburg und etwas abseitig davon des OLG Celle. Mit allen zusammen befasst sich u.a. die genannte Entscheidung des LG Bremen vom 30.01.2009 mit m. E. gut begründeter, zutreffender Wertung. Damit kann man sich inhaltlich auseindersetzen.

Nachdem die Grundsätze zum Transparenzgebot entsprechend der ständigen Rechtsprechung des BGH bekannt sind, hier mehrfach aufgeführt wurden, kann man eine jede Klausel daran messen und kontrollieren, auch jene, die Sie sich ggf. vorstellen.

Transparenz erfordert zum einen Vorhersehbarkeit und zum anderen eine Kontrollmöglichkeit anhand der Klausel selbst hinsichtlich Anlass, Richtlinien und Umfang.
Ausgeschlossen sein müssen unzulässige Beurteilungsspielräume des Klauselverwenders.

Dann machen Sie das doch hier öffentlich Schritt für Schritt, um dann ggf. zu welchem Ergebnis zu gelangen?

Zeigen Sie bitte nachvollziehbar auf, wie Sie dabei Schritt für Schritt zu Ihrem Ergebnis gelangt sein wollen (Lösungsweg).

Dann kann man auch darüber inhaltlich diskutieren. Sonst nicht.
Bisher fehlt Ihrer Argumentation leider die Transparenz.

Nichts als müßig ist demgegenüber jede Diskussion darüber, was wer für möglich hält.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: goofy3 am 20. Februar 2009, 00:51:33
Moin,
für mich wäre es vergeudete Zeit in schwarzen  löchern in  gewissen Sternbildern rumzufliegen, hatte Probleme nach zwei Seiten das Kopfschütteln unter Kontrolle zu bringen.
Mit viel Zeit würde ich die Widersprüche einiger Personen einmal zusammentragen.

Im Atlantik sind auch gerade unversehens zwei U Boote zusammengestoßen, villeicht ist es hier auch schon vorgezogen so mal gewesen?


Gehe mal flippern am Black Hole, hat drei Ebenen, ist erbaulicher.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 20. Februar 2009, 13:06:39
Bleibt man einmal bei der vom BGH geprüften Vertragsklausel:

\"Der vorstehende Gaspreis ändert sich, wenn eine Änderung der allge-meinen Tarifpreise eintritt.\"

und verfolgt die Prüfungsschritte des BGH, stellt man fest, dass der BGH  prüft ob die Klausel hinreichend transparent den Zeitpunkt und den Umfang  einer Preisanpassung regelt.

1.  Zeitpunkt der Preisanpassung transparent benannt? ( + )

Hier sagt der BGH:
Nach ihrem Wortlaut ändern sich die Gaspreise, \"wenn eine Änderung der allgemeinen Tarifpreise eintritt\". Damit regelt die Klausel zwar die Voraussetzung für eine Preisänderung.

Der Zeitpunkt für Preisanpassungen ist also mit der Aussage \"wenn eine Änderung der allgemeinen Tarifpreise eintritt\" ausreichend bestimmt formuliert. Die Klausel scheitert erst am folgenden Prüfungspunkt:

2. Umfang der Preisanpassung transparent benannt? ( - )

Und hier bemängelt der BGH:
Nicht hinreichend klar geregelt ist aber, wie sich die Gaspreise bei Vorliegen der Voraussetzung ändern sollen. Unklar ist insbesondere, ob die Änderung in einem bestimmten Verhältnis zur Änderung der allgemeinen Tarifpreise erfolgen und welches Verhältnis dies ge-gebenenfalls sein soll. Die Bestimmung ist in diesem Punkt objektiv mehrdeutig.

Damit hat der BGH recht. Die Klausel ist unwirksam weil Sie den Umfang der Anpassung nicht benennt. Der BGH gibt sogar Möglichkeiten vor:

BGH:
Insofern kommen zumindest die folgenden Auslegungsmöglichkeiten in Betracht:

- Eine Änderung der Tarifpreise wird nominal auf die Sonderkundenpreise übertragen (Beispiel: Bei einer Erhöhung bzw. Senkung der Tarifpreise um 0,5 Cent/kWh werden auch die Sonderkunden-preise um 0,5 Cent/kWh erhöht bzw. gesenkt.).

- Eine Änderung der Tarifpreise wird prozentual auf die Sonderkun-denpreise übertragen (Beispiel: Der Tarifpreis von 5 Cent/kWh wird um 0,5 Cent/kWh – also 10% – erhöht bzw. gesenkt; der Sonderkundenpreis beträgt 4 Cent/kWh, er wird um 10% – also 0,4 Cent/kWh – erhöht bzw. gesenkt.).

- Bei einer Änderung der Tarifpreise besteht ein einseitiges Leis-tungsbestimmungsrecht der Beklagten, die Preise für Sonderkun-den zu erhöhen (im Falle einer Erhöhung der Tarifpreise) oder zu senken (im Falle einer Senkung der Tarifpreise), ohne dass eine feste rechnerische Bindung an die Änderung der Tarifpreise besteht.


Hätte der Versorger also seine Klausel um  diesen Zusatz ergänzt und damit klargestellt, wie der Umfang der Anpassung erfolgen soll, wäre sie wirksam gewesen.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 20. Februar 2009, 15:53:37
@Black

Dass die vom BGH geprüfte Klausel unwirksam ist, bestreitet doch niemand.
Darüber bedarf es also keiner Diskussion.

Der BGH hat verschiedene Auslegungsmöglichkeiten aufgezeigt, ohne dass sich daraus ergibt, dass auch nur eine von diesen - als AGB vertraglich vereinbart - eine wirksame Klausel darstellen würde. Allein, weil es verschiedene Auslegungsmöglichkeiten gab, lag bereits eine unangemessene Benachteiligung des Kunden vor und die Klausel war deshalb unwirksam, ohne dass es etwa noch darauf ankam, ob diese etwa auch unzulässig eine nachträgliche  Erhöhung des Gewinnanteils am Vertragspreis ermöglichte. Auch eine Vorhersehbarkeit künftiger weiterer Belastungen bei Vertragsabschluss wäre nicht gegeben gewesen.  Auch darauf kam es aber nicht mehr an.

Sie wollten aber, wenn ich es richtig verstanden habe, eine andere Klausel für wirksam halten.

Wie eine solche Klausel aussehen soll und wie Sie sodann nach juristischer Prüfung anhand der ständigen Rechtsprechung des BGH zum Transparenzgebot gem. § 307 BGB (Schritt für Schritt)  zur Wirksamkeit dieser von Ihnen zu benennenden Klausel gelangen wollen, haben Sie indes nicht aufgezeigt.

Zitat
Transparenz erfordert zum einen Vorhersehbarkeit und zum anderen eine Kontrollmöglichkeit anhand der Klausel selbst hinsichtlich Anlass, Richtlinien und Umfang. Ausgeschlossen sein müssen unzulässige Beurteilungsspielräume des Klauselverwenders.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 23. Februar 2009, 18:20:51
Interessante Gesichtspunkte:

Urteil des AG Wolfsburg vom 08.11.2006. (http://www.energieverbraucher.de/file.php?PHPSESSID=katfedr4humd35oracvgs45514&time=1235408193&mmg_file_id=13066&attach=1&)

LG Bremen vom 30.01.2009, Az. 3 O 177/08. (http://www.energieverbraucher.de/file.php?PHPSESSID=katfedr4humd35oracvgs45514&time=1235408616&mmg_file_id=13063&attach=1&)
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 23. Februar 2009, 18:29:41
Sehr nett, aber derzeit messe ich Entscheidungen von AG und LG bestenfalls Indizcharakter für vertretbare Rechtsauffassungen zu, aber mehr auch nicht. Alles unterhalb des BGH ist nicht verlässlich und selbst der BGH ist sich intern uneins.

Die Entscheidungen von AG\'s können Sie derzeit in Bezug auf eine Einheitlichkeit und Verbindlichkeit komplett vergessen, da gibt es die wildesten Entscheidungen jeglicher Färbung.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 23. Februar 2009, 18:33:32
@Black

Möglicherweise sind Sie einer von denen, der \"seinen Mantel in den Wind hängt\" und so verfahren muss, weil er keine eigene, juristisch fundierte Meinung hat.

Das wäre überaus schade, gerade auch für dieses Forum.

Ich zähle keine Entscheidungen danach, wer gerade obsiegt hat.
Mir geht es um inhaltliche Feststellungen in den Entscheidungen. Ich meine, es lohnt sich, sich gerade mit diesen auseinanderzusetzen.
Dabei gibt es durchaus auch qualitativ hochwertige Entscheidungen von Amtsgerichten, ebenso wie es auch grottenschlechte gibt.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 23. Februar 2009, 18:47:54
Zitat
Original von RR-E-ft
@Black

Möglicherweise sind Sie einer von denen, der \"seinen Mantel in den Wind hängt\" und so verfahren muss, weil er keine eigene juristisch fundierte Meinung hat.

Das wäre überaus schade.

Ich zähle keine Entscheidungen danach, wer gerade obsiegt hat.
Mir geht es um inhaltliche Feststellungen in den Entscheidungen. Ich meine, es lohnt sich, sich gerade mit diesen auseinanderzusetzen.
Dabei gibt es durchaus auch qualitativ hochwertige Entscheidungen von Amtsgerichten, ebenso wie es auch grottenschlechte gibt.

Ich denke ich kann mir eine eigene Meinung hier sogar eher erlauben als Sie, da ich nicht auf den hiesigen Kundenkreis als Mandanten angewiesen bin.

Gleichzeitig bringt es in der Praxis nichts Theorien nachzuhängen, die von der Rechtsprechung verworfen werden und damit in der Praxis scheitern. Insoweit ist es angebracht für zukünftige noch unentschiedene Rechtsfragen eine eigene Meinung zu besitzen um arbeitsfähig zu sein.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 23. Februar 2009, 18:53:37
Zitat
Original von Black
Ich denke ich kann mir eine eigene Meinung hier sogar eher erlauben als Sie, da ich nicht auf den hiesigen Kundenkreis als Mandanten angewiesen bin.

Zum Rosenmontag darf man auch mal herzlich laut lachen.  :D

Es geht nicht darum, ob man sich hier eine eigene Meinung erlauben kann, sondern darum, ob man über eine solche überhaupt verfügt.

Daran bestehen erhebliche Zweifel.

Zitat
@Black

Dass die vom BGH geprüfte Klausel unwirksam ist, bestreitet doch niemand.
Darüber bedarf es also keiner Diskussion.

Der BGH hat verschiedene Auslegungsmöglichkeiten aufgezeigt, ohne dass sich daraus ergibt, dass auch nur eine von diesen - als AGB vertraglich vereinbart - eine wirksame Klausel darstellen würde. Allein, weil es verschiedene Auslegungsmöglichkeiten gab, lag bereits eine unangemessene Benachteiligung des Kunden vor und die Klausel war deshalb unwirksam, ohne dass es etwa noch darauf ankam, ob diese etwa auch unzulässig eine nachträgliche  Erhöhung des Gewinnanteils am Vertragspreis ermöglichte. Auch eine Vorhersehbarkeit künftiger weiterer Belastungen bei Vertragsabschluss wäre nicht gegeben gewesen.  Auch darauf kam es aber nicht mehr an.

Sie wollten aber, wenn ich es richtig verstanden habe, eine andere Klausel für wirksam halten.

Wie eine solche Klausel aussehen soll und wie Sie sodann nach juristischer Prüfung anhand der ständigen Rechtsprechung des BGH zum Transparenzgebot gem. § 307 BGB (Schritt für Schritt)  zur Wirksamkeit dieser von Ihnen zu benennenden Klausel gelangen wollen, haben Sie indes nicht aufgezeigt.

Mehr als ein mehr oder minder stimmungsvolles Geschunkel bieten Sie uns hier ja leider nicht.

P.S.:

Geschäftsführer Metze, juristisch schlecht beraten, sieht nun große Probleme. (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=53997#post53997)

Er muss ggf. den Laden dicht machen, weil er von seinen Beratern ggf. in Sicherheit gewogen wurde und sich nun ggf. verschunkelt ansieht.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 24. Februar 2009, 17:31:03
Ein Sondervertrag zu identischen Bedingungen der Grundversorgung ist möglich.

Ein solcher Vertrag ist anzunehmen, wenn der Vertrag durch konkludente Gasentnahme zustande kam und/oder das EVU bei Vertragsschluss nicht erkennen konnte, dass der Letztverbraucher nicht unter die Grundversorgungspflicht fällt. (Danner/Theobald, Energierecht,  Bd. 1, zu § 36 EnWG, Rdn. 51)

Das Gleiche gilt, wenn nachträglich festgestellt wird, dass ein grundversorgter Kunde die 10.000 kWh Grenze für gewerbliche Nutzung im Jahr überschritten hat. Auch hier ist eine Fortsetzung der bisherigen Vertragsbedingungen als Sondervertrag anzunehmen. (Britz/Hellermann,Hermes, EnWG, 2008, zu § 36, Rdn. 23)
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 24. Februar 2009, 17:33:24
@Black

Ja, ja. Die tollen Tage. ;)

Dass diese Auffassung schon mit Rücksicht auf § 305 Abs. 2 BGB nicht haltbar ist, sollte keiner weiteren Erörterung bedürfen. Erhellend dazu u.a. LG Gera, Urt. v. 07.11.2008. (http://www.energieverbraucher.de/files_db/dl_mg_1226519162.pdf)

Und selbst wenn solche Klauseln gem. § 305 BGB wirksam einbezogen wären, besagt dies noch überhaupt nichts darüber, ob diese dann selbst der Inhalts- und Transparenzkontrolle gem. § 307 BGB standhalten, was juristisch zu prüfen wäre, von Ihnen jedoch wieder nicht transparent  geprüft wurde.

Nachdem § 2 Abs. 2 GVV nur in der Grund- und Ersatzversorgung Geltung beansprucht, wird zudem offen gelassen, wie es überhaupt zu einem konkludenten Vertragsabschluss kommen könnte, der Angebot und Annahme hinsichtlich aller vertragswesentlichen Punkte eines Energielieferungsvertrages zwingend voraussetzt. Ziemlich mysteriös.

- Warum sollte man sich darauf geeinigt haben, dass der Grundversorger Vertragspartner eines Sondervertrages sein soll, nachdem ggf. viele weitere Lieferanten dafür ebensogut in Betracht kommen?
- Auf welchen Preis eines Sondervertrages soll man sich dabei geeinigt haben?
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 24. Februar 2009, 18:04:48
Prüfungen können Sie können Sie von Ihrem Referendar fordern. :D

Im übrigen habe ich Sie in vergangenen Diskussionen nicht gerade als Freund Schematischer Prüfungen erlebt. Sie vertraten dort eher den \"aus-der-natur-der-sache-und-dem-bauch-heraus-Ansatz\"

Oben habe ich die Meinung eines Teils der einschlägigen Literatur wiedegegeben. Aber es bleibt Ihnen natürlich unbenommen dies persönlich alles für rechtlich verfehlt zu halten. Achja, auch Salje können Sie auf ihre Liste der \"Ahnungslosen\" aufnehmen. Auch er vertritt eine Fortsetzung der Belieferung im Sonderkundenvertrag zu Grundversorgungsbedingungen bei Überschreitung der 10.000 kWh Grenze (Salje, EnWG, zu § 36, Rdn. 11)
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 24. Februar 2009, 18:10:37
@Black

Na vielleicht haben Sie ja eine überzeugende Begründung für den konkludenten Abschluss eines Sondervertrages, an welcher es bisher fehlt?

Möglicherweise können Sie auch die Anwendung des § 305 Abs. 2 BGB dabei nachvollziehbar erklären?
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 24. Februar 2009, 18:14:27
Es ist die gleiche Begründung, wie beim konkludenten Abschluss des Grundversorgungsvertrages. Nur dass der Kunde nicht (mehr) in den Kreis der Grundversorgungsberechtigten fällt.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 24. Februar 2009, 18:16:57
@Black

Ich meine, oben aufgezeigt zu haben, warum man nicht die gleiche Begründung heranziehen kann.

Es ist überhaupt nicht ersichtlich, wie eine notwendige Einigung auf die vertragswesentlichen Punkte (Vertragspartner, Preis etc. pp.) dabei erfolgen sollte.

Schließlich würde es wohl dazu führen, dass § 38 EnWG leer liefe.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 24. Februar 2009, 18:22:51
Zitat
Original von RR-E-ft
@Black

Ich meine, oben aufgezeigt zu haben, warum man nicht die gleiche Begründung heranziehen kann.

Es ist überhaupt nicht ersichtlich, wie eine notwendige Einigung auf die vertragswesentlichen Punkte (Vertragspartner, Preis etc. pp.) dabei erfolgen sollte.

Schließlich würde es wohl dazu führen, dass § 38 EnWG leer liefe.

Ich weiss natürlich nicht, was Danner/Theobald, Britz/Hellermann/Hermes und Salje sich so gedacht haben.

Wenn aber Kunde und Versorger irrtümlich davon ausgehen eine Grundversorgungspflicht bestände und man einigt sich (auch konkludent) auf eine Versorgung zu diesen Bedingungen kann ein Wegfall (oder Nichtbestehen von Anfang an) der Versorgungspflicht nicht zu einem Wegfall der Einigung führen.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 24. Februar 2009, 18:30:26
@Black

Ich weiß auch nicht, was sich die geschätzten Kollegen dabei wohl gedacht haben mögen.

Was denken Sie sich denn dabei, deren Meinungen hier unreflektiert kundzutun und darüber hinaus ausgerechnet Salje bei mir zu denunzieren?

Man kann sich jedenfalls nicht zugleich auf eine Belieferung im Rahmen der Grundversorgung zu den jeweiligen Allgemeinen Preisen der Grundversorgung gem. § 36 Abs. 1 EnWG und auf die Belieferung zu davon zu unterscheidenden (zumeist günstigeren)  Sondervertragspreisen einigen. Die Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen findet in § 305 Abs. 2 BGB ihre Grenze.

Ich weiß nicht, woran man einen gleichzeitigen Irrtum bei Versorger und Kunden darüber festmachen will, dass eine gesetzliche Versorgungspflicht besteht, wenn diese Frage bei Vertragsabschluss schon nicht erörtert wurde?

Warum sollte sich derjenige, der Energie aus einem Versorgungsnetz entnimmt, überhaupt Gedanken darüber machen, ob nun eine gesetzliche Versorgungspflicht besteht oder nicht?

Wer sich darüber keine Gedanken macht, kann darüber auch nicht irren.
Gedankenlosigkeit schließt den Irrtum aus, womit ich nicht der Gedankenlosigkeit das Wort reden will.  ;)
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 24. Februar 2009, 18:51:45
Zitat
Original von RR-E-ft
Wer sich darüber keine Gedanken macht, kann darüber auch nicht irren.
Gedankenlosigkeit schließt den Irrtum aus, womit ich nicht der Gedankenlosigkeit das Wort reden will.  ;)

Wer gedankenlos (und ohne Fahrschein) in eine Straßenbahn steigt unterfällt auch den AGB des Nahverkehrsberteibers. Es sei denn er unterlag unkontrollierbaren Reflexen. Die große teleologische Herleitung der Grundsätze des konkludenten Vertragsschlusses müssen wir hier nicht wiederholen. Dafür gibt es Lehrbücher.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 24. Februar 2009, 19:07:41
@Black

Die Sachverhalte sind schon vom Ansatz her nicht vergleichbar:

Die gesetzliche Beförderungspflicht und die dafür zu zahlenden behördlich genehmigten Entgelte und Beförderungsbedingungen ergeben sich dabei u.a. aus §§ 22, 39 Abs. 1 Personenbeförderungsgesetz. (http://bundesrecht.juris.de/pbefg/)

Das Angebot im Sinne von § 145 BGB , welches gem. § 151 BGB nur konkludent angenommen werden kann, ist dadurch bereits vollständig bestimmt.

Im Energiebereich gibt es außerhalb der Grund- und Ersatzversorgung keine gesetzliche Versorgungspflicht und auch keine feststehenden Preise und Vertragsbedingungen.

Und auch bei den Vertragspartnern ist es nicht klar:

Wer gedankenlos in eine Straßenbahn des Städtischen Nahverkerhrs steigt, schließt den Beförderungsvertrag mit diesem Unternehmen ab. Wer gedankenlos auf den Gleisen der Deutschen Bahn AG spaziert, kann aber schon nicht sicher sein, dass er auch von einem Zug dieses Unternehmens und nicht etwa vom Zug eines Konkurrenzunternehmens überrollt wird.

Wer aus einem örtlichen Energieverteilnetz Elektrizität oder Gas entnimmt, weiß auch nicht, von welchem Lieferanten  die entnommene Energie stammt und mit wem deshalb ein Vertrag zu welchen Bedingungen geschlossen wird.

Dafür gibt es ja gerade den § 38 EnWG, der nunmehr die Lieferung im vertragslosen Zustand regelt und somit auch jeder Analogie im Wege steht.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 24. Februar 2009, 19:28:37
§ 38 EnWG erfasst aber weder den Kunden, der einen Grundversorgungsvertrag wollte und bei dem sich nach einem Jahr erst herausstellt, dass er die 10.000 kWh Grenze überschritten hat, noch den Kunden der sich fehlerhaft von Anfang an für grundversorgungsberechtigt hielt und auch vom Versorger als grundversorgt bestätigt wurde.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 24. Februar 2009, 19:31:38
@Black

Von so einem Fall aus der Praxis habe ich noch nie gehört. Das heißt nicht, dass es so etwas nicht geben kann. Es wird aber nicht der Regelfall sein.

Auch in dem von Ihnen genannten Fall wurde ja ein Grundversorgungsvertrag abgeschlossen, obschon dessen Voraussetzungen nicht vorgelegen haben.

Will man diesen Vertrag als Sondervertrag fortsetzen und ggf. AGB einbeziehen, bedarf es einer vertraglichen Neuvereinbarung gem. §§ 145 ff. BGB.

Aus o.g. Gründen ist der konkludente Abschluss eines Sondervertrages nicht (mehr) möglich, (frühere Rechtslage vgl. BGH, Urt. v. 02.10.1991 - VIII ZR 240/90 = NJW-RR 1992, 183; OLG München, NJW-RR 1999, 421)
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 24. Februar 2009, 19:37:33
Dieser Fall wird auftauchen, sobald der erste Tarifkunde behauptet, vom bezogenen Energiemix würden 12.000 kWh im Jahr auf seinen kleinen Gewerbebetrieb den er neuerdings nebenher zu Hause ausübt sein und deswegen sei er Sonderkunde und es fehle am Preisanpassungsrecht.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 24. Februar 2009, 19:41:51
@Black

Leben denn im Jahre 2009 überhaupt noch Tarifkunden in freier Wildbahn oder gibt es nur noch grund- und ersatzversorgte Kunden sowie Sondervertragskunden?

Wir bewegen uns zu weit weg vom Thema.

Auch bei den früher möglichen Interimsfällen wurden die Bestimmungen der AVBV nicht von sich heraus Vertragsbestandteil.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 24. Februar 2009, 19:49:22
Zitat
Original von RR-E-ft
@Black

Leben denn im Jahre 2009 überhaupt noch Tarifkunden in freier Wildbahn oder gibt es nur noch grund- und ersatzversorgte Kunden sowie Sondervertragskunden?

Jetzt kommen Sie mir nicht so  :D Tarifkunde tippt sich schneller als \"Kunde in der Grundversorgung\". Zumal nach der KAV der Tarifkunde noch lebt.

Auch nach § 116 EnWG dürfte es noch \"Alt-Tarifkunden\" geben.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 24. Februar 2009, 19:54:47
@Black

Mit Rücksicht auf § 116 Satz 2 EnWG und die Kommentierung von Salje dazu bestehen Zweifel, ob wirklich noch Tarifkunden existieren.

Tarifkunden im Sinne der KAV sind möglicherweise eine andere Spezies.
Da gelten laut Fiktion im Strombereich auch Kanarienvögel als Kaninchen.  ;)
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 25. Februar 2009, 10:16:13
Zitat
Original von RR-E-ft
Tarifkunden im Sinne der KAV sind möglicherweise eine andere Spezies.
Da gelten laut Fiktion im Strombereich auch Kanarienvögel als Kaninchen.  ;)

Salje meinte mal vor einiger Zeit bei einem Vortrag scherzhaft: \"Weihnachtsmann im Sinne dieser Verordnung ist auch der Osterhase\"...
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 25. Februar 2009, 14:33:08
@Black

Mancher mag in diesem Zusammenhang \"Weihnachtsmann\" synonym für \"Tarifkunde\" verwenden, ein anderer \"Kaninchen\".
Es liegt im Auge des Betrachters, im Freud´schen Sinne vielleicht auch etwas hinter der Stirn. ;)

Uns ging es in diesem Thread darum, wie eine wirksame Preisänderungsklausel in einem Sondervertrag zu gestalten sei.

Meine Auffassung dazu ist die, dass zumindest diejenigen, die über die Befähigung zum deutschen Richteramt verfügen, eine entsprechende Klausel anhand der ständigen Rechtsprechung des BGH zu beurteilen haben, was zwingend eine entsprechende juristische Prüfung voraussetzt, die man wiederum nicht unbedingt einem Referendar überlassen sollte.

In diesem Punkt sind wir bisher leider noch nicht weiter vorangeschritten.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: jofri46 am 25. Februar 2009, 18:58:11
Ich fürchte, an der Frage, wie eine wirksame Preisanpassungsklausel in einem Sondervertrag zu gestalten sei, werden sich selbst diejenigen, die über die Befähigung zum deutschen Richteramt verfügen, seien sie auch noch so qualifiziert, \"die Zähne ausbeißen\".

Aus meiner beruflichen Praxis weiß ich, dass sich seit der wohl grundsätzlichen BGH-Entscheidung vom 12.07.1989 (NJW 1990, 115) sowohl firmeninterne Volljuristen als auch hochspezialisierte externe Anwälte an der Formulierung einer praktikablen und gerichtsfesten Preisanpassungsklausel für formularmäßig abgeschlossene Dauerschuldverhältnisse versucht haben. \"In den Krieg ziehen\" mit  den dabei gemachten Vorschlägen wollte keiner der Herren Volljuristen.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: eislud am 25. Februar 2009, 19:38:37
Sofern man sich auf Kostenelementeklauseln beschränkt und alle benannten Kostenelemente für den Klauselgegner öffentlich zugänglich sind und gewichtet sind, sollte es doch möglich sein, eine wirksame Preisanpassungsklausel in einem Sondervertrag zu gestalten.

Hier muß der Klauselverwender dann unter Umständen darauf verzichten alle Kostenelemente variabel zu benennen. Das gilt für diejenigen Kostenelemente, die dem Klauselgegner eben nicht öffentlich zugänglich sind, wie beispielsweise Verwaltungskosten des Versorgers. Solche Kostenelemente könnten in der Klausel als fixer Kostenbestandteil benannt werden. Damit behält der Versorger ein gewisses Risiko bei ausufernden Kosten in diesen Bereichen, kann auf der anderen Seite aber auch seinen Gewinn erhöhen, wenn er diese Kosten drücken kann.

Oder würde eine solche Kostenelementeklausel schon dadurch scheitern, daß nicht alle Kostenelemente in variabler Gewichtung benannt sind und der Versorger sich dann gegebenenfalls Zusatzgewinne bescheren kann, siehe oben?    
Oder ist das einfach nur zu laienhaft?
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 25. Februar 2009, 19:51:56
@jofri46

Ich teile diese Befürchtung nicht. Den Dentisten seien die Zusatzaufträge der Privatpatienten herzlich  vergönnt. ;)

@eislud

Die genannten Urteile des III. Zivilsenats aus Oktober und November 2007 geben eine Antwort. Die Latte hängt zurecht sehr hoch, weil sich der Klauselverwender vorbehält, entgegen § 433 BGB selbst nicht an den vertraglich vereinbarten Preis gebunden zu sein. Man könnte schon die Frage stellen, ob eine solche Klausel überhaupt zulässig ist, wo sich der Klauselverwender sowieso kurzfristig durch ordnungsgemäße Kündigung aus dem Vertragsverhältnis lösen kann. Denn zunächst stellt sich ja die Frage nach der inneren Rechtfertigung, ob eine solche Klausel überhaupt notwendig ist. Notwendig ist sie ohne Frage, wo für den Klauselverwender kein Recht zur ordnungsgemäßen Kündigung besteht.

Es ist nicht unsere Aufgabe, eine solche Klausel zu entwickeln. Dafür werden andere fürstlich bezahlt.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: eislud am 25. Februar 2009, 20:18:17
@RR-E-ft
So wie es mir im Gedächtnis ist, sieht der BGH im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen durchaus eine Notwendigkeit, Preise im laufenden Vertrag anzupassen.

Zitat
Original von RR-E-ft:
Es ist nicht unsere Aufgabe, eine solche Klausel zu entwickeln. Dafür werden andere fürstlich bezahlt.
Wohl wahr. Und es wäre mir auch nicht dienlich, und vielen Anderen wohl auch nicht (mal abgesehen von Black), wenn hier eine wirksame Preisanpassungsklausel entwickelt werden würde. Schließlich benutzen wir unwirksame Preisanpassungsklauseln nur als Mittel zum Zweck, um uns gegen die vorherrschende Gewinnmaximierung zur Wehr zu setzen - zumindest ist das mein Zweck.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: jofri46 am 25. Februar 2009, 20:54:58
@Eislud
Eine Kostenelementeklausel, die es dem Verwender ermöglicht, seinen im einmal vereinbarten Preis enthaltenen Gewinnanteil zu erhöhen, halte ich nach den Vorgaben der aktuellen höchstrichterlichen Rechtsprechung für unwirksam.
Bei einer (zulässigen) Kostenelementeklausel müsste der Verwender im Falle einer Preisanpassung alle Preisbestandteile offenlegen und darlegen, ggf. unter Beweis stellen, dass sein Gewinnanteil unverändert geblieben ist und sich nur die von der laufenden Kostenentwicklung abhängigen Bestandteile erhöht haben.

@RR-E-ft
Ergibt sich die innere Rechtfertigung für eine solche Klausel nicht schon aus der Natur des Vertrages, der ja nicht (wie ich es bei § 433 BGB sehe) auf einmaligen, sondern dauernden Leistungsaustausch gerichtet ist? Ich kann mir vorstellen, dass auch der Verwender nicht alle preisbildenden Faktoren vorhersehen, einschätzen und abwägen kann. Und wenn sich die Frage nach der Zulässigkeit einer solchen Klausel stellt, wenn sich der Verwender sowieso kurzfristig durch ordentliche Kündigung vom Vertrag lösen kann, gilt das dann nicht auch für den Verbraucher, wenn er durch die Klausel ansonsten unangemessen benachteiligt wäre? Ich weiss, dass Sie das unter Hinweis auf die diverse Urteile anders sehen. Wenn ich mich recht erinnere, war der Sachverhalt dieser Urteile aber so, dass das Kündigungsrecht nicht unmittelbar und bedingungslos mit der Preisanpassungsklausel verknüpft war.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 25. Februar 2009, 21:32:31
@jofri46

Zitat
Original von jofri46
@Eislud
Bei einer (zulässigen) Kostenelementeklausel müsste der Verwender im Falle einer Preisanpassung alle Preisbestandteile offenlegen und darlegen, ggf. unter Beweis stellen, dass sein Gewinnanteil unverändert geblieben ist und sich nur die von der laufenden Kostenentwicklung abhängigen Bestandteile erhöht haben.

Soweit ich es verstanden habe, sind nicht erst im Falle einer Preisanspassung alle Kostenbestandteile offenzulegen. Die Offenlegung muss bereits bei Vertragsabschluss innerhalb der Klausel selbst erfolgen.

Vgl. BGH, Urt. v. 15.11.2007 - III ZR 247/06 Rn. 10:

Zitat
Dementsprechend sind Preisanpassungsklauseln nur zulässig, wenn die Befugnis des Verwenders zu Preisanhebungen von Kostenerhöhungen abhängig gemacht wird und die einzelnen Kostenelemente sowie deren Gewichtung bei der Kalkulation des Gesamtpreises offen gelegt werden, so dass der andere Vertragsteil bei Vertragsschluss die auf ihn zukommenden Preissteigerungen einschätzen kann (Senatsurteil vom 11. Oktober 2007 aaO; vgl. BGH, Urteile vom 11. Juni 1980 - VIII ZR 174/79 - NJW 1980, 2518, 2519 unter II 2. c); vom 19. November 2002 - X ZR 253/01 - NJW 2003, 746, 747 unter III. 2. a) m.w.N.; vom 21. September 2005 aaO S. 1717 f unter II. 3.b) und vom 13. Dezember 2006 aaO Rn. 23 ff).

Das folgt daraus, dass der Vertragspartner des Verwenders die Berechtigung der Preisänderung anhand der Klausel selbst (und nicht etwa erst vermittels einer gerichtlichen Billigkeitskontrolle) kontrollieren können muss. Der Gewinnanteil müsste dabei logischerweise eine (auszuweisende) Konstante (G) sein, so wie der verbrauchsunabhängige G rundpreis, von dem ich immer noch meine, dass dieser zumeist weit überwiegend übermäßiger reiner Gewinn ist.  

Wie man das bei Vertragsabschluss ggf. unter Beweis stellen wollte, vermag ich nicht nachzuvollziehen (Wirtschaftsprüferbescheinigung anbei?)


Zitat
Original von jofri46
@RR-E-ft
Ergibt sich die innere Rechtfertigung für eine solche Klausel nicht schon aus der Natur des Vertrages, der ja nicht (wie ich es bei § 433 BGB sehe) auf einmaligen, sondern dauernden Leistungsaustausch gerichtet ist? Ich kann mir vorstellen, dass auch der Verwender nicht alle preisbildenden Faktoren vorhersehen, einschätzen und abwägen kann. Und wenn sich die Frage nach der Zulässigkeit einer solchen Klausel stellt, wenn sich der Verwender sowieso kurzfristig durch ordentliche Kündigung vom Vertrag lösen kann, gilt das dann nicht auch für den Verbraucher, wenn er durch die Klausel ansonsten unangemessen benachteiligt wäre? Ich weiss, dass Sie das unter Hinweis auf die diverse Urteile anders sehen. Wenn ich mich recht erinnere, war der Sachverhalt dieser Urteile aber so, dass das Kündigungsrecht nicht unmittelbar und bedingungslos mit der Preisanpassungsklausel verknüpft war.


Ein Sonderkündigungsrecht des Kunden ist aus der Natur der Sache heraus nie bedingungslos. Es ist auch nicht nur eine Frage der Gleichzeitigkeit von Eintritt der Preisänderung und Lösungsmöglichkeit, wie vielleicht nach den Flüsiggas- Entscheidungen angenommen werden könnte.

Dagegen, dass ein Lösungsrecht eine Intransparenz kompensieren kann, spricht, dass das Transparenzgebot ausgehebelt wäre. Jede beliebige Klausel könnte zulässig sein. Der Kunde hätte mit Vertragsabschluss keinerlei kalkulierbare Zukunft, wie er sie zweifelsohne hätte, wenn eine für beide Teile bindenende Preisvereinbarung auf eine gewisse Zeit oder aber eine dem Transparenzgebot entsprechende Preisänderungsklausel im Vertrag enthalten wäre. Allein darin sehe ich eine unangemessene Benachteiligung. Der Verwender hält die Zukunft für sich selbst kalkulierbar, für seinen Kunden aber nicht. Die Zukunft wäre für den Kunden unkalkulierbar. Es wird nicht nur gegen den elementaren Grundsatz des § 433 BGB verstoßen, sondern es wäre zu fragen, ob überhaupt ein grundsätzlicher Bindungswille vorhanden ist, der jedem Vertragsabschluss inne wohnen muss. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Klauselverwender jederzeit die Möglichkeit hat, die Klausel zu ziehen. Ich würde einen solchen Vertrag als Vertragspartner des Klauselverwenders ohne Not nie abschließen wollen.

Soweit ersichtlich kommt die Kompensation einer vollkommen intransparenten Klausel durch ein Kündigungsrecht des Vertragspartners nach der BGH- Rechtsprechung demzufolge auch nicht in Betracht. Bei kurzfristigen Verträgen mit einer Laufzeit von sechs oder zwölf Monaten wird die Zulässigkeit einer Preisänderungsklausel zutreffend generell angezweifelt (vgl. BGH, Urt. v. 15.11.2007 - VIII ZR 247/06 Rn. 13).

In der gleichen Entscheidung heißt es in Rn. 33 zutreffend:

Zitat
Das den Abonnenten in Klausel Nummer 6.5 Satz 2 eingeräumte Kündigungsrecht schafft keinen angemessenen Ausgleich. Wie bereits dargelegt, gibt es keinen ausnahmslos gültigen Grundsatz, dass ein unangemessen benachteiligendes Preisanpassungsrecht stets durch eine Vertragslösungsmöglichkeit kompensiert werden kann.

Insbesondere darf sich der Verwender kein Recht zu willkürlichen Preisanhebungen einräumen, um auf diese Weise Kunden zu zwingen, entweder einen überhöhten Preis zu akzeptieren oder von der Lösungsmöglichkeit Gebrauch zu machen. Wenn durch die Klausel willkürliche Preisanhebungen nicht ausgeschlossen werden, kann ihre Unangemessenheit auch nicht durch Hinzufügung eines Vertragslösungsrechts ausgeschlossen werden (vgl. Erman/Roloff, BGB 11. Aufl. § 309 Rn. 14). So liegt der Fall hier.

So geht es also gerade nicht. Mit einem Vertragslösungsrecht darf das Transparenzgebot nicht ausgehebelt werden.

Dort ging es um \"Bezahlfernsehen\" und auch der Markt für Film- und Übertragsungsrechte scheint hoch volatil.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 02. April 2009, 16:27:48
Wenn man ein Preisanpassungsrecht nach dem Leitbild der GasGVV in Sonderkundenverträgen als unzulässig ansieht, sollte man sich fragen, was bei einem Grundversorgerwechsel passiert.

§ 36 Abs. 3 EnWG ordnet für diesen Fall nämlich an, dass die bisherigen (Grund)versorgungsverträge als Sonderkundenverträge zu den Bedingungen der Grundversorgung fortgelten. Die Folge sind dann Sonderkundenverträge mit einem GVV Preisanpassungsrecht.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 02. April 2009, 16:40:21
@Black

Bei einem Grundversorgerwechsel entfällt für den bisherigen Grundversorger der gesetzliche Kontrahierungszwang. Er ist somit berechtigt, die bestehenden Verträge ordnungsgemäß zu kündigen, vgl. § 20 Abs. 1 Satz 3 GVV.

Damit entfällt die innere Rechtfertigung für das lediglich  an billiges Ermessen gebundene gesetzliche Leistungsbestimmungsrecht (vgl. BGH, Urt. v. 29.04.2008 - KZR 2/07 Tz. 26), so dass auf die Sonderverträge fortan § 307 BGB Anwendung findet.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 02. April 2009, 17:01:31
Der ehemalige Grundversorger könnte nun die Verträge kündigen, aber er muss dies nicht tun. Ziel des Gesetzgebers war es ja offensichtlich dem Versorger gerade die Kunden zu belassen, sonst hätte er das frühere System des Kundenwechsels (bei Konzessionswechsel) hin zum neuen Grundversorger beibehalten.

Da per Gesetz die Fortgeltung sämtlicher Vertragsbedingungen (einschliesslich des Preisanpassungsrechts) im Sondervertrag angeordnet wird, können diese nicht gleichzeitig per Gesetz für nichtig erklärt werden.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 02. April 2009, 17:05:06
@Black

Er kann kündigen, muss es jedoch nicht.

Folge ist, dass die Sonderverträge fortan § 307 BGB unterliegen, was bis dahin nicht der Fall war.
Unter dem Gesichtspunkt wäre er ggf. besser beraten, für eine beabsichtigte Preisänderung die Sonderverträge zu kündigen.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 02. April 2009, 17:30:11
Wenn der Sonderkundenvertrag dem § 307 BGB unterliegt und gleichzeitig ein spezielleres Gesetz die Vertragsbedingungen vorgibt, muss im Ergebnis das Preisanpassungsrecht nach GVV Leitbild dem § 307 BGB entsprechen. Andernfalls würde man zu dem ergebnis kommen, dass ein allgemeines Gesetz die angeordnete Rechtsfolge eines spezielleren Gesetzes aufhebt.

Das kann nicht sein, denn sonst würde der Gesetzgeber dem EVU einerseits Vertragsbedingungen eines Sonderkundenvertrages zwingend gesetzlich vorgeben und diese mit einem anderen Gesetz gleichzeitig für nichtig erklären wollen.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 02. April 2009, 17:42:48
@Black

Wieso denn zwingend gesetzlich vorgegeben?

Der bisherige Grundversorger hat doch die Option, diese Sonderverträge jederzeit  ordnungsgemäß zu kündigen unter Einhaltung einer Frist von einem Monat zum Monatsende.
 
Niemand zwingt ihn, die Verträge (darüber hinaus) weiter fortzuführen. Das macht doch gerade den Unterschied aus (vgl. BGH, Urt. v. 29.04.2008 - KZR 2/07 Tz. 26).

Und wenn ich die weiter oben zitierten Entscheidungen des BGH richtig verstanden habe, dann fehlt bei einem Vertrag, bei dem sich der ABG- Verwender kurzfristig aus dem Vertragsverhältnis lösen kann (Verträge mit einer Dauer von sechs Monaten bis zu 2 Jahren) oft schon das Bedürfnis/ die Notwendigkeit für eine Preisanpassungsklausel.

Das muss doch aber  erst recht gelten, wo sich der Energielieferant jederzeit mit einer Frist von einem Monat auf das Monatsende durch ordnungsgemäße Kündigung aus dem Vertragsverhältnis lösen kann, vgl. § 20 Abs. 1 Satz 1 GVV.

Woraus sich  bei dieser Konstellation überhaupt eine Notwendigkeit für einseitige Entgeltanpassungen ergeben könnte, ist nicht ersichtlich. Es gilt der Grundsatz der für beide Seiten bindenden Preisvereinbarung gem. § 433 Abs. 2 BGB.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 02. April 2009, 17:57:24
Das Gesetz ordnet nicht an, dass der Versorger die Verträge kündigen soll oder muss, auch wird eine automatische Vertragsbeendigung nicht angeordnet Das Gesetz geht vielmehr als Regelfall gerade von der Fortführung der Verträge aus.

Insoweit kann nicht angenommen werden, dass das Gesetz für den Regelfall der Vertragsfortführung dem EVU nichtige Vertragsbedingungen \"verordnet\" mit der Begründung das EVU könne die Verträge ja auch kündigen.

Warum sollte ehemalige Grundversorger auch genötigt werden seine Verträge zu kündigen, mit dem Risiko des Kundenverlustes? Wenn der Gesetzgeber dies gewollt hätte, hätte er die Verträge für beendet erklärt oder zumindest gesetzlich angeordnet, dass die bisherigen AVB/GVV Bedingungen nun nicht mehr fortgelten.

Der Gesetzgeber hat gerade das Gegenteil gewollt, Sonderkundenverträge mit dem Inhalt der GVV. Und er hat dies auch so in das Gesetz geschrieben.

Über den Umweg des allgemeineren § 307 BGB nun zu unterstellen, der Gesetzgeber habe in Wirklichkeit darauf hin wirken wollen, dass das EVU die Verträge entweder kündigt oder das Anpassungsrecht verliert ist absurd.

Wenn der Gesetzgeber die Übernahme eines Regelungswerkes in Sonderkundenverträge anordnet kann damit kein Verstoss gegen § 307 BGB gegeben sein, weil weder eine unangemessene Benachteiligung gegeben ist noch vom Grundgedanken des Gesetzes abgewichen wird. Hier wird gerade der Grundgedanke des Gesetzes befolgt.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 02. April 2009, 18:03:48
@Black

Warum sollte das Gesetz auch vorsehen, dass die Sonderverträge fortgeführt oder gekündigt werden müssen.

Dies wäre doch schon mit Art. 2, 12 GG unvereinbar.

Das Gesetz räumt dem Energielieferanten die Möglichkeit ein, die Sonderverträge fortzusetzen oder sich jederzeit mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende aus diesen zu lösen. Und bei dieser Konstallation besteht m.E. gerade keine Notwendigkeit für einseitige Preisänderungen unter Verstoß gegen den gesetzlichen Grundsatz, welcher sich aus § 433 Abs. 2 BGB ergibt.

Das Risiko des Kundenverlustes kann dafür gerade nicht als Argument herangezogen werden (BGH, Urt. v. 11.10.2007 - III ZR 63/06; Urt. v. 15.11.2007 - III ZR 247/06).

Zunächst müsste der bisherige Grundversorger überhaupt in einem großen Umfang Kunden verloren haben, damit es überhaupt zu einem Grundversorgerwechsel kommt. Die bisherigen Kunden werden dem Unternehmn dann die Treue halten, wenn es einen Neuabschluss zu wettbewerbsfähigen Preisen anbietet, sonst eben nicht.

Weder die Fortführung der Sonderverträge auf unbestimmte Zeit  noch deren Kündigung werden als Regelfall vom Gesetz vorgesehen.
Der Energielieferant ist mit minimalen Einschränkungen gem. Art. 2, 12 GG  frei.

Gerade einmal für die Dauer ab Grundversorgerwechsel bis zum erstmaligen Kündigungszeitpunkt ist seine allgemeine Handlungsfreiheit eingeschränkt.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 02. April 2009, 18:08:23
Ob eine \"Notwendigkeit\" besteht oder nicht ist irrelevant. Der Gesetzgeber ordnet die Übernahme des GVV-Anpassungsrechtes in diese Sonderkundenverträge ja gerade an.

So wie Sie die Sache darstellen würde das Gesetz das EVU in nichtige Verträge zwingen mit dem Argument \"selber schuld, kannst ja kündigen um den unwirksamen Bedingungen zu entgehen, die Du im Vertrag haben musst\"

Aber wie gesagt, ich sehe bereits keinen Verstoss gegen § 307 BGB da dem Gesetz ja gerade entsprochen wird.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 02. April 2009, 18:17:34
@Black

§ 36 Abs. 3 EnWG kann man auch so lesen, dass die Sonderverträge zu den im Zeitpunkt des Wechsels geltenden Preisen - bis zur Vertragsbeendigung - fortgelten.

Ich frage mich schon, wo Sie mit der Diskussion hinwollen.
Steht denn überhaupt irgendwo ein Grundversorgerwechsel gem. § 36 Abs. 3 EnWG demnächst an? Bis sich die bisher eher theoretische Möglichkeit realisiert, könnte das Gesetz längstens wieder abgeändert sein.

Für bereits bestehende Sonderverträge kann daraus sowieso nichts hergeleitet werden. Denn für diese ordnet das Gesetz, insbesondere mit § 36 Abs. 3 EnWG,  rein gar nichts an, mal abgesehen von § 307 BGB usw.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 02. April 2009, 18:25:14
Der Fall des Grundversorgerwechsels tritt in der Tat des öfteren auf.

Ich zeige damit nur auf, dass es auf Grundlage des EnWG bereits Sonderkundenverträge gibt, die als Vertragsbedingung die GVV enthalten. Bisher gibt es zwei Fallgruppen:

- Kunden die sich zunächst als Haushaltskunden anmelden und bei denen nachträglich (z.b. wegen Überschreitung des Gewerbeanteils) doch keine Haushaltskundeneigenschaft festgestellt wird

- grundversorgte Kunden bei Grundversorgerwechsel

Da dies möglich und zulässig ist, gibt es keinen sachlich gerechtfertigten Grund bei übrigen Sonderkundenverträgen, die dem Leitbild der GVV entsprechen plötzlich zu unterstellen sie würden den Kunden \"unangemessen benachteiligen\" oder vom \"gesetzlichen Grundgedanken abweichen\".
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 02. April 2009, 18:27:05
Zitat
Original von Black
Der Fall des Grundversorgerwechsels tritt in der Tat des öfteren auf.

In der Tat ein Satz wie von Konfutius.

Wie zum Beispiel wo geschehen oder absehbar bevorstehend?

Dass ein Haushaltskunde aus der Grundversorgung im Übrigen in einen Sondervertragskunden mutiert, bei dem die Bestimmungen der GVV als AGB wirksam einbezogen wären, hat im Gesetz keine Stütze, vgl. nur § 305 BGB. Sie weisen ja selbst an anderer Stelle zutreffend darauf hin, dass GVV = AGB bei Vertragsabschluss nicht gilt.


Zitat
Original von Black
Zitat
Original von Rob
AGBs werden bei Vertragabschluß mit der zeitnahen Übergabe (z.B. Vertragsrückseite) mit einbezogen. Nur unter Kaufleuten kann erwartet werden, dass diese sich um die AGBs ihres Geschäftspartner selber kümmern.
Setzt man nun
AVBGasV=AGB
sehen Sie, worauf ich hinaus will.

Da eine Rechtsnorm - im Gegensatz zu AGB - unabhängig von der positiven Kenntnisnahme seine Wirkung entfaltet, kann gerade nicht gefolgert werden AVBGasV=AGB

Für bestehende Sonderverträge hat der Gesetzgeber ausdrücklich entschieden, dass die Bestimmungen der GVV grundsätzlich nicht gelten, vgl. nur § 1 GVV.

Und es spricht rein gar nichts dafür, dass der Gesetzgeber ein Preisbestimmungsrecht wie § 5 GVV auch dann eingeräumt hätte, wenn die ordnungsgemäße Kündigung gem. § 20 Abs. 1 Satz 3 GVV nicht ausgeschlossen wäre.

Sonderverträge mit fester Laufzeit ohne Preisänderungsklausel sind machbar. (http://www.eon-thueringerenergie.com/Presse/Pressemitteilungen/Aktuell/Pressemitteilung.htm?id=1387505) E.ON Thüringen bietet Neukunden ausschließlich nur noch solche Sonderverträge an.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 02. Juni 2009, 16:54:02
@jofri46

BGH: Keine Kompensation intransparenter Klauseln durch Sonderkündigungsrecht oder Möglichkeit der gerichtlichen Überprüfung gem. § 315 BGB. (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=57342#post57342)
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: jofri46 am 04. Juni 2009, 18:17:22
RR-E-ft

Danke. Meine Skepsis hinsichtlich der Übertragbarkeit dieser Entscheidung im Banken- bzw. Sparkassensektor auf Energielieferungsverträge bleibt dennoch. Die Klausel dort war ja derart unpräzise gefasst, dass einer mißbräuchlichen Anwendung Tür und Tor geöffnet war.

Im Vergleich dazu sind die mir bekannten Preisänderungsklauseln in Eneregielieferungsverträgen doch präziser, z. B. an den Umfang eigener Kostensteigerungen (Steigerung von Bezugskosten etc.) gekoppelt.

Aus der Praxis weiss ich, dass es Unternehmen erhebliche Schwierigkeiten bereitet, wenn nicht gar unmöglich ist, in einem Massengeschäft eine praktikable Preisänderungsklausel so zu formulieren, dass sie den von der Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen genügt.

Wenn eine solche Klausel nun weitestmöglich so präzisiert ist, dass Preisänderungen ersichtlich nur in einem angemessenen Rahmen stattfinden können, gleichwohl aber nicht alle Wirksamkeitsanforderungen (Transparenzgebot) erfüllt, weil schlicht nicht möglich, dies dann jedoch mit einem Lösungsrecht verbunden ist,  könnte man durchaus zu einem anderen Ergebnis kommen. Auf die weitere Entwicklung in der Rechtsprechung bin ich gespannt.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 04. Juni 2009, 19:01:57
@jofri46

Der BGH hatte das Massengschäft der Sparkassen im Blick, welches sich nicht grundsätzlich vom Massengeschäft anderer Branchen unterscheidet. Weil es sich um Massengeschäft handelt, finden überhaupt nur AGB statt individueller Vereinbarungen Anwendung und diese AGB wiederum unterliegen aus guten Gründen gesetzlichen Restriktionen, u.a. § 307 BGB.

Die jüngste Entscheidung BGH, Urt. v. 21.04.2009 [XI ZR 78/08] nennt mehrere Anforderungen für die Wirksamkeit von Preisänderungsklauseln.

Die Entscheidung knüpft an mehrere darin konkret  zitierte  Entscheidungen des BGH auch zu Preisänderungsklauseln und Preisänderungen in Energielieferungsverträgen an, weil es dabei um eine generell abstrakte Betrachtung geht, die im allgemeinen Vertragsrecht wurzelt, wonach ein bei Vertragsabschluss vereinbarter Preis grundsätzlich für beide Vertragsteile gleichermaßen verbindlich und verpflichtend ist. Der Lieferant hat sich bei Vertragsabschluss verpflichtet, zum vereinbarten Preis zu liefern und ist deshalb an diese vertragliche Verpflichtung gebunden und kann sich nicht einfach aus dieser stehlen.  

Vorbehalt des Rechts zur Preiserhöhung nur im Umfang konkreter Kostensteigerungen nach Vertragsabschluss (klar sonst nachträgliche Erhöhung des Gewinnanteils am Preis) und auch nur (quasi spiegelbildlich) gegen die - ohne jedwedes Ermessen -  eingangene Verpflichtung des Klauselverwendrs zur Preissenkung im Umfange von nach Vertragsabschluss eingetretener Kostensenkungen (weil auch Nichtweitergabe oder unvollständige Weitergabe  von Kostensenkungen zur nachträglichen Erhöhung des Gewinnanteils am Preis führt).

Ein eingeräumtes Sonderkündigungsrecht oder die Möglichkeit einer gerichtlichen Billigkeitskontrolle können aus dort zutreffend genannten Gründen keine Kompensation schaffen, was gefestigter BGH- Rechtsprechung entspricht.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: tangocharly am 04. Juni 2009, 20:44:03
Der BGH betont in dieser Entscheidung wiederholt, dass es sich bei der Zinsanpassungsklausel nur um eine besondere Form einer Preisanpassungsklausel handelt. Dies halte ich für selbstverständlich. Dabei kommt es nicht auf die Unterscheidung zwischen Geschäfte der Daseinsvorsorge oder von Massengeschäften an.

Was der BGH aber erneut - und wie ich meine mit nicht zu überbietender Klarheit - heraustellt ist (Entscheidungsgründe, Tz. 32):

Zitat
(3) Danach benachteiligt die angegriffene Klausel die Kunden auch insoweit unangemessen, als sie ein Zinsanpassungsrecht der Beklagten vorsieht. Auch ein solches benachteiligt die Kunden nur dann nicht unangemessen, wenn das Äquivalenzverhältnis gesichert ist, die Klausel mithin eine Bindung der Bank an den Umfang des Kostenanstiegs vor-sieht und eine Verpflichtung der Bank enthält, Kostenminderungen an die Kunden weiter zu geben, ohne dass die Bank insoweit ein Ermessen hat (siehe schon BGHZ 97, 212, 217 f.; vgl. auch Staudinger/Kessal-Wulf, BGB (2004), § 492 Rn. 30 m.w.N.). Diesen Anforderungen wird Nr. 17 Abs. 2 Satz 1 AGB nicht gerecht (siehe schon unter II 3 b cc).
.

Also, wenn dem VIII. Senat bei seiner RSpr. zu § 315 BGB die Wahrung des Äquivalenzprinzips nur genau so wichtig wäre, wie die Wahrung der Vertragsautonomie für Versorger im Umgang mit konkludenten (besser lethargischen) Verbrauchern ......
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 05. Juni 2009, 00:00:55
@tangocharly

Tatsächlich spricht der XI. Zivilsenat des BGH nunmehr bisher unübertroffen Tacheles, nachdem Nobbe im Unruhestand ist.

§ 315 BGB ist m. E. jedoch eigentlich kein Instrument zur Wahrung eines bereits vertraglich begründeten  Äquivalenzverhältnisses (a.A. BGH, Urt. v. 19.11.2008 - VIII ZR 138/07).

§ 315 BGB steht als Alternative zur Preisvereinbarung bei Vertragsabschluss und somit zur vertraglichen Begründung eines vertraglichen Äquivelenzverhältnisses zur Verfügung.

Man kann sich nicht auf einen Preis bzw. ein vertragliches Äquivalenzverhältnis einigen und zugleich dem einen Vertragsteil vertraglich ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht iSv § 315 Abs. 1 BGB einräumen. Dies verstieße gegen Denkgesetze (vgl. BGH, Urt. v. 07.02.2006 - KZR 24/04).

Im Falle der vertraglichen Vereinbarung eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts unterliegt der Preis von Anfang an insgesamt der Billigkeitskontrolle (vgl. BGH, Urt. v. 13.06.2007- VIII ZR 36/06 Tz. 32; BGH, Urt. v. 18.10.2005 - KZR 36/04 Tz. 10).

Warum es anders sein sollte/könnte, wenn sich das einseitige Leistungsbetimmungsrecht eines Vertragsteils aus einem Gesetz ergibt, leuchtet mir nicht recht ein.

Erst recht darf § 315 BGB nicht dazu dienen, einen entgegen §§ 1 Abs.1, 2 Abs. 1 EnWG überhöhten Gewinnanteil (als vorgefasstes Äquivalenzverhältnis) für die Zukunft weiter zu sichern und zu erhalten (a.A. BGH, Urt. v. 19.11.2008 - VIII ZR 138/07).

Bei bestehendem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht des einen Vertragsteils bezüglich der vertraglichen Hauptleistungspflicht seines Vertragspartners  ist der entsprechend Berechtigte jederzeit (aus § 315 BGB gesetzlich) verpflichtet, die Leistung (unter Berücksichtigung der naturgemäß gegenläufigen Interessen beider Vertragsteile und unter umfassender Würdigung des Vertragszwecks) der Billigkeit entsprechend festzusetzen (vgl. BGH, Urt. v. 18.10.2007 - III ZR 277/06 Tz. 20;BGH, Urt. v. 07.02.2006 -KZR 8/05; BGH, Urt. v. 05.07.2005 - X ZR 60/04; BGH, Urt. v. 02.10.1991 - VIII ZR 240/90).
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 05. Juni 2009, 09:45:47
Zitat
Original von RR-E-ft

Man kann sich nicht auf einen Preis bzw. ein vertragliches Äquivalenzverhältnis einigen und zugleich dem einen Vertragsteil vertraglich ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht iSv § 315 Abs. 1 BGB einräumen. Dies verstieße gegen Denkgesetze (vgl. BGH, Urt. v. 07.02.2006 - KZR 24/04).

Wir haben Vertragsfreiheit. Zwei Parteien können sich auf alles einigen, was nicht verboten oder sittenwidrig ist. Es gibt daher keinen Grund, warum nicht vereinbart werden kann \"Preis X gilt jetzt (Anfangspreis) kann aber zu einem späteren Zeitpunkt des Dauerschuldverhältnis durch einen noch (einseitig) zu bestimmenden Preis ersetzt werden\"
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 05. Juni 2009, 15:41:46
@Black

Ich meine, dass eine solche vertragliche Regelung wegen § 154 I BGB nichtig ist (vgl. BGH, Urt. v. 07.02.2007 - KZR 24/04)

a)

Eine Preisvereinbarung ist gem. § 433 II BGB  für beide Vertagsteile gleichermaßen bindend.

b)

Die vertragliche Vereinbarung eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts des einen Vertragsteils führt hingegen  zu dessen gesetzlicher Verpflichtung aus § 315 BGB, das vertraglich geschuldete Entgelt (erst noch) - unter Beachtungs der naturgemäß gegenläufigen objektiven wirtschaftlichen Interessen beider Vertragsteile und umfassender Würdigung des Vertragszwecks -  zu bestimmen.

Die vertragliche Vereinbarung eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts hat immer zur Folge, dass der Gesamtpreis von Anfang an einer gerichtlichen Billigkeitskontrolle in unmittelbarer Anwendung des § 315 III BGB unterliegt und für den anderen Teil insgesamt nur verbindlich ist, wenn er der Billigkeit entspricht (vgl. BGH, Urt. v. 13.06.2007 - VIII ZR 36/06 Tz. 32; BGH Urt. v. 05.07.2005 - X ZR 60/04 unter II 1; BGH, Urt. v. 02.10.1991 - VIII ZR 240/90).

c)

Ein vertraglich vereinbartes einseitiges Leistungsbestimmungsrecht  ist deshalb mit der vertraglichen Bindungen eines vereinbarten Preises schlichtweg denknotwendig unvereinbar.

Denn:
Ein vertraglich vereinbartes Äquivalenzverhältnis lässt keinerlei Gestaltungsspielraum zu. Ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht hat aber gerade einen bestehenden Gestaltungsspielraum zur Voraussetzung.

Beides zusammen geht deshalb denknotwendig nicht zugleich.

Die Vertragsfreiheit überwindet nicht die geltenden Denkgesetze.

d)

Und jedenfalls entspricht der weite Spielraum der Billigkeit  auch nicht den Anforderungen, die an die Beschränkung und Konkretisierung einer Preisänderungsklausel nach § 307 BGB zu stellen sind (vgl. BGH, Urt. v. 21.04.2009 - XI ZR 78/08; BGH Urt. v. 13.07.2004 - KZR 10/03 unter II.6).
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 05. Juni 2009, 16:35:05
Nach wiederholter Rechtsprechung des BGH existiert im Grundversorgungsbereich bereits eine Kombination von vertraglich vereinbartem Anfangspreis und einseitigem (gesetzlichen) Preisänderungsrecht.

Wenn also eine Kombination von Vereinbarung und einseitiger Festsetzung bereits möglich ist, das kann dies auch auf rein vertraglicher Ebene erfolgen wenn das Festsetzungsrecht, dass beim grundversorgten Kunden aus dem Gesetz folgt hier einvernehmlich vereinbart wird.

Ein Verstoss gegen Denkgesetzte ist nicht erkennbar.

Man darf nicht vergessen, dass es sich beim Energieliefervertrag ja nicht um einen einmaligen Kaufvertrag nach § 433 BGB handelt, wo eine Preisvereinbarung mit einer einseitigen Preisbestimmung direkt kollidiert, sondern dass ein Dauerschuldverhältnis vorliegt.

Der Kunde kann also durchaus z.B. zunächst 1 Jahr Energie zum vereinbarten Preis beziehen bevor durch Ausübung des Preisfestsetzungsrechts ein veränderter Preis für die zukunft gilt.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 05. Juni 2009, 16:56:09
@Black

Dass der VIII. Zivilsenat mit seiner Rechtsprechung zur fingierten Einigung davor gefeit wäre, gegen Denkgesetze zu verstoßen, habe ich schon nicht behauptet.

Sie \"unterschlagen\" zudem die Aussage des VIII. Zivilsenats des BGH zum vertraglich vereinbarten einseitigen Leistungsbestimmungsrecht in BGH, Urt. v. 13.06.2007 - VIII ZR 36/06 Tz. 32:

Zitat
Die unmittelbare Anwendung des § 315 BGB setzt voraus, dass die Parteien vereinbart haben, eine von ihnen solle nach Abschluss des Vertrags die Leistung bestimmen (BGHZ 128, 54, 57).

An dieser Voraussetzung fehlt es, wenn sich der bei Abschluss des Gaslieferungsvertrags von dem Versorgungsunternehmen geforderte Preis für die Gaslieferung aus dem jeweiligen allgemeinen Tarif für die leitungsgebundene Versorgung mit Gas ergab (vgl. § 10 Abs. 1 EnWG 1998; § 4 Abs. 1 AVBGasV).

Der BGH sagt klar, dass dann, wenn man sich bei Vertragsabschluss auf einen bereits feststehenden Preis geeinigt hat, gerade  kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vertraglich vereinbart wurde, wonach der eine Vertragsteil nach Abschluss des Vertrages die Leistung bestimmen soll !

Das verstieße ja auch gegen Denkgesetze. Es läge ein Dissens gem. § 154 BGB vor.

Nach der Rechtsprechung des VIII. Zivilsenats ist folglich zwischen einem vertraglichen einseitigen Leistungsbestimmungsrecht und einem gesetzlichen Leistungsbestimmungsrecht klar zu unterscheiden.

Ohne eine solche Unterscheidung hätte der Senat das gesetzliche einseitige Leistungsbestimmungsrecht wie ein vertraglich vereinbartes Leistungsbestimmungsrecht zu behandeln gehabt mit der Folge der unmittelbaren Anwendung des § 315 BGB auf den Gesamtpreis (VIII ZR 36/06 Tz. 32). Dies hätte ich für konsequenter gehalten. Letzteres entspricht zudem der Rechtsprechung des Kartellsenats des BGH (vgl. nur BGH, Urt. v. 18.10.2005 - KZR 36/04 Tz. 10 f., Urt. v. 07.02.2006 - KZR 8/05; Urt. v. 04.03.2008 - KZR 29/06).

Schließlich war das einseitige Leistungsbestimmungsrecht bei Tarifkunden von Anfang an Vertragsinhalt und somit das Leistungsbetimmungsrecht vertraglicher Natur (vgl. §§ 1 Abs. 1 Satz 2, 4 AVBGasV). Nicht anders verhält es sich in der Grundversorgung. Der VIII. Zivilsenat hat ganz  tief in die Trickkiste gegriffen. Zur Begründung hat er sich auch auf Entscheidungen des Bankensenats (XI. Zivilsenat) gestützt, die der Benkensenat nun aber ausdrücklich aufgegeben hat (vgl. BGH, Urt. v. 21.04.2009 - XI ZR 55/08 und XI ZR 78/08].

Nach Auffassung des Kartellsenats des BGH unterliegt der Gastarif von Anfang an insgesamt dem Maßstab der Billigkeit, was die Verpflichtung zu Preissenkungen einschließt (vgl. nur BGH, Urt. v. 29.04.2008 - KZR 2/07 Tz. 26).

Zitat
Aus der gesetzlichen Bindung des allgemeinen Tarifs an den Maßstab der Billigkeit (BGHZ 172, 315 Tz. 16 f.) ergibt sich nicht nur die Rechtspflicht des Versorgers, bei einer Tarifanpassung Kostensenkungen ebenso zu berücksichtigen wie Kostenerhöhungen. Der Versorger ist vielmehr auch verpflichtet, die jeweiligen Zeitpunkte einer Tarifänderung so zu wählen, dass Kostensenkungen nicht nach für den Kunden ungünstigeren Maßstäben Rechnung getragen wird als Kostenerhöhungen, so dass Kostensenkungen mindestens in gleichem Umfang preiswirksam werden müssen wie Kostenerhöhungen. Die gesetzliche Regelung umfasst daher neben dem Recht des Versorgers zur Preisanpassung auch die Pflicht hierzu, wenn die Anpassung dem Kunden günstig ist

Siehe auch hier zum Dauerschuldverhältnis. (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=57467#post57467)
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: tangocharly am 05. Juni 2009, 17:33:24
Zitat
Original von RR-E-ft
[...]Im Falle der vertraglichen Vereinbarung eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts unterliegt der Preis von Anfang an insgesamt der Billigkeitskontrolle (vgl. BGH, Urt. v. 13.06.2007- VIII ZR 36/06 Tz. 32; BGH, Urt. v. 18.10.2005 - KZR 36/04 Tz. 10).

Damit keine Mißverständnisse entstehen, sollte zum Zitat (\"BGH, Urt. v. 13.06.2007- VIII ZR 36/06 - Tz. 32\") klarstellend hinzugefügt werden, dass der VIII. Senat für die Tarifkunden dies gerade so nicht sagt, sondern dass man dies aus dessen Argumentation heraus lesen muß (Anm.: das Lesen zwischen den Zeilen ist die Kunst).

Denn der VIII. Senat sagt ja in Tz. 32: \"Nein, nein. Das sei ja hier ganz anders. Denn der Kunde der das Gasnetz des Versorgers anzapft, ist entweder Wunderknabe oder verfügt über hellseherische Fähigkeiten. Deshalb weil das so sei, wisse der Gaskunde ganz genau, nämlich in der berühmten \"juristischen Sekunde\" in der er den Gashahn aufdreht, wie die Tarifbedingungen des Versorgers lauten und wieviel Cent-Euronen er schon ab der nächsten kWh zu bezahlen hat. Und dass dies so richtig sei ergäbe sich daraus, dass das Tarifwerk des (Grund-)Versorgers ja öffentlich bekannt gemacht worden sei.\"

Hypothese auf Hypothese. Und schließlich ist der Gaskunde einfach der Dumme, weil er sich nicht vorher erkundigt hat. Warum wohl hat sich der Verordnungsgeber darüber Gedanken gemacht, dass es notwendig sei, dem Kunden den Vertragsschluß zu bestätigen ? Eben doch wohl, weil diese Hypothesen des BGH nicht der Lebenswirklichkeit entsprechen.

Im AGB-Recht läge der Versorger mit seinen nachgeschobenen Allg. Vertragsbedingungen völlig auf dem Bauch. Bei der Grundversorgung soll er einen vom Verordnungsgeber ausgestellten Freibrief haben (und das soll auch so gewollt worden sein ??).
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 05. Juni 2009, 17:38:50
@tangocharly

Siehste hier. (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=57470#post57470)

So mancher ist noch in einem Land groß geworden, wo man permanent zwischen den Zeilen lesen musste, wenn man nicht beim (Zeitung-) Lesen einschlafen wollte.  ;)
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 15. Juli 2009, 12:39:54
Nun hat der BGH entschieden, ob in Sonderverträgen ein Preisanpassungsrecht nach dem Leitbild der AVB/GVV bzw. eine Übernahme des gesetzlichen Anpassungsrechts der Grundversorgung zulässig ist.

Die Verbraucherfraktion hatte dies bisher immer als undenkbar abgelehnt.

Zitat
Original von RR-E-ft
Zitat
Original von Ronny
Daraus ergibt sich doch sehr deutlich, unter welchen Bedingungen Preisanpassungsklauseln in Verträgen mit Sonderkunden wirksam sein können.

Eine Preisanpassungsklausel, die die Regelungen des § 4 Abs. 2 ABVGasV oder § 5 Abs. 2 GasGVV nachbildet, wird wirksam sein.

Warum informieren Sie die Forumsteilnehmer hier nicht neutral?
@Ronny

Ich weiß nicht, wer Sie ggf. nicht neutral informiert hat.

Ihre Folgerung ist nicht zutreffend.

Der achte Senat hat es ausdrücklich offen gelassen, ob solche Klauseln zulässig sein können. Aus der Pressemitteilung des BGH ist im dortigen Thread zitiert:

(...)

Der Senat müsste - wenn er von der Rechtsprechung der anderen Senate abweichen wollte - den Großen Senat anrufen.

In der Entscheidung vom 28.03.2007 - VIII ZR 144/06 Rn. 16 hatte der Senat noch ausdrücklich offen gelassen, ob einseitige Stromtariferhöhungen gem. § 4 AVBEltV der gerichtlichen Billigkeitskontrolle unterliegen. Einige hatten aus dieser Entscheidung sogleich geschlossen, Strompreiserhöhungen unterlägen keiner Billigkeitskontrolle. Nun weiß man es - hoffentlich - besser, nachdem eine Billigkeitskontrolle in unmittelbarer Anwendung des § 315 BGB bei Bestehen eines gesetzlichen Leistungsbestimmungsrechts Anwendung findet.

(...)

Der Kartellsenat des BGH hat zutreffend entschieden, dass § 4 AVBGasV keine Leitbildfunktion für eine Preisänderungsklausel in einem Sondervertrag zukommt (vgl. BGH, Urt. v. 29.04.2008 - KZR 2/07).



Der BGH sagt nun:

Zitat
BGH Pressemitteilung 153/2009

Nach Auffassung des Senats hält allerdings eine Preisanpassungsklausel, die das im Tarifkundenverhältnis bestehende gesetzliche Preisänderungsrecht nach § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV unverändert in einen Normsonderkundenvertrag übernimmt, also davon nicht zum Nachteil des Kunden abweicht, einer Inhaltskontrolle stand. Den Vorschriften in § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV kommt insoweit eine \"Leitbildfunktion im weiteren Sinne\" auch im Hinblick auf Preisanpassungsklauseln in Normsonderkundenverträgen zu. Der Gesetzgeber des AGB-Gesetzes (§ 23 Abs. 2 Nr. 2 AGBG, jetzt § 310 Abs. 2 Satz 1 BGB) wollte es den Versorgungsunternehmen freistellen, ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen mit Sonderabnehmern entsprechend den Allgemeinen Versorgungsbedingungen auszugestalten, weil Sonderabnehmer, auch wenn sie Verbraucher sind, keines stärkeren Schutzes bedürfen als Tarifabnehmer.


und

Zitat
BGH Pressemitteilung 152/2009
(Der Senat) hat weiter entschieden, dass eine Preisanpassungsklausel, die das im Bereich der Grundversorgung bestehende gesetzliche Preisänderungsrecht nach § 5 Abs. 2 GasGVV unverändert in einen Normsonderkundenvertrag übernimmt, also davon nicht zum Nachteil des Kunden abweicht, einer Inhaltskontrolle standhält. § 5 Abs. 2 GasGVV kommt ebenso wie § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV für Sonderkundenverträge mit Haushaltskunden \"Leitbildfunktion im weiteren Sinne\" zu. Der Gesetzgeber des AGB-Gesetzes (§ 23 Abs. 2 Nr. 2 AGBG, jetzt § 310 Abs. 2 Satz 1 BGB) wollte es den Versorgungsunternehmen freistellen, ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen mit Sonderabnehmern entsprechend den Allgemeinen Versorgungsbedingungen auszugestalten, weil Sonderabnehmer, auch wenn sie Verbraucher sind, keines stärkeren Schutzes bedürfen als Tarifabnehmer.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Opa Ete am 15. Juli 2009, 13:35:21
@Black

Sie sind bestimmt Politiker, die halten sich auch nach der größten  Wahlniederlage immer noch für Gewinner.

Gruß Opa Ete
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 15. Juli 2009, 14:48:44
Zitat
Original von Opa Ete
@Black

Sie sind bestimmt Politiker, die halten sich auch nach der größten  Wahlniederlage immer noch für Gewinner.

Gruß Opa Ete

Was für eine Niederlage?

Einfach mal hier

BGH,  Urt. v. 15.07.2009 VIII ZR 56/08 Unwirksamkeit einer Preisäänderungsklausel Gas (kgu) (http://forum.energienetz.de/thread.php?threadid=11411)

oder

BGH entscheidet für Gaskunden (http://forum.energienetz.de/thread.php?threadid=12248)

lesen.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 15. Juli 2009, 14:57:59
Da hat der Senat offensichtlich obiter dicta contra legem entschieden, weil er ohne gesetzliche Grundlage das Transparenzgebot des § 307 BGB bei Normsonderverträgen für  nicht anwendbar erklärt.

Zugleich verstößt der Senat offensichtlich gegen Denkgesetze, wenn er aus der gesetzlichen Regelung eine Verpflichtung zur Preisabsenkung entnimmt, zugleich jedoch in seinen Entscheidungen vom VIII ZR 36/06 und VIII ZR 138/07 einen vereinbarten Preissockel postuliert, der eine solche Verpflichtung ausschließen soll.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 15. Juli 2009, 15:22:24
Zwischen der Kontrolle des Gesamtpreises inkl. Preissockel wegen einseitiger Festsetzung von Anfang an und der Kontrolle, ob nicht zwischenzeitlich eine Absenkung hätte erfolgen müssen besteht ein Unterschied. Insoweit verstößt der BGH nicht gegen \"Denkgesetze\".
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 15. Juli 2009, 15:29:54
@Black

Von wegen.

Besteht ein Recht und eine Pflicht zur Tarifbestimmung und - änderung, ist der jeweils geltende Tarifpreis nicht das Ergebnis einer Preisvereinbarung mit einzelnen Kunden, sondern das Ergebnis der Ausübung des einseitigen Leistungsbestimmungsrechts des Versorgers, mithin dessen Ermessensentscheidungen, den jeweiligen Tarif zu erhöhen, abzusenken oder aber stabil zu halten. Eine Frage der Logik.

Der Senat missachtet das  gem. § 307 BGB zu beachtende Transparenzgebot, wofür er sich nicht auf § 310 Abs. 2 BGB berufen kann, da sich diese Vorschrift ausdrücklich nicht zu § 307 BGB verhält.

Zitat
BGH, Urt. v. 21.04.2009 - XI ZR 78/08 Tz. 38

Lässt eine Preis- und Zinsänderungsklausel weiter den Kunden darüber im Unklaren, ob und in welchem Umfang das Kreditinstitut zu einer Anpassung berechtigt oder zu seinen Gunsten verpflichtet ist, läuft auch die dem Kunden eingeräumte Möglichkeit einer gerichtlichen Kontrolle weitgehend leer.

Kommt es erst gar nicht zu einer gebotenen Herabsetzung des Preises oder Zinssatzes, versagt sie für gewöhnlich, weil der Kunde mangels hinreichenden Anhalts schon eine solche Verpflichtung des Verwenders zumeist nicht zu erkennen vermag. Erfolgt eine Preis- oder Zinsanpassung zu seinen Ungunsten, fehlt ihm die Beurteilungsgrundlage, ob sich die Anpassung im Rahmen des der Bank zustehenden Gestaltungsspielraumes bewegt oder ein Verfahren nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB mit Erfolg betrieben werden kann (Habersack, WM 2001, 753, 757).

Der weite Spielraum der Billigkeit kann deshalb niemals den Anforderungen genügen, die nach Konkretisierung und Begrenzung an eine Preisänderungsklausel nach § 307 BGB zu stellen sind (vgl. nur BGH NJW 2000, 651; BGH, Urt. v. 13.07.04 - KZR 10/03 unter II.6)
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 15. Juli 2009, 15:52:55
Ich hatte schon vor geraumer Zeit hier geäußert:

Zitat
Original von Black
Ich sehe noch immer kein handfestes Argument gegen den Leitbildgedanken bei Preisanpassungen, denn § 307 BGB verbietet ja nicht ausdrücklich die Einbeziehung der GVV sondern pauschal unangemessene Klauseln. Was im Einzelfall nach § 307 BGB noch zulässig ist, ist im einzelfall gerichtliche Wertungsfrage. Und das OLG Celle hat eine entsprechende Klausel bereits für zulässig (Urteil vom 17.01.2008 - 13 U 152/07 ) gehalten. Letztendlich also nur eine Wertungsfrage.

Und der BGH hat nun im Rahmen des § 307 BGB gewertet, ob eine Gleichbehandlung der Normsonderkunden mit Tarifkunden eine unangemessene Benachteiligung darstellt. Und er hat diese Frage verneint.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: reblaus am 15. Juli 2009, 16:00:40
@RR-E-ft
Ihre Ansprüche an die Formulierung von Preisänderungsklauseln laufen doch nur darauf hinaus, diese unmöglich zu machen. Kurzfristig dienen Sie damit den Interessen der Verbraucher, da bei bestehenden Verträgen mit bestehenden Lieferanten nur durch Kündigung Änderungen vollzogen werden können. Langfristig schadet diese Strategie aber mehr als sie nützt. Unanwendbare gesetzliche Rahmenbedingungen schrecken potentielle Lieferanten ab, auf dem Markt tätig zu werden. Diese Entwicklung erkaufen wir mit Mondpreisen, die sich die etablierten Versorger für ihren erhöhten Aufwand bezahlen lassen.

Hoher Mieterschutz führt zu weniger Wohnungsbau. Übertriebener Kündigungsschutz verhindert Einstellungen im Boom. Wann lernen wir endlich, dass nur ausgewogene Rechte und Pflichten beiden Seiten Nutzen bringen.

Zu den Denkgesetzen gegen die verstoßen werden kann gehört auch, dass man die Denkansätze anderer selbst durchdenken sollte, bevor man ihnen Denkfehler attestiert.

Zitat
Original von black Und der BGH hat nun im Rahmen des § 307 BGB gewertet, ob eine Gleichbehandlung der Normsonderkunden mit Tarifkunden eine unangemessene Benachteiligung darstellt. Und er hat diese Frage verneint.
Ich habe davon gehört, wir hätten eine Verfassung und da stünde ein ähnlicher Quatsch in Art. 3 GG :D
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Opa Ete am 15. Juli 2009, 16:04:34
also dieses Urteil ist ja nun eindeutig ein Sieg für die Verbraucher.
Wenn in den Preisanpassungsklauseln keine Pflicht zur Preissenkung beschrieben ist - und das betrifft sehr viele (oder fast alle) Preisanpassungsklauseln -,
dann sind sie ungültig und der Verbraucher muss die Erhöhungen nicht zahlen. Selbst der deutsche Mieterbund hat dieses Urteil begrüßt!

Gruß Opa Ete
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: reblaus am 15. Juli 2009, 16:08:28
@Opa Ete
Es ist ein Sieg im doppelten Sinne. Zum einen wurde nochmals klargestellt, dass Klauseln zur beliebigen Preisanpassung unwirksam sind. Desweiteren wurden den Gaslieferanten klare Handlungsanweisungen an die Hand gegeben, ihre Verträg zukünftig rechtssicher auszugestalten. Dies wird viele neue Anbieter freuen, die mit günstigen Tarifen den Platzhirschen Marktanteile abjagen werden.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 15. Juli 2009, 16:18:04
@reblaus

Zitat
@RR-E-ft
Ihre Ansprüche an die Formulierung von Preisänderungsklauseln laufen doch nur darauf hinaus, diese unmöglich zu machen. Kurzfristig dienen Sie damit den Interessen der Verbraucher, da bei bestehenden Verträgen mit bestehenden Lieferanten nur durch Kündigung Änderungen vollzogen werden können. Langfristig schadet diese Strategie aber mehr als sie nützt. Unanwendbare gesetzliche Rahmenbedingungen schrecken potentielle Lieferanten ab, auf dem Markt tätig zu werden.

Das stimmt doch nicht. Änderungskündigungen beleben sogar den Wettbewerb, weil die Verbraucher sich anlässlich einer solchen neu auf dem Markt orientieren.

Sehen Sie sich nur die Entscheidungen des BGH NJW 200, 651; Urt. v. 13.07.04 - KZR 10/03 unter II.6; Urt. v. 15.11.2007 - III ZR 247/06 und Urt. v. 21.04.09 - XI ZR 78/08 dazu an, welche Anforderungen für die Wirksamkeit von Preisänderungsklauseln gem. § 307 BGB nach allgemeinem Vertragsrecht zu stellen sind, gerade weil anders keine Ausgewogenheit sprich eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners des Klauselverwenders vorliegt. Insbesondere § 310 Abs. 2 BGB rechtfertigt keine Abweichung hiervon.

BGH, Urt. v. 21.04.2009 - XI ZR 78/08 Tz. 38 schlagen Sie also in den Wind?!


Der Grundsatz lautet, dass beide Vertragspartner gleichermaßen für die Dauer eines Lieferverhältnisses an den bei Abschluss vertraglich vereinbarten Preis gebunden sind, § 433 II BGB. Will ein Energielieferant durch Preisänderungsklauseln in AGB diese Bindung für sich lockern, bedarf es dafür einer transparenten Preisänderungsklausel gem. § 307 BGB. Sonst wird der vertraglich geschuldete Preis für den Kunden vollkommen unkalkulierbar. Folglich kann er auch nicht wissen, ob der abgeschlossene Vertrag für ihn nicht etwa nur für den Augenblick günstig ist bzw. günstig erscheint.  

Man kommt auch ganz ohne Preisänderungsklauseln aus, wenn man zB. Lieferverträge mit vorgegebener Laufzeit abschließt oder der Lieferant sowieso ein Recht zur ordnungsgemäßen Kündigung des Vertrages hat und sich deshalb aus einem für ihn ungünstig werdenden Vertragsverhältnis durch (Änderungs-) Kündigung lösen kann.

Dass die geltenden rechtlichen Regelungen dazu führen könnten, dass weniger Energie angeboten oder nachgefragt wird, halte ich für nicht unbedingt naheliegend.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 15. Juli 2009, 16:22:04
Zitat
Original von Opa Ete
also dieses Urteil ist ja nun eindeutig ein Sieg für die Verbraucher.
(....)
 Selbst der deutsche Mieterbund hat dieses Urteil begrüßt!

Dann sind wir ja ALLE glücklich (außer RR-E-ft scheinbar)
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: nomos am 15. Juli 2009, 16:30:49
Zitat
Original von Black
Dann sind wir ja ALLE glücklich (außer RR-E-ft scheinbar)
BGH, Urt. v. 15.07.2009 VIII ZR 225/07 Abgrenzung Tarifkunde, Unwirksame Klausel (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=58723#post58723)

Also ob da alle Rechtsunsicherheit beseitigt ist? Auch dieses Urteil beseitigt das Chaos nicht. Klare Gesetze sind hier angesagt und kein Richterrecht. Die Poltik ist gefordert. Hier versteckt sich auch ein Wahlprüfstein!  :)

Ein \"Normsondervertrag\", dieses absonderliche Wortgebilde kann nur Juristen einfallen ;), ist also nach diesem BGH-Urteil jetzt ein Stück weniger Sondervertrag. Die in diesen Vertrag einbezogenen Bedingungen, die eigentlich nur für Tarifkunden gelten, halten einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB stand. Müssen also nicht mehr geprüft werden.

Welche laufenden Verfahren da jetzt wohl betroffen sind?

... also weiter mit 315.
Einzelerfolge beim Thema \"Sondervertragsanpassungsklauseln\" wirken ohnehin nicht auf Dauer und bringen nicht die Generallösung für die Verbraucher.

[/list]
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 15. Juli 2009, 16:34:07
Zitat
Original von reblaus

Zitat
Original von black Und der BGH hat nun im Rahmen des § 307 BGB gewertet, ob eine Gleichbehandlung der Normsonderkunden mit Tarifkunden eine unangemessene Benachteiligung darstellt. Und er hat diese Frage verneint.

Ich habe davon gehört, wir hätten eine Verfassung und da stünde ein ähnlicher Quatsch in Art. 3 GG :D

Da haben Sie falsch gehört. In Artikel 3 GG steht, dass vor dem Gesetz alle Menschen gleich sind (Abs. 1). Dass Männer und Frauen gleichberechtigt sind. (Abs. 2) Und das niemand wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden darf (Abs.3)
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 15. Juli 2009, 16:49:17
Es ist vollkommen richtig, dass da wo einen  Energieversorger eine gesetzliche Versorgunpflicht (Grundversorgung) trifft, er gesetzlich zu einer möglichst preisgünstigen leitungsgebundenen Versorgung verpflichtet ist, dafür Allgemeine Preise aufzustellen hat und gesetzlich zur Bestimmung und Änderung dieser Preise gleichermaßen berechtigt und verpflichtet ist, eine gerichtliche Billigkeitskontrolle als Ausübungskontrolle des bestehenden Leistungsbestimmungsrechts gegenüber grundversorgten Kunden stattfindet.

Das obiter dicta des Senats in der heutigen Entscheidung hätte nun zur Folge, dass eine solche gerichtliche Kontrolle auch bei Sonderverträgen außerhalb jeder gesetzlichen Versorgungspflicht zu erfolgen hätte, wenn nur die Preisänderungsklauseln entsprechend ausgestaltet wären. Die Gerichte hätten also auch für solche Sonderverträge zu kontrollieren, ob einseitige Preiserhöhungen erforderlich und angemessen waren und ob eine bestehende Verpflichtung zur Preissenkung jeweils ebenso erfüllt wurde undzwar auch dann, wenn die Parteien gerade kein einseitiges Leistungsbestiommungsrecht gem. § 315 Abs. 1 BGB bei Vertragsabschluss vereinbart hatten, sondern sich auf einen besonderen Preis bei Vertragsabschluss geeinigt hatten.

Dies liefe gerade auch der gesetzlichen Regelung des § 315 BGB zuwider, die eine Billigkeitskontrolle grundsätzlich nur dann zulässt, wenn die Parteien bei Vertragsabschluss vereinbart haben, ein Vertragsteil solle den zu zahlenden Preis erst nach Vertragsabschluss einseitig bestimmen (vgl. BGH Urt. v. 13.06.2007 - VIII ZR 36/06 Tz. 32; Urt. v. 19.11.2008 - VIII ZR 138/07 Tz. 16).

Zitat

BGH, Urt. v. 19.11.2008 (VIII ZR 138/07) Tz. 16

Eine unmittelbare Anwendung von § 315 Abs. 1 und 3 BGB setzt voraus, dass die Parteien vereinbart haben, eine von ihnen solle nach Abschluss des Vertrages die Leistung bestimmen. Daran fehlt es, wenn zwischen den Parteien eine vertragliche Einigung über den Preis zustande gekommen ist.

Zu einer gerichtlichen Billigkeitskontrolle ließe sich deshalb nur dann gelangen, wenn die Auslegung ergibt, dass sich die Parteien bei Vertragsabschluss noch nicht auf einen Preis geeinigt haben, vielmehr ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Lieferanten vereinbart wurde. Das widerum hätte indes eine Billigkeitskontrolle des Gesamtpreises bei solchen Sonderverträgen zur Folge, die für Tarifkunden gerade abgelehnt wurde.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: reblaus am 15. Juli 2009, 17:02:17
@Black
Das sollte ein Witz sein. Wenn man ihn aber erklären muss, war er wohl schlecht.

@RR-E-ft
Zitat
Original von RR-E-ft Die Gerichte hätten also auch für solche Sonderverträge zu kontrollieren, ob einseitige Preiserhöhungen erforderlich und angemessen waren und ob eine bestehende Verpflichtung zur Preissenkung jeweils ebenso erfüllt wurde undzwar auch dann, wenn die Parteien gerade kein einseitiges Leistungsbestiommungsrecht gem. § 315 Abs. 1 BGB bei Vertragsabschluss vereinbart hatten, sondern sich auf einen besonderen Preis bei Vertragsabschluss geeinigt hatten.
Wie kommen Sie denn jetzt darauf? Wenn kein einseitiges Preisänderungsrecht vereinbart wurde, gibt es ein solches auch nicht. Zwangsbeglückung findet nicht statt.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 15. Juli 2009, 17:06:44
@reblaus

Möglicherweise haben sie die praktische Gleichstellung der Normsondervertragskunden mit den Tarifkunden nicht verstanden.

Bei Normsondervertragskunden wäre der Lieferant wie gegenüber Tarifkunden nach den Maßstäben der Billigkeit zur nachträglichen Preisänderung gleichermaßen berechtigt und verpflichtet, was eine entsprechende gerichtliche Kontrolle zur Folge hätte. Der Senat meint, aus § 310 Abs. 2 BGB ergäbe sich dabei eine Gleichbehandlung zwischen Normsonderkunden und Tarifkunden, was eine gerichtliche Billigkeitskontrolle einschließen muss, weil Normsonderkunden ja sonst schlechter gestellt wären als Tarifkunden.

Wurde kein Preisänderungsrecht wirksam vereinbart, sind einseitige Preisänderungen per se unzulässig und unwirksam  findet deshalb auch keine Billigkeitskontrolle statt (BGH KZR 2/07, VIII ZR 274/06, VIII ZR 255/07).
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 15. Juli 2009, 17:26:55
Durch die Gleichstellung von Tarifkunden und (Norm)Sonderkunden wird künftig die Preisüberprüfung fairer.

Bisher war es doch das Ziel der Verbraucheranwälte in Verfahren den betroffenen Kunden möglichst als Sonderkunden darzustellen aber auf keinen Fall als Tarifkunden.

Selbst langjährig grundversorgte Kunden sollten ja nach den neuesten Vorstellungen mit dem Argument Bestabrechnung = Sonderkunde rechtlich aus der Grundversorgung herausgebrochen werden.

Bei Sonderkunden kam es nämlich nicht mehr wirklich darauf an, ob der Versorger Preise kalkulativ zu recht oder unrecht angehoben hatte. Mit dem Argument \"keine wirksame Preisanpassungsklausel\" war es viel erfolgversprechender Preisanpassungen für nichtig zu erklären (egal ob diese wirtschaftlich berechtigt waren oder nicht).

Mit der neuen Rechtsprechung des BGH ist es den EVU nun aber möglich auch in Sonderkundenverträge ein wirksames Preisanpassungsrecht aufzunehmen. Kommt es dann zum Streit mit Kunden greift die Billigkeitskontrolle. Der \"bequeme Weg\" ist damit freilich verbaut.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 15. Juli 2009, 17:36:25
@Black

Ich bin der Meinung, eine intransparente Preisänderungsklausel auch in den AGB eines Energieliefervertrages stellt eine unangemssene Benachteiligung des Kunden dar, ist deshalb nicht fair.

Tatsächlich war es bisher das Ziel der Versorgeranwälte, in Verfahren die betroffenen  Kunden möglichst immer  als Tarifkunden darzustellen, auch wenn Sonderverträge bestanden. Zuletzt hatte sich damit die Berliner Gasag in der mündlichen Verhandlung vor dem BGH am 19.06.2009 hervorgetan.

Das war ja nur eine Äußerung obiter dicta des Senats.
Ich würde nicht darauf bauen.

Es stehen noch die Revisionen gegen die Urteile OLG Bremen, OLG Oldenburg und Kammergericht  zur Entscheidung beim Senat an. Die Entscheidung über die Revision gegen OLG Düsseldorf vom 24.06.2009 könnte beim Kartellsenat des BGH landen.  

Alle Oberlandesgerichte haben in ihren Entscheidungen umfassend das Transparenzgebot gem. § 307 BGB auch bei Einbeziehung von § 4 AVBGasV gewürdigt, womit sich der Senat deshalb wohl auseinandersetzen muss. Ich meine, die obiter dicta- Äußerung des Senats könnte noch nicht zu Ende gedacht gewesen sein, mit der Folge, dass es bei den Entscheidungen, bei denen es wirklich darauf ankommt, der Senat sich doch mit den umfangreichen Argumenten der OLG auseinanderzusetzen haben wird und dabei wohl auch die Entscheidung XI ZR 78/08 vom 21.04.2009 in das Blickfeld geraten kann.

Bei einem vertraglich vereinbarten einseitigen Leistungsbestimmungsrecht gem. § 315 Abs. 1 BGB  - als Voraussetzung einer gerichtlichen Billigkeitskontrolle - soll nach der Rechtsprechung des Senats der Umfang der  gerichtlichen Billigkeitskontrolle anders ausfallen als bei einem gesetzlichen Leistungsbestimmungsrecht. Da gegenüber Normsondervertragskunden unzweifelhaft kein gesetzliches Leistungsbestimmungsrecht besteht, muss es sich um ein vertraglich vereinbartes Leistungsbestimmungsrecht gem. § 315 Abs. 1 BGB handeln, welches die unmittelbare Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB auf die Preise zur Folge hat.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: ben100 am 15. Juli 2009, 18:01:12
Nach Auffassung des BAG-Vizepräsidenten Hans-Jürgen Dörner haben obiter dicta „die Schwäche, zur konkreten Rechtsfindung des Einzelfalls nichts beizutragen, die Leser regelmäßig zu verwirren und häufig späteren Erkenntnissen im Wege zu stehen.“ (Neues aus dem Befristungsrecht[1]). Im günstigsten Fall trägt ein obiter dictum zur Rechtsfortbildung bei. Abgesehen von dem von Dörner beschriebenen „Rechtsverwirrungsmoment“ besteht überdies die Gefahr der Missachtung des Prinzips der Gewaltenteilung. Das Gericht hat nur den jeweiligen Einzelfall, also betreffend den Streitgegenstand, zu entscheiden. Mit per obiter dictum geäußerter Rechtsauffassung greift es über seinen Entscheidungsauftrag hinaus der Gesetzgebungskompetenz der Legislative vor. Das gilt auch für das Bundesverfassungsgericht: Ultima ratio seiner Kompetenz ist die Nichtigkeitserklärung gem § 31 Abs. 2 S. 2 Bundesverfassungsgerichtsgesetz.↑ Hans Jürger Dörner: Neues aus dem Befristungsrecht. In: Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht. Nr. 2, 2007, S. 57/58.

Quelle: Wikipedia
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 15. Juli 2009, 18:15:22
Ich würde mich nicht zu sehr an die Hoffnung der (bedeutungslosen) obiter dicta klammern.

Der BGH hat seine Erklärung  zu eindeutig und unbedingt formuliert um davon wieder abrücken zu können. Noch dazu hat er dies gleich in zwei Entscheidungen parallel getan. Beide Pressemitteilungen enthalten gleichlautende Passagen.

Wenn es \"nur\" ein obiter dicta gewesen wäre, hätte es auch nicht Eingang in die Presseerklärung (zweimal) finden dürfen, die ja nur schwerpunkte der entscheidung wiedergeben soll.

Im übrigen handelt es sich nach meiner Auffassung bei der von Verbrauchern gern zitierten Aussage des Kartellsenates (KZR 2/07) zur Preissenkungsverpflichtung im Tarifkundenbereich auch nur um ein obiter dicta, da der Kartellsenat damals gar nicht über einen Tarifkundenvertrag zu entscheiden hatte, sondern nur im Rahmen einer Sondervertragsprüfung nebenher Vergleiche zur Grundversorgung angestellt hatte. Gleichwohl dient diese Entscheidung als zentrale Säule der Ablehnung des Preissockels, obwohl dieser mehrmals vom Kartellsenat bestätigt wurde.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 15. Juli 2009, 18:16:11
@Black

Der Kartellsenat des BGH hatte festgestellt, dass gegenüber Tarifkunden eine gesetzliche Verpflichtung zur Preissenkung besteht und dass deshalb Preisänderungsklauseln in Sonderverträgen unangemessen benachteiligend sind, wenn sie nur ein Recht zur Preiserhöhung und nicht auch eine Verpflichtung zur Preisabsenkungen enthalten. Das war kein obiter dictum sondern Teil des Begründungsstrangs in der Argumentationskette.

Aus der heutigen PM des BGH:

Zitat
Danach ist die Beklagte zwar berechtigt, nicht aber verpflichtet, zu bestimmten Zeitpunkten eine Preisanpassung nach gleichen Maßstäben unabhängig davon vorzunehmen, in welche Richtung sich die Gasbezugskosten seit Vertragsschluss oder seit der letzten Preisanpassung entwickelt haben.

Ich hatte schon die Entscheidung des Kartellsenats vom 29.04.2008 - KZR 2/07 so verstanden, dass die Zeitpunkte für Preisrevisionen in der Klausel selbst genannt - mithin bestimmt -  sein müssen.

Zitat
Ihr ist damit jedenfalls nicht mit der ein anderes Verständnis ausschließenden Eindeutigkeit zu entnehmen, nach welchen Kriterien die Beklagte den Preisänderungszeitpunkt zu bestimmen hat. Der Einstandspreis des Versorgers ändert sich typischerweise häufiger als sein Abgabepreis. So ändert sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auch der von der Beklagten zu zahlende – an den Preis für leichtes Heizöl in einer bestimmten Referenzperiode gekoppelte – Arbeitspreis quartalsweise jeweils zum ersten Tag des ersten Monats, während die Beklagte den Vertragspreis in den Jahren 2005 und 2006 jeweils zweimal, jedoch zu unterschiedlichen Terminen, angepasst hat. Mangels anderweitiger vertraglicher Vorgaben hat die Beklagte damit die Möglichkeit, den Zeitpunkt zu bestimmen, zu dem sie von dem Preisänderungsrecht Gebrauch macht, und durch die in der Preisanpassungsklausel nicht vorgegebene Wahl des Preisanpassungstermins erhöhten Einstandskosten umgehend, niedrigeren Einstandskosten jedoch nicht oder erst mit zeitlicher Verzögerung durch eine Preisänderung Rechnung zu tragen.

....

Dass die Norm keine Vorgaben zu Zeitpunkt und Inhalt von Preisänderungen nennt, ist jedoch eine unmittelbare Folge des Umstandes, dass Tarifkunden zu den jeweiligen allgemeinen Tarifen und Bedingungen beliefert werden und beliefert werden müssen.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 15. Juli 2009, 18:20:15
Nun, in der jetzigen Entscheidung waren sie wohl für den BGH \"bestimmt\" genug, denn er hat die Klausel nicht am fehlenden \"bestimmten Zeitpunkt\" scheitern lassen, sondern ja gerade zu verstehen gegeben, dass zwar der Zeitpunkt bestimmt ist, aber nicht die zugehörige Verpflichtung (sondern nur die Berechtigung).
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 15. Juli 2009, 18:29:59
@Black

Wohl kaum.

Eine unangemessene Benachteiligung gem. § 307 I 1 BGB liegt schon dann vor, wenn keine spiegelbildliche Verpflichtung zur Preissenkung enthalten ist.

Daran scheiterten die Klauseln schon, ohne dass es noch auf Weiteres ankam.

Die Frage, ob Revisonszeitpunkte in der Klausel bestimmt  (mithin genannt) sein müssen, ist hingegen eine Frage der Transparenz gem. § 307 I 2 BGB.
Mit der Frage der Transparenz brauchte sich der Senat also - wieder einmal -  gar nicht befassen, so dass es auf eine solche Prüfung nicht ankam.

Zitat
Mangels anderweitiger vertraglicher Vorgaben hat die Beklagte damit die Möglichkeit, den Zeitpunkt zu bestimmen, zu dem sie von dem Preisänderungsrecht Gebrauch macht, und durch die in der Preisanpassungsklausel nicht vorgegebene Wahl des Preisanpassungstermins erhöhten Einstandskosten umgehend, niedrigeren Einstandskosten jedoch nicht oder erst mit zeitlicher Verzögerung durch eine Preisänderung Rechnung zu tragen
.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 15. Juli 2009, 18:41:13
Durch die Gleichstellung der Normsonderkunden mit Tarifkunden hat sich dieses Problem erledigt.

Der BGH sagt nun eindeutig, dass die unveränderte Übernahme des gesetzlichen Preisanpassungsrechtes \"einer Inhaltskontrolle stand(hält)\"
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 15. Juli 2009, 18:44:19
@Black

Ich hatte doch gerade aus der heutigen PM des BGH zitiert, die auch von bestimmten Zeitpunkten spricht. Die Frage, ob die Zeitpunkte in der Klausel vorher bestimmt sein müssen, kann sich damit schwerlich erledigt haben. Schließlich wollte der Senat in dieser Frage ja auch nicht von der Entscheidung des Kartellsenats abweichen.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 15. Juli 2009, 19:07:38
Im gesetzlichen Leitbild, der GVV sind keine Zeitpunkte benannt, bzw. Änderungen \"zum Monatsbeginn\" zugelassen.

Der BGH spricht von der Zulässigkeit einer \"unveränderten Übernahme\", das schließt auch die Notwendigkeit weiterer Ergänzungen, abweichend von der gesetzlichen Regelung hinsichtlich des Zeitpunktes aus.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 15. Juli 2009, 19:23:59
@Black

Bisher sehe ich keinen Anhalt dafür, dass der VIII. Senat insoweit von der Entscheidung des Kartellsenats abweichen will, der gerade die Möglichkeit der freien Wahl des Preisrevisionszeitpunktes in Erdgas- Sonderverträgen beanstandete, vgl. oben.

Ich halte mich da weiter an die Entscheidung des OLG Hamm vom 29.05.2009:

Zitat
Denn in Verträgen mit Verbrauchern sind an die Ausgewogenheit und Klarheit einer Änderungsklausel hohe Anforderungen zu stellen. Klauseln, die dem Verwender eine Preiserhöhung nach freiem Belieben gestatten, sind unwirksam. Die Klausel muss Grund und Umfang der Erhöhung konkret festlegen, so dass der Kunde erkennen kann, unter welchen Voraussetzungen sich die Preise ändern und nach welchen Kriterien der neue Preis berechnet wird. Außerdem muss verhindert werden, dass der Verwender nachträglich seinen im vereinbarten Preis enthaltenen Gewinnanteil erhöht und damit das Äquivalenzprinzip verletzt wird (BGH NJW-RR 2005, 1717; BGH, NJW 2007, 1054 = sog. Flüssiggasentscheidungen.).

Dieser Beurteilung lässt sich nicht der nach § 307 Absatz 3 Satz 1 BGB einzubeziehende Rechtsgedanke entgegenhalten, die Preisanpassungsklausel entspreche dem gesetzlichen Leitbild der §§ 4 Absatz 1 und 2 AVBGasV.

Zwar hat die AVBGasV für die Versorgung von Tarifkunden eine „Leitbildfunktion im weiteren Sinne\" und verkörpert eine Wertentscheidung, die der Verordnungsgeber in dem Tarifkundenbereich getroffen hat mit der Folge, dass sie einen gewichtigen Hinweis darauf enthält, was auch im Vertragsverhältnis mit Sonderabnehmern zu beachten ist (BGH, NJW 2009, 321 ff.). Ob deswegen eine entsprechend den Regelungen in §§ 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV gestaltete Preisanpassungsklausel, damit auch eine vertragliche Einbeziehung von § 4 AVBGasV, einer Prüfung gem. § 307 BGB Stand hielte, hat der BGH bisher nicht entschieden (BGH a.a.O., Rz. 21). Die „Leitbildfunktion\" kann jedoch aus Sicht des Senats nur für die Bewertung von Preisanpassungsklauseln von Bedeutung sein, die in Bezug auf Maßstab, Anlass und Umfang einer Preisänderung eine klare und transparente Regelung enthalten. Für die hier entscheidungserhebliche Frage, unter welchen Voraussetzungen, zu welchen Zeitpunkten und in welchem Umfang Preise gegenüber Sonderkunden erhöht werden dürfen oder auch wieder gesenkt werden müssen, gibt das Leitbild keine Antwort.

Obiter dicta sind noch keine Entscheidungen, sondern führen allenfalls in eine obiter dicta- tur.

Wenn der Versorger berechtigt und verpflichtet sein will, nachträgliche Kostenerhöhungen und Kostensenkungen nach gleichen Kriterien weiterzugeben, dann müssen diese Kriterien vorher feststehen und in der Preisänderungsklausel selbst benannt werden, weil sonst nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Kriterien nachträglich eine interne Änderung erfahren. Zudem muss auch der Kunde bei Vertragsabschluss entscheiden, ob er mit der Einbeziehung einer solchen Preisänderungsklausel einverstanden ist, § 305 II BGB. Für diese Entscheidung muss die Klausel klar und verständlich sein.

Die Kriterien können und dürfen sich insbesondere nicht aus der Rechtsprechung des BGH zur Zulässigkeit von Tarifpreisänderungen ergeben.

Denn wenn alle weiteren preisbildenden Kostenfaktoren gleich geblieben waren, die Bezugskosten zum Zeitpunkt X um 100 Einheiten gestiegen  sind, würde nach der Rechtsprechung des Senats eine Tarifpreiserhöhung zum Zeitpunkt X um 10 Einheiten ebenso der Billigkeit entsprechen wie um 90 oder 100 Einheiten.

Faktisch nicht kontrollierbar.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: ben100 am 15. Juli 2009, 20:35:05
Schon interessant wie ihr beiden miteinander kommuniziert *g*

Zu beachten ist aber auch das die  AVBGasV dem Kunden mit übersandt werden. Passiert dies nicht sind sie auch nicht Bestandteil des Vertrages geworden. Dann wirds schwierig für den Versorger.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 15. Juli 2009, 20:39:24
Zitat
Original von RR-E-ft
Denn wenn alle weiteren preisbildenden Kostenfaktoren gleich geblieben waren, die Bezugskosten zum Zeitpunkt X um 100 Einheiten gestiegen  sind, würde nach der Rechtsprechung des Senats eine Tarifpreiserhöhung zum Zeitpunkt X um 10 Einheiten ebenso der Billigkeit entsprechen wie um 90 oder 100 Einheiten.

Faktisch nicht kontrollierbar.

Wenn ohne Kostensparungen in anderen Bereichen die Bezugskosten um 100 Einheiten steigen, dann wäre nach den geltenden Regeln der Billigkeit eine weitergabe von 100 Einheiten zulässig.

Wenn Sie jetzt davon sprechen, dass dadurch auch die Weitergabe von 10 oder 90 Einheiten billig wäre haben sie zwar recht, täuschen damit aber eine Unsicherheit für den Kunden nur vor. Das Ermessen des Versorgers ist ja nach oben hin auf 100 Einheiten begrenzt. Wenn er weniger anpasst würde das nur zum Vorteil des Kunden sein.

Nach ihrer Argumentation scheint es so, als wäre der Sonderkunde mit einer Gleichstellung mit Tarifkunden einer unkontrollierbaren Willkür ausgesetzt. Warum soll die Billigkeitskontrolle des Tarifkunden (die dem Tarifkunden vom Gesetzgeber zugemutet wird)  plötzlich beim Sonderkunden unzumutbar werden. Der Sonderkunde ist nicht schützenswerter als der Tarifkunde. Eher ist es umgekehrt.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 15. Juli 2009, 21:00:38
@Black

Also nochmals:

§ 310 Abs. 2 BGB führt zu keiner Besserstellung der Versorger in Bezug auf § 307 BGB.

Die Benachteiligung des Kunden bei Preisänderungsklauseln besteht darin, dass der AGB- Verwender sich einseitig aus der gem. § 433 II BGB grundsätzlich bindenden Wirkung einer vertraglichen Preisvereinbarung löst oder sich eine solche Lösung vorbehält, was den geschlossenen Vertrag grundsätzlich gegenüber einem Vertrag ohne Preisänderungsklausel entwertet, weil die Kalkulierbarkeit für den Vertragspartner des Klauselverwenders verloren geht.

Deshalb können Preisänderungsklauseln nur hingenommen werden, wenn sie - als Ausgleich - dem Transparenzgebot entsprechen. Denn nur dann bleibt die weitere Entwicklung für den Vertragspartner des Klauselverwenders kalkulierbar.  

Warum die Transparenz- Anforderungen an Preisänderungsklauseln nach § 307 BGB bestehen, bedarf keiner Erörterung mehr. Intransparente Preisänderungsklauseln in AGB benachteiligen den Kunden  unangemessen, st. Rspr.  

Durch instransparente Klauseln wird der Sondervertragskunde einem faktisch nicht kontrollierbaren Leistungsbestimmungsrecht ausgesetzt, das Willkür und nachträgliche Margenerhöhungen nicht sicher auszuschließen vermag. Allein das Verschaffen dieser Möglichkeit durch die Verwendung intransparenter Preisänderungsklauseln stellt die unangemessene Benachteiligung des Kunden dar, st. Rspr.  

Warum das so ist, lesen Sie bitte in BGH, Urt. v. 21.04.2009 - XI ZR 78/08, dort insbesondere in  Tz. 38.

Woher soll der Kunde wissen, in welchem Umfange wann Kostenänderungen wann eintreten, in welchem Umfange Kostenerhöhungen weitergegeben wurden, in welchem Umfange dies zulässig war und in welchem Umfange wann deshalb eine Verpflichtung zu Preissenkungen besteht?!!!

Der Tarifkunde unterwirft sich von Anfang an dem gesetzlichen Tarifbestimmungs- und -änderungsrecht des Versorgers, wobei der Tarif an den Maßstab der Billigkeit gebunden ist. Eine Preisvereinbarung besteht dabei aus genannten Gründen nicht. Der Versorger stuft den Kunden vielmehr in einen der bestehenden Grundversorgungstarife ein. Es besteht ein gesetzliches Leistungsbestimmungsrecht. Im Rahmen der gesetzlichen Versorgungspflicht besteht zudem die gesetzliche Verpflichtung des Versorgers aus §§ 2, 1 EnWG zu einer möglichst preisgünstigen, effizienten leitungsgebundenen Versorgung zu verbraucherfreundlichen Bedingungen.

Im Gegensatz dazu vereinbart der Sondervertragskunde bei Vertragsabschluss mit dem Versorger bewusst und ausdrücklich einen besonderen  Preis. Auf einen solchen vereinbarten Preis findet das Tarifbestimmungs- und -änderungsrecht des Versorgers keine Anwendung.

Es wird vertraglich gerade kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht gem. § 315 Abs. 1 BGB vereinbart, sondern ein besonderer Erdgas- Preis, an den beide Vertragsteile für die Vertragsdauer gem. § 433 II BGB grundsätzlich gleichermaßen gebunden sind, wenn nicht ausnahmsweise eine notwendig transparente Preisänderungsklausel in den Vertrag wirksam einbezogen wurde.

Hätten Lieferant und Kunde bei Vertragsabschluss keinen besonderen Preis sondern ein gerichtlich kontrollierbares einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Lieferanten gem. § 315 Abs. 1 BGB vereinbaren wollen, dann hätten sie dies individulavertraglich tun können, haben sie aber gerade nicht, weil ihr Wille bei Vertragsabschluss ausdrücklich nicht darauf gerichtet war.

Der Versorger bedarf gegenüber einem Sondervertragskunden nicht des einseitigen Tarifbestimmungs- und -änderungsrechts, weil sein Recht zur ordnungsgemäßen Kündigung nicht gem. § 20 Abs. 1 Satz 3 GVV ausgeschlossen ist.

Die Rechte- und Pflichtenlage wie auch die Interessenlagen sind bei einer Belieferung innerhalb einer gesetzlichen Versorgungspflicht deshalb grundverschieden von denen bei einer Belieferung, die dem allgemeinen Vertragsrecht unterliegt, was insbesondere § 307 BGB mit einschließt.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Opa Ete am 16. Juli 2009, 09:08:51
Moin zusammen,

1. die EVUs haben sich die Suppe selbst eingebrockt, indem sie die Verbraucher mit Lockangeboten -sprich Sonderverträgen- geködert haben.

2. Dieses Urteil ist für uns Protestler, die immer schon die Preiserhöhungen
beanstandet haben sehr gut. fast alle Preisanpassungsklauseln sind fehlerhaft, kenne keine wo die Pflicht zur Preissenkung beschrieben wird.

3. @Black hat Recht: die Versorger werden ihre Preisanpassungsklauseln jetzt wasserdicht machen, das macht für Protestler die Argumentation mit den fehlerhaften Preisänderungsklauseln sehr viel schwieriger.
Das betrifft aber nur die Zukunft, keine Verträge mit alten fehlerhaften Klauseln.

4. Ich kann mit einer Klausel leben, in der sich das EVU verpflichtet die Preise in dem Maß zu senken, wie die Einkaufspreise auch sinken, völlig klar Erhöhungen und Absenkungen nur 1:1, und wenn man die Senkung auch vor Gericht überprüfen lassen kann. Bisher sind die EVUs ja wie die Banken verfahren, die Zinserhöhungen der EZB sofort 1:1 weitergegebn haben und Senkungen vielleicht 0,1:1, z.B. müsste zur Zeit  die kwh bei Eon Avacon im Tarif Classic unter 2 cent liegen, wenn man wirklich, wie von der Avacon immer behauptet den Ölpreis als Vergleich heranzieht.

Gruß Opa Ete
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 16. Juli 2009, 13:08:19
Zitat
Original von Opa Ete
4. Ich kann mit einer Klausel leben, in der sich das EVU verpflichtet die Preise in dem Maß zu senken, wie die Einkaufspreise auch sinken, völlig klar Erhöhungen und Absenkungen nur 1:1, und wenn man die Senkung auch vor Gericht überprüfen lassen kann. Bisher sind die EVUs ja wie die Banken verfahren, die Zinserhöhungen der EZB sofort 1:1 weitergegebn haben und Senkungen vielleicht 0,1:1, z.B. müsste zur Zeit  die kwh bei Eon Avacon im Tarif Classic unter 2 cent liegen, wenn man wirklich, wie von der Avacon immer behauptet den Ölpreis als Vergleich heranzieht.


Bei einer solchen Klausel wäre der Versorger nicht verpflichtet, bei gleichbleibenden Bezugskosten etwa gesunkene Netzkosten an die Kunden weiterzugeben. Bei der Grundversorgung besteht indes eine Verpflichtung, gesunkene Kosten über Preissenkungen an die Kunden weiterzugeben.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 16. Juli 2009, 13:20:09
Bei einer Gleichstellung der Normsonderkunden mit dem Tarifkunden ist der Kunde praktisch nicht benachteiligt. Das ein Versorger gestiegene Bezugskosten weitergeben können muss dürfte wohl unstreitig sein. Zusätzliche Gewinne des Versorgers wären auch bei Gleichstellung nicht zulässig.

Wenn nun argumentiert wird, der Nachteil läge im Verstoss gegen § 307 BGB muss dem entgegegngehalten werden, dass der BGH einen solchen Verstoss gerade abgelehnt hat. Der Nachteil also rechtlich nicht besteht.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 16. Juli 2009, 13:41:59
@Black

Es mag sein, dass der Senat tatsächlich  meint, die Klausel müsse, um der Inhaltskontrolle standzuhalten,  für Preiserhöhungen und Preissenkungen all jene Kriterien berücksichtigen und also benennen und beinhalten, die der Senat für die Preisänderungen gegenüber Tarifkunden aufgestellt hat.

Der Kartellsenat des BGH hatte zudem beanstandet, dass die Revisionszeitpunkte nicht in der Klausel festgelegt waren, so dass es dem Versorger überlassen blieb, wann er seine Preise neu kalkulierte, was die Möglichkeit zur nachträglichen Verschiebung des Äquivalenzverhältnisses eröffnet. Solche vorfestgelegten Revisionszeitpunkte gibt es bei Tarifkunden nicht, was der Kartellsenat durch  die gesetzliche Versorgungspflicht als gerechtfertigt ansah.  

Eine Klausel, die die o.g. Kriterien benennt und zudem festgelegte Revisionszeitpunkte beinhaltet, könnte dann wegen der Leitbildfunktion einer Inhaltskontrolle standhalten. Auf dieser Linie liegt ja auch die Entscheidung des OLG Hamm vom 29.05.2009.

Es ist eine crux mit obiter dicta, die immer zur Rechtsverwirrung beitragen und auch sonst bedenklich sind.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 16. Juli 2009, 13:58:53
Zitat
Original von RR-E-ft
Es mag sein, dass der Senat tatsächlich  meint, die Klausel müsse, um der Inhaltskontrolle standzuhalten,  für Preiserhöhungen und Preissenkungen all jene Kriterien berücksichtigen und also benennen und beinhalten, die der Senat für die Preisänderungen gegenüber Tarifkunden aufgestellt hat.

Mag sein. Verschiedene Gerichte scheinen bereits davor dieser Auffassung gewesen zu sein. So zum Beispiel LG Konstanz 31.03.2009, 2 O 409/08 A, Seite 7 Abschnitt d.

Dagegen spricht aber der aktuelle Wortlaut des BGH, der von einer schlichten \"unveränderten Übernahme\" spricht, die eben auch durch eine simple Verweisung zu erreichen ist.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Opa Ete am 16. Juli 2009, 14:00:49
@Black

dass die Versorger gestiegene Bezugskosten weitergeben können müssen, ist doch völlig unbestritten. Nur die Versorger haben die Schraube überdreht, sie haben die Verbraucher übelst ausgenommen. Warum weisen denn alle Versorger in ihren Bilanzen so hohe Gewinne aus und rühmen sich noch damit?

@RR-E-ft
auch für die Netzentgelte gibt es Lösungen: Ich könnte mir z.B. vorstellen,
dass man für die Bereitstellung und Inanspruchnahme des Netztes eine Gebühr bezahlt (an den Netzbetreiber), dieser unterliegt den gleichen Kriterien wie der Versorger und man kann seine Preise überprüfen lassen
oder sie werden von vornherein festgelegt.
Und dann bezahlt man den verbrauchten Strom oder das Gas vom Versorger. Ähnlich ist es doch auch beim Telefon. Sie haben einen Anschluss
für den sie Grundgebühr zahlen und über welchen Provider sie telefonieren und surfen bleibt ihnen überlassen.

Gruß Opa Ete
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 16. Juli 2009, 14:03:57
@Black

Zitat
Dagegen spricht aber der aktuelle Wortlaut des BGH, der von einer schlichten \"unveränderten Übernahme\" spricht, die eben auch durch eine simple Verweisung zu erreichen ist.

Darauf würde ich mich nicht verlassen.

Eine simple Verweisung wäre schon keine Übernahme, allein deshalb weil §§ 4 AVBGasV/ 5 GasGVV weder tatbestandlich noch rechtsfolgenseitig die Änderung eines vereinbarten Erdgas- Sonderpreises regeln. Welchen Tatbestand der BGH dabei vertraglich geregelt sehen will, nämlich die entsprechenden Kriterien, hat er ja wohl deutlich gemacht.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Ronny am 16. Juli 2009, 14:11:58
Zitat
Es mag sein, dass der Senat tatsächlich meint, die Klausel müsse, um der Inhaltskontrolle standzuhalten, für Preiserhöhungen und Preissenkungen all jene Kriterien berücksichtigen und also benennen und beinhalten, die der Senat für die Preisänderungen gegenüber Tarifkunden aufgestellt hat.

Nein, das mag nicht sein! Der BGH schreibt, dass eine Preisanpassungsklausel, die das im Bereich der Grundversorgung bestehende gesetzliche Preisänderungsrecht nach § 5 Abs. 2 GasGVV unverändert in einen Normsonderkundenvertrag übernimmt, also davon nicht zum Nachteil des Kunden abweicht, einer Inhaltskontrolle standhält.

Unverändert übernehmen könnte verschiedene Bedeutungen haben:

- Wiedergabe des § 5 Abs. 2 GasGVV
- Verweis auf § 5 Abs. 2 GasGVV

Aber das Wort unverändert kann denklogisch doch nun wirklich nicht die Bedeutung haben, dass zusätzliche Kriterien eingefügt werden müssen.

Wenn das höchste deutsche Zivilgericht der Auffassung ist, dass der vom Gesetzgeber gewünschten Gleichbehandlung von Grundversorgungs- und anderen Kunden ein höherer Rang beizumessen ist als dem AGB-rechtlichen Transparanzgebot, dann wird Ihnen wohl nichts anderes übrig bleiben, als dies zu akzeptieren.

Zu lamentieren, dass diese Entscheidung in einem obiter dictum gefallen ist, lenkt doch nur ab.


Grüße

Ronny
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 16. Juli 2009, 14:20:19
@Ronny

Grüße.

Aufgrund Ihres Beitrages gehe ich davon aus, dass Sie von Hause aus wohl kein Jurist sind.

Es sind ja nicht zusätzliche Kriterien, sondern gerade jene, die der BGH für Preisanpassungen gegenüber Tarifkunden herausgearbeit hat, wenn man mal von den vorfestgelegten Revisionszeitpunkten absieht.

Das ist doch auch das, was die Versorger wollen und meinen, wenn sie sich auf das Leitbild berufen. Sie müssten ihre Berechtigung und Verpflichtung eben in den Preisänderungsklauseln auch so formulieren.

Die \"unveränderte Übernahme\" (wie sie Ihrem Verständnis entspricht) führt hingegen aus o.g. Gründen ins Leere. Wenn der Versorger in einen Sondervertrag eine Klausel aufnimmt, die regelt dass und wie Allgemeine Preise der Grundversorgung geändert werden können, dann regelt dies eben schon tatbestandlich nicht die nachträgliche Änderung eines vereinbarten Sondervertrags- Preises.

In den AGB bedarf es unter der Überschrift \"Preisänderungen\" einer klaren Beschreibung des Rechts und der Verpflichtung (mithin deren Inhalts), so dass ein durchschnittlicher Verbraucher eindeutig erkennen kann, was gemeint ist. Das entspricht der höchstrichterlichen Rechtsprechung und auch allen bekannten Entscheidungen der Oberlandesgerichte in diesem Zusammenhang.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 16. Juli 2009, 14:56:02
@ RR-E-ft

Der BGH sprach nicht vom \"nachbauen\" der gesetzlichen Regelung durch eigene Klauseln und Formulierungen des Versorgers, sondern von der Übernahme der GVV Regelung.

Hierbei ist zu beachten, dass § 5 der jeweiligen GVV vom Gesetzgeber ausdrücklich als Vertragsbestandteil des Grundversorgungsvertrages deklariert wird. Anders als z.B. ein Ersatzanspruch nach § 823 BGB, der direkt per Gesetz wirkt, hat sich der Gesetzgeber im Bereich der Grundversorgung für einen Umweg entschieden indem er angeordnet hat, welche Regelung Vertragsbestandteil (!) werden müssen.

Wenn § 5 GVV aber Vertragsbestandteil des GV-Vertrages sein kann (muss), kann der identische Wortlaut in den Sonderkundenvertrag als Vertragsbestandteil \"unverändert übernommen\" (Aussage des BGH) werden.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 16. Juli 2009, 15:02:53
@Black


Es ist doch unbestritten, dass die Bestimmungen der GVV Vertragsinhalt eines Grundversorgungsvertrages sind und diesen inhaltlich regeln, § 1 GVV. Etwas anderes regeln sie nicht, was ebenso unbestritten ist.

Sie regeln insbesondere  tatbestandlich und rechtsfolgenseitig nichts in Bezug auf die Parteien, die einen Sonderpreis vertraglich vereinbart haben, weshalb es in Bezug auf die Änderung eines solchen eine tatbestandlich und rechtsfolgenseitig eindeutige Regelung im Vertrag geben muss, deren Inhalt ein durchschnittlicher Verbraucher verstehen kann, ohne daneben noch Rechtsprechung des BGH zu Preisanpassungsrechten und - pflichten gegenüber Tarifkunden oder in der Grundversorgung zu kennen.

Der Inhalt der vertraglichen Rechte und Pflichten des konkreten Vertrages (also derjenigen, die den konkreten Vertrag überhaupt ausmachen)  muss eindeutig im Vertrag selbst geregelt sein. Außerhalb eines Sondervertrages gibt es für Sonderverträge kein dispostives Recht zur Preisänderungen. Die gesetzliche Regel, von der abgewichen wird, ist § 433 BGB. Was ein Preisänderungsrecht und eine Preisänderungspflicht konkret beinhalten sollen, muss also im konkreten Vertrag geregelt sein undzwar so eindeutig, dass ein durchschnittlicher Verbraucher es verstehen kann.

Der BGH spricht nicht von der unveränderten Übernahme des Wortlauts, sondern von der inhaltlich unveränderten Übernahme der Rechte und Pflichten:

Zitat
Er hat weiter entschieden, dass eine Preisanpassungsklausel, die das im Bereich der Grundversorgung bestehende gesetzliche Preisänderungsrecht nach § 5 Abs. 2 GasGVV unverändert in einen Normsonderkundenvertrag übernimmt, also davon nicht zum Nachteil des Kunden abweicht, einer Inhaltskontrolle standhält.

Der Senat ist jedoch anders als das Berufungsgericht der Auffassung, dass die beanstandete Preisanpassungsregelung der Beklagten – jedenfalls bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung - § 5 Abs. 2 GasGVV inhaltlich nicht in vollem Umfang entspricht und deshalb gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam ist. Denn die Klausel enthält - anders als § 5 Abs. 2 GasGVV in seinem unmittelbaren Anwendungsbereich – nur ein Preisanpassungsrecht der Beklagten und nicht zugleich auch die Verpflichtung, gefallenen Gasbezugskosten nach gleichen Maßstäben wie gestiegenen Kosten Rechnung zu tragen.

Wenn es um die Frage geht, ob eine Klausel der Inhaltskontrolle standhält, dann geht es darum, wie die Rechte und Pflichten in einer zu kontrollierenden Klausel inhaltlich ausgestaltet sind.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: tangocharly am 16. Juli 2009, 15:20:25
......mein Gott, was für ein Sturm im Wasserglas.

Die Medien bejubeln derweil schon den Sieg für die Gaskunden.
Und alle wissen genau, was der BGH wollte, meinte und sonst abgesondert hat.

Ich würde mir erst mal die Urteilsgründe anschauen, bevor sich irgendwer irgendwelche falschen Schuhe anzieht (auch eine Pressemitteilung ist nur ein opus, was noch lange nicht heißt, dass der VIII. Senat an den Inhalt der PM gebunden wäre).
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Ronny am 16. Juli 2009, 15:32:02
@ tangocharly

Wenn sie sich die Presseerklärungen des Bundesgerichtshofes ansehen, dann werden sie feststellen, dass da nie die geringsten Abweichungen zum Urteilstext zu finden sind.

Glauben Sie allen Ernstes, dass die Pressestelle den Text nicht mit dem 8. Senat abgestimmt hat?
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 16. Juli 2009, 15:35:54
@Ronny

Vielleicht haben Sie noch eine Erinnerung daran, was die Versorger  - und auch Gerichte -  der Pressemitteilung zur Senatsentscheidung vom 19.11.2008 - VIII ZR 138/07 entnommen hatten, und dass die später veröffentlichte Urteilsbegründung dann doch inhaltlich etwas anders ausfiel. Glaubensfragen brauchen wir hier ja nicht diskutieren. Oder glauben Sie ernsthaft, dass eine Diskussion über den rechten Glauben zielführend sei? ;)
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Ronny am 16. Juli 2009, 16:19:50
Aber Herr Fricke, es geht doch nicht darum, wie das Urteil interpretiert wurde, sondern ob Abweichungen zwischen PE und Urteilsbegründung auftreten. Und das war auch dort nicht der Fall.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 16. Juli 2009, 16:32:37
@Ronny

Wenn Sie meinen, die PM ließ seinerzeit Interpretationen in Bezug auf den Inhalt der später im Wortlaut veröffentlichte Entscheidung zu, dann ist das auch jetzt nicht anders. Der Wortlaut einer PM weicht immer vom Wortlaut der Entscheidung ab, was schon daraus folgt, dass der Inhalt der Entscheidung in einer PM  nur verkürzt wiedergegeben wird.

Zitat
Wenn sie sich die Presseerklärungen des Bundesgerichtshofes ansehen, dann werden sie feststellen, dass da nie die geringsten Abweichungen zum Urteilstext zu finden sind.

Von wegen. Nie war eine Presseerklärung mit einem Urteilstext deckungsgleich. ;)

Nochmals zur Sache. (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=58792#post58792)

Der Inhalt der gesetzlichen Rechte ergibt sich nicht aus dem Gesetzeswortlaut, sondern aus der dazu bisher ergangenen Rechtsprechung des BGH.

Oder wussten Sie schon immer, dass die gesetzliche Regelung des § 4 AVBV eine  Verpflichtung zur nachträglichen Preisabsenkung enthält, dies auch bei § 5 GVV der Fall ist?
Und wenn Sie es schon immer wussten:
Haben Sie die Verpflichtung auch immer erfüllt?!
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: nomos am 16. Juli 2009, 16:54:35
Zitat
Original von RR-E-ft
Der Inhalt der gesetzlichen Rechte ergibt sich nicht aus dem Gesetzeswortlaut, sondern aus der dazu bisher ergangenen Rechtsprechung des BGH.
BGH-PM zur Widerrufsbelehrung (http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=3&nr=39473&linked=pm&Blank=1)

Zitat
Die Widerrufsbelehrung muss, wenn sie nicht genau einem gesetzlichen Muster entspricht (Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV), den Anforderungen genügen, die das Gesetz an verschiedenen Stellen formuliert. Allgemein erfordert der Schutz des Verbrauchers eine möglichst umfassende, unmissverständliche und aus dem Verständnis des Verbrauchers eindeutige Belehrung.

Na, da hält man sich doch als Versorger bzw. Unternehmen an das Muster um weiteren Spekulationen vorzubeugen. Was wird das Urteil denn bewirken, man hält sich ebenso wie hier künftig an das \"Muster\"![/list]
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 16. Juli 2009, 17:01:41
@nomos

Aus dem Gesetzeswortlaut des § 4 AVBV selbst ergibt sich keine Verpflichtung zur nachträglichen Preisabsenkung. Gleichwohl besteht nach der Rechtsprechung des BGH eine gesetzliche Verpflichtung hierzu, weil der einseitig bestimmte Allgemeine Tarif gesetzlich an den Maßstab der Billigkeit gebunden ist, was sich dem Wortlaut des § 4 AVBV selbst auch nicht entnehmen lässt.  

Aus dem Gestzeswortlaut des § 4 AVBV selbst ergibt sich auch keine Begrenzung des Rechts zur Preiserhöhung auf den Umfang eines tatsächlich nachträglich bzw. zwischenzeitlich eingetretenen Kostenanstiegs. Gleichwohl besteht nach der Rechtsprechung des BGH eine solche Begrenzung, weil der einseitig bestimmte Allgemeine Tarif gesetzlich an den Maßstab der Billigkeit gebunden ist, was sich aus dem Wortlaut des § 4 AVBV selbst auch nicht entnehmen lässt.

Der Inhalt des gesetzlichen Preisänderungsrechts ergibt sich deshalb nicht aus aus dem Gesetzeswortlaut selbst.

Ein vertraglich vereinbarter Preis ist hingegen nicht gesetzlich an den Maßstab der Billigkeit gebunden.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 16. Juli 2009, 17:05:52
Es ist sehr amsüsant festzustellen, dass hier die gleichen Personen, die zuvor seitenlang Stein auf Bein geschworden hatten eine Übernahme des Leitbildes in Sonderkundenverträge sei in jedem Fall unzulässig - und die nun feststellen mußten, dass der BGH in einer Doppelentscheidung ausdrücklich das Gegenteil verkündet hat - sich nun als Erste (und im Fall anderer Meinungen auch wie immer Einzige)  berufen fühlen die Deutungshoheit übernehmen zu können, was der BGH \"wirklich gemeint hat\".
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 16. Juli 2009, 17:23:53
@Black

Gewiss gehören Sie zu jenen, die den Inhalt des gesetzlichen Preisänderungsrechts  bereits vor den entsprechenden Entscheidungen des BGH kannten, weil Sie  diesbezüglich aufgrund einer fundierten Ausbildung  nicht am Wortlaut der gesetzlichen Regelung klebten.

Möglicherweise wussten Sie deshalb auch schon immer, welchen Inhalt eine Preisänderungsklausel haben muss, um dem Inhalt des gesetzlichen Preisänderungsrechts vollinhaltlich zu entsprechen, um ggf. einem etwaigen Leitbild Rechnung zu tragen.

Nur gesagt haben Sie es wohl keinem. ;)
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: nomos am 16. Juli 2009, 17:31:27
@RR-E-ft, wir haben doch jetzt aber noch den § 315 BGB. Sie schreiben selbst, dass der Versorger an den Maßstab der Billigkeit gebunden ist. Das ist doch dann auch beim hier diskutierten Normsondervertrag  der Fall. Wir haben doch die gesetzliche Regelung im 315 BGB?

Das gibt Arbeit für die Gerichte!? Ich Frage mich bei dem ganzen Chaos immer noch, wo bleibt die Politik, der Gesetzgeber mit eindeutigen zweifelsfreien Regelungen? Die Energieversorgung der Menschen ist doch kein unbedeutendes Randthema!
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 16. Juli 2009, 17:31:42
Zitat
Original von RR-E-ft
@Black

Gewiss gehören Sie zu jenen, die den Inhalt des gesetzlichen Preisänderungsrechts  bereits vor den entsprechenden Entscheidungen des BGH kannten, weil Sie  diesbezüglich nicht am Wortlaut der gesetzlichen Regelung klebten.

Ich gehöre zu denen, die bereits vor den aktuellen BGH Entscheidungen eine Übertragung des gesetzlichen Anpassungsrechtes für zulässig gehalten haben.

Ich gehöre gleichfalls zu denen, die eine Übertragung der BGH Rechtsprechung zur widerspruchslosen Hinnahme von Tarifpreisanpassungen auf Sonderverträge befürwortet haben.

Und ich gehöre derzeit zu denjenigen, die eine Tarifumstrukturierung bei Verlustgeschäften für zulässig halten.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: nomos am 16. Juli 2009, 17:37:52
Zitat
Original von Black
Und ich gehöre derzeit zu denjenigen, die eine Tarifumstrukturierung bei Verlustgeschäften für zulässig halten.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 16. Juli 2009, 17:40:54
Zitat
Original von nomos
@RR-E-ft, wir haben doch jetzt aber noch den § 315 BGB. Sie schreiben selbst, dass der Versorger an den Maßstab der Billigkeit gebunden ist. Das ist doch dann auch beim hier diskutierten Normsondervertrag  der Fall. Wir haben doch die gesetzliche Regelung im 315 BGB?

RR-E-ft scheint nicht mehr so Recht an den erfolg des § 315 BGB zu glauben. Das mag daran liegen, dass bei einem solchen Verfahren ein hohes Kostenrisiko besteht (teure Sachverständigengutachten), während man bisher als Sonderkunde nur behaupten mußte die Preisklausel sei irgendwie nichtig.

Die Zeiten sind dann bald vorbei. Derzeit möchte noch jeder Kunde gerne Sonderkunde gewesen sein. Und wenn er als Nachweis dafür lediglich einen Sonderschulabschluss vorlegen könnte.  :D
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 16. Juli 2009, 17:43:01
@nomos

Zitat
Original von RR-E-ft
@nomos

Der Inhalt des gesetzlichen Preisänderungsrechts ergibt sich deshalb nicht aus aus dem Gesetzeswortlaut selbst.

Ein vertraglich vereinbarter Preis ist hingegen nicht gesetzlich an den Maßstab der Billigkeit gebunden.

@Black

Ich bin sehr dafür, § 315 BGB dort unmittelbar anzuwenden, wo die Voraussetzungen für eine unmittelbare Anwendung vorliegen:

a)
gesetzliches Leistungsbestimmungsrecht im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB (Tarifkunden/ Grundversorgung)

b)
vertraglich vereinbartes Leistungsbestimmungsrecht gem. § 315 Abs. 1 BGB, führt zur Gesamtpreiskontrolle (VIII ZR 138/07 Tz. 16)

Da sind wir uns wohl einig.

Ich würde a) und b) bekanntermaßen gleichbehandeln wollen undzwar wie b).

Da sind wir uns nicht einig.

Bei Sonderverträgen  geht es hingegen zunächst um die Fragen der wirksamen Einbeziehung gem. Art. 229 § 5 EGBGB iVm. § 305 II BGB und um der Inhaltskontrolle gem. §§ 307 ff. BGB von Preisänderungsklauseln.

Da sind wir uns wohl einig.

Ich entnehme der Entscheidung vom 19.11.2008 (VIII ZR 138/07 Tz. 16), dass bei Sonderverträgen die Voraussetzungen für eine unmittelbare Anwendung des § 315 BGB wohl nur in Ausnahmefällen vorliegen können.

Da sind wir uns wohl einig.

Möglicherweise stellen Sie sich insoweit eine entsprechende Anwendung des § 315 BGB vor, wofür wohl zunächst zu prüfen wäre, ob die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung der Norm überhaupt vorliegen. Zu letzterer Frage gibt es ja Literatur en masse. (Schade um den Regenwald.)

Im Ernst:

Wenn die Klausel einer Inhaltskontrolle standhält, dann muss man das Recht zur  vorgenommenen Preisänderung oder die Verpflichtung, eine unterlassene Preisänderung vorzunehmen, anhand der Klausel selbst (gerichtlich) kontrollieren.

Eine Klausel, die der gesetzlichen Regelung inhaltlich entspricht (vgl. BGH VIII ZR 36/06, KZR 2/07, VIII ZR 138/07), könnte etwa lauten:

Zitat
Der Lieferant ist zu folgenden Terminen berechtigt den Preis im Umfange eines seit dem vorhergehenden Termin zwischenzeitlich eingetretenen Bezugskostenanstiegs zu erhöhen, soweit dieser zur Anpassung an die Marktverhältnisse im Vorlieferantenverhältnis notwendig war und nicht durch rückläufige Kosten bei anderen preisbildenden Kostenfaktoren des Preissockels ausgeglichen werden konnte. Dabei gelten die Formalien des § 5 Abs. 2 und 3 GVV entsprechend. Der Lieferant ist zu den gleichen Terminen verpflichtet, zwischenzeitlich eingetretenen Kostensenkungen bei preisbildenden Kostenfaktoren des gesamten Preissockels  nach gleichen Maßstäben durch eine Preissenkung Rechnung zu tragen.
 

Wenn die Klausel darüber hinaus auch noch die preisbildenden Kostenfaktoren des bei Vertragsabschluss vereinbarten Preises und deren Gewichtung (Anteil) an diesem Preis  benennt, werden wohl nur wenige noch etwas auszusetzen haben.

Die Voraussetzungen für eine Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB \"im Zweifel\" liegen dann nicht vor, weil die Klausel selbst das Preisänderungsrecht und die Preisänderungspflicht inhaltlich konkreter  regelt.

Hält also eine Klausel der Inhaltskontrolle stand, so erfolgt die Kontrolle anhand der tatbestands- und rechtsfolgenseitigen Bestimmungen der vertraglichen Klausel selbst und nicht mehr am Maßstab der Billigkeit gem. § 315 BGB.

Dogmatisch sauber. Oder wollen Sie jetzt wieder der entsprechenden Anwendung des § 315 BGB das Wort reden?!

Nach alldem gelangen wir bei Sondervertragskunden nicht zur Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB, weil die Voraussetzungen dafür schon nicht vorliegen, es sei denn, es handelt sich um den Fall, der in VIII ZR 138/07 Tz. 16 im ersten Satz beschrieben ist.

Zitat
BGH, Urt. v. 19.11.2008 - VIII ZR 138/07 Tz. 16

Eine unmittelbare Anwendung von § 315 Abs. 1 und 3 BGB setzt voraus, dass die Parteien vereinbart haben, eine von ihnen solle nach Abschluss des Vertrages die Leistung bestimmen.
Daran fehlt es, wenn zwischen den Parteien eine vertragliche Einigung über den Preis zustande gekommen ist.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 16. Juli 2009, 17:57:31
Zitat
Original von nomos
@Black, wenn der Obsthändler zuviel und/oder zu teuere Bananen  eingekauft hat, kann er das nicht über den Preis regeln. Die Bananen werden eher billiger und nicht teuerer. So funktioniert Marktwirtschaft?

Ach wirklich?

Zitat
Original von Focus zur Euroeinführung 2002
Obst und Gemüse sind für viele Deutsche zurzeit ohnehin ein Reizthema. Ein Kilo Braeburn-Äpfel für 3,50 Euro, eine Clementine für einen Euro, das Kilo Strauchtomaten für 15 Euro? 100 Gramm Rucola zu 5,80 Euro? Selbst Händler geraten da ins Grübeln: „Die Preise sind ganz schön happig“, gibt die Kölner Marktfrau Iris Krohnen zu. Zucchini, Brokkoli oder Eissalat kosteten nach Angaben der Zentrale Markt- und Preisberichtstelle (ZMP) im Januar zum Teil mehr als doppelt so viel wie ein Jahr zuvor. Ursache, so versichern Produzenten, Lieferanten und Händler seit Wochen unisono, sei das schlechte Wetter in Südeuropa. Von dort komme im Winter schließlich das meiste Obst und Gemüse.

http://www.focus.de/finanzen/news/euro-teuer-bezahlt_aid_206517.html
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: nomos am 16. Juli 2009, 18:00:24
Zitat
Original von RR-E-ft
@nomos

Zitat
Original von RR-E-ft
@nomos

Der Inhalt des gesetzlichen Preisänderungsrechts ergibt sich deshalb nicht aus aus dem Gesetzeswortlaut selbst.

Ein vertraglich vereinbarter Preis ist hingegen nicht gesetzlich an den Maßstab der Billigkeit gebunden.

Zitat
Original von Black
Ach wirklich?
BILD (http://www.bild.de/BILD/ratgeber/geld-karriere/2009/07/07/billig-salat/wer-verdient-an-neun-cent.html)ung   ;)[/list]
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 16. Juli 2009, 18:16:52
@nomos

Da haben Sie etwas falsch verstanden. Der Sondervertrag zeichnet sich gerade dadurch aus, dass bei Vertragsabschluss ein Sonderpreis vertraglich vereinbart wurde und sich dann die Frage stellt, ob in dem Vertrag darüber hinaus ein wirksames Recht vereinbart wurde, diesen vereinbarten Sonderpreis  nachträglich einseitig abzuändern (wirksame Preisänderungsklausel?).

Sonderverträge unterliegen dem Allgemeinen Vertragsrecht. Eine gesetzliche Versorgungspflicht besteht dabei ebenso wenig wie eine gesetzliche Bindung des Tarifs an den Maßstab der Billigkeit.

Zitat
Anders als das Berufungsgericht angenommen hat, war die Beklagte nicht unmittelbar nach der - im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Preiserhöhungen noch geltenden - Vorschrift des § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV zur Preisänderung berechtigt, weil es sich bei dem Kläger nicht um einen Tarifkunden im Sinne von § 1 Abs. 2 AVBGasV handelt. Der Senat hat entschieden, dass es für die Unterscheidung zwischen Tarifkundenverträgen im Sinne von § 10 Abs. 1 EnWG 1998, § 1 Abs. 1 AVBGasV (jetzt Grundversorgungsverträgen im Sinne von § 36 Abs. 1 EnWG 2005) und Normsonderkundenverträgen mit Haushaltskunden darauf ankommt, ob das Versorgungsunternehmen – aus der Sicht eines durchschnittlichen Abnehmers – die Versorgung zu öffentlich bekannt gemachten Bedingungen und Preisen im Rahmen einer Versorgungspflicht nach den genannten Vorschriften anbietet oder ob das Angebot unabhängig davon im Rahmen der allgemeinen Vertragsfreiheit erfolgt. Aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten ergibt sich eindeutig, dass der Vertrag mit dem Kläger danach als Sonderkundenvertrag einzustufen ist. Eine einseitige Preisänderung durch die Beklagte hätte deshalb nur auf der Grundlage einer wirksamen Preisanpassungsklausel erfolgen können.

Die Voraussetzung für eine unmittelbare Anwendung des § 315 BGB liegen bei einem Sondervertrag nicht vor.

Zitat
BGH, Urt. v. 19.11.2008 - VIII ZR 138/07 Tz. 16

Eine unmittelbare Anwendung von § 315 Abs. 1 und 3 BGB setzt voraus, dass die Parteien vereinbart haben, eine von ihnen solle nach Abschluss des Vertrages die Leistung bestimmen.
Daran fehlt es, wenn zwischen den Parteien eine vertragliche Einigung über den Preis zustande gekommen ist.

Das hat auch nichts mit der Politik zu tun.

Lesen Sie ggf. noch einmal in Ruhe. (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=58808#post58808)

Eine Preisanpassungsklausel in einem Energielieferungsvertrag, die dem gesetzlichen Preisänderungsrecht nach den Vorgaben der Rechtsprechung des BGH inhaltlich entspricht und deshalb einer Inhaltskontrolle stand halten könnte, habe ich bisher noch nicht gesehen.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 16. Juli 2009, 21:45:50
@Black

Der Senat meint, dass eine Preisanpassungsklausel, die inhaltlich dem gesetzlichen Preisänderungsrecht gegenüber Haushaltskunden entspricht der Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB stand hält. Eine Klausel, die zu Lasten des Kunden vom gesetzlichen Preisänderungsrecht inhaltlich abweicht, soll hingegen unwirksam sein.

Dann stellt sich natürlich zugleich die Frage, ob eine automatische Preisgleitklausel HEL in Sonderverträgen mit Haushaltskunden nicht auch gegen das Leitbild verstößt. Schließlich ergibt sich dabei der vom Kunden zu zahlende Gaspreis völlig unabhängig von der tatsächlichen Kostenentwicklung des Gasversorgungsunternehmens, was vom gesetzlichen Preisänderungsrecht mithin abweicht.

Das OLG Frankfurt hat bereits zwei mal solche HEL- Klauseln gegenüber Haushaltskunden (Verbrauchern) für unwirksam erklärt.

Welche Auffassung vertreten Sie denn derzeit dazu und warum?

Natürlich interessiert mich auch, wie Ronny ggf. darüber denkt.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Ronny am 17. Juli 2009, 07:43:55
@ Herrn Fricke

Ich bin über Ihre gedankenlesererischen Fähigkeiten sehr beeindruckt, wenn Sie meinen zu wissen, was der 8. Senat eigentlich sagen wollte. (Zumal Sie mir noch so einen gelehrten Vortrag über Glaubensfragen gehalten haben.)

Nochmal zu Wiederholung und Klarstellung: Die Aussage des BGH lautet wie folgt:

Zitat
Er hat weiter entschieden, dass eine Preisanpassungsklausel, die das im Bereich der Grundversorgung bestehende gesetzliche Preisänderungsrecht nach § 5 Abs. 2 GasGVV unverändert in einen Normsonderkundenvertrag übernimmt, also davon nicht zum Nachteil des Kunden abweicht, einer Inhaltskontrolle standhält.
Sie meinen:
Zitat
Der Senat meint, dass eine Preisanpassungsklausel, die inhaltlich dem gesetzlichen Preisänderungsrecht gegenüber Haushaltskunden entspricht der Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB stand hält.
Unverändert übernehmen ist nun einmal nicht inhaltlich entsprechen.

Da hilft der ausgefeilteste Sophismus nichts.

Und kommen Sie bitte nicht wieder mit dem Transparenzgebot des § 307 BGB. Der BGh hat nuneinmal entschieden, dass eine Klausel, die § 5 Abs. 2 GasGVV unverändert übernimmt, der Inhaltskontrolle standhält.


Der Ausflug in die automatischen Preisgleitklauseln ist am Thema vorbei, denn bei einer automatischen Preisgleitklausel handelt es sich ja gerade nicht um ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht, weil der Versorger den Preis ja nicht einseitig bestimmt, sondern der Preis nach mathematischen Regeln gebildet wird.

Abwegig finde ich auch Ihre Ausführungen, wonach § 315 BGB bei \"Normsonderkungenverträgen\" nicht Anwendung finden soll.

Wenn ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht in den AGB wirksam verankert wurde, in dem man den Wortlaut des § 5 Abs. 2 GasVV übernommen hat, dann gilt selbstverständlich § 315 BGB, und dem Kunden steht für die Änderungen des Preises (so die höchstrichterliche Rechtsprechung, gegen die Sie sich stemmen können, soviel sie wollen) die Billigkeitseinrede zu.

Aus der Aussage des BGH
Zitat
BGH, Urt. v. 19.11.2008 - VIII ZR 138/07 Tz. 16

Eine unmittelbare Anwendung von § 315 Abs. 1 und 3 BGB setzt voraus, dass die Parteien vereinbart haben, eine von ihnen solle nach Abschluss des Vertrages die Leistung bestimmen. Daran fehlt es, wenn zwischen den Parteien eine vertragliche Einigung über den Preis zustande gekommen ist.

ableiten zu wollen, dass § 315 generell in Normsonderkundenverträgen ausgeschlossen sein soll, ist an der Grenze der Unseriösität. Das Zitat ist doch vollkommen aus dem Zusammanhang gerissen. Die Rechtsprechung des BGH zielt klar darauf ab, dass Anfangspreise und Preise, denen der Kunde durch vorbehaltlose Bezahlung zugestimmt hat, nicht einseitig bestimmt sind. Sofern beides nicht der Fall ist, handelt es sich um eine einseitige Leistungsbestimmung. Die Änderung des Preises ist auf seine Billigkeit überprüfbar.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Opa Ete am 17. Juli 2009, 09:29:16
Moin zusammen,

bei der ganzen Diskussion hier wird immer eines ausser acht gelassen:
Was wollte der Gestzgeber damals eigentlich? Wollte er, dass die Verbraucher ausgeplündert werden und die Versorger immer reicher werden oder wollte er nur die Versorgung mit Energie in private Hand geben, mit der Vorgabe, dass die Versorger den Verbraucher so günstig wie möglich versorgen? Man sollte mal wieder die ganze Diskussion versachlichen und zum Ursprungsgedanken zurück kommen und hier nicht immer nur auf §§ rum reiten!

Noch ein anderer Punkt, der hier kaum beachtet wird: Was sind eigentlich Verbraucher, die nie einen Vertrag unterschrieben haben (davon gibt es eine ganze Menge), die dann in ihrer Jahresendabrechnung sehen, dass sie zu Sonderkonditionen Tarif XY abgerechnet werden. Muss ich, um Sondervertragskunde zu sein, einen Vertag unterschrieben haben?
Da lässt sich trefflich streiten.

Gruß Opa Ete
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 17. Juli 2009, 09:58:02
@Opa Ete

Der Gesetzgeber wollte nur die Versorgung innerhalb der gesetzlichen Versorgungspflicht zu Allgemeinen Tarifen (nach BTOGas: Kleinverbrauchstarif K und Grundpreistarif G) regeln, überließ hingegen die Sonderverträge bewusst der allgemeinen Vertragsfreiheit und dem Allgemeinen Vertragsrecht.

Erfolgt eine Belieferung zu einem gegenüber dem als solchen veröffentlichten  Allgemeinen Tarif  bzw. Allgemeinen Preis der Grundversorgung günstigeren Sondertarif auf vertraglicher Grundlage, so handelt es sich um eine Belieferung außerhalb der gesetzlichen Versorgungspflicht, mithin um einen Sondervertrag.

Entsprechendes gilt, wenn eine längere, feste Vertragslaufzeit vereinbart wurde, was zum Nachteil des Kunden von den gesetzlichen Bestimmungen für Tarifkunden/ Grundversorgung abweicht, da in der Grundversorgung  der Vertrag jeweils mit einer Frist von einem Monat auf das Ende eines Monats gekündigt werden kann.

Ein solcher Sondervertrag musste nicht schriftlich abgeschlossen worden sein. Nur für Tarifkundenverträge war geregelt, dass diese schriftlich abgeschlossen werden sollen, wobei sie auch auf andere Weise zustande kommen konnten (§ 2 Abs. 2 AVBV/ GVV).

Erstmals mit § 41 EnWG 2005 besteht für Sonderverträge mit Haushaltskunden im Sinne von § 3 Nr. 22 EnWG eine gesetzliche Regelung, die jedoch den Vertragsinhalt nicht vorgibt.  Insbesondere gelten dafür die Bestimmungen der Grundversorgungsverordnung nicht, § 1 GVV.

Für Sonderverträge mit Nicht- Haushaltskunden besteht gar keine gesetzliche Regelung.

Bei Sonderverträgen besteht weder eine gesetzliche Versorgungspflicht, noch ist der Tarif gesetzlich an den Maßstab der Billigkeit gebunden.

@Ronny

Ich meine, meine Argumente vorgetragen zu haben.

Möglicherweise kann Black einen Beitrag dazu leisten, den Unterschied zwischen der Inhaltskontrolle einer Preisanpassungsklausel gem. § 307 BGB und deren Folgen sowie der gerichtlichen Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB noch besser zu verdeutlichen.
 
Wenn eine Preisanpassungsklausel den Inhalt des Preisanpassungsrechts nicht eindeutig und für den durchschnittlichen Verbraucher verständlich ausgestaltet, hält sie einer Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB nicht stand. der Umfang und Inhalt des Preisanspassungsrechts darf also nicht zweifelhaft, sondern muss eindeutig geregelt sein.

Wenn die Preisanpassungsklausel aber das vertragliche Preisanpassungsrecht inhaltlich ausgestaltet, besteht kein \"Zweifel\" über den Umfang/ Inhalt  des einseitigen Leistungsbestimmungsrechts, der eine einseitige Leistungsbetimmung \"nach billigem Ermessen\" zulässt (§ 315 Abs. 1 BGB).
 

§ 315 BGB findet unzweifelhaft auch keine direkte Anwendung, wenn sich die Parteien bei Abschluss des Vertrages auf einen Preis geeinigt haben.

Es gibt für Sonderverträge unzweifelhaft auch kein gesetzliches Leistungsbestimmungsrecht, dass zur direkten Anwendung des § 315 BGB führen könnte.

§ 315 BGB ist deshalb auf Sonderverträge nicht direkt anwendbar.

In Betracht käme allenfalls eine entsprechende (analoge) Anwendung, wofür jedoch die Voraussetzungen schon nicht vorliegen. Der BGH hat die entsprechende (analoge) Anwendung des § 315 BGB bekanntlich mehrfach ausdrücklich abgelehnt, selbst bei einer Monopolstellung.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Opa Ete am 17. Juli 2009, 10:40:36
@RR-E-ft

was ist denn für sie \"ein Sondertarif auf vertraglicher Grundlage\" und was sind \"Sonderverträge für Nichtkunden\". Wie definieren sie \"vertragliche Grundlage\" und \"Nichtkunde\"? Wenn ich sie richtig verstanden habe, behaupten sie, dass man schon Sondervertragskunde ist, wenn man weder mündlich noch schriftlich etwas vereinbart hat und man wird zu anderen Konditionen als die der Grundversorgeung beliefert.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 17. Juli 2009, 11:09:03
@Opa Ete

Jeder Vertragsabschluss setzt - abgesehen von einem konkludenten Vertragsabschluss mit Tarifkunden/ grundversorgten Kunden gem. § 2 Abs. 2 AVBV/ GVV - grundsätzlicheine Einigung durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen (Angebot und Annahme) voraus, so auch ein Sondervertrag.

Die notwendigen übereinstimmenden Willenserklärungen können grundsätzlich auch über Gebärdensprache, Lichtsignale, Blinzeln , Klopfen nach dem Morsealphabet, Flaggen-Signale der Seeleute usw. usf. abgegeben werden, wenn nur beide Vertragswilligen dabei \"die gleiche Sprache sprechen und verstehen\".

Dass ein Vertrag nicht schriftlich abgeschlossen werden muss, bedeutet nicht, dass man sich nicht geeinigt haben muss.

Im Übrigen sprach ich von Haushaltskunden gem. § 3 Ziff. 22 EnWG und Nicht- Haushaltskunden (also alle Kunden, die wo keine Haushaltskunden gem. § 3 Ziff. 22 EnWG sind).

Wenn man außerhalb der gesetzlichen Grundversorgung auf vertraglicher Grundlage beliefert wird, setzt dies wohl voraus, dass man zuvor irgendwie einen Sondervertrag abgeschlossen hat. Hätte man gar keinen Vertrag abgeschlossen,weil es an einer Einigung (vgl. oben)  fehlte, könnte die Belieferung ja sonst nur im vertragslosen Zustand erfolgen, was regelmäßig ausgeschlossen ist.

Wichtig ist, dass die Belieferung nicht zu den als solchen veröffentlichten Allgemeinen Preisen der Grundversorgung aufgrund der gesetzlichen Versorgungspflicht erfolgt, sondern zu vom Versorger daneben freiwillig angebotenen ( meist günstigeren) Sonderpreisen und auch die Abrechnung seit längerem zu solchen (meist günstigeren)  Sonderpreisen erfolgt. Dass eine zwischen Versorger und Kunde entsprechend lange geübte Praxis keine vertragliche Grundlage habe, wird wohl niemand behaupten.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Opa Ete am 17. Juli 2009, 11:34:49
@RR-E-ft
es gibt genug Verbraucher, die waren alle Tarifkunden und sind dann ohne eigenes zutun Sonderkunden geworden oder wurden zu Sonderkonditionen abgerechnet, allein dadurch, dass ihr Verbrauch gestiegen ist. Diese Frage haben sie nicht beantwortet, ich gebe zu, dass ist auch der Knackpunkt. Wenn das EVU einfach günstiger als in der Grundversorgung für mich abrechnet, nur weil der Verbrauch höher ist, ohne mich zu fragen und das über Jahre, bin ich dann immer noch Tarifkunde oder Sonderkunde?
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 17. Juli 2009, 11:36:13
@Opa Ete

Zitat
@RR-E-ft
es gibt genug Verbraucher, die waren alle Tarifkunden und sind dann ohne eigenes zutun Sonderkunden geworden oder wurden zu Sonderkonditionen abgerechnet

Das weiß ich nicht. Das sind so Fragen, die die Gerichte erst noch zu klären haben werden. Sind sich die Parteien durch lang geübte Praxis darüber einig, dass die Belieferung nicht zu den Allgemeinen Preisen der Grundversorgung erfolgt und erfolgen soll undzwar zu Bedingungen, die der Versorger durch ordnungsgemäße Kündigung auch wieder beenden kann, dann wird man von einem Sondervertrag auszugehen haben. Ein Grundversorgungsvertrag lässt sich hingegen durch den Grundversorger gem. § 20 Abs. 1 Satz 3 GVV nicht durch ordnungsgemäße Kündigung beenden.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 17. Juli 2009, 12:36:41
Zitat
Original von RR-E-ft
Das weiß ich nicht. Das sind so Fragen, die die Gerichte erst noch zu klären haben werden. Sind sich die Parteien durch lang geübte Praxis darüber einig, dass die Belieferung nicht zu den Allgemeinen Preisen der Grundversorgung erfolgt und erfolgen soll undzwar zu Bedingungen, die der Versorger durch ordnungsgemäße Kündigung auch wieder beenden kann, dann wird man von einem Sondervertrag auszugehen haben.

Ich habe da so meine Zweifel.

Sondervertrag und Grundversorgungsvertrag unterscheiden sich eben im Vertragsinhalt und nicht nur im Preis. Wenn ein Grundversorgungskunde - warum auch immer - zu einem Sondervertragspreis abgerechnet wurde muss dies keine Auswirkungen auf den restlichen Vertragsinhalt haben.

Wenn ich in einem Wohnhaus im Erdgeschoss ein Ladengeschäft miete und der Vermieter mir nach einer Weile statt der teuren Geschäftsraummiete nur die günstigere Wohnraummiete in Rechnung stell, bedeutet das nicht, das nun der gesamte Geschäftsraummietvertrag in einen Wohnraummietvertrag umgewandelt wurde.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 17. Juli 2009, 12:52:07
@Black

Der gehörige rechtliche Unterschied liegt doch darin, dass sich der Versorger durch ordnungsgemäße Kündigung aus einem solchen Verragsverhältnis lösen kann, weil es gerade nicht Bestandteil der gesetzlichen Versorgungspflicht ist. Ein weiterer gehöriger rechtlicher Unterschied leigt darin begründet, dass es zur einseitigen Preisanpassung der wirksamen Einbeziehung einer wirksamen Preisanpassungsklsuel bedarf. Das sind doch eigentlich sehr gravierende Unterschiede, wie wir erst jüngst wieder aus Karlsruhe erfahren haben.

Zitat
Wenn ich in einem Wohnhaus im Erdgeschoss ein Ladengeschäft miete und der Vermieter mir nach einer Weile statt der teuren Geschäftsraummiete nur die günstigere Wohnraummiete in Rechnung stell, bedeutet das nicht, das nun der gesamte Geschäftsraummietvertrag in einen Wohnraummietvertrag umgewandelt wurde.

Gewiss nicht, sonst kündigt der Vermieter plötzlich noch wegen unzulässiger gewerblicher Nutzung vermieteten Wohnraums.  ;)
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: courage am 18. Juli 2009, 15:13:06
Zitat
Original von RR-E-ft

Eine Klausel, die der gesetzlichen Regelung inhaltlich entspricht (vgl. BGH VIII ZR 36/06, KZR 2/07, VIII ZR 138/07), könnte etwa lauten:

Zitat
Der Lieferant ist zu folgenden Terminen berechtigt den Preis im Umfange eines seit dem vorhergehenden Termin zwischenzeitlich eingetretenen Bezugskostenanstiegs zu erhöhen, soweit dieser zur Anpassung an die Marktverhältnisse im Vorlieferantenverhältnis notwendig war und nicht durch rückläufige Kosten bei anderen preisbildenden Kostenfaktoren des Preissockels ausgeglichen werden konnte. Dabei gelten die Formalien des § 5 Abs. 2 und 3 GVV entsprechend. Der Lieferant ist zu den gleichen Terminen verpflichtet, zwischenzeitlich eingetretenen Kostensenkungen bei preisbildenden Kostenfaktoren des gesamten Preissockels  nach gleichen Maßstäben durch eine Preissenkung Rechnung zu tragen.
 
RR-F-ft
Wenn die Klausel darüber hinaus auch noch die preisbildenden Kostenfaktoren des bei Vertragsabschluss vereinbarten Preises und deren Gewichtung (Anteil) an diesem Preis  benennt, werden wohl nur wenige noch etwas auszusetzen haben.


Es bleiben viele Konfliktpunkte:
Wie soll der Verbraucher über folgende Fragen Klarheit erhalten, damit er prüfen kann, dass er nicht unangemessen benachteiligt wird?
Wie oft muss der Preis notwendigerweise angepasst werden? Täglich, wöchentlich, monatlich, quartalsweise, etc.?
Wie sind/waren die Marktverhältnisse im Vorlieferantenverhältnis? Was ist denn überhaupt mit Marktverhältnissen gemeint?
Wie erfährt der Verbraucher, dass beim Versorger zwischenzeitlich Kostensenkungen eingetreten sind?
Wie erkennt der Verbraucher, dass Kostensenkungen, z.B. beim Energiebezug von den verschiedenen Vorlieferanten oder z.B. im Hinblick auf Finanzierungskosten, eingetreten sind? Möglicherweise wurden solche Kostensenkungspotentiale aber (bewusst) nicht ausgeschöpft. Wer prüft das nach?
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: tangocharly am 18. Juli 2009, 15:40:59
Zitat
Original von Black
Sondervertrag und Grundversorgungsvertrag unterscheiden sich eben im Vertragsinhalt und nicht nur im Preis. Wenn ein Grundversorgungskunde - warum auch immer - zu einem Sondervertragspreis abgerechnet wurde muss dies keine Auswirkungen auf den restlichen Vertragsinhalt haben.

Die Logik, warum man etwas dagegen haben muß, dass sich durch den Bestpreis  Vertragsinhalte verändern, ist ja schon klar:

Während man beim Grundversorgungskunden (GVK) die Preiserhöhung über die GasGVV durchquetscht, hätte man beim Sondervertragskunden (SVK) so seine Probleme, weil dort keine (wirksame, mangels Vereinbarung) Preisanpassungsklausel existierte.

Also müßte das EVU in der Tat dann seine Bestpreistarife gesondert anbieten. Dem GVK müßte man mitteilen: \"Hallo, wir haben da was Feines für dich. Du willst doch sicher für dein Gas weniger zahlen. Also unterschreib mal schön. Und auf die (besondere) Preisanpassungsklausel machen wir auch aufmerksam\".

D.h., bei den Bestpreisen haben die EVU\'s drei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: (1) man will den Kunden möglichst lange halten (2) man will den Kunden möglichst lange in der Grundversorgung halten  (3) man will so wenig wie möglich administrativen Aufwand.

Ein Mischmasch, der auf Versorgerseite gewachsen ist. Dies mag zwar ein Rationalisierungsmodell sein, aber nicht Daseinsvorsorgemodell auf der Basis des Kontrahierungszwangs.

Vergessen wird dabei, dass die EVU\'s den Grundversorgungspreis anders (höher) kalkulieren dürfen, als ihre anderen Tarife, weil sie Jedermann bis zur Unzumutbarkeit ertragen müssen.
Vergessen wird, dass das gesetzliche Preisänderungsrecht (aus GasGVV) das Pendent zur Versorgungspflicht ist.
Vergessen wird, dass es seit jeher mehr SVK als GVK gibt und es Zeiten gab, wo EVU\'s intensiv deren Kundschaft mit Sonderverträgen beworben haben (bis 1998 ).

Dieses Modell fragt nicht: \"Kunde willst du GVK sein ?\". Dieses Modell fragt nur: \"EVU willst du so wenig wie möglich Aufwand ?\" Die Antwort liegt auf der Hand. Nur, dass der BGH am 29.04.2008 für die SVK ein Fanal gesetzt hat, das war nicht (unbedingt) zu erwarten gewesen (und weckte die EVU\'s aus ihrem \"Dornröschen-Schlaf\"). In der Folge sieht man sich dann halt nun veranlasst alle, auch den fiktiven Haushaltskunden mit 100.000 kWh/a, zum GVK zu küren.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: nomos am 18. Juli 2009, 16:13:43
Zitat
Original von tangocharly
...... Vergessen wird dabei, dass die EVU\'s den Grundversorgungspreis anders (höher) kalkulieren dürfen, als ihre anderen Tarife, weil sie Jedermann bis zur Unzumutbarkeit ertragen müssen.
Vergessen wird, dass das gesetzliche Preisänderungsrecht (aus GasGVV) das Pendent zur Versorgungspflicht ist.
Vergessen wird, dass es seit jeher mehr SVK als GVK gibt und es Zeiten gab, wo EVU\'s intensiv deren Kundschaft mit Sonderverträgen beworben haben (bis 1998 ).
Zitat
Ein missverstandenes BGH-Urteil: Tatsächlich betrifft das Urteil jedoch den eher seltenen Fall, dass Kunde und Versorgungsunternehmen einen Sondervertrag geschlossen haben.
hier klicken und weiterlesen (http://strom-gas-wasser.suite101.de/print_article.cfm/gaspreise_ein_missverstandenes_bghurteil)

Warum kommunale Stadtwerke unter den gegebenen Bedingungen die Grundversorgung nicht günstiger anbieten als vergleichbare Sonderverträge erschliesst sich mir ohnehin nicht. Die Kommunen haben von der Grundversorgung dank der körperschaftsteuerfreien Konzessionsabgabe nur Vorteile.  Abgaben und sogenannte Abgaben, Steuern und Kosten und die Kalkulation. Entscheidend bleibt immer, was unterm Strich rauskommt. [/list]
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: tangocharly am 18. Juli 2009, 19:00:16
Zitat
@nomos
Warum dürfen EVU\'s den Grundversorgungspreis höher kalkulieren? Abgesehen von der durch nichts gerechtfertigten höheren Konzessionsabgabe sehe ich beim vergleichbaren Verbraucher keine Kalkulationsunterschiede. Ich sehe gerade in der Grundversorgung, weil sie ein Pendent zur Versorgungspflicht ist, die ja einen Grundbedarf für die Menschen sichern soll, auch und gerade die Verpflichtung zur möglichst preisgünstigen Versorgung. Außerdem wird die Frage was es mehr gibt, SVK oder GVK, extrem unterschiedliche beantwortet. Klarheit scheint nicht gegeben.

dort nachlesen (http://forum.energienetz.de/thread.php?threadid=12212)
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: nomos am 18. Juli 2009, 19:57:24
Zitat
Im Ansatz besteht zwar Einigkeit darin, dass es sich um einen Tarifkunden handelt, wenn der Vertrag im Rahmen der Grundversorgung abgeschlossen worden ist, während Sondervertragskunden zu anderen, im Allgemeinen günstigeren Bedingungen versorgt werden. Die genaue Abgrenzung zwischen ihnen ist jedoch streitig, insbesondere dann, wenn der Kunde zu allgemeinen veröffentlichten Tarifen, die gegenüber dem „Grundtarif` Vergünstigungen, insbesondere Mengenrabatte, enthalten, beliefert wird (vgl. KG, Urteil vom 28.10.2008 — 21 U 160/06 — juris m.w.N.).

(2) Die Abgrenzung hat nach generellen, objektiven Kriterien stattzufinden........

4) Darauf, dass nur die Versorgung zu dem „allgemeinsten\" Tarif als Tarifkundenvertrag anzusehen ist, deutet schließlich die Vorschrift des § 10 EnWG 1998, § 36 EnWG 2005 hin. Danach trifft den Grundversorger die Pflicht, alle Interessierten bis zur Grenze der Unzumutbarkeit anzuschließen. Der für die Grundversorgung maßgebliche Tarif muss daher auch diesen Fallkonstellationen Rechnung tragen und daher im Verhältnis zu anderen Tarifen — besonders hoch kalkuliert sein (vgl. KG, a.a.O., Rdnr. 66, zitiert nach juris).
„allgemeinster\" Tarif) zielt doch auf die Definition der \"Grundversorgung\", die nur vom reinen Kochgaskunden mit Kleinstverbrauch ausgehen kann. Da gibt es sicher irgendwo eine Grenze der Unzumutbarkeit für den Versorger, wo er dann trotz grundsätzlicher Versorgungspflicht auf die Gasflasche oder die Stromkochplatte verweisen darf. Solche Kleinsttarife haben ja alle einen sehr hohen Preis für die Energieeinheit. Solche Tarifgestaltungen wirken aber eigentlich gegen die Ziele der Bundesregierung Energie einzusparen, da sie das Gegenteil von einem Anreiz zum Sparen bewirken. Je geringer der Verbrauch, je höher der Preis für die Energieeinheit.

Die Lieferung an einen Haushaltskunden, der mit Gas kocht und heizt und im Jahr z.B. 12000 oder 20000 kWh verbraucht kann damit nicht gemeint sein. Ich sehe keinen Unterschied, weder bei den Kosten noch bei der Zumutbarkeit der Belieferung. Wo soll da ein nennenswerter Kostenunterschied zwischen einer Grundversorgung und einem preisvariablem Sondervertrag liegen? Beide zahlen mit Lastschrifteinzug, die Leitungen und die Zähler unterscheiden sich auch nicht, ein unterschiedliches Gas wird nicht geliefert.
Wo sind sie, die generellen, objektiven Kriterien?

Das Thema wird uns erhalten bleiben und die Versorger haben es mit der Unterscheidung ja auch nicht leicht:

Die Kunden in der Ersatz- und Grundversorgung und die ohne Sondervertrag!
Hier ein aktuelles Beispiel einer Anzeige:

(http://media1.roadkast.com/vox/KundenErsatzSonderGrund.png)[/list]
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 18. Juli 2009, 23:56:44
@nomos

Derzeit gibt es oftmals Stilblüten zu lesen.

Sondervertragskunde ist, wer nicht Tarifkunde ist.
Nach dem EnWG 2005 erfolgt die Belieferung auf vertraglicher Grundlage entweder in der Grundversorgung oder außerhalb dieser aufgrund eines Sondervertrages. Dann gibt es noch die zeitlich befristete Belieferung ohne vertragliche Grundlage, die sich Ersatzversorgung nennt.

Die Grundversorgung gem. § 36 I EnWG betrifft die gesetzliche Versorgungspflicht gegenüber Haushaltskunden im Sinne von § 3 Nr. 22 EnWG.

Möglicherweise lebt noch eine andere Spezies von Kunden außerhalb der Grundversorgung ohne Sondervertrag, nämlich urige Tarifkunden im Sinne von § 116 EnWG.

Das sind Nicht- Haushaltskunden, die bis zum Inkrafttreten des EnWG 2005 als Tarifkunden beliefert wurden.

Ein solcher Fall liegt etwa vor, wenn in einem Büro einer Welt GmbH & Co KG a. A. im Büro das Kaffewasser mit Gas erhitzt wird, Gas dort nur zum Kaffekochen o. ä. benutzt wird.  Fraglich ob es solche Kunden mit Rücksicht auf § 116 Satz 2 EnWG noch gibt.

Es gibt also fünf Kategorien von Kunden

auf vertraglicher Grundlage:

1. Grundversorgung für Haushaltskunden § 36 EnWG
2. Sonderverträge
2.1. Sondervertrag mit Haushaltskunden gem. § 41 EnWG
2.2. Sondervertrag mit Nicht- Haushaltskunden (gesetzlich nicht gereglt)
3. urige Tarifkunden gem. § 116 EnWG, sofern es sie noch gibt,

ohne vertragliche Grundlage:

zeitlich befristete Ersatzversorgung gem. § 38 EnWG.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: bolli am 19. Juli 2009, 12:04:12
Zitat
Original von RR-E-ft
Dann gibt es noch die zeitlich befristete Belieferung ohne vertragliche Grundlage, die sich Ersatzversorgung nennt.
Mich würde mal interessieren, woran sich die Ersatzversorgung formal festmacht ?
Wenn ein Grundversorgungsvertrag schon durch die Entnahme von Gas aus dem Leitungsnetz festmacht, ohne das ein schriftlicher Vertrag existiert, wie kann man dann die Ersatzversorgung von der Grundversorgung abgrenzen (außer den Fall, dass der Versorger einem ausdrücklich mitteilt, dass man für x Monate in der Ersatzversorgung geführt wird) ?

Gruß
bolli
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: nomos am 19. Juli 2009, 12:55:03
Zitat
Original von RR-E-ft
Möglicherweise lebt noch eine andere Spezies von Kunden außerhalb der Grundversorgung ohne Sondervertrag, nämlich urige Tarifkunden im Sinne von § 116 EnWG.

Das sind Nicht- Haushaltskunden, die bis zum Inkrafttreten des EnWG 2005 als Tarifkunden beliefert wurden.

Ein solcher Fall liegt etwa vor, wenn in einem Büro einer Welt GmbH & Co KG a. A. im Büro das Kaffewasser mit Gas erhitzt wird, Gas dort nur zum Kaffekochen o. ä. benutzt wird.  Fraglich ob es solche Kunden mit Rücksicht auf § 116 Satz 2 EnWG noch gibt.
UmWeltladen gemeint sein, dann hätte ich eher Tee statt Kaffee und eine irische Ltd erwartet, die solls ja schon für um die 50 EURO geben.   In Crailsheim vermute ich weder die mit Gas kochende GmbH & Co KGaA noch ein Weltunternehmen mit anderer exotischer Rechtsform.  =) Die Konfusion ist die Wurzel der Formulierung![/list]
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Ronny am 20. Juli 2009, 08:47:11
@ Fricke

Zitat
@Ronny

Ich meine, meine Argumente vorgetragen zu haben.
Sie sind aber nicht auf meine Argumente eingegangen, sondern wiederholen nur ihre Thesen, die inhaltlich leicht zu widerlegen sind.

These 1:
Zitat
Wenn eine Preisanpassungsklausel den Inhalt des Preisanpassungsrechts nicht eindeutig und für den durchschnittlichen Verbraucher verständlich ausgestaltet, hält sie einer Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB nicht stand. der Umfang und Inhalt des Preisanspassungsrechts darf also nicht zweifelhaft, sondern muss eindeutig geregelt sein.
Anders der BGH - das höchste deutsche Zivilgericht -, welches sagt, dass eine unveränderte Wiedergabe des § 5 Abs. 2 GasGVV einer Inhaltskontrolle standhält.

Zitat
BGH:
Er hat weiter entschieden, dass eine Preisanpassungsklausel, die das im Bereich der Grundversorgung bestehende gesetzliche Preisänderungsrecht nach § 5 Abs. 2 GasGVV unverändert in einen Normsonderkundenvertrag übernimmt, also davon nicht zum Nachteil des Kunden abweicht, einer Inhaltskontrolle standhält.
Eindeutiger in der Formulierung geht es nicht mehr. Da ist es doch vollkommen sinnlos, ältere BGH-Urteile zu zitieren, die sich nicht auf den hier vorliegenden Sonderfall des Leitbildgedankens der GasGVV bezieht. Diese Rechtsprechung mag Ihnen nicht gefallen, aber den Forumsmitgliedern vorzugaukeln, dass diese Rechtsprechung bedeutungslos sei, ist unseriös.

These 2:
Zitat
§ 315 BGB findet unzweifelhaft auch keine direkte Anwendung, wenn sich die Parteien bei Abschluss des Vertrages auf einen Preis geeinigt haben.

Dies leiten Sie aus einem aus dem Zusammenhang gerissenen Zitat des BGH ab. Hier das vollständige Zitat:

Zitat
a) [...] Eine Preiserhöhung kann zwar auch deshalb der Billigkeit widersprechen, weil die bereits zuvor geltenden Tarife des Gasversorgers unbillig überhöht waren und das Gasversorgungsunternehmen dies im Rahmen einer von ihm nach billigem Ermessen zu treffenden Entscheidung über eine Weitergabe gestiegener Bezugskosten hätte berücksichtigen müssen. Das gilt jedoch nicht, wenn die Preise bis zu der streitgegenständlichen Preiserhöhung von dem Versorger nicht einseitig festgesetzt, sondern zwischen den Parteien vereinbart worden sind (aaO, Tz. 28 f.). Vertraglich vereinbarte Preise für die Lieferung von Gas unterliegen einer Billigkeitskontrolle weder in unmit-telbarer noch in analoger Anwendung von § 315 BGB. [...]

aa) Eine unmittelbare Anwendung von § 315 Abs. 1 und 3 BGB setzt voraus, dass die Parteien vereinbart haben, eine von ihnen solle nach Abschluss des Vertrages die Leistung bestimmen. Daran fehlt es, wenn zwischen den Parteien eine vertragliche Einigung über den Preis zustande gekommen ist. [...].

Der Ausschluss des § 315 BGB bezieht sich also nur auf die Preise, die zu Anfang galten bzw. auf die Preisänderungen, denen den der Kunde zugestimmt hatte. Preisänderungen, denen der Kunde widersprochen hatte, sind selbstverständlich auf Billigkeit zu überprüfen.

Was sagen Sie denn zu dem fett-kursiv gedrukten Satz? Dort steht, dass bei Preisänderungen § 315 BGB Anwendung findet. Warum haben Sie den denn bei Ihren Ausführungen \"vergessen\"?

Es ist aber beruhigend, dass nicht nur Black und ich Ihre Ausführungen kritisch hinterfragen, sondern auch Reblaus.

Ronny
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 20. Juli 2009, 13:27:33
@Ronny

Der Senat hat mehrfach entschieden, dass die unmittelbare  Anwendung des § 315 BGB zur Voraussetzung hat, dass die Parteien ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht gem. § 315 Abs. 1 BGB vertraglich vereinbart haben. Weiter hat der Senat entschieden, dass sich ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht im Sinne von  § 315 Abs. 1 BGB, welches zur unmittelbaren Anwendung der Norm führt, auch aus einem Gesetz ergeben kann. § 4 AVBGasV sei eine solche gesetzliche Regelung, die jedoch nur auf Tarifkunden Anwendung findet, § 1 AVBGasV.

Für eine entsprechende Anwendung des § 315 BGB sieht der Senat daneben keinen Raum.

Der Senat hat mehrfach entschieden, dass jedoch dann, wenn sich die Parteien bereits auf einen Preis geeinigt haben, zwischen ihnen gerade kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht gem. § 315 Abs. 1 BGB vertraglich vereinbart wurde (vgl. nur BGH, Urt. v. 13.06.2007 VIII ZR 36/06 Tz. 32 und Urt. v. 19.11.2008 - VIII ZR 138/07 Tz. 16). Völlig unbestritten ist, dass der Gesamtpreis von Anfang an insgesamt einer Billigkeitskontrolle in unmittelbarer Anwendung des § 315 BGB unterliegt, wenn die Parteien ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht gem. § 315 Abs. 1 BGB vertraglich vereinbart haben (vgl. nur BGH, aaO.).
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 20. Juli 2009, 13:34:50
Zitat
Original von RR-E-ft
Der Senat hat mehrfach entscheiden, dass dann, wenn sich die Parteien bereits auf einen Preis geeinigt haben, zwischen ihnen gerade kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht gem. § 315 Abs. 1 BGB vertraglich vereinbart wurde (vgl. nur BGH, Urt. v. 13.06.2007 VIII ZR 36/06 Tz. 32 und Urt. v. 19.11.2008 - VIII ZR 138/07 Tz. 16).

Sie schummeln.

Der BGH hat mehrfach entschieden, dass eine Kombination aus vertraglich vereinbartem Anfangspreis und einseitigem (gesetzlichen) Preisänderungsrecht in der Grundversorgung besteht.

Der BGH hat damit NICHT gesagt, dass eine Kombination aus vertraglich vereinbartem Anfangspreis und einseitigem vertraglichen Preisänderungsrecht nicht möglich ist. Da in der Grundversorgung das einseitige Preisänderungsrecht unstreitig aus dem Gesetz und nicht aus Vertrag folgt lag dieser Fall schlichtweg (noch) nicht zur Entscheidung vor.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 20. Juli 2009, 13:43:09
@Black

Warum sollte ich schummeln?

Zitat
BGH VIII ZR 138/07 Tz. 16

Eine unmittelbare Anwendung von § 315 Abs. 1 und 3 BGB setzt voraus, dass die Parteien vereinbart haben, eine von ihnen solle nach Abschluss des Vertrages die Leistung bestimmen. Daran fehlt es, wenn zwischen den Parteien eine vertragliche Einigung über den Preis zustande gekommen ist.

Das besagt zum einen, dass der Preis von Anfang an einer Billigkeitskontrolle unterliegt, wenn die Parteien ein einseitiges Leistungbsetimmungsrecht vereinbart haben, ebenso wie es besagt, dass es an der vertraglichen Vereinbarung eines solchen  einseitigen Leistungsbestimmungsrechts gerade dann fehlt, wenn sich die Parteien bereits auf einen Preis geeingt haben.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Ronny am 20. Juli 2009, 13:59:38
@ Fricke

die permantente Wiederholung von aus dem Zusammanhang gerissenen Zitaten macht es nicht besser. Ich füge meine Aussage nochmal an und würde mich freuen, wenn Sie die inhaltliche Auseinandersetzung diesmal nicht scheuen würden.

Zitat
These 2:
Zitat
Zitat: § 315 BGB findet unzweifelhaft auch keine direkte Anwendung, wenn sich die Parteien bei Abschluss des Vertrages auf einen Preis geeinigt haben.


Dies leiten Sie aus einem aus dem Zusammenhang gerissenen Zitat des BGH ab. Hier das vollständige Zitat:

Zitat
Zitat: a) [...] Eine Preiserhöhung kann zwar auch deshalb der Billigkeit widersprechen, weil die bereits zuvor geltenden Tarife des Gasversorgers unbillig überhöht waren und das Gasversorgungsunternehmen dies im Rahmen einer von ihm nach billigem Ermessen zu treffenden Entscheidung über eine Weitergabe gestiegener Bezugskosten hätte berücksichtigen müssen. Das gilt jedoch nicht, wenn die Preise bis zu der streitgegenständlichen Preiserhöhung von dem Versorger nicht einseitig festgesetzt, sondern zwischen den Parteien vereinbart worden sind (aaO, Tz. 28 f.). Vertraglich vereinbarte Preise für die Lieferung von Gas unterliegen einer Billigkeitskontrolle weder in unmit-telbarer noch in analoger Anwendung von § 315 BGB. [...]

aa) Eine unmittelbare Anwendung von § 315 Abs. 1 und 3 BGB setzt voraus, dass die Parteien vereinbart haben, eine von ihnen solle nach Abschluss des Vertrages die Leistung bestimmen. Daran fehlt es, wenn zwischen den Parteien eine vertragliche Einigung über den Preis zustande gekommen ist. [...].


Der Ausschluss des § 315 BGB bezieht sich also nur auf die Preise, die zu Anfang galten bzw. auf die Preisänderungen, denen den der Kunde zugestimmt hatte. Preisänderungen, denen der Kunde widersprochen hatte, sind selbstverständlich auf Billigkeit zu überprüfen.

Was sagen Sie denn zu dem fett-kursiv gedrukten Satz? Dort steht, dass bei Preisänderungen § 315 BGB Anwendung findet. Warum haben Sie den denn bei Ihren Ausführungen \"vergessen\"?
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 20. Juli 2009, 14:04:15
@Ronny

Zitat
Original von RR-E-ft

Zitat
BGH VIII ZR 138/07 Tz. 16

Eine unmittelbare Anwendung von § 315 Abs. 1 und 3 BGB setzt voraus, dass die Parteien vereinbart haben, eine von ihnen solle nach Abschluss des Vertrages die Leistung bestimmen. Daran fehlt es, wenn zwischen den Parteien eine vertragliche Einigung über den Preis zustande gekommen ist.

Das besagt zum einen, dass der Preis von Anfang an einer Billigkeitskontrolle unterliegt, wenn die Parteien ein einseitiges Leistungbestimmungsrecht vereinbart haben, ebenso wie es besagt, dass es an der vertraglichen Vereinbarung eines solchen  einseitigen Leistungsbestimmungsrechts gerade dann fehlt, wenn sich die Parteien bereits auf einen Preis geeingt haben.

Das ist nicht aus dem Zusammenhang gerissen, sondern beantwortet die Fragen, wann ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vertraglich vereinbart ist und was die Folge von einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts ist.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 20. Juli 2009, 14:07:54
Zitat
Original von RR-E-ft
@Black

Warum sollte ich schummeln?

Zitat
BGH VIII ZR 138/07 Tz. 16

Eine unmittelbare Anwendung von § 315 Abs. 1 und 3 BGB setzt voraus, dass die Parteien vereinbart haben, eine von ihnen solle nach Abschluss des Vertrages die Leistung bestimmen. Daran fehlt es, wenn zwischen den Parteien eine vertragliche Einigung über den Preis zustande gekommen ist.

Der BGH bejaht bei Preisanpassungen in der Grundversorgung eine Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB in direkter Anwendung. Gleichzeitig bejaht der BGH einen vertraglich vereinbarten Anfangspreis in der Grundversorgung.

Allein nach dem Wortlaut des von ihnen angeführten Zitat (wonach eine vertragliche Vereinbarung die Billigkeitskontrolle ausschließt) wäre das aber nicht möglich.

Dieser scheinbare Widerspruch ist damit zu erklären, dass der BGH eben zwischen

Anfangspreis - fest vereinbart - § 315 BGB (-)
Preisanpassung - zulässig - § 315 (+)

unterscheidet. Das obige Zitat begründet den Ausschluss des § 315 BGB nur für den Anfangspreis.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 20. Juli 2009, 14:15:09
@Black

Der BGH hat klar gesagt, dass in der Grundversorgung kein einseitiges Leistungsbestimmungrecht vertraglich vereinbart ist. Ebenso wie er gesagt hat, warum dies der Fall ist.

Deshalb hat er es ja gerade abgelehnt, den Preis von Anfang an einer Billigkeitskontrolle zu unterziehen.

Bei einem Sondervertrag bedarf es jedoch der vertraglichen Vereinbarung eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts, wenn eine Billigkeitskontrolle in unmittelbarer Anwendung des § 315 BGB erfolgen soll.

Zitat
Original von RR-E-ft

Zitat
BGH VIII ZR 138/07 Tz. 16

Eine unmittelbare Anwendung von § 315 Abs. 1 und 3 BGB setzt voraus, dass die Parteien vereinbart haben, eine von ihnen solle nach Abschluss des Vertrages die Leistung bestimmen. Daran fehlt es, wenn zwischen den Parteien eine vertragliche Einigung über den Preis zustande gekommen ist.

Das besagt zum einen, dass der Preis von Anfang an einer Billigkeitskontrolle unterliegt, wenn die Parteien ein einseitiges Leistungbestimmungsrecht vertraglich vereinbart haben, ebenso wie es besagt, dass es an der vertraglichen Vereinbarung eines solchen  einseitigen Leistungsbestimmungsrechts gerade dann fehlt, wenn sich die Parteien bereits auf einen Preis geeingt haben.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 20. Juli 2009, 14:21:57
Zitat
Original von RR-E-ft
@Black

Der BGH hat klar gesagt, dass in der Grundversorgung kein einseitiges Leistungsbestimmungrecht vertraglich vereinbart ist.

Warum sollte es auch, das es vorliegt folgt ja bereits aus dem Gesetz.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 20. Juli 2009, 14:42:54
@Black

Wenn der BGH gesagt hat, warum in der Grundversorgung kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vertraglich vereinbart ist, dann gilt diese Begründung für eine fehlende vertragliche Vereinbarung eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts auch für Sonderverträge.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Ronny am 20. Juli 2009, 15:03:47
@ Fricke

Aber ein vertragliches Preisanpassungsrecht wird doch bei unveränderter Übernahme des § 5 Abs. 2 GasVV in den Normsonderkundenvertrag begründet.

Dann haben Sie ihr vertragliches Preisanpassungsrecht. Dieses entspricht dem gesetzlichen Preisanpassungsrecht und Grundversorgungs- und Normsondernkunden werden gleich behandelt.

Es wäre doch auch höchst seltsam, wenn Normsonderkunden die Einrede der Unbilligkeit nicht erheben können.

Ganz am Rande: Worauf wollen Sie mit dieser abwegigen Argumentation eigentlich heraus? Wenn diese stimmen würde, hätten Normsonderkunden generell kein Recht, sich auf § 315 BGB zu berufen. Was hätten die Verbruacher umalles in der Welt davon?


Ronny
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 20. Juli 2009, 15:08:27
Zitat
Original von RR-E-ft
@Black

Wenn der BGH gesagt hat, warum in der Grundversorgung kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vertraglich vereinbart ist, dann gilt diese Begründung für eine fehlende vertragliche Vereinbarung eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts auch für Sonderverträge.

Wie Ronny schon zutreffend sagte. Das gesetzliche Preisanpassungsrecht der Grundversorgung wird im Rahmen der (nach BGH zulässigen) unveränderten Übernahme in Sonderverträge dort eine identische Wirkung entfalten wie das gesetzliche Preisanpassungsrecht im Grundversorgungsvertrag.

Und so wie das gesetzliche Anpassungsrecht nach § 5 GVV einen vereinbarten Anfangspreis nicht ausschließt, schließt auch das vertraglich übernommene Anpassungsrecht nach § 5 GVV einen vereinbarten Anfangspreis nicht aus.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 20. Juli 2009, 15:16:34
@Ronny

Auch Normsonderkunden können die Unbilligkeitseinrede gegen den Preis nur dann erfolgreich einwenden, wenn überhaupt ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vertraglich vereinbart wurde, sonst sind sie (ebenso wie der Versorger) an den vertraglich vereinbarten Preis gebunden  (vgl. LG Potsdam, Urt. v. 02.10.2006 in Sachen EMB).

Zitat
BGH VIII ZR 138/07 Tz. 16

Eine unmittelbare Anwendung von § 315 Abs. 1 und 3 BGB setzt voraus, dass die Parteien vereinbart haben, eine von ihnen solle nach Abschluss des Vertrages die Leistung bestimmen. Daran fehlt es, wenn zwischen den Parteien eine vertragliche Einigung über den Preis zustande gekommen ist.

Ein vertraglich vereinbartes Preisänderungsrecht oder gar eine vertraglich vereinbarte Preisänderungspflicht  bei bereits vereinbartem Preis/ vorhandener Einigung über den Preis ist nicht gleichzusetzen mit einem vertraglich vereinbarten einseitigem Leistungsbestimmungsrecht, das zur unmittelbaren Anwendung des § 315 Abs. 1 und 3 BGB führt.

Ich weiß nicht, wer erntshaft Gegenteiliges behauptet und sich dafür auf den BGH berufen will.

Ein Preisänderungsrecht/ eine Preisänderungspflicht setzt einen bereits vertraglich vereinbarten Preis voraus, was ein vertraglich vereinbartes  einseitiges Leistungsbestimmungsrecht, das zu unmittelbaren Anwendung von § 315 Abs. 1 und 3 BGB führt, gerade ausschließt.

Bei vertraglich vereinbartem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht besteht die Verpflichtung, ein der Billigkeit entsprechendes Äquivalenzverhältnis erst zu bilden/ zu bestimmen.

Eine Preisanspassungsklausell muss hingegen ein bereits bestehendes Äquivalenzverhältnis wahren, wenn sie nicht unwirksam sein soll.

Der Sondervertragskunde hat nur dann einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch auf eine nachträgliche Preisabsenkung, wenn eine entsprechende Verpflichtung im Vertrag klar geregelt ist. Unter spiegelbildlich gleichen Voraussetzungen hat der Klauselverwender auch nur einen Anspruch auf eine Preiserhöhung.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 20. Juli 2009, 15:34:54
Zitat
Original von RR-E-ft
Ein Preisänderungsrecht/ eine Preisänderungspflicht setzt einen bereits vertraglich vereinbarten Preis voraus, was ein vertraglich vereinbartes  einseitiges Leistungsbestimmungsrecht, das zu unmittelbaren Anwendung von § 315 Abs. 1 und 3 BGB führt, gerade ausschließt.

Sie ignorieren dabei wie immer, dass die vertragliche Vereinbarung sich nur auf den Anfangspreis bezieht. Der Anfangspreis wird vom EVU nicht einseitig festgesetzt sondern vertraglich vereinbart (so BGH). Die einseitige Leistungsbestimmung dagegen bezieht sich auf Änderungen dieses Preises, auf Preisanpassungen also. Diese beiden Bereiche des Vertrages sind getrennt zu betrachten.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 20. Juli 2009, 15:39:46
@Black

Ich glaube, Sie ignorieren die Senatsrechtsprechung.

Zitat
BGH VIII ZR 138/07 Tz. 16

Eine unmittelbare Anwendung von § 315 Abs. 1 und 3 BGB setzt voraus, dass die Parteien vereinbart haben, eine von ihnen solle nach Abschluss des Vertrages die Leistung bestimmen. Daran fehlt es, wenn zwischen den Parteien eine vertragliche Einigung über den Preis zustande gekommen ist.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 20. Juli 2009, 15:52:05
Auch der Senat erkennt eine vertragliche Einigung über den Anfangspreis bei gleichzeitigem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht für Preisanpassungen des EVU an.

Aus diesem Grund unterliegen Preisanpassungen der Billigkeitskontrolle, jedoch ohne den vereinbarten Preissockel. Dieser ist aus der Billigkeitskontrolle ausgenommen.

Nach Ihrer Theorie müßte es entweder eine vollständige Gesamtpreiskontrolle geben - dies hat der BGH abgelehnt. Oder es dürfte überhaupt keine Billigkeitskontrolle des Preises und seiner Anpassungen geben. Dies ist aber auch nicht der Fall.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 20. Juli 2009, 15:54:31
@Black

Der Senat betont, dass ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht, das zur unmittelbaren Anwendung des § 315 Abs. 1 und 3 BGB führt, gerade dann nicht vertraglich vereinbart ist, wenn sich die Parteien bereits auf einen Preis geeinigt haben.

Zitat
BGH VIII ZR 138/07 Tz. 16

Eine unmittelbare Anwendung von § 315 Abs. 1 und 3 BGB setzt voraus, dass die Parteien vereinbart haben, eine von ihnen solle nach Abschluss des Vertrages die Leistung bestimmen. Daran fehlt es, wenn zwischen den Parteien eine vertragliche Einigung über den Preis zustande gekommen ist.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Ronny am 20. Juli 2009, 15:56:15
@ Fricke

Irgendwie ist das putzig.

Aus folgendem Satz des BGH leiten Sie ab, dass bei einem vereinbarten Anfangspreis kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht für weitere Preisänderungen bestehen soll:

Eine unmittelbare Anwendung von § 315 Abs. 1 und 3 BGB setzt voraus, dass die Parteien vereinbart haben, eine von ihnen solle nach Abschluss des Vertrages die Leistung bestimmen. Daran fehlt es, wenn zwischen den Parteien eine vertragliche Einigung über den Preis zustande gekommen ist.

Das legen Sie folgendermaßen aus: Wenn einmal der Anfangspreis vereinbart wurde, wurde damit auch vereinbart, dass der Preis während des Vertragsverhältnisses nicht mehr einseitig bestimmt werden kann.

Wenn man nur diese beiden zitierten Sätze betrachtet, kann man dies grammatikalisch auch so sehen. Kleiner Schönheitsfehler: Dem BGH geht es in der Randnummer 15 und 16 des fraglichen Urteils ja darum abzugrenzen, unter welchen Umständen § 315 BGB gerade nicht greift.

Grundsatz des BGH: Die Ausübung des einseitigen Leistungsbestimmungsrechtes ist gem. § 315 BGB überprüfbar.

Ausnahmen: für den Anfangspreis und für den vereinbarten Preis.

Der von Ihnen widergekäute Passus bezieht sich auf die Ausnahmen. Der Grundsatz - Überprüfbarkeit von Preisänderungen bleibt voll erhalten.

Es ist völlig widersinnig, die von Ihnen andauernd zitierten beiden Sätze außerhalb dieses Zusammenhanges zu betrachten.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 20. Juli 2009, 15:58:21
Zitat
Original von RR-E-ft
Der Senat betont, dass ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht, das zur unmittelbaren Anwendung des § 315 Abs. 1 und 3 BGB führt, dann nicht vertraglich vereinbart ist, wenn sich die Parteien bereits auf einen Preis geeinigt haben.
 

Der Senat läßt eine Anfangspreisvereinbarung ohne Billigkeitskontrolle und eine Preisanpassung mit Billigkeitskontrolle in einem Vertragsverhältnis gleichzeitig zu, denn in Grundversorgungsverträgen unterliegen Anfangspreise keiner Billigkeitskontrolle Preisanpassungen dagegen schon.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 20. Juli 2009, 16:05:17
@Black

In Grundversorgungsverträgen gibt es doch nach Lesart des Senats keine vertragliche Vereinbarung eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts, das zur unmittelbaren Anwendung des § 315 Abs. 1 und 3 BGB führt.

Zitat
BGH VIII ZR 138/07 Tz. 16

Eine unmittelbare Anwendung von § 315 Abs. 1 und 3 BGB setzt voraus, dass die Parteien vereinbart haben, eine von ihnen solle nach Abschluss des Vertrages die Leistung bestimmen. Daran fehlt es, wenn zwischen den Parteien eine vertragliche Einigung über den Preis zustande gekommen ist.

Ist zwischen den Parteien eine vertragliche Einigung über den Preis zustande gekommen, dann haben die Parteien gerade nicht vereinbart, dass eine von ihnen nach Vertragsabschluss die Leistung bestimmen soll, so dass deshalb die Voraussetzungen für eine unmittelbare Anwendung von § 315 Abs. 1 und 3 BGB nicht vorliegen.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 20. Juli 2009, 16:10:09
In Grundversorgungsverträgen ist der Anfangspreis nach Rechtsprechung des BGH einvernehmlich zwischen Kunde und EVU vereinbart und das Anpassungsrecht per Gesetz als einseitiges Leistungsbestimmungsrecht ausgestaltet.

In zukunft wird es vergleichbare Sonderkundenverträge geben in denen der Anfangspreis einvernehmlich zwischen Kunde und EVU vereinbart und das Anpassungsrecht per Vertrag als einseitiges Leistungsbestimmungsrecht ausgestaltet sein wird.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 20. Juli 2009, 16:31:29
Zitat
Original von Black
In zukunft wird es vergleichbare Sonderkundenverträge geben in denen der Anfangspreis einvernehmlich zwischen Kunde und EVU vereinbart und das Anpassungsrecht per Vertrag als einseitiges Leistungsbestimmungsrecht ausgestaltet sein wird.


@Black

Mag sein, dass es solche Verträge zukünftig geben wird.
Mag vielleicht auch sein, dass es solche Verträge sogar bereits gibt.

Ich las da mal aus der Feder eines Kollegen:

Zitat
„kgu darf den Festpreis und den Verbraucherpreis entsprechend § 5 Abs. 2 GasGVV anpassen. Es handelt sich um eine einseitige Leistungsbestimmung, die wir nach billigem Ermessen ausüben werden. Soweit sich der Festpreis oder der Verbrauchspreis ändert, können Sie den Vertrag entsprechend § 20 GasGVV kündigen“

Wie es dann bei den konkreten Verträgen um eine durchsetzbare  vertragliche  Verpflichtung zur nachträglichen  Preisabsenkung  bei rückläufigen Kosten steht, müssen wir erst noch sehen. Daran entscheidet sich aber, ob überhaupt eine durchsetzbare vertragliche Berechtigung zu nachträglichen Preiserhöhungen bei gestiegenen Kosten  besteht (vgl. BGH, Urt. v. 29.04.2008 - KZR 2/07; BGH, Urt. v. 15.07.2009 - VIII ZR 225/07 und VIII ZR 56/08].
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 20. Juli 2009, 16:43:09
Es mag sein, dass Preisabsenkungen Fragen in diesem System aufwerfen. Aber die Idee der Absenkungen kam nachträglich von Kartellsenat, mag dieser sich Gedanken machen, wie seine Idee in das bestehende Konzept passt.

Das es einen nicht prüfbaren Preissockel gibt, ist ja mittlerweile allgegenwärtige Praxis und noch kein Gericht hat den Gesamtpreis als prüfbar angesehen.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 20. Juli 2009, 16:48:42
@Black

Möchten Sie uns bespaßen?

Die entsprechenden \"Hausaufgaben\" hat aber doch der VIII. Zivilsenat in seinen Entscheidungen vom 15.07.2009 aufgegeben.

Zitat
Wie es dann bei den konkreten Verträgen um eine durchsetzbare vertragliche Verpflichtung zur nachträglichen Preisabsenkung bei rückläufigen Kosten steht, müssen wir erst noch sehen. Daran entscheidet sich aber, ob überhaupt eine durchsetzbare vertragliche Berechtigung zu nachträglichen Preiserhöhungen bei gestiegenen Kosten besteht (vgl. BGH, Urt. v. 29.04.2008 - KZR 2/07; BGH, Urt. v. 15.07.2009 - VIII ZR 225/07 und VIII ZR 56/08].

Das hat gewiss nichts mit einem prüfbaren Preissockel im Sinne einer Billigkeitskontrolle zu tun. Es ist der Prüfstein bei der Inhaltskontrolle einer Klausel gem. § 307 BGB nch dem Leitbild.

Einige werden wohl noch merken, wenn sie die Hausaufgaben nicht verstanden oder vergessen haben sollten. Manche meinen vielleicht, ihnen sei die Lösung der Hausaufgaben gleich mitgegeben worden.  Realistisch ist eine solche Erwartung nicht unbedingt, wie man aus der Schule weiß. Wer meint, die Lösung der Hausaufgaben sei einem anderen (Kartellsenat) überlassen, der irrt gewiss.


Zitat
Original von Black
Es mag sein, dass Preisabsenkungen Fragen in diesem System aufwerfen. Aber die Idee der Absenkungen kam nachträglich von Kartellsenat, mag dieser sich Gedanken machen, wie seine Idee in das bestehende Konzept passt.

Putzig wie ein Pennäler, der sich um die eigenen Hausaufgaben drücken will. ;)
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 20. Juli 2009, 17:41:57
Zitat
Original von RR-E-ft

Das hat gewiss nichts mit einem prüfbaren Preissockel im Sinne einer Billigkeitskontrolle zu tun. Es ist der Prüfstein bei der Inhaltskontrolle einer Klausel gem. § 307 BGB nch dem Leitbild.

Es gibt keinen \"Prüfstein\" des § 307 BGB mehr. Sie haben hier früher seitenlang die Theorie verbreitet eine Übernahme des gesetzlichen Preisanpassungsrechtes könne niemals § 307 BGB standhalten. Nun hat der BGH das Gegenteil entschieden.

Der von Ihnen als unüberwindbar aufgebaute Prüfstein des § 307 BGB ist damit endgültig gefallen.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 20. Juli 2009, 17:47:11
Zitat
Es gibt keinen \"Prüfstein\" des § 307 BGB mehr. Sie haben hier früher seitenlang die Theorie verbreitet eine Übernahme des gesetzlichen Preisanpassungsrechtes könne niemals § 307 BGB standhalten. Nun hat der BGH das Gegenteil entschieden.

Der von Ihnen als unüberwindbar aufgebaute Prüfstein des § 307 BGB ist damit endgültig gefallen.

@Black

So so.

Es gibt keinen Prüfstein für die Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB mehr?

In den Urteilsgründen zu VIII ZR 56/08 und VIII ZR 225/07 werden wir wohl lesen, was der Prüfstein [den ich nicht aufgebaut habe]  ist und ob die inkriminierten Klauseln gemessen an diesem einer Inhaltskontrolle nun standhielten oder aber nicht. Und nach diesen Entscheidungen wurde der Prüfstein zur Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB dann weggeworfen?! (Wohin ist er denn gefallen?)

Ich habe hier auch nicht seitenlang verbreitet, eine inhaltliche Übernahme sei nicht möglich. Im Gegenteil habe ich sogar eine Klausel aufgezeigt, die hierfür ggf. geeignet sein könnte.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 20. Juli 2009, 17:55:45
Sie haben stets vertreten die Prüfung nach § 307 BGB würde eine Übernahme des einseitigen Preisanpassungsrechtes nach billigem Ermessen in jedem Fall verhindern.

Nach der Rechtsprechung des BGH wird § 307 BGB nur noch relevant werden, wenn vom Leitbild abgewichen wird.

Zitat
Original von RR-E-ft
Preisänderungsklauseln in Versorgungsverträgen unterliegen der Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB.

Der weite Spielraum der Billigkeit genügt dabei nicht den Anforderungen, die dabei an die Konkretisierung zu stellen sind, vgl. BGH, Urt. v. 13.07.2004 - KZR 10/03 .

Nichts anderes ergibt sich aus § 310 Abs. 2 BGB (früher § 23 AGBG), da dieser sich überhaupt nicht auf die Inhaltskontrolle nach § 307 BGB, 9 AGBG bezieht, noch nie bezog.

Der Kartellsenat des BGH hat zutreffend entschieden, dass § 4 AVBGasV keine Leitbildfunktion für eine Preisänderungsklausel in einem Sondervertrag zukommt (vgl. BGH, Urt. v. 29.04.2008 - KZR 2/07).
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 20. Juli 2009, 17:58:17
@Black

Bei Sonderveträgen wird sich immer die Frage nach der wirksamen Einbeziehung und der Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB stellen.
Und seien Sie gewiss, dass es dafür einen Prüfstein gibt.

Entscheidend wird sein, ob eine Verpflichtung zur nachträglichen Preisabsenkung im Falle rückläufiger Kosten enthalten ist, dem Kunden also ein dahingehender durchsetzbarer Anspruch eingeräumt wird. Wo dies nicht der Fall ist, wird die Klausel bereits unangemessen benachteiligend und deshalb unwirksam sein.

Das wird die quint essenz der Entscheidungen sein.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 20. Juli 2009, 18:05:26
Sie drücken sich mit Gemeinplätzen und Vorfragen um eine Antwort. Das mag für Mitleser etwas unbefriedigend sein. Mir zeigt es nur, dass es keine tragfähigen Gegenargumente mehr gibt.

Der BGH hat ja entschieden, dass eine \"unveränderte Übernahme\" des gesetzlichen Preisanpassungsrechtes mit § 307 BGB vereinbar ist.

Die Frage war daher wie in genau diesem idealen Fall (den der BGH im Sinn hat) mit der Billigkeitskontrolle zu verfahren ist.

Es mag ja sein, dass auch künftig Klauseln das Leitbild verfehlen und an § 307 BGB scheitern. Aber das Energierecht ist ein evolutionärer Prozess. Die Versorgerseite ist einen Schritt weiter.

Die Frage \"ob\" man das Leitbild übernehmen kann ist gelöst. Jetzt geht es nur noch um das \"wie\".
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 20. Juli 2009, 18:11:14
@Black

Wir warten mal die Urteilbegründungen ab. Es steht zu erwarten, dass der Senat darin obiter dicta eine entsprechende Auffassung äußert.
Bei der Inhaltskontrolle geht es immer darum, wie der Inhalt der Klauseln konkret gestaltet ist.

Sicher wird es Ihnen schwerfallen, aus den Urteilgründen herauszulesen, dass in der Grundversorgung eine gesetzliche Verpflichtung besteht, rückläufige Kosten durch Preisabsenkungen weiterzugeben. Diese Frage wird für Sie weiter nicht entschieden sein, da es ja- wie auch bei der Entscheiung KZR 2/07 - lediglich um Preisanpassungsklauseln in Sonderverträgen geht....

Eine Billigkeitskontrolle in unmittelbarer Anwendung des § 315 Abs. 1 und 3 BGB wird bei Sonderverträgen auch weiterhin nur möglich sein, wenn die Parteien vertraglich vereinbart haben, eine von ihnen solle nach Vertragsabschluss die Leistung bestimmen, woran es fehlt, wenn sich die Parteien bereits auf einen Preis geeinigt haben.

Solche Klauseln werden deshalb auch weiterhin  einer Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB nicht standhalten:

Zitat
„kgu darf den Festpreis und den Verbraucherpreis entsprechend § 5 Abs. 2 GasGVV anpassen. Es handelt sich um eine einseitige Leistungsbestimmung, die wir nach billigem Ermessen ausüben werden. Soweit sich der Festpreis oder der Verbrauchspreis ändert, können Sie den Vertrag entsprechend § 20 GasGVV kündigen“

Nach dem, was Sie hier verbreiten, hätte diese Klausel ja einer Inhaltskontrolle standhalten müssen.

Hat sie aber nicht, was wir noch schriftlich bekommen.

Es handelt sich um keine Fragestellung aus dem Energierecht, sondern um eine Frage des Allgemeinen Vertragsrechts.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 20. Juli 2009, 18:49:19
Zitat
Original von RR-E-ft
Eine Billigkeitskontrolle in unmittelbarer Anwendung des § 315 Abs. 1 und 3 BGB wird bei Sonderverträgen auch weiterhin nur möglich sein, wenn die Parteien vertraglich vereinbart haben, eine von ihnen solle nach Vertragsabschluss die Leistung bestimmen, woran es fehlt, wenn sich die Parteien bereits auf einen Preis geeinigt haben.

Im Osten nichts Neues. Und durch stumpfes Wiederholen wird dieser Satz nicht richtiger.  :rolleyes:

Beginnender Altersstarrsinn oder eine neue Form von Autismus?
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 20. Juli 2009, 18:52:23
@Black

Richtiger wird der Satz gewiss nicht.  ;)
Aber Sie wollen doch wohl nicht ernthaft behaupten, dass er falsch sei?

Zitat
Eine Billigkeitskontrolle in unmittelbarer Anwendung des § 315 Abs. 1 und 3 BGB wird bei Sonderverträgen auch weiterhin nur möglich sein, wenn die Parteien vertraglich vereinbart haben, eine von ihnen solle nach Vertragsabschluss die Leistung bestimmen, woran es fehlt, wenn sich die Parteien bereits auf einen Preis geeinigt haben.

Siehe BGH Urt. v. 13.06.2007 - VIII ZR 36/06 Tz. 32 und Urt. v. 19.11.2008 - VIII ZR 138/07 Tz. 16 !
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 20. Juli 2009, 19:01:50
Der Satz ist deshalb falsch, weil es bereits in der Grundversorgung ein Nebeneinander von Preisvereinbarung und einseitiger Preisbestimmung gibt.

Da dieses System laut BGH nun auch auf Sonderverträge übertragbar ist, muss es auch hier ein Nebeneinander von Preisvereinbarung und einseitiger Preisbestimmung geben können.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 20. Juli 2009, 19:18:16
@Black

Eben dies stimmt nicht.

Für Tarifkunden hat der BGH mehrfach ausdrücklich entschieden:

Zitat
BGH, Urt. v. 19.11.2008 VIII ZR 138/07 Tz. 16

Eine unmittelbare Anwendung von § 315 Abs. 1 und 3 BGB setzt voraus, dass die Parteien vereinbart haben, eine von ihnen solle nach Abschluss des Vertrages die Leistung bestimmen. Daran fehlt es, wenn zwischen den Parteien eine vertragliche Einigung über den Preis zustande gekommen ist.

Das gilt generell, auch für Sondervetragskunden von Energieversorgungsunternehmen.

Warum Sie sich mit der Übertragung auf Sonderverträge so schwer tun, ist mir vollkommen unverständlich.

Naturlich können Kunde und EVU im Rahmen der Vertragsfreiheit vertraglich vereinbaren, das EVU solle nach Vertragsabschluss die Leistung bestimmen. Und selbstredend findet dann § 315 Abs. 1 und 3 BGB unmittelbare Anwendung, weil dann die Voraussetzungen dafür vorliegen.

Sie bringen auch keine einzige Entscheidung eines Gerichts bei, aus der anderes hervorginge.

Preisänderungsklauseln auch in Energielieferungsverträgen unterliegen der Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB.

Solche Klauseln halten der Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB nicht stand:

Zitat
„kgu darf den Festpreis und den Verbraucherpreis entsprechend § 5 Abs. 2 GasGVV anpassen. Es handelt sich um eine einseitige Leistungsbestimmung, die wir nach billigem Ermessen ausüben werden. Soweit sich der Festpreis oder der Verbrauchspreis ändert, können Sie den Vertrag entsprechend § 20 GasGVV kündigen“
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 20. Juli 2009, 19:28:29
Auch der BGH sagt:

Zitat
Original von BGH vom 19.11.2008
Allgemeine Tarife eines Gasversorgers im Sinne von § 10 EnWG 1998, § 4 AVBGasV unterliegen, soweit sie Gegenstand einer vertraglichen Einigung zwischen dem Versorger und dem Kunden geworden sind, nicht einer umfassenden gerichtlichen Billigkeitskontrolle in entsprechender Anwendung von § 315 BGB. (...)
Einseitige Tariferhöhungen nach § 4 Abs. 1 AVBGasV während des laufenden Vertragsverhältnisses sind gemäß § 315 BGB von dem Versorger nach billigem Ermessen vorzunehmen und gerichtlich zu überprüfen
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 20. Juli 2009, 19:42:48
@Black

In der genannten Entscheidung prüft der BGH sehr genau, ob und unter welchen Voraussetzungen § 315 BGB überhaupt Anwendung findet.

Als allererste Frage beschäftigte ihn dabei:

Besteht ein vertraglich vereinbartes  Leistungsbestimmungsrecht, auf welches § 315 Abs. 1 und 3 BGB unmittelbare Anwednung findet?

Diese Prüfung ist bei jedem Vertragsververhältnis gesondert vorzunehmen.

Er verneint dies, weil die Parteien nicht vereinbart hatten, eine von ihnen solle nach Vertragsabschluss die Leistung einseitig bestimmen, sondern sich bereits auf einen Preis geeinigt hatten.

Nächster Prüfungschritt war die Frage, ob sich ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht iSv. § 315 Abs. 1 BGB aus einem Gesetz ergibt.

Im dortigen Fall eines Tarifkunden konnte § 315 BGB nur deshalb dennoch unmittelbar angewendet werden, weil sich ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht iSv. § 315 Abs. 1 BGB  gegenüber Tarifkunden aus einem Gesetz ergibt.

Das hilft jedoch bei Sondervertragskunden nicht weiter, da sich in Bezug darauf unbestritten kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht iSv. § 315 Abs. 1 BGB aus einem Gesetz ergibt (so schon BGH KZR 2/07, VIII ZR 274/06, VIII ZR 225/07).

Nächster Prufungsschritt war die Frage, ob § 315 BGB wenn nicht unmittelbare, so doch wenigstens entsprechende (analoge) Anwendung findet. Diese Frage hat der BGH jeweils verneint, weil die Voraussetzungen dafür nicht vorlägen.

Man muss also genau diese drei Fragen hintereinander auf jedes betroffene Vertragsverhältnis anwenden, um zu wissen, ob § 315 Abs. 1 und 3 BGB darauf überhaupt unmittelbare oder entsprechende Anwendung findet.

Man darf nicht mit einer Billigkeitskontrolle loslegen, wenn deren Voraussetzungen im konkreten Vertragsverhältnis überhaupt nicht vorliegen.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 20. Juli 2009, 19:45:45
Dann verzichten Sie also bei Sonderverträge künftig auf die Unbilligkeitseinrede nach § 315 BGB und belassen es stattdessen bei § 307 BGB?

Das ist schön.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 20. Juli 2009, 19:57:13
@Black

Natürlich nicht, wenn Kunde und EVU vereinbart haben, das EVU solle nach Vertragsabschluss die Leistung bestimmen.

Auch sonst ist die Einrede bei Sondervertragskunden nicht schädlich (vgl. nur BGH, Urt. v. 17.12.2008 - VIII ZR 274/06).

In der Regel wird das Recht zur einseitigen Leistungsbestimmung bestritten und es ist dann Sache desjenigen, der sich auf ein solches Recht beruft, die wirksame vertragliche Vereinbarung des selben nachzuweisen (Palandt, BGB, § 315 Rn. 19).

Hilfsweise, für den Fall, dass ein solches Recht wirksam vereinbart ist (was sich ja oft erst durch Auslegung ergibt), wird man die Unbilligkeitseinrede erhoben.

Zudem hat man bei Sonderverträgen zu hinterfragen, ob überhaupt eine Preisänderungsklausel gem. Art. 229 § 5 EGBGB iVm. § 305 Abs. 2 BGB  wirksam in den Vertrag einbezogen wurde und wo dies der Fall sein sollte, ob diese einer Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB  standhält, wofür man dann den Prüfstein bemühen muss.

Wir haben also auch weiterin das gesamte bekannte Prüfraster abzuarbeiten.

Falsch wäre es, mit einer Billigkeitskontrolle loszulegen, wo schon deren Voraussetzunge nicht vorliegen (so passiert LG Bonn, Urt. v. 07.09.2006 in Sachen Euskirchen).
Wenn die Voraussetzungen für eine Billigkeitskontrolle schon nicht vorliegen, erübrigt sich die Frage vollkommen, ob diese etwaig eingeschränkt zu erfolgen habe.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 20. Juli 2009, 20:20:39
Zitat
Original von RR-E-ft
@Black

Natürlich nicht, wenn Kunde und EVU vereinbart haben, das EVU solle nach Vertragsabschluss die Leistung bestimmen.
.

Ich denke Sie vertreten die Auffassung vertreten eine Vereinbarung der einseitigen Leistungsbestimmung nach § 315 BGB sei in AGB generell nach § 307 BGB unzulässig. Da brauchen Sie auch den § 315 BGB für den Fall wenn Kunde und EVU vereinbart haben, das EVU solle nach Vertragsabschluss die Leistung bestimmen nicht.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 20. Juli 2009, 20:26:45
@Black

Auch das stimmt nicht.

Siehste hier. (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=58978#post58978)

Zitat
Haben die Parteien hingegen vertraglich vereinbart, der Versorger solle nach Vertragsabschluss die Leistung bestimmen, so wird bei solchen Verträgen § 315 Abs. 1 und 3 BGB weiter unmittelbar anwendbar sein. Einer Preisänderungsklausel, die einer Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB standhalten muss, bedarf es bei solchen speziellen Verträgen nicht.

Ich war am Abschluss einiger Verträge beteiligt, wo dem Versorger bewusst die Bestimmung der Leistung nach Vertragsabschluss überlassen wurde.

Auch solche Fälle gibt es ja, zweifellos echte Sonderverträge.

Zitat
Original von RR-E-ft
@Black

In der genannten Entscheidung prüft der BGH sehr genau, ob und unter welchen Voraussetzungen § 315 BGB überhaupt Anwendung findet.

Als allererste Frage beschäftigte ihn dabei:

Besteht ein vertraglich vereinbartes  Leistungsbestimmungsrecht, auf welches § 315 Abs. 1 und 3 BGB unmittelbare Anwendnung findet?

Diese Prüfung ist bei jedem Vertragsververhältnis gesondert vorzunehmen.

Er verneint dies, weil die Parteien nicht vereinbart hatten, eine von ihnen solle nach Vertragsabschluss die Leistung einseitig bestimmen, sondern sich bereits auf einen Preis geeinigt hatten.

Nächster Prüfungsschritt war die Frage, ob sich ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht iSv. § 315 Abs. 1 BGB aus einem Gesetz ergibt.

Im dortigen Fall eines Tarifkunden konnte § 315 BGB nur deshalb dennoch unmittelbar angewendet werden, weil sich ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht iSv. § 315 Abs. 1 BGB  gegenüber Tarifkunden aus einem Gesetz ergibt.

Das hilft jedoch bei Sondervertragskunden nicht weiter, da sich in Bezug darauf unbestritten kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht iSv. § 315 Abs. 1 BGB aus einem Gesetz ergibt (so schon BGH KZR 2/07, VIII ZR 274/06, VIII ZR 225/07).

Nächster Prufungsschritt war die Frage, ob § 315 BGB wenn nicht unmittelbare, so doch wenigstens entsprechende (analoge) Anwendung findet. Diese Frage hat der BGH jeweils verneint, weil die Voraussetzungen dafür nicht vorlägen.

Man muss also genau diese drei Fragen hintereinander auf jedes betroffene Vertragsverhältnis anwenden, um zu wissen, ob § 315 Abs. 1 und 3 BGB darauf überhaupt unmittelbare oder entsprechende Anwendung findet.

Man darf nicht mit einer Billigkeitskontrolle loslegen, wenn deren Voraussetzungen im konkreten Vertragsverhältnis überhaupt nicht vorliegen.

Zu der Problematik, dass zunächst geprüft werden muss, ob überhaupt ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht bei Vertragsabschluss vereinbart wurde, kann ich empfehlen:

Zenke/ Wollschläger, \"§ 315 BGB: Streit umd Versorgerpreise\", 1.Aufl., S. 35 ff.

Zitat
\"Vorausgesetzt wird damit, dass sich die Vertragsschließenden nicht auf eine konkrete Leistung, sondern gerade auf ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht einer Partei geeinigt haben. Die Norm geht also zunächst von einem Vertragsschluss aus. Da allerdings die gesetzlichen Mindestvoraussetzungen eines Vertragsschlusses, die Einigung über die essentialia negotii, also den notwendigen Mindestvertragsinhalt eines Vertrages - Leistung und Gegenleistung wie der Preis einer Ware bzw. Leistung - fehlen, muss § 315 BGB gleichzeitig Abhilfe schaffen, soll der vorausgesetzte Vertragsschluss gegeben sein.

Das will er auch. Sinn und Zweck des § 315 BGB ist daher, die Ermöglichung eines Vertragsabschlusses, obwohl sich die Vertragsparteien über die Leistung eines Partners (hier das Entgelt) nicht geeinigt haben. An Stelle der Einigung über den Preis tritt also das Bestimmungsrecht, das durch eine spätere Erklärung des Bestimmenden (Abs. 2) und im Übrigen \"im Zweifel\" nach billigem Ermessen ausgeübt werden soll.

Es muss sich unbedingt vergegenwärtigt werden, dass § 315 BGB in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht ein echter Ausnahmefall ist. Im Regelfall werden bei Verträgen, die in einem Geegenseitigkeitsverhältnis stehen, beide Vertragsparteien bereits bei Vertragsabchluss eine Einigung sowohl über die zu erbringende Leistung als auch über die Gegenleistung anstreben.

Daher ist in jedem Einzelfall stets zu prüfen, ob ein Bestimmungsrecht des Versorgers überhaupt vorgesehen war bzw. ist. Nicht ausreichend ist dabei, wenn ein unbefristet oder lang laufender Vertrag ein Recht zur Preisanpassung enthält. \"

Und weiter auf Seite 39:

Zitat
\"Dass eine unmittelbare Anwendbarkeit des § 315 BGB auf Energieversorgungsverträge regelmäßig nicht möglich ist, hat die Rechtsprechung zu Zeiten vor der Liberalisierung des Energiemarktes 1998 dazu bewogen, den § 315 BGB analog, d. h. entsprechend auf Sachverhalte anzuwenden, in denen zwar kein vertraglich eingeräumtes, aber faktisches Bestimmungsrecht besteht.\"

Die Kollegen weisen im weitern nach, warum die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung von § 315 BGB nicht vorliegen.

Und weiter auf Seite 50:

Zitat
\"Erst wenn die erste- hohe - Hürde der Anwendbarkeit des § 315 BGB, bezogen auf die konkrete Situation des Kunden, genommen wurde, so ist im Weiteren zu klären, ob der Preis für Strom, Gas, etc. der Billigkeit entspricht.\"

Da stimme ich mit den Kollegen von Becker Büttner Held doch völlig überein.

Ich bin nur der Auffassung, dass sich bereits aus § 4 Abs. 1 AVBV ergab, dass sich Versorger und Tarifkunde bei Vertragsabschluss auf keinen Preis einigen, sondern dabei ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht gem. § 315 Abs. 1 BGB vereinbart wurde, was m. E. auch BGH NJW 2003, 3131 belegt (so auch LG Gera, B. v. 08.11.2006 Az. 3 HK.O 81/05 zu § 4 AVBEltV und BGH, Urt. v. 18.10.2005 - KZR 36/04 bei Verweisung auf ein jeweils gültiges Preisblatt).

@Ronny

Vielleicht lesen Sie also noch einmal bei Zenke/ Wollschläger nach oder rufen die Kollegen bei Becker Büttner Held in Berlin an und fragen da nach, bevor Ihnen Black hier noch einen Floh ins Ohr setzt.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Ronny am 21. Juli 2009, 08:07:49
@ Fricke

Keine Sorge, ich habe meine eigenen Flöhe im Ohr. Auf Black bin ich da nicht angewiesen. Ich rekapituliere mal:

1.
Herr Fricke hat allem Anschein nach sein Herz für die Verbraucher verloren und argumentiert vehement und in deutlichem Gegensatz zur höchstrichterlichen Rechtsprechung dafür, dass in Normsonderkundenverträgen in der Regel § 315 BGB keine Anwendung findet.

Was ihn dazu bewegt, ist nicht nachvollziehbar. Den Interessen der Verbraucher dieses Forums dient das gewiss nicht.

2.
Herr Fricke hat Schwierigkeiten mit dem Begriff \"unverändert übernehmen\". Statt dessen kreiert er neue Preisanpassungsklauseln, die vom Wortlaut des § 5 Abs. 2 GasGVV abweichen. Wozu diese Vorschläge gut sind, weiss niemand. Den Anforderungen, die Herr Fricke vor dem 15.07.2009 an das Transparenzgebot gestellt hatte, entsprechen sie ganz sicher nicht.

Sei´s drum.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 21. Juli 2009, 12:06:26
@Ronny

Eine Entscheidung, in der zu lesen steht, dass § 315 Abs. 1 und 3 BGB auf Normsonderveträge unmittelbare Anwendung findet, habe ich noch nicht gelesen. Wenn Sie eine haben, zeigen Sie  mir die bitte mal.

Ich habe mehrere Entscheidungen gelesen, wo der BGH sagt, dass § 315 BGB auf \"genormte\" Sonderkundenverträge keine Anwendung findet (KZR 2/07; VIII ZR 274/06; VIII ZR 225/07).

Ich habe gelesen, was der BGH zur Voraussetzung der unmittelbaren Anwendung von § 315 Abs. 1 und 2 BGB sagt und dazu wann diese Voraussetzungen nicht vorliegen (BGH, Urt. v. 19.11.2008 - VIII ZR 138/07 Tz. 16). Das prüft der Senat immer vorrangig. Davon ist der Senat bisher ersichtlich nicht abgerückt.

Wenn nämlich ein solches einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vertraglich vereinbart wurde, bedarf es schon keiner Preisänderungsklausel, die erst einer Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB standhalten müsste.

Und deswegen wäre es ein Fehler vieler Normsondervertragskunden, anzunehmen, § 315 Abs. 1 und 3 BGB fänden auf ihre Verträge unmittelbare Anwendung. Oft wird es an der Voraussetzung fehlen, dass die Parteien vereinbart haben, der Versorger solle nach Vertragsabschluss die Leistung bestimmen.

Haben Normsondervertragskunden jedoch bei Vertragsabschluss vereinbart, der Versorger solle nach Vertragsabschluss die Leistung einseitig bestimmen, so bin ich doch bekanntermaßen einer der ersten Befürworter der unmittelbaren Anwendung von § 315 Abs. 1 und 3 BGB.

Ich habe aber auch gelesen, dass der Senat auch Preisänderungsklauseln, die gegenüber  Normsondervertragskunden Verwendung finden, einer Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB unterzieht.

Preisänderungsklauseln folgenden Inhalts halten der  Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB jedenfalls nicht stand:

Zitat
„kgu darf den Festpreis und den Verbraucherpreis entsprechend § 5 Abs. 2 GasGVV anpassen. Es handelt sich um eine einseitige Leistungsbestimmung, die wir nach billigem Ermessen ausüben werden. Soweit sich der Festpreis oder der Verbrauchspreis ändert, können Sie den Vertrag entsprechend § 20 GasGVV kündigen“

Es handelt sich nämlich auch dabei um eine unangemessene Benachteiligung des Kunden.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 21. Juli 2009, 12:32:29
@ RR-E-ft

Wie ist dann nach Ihrer Meinung weiter zu verfahren, wenn in einem Sonderkundenvertrag ein Preisanpassungsrecht nach § 5 GVV einbezogen wurde und eine (gerichtliche) Prüfung ergeben hat, dass die Einbeziehung (auch nach § 307 BGB) wirksam war?
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 21. Juli 2009, 12:42:03
@Black

Dann ist möglicherweise die Einlegung eines Rechtsmittels zu erwägen, wenn die Preisänderung nicht nach den hinreichend konkret tatbestandlichen Regelungen der Klausel kontrolliert wurde, sondern ein anderer Maßstab gewählt wurde.

Vorrangig ist zu prüfen, ob die Vertragspartner ein einseitiges Leistungsbetimmungsrecht vertraglich vereinbart haben, das zur unmittelbaren Anwendung des § 315 Abs. 1 und 3 BGB führt.

Erst wenn diese Frage eindeutig verneint wurde, stellt sich die Frage, ob eine Preisänderungsklausel wirksam in den Vertrag einbezogen wurde und ob diese einer Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB standhält.

Das Ergebnis des ersten Prüfungsschrittes muss dabei weiter beachtet werden.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 21. Juli 2009, 13:00:22
Zitat
Original von RR-E-ft
@Black

Dann ist möglicherweise die Einlegung eines Rechtsmittels zu erwägen, wenn die Preisänderung nicht nach den hinreichend konkret tatbestandlichen Regelungen der Klausel kontrolliert wurde, sondern ein anderer Maßstab gewählt wurde.

Sie haben meine Frage sicher nur flüchtig gelesen und daher falsch verstanden. Es ging mir weder um den Fall, dass die Preisklausel als unwirksam eingeschätzt wurde und auch nicht um den Fall, in dem ein Gericht fehlerhaft die Wirksamkeit angenommen hat.

Der BGH hat ja gesagt:

Zitat
Original von BGH
(Der Senat)  hat weiter entschieden, dass eine Preisanpassungsklausel, die das im Bereich der Grundversorgung bestehende gesetzliche Preisänderungsrecht nach § 5 Abs. 2 GasGVV unverändert in einen Normsonderkundenvertrag übernimmt, also davon nicht zum Nachteil des Kunden abweicht, einer Inhaltskontrolle standhält.


Wie ist also dann nach einer solchen wirksamen Übernahme i.S.d. BGH weiter umzugehen?
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 21. Juli 2009, 13:02:12
@Black

Ich habe doch gsagt, wie zu verfahren ist.
Vielleicht lesen Sie noch einmal nach.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 21. Juli 2009, 13:13:35
Sie sind heute aber etwas zerstreut....

Zitat
Original von RR-E-ft
Dann ist möglicherweise die Einlegung eines Rechtsmittels zu erwägen

Es ging um den Fall einer vom BGH bestätigten Übernahme des gesetzlichen Anpassungsrechtes. Da gibt es kein Rechtsmittel.

Zitat
Original von RR-E-ftVorrangig ist zu prüfen, ob die Vertragspartner ein einseitiges Leistungsbetimmungsrecht vertraglich vereinbart haben, das zur unmittelbaren Anwendung des § 315 Abs. 1 und 3 BGB führt.

Erst wenn diese Frage eindeutig verneint wurde, stellt sich die Frage, ob eine Preisänderungsklausel wirksam in den Vertrag einbezogen wurde und ob diese einer Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB standhält.[/

Na dann los doch, prüfen Sie nur. In so einem Fall würden Sie doch hoffentlich nicht nur als Ergebnis mitteilen was noch \"zu prüfen wäre\" sondern anhand des Sachverhaltes selbst zu einem Prüfungsergebnis kommen. Und dieses Prüfungsergebnis ist ja gerade was interessiert.

Was die Parteien vereinbart haben  ist  nun ja bereits zweimal von mir geschildert worden.

Die Parteien haben das gesetzliche Preisanpassungsrecht wirksam im Sondervertrag vereinbart (so wie es der BGH als Idealfall vorsieht).

Wie ist dann weiter zu verfahren?
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Ronny am 21. Juli 2009, 14:21:40
@ Black

Ich glaube nicht, dass Sie auf diese konkrete Frage eine konkrete Antwort bekommen werden.

Herr Fricke gibt nie konkrete Antworten - zumindest keine, die die konkrete Frage beantworten.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 21. Juli 2009, 14:40:12
Auf eine konkrete Frage keine konkrete Antwort zu bekommen ist auch eine Antwort.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 21. Juli 2009, 15:14:56
@Black

Fraglich, wer hier wohl zerstreut ist.

Wenn eine Klausel der Inhaltskontrolle standhält, dann prüft man die Preisänderung anhand der tatbestandlichen Bestimmungen der Klausel, die den Inhalt des Preisänderungsrechts wiedergibt.

Wenn Sie der Meinung sind, eine Preisänderungsklausel, die eine Berechnungsvorschrift nach HEL enthält, hält der Inhaltskontrolle stand, dann prüfen Sie doch auch, ob die tatbestandliche Berechnungsvorschrift tatsächlich eingehalten wurde.

Niemand würde auf die Idee kommen, in diesem Zusammenhang zu sagen, die Preisänderung ginge allein deshalb in Ordnung, weil überhaupt eine Preisänderungsklausel besteht, die der Inhaltskontrolle standhält. O.k., bei Ihnen wäre ich mir da nicht so sicher.  ;)

So ist es bei allen Preisänderungsklauseln.

Die Prüfung erfolgt anhand der tatbestandlichen Bestimmungen der Klausel, die den Inhalt des Preisänderungsrechts festlegt bzw. wiedergibt. Die vertraglichen Abreden über den Inhalt des Preisänderungsrechts geben also den Prüfungsumfang vor.

Lässt sich die Preisänderung nicht allein anhand der Klausel kontrollieren, ist diese nicht eindeutig genug und deshalb unwirksam.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Ronny am 21. Juli 2009, 15:33:35
@ Fricke

Die Preisanpassungsklausel im Normsonderkundenvertrag, um die es geht, lautet:

\"Änderungen der [...] Preise [...] werden jeweils
zum Monatsbeginn und erst nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam, die mindestens
sechs Wochen vor der beabsichtigten Änderung erfolgen muss.\"

(Das ist der Wortlaut des § 5 Abs. 2 GasGVV, soweit es um Preisanpassungen geht. Die \"[...] sind Auslassungen \"allgemeine\" und \"ergänzende Bedingungen\". Um beides geht es bei Preisanpassungen bei Normsonderkundenverträgen ja nicht.)

Sollten Sie Einwände gegen diese Preisklausel haben, dann nehmen Sie doch einfach an, dass die Klausel § 5 Abs. 2 GasGVV so unverändert wiedergibt, dass sie den Anforderungen der BGH entspricht.

Nehmen Sie weiter an, dass diese Klausel wirksam zum Vertragsbestandteil gemacht wurde.

Nehmen Sie weiter an, dass streitig nicht der Anfangspreis , sondern eine Preiserhöhung während des laufenden Vertragsverhältnisses ist.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 21. Juli 2009, 15:42:29
@Ronny

Ich habe bekanntermaßen selbst eine Vorstellung davon, welchen Inhalt das gesetzliche Preisänderungsrecht nach den dazu ergangenen BGH- Entscheidungen hat und welchen Inhalt deshalb eine Klausel, die diesem inhaltlich entspricht, tatbestandlich haben sollte.

Der Inhalt des gesetzlichen Preisänderungsrechts ist für mich nicht mit dem Wortlaut des Verordnungstextes identisch, der nur die Formalien regelt.

Ich habe bisher herausgelesen, dass zB. eine Verpflichtung zur Preisabsenkung bei rückläufigen Kosten zu bestimmten Zeitpunkten in der Klausel enthalten sein muss.

Der VIII.Zivilsenat folgt dem Kartellsenat in der Entscheidung vom 29.04.2008 - KZR 2/07. Letzterer hatte ausgeführt:

Zitat
Jedoch lässt die Klausel eine Auslegung zu, nach der die Beklagte zwar berechtigt, nicht aber verpflichtet ist, nach gleichmäßigen Maßstäben zu bestimmten Zeitpunkten eine Preisanpassung unabhängig davon vorzunehmen, in welche Richtung sich der Einstandspreis seit Vertragsschluss oder seit der letzten Preisanpassung entwickelt hat.

Die Möglichkeit zur Preisanpassung ist als Recht, nicht als Pflicht der Beklagten ausgestaltet. Dies ist nicht grundsätzlich zu beanstanden, da es nicht im Interesse der Kunden der Beklagten sein kann, diese zu verpflichten, jede Erhöhung der Gaskosten unverzüglich weiterzugeben. Die Ausgestaltung der Preisanpassungsklausel als Recht der Beklagten für den Fall einer Preisänderung durch ihren Vorlieferanten lässt indessen erkennen, dass die Klausel jedenfalls primär auf die Weitergabe von Preissteigerungen zugeschnitten ist. Ihr ist damit jedenfalls nicht mit der ein anderes Verständnis ausschließenden Eindeutigkeit zu entnehmen, nach welchen Kriterien die Beklagte den Preisänderungszeitpunkt zu bestimmen hat. Der Einstandspreis des Versorgers ändert sich typischerweise häufiger als sein Abgabepreis. So ändert sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auch der von der Beklagten zu zahlende – an den Preis für leichtes Heizöl in einer bestimmten Referenzperiode gekoppelte – Arbeitspreis quartalsweise jeweils zum ersten Tag des ersten Monats, während die Beklagte den Vertragspreis in den Jahren 2005 und 2006 jeweils zweimal, jedoch zu unterschiedlichen Terminen, angepasst hat. Mangels anderweitiger vertraglicher Vorgaben hat die Beklagte damit die Möglichkeit, den Zeitpunkt zu bestimmen, zu dem sie von dem Preisänderungsrecht Gebrauch macht, und durch die in der Preisanpassungsklausel nicht vorgegebene Wahl des Preisanpassungstermins erhöhten Einstandskosten umgehend, niedrigeren Einstandskosten jedoch nicht oder erst mit zeitlicher Verzögerung durch eine Preisänderung Rechnung zu tragen.

In der PM des BGH zu VIII ZR 56/08 heißt es deshalb auch:

Zitat
Die Formulierung (\"darf anpassen\") lässt eine Auslegung zu, nach der die Beklagte lediglich berechtigt, nicht aber verpflichtet ist, zu bestimmten Zeitpunkten eine Preisanpassung nach gleichen Maßstäben unabhängig davon vorzunehmen, in welche Richtung sich die Gasbezugskosten seit Vertragsschluss oder seit der letzten Preisanpassung entwickelt haben. Etwas anderes ergibt sich auch nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit aus dem Verweis auf § 5 Abs. 2 GasGVV und die einseitige Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen.

In der PM des BGH zu VIII ZR 225/07 heißt es deshalb auch:

Zitat
Außerdem geht das Preisänderungsrecht des Gasversorgungsunternehmens nach § 4 AVBGasV wegen der Bindung an billiges Ermessen mit der Rechtspflicht einher, gefallenen Gasbezugskosten nach gleichen Maßstäben wie gestiegenen Kosten Rechnung zu tragen (BGHZ 176, 244, dazu Pressemitteilung Nr. 86/2008]. Eine solche Verpflichtung enthält die Preisanpassungsklausel der Beklagten nicht. Danach ist die Beklagte zwar berechtigt, nicht aber verpflichtet, zu bestimmten Zeitpunkten eine Preisanpassung nach gleichen Maßstäben unabhängig davon vorzunehmen, in welche Richtung sich die Gasbezugskosten seit Vertragsschluss oder seit der letzten Preisanpassung entwickelt haben.


Ich weiß auch, dass andere andere Vorstellungen darüber haben.
Ich nehme weiter an, das ist Ihnen bekannt und Sie akzeptieren es auch.

Ggf. müssen wir uns bis zur Entscheiung über die Revision bezüglich des Urteils des OLG Oldenburg vom 05.09.2008 gedulden, um weitere Klarheit darüber zu erlangen.
Dort könnte die Frage tatsächlich entscheidungserheblich sein.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Ronny am 21. Juli 2009, 16:34:28
Zitat
Ich habe bisher herausgelesen, dass zB. eine Verpflichtung zur Preisabsenkung bei rückläufigen Kosten in der Klausel enthalten sein muss.
Was man aus den beiden Worten \"unverändert übernehmen\" so alles herauslesen kann... Man muss es halt nur wollen.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 21. Juli 2009, 16:37:50
@Ronny

Wir haben ein unterschiedliches Verständnis über die unveränderte Übernahme des Inhalts und deshalb reden wir offensichtlich aneinander vorbei.

Ich nehme mal an, dass das daran liegt, dass Sie möglicherweise schon immer wussten, dass das gesetzliche Preisänderungsrecht eine Verpflichtung zur nachträglichen Preisabsenkung enthält, Sie schon immer von einer Kostenkontrolle auch bei Sonderverträgen ausgingen, Sie diese für Selbstverständlichkeiten halten.

Wenn der Versorger bei Sonderverträgen eine nachträgliche Preisabsenkungspflicht und eine Kostenkontrolle zu bestimmten Zeitpunkten will - die ja nirgends vorgeschrieben sind - dann sollte er dies für den Kunden in der Klausel mit der gebotenen Eindeutigkeit  aufzeigen.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Ronny am 21. Juli 2009, 17:19:06
Es geht aber nicht um unveränderte Übernahme des Inhalts, sondern um die unveränderte Übernahme des gesetzlichen Preisänderungsrechtes nach § 5 Abs. 2 GasGVV. (so die Formulierung des BGH)

Wir reden also nicht aneinander vorbei. Sie fälschen schlicht und ergreifend den Wortlaut der Presseerklärung des BGH.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 21. Juli 2009, 17:33:58
Zitat
Original von Ronny

Es geht aber nicht um unveränderte Übernahme des Inhalts, sondern um die unveränderte Übernahme des gesetzlichen Preisänderungsrechtes nach § 5 Abs. 2 GasGVV. (so die Formulierung des BGH)

Wir reden also nicht aneinander vorbei. Sie fälschen schlicht und ergreifend den Wortlaut der Presseerklärung des BGH.

@Ronny

In eben diesem Punkt reden wir ja aneinader vorbei.

Ich verwahre mich entschieden gegen die beleidigende öffentliche Behauptung, ich würde den Wortlaut der Presseerklärung des BGH fälschen.
Wohin darf ich den Staatsanwalt denn schicken? ;)
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: reblaus am 21. Juli 2009, 18:19:22
@ronny
Treiben Sie ihn  nicht zu sehr in die Ecke. Er wird dann unflätig.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 21. Juli 2009, 18:41:40
Er ist halt ein Verhinderer und kein Gestalter. Er kann maximal sagen warum etwas nicht geht, aber nicht wie es denn geht.

Nicht mal bei einem hypotetischen Fall.  :D
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 21. Juli 2009, 18:57:46
@Black

\"Verhinderer\" klingt gut. Gestaltet wurden nur die Musterbriefe. :D

Spezialist für die Gestaltung hypothetischer Fälle ist reblaus.

Zitat
Original von reblaus
Betriebswirtschaftlich clever wäre dieser Sinneswandel in jedem Falle. Da Sie sich dann in einer neuen Klagewelle von Rückforderungs- und Schadensersatzprozessen ein Stück vom Kuchen abschneiden könnten. Falls Sie jetzt schon die Gebührentabelle zur Hand nehmen, der Streitwert richtet sich nach der eingeklagten Summe und nicht nach dem verursachten Schaden.

 :D :D :D

Sie selbst wollen doch auch nur eine wirksame Kontrolle verhindern. Siehste hier. (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=58879#post58879)

Zitat
Original von Black
Weder die eine noch die andere Kontrolle ist in meinem Sinne.

Wie es geht, lernt man beim Jura- Studium:

Wie man eine Preisänderung bei wirksamer Klausel prüft. (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=59038#post59038)

Zwingende Prüfungsreihenfolge beachten. (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=59048#post59048)

Ich meine, aufgezeigt zu haben, wie eine entsprechende Klausel aussehen könnte.
Wer diese verwenden möchte, achte bitte mein Urheberrecht.
Ich könnte mir eine Verwendungsgebühr in Höhe von 0,10 € pro Vertragsverhältnis als angemessen vorstellen.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Kampfzwerg am 21. Juli 2009, 20:54:47
@
Sehr geehrte Herren Black, Ronny und Reblaus

Danke vielmals.
„Nein“ - Danke.
Es reicht.

Ich bedanke mich recht freundlich - und äußerst nachdrücklich - für dieses Negativ-Beispiel einer Art des „gemeinen“
(im Sinne von ... bitte hier (http://wortschatz.uni-leipzig.de) nachschlagen und etwas Genehmes auswählen)
und zunehmend ermüdenden (Schlagabtauschs) Diskussionsverlaufs,
vornehmlich der letzten Tage nach dem Urteil des
BGH,
Urt. v. 15.07.2009 VIII ZR 225/07 Abgrenzung Tarifkunde, Unwirksame Klausel
http://forum.bdev.de/thread.php?threadid=12037 (http://forum.bdev.de/thread.php?threadid=12037)

den ich mit stetig wachsender Abneigung, eher Abscheu, verfolgen durfte.


(Achtung, es folgt ein Schachtelsatz *fg):

Inzwischen/Ansonsten sollte nämlich selbst der begriffsstutzigste, unbedarfteste, wohlgesonnenste, und/aber/auch interessierte (Gelegenheits-) Leser, der, nach Ihrer, in verschiedenen Threads kolportierten Meinung, offensichtlich (oder nur wahrscheinlich?) und nach Ihrer Lesart wohl auch übereinstimmend, das Klischee eines von Haus aus leider nur mäßig intelligenten (wahlweise: Deppen) , ganz sicher aber leicht zu beeinflussenden, beratungsresistenten, schlicht unbedarften Menschen (wahlweise: dämlichen) - der nur ganz zufällig nebenbei auch ein Energie-Verbraucher ist – in vollumfänglicher Weise erfüllt, begriffen haben, dass es Ihnen in erster Linie nicht um eine erhellende Diskussion sondern schlicht um Diffamierung und Verunsicherung (des Deppen - wahlweise Verbrauchers) geht.

Diffamierung, ebenfalls wahlweise, entweder der des Lesers oder der des Herrn Fricke.

Ich hoffe, Sie konnten diesem, meinem Erguss inhaltlich folgen!

Diese, meine Meinung ist i. Ü. keine Diffamierung.

Diese, meine Meinung ist fundiert dokumentiert durch Ihre eigenen Beiträge.

Herr Fricke hat die Geduld, die Kompetenz, schlicht das Format, trotzdem sachlich, verständlich und fachbezogen zu antworten
- und dafür, unabhängig aller Inhalte, zolle ich ihm Respekt.
Andere Leser mögen das anders sehen.
Das fällt dann schlicht unter den Begriff \"Meinungsfreiheit\".

Der geneigte Leser (Charakterbeschreibung siehe oben) hatte inzwischen in vielen Threads das, manchmal durchaus zweifelhafte, Vergnügen, Ihren, teils ermüdend und abstrus konstruierten, teils erhellenden Argumentationen folgen zu dürfen.

Das bedeutet inhaltlich, und in doppeldeutiger Hinsicht, allerdings nicht zwangsläufig dasselbe wie „zu können“.

Akzeptiert.
Geschenkt.
Und jetzt lasst es bitte endgültig gut sein.

P.S. Jeder Mensch hat eine andere Sichtweise bzgl. Ironie und Humor.
Eben deswegen mögen Nuancen für andere Menschen nicht in gleichem Maße verständlich sein.
Das ist grundsätzlich aber nicht schlimm, macht ja auch weiter nichts – außer die Welt bunter!
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: tangocharly am 21. Juli 2009, 21:46:53
@Kampfzwerg

Könnte mir auch mal schon so vorstellen, dass dies im Forum keiner mehr liest.

Erinnert ein bisschen an die Szene im \"Dschungelbuch\", wo die Geier auf den Ästen sitzen und darüber diskutieren: \"was fangen wir noch an\".

Das Ganze wird noch so richtig gut werden, wenn dann erst mal die amtlichen Urteilsgründe vorliegen.....
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Ronny am 22. Juli 2009, 08:34:11
@ Kampfzwerg

Ihre Bewunderung für Herrn Fricke in allen Ehren, aber Herr Fricke wird auch mal die Kritik vertragen müssen, auf ganz konkrete Fragen nur sehr ausweichend und ablenkend geantwortet zu haben.

Welches meiner Argument innerhalb dieses Threads, in dem es um die Leitbildfunktion der GasGVV und die Auswirkungen des Urteils des BGH vom 15.07.2009 geht, ist denn abstrus konstruiert?
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 22. Juli 2009, 15:15:00
@Ronny

Es tut mir leid, wenn Ihnen das Vorverständnis fehlen sollte, wie Juristen Preisänderungen üblicherweise legis artis prüfen.  (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=59048#post59048)
Ich meine, es mehrmals dargelegt zu haben. Manchmal hilft auch ein Repetitorium nicht weiter.

Das trägt die  Diskussion inhaltlich aber leider auch nicht weiter.

Die mündliche Verhandlung beim BGH über die Revision gegen das Urteil des OLG Oldenburg vom 05.09.2008 wird erst im Jahre 2010 sein.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 22. Juli 2009, 16:55:47
Zitat
Original von RR-E-ft
@Ronny

Es tut mir leid, wenn Ihnen das Vorverständnis fehlen sollte, wie Juristen Preisänderungen üblicherweise legis artis prüfen.  (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=59048#post59048)

@Ronny, machen Sie sich nichts daraus, denn auch ich halte die Prüfungsreihenfolge von RR-E-ft für verfehlt.


Zitat
Original von RR-E-ft
Ein \"energierechtlich unversauter\" Jurist würde legis artis prüfen:

Ist § 315 Abs. 1 und 3 BGB unmittelbar anwendbar?

Das ist nur dann der Fall wenn die Parteien bei Vertragsabschluss vereinbart haben, eine Partei solle die Leistung nach Vertragsabschluss bestimmen. Ist § 315 Abs. 1 und 3 BGB unmittelbar anwendbar, bedarf es keiner Preisänderungsklausel für einseitige Preisbestimmungen.

Nur wenn man diese Frage verneint, etwa weil die Parteien sich bereits über den Preis geeinigt haben, stellt sich die Frage, ob eine Preisänderungsklausel in den Vertrag einbezogen wurde.

Dann stellt sich die Frage, ob eine Preisänderungsklausel gem. Art. 229 Abs. 5 EGBGB iVm. § 305 II BGB wirksam in den Vertrag einbezogen wurde.

Dann stellt sich weiter die Frage, ob die Klausel der Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB standhält.

Nur wenn man die letzten beiden Fragen bejahen konnte, stellt sich die entscheidende Frage, ob die vorgenommene Preisänderung in Ordnung ist.

Die Beantwortung dieser Frage beurteilt sich danach, ob die Preisänderung tatbestandlich dem Inhalt der Preisänderungsklausel entspricht. Die Prüfung erfolgt also allein anhand des tatbestandlichen Inhalts der Klausel.

Bei einer automatischen HEL- Klausel etwa hätte man zu prüfen, ob sich der Preis tatsächlich nach der in der Klausel enthaltenen Berechnungsvorschrift errechnet.

Für eine Billigkeitskontrolle an dieser Stelle  ist dabei deshalb schon kein Platz, weil man schon am Anfang abgeprüft hatte, ob § 315 Abs. 1 und 3 BGB auf den konkreten Vertrag überhaupt unmittelbare Anwendung findet und diese Frage eindeutig verneint hatte.

Lässt sich die Preisänderung nicht anhand des tatbestandlichen Inhalts der Klausel kontrollieren, so ist die Klausel nicht eindeutig genug und deshalb unwirksam.

Ich empfehle dagegen folgenden Prüfungsaufbau :

1. Ist im Vertrag überhaupt ein Preisanpassungsrecht vvereinbart?

wenn ja

2. Ist das vertragliche Preisanpassungsrecht wirksam i.S.d. § 307 BGB?

wenn ja

3. Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Preisanpassung vor?

wenn ja

4. Wurde die Anpassungshöhe korrekt umgesetzt.

wenn ja --> Preisanpassung berechtigt

Bei Übernahme des gesetzlichen Preisanpassungsrechtes der Grundversorgung greift ab Schritt 3 die Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: reblaus am 22. Juli 2009, 17:02:50
@Kampfzwerg
Mit Ihrer mehrjährigen Erfahrung in diesem Forum dürften Sie gut darüber Bescheid wissen, dass das Ergebnis rechtswissenschaftlicher Untersuchung nicht zwischen richtig oder falsch unterscheidet sondern nur zwischen vertretbar und nicht vertretbar. Fast jedes Gesetz kann in unterschiedlicher Weise ausgelegt werden. Deshalb entscheidet schlussendlich ein oberstes Gericht welche Auslegung Gültigkeit haben soll.

Bei der in der Entscheidung vom 15.07.2009 vom BGH vorgenommenen Stellungnahme haben weder Black noch Ronny oder ich jemals behauptet, dass die von RR-E-ft vertretene Auffassung nicht vertretbar und damit unwissenschaftlich wäre. Wir wenden uns einzig gegen den Anspruch von RR-E-ft, seine Auffassung sei unfehlbar, und die Stellungnahme des BGH ein „Skandal“. Wer derart schweres Geschütz gegen das höchste deutsche Gericht auffährt und damit scharf schießt, von dem darf erwartet werden, dass er präzise und stichhaltige Argumente liefert, warum die besten Juristen des Landes so fatal versagt haben sollen.

Würden solche Behauptungen von RR-E-ft nicht auf scharfen Widerspruch stoßen, käme bei den Laien in diesem Forum unweigerlich der Verdacht auf, die obersten Gerichte würden gar nicht nach Recht und Gesetz entscheiden, sondern es stünden bei den Urteilen Willkür und Interessenpolitik im Vordergrund.

Tatsächlich ist die Ursache zahlreicher versorgerfreundlicher Entscheidungen nicht die Unwilligkeit der Richter, sondern die Unfähigkeit der beteiligten Verbraucheranwälte. Hätten die sich vor der jeweiligen Entscheidung ein paar hypothetische Gedanken gemacht, wäre der Sockelpreis oder seine Anwendbarkeit auf Sonderverträge vielleicht nie in die obergerichtliche Rechtsprechung eingegangen. Insoweit nehme ich folgendes Zitat als Kompliment auf.

Zitat
Original von RR-E-ft Spezialist für die Gestaltung hypothetischer Fälle ist reblaus.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 22. Juli 2009, 18:32:24
@Black

Der VIII. Zivilsenat prüft die unmittelbare Anwendung von § 315 Abs. 1 und 3 BGB bisher vorrangig (VIII ZR 36/06 Tz. 32 und VIII ZR 138/07 Tz. 16).

Dass muss auch so sein. Denn wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen, verbietet es sich von selbst, erst nach der Einbeziehung und Wirksamkeit einer Preisänderungsklausel zu fragen. Sonst würde man in einem solchen Fall, in dem die Voraussetzungen für die unmittelbare Anwendung des § 315 Abs. 1 und 3 BGB auf den konkreten Vertrag vorliegen, ja fehlerhaft ein wirksames Preisbestimmungsrecht des Versorgers verneinen, wenn keine Preisänderungsklausel über AGB in den Vertrag einbezogen wurde.

Deshalb muss man m. E. die Prüfungsreihenfolge legis artis zwingend einhalten, um nicht zu Fehlentscheidungen zu gelangen.

Zitat
BGH VIII ZR 138/07 Tz. 16

Eine unmittelbare Anwendung von § 315 Abs. 1 und 3 BGB setzt voraus, dass die Parteien vereinbart haben, eine von ihnen solle nach Abschluss des Vertrages die Leistung bestimmen. Daran fehlt es, wenn zwischen den Parteien eine vertragliche Einigung über den Preis zustande gekommen ist.

Fast wie in Stein gemeißelt.

Entscheidend wird es wohl auf die Frage ankommen, wann die tatbestandlichen Voraussetzungen der Klausel eindeutig für eine Verpflichtung zur Preisanpassung (nachträgliche Preisabsenkung) vorliegen. (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=59041#post59041)

Wenn die die Verpflichtung zur Preisanspassung nicht tatbestandlich eindeutig geregelt ist, dann soll sich wohl die Frage nach dem Recht zur Anpassung schon nicht mehr stellen [VIII ZR 56/08 und VIII 225/08]

Zitat
Original BGH

Etwas anderes ergibt sich auch nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit aus dem Verweis auf § 5 Abs. 2 GasGVV und die einseitige Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen.

Der durchschnittliche Verbraucher muss anhand der Klausel erkennen können, wann eine Verpflichtung zur Preisanspassung besteht und ob einer solchen bestehenden Verpflichtung (vollumfänglich) entsprochen wurde.

Die Eindeutigkeit in diesem Punkt ist wohl auch erforderlich für Ihren Prüfungsschritt Nr. 3.

Zitat
Original von Black

 3.Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Preisanpassung vor?

wenn ja

4. Wurde die Anpassungshöhe korrekt umgesetzt.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Kampfzwerg am 22. Juli 2009, 22:22:43
Geschrieben von Ronny
Ihre Bewunderung für Herrn Fricke in allen Ehren, aber Herr Fricke wird auch mal die Kritik vertragen müssen, auf ganz konkrete Fragen nur sehr ausweichend und ablenkend geantwortet zu haben.


@Ronny  

Ihre Äußerung ermöglicht mir mindestens drei Schlussfolgerungen.
1. (Entweder) Sie haben mich nicht verstanden. 2. (Oder) Sie wollen mich nicht verstehen. (Und) 3. entspreche ich offensichtlich nach Ihrer Ansicht dem von mir beschriebenem Klischee.  
Wie praktisch – und so einfach kann die Welt dann erklärt sein.
(Eine vierte, mögliche Interpretation wäre natürlich, dass Sie mich nicht verstehen können.)  

Das Wort meiner Wahl war: Respekt. Anders ausgedrückt: Achtung.
Nicht Bewunderung. Das Wort Bewunderung hat, nach meiner Meinung, immer den schalen Beigeschmack einer völlig kritiklosen, verehrenden Art der „Götteranbetung“.
Beides entspricht weder meinem Wesen noch meinem Intellekt.
In Kenntnis dieser weiterführenden Hintergrund-Informationen werden Sie mir sicher verzeihen, dass ich mich des Eindrucks leichter Herablassung hinsichtlich der Wahl Ihrer Worte „Bewunderung“ und „in Ehren“ des ersten Satzteils leider nicht erwehren konnte.  

Der Inhalt des zweiten Satzteil Ihrer Bemerkung fordert, Sie ahnen es wahrscheinlich bereits, ebenfalls meinen Widerspruch heraus.
Mir persönlich erschienen die besagten Antworten oftmals durchaus sehr verständlich, logisch und nachvollziehbar.
Ihnen offenbar nicht.
„Ausweichend und ablenkend“ wird eben subjektiv von jedem Leser anders empfunden.
Andererseits riefen die besagten „ganz konkreten Fragen“  bei mir auch oftmals ein Kopfschütteln (naturgemäß ebenfalls subjektiv empfunden; ob der mir zumindest so erscheinenden - Verzeihung -„Korinthenkackerei“  bzw. ?vorgegebenen? Begriffsstutzigkeit) hervor.  
Und nun? Spricht das jetzt gegen mich und für Sie. Oder für mich und gegen Sie.
Oder gar für eine neuartige, andere Art der Relativitätstheorie?
Ist schon erstaunlich, was man in (aus) ein paar Worte (n) so alles hineininterpretieren oder auch herauslesen kann.
Frei nach dem Motto: Bei Kopf verlieren Sie – bei Zahl gewinne ich. ;-)  




@reblaus  

zu Absatz 1:
ich stimme Ihnen zu. Denn leider haben Sie recht, dass die Legislative, sprich herrschende und verantwortliche Politiker, nicht in der Lage ist (sind), trotz der Mitarbeit von Heerscharen hochbezahlter Fachleute mit juristischer Ausbildung, eine eindeutig auszulegende Gesetzgebung zu formulieren, die nicht erst höchstrichterlich interpretiert bzw. kassiert werden muss.
Zum Leidwesen der jeweils Betroffenen. Und zur Freude von Juristen.
Und das -  das ist der eigentliche Skandal!
In diesem Zusammenhang kann sich der Gedanke an Willkür und Interessenpolitik erstmalig aufdrängen.  

zu Absatz 2, Satz 2 und 3:
Woraus Sie den subjektiven Schluss ziehen, dass RR-E-ft einen „Anspruch auf seine unfehlbare Meinung“ vertreten würde, entzieht sich sowohl meinem Verständnis als auch meinem Empfinden.
Wie Sie bereits richtig bemerkt haben, habe ich mehrjährige Erfahrung in diesem Forum und kann Ihre Meinung eben deswegen nicht nachvollziehen.
Dahingegen kann man bei genauerer Betrachtung des besagten „schweren Geschützes“ „gegen“ den BGH unschwer eine entschärfte Formulierung in Gestalt der Verwendung des Konjunktivs „wäre ein Skandal“ erkennen, der dann ebenfalls die weitere Kommentierung des Sachverhalts unter m. E. durchaus „ präziser und stichhaltiger Argumente“ kennzeichnet.  

Ich weiss nicht, wie es Ihnen geht, aber das, was ich erwarte, ist eine schlüssige Urteilsbegründung des BGH - und dann sehen wir weiter, ob und wie die Ihrer Ansicht nach „besten Juristen des Landes“ ggf. versagt haben sollten.
Sie werden gestatten, dass sich, ob des Anflugs eines weiteren Gedankens an Willkür und Interessenpolitik, auch am Wahrheitsgehalt dieser, Ihrer Aussage begründete Zweifel einschleichen könnten.  

Zu Absatz 3:
Über die Qualität des kolportierten „scharfen Widerspruchs“ kann man durchaus geteilter Meinung sein. Grundsätzlich kann und sollte Widerspruch, bestenfalls, eine Bereicherung jeder Diskussion darstellen. Wie mir persönlich allerdings wiederholt eindrucksvoll bewiesen wurde: Das wäre der Idealfall. Kann. Muss aber nicht.
Bei mir, als einem Laien in diesem Forum, kam dieser subjektive Verdacht bereits schon lange vor meiner hiesigen Anmeldung auf.
Zumindest in Bezug auf die Interessenpolitik. Und unabhängig von Energiepolitik. Willkür verbietet sich wegen der Offensichtlichkeit bzw. Nachprüfbarkeit wohl von selbst. Und wahrscheinlich leider auch nur deswegen.
„bei den Laien in diesem Forum unweigerlich...“ Glauben Sie wirklich an dieses Klischee des „depperten Verbrauchers“?
Oder möchten Sie den Verbraucher nur vor seiner eigenen Dummheit beschützen. Herablassung oder Hochmut? Hoffentlich beides nicht.
Ich gehe allerdings auch nicht wirklich von reinem Altruismus aus.  

Zu Absatz 4:
Tatsächlich? Ist das so?
Entweder es handelt sich bei der von Ihnen aufgestellten Behauptung ! die „Ursache zahlreicher versorgerfreundlicher Entscheidungen [wäre]nicht die Unwilligkeit der Richter, sondern die Unfähigkeit der beteiligten Verbraucheranwälte“  um eine reine Hypothese, oder Sie können hellsehen.
Und mit dieser Bemerkung würde ich noch nicht einmal die Möglichkeit negieren, dass Sie recht haben könnten.
Und das Bestehen dieser Möglichkeit wiederum ist, und das ganz nebenbei, die Basis jedweder Diskussion.      





Und noch einmal für alle zur Klarstellung:
Mir geht es definitiv nicht darum, dass/ob/wie jemand in der Lage ist, oder auch nicht,  auf konstruktive Kritik einzugehen.
Unterschiedliche Argumente, Ansichten, Kritik und auch die Stellungnahme darauf, gehört zu jeder lesenswerten Diskussion.
Die im Idealfall den Horizont des Lesers erweitern sollte.
Das, was mir definitiv von Tag zu Tag weniger gefiel, war die Art der Kritik und der m. E. zunehmend schlechte Stil, den die Beiträge der von mir angesprochenen Herren – und das täglich mehr und in verschiedenen Threads– erkennen ließen.
Mir persönlich erscheint ein zunehmend schlechter Stil - damit einhergehende persönliche, und negativ pauschalierende Bemerkungen - und die dokumentierte, dementsprechende Wortwahl wie „unflätig“, „Orchideendasein“, „Sie fälschen schlicht und ergreifend den Wortlaut der Presseerklärung“, „Herr Fricke gibt nie konkrete Antworten - zumindest keine, die die konkrete Frage beantworten“ etc. pp. (das ist nur ein Minimalausschnitt),
die lediglich den Selbstzweck einer negativen Stimmungsmache erfüllen soll, und unter der Berücksichtigung der jeweils gegebenen Antworten, als äußerst unfair.
Davon einmal abgesehen, dass der Verbraucher an sich in manchen Augen nur als Persiflage eines treudoofen, leichtgläubigen Deppen taugen mag. Und wissen Sie, was das Dumme bei einem Klischee ist?
Es entspricht viel zu oft der Realität. Und eben vielleicht auch deswegen - unter anderem ! - reagiere ich auf derartige, zunächst unterschwellig und später offen ausgedrückte, Unterstellungen und Unfairness, noch dazu hier in diesem Forum, leicht allergisch!  

Und das alles dann unter der Schutzbehauptung: „Würden solche Behauptungen von RR-E-ft nicht auf scharfen Widerspruch stoßen, käme bei den Laien in diesem Forum unweigerlich der Verdacht auf,...“ ??? Danke. Nein Danke.


Mich erinnert der Stil irgendwie an Stadler und Waldorf.
Allerdings sassen die nur zu zweit auf dem Balkon. ;)
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: reblaus am 23. Juli 2009, 17:36:38
Zitat
Original von Kampfzwerg ich stimme Ihnen zu. Denn leider haben Sie recht, dass die Legislative, sprich herrschende und verantwortliche Politiker, nicht in der Lage ist (sind), trotz der Mitarbeit von Heerscharen hochbezahlter Fachleute mit juristischer Ausbildung, eine eindeutig auszulegende Gesetzgebung zu formulieren, die nicht erst höchstrichterlich interpretiert bzw. kassiert werden muss.
Zum Leidwesen der jeweils Betroffenen. Und zur Freude von Juristen.
Und das - das ist der eigentliche Skandal!
In diesem Zusammenhang kann sich der Gedanke an Willkür und Interessenpolitik erstmalig aufdrängen.
Zitat
Original von reblaus Es mag ja sein, dass der Gesetzgeber häufig unkluge Gesetze erlässt, die oft auch noch schlampig formuliert wurden. Das gesetzliche Preisanpassungsrecht in der Grundversorgung ist sicherlich keine gesetzgeberische Meisterleistung. Dieser Regelung vorzuwerfen, sie würde einseitig die Interessen der Gasversorger bevorzugen, und sei deshalb nach § 307 BGB ungeeignet wortgleich in Privatverträgen verwendet zu werden, ist ungerecht und halte ich für undemokratisch. Es steht uns jederzeit frei, eine Mehrheit dafür zu organisieren, dass eine transparentere Regelung geschaffen wird, die dann automatisch auch alle neu abgeschlossenen Sonderverträge ändern würde
Hierauf die Antwort von RR-E-ft
Zitat
Original von RR-E-ft Echt?! In der Theorie klingt das gut, wie so vieles von Ihnen.

Wie würde denn Ihr enstprechender Klageantrag auf Kundenseite lauten und wie begründen Sie einen solchen?
oder
Zitat
Original von RR-E-ftSie bauen in Ihren Beiträgen immer nur Popanze auf.
Noch besser war
Zitat
Original von RR-E-ft Ich stelle mir schon länger die Frage, wovon Sie hier reden bzw. \"hyperventilieren\", wie Sie es gelegentlich auszudrücken pflegen. Das möchte ich gern eingestehen.

@Kampfzwerg
Tut mir leid, wenn ich den Diskussionsstil von RR-E-ft nur äußerst unvollkommen kopiert habe :D.

Bei Ihnen meine ich, dass Sie mit zweierlei Maß messen. Die Scharfzüngigkeit von RR-E-ft kann Ihnen ja wohl kaum entgangen sein. Ich halte es da mit Ronny. Es gibt in diesem Forum Bewunderer von RR-E-ft und Sie gehören dazu. Das ist auch Ihr gutes Recht und wird von mir nicht in Frage gestellt. Aber bitte verstehen Sie auch mich, dass ich mich nicht von jedem kreischenden Fan zur Ordnung rufen lassen will.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: tangocharly am 26. Juli 2009, 17:39:00
Zitat
@reblaus
Bei Ihnen meine ich, dass Sie mit zweierlei Maß messen. Die Scharfzüngigkeit von RR-E-ft kann Ihnen ja wohl kaum entgangen sein. Ich halte es da mit Ronny. Es gibt in diesem Forum Bewunderer von RR-E-ft und Sie gehören dazu. Das ist auch Ihr gutes Recht und wird von mir nicht in Frage gestellt. Aber bitte verstehen Sie auch mich, dass ich mich nicht von jedem kreischenden Fan zur Ordnung rufen lassen will.



..... in der Ruhe liegt die Kraft.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Kampfzwerg am 29. Juli 2009, 15:11:00
...
Zitat
Original von reblaus
Treiben Sie ihn nicht zu sehr in die Ecke. Er wird dann unflätig.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 29. Juli 2009, 16:01:22
Die Urteilsbegründungen des BGH zu den Urteilen vom 15.07.2009 liegen nun vor und sollten auch bald der Allgemeinheit veröffentlicht werden.

Der BGH hat nun wie folgt entschieden:

Zitat
BGH, Begründung zum Urteil vom 15.07.2009, VIII ZR 56/08


Der Revision ist allerdings zuzugeben, dass eine § 5 Abs. 2 GasGVV nachgebildete vertragliche Preisanpassungsklausel nicht den Anforderungen genügt, die die höchstrichterliche Rechtsprechung in anderen Fällen an die tatbestandliche Konkretisierung von Anlass, Voraussetzungen und Umfang eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts stellt (Urteilszitate). § 5 Abs. 2 GasGVV regelt nur ...(Inhaltswidergabe).... Die Vorschrift läßt nicht erkennen, dass das Versorgungsunternehmen bei der Preisanpassung das Äquivalenzverhältnis wahren muss und sie nicht nutzen darf, über die Abwälzung konkreter  ostensteigerungen hinaus den zunächst vereinbarten Preis ohne Begrenzung anzuheben, um nicht nur Gewinnschmälerungen zu vermeiden, sondern einen zusätzlichen Gewinn zu erzielen. Sie läßt den Kunden weiterhin im Unklaren (...)

Dies steht der unveränderten Übernahme von § 5 Abs. 2 GasGVV in einen Sonderkundenvertrag unter dem Gesichtspunkt einer unangemessenen Benachteiligung des Sonderkunden (§ 307 Abs. 1 BGB) indes nicht entgegen.

Wie oben ausgeführt, soll es den Versorgungsunternehmen nach dem Willen des Gesetzgebers freistehen, ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen mit Sonderabnehmern entsprechende den allgemeinen Versorgungsbedingungen auszugestalten, und soll der Schutz der Sonderabnehmer nicht weitergehen als derjenige Tarifabnehmer.

Der Gesetzgeber hat deshalb mit der Regelung der Gasgrundversorgungsverordnung selbst den Maßstab gesetzt, nach dem zu beurteilen ist, ob Sonderkunden durch eine Preisanpassungsklausel im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB unangemessen benachteiligt werden. Mit einer unveränderten Übernahme von § 5 GasGVV in das Sonderverhältnis wird das vom Gesetzgeber angestrebte Ziel erreicht, Sonderkunden nicht besser aber auch nicht schlechter zu stellen als Tarifkunden.

Es ist nicht ersichtlich, dass dafür im Bereich von Sonderverträgen höhere Anforderungen an die Bestimmtheit und Konkretisierung einer Preisanpassungsregelung gestellt werden müssten, als sie im Bereich der Grundversorgung durch § 5 GasGVV unmittelbar erfüllt werden. Dem Sonderkunden steht ebenso wie dem Grundversorgungskunden eine Überprüfung von Preisänderungen nach § 315 BGB offen.

Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 31. Juli 2009, 15:07:17
@Black

Nun habe ich das Urteil VIII ZR 56/08, das den BGH- Anwälten des Klägers am 30.07.2009 zuging, auch gelesen. Becker Büttner Held lag es wohl früher vor.

Entscheidend ist Tz. 36

Zitat
Im Gesamtzusammenhang gewährleisten die Vorschriften damit, dass dem Grundversorgungskunden im Falle einer Preisänderung zwei Alternativen offen stehen. Er kann entweder am Vertrag festhalten und die Preisänderung gem. § 315 BGB auf ihre Billigkeit überprüfen lassen. Oder er kann sich spätestens gleichzeitig mit dem Wirksamwerden der Preisänderung vom Vertrag lösen und den Anbieter wechseln. Daraus folgt, dass dem Haushaltskunden im Zusammenhang mit einer entsprechend den Regelungen der Gasgrundversorgungsverordnung gestaltete Preisanpassungsregelung ein § 20 Abs. 1 Satz 1 GasGVV entsprechendes Kündigungsrecht eingeräumt werden muss, um eine sachliche Gleichbehandlung von Grundversorgungskunden und Haushaltssonderkunden in jeder Hinsicht zu gewährleisten. Das ist Voraussetzung dafür, dass eine derartige Preisanpasungsregelung in einem Haushaltssonderkundenvertrag einer Inhaltskontrolle gem. § 307 Abs. 1 BGB standhält. Dann kann das Kündigungsrecht aber nicht zugleich als Kompensation für eine unangemessene Benachteiligung des Haushaltssonderkunden dienen, die sich daraus ergibt, dass die Preisanpassungsregelung als solche zum Nachteil des Kunden von den Regelungen der Gasgrundversorgungsverordnung abweicht.

§ 20 Abs. 1 GasGVV bestimmt, dass der Grundversorgungsvertrag mit einer Frist von einem Monat auf das Ende eines Kalendermonats gekündigt werden kann. An einem solchen Kündigungsrecht  fehlt es bei Energielieferungsverträgen, die eine Mindestvertragslaufzeit vorsehen. Eine solche Preisanpassungsmöglichkeit funktioniert mithin jedenfalls nicht bei Verträgen, die auf längerfristige Kundenbindung (Mindestvertragslaufzeit) angelegt sind.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 31. Juli 2009, 16:20:47
Zitat
Original von RR-E-ft
§ 20 Abs. 1 GasGVV bestimmt, dass der Grundversorgungsvertrag mit einer Frist von einem Monat auf das Ende eines Kalendermonats gekündigt werden kann. An einem solchen Kündigungsrecht  fehlt es bei Energielieferungsverträgen, die eine Mindestvertragslaufzeit vorsehen. Eine solche Preisanpassungsmöglichkeit funktioniert mithin jedenfalls nicht bei Verträgen, die auf längerfristige Kundenbindung (Mindestvertragslaufzeit) angelegt sind.

Sehe ich nicht so:

Zitat
BGH, Urteil vom 15.07.2009, VIII ZR 225/07


Insofern ist eine sachliche Gleichbehandlung der Haushaltssonderkunden mit den Tarifkunden geboten. Die Haushaltssonderkunden der Beklagten werden auf der Grundlage des Vertrages (Vertragsname) ebenso wie Tarifkunden aufgrund eines standartisierten Vertrages zu einheitlichen Preisen mit Gas beliefert. Der Vertrag ist auch trotz der besonderen Bedingungen über die Vertragslaufzeit in § … der Allgemeinen Geschäftsbedingungen einem auf unbestimmte Zeit laufenden Tarifkundenvertrag vergleichbar. Denn es ist zwar ein Kündigungsrecht beider Parteien jeweils für einen bestimmten Zeitraum ausgeschlossen, der Vertrag wird jedoch automatisch verlängert, wenn er von keiner der beiden Parteien gekündigt wird.

.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 31. Juli 2009, 16:27:31
@Black

Wo haben Sie denn diese Urteilsbegründung schon wieder her?

Ein Vertrag mit Mindestvertragslaufzeit ist bereits wirtschaftlich nicht mit einem unbefristeten Sondervertrag vergleichbar, der auch im Falle eines Kostenanstiegs durch ordnungsgemäße Kündigung oder  Änderungskündigung durch den Lieferanten beendet werden kann. Mit einem Tarifkundenvertrag, der aufgrund der bestehenden gesetzlichen Versorgungspflicht vom Versorger nicht gekündigt werden kann (§ 20 Abs. 1 Satz 3 GVV enthält nur eine Klarstellung), ist ein solcher Vertrag auch nicht vergleichbar.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 31. Juli 2009, 16:40:29
Der BGH setzt zumindest offensichtlich einen Sondervertrag mit Festlaufzeit und automatischer Verlängerungsfunktion - unter dem Gesichtspunkt der zulässigen Übernahme der Preisanpassung - mit einem Tarifkundenvertrag gleich.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 31. Juli 2009, 16:42:40
Birnen oder Pflaumen aus dem Glas sind schließlich gleichermaßen Kompott....

Dass reblaus keinem begreiflich machen kann, dass es sich bei Energielieferungsverträgen eigentlich um Warentermingeschäfte handelt, für die möglicherweise ein anderer Senat zuständig ist. ;)

Ich habe VIII ZR 225/07 noch nicht im Wortlaut vorliegen.

Findet sich darin auch eine Passage folgenden Inhalts?

Zitat
\"Mangels anderweitiger vertraglicher Vorgaben hat die Beklagte damit die Möglichkeit, den Zeitpunkt zu bestimmen, zu dem sie von dem Preisänderungsrecht Gebrauch macht, und durch die Wahl des Preisanpassungstermins erhöhten Gasbezugskosten umgehend, niedrigeren Gasbezugskosten jedoch nicht oder erst mit zeitlicher Verzögerung durch eine Preisänderung Rechnung zu tragen. Mit diesem Inhalt weicht die Klausel von dem gesetzlichen Leitbild des § 5 Abs. 2 GasGVV (§ 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV) zum Nachteil des Sonderkunden ab (BGHZ 176, 244, Tz. 20 f., 26).\"
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: reblaus am 01. August 2009, 08:11:21
@RR-E-ft
Zitat
Original von reblaus Dass reblaus keinem begreiflich machen kann, dass es sich bei Energielieferungsverträgen eigentlich um Warentermingeschäfte handelt, für die möglicherweise ein anderer Senat zuständig ist.
Schließen Sie nicht so sehr von sich auf andere. Andere können die Definition von Wikipedia sowohl lesen als auch verstehen.

Zitat
Ein Termingeschäft, auch Zeitgeschäft genannt, ist ein Geschäft über den Kauf bzw. Verkauf eines Gutes zu einem fest vereinbarten Preis, der erst eine gewisse Zeit nach dem Abschluss erfüllt wird. Üblicherweise spricht man ab einem Zeitraum von mehr als zwei Tagen von einem Termingeschäft, darunter von einem Kassageschäft.
Falls Sie es jetzt noch immer nicht verstanden haben, könnte das einfach daran liegen, dass Sie mit diesem Thema überfordert sind.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: nomos am 02. August 2009, 09:02:46
Da bieten sich doch langsam wieder die Stellagegeschäfte an, nachdem manche Forenteilnehmer kräftig dabei sind nicht nur Energie zu verbrauchen, sondern \"Bio\"-Gas*) und \"Öko\"-Strom auch produzieren.  Jetzt fehlt dafür nur noch ein ordentlicher Börsenhandel für die Energiewarentermingeschäfte. Ahoi Wettbewerb! ;)

PS:
*) \"Bio\"-Gas - warum nur für Tansania. Zurück zur Natur auch in Stuttgart (https://www.uni-hohenheim.de/uploads/tx_newspmfe/pm_Biogas_support_for_Tanzania_BiogaST_Stud_2009-07-27_status_10.pdf) auf dem Küchenbalkon. Man spart die Abfalltonne.  ;)
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: reblaus am 02. August 2009, 12:25:05
@nomos
Ein Warentermingeschäft hat per Definition nichts mit einem Börsengeschäft zu tun. Das ist der Denkfehler dem RR-E-ft unterliegt. Eine Warenterminbörse ist lediglich ein Marktplatz an dem solche Geschäfte zu standardisierten Regeln abgeschlossen werden können.

Der Vorteil einer Börse liegt darin, dass dort stets Geschäftspartner zu finden sind, die die gewünschte Gegenposition einnehmen wollen. Durch die stetigen und hohen Umsätze ergibt sich eine hohe Preistransparenz.

Sollten auf dem zukünftigen Erdgasmarkt die Strukturen mit vielen kleinen Gasversorgern erhalten bleiben, besteht langfristig überhaupt keine andere Möglichkeit als die verschiedenen Erdgasqualitäten an einer Börse zu handeln. Nur mit einem solchen Marktplatz haben kleinere Händler überhaupt eine Chance ihren Bedarf zu Marktpreisen einzukaufen.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 03. August 2009, 15:22:53
Siehste hier. (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=59294#post59294)
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 03. August 2009, 15:47:47
Die Diskussion um das Warenterminsgeschäft zwischen reblaus und RR-E-ft finde ich sehr unterhaltsam. Da diese sich aber quer durch mehrere Threads erstreckt und ich Mühe habe den Anfang zu finden eine kurze Zwischenfrage

@reblaus

Welche Folge wollen Sie aus der Einordnung als Warenterminsgeschäft herleiten?
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 03. August 2009, 16:17:44
@Black

Zitat
Original von RR-E-ft

Ich habe VIII ZR 225/07 noch nicht im Wortlaut vorliegen.

Findet sich darin auch eine Passage folgenden Inhalts?

Zitat
\"Mangels anderweitiger vertraglicher Vorgaben hat die Beklagte damit die Möglichkeit, den Zeitpunkt zu bestimmen, zu dem sie von dem Preisänderungsrecht Gebrauch macht, und durch die Wahl des Preisanpassungstermins erhöhten Gasbezugskosten umgehend, niedrigeren Gasbezugskosten jedoch nicht oder erst mit zeitlicher Verzögerung durch eine Preisänderung Rechnung zu tragen. Mit diesem Inhalt weicht die Klausel von dem gesetzlichen Leitbild des § 5 Abs. 2 GasGVV (§ 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV) zum Nachteil des Sonderkunden ab (BGHZ 176, 244, Tz. 20 f., 26).\"
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: Black am 03. August 2009, 16:50:57
@RR-E-ft

Wenn Sie ohne, dass Ihnen die Entscheidung vorliegt, ganze Passagen erahnen können, erstaunt es umso mehr, dass Sie immer wieder von der Entscheidungstendenz des BGH überrascht werden.

Ja, diese Passage existiert, sie zeigt wenn ich mich recht erinnere eine Abweichung der selbst gewählten Klausel vom Leitbild auf.
Titel: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Beitrag von: RR-E-ft am 03. August 2009, 17:07:44
@Black

Danke für die Nachschau.