Forum des Bundes der Energieverbraucher

Energiepreis-Protest => Grundsatzfragen => Thema gestartet von: Black am 01. September 2008, 11:18:12

Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Black am 01. September 2008, 11:18:12
Oft wird in diesem Forum die Rechtsansicht vertreten, der Energieversorger sei im Rahmen der Billigkeitsprüfung verpflichtet auch den Ausgangspreis bzw. den aktuellen Gesamtpreis- und nicht nur streitige Preisanpassungen-offenzulegen.

Aus dieser vollständigen Offenlegung der Preise könnte dann jedermann

- die Einkaufspreise des Versorgers
- seine laufenden Betriebskosten
- seinen Gewinnspanne

einsehen. Derartige Informationen würden natürlich die Konkurrenz auf dem Energiemarkt sehr erfreuen. Abgesehen davon stellt sich die Frage, was dies dem Kunden bringen soll.

Mir fallen da nur folgende Möglichkeiten ein:

1. der Kunde hofft, dass der Versorger diese Offenlegung scheut und daher einbehaltene Abschläge nicht einklagt

2. der Kunde hofft, dass das Gericht die Gewinnspanne des Versorgers irgendwie unbillig findet und aus diesem Grund den Preis kürzt. Dies wäre langfristig gesehen der Tod des Wettbewerbs und eine Rückkehr zu den genehmigten Tarifen \"durch die Hintertür\".
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 01. September 2008, 12:04:23
@Black

Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 13.06.2007 - VIII ZR 36/06 klar gesagt, dass zunächst zu prüfen sei, ob überhaupt ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht besteht. Ein solches bestehe, wenn sich das Recht des Versorgers, die Entgelte zu ändern, aus dem Gesetz ergibt. Dann unterliege die Ausübung eines solchen Leistungsbestimmungsrechts der gerichtlichen Billigkeitskontrolle in unmittelbarer Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB. In jener Entscheidung stellt der BGH zugleich heraus, dass auch der Anfangspreis zu kontrollieren sei, wenn der Versorger im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gegenüber dem Vertragspartner auf dem sachlich-relevanten Markt eine Monopolstellung einnahm.

Aus Rdnr. 35 dieser Entscheidung geht hervor, dass die Frage, ob der Versorger gegenüber dem Kunden bei Vertragsabschluss eine solche Monopolstellung einnahm, vom Tatsachengericht festzustellen ist und der BGH an diese Feststellung gebunden sei. Das anhängige Verfahren VIII ZR 138/07, zu dem der Verkündungstermin auf den 19.11.2008 verschoben wurde, betrifft z.B. einen Fall, wo das Landgericht Duisburg eine Monopolstellung des Gasversorgers festgestellt hatte.

Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 04.03.2008 - KZR 29/06 gesagt, dass bei bestehendem gesetzlichen Leistungsbestimmungsrecht das Gesamtentgelt dann der Billigkeitskontrolle unterliege, wenn die Entgelthöhe nicht durch wirksamen Wettbewerb begrenzt sei.

Ob die entsprechenden Voraussetzungen im konkreten Einzelfall vorliegen, ist wiederum von den Tatsachengerichten zu klären.

Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 13.06.2007 - VIII ZR 36/06 festgestellt, dass bei bestehendem (gesetzlichem) eineitigem Leistungsbestimmungsrecht die Weitergabe gestiegener Kosten der Billigkeit entsprechen kann. Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 29.04.2008 - KZR 2/07 im Anschluss daran festgestellt, dass sich bei gesetzlichem Leistungsbestimmungsrecht bereits aus der gesetzlichen Regelung auch eine Verpflichtung ergibt, bei Kostensenkungen auch die Entgelte abzusenken.

Wenn bei gesetzlichem Leistungsbestimmungsrecht die jeweilige Entgelthöhen das Ergebnis von Ermessensentscheidungen sind, die Entgelte zu erhöhen, abzusenken oder aber stabil zu halten, und zudem das Recht zur Erhöhung wie auch die Pflicht zur Absenkung von der konkreten Kostensituation des Unternehmens abhängen, so sollte dies wohl entsprechende Konsequenzen zeitigen. Eine Frage der inneren Logik.

Nur wenn überhaupt ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht besteht, geht es schlicht und ergreifend darum, ob derjenige, der zur Leistungsbestimmung berufen ist, bei der Ausübung dieses Rechts die naturgemäß gegenläufigen Interessen beider Vertragspartner unter umfassender Würdigung des Vertragszwecks zutreffend gegeneinander abgewogen hat.

Bei Ihren Betrachtungen (jedermann könnte...) verkennen Sie offensichtlich, dass in einem Zivilprozess dann, wenn es auf Betriebsgeheimnisse ankommen sollte, gem. § 172 Abs. 2 GVG die Öffentlichkeit ausnahmsweise ausgeschlossen werden kann.

Für die Frage, was Betriebsgeheimnisse sein könnten, ist zu berücksichtigen, inwieweit etwa gesetzliche Publizitätspflichten bestehen. Besteht eine gesetzliche Publizitätspflicht, kann es sich nicht um ein Geschäftsgehemnis handeln. Auch Marktpreise auf vorgelagerten Beschaffungsmärkten sind wohl zumindest marktöffentlich und können deshalb keine Geschäftsgeheimnisse bilden. Die Marktpreise sollte also sowieso jeder Marktteilnehmer kennen können.  

Worauf der Kunde hofft, ist dafür ebenso ohne Belang, wie die Hoffnung des Versorgers, der ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht für sich in Anspruch nimmt und nur deshalb der gerichtlichen Billigkeitskontrolle in unmittelbrer Anwendung des  § 315 Abs. 3 BGB unterliegt (Kehrseite ein und derselben Medaille).

Siehe auch hier. (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=46454#post46454)
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Black am 01. September 2008, 12:48:09
So viel Text und so wenig Aussage....

Zitat
Original von RR-E-ft
@Black

Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 13.06.2007 - VIII ZR 36/06 (....)
Aus Rdnr. 35 dieser Entscheidung geht hervor, (...)

Schöne langatmige Darstellung zur Anwendbarkeit des § 315 BGB, sicher interessant für Laien oder Studenten, aber keine Aussage zur Eingangsfrage.

Zitat
Original von RR-E-ftDer BGH hat in seiner Entscheidung vom 04.03.2008 - KZR 29/06 gesagt, (...)
Ob die entsprechenden Voraussetzungen im konkreten Einzelfall vorliegen, ist wiederum von den Tatsachengerichten zu klären.]

Wie wahr, wie wahr... aber noch immer keine Antwort zur Frage.

Zitat
Original von RR-E-ftDer BGH hat in seiner Entscheidung vom 13.06.2007 - VIII ZR 36/06 festgestellt, (...)]

Weitere langatmige Ausführungen zu längst bekannter Rechtsprechung, aber noch immer nix zum Thema...




Zitat
Original von RR-E-ft
Worauf der Kunde hofft, ist dafür ebenso ohne Belang, wie die Hoffnung des Versorgers, der ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht für sich in Anspruch nimmt und nur deshalb der gerichtlichen Billigkeitskontrolle in unmittelbrer Anwendung des  § 315 Abs. 3 BGB unterliegt (Kehrseite ein und derselben Medaille).

Endlich was zum Thema, allerdings verstehe ich nicht was sie meinen.

Sie müssen übrigens nicht bei jeder Frage erneut die Große Geschichte der BGH Rechtsprechung in voller Länge erläutern. Es genügt beim Thema zu bleiben.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 01. September 2008, 13:06:02
@Black

Sie haben diesen Thread mit einem Beitrag begonnen, der aus Ihrer Sicht viele Feststellungen trifft, die Sie in den Raum gestellt haben. Er enthält - soweit ich sehen kann - vornehmlich Feststellungen Ihr eigenes Vorstellungsvermögen betreffend, aber keine Fragen.

Mein Beitrag in Erwiderung darauf, den Sie als langatmig und allenfalls noch für Laien und Studenten als interessant empfinden mögen, stellt die Situation aus meiner Sicht erschöpfend dar.

Zitat
Original von Black
Oft wird in diesem Forum die Rechtsansicht vertreten, der Energieversorger sei im Rahmen der Billigkeitsprüfung verpflichtet auch den Ausgangspreis bzw. den aktuellen Gesamtpreis- und nicht nur streitige Preisanpassungen-offenzulegen.

Auf den ersten Blick eine grob falsche Aussage, wie gezeigt werden kann:

Der Ausgangspreis ist bei gesetzlichem Leistungsbestimmungsrecht veröffentlichungspflichtig und also offen zu legen. Ebenso verhält es sich dabei mit dem aktuellen Preis, der sich zumeist aus Grund- und Arbeitspreis zusammensetzt. Die Veröffentlichung ist dabei bekanntlich sogar die Grundvoraussetzung für die Geltung des einseitig festgesetzten Preises, undzwar auch vollkommen ohne Unbilligkeitseinrede. :rolleyes:

Hier im Forum wurde sehr oft - u. a. von mir - sehr ausführlich darauf hingewiesen, dass es keine Verpflichtung des Versorgers gibt, seine Kalkulationsgrundlagen offen zu legen, dass jedoch im Rahmen der Darlegungs- und Beweislast eines Billigkeitsverfahrens eine entsprechende Obliegenheit bestehen kann. Soviel Differenzierung möchte man (nicht unbedingt von Laien und Studenten im Erstsemester)erwarten. Der erste Absatz Ihres Eingangsbeitrages entbehrt also schon der Grundlage.

Der zweite Absatz Ihres Eingangsbeitrages betrifft Annahmen, die schlicht nicht zutreffen.

Zitat
Original von Black

Aus dieser vollständigen Offenlegung der Preise könnte dann jedermann

- die Einkaufspreise des Versorgers
- seine laufenden Betriebskosten
- seinen Gewinnspanne

einsehen. Derartige Informationen würden natürlich die Konkurrenz auf dem Energiemarkt sehr erfreuen.

Wie gesagt, die Preise müssen veröffentlicht werden und werden zumeist auch veröffentlicht, ohne dass man aus diesen die Einkaufspreise des Versorgers, seine laufenden Betriebskosten oder seine Gewinnspanne ersehen kann. Wenn man die zu deckenden Kosten daraus tatsächlich ersehen und also die Deckungsbeiträge ermitteln könnte, gäbe es gewiss weniger Aufregeung.

Über meinen Hinweis auf  § 172 Abs. 2 GVG im Zusammenhang mit Preiskalkulationen gehen Sie getrost hinweg, obschon gerade der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen möglicherweise Ihr Thema sein sollte.

So genau kann man leider gar nicht erkennen, was Sie eigentlich mit diesem Beitrag thematisieren wollten.

Zitat
Original von Black

Mir fallen da nur folgende Möglichkeiten ein:

1. der Kunde hofft, dass der Versorger diese Offenlegung scheut und daher einbehaltene Abschläge nicht einklagt

2. der Kunde hofft, dass das Gericht die Gewinnspanne des Versorgers irgendwie unbillig findet und aus diesem Grund den Preis kürzt. Dies wäre langfristig gesehen der Tod des Wettbewerbs und eine Rückkehr zu den genehmigten Tarifen \"durch die Hintertür\".

Ihr eigenes Vorstellungsvermögen, dem wohl der dritte Abschnitt Ihres Ausgangsbeitrages gewidmet ist (\"Mir fallen da nur folgende Möglichkeiten ein...\"), sollte gewiss nicht Thema sein. Eine Diskussion darüber wäre jedenfalls offensichtlich wenig zielführend. Um das eigene Vorstellungsvermögen und dessen etwaige Begrenztheit zu thematisieren, suche man sich ggf. andere Dialogpartner.  ;)

Übrigends ist nicht immer lediglich eine Entgelterhöhung streitgegenständlich im Sinne von § 308 ZPO.

So betrifft etwa das am achten Zivilsenat des BGH unter dem Aktenzeichen VIII ZR 138/07 anhängige Verfahren, einen Fall, bei dem nicht eine einzelne Erhöhung, sondern der Zahlungsanspruch des Gasversorgers streitgegenständlich ist. Das Verfahren betrifft die in Form einer Widerklage erhobene Zahlungsklage des Gasversorgers. Diesen hatte das Landgericht Duisburg in Abänderung des Urteils des AG Dinslaken abgewiesen.

Zitat
Original von Black

Abgesehen davon stellt sich die Frage, was dies dem Kunden bringen soll.


Ich hoffe, dass Sie nicht ernstlich die Frage aufwerfen wollen, was etwa der vom Urteil des LG Duisburg v. 10.05.2007- 5 S 76/06 (http://www.energieverbraucher.de/files.php?dl_mg_id=863&file=dl_mg_1179347215.pdf) betroffene Kunde nun davon hat/ was es ihm bisher gebracht hat. Diese Frage könnten Sie sich indes wohl leicht selbst beantworten. ;)

Gegenstand der gerichtlichen Billigkeitskontrolle gem. § 315 Abs. 3 BGB ist die Frage, ob bei vertraglichem/ gesetzlichem Leistungsbestimmungsrecht die Ermessensentscheidung der zur Leistungsbestimmung berufenen Vertragspartei auf zutreffender Abwägung der (naturgemäß) gegenläufigen Interessen beider Vertragspartner unter umfassender Würdigung des Vertragszwecks gründet.

Diese Frage hat damit, ob ein Wettbewerb besteht oder nicht, schlicht und ergreifend nichts zu tun. Voraussetzung ist lediglich, dass einer Vertragspartei ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht zusteht.

Diejenige  Vertragspartei, die sich vertraglich ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht gem. § 315 Abs. 1 BGB einräumen lässt, muss wissen, dass ihre einseitige Leistungsbestimmung von Anfang an einer solchen gerichtlichen Billigkeitskontrolle gem. § 315 Abs. 3 BGB  unterliegt, bei der es auf die Abwägung der gegenläufigen Interessen beider Vertragspartner unter umfassender Würdigung des Vertragszwecks ankommt. Vertragszweck ist regelmäßig eine möglichst preisgünstige leitungsgebundene Energieversorgung.

Diejenige Vertragspartei, die sich bei Vertragsabschluss ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht hinsichtlich der vom Kunden zu zahlenden Entgelte vertraglich einräumen lässt, hat somit die sich daraus automatisch ergebenden rechtlichen Konsequenzen (Kehrseite ein und der selben Medaille) selbst gewählt, aus freiem Entschluss. Das wird leider gern vergessen. Deshalb ist die ganze Aufregung wenig verständlich.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Black am 02. September 2008, 17:51:18
Wenn man von ihren ellenlangen und an dieser Stelle überflüssigen Ausführungen zum Wesensgehalt des § 315 BGB einmal absieht ist doch folgendes festzustellen:

1. Eine Gesamtpreiskontrolle vor deutschen Gerichten findet derzeit nicht statt. Sie vertreten zwar die Auffassung eine solche Kontrolle sei nun nach der Entscheidung des Kartellsenats rechtlich verbindlich festgestellt, aber es bleibt dabei, faktisch erfolgt bislang keine Kontrolle des Ausgangspreises vor irgendeinem deutschen Gericht.

2. Die ganze Energieprotest-Fraktion hier versucht eine solche Ausgangspreiskontrolle zu erreichen. Vielleicht in der Mehrzahl nicht bewusst, aber zumindest der Aussage in den blind kopierten \"Musterschreiben\" zu folge.

Die Eingangsfrage war nun, was damit praktisch erreicht werden soll. Denn jede Rechtsverfolgung dient einem praktischen Ziel.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 02. September 2008, 18:12:20
@Black

Festzustellen ist, dass Ihre Aussagen schlicht falsch sind.

Mit den von den Verbraucherverbänden aktuell zur Verfügung gestellten Musterbriefen wird zunächst das Recht des Lieferanten zur einseitigen Leistungsbestimmung gem. § 315 Abs. 1 BGB im konkreten Vertragsverhältnis bestritten.

Damit wird klar gemacht, dass gerade  kein einseitiges Leistungsbetimmungsrecht besteht, deshalb auch keine gerichtliche Billigkeitskontrolle durchzuführen ist, die überhaupt nur  im Rahmen der Darlegungs- und Beweislast eine entsprechende Obliegenheit begründen könnte.

Das gefällt den Versorgern nicht. Diese plädieren für eine (eingeschränkte) Billigkeitskontrolle, weil sie meinen, ihnen stünde in jedem Fall ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht zu.  Ein solches setzen sie einfach voraus bzw. nehmen es sich gegenüber ihren Vertragspartnern einfach heraus.

Nur hilfsweise, nämlich für den Fall, dass ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB im konkreten Vertragsverhältnis überhaupt  bestehen sollte, werden mit den Musterbriefen die einseitigen Entgeltfestsetzungen insgesamt, bestehend aus Grund- und Arbeitspreis, gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB als unbillig gerügt.

Der BGH hat bisher entschieden, dass gegenüber Tarifkunden ein gesetzliches Leistungsbestimmungsrecht im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB besteht (VIII ZR 36/06),  in Sonderverträgen hingegen  kein gesetzliches Leistungsbestimmungsrecht im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB besteht (KZR 2/07).

Gegenüber Nicht- Haushalts-Tarifkunden ist ein gesetzliches Leistungsbestimmungsrecht gem. § 116 Satz 2 EnWG zumeist durch eine einzige einseitige Preisänderung nach Inkrafttreten des EnWG 2005 erloschen (vgl. nur Salje, EnWG- Komm., § 116 Rn. 14 f.).

Dass dann, wenn bei Vertragsabschluss ein einseitiges Leistungbestimmungsrecht gem. § 315 Abs. 1 BGB hinsichtlich der zu zahlenden Entgelte vertraglich vereinbart wurde, der gesamte Preis der gerichtlichen Billigkeitskontrolle in unmittelbarer Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB unterliegt, stellt (contra legem!) niemand ernsthaft in Zweifel. Ein solcher Fall stand jedoch bisher noch nicht zur Entscheidung an.

Mit der hilfsweise erhobenen Unbilligkeitseinrede soll ganz offensichtlich das legitime Ziel verfolgt werden, gerichtlich kontrollieren zu lassen, ob bei bestehendem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht (aber auch nur dann !) der zur Leistungsbestimmung berufene Vertragsteil bei seiner Ermessensentscheidung eine zutreffende Abwägung vorgenommen, die Interessen seines Vertragspartners dabei tatsächlich in der gebotenen Weise berücksichtigt hat oder aber ausschließlich  bzw. überwiegend eigene Interessen verfolgt hat, insbesondere der gesetzlichen Verpflichtung aus § 2 Abs. 1 EnWG Rechnung getragen wurde.

Es bestehen hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass dies (gerade im HuK- Gasbereich) nicht der Fall ist. Hierzu ist u. a. auf die amtliche Bergründung der Bundesregierung zur Verschärfung der kartellrechtlichen Preismissbrauchsaufsicht im Energiebereich gem. § 29 GWB zu verweisen. Die Bundesregierung hat diese Gesetzesänderung wegen eines auf umfassenden Untersuchungen gründenden Abzocke- Verdachts gegen die Branche auf den Weg gebracht. Bundestag und Bundesrat haben der verschärften Preismissbrauchsaufsicht aus eben jenem Grunde zugestimmt, der Bundespräsident sah sich veranlasst, die Gesetzesänderung auszufertigen, so dass sie mittlerweile in Kraft getreten ist. Das wären Fakten, die man feststellen kann.

Bei gesetzlichem Leistungsbestimmungsrecht besteht eine gesetzliche Verpflichtung zur möglichst preisgünstigen, effizienten leitungsgebundenen Versorgung mit Elektrizität und Gas zu verbraucherfreundlichen Bedingungen im Interesse der Allgemeinheit. Spiegelbildlich haben die Kunden, denen gegenüber ein gesetzliches Leistungbestimmungsrecht besteht, einen entsprechenden Anspruch auf eine solche Versorgung. Dieser Anspruch des betreffenden Kunden soll praktisch durchgesetzt werden.  Darauf ist die Rechtsverfolgung ganz offensichtlich angelegt.

Die gerichtliche Rechtsverfolgung ist also darauf angelegt, einer bestehenden gesetzlichen Verpflichtung und einem daraus folgenden Anspruch zum Durchbruch zu verhelfen. Darin liegt eine rechtsstaatliche Aufgabe der Gerichte.

Im Übrigen habe ich meine Auffassung klar dargestellt und begründet und verwahre mich deshalb gegen Unterstellungen.

Der BGH hat bisher eine Billigkeitskontrolle bei gesetzlichem Leistungsbestimmungsrecht in unmittelbarer Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB bestätigt (VIII ZR 36/06 Rdn. 14, KZR 29/06), eine daraus zugleich folgende gesetzliche Verpflichtung aufgezeigt (KZR 2/07 Rdn. 26) und darüber hinaus die Voraussetzungen benannt, unter denen der Gesamtpreis einer gerichtlichen Billigkeitskontrolle unterliegt, eine Obliegenheit besteht, im Rahmen der Darlegungs- und Beweislast die  Entgeltkalkulation offen zu legen (VIII ZR 36/06, III ZR 277/06, KZR 29/06).
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Black am 02. September 2008, 19:30:37
Zitat
Original von RR-E-ft
@Black

Festzustellen ist, dass Ihre Aussagen schlicht falsch sind.

Mit den von den Verbraucherverbänden aktuell zur Verfügung gestellten Musterbriefen wird zunächst das Recht des Lieferanten zur einseitigen Leistungsbestimmung gem. § 315 Abs. 1 BGB im konkreten Vertragsverhältnis bestritten.

Damit wird klar gemacht, dass gerade  kein einseitiges Leistungsbetimmungsrecht besteht, deshalb auch keine gerichtliche Billigkeitskontrolle durchzuführen ist, die überhaupt nur  im Rahmen der Darlegungs- und Beweislast eine entsprechende Obliegenheit begründen könnte.

Das gefällt den Versorgern nicht. Diese plädieren für eine (eingeschränkte) Billigkeitskontrolle, weil sie meinen, ihnen stünde in jedem Fall ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht zu.  Ein solches setzen sie einfach voraus.

Im Rahmen der Grundversorgung - wo diese Musterbriefe von Kunden oft und gerne verwendet werden - besteht  mit § 5 Abs. 2 Strom/GasGVV ein einseitiges Preisanpassungsrecht des Versorgers (so BGH VIII ZR 36/06, Rdn. 14 -15 der Urteilsbegründung). Insoweit ist unklar weshalb hier noch immer das Preisanpassungsrecht bestritten wird.

Im Rahmen von Sonderkundenverträgen dagegen mag es sinnvoll sein ein Preisanpassungsrecht zu bestreiten. Allerdings wegen der Vielzahl der Möglichkeiten wie dort die Preisanpassungsklauseln ausgestaltet sind erscheint hier ein Bestreiten per \"Musterschreiben\" ohne den jeweiligen Vertrag geprüft zu haben unangemessen.

Zitat
Original von RR-E-ftNur hilfsweise, nämlich für den Fall, dass ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB im konkreten Vertragsverhältnis überhaupt  bestehen sollte, werden mit den Musterbriefen die einseitigen Entgeltfestsetzungen insgesamt, bestehend aus Grund- und Arbeitspreis, gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB als unbillig gerügt.

Und zwar pauschal ungeprüft und unbegründet.


Zitat
Original von RR-E-ftDass dann, wenn bei Vertragsabschluss ein einseitiges Leistungbestimmungsrecht gem. § 315 Abs. 1 BGB hinsichtlich der zu zahlenden Entgelte vertraglich vereinbart wurde, der gesamte Preis der gerichtlichen Billigkeitskontrolle in unmittelbarer Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB unterliegt, stellt (contra legem!) niemand ernsthaft in Zweifel. Ein solcher Fall stand jedoch bisher noch nicht zur Entscheidung an.

Der BGH hat jedoch in seiner Entscheidung VIII ZR 36/06 festgestellt, dass der vertraglich vereinbarte Ausgangspreis keiner Überprüfung unterliegt sondern nur zwischenzeitliche Anpassungen. Insoweit stelle ich diese Aussage sehr wohl in Zweifel. Dies finde ich auch berechtigt, denn wenn jemand sehenden Auges (als Sonderkunde!) einen Preis akzeptiert, warum soll er ihn dann später plötzlich als unbillig rügen. Auf einen unbilligen preis hätte er sich nicht einlassen müssen.


Zitat
Original von RR-E-ftBei gesetzlichem Leistungsbestimmungsrecht besteht eine gesetzliche Verpflichtung zur möglichst preisgünstigen, effizienten leitungsgebundenen Versorgung mit Elektrizität und Gas zu verbraucherfreundlichen Bedingungen im Interesse der Allgemeinheit. Spiegelbildlich haben die Kunden, denen gegenüber ein gesetzliches Leistungbestimmungsrecht besteht, einen entsprechenden Anspruch auf eine solche Versorgung. Dieser Anspruch des betreffenden Kunden soll praktisch durchgesetzt werden.  Darauf ist die Rechtsverfolgung ganz offensichtlich angelegt.

Der § 1 EnWG ist keine Anspruchsgrundlage sondern eine Zielbestimmung des EnWG. Insoweit besteht auch kein Anspruch auf eine Versorgung zu einem bestimmten Preis.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 02. September 2008, 19:53:03
@Black

Man sollte sich nicht zu viele Gedanken über die Musterbriefe machen.
Die sind inhaltlich vollkommen in Ordnung, weil sie einer inneren Logik folgen. Wenn Sie selbst welche entwerfen und veröffentlichen möchten, steht Ihnen dies selbstverständlich frei. Entsprechende (bessere) Entwürfe können Sie hier im Forum bestimmt gern zur Diskussion stellen.  ;)

Wir erinnern uns vielleicht, dass auch die vielen Anwaltsmahnschreiben von BBH und anderen Kollegen auch nicht differenzieren. Und dass Versorger oft genug ihre Kunden mit  Mustertextbausteinen der Verbände  (\"Mustergas\" - aus dem Werkzeugkasten Branchenkommunikation (http://www.bdew.de/bdew.nsf/id/DE_Branchenkommunikation_Energie?open)) behelligen, ist nun auch kein Geheimnis. Einige waren sogar dämlich genug, bei den veröffentlichten Inhalten \"Mustergas (http://forum.energienetz.de/thread.php?threadid=2583&hilight=Mustergas)\" nicht durch die eigene Unternehmensbezeichnung zu ersetzen.  :rolleyes:

Ich meine, dass die Entscheidung VIII ZR 36/06 den Fall eines gesetzlichen Leistungsbestimmungsrechts betraf. Gerade weil kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht hinsichtlich der Entgelthöhe bei Vertragsabschluss gem. § 315 Abs. 1 BGB vertraglich vereinbart worden war, sollte nicht der Gesamtpreis der Billigkeitskontrolle unterliegen. Die Entscheidung betrifft also gerade keinen Fall, wo bei Vertragsabschluss ein einseitiges Leistungbestimmungsrecht hinsichtlich der Entgelthöhe vertraglich vereinbart wurde.

Gegenüber einem Sondervertragskunden besteht kein gesetzliches Leistungsbestimmungsrecht im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB. Wenn ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht hinsichtlich der Entgelthöhe bei Vertragsabschluss nicht  vertraglich vereinbart wurde, besteht ein solches Recht überhaupt nicht. (Punkt) Dass mangels einseitigem Leistungsbestimmungsrecht die gerichtliche Billigkeitskontrolle in einem solchen Fall keinen Anwendungsbereich hat, hatte ich gerade deutlich herausgestellt. Der bei Vertragsabschluss vereinbarte Preis gilt für beide Vertragsteile kraft Einigung gleichermaßen. Ob ein Preisanpassungsrecht in den AGB besteht, richtet sich danach, ob überhaupt AGB in den Vertrag einbezogen wurden und ggf. ob solche der Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB standhalten, nicht jedoch nach § 315 BGB.

BGH, Urt. v. 13.07.2004 (KZR 10/03) unter II.6:

Zitat
Die Unangemessenheit der Klausel läßt sich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht mit dem Argument ausräumen, eine einseitige Leistungsbestimmung habe gemäß § 315 BGB nach billigem Ermessen zu erfolgen und sei andernfalls unverbindlich. § 315 BGB scheidet als unmittelbare Rechtfertigung einer Klausel schon deshalb aus, weil die Vorschrift eine wirksame Anwendungsvereinbarung bereits voraussetzt und die Entscheidung über die Wirksamkeit der Vertragsklausel sich ausschließlich nach den Angemessenheitsmaßstäben des § 307 BGB, § 9 AGBG richtet (BGHZ 89, 206, 213). Auch als inhaltliche Beschränkung des Anwendungsbereichs einer Klausel läßt sich der in § 315 BGB enthaltene Rechtsgedanke nicht verwerten, weil der weite Spielraum der Billigkeit nicht den an die Eingrenzung und Konkretisierung einer Formularbestimmung zu stellenden Anforderungen genügt (BGHZ 89 aaO).

§ 2 Abs. 1 EnWG enthält eine gesetzliche Verpflichtung. Dies ergibt sich eindeutig aus dem Wortlaut.  Aus der gesetzlichen Verpflichtung folgt spiegelbildlich ein Anspruch undzwar dort, wo eine gesetzliche Versorgungspflicht besteht, §§ 36, 38 EnWG. Den Anspruch haben also diejenigen, die gem. §§ 36, 38 EnWG Anspruch auf Belieferung haben und zudem in diesem Rahmen beliefert werden, also kein Sonderabkommen abgeschlossen haben.

Selbstverständlich besteht in der Grundversorgung kein Anspruch auf eine Belieferung zu einem bestimmten Preis. Es besteht jedoch ein Anspruch darauf, dass der gesetzlich zur einseitigen Leistungsbestimmung im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB  berechtigte Vertragsteil die Entgelthöhe nach billigem Ermessen festsetzt und diese Ermessensausübung wiederum unterliegt der gerichtlichen Billigkeitskontrolle gem. § 315 Abs. 3 BGB.

Die der Billigkeit entsprechenden Ermessensentscheidungen führen gewiss bei den verschiedenen gesetzlich zur einseitigen Leistungsbestimmung berechtigten Unternehmen zu unterschiedlichen Ergebnissen und müssen zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Es gibt keinen bundeseinheitlich angemessenen Erdgaspreis.

Das liegt schon daran, dass sich die Kostenstrukturen der Unternehmen deutlich voneinander unterscheiden. Zum einen unterscheiden sich die Netzkosten. Zum anderen unterscheiden sich die Beschaffungskosten abhängig von der Größe des Unternehmens, dem Zugang zu Importverträgen, dem Zugang zu Speichern usw, aber auch Abnehmerstruktur und - dichte. Gerade deshalb muss die Billigkeitskontrolle ja auch unternehmensindividuell erfolgen, nämlich anhand der allgemeinen und besonderen Kosten, die dem jeweiligen Unternehmen bei einer Belieferung im Rahmen der §§ 36, 38 EnWG enstehen. Deshalb kann man gerade nicht auf Preisvergleiche verschiedener Unternehmen abstellen.
Preisvergleiche ließen nämlich die zutreffende Abwägung der naturgemäß gegenläufigen Interessen der beiden Vertragsteile unter umfassender Würdigung des Vertragszwecks außer acht. Dabei ist es erforderlich, zunächst die gegenläufigen Interessen zu identifizieren um dann die bei der Ermessensausübung vorgenommene Abwägung beurteilen zu können.

Siehste hier (http://www.welt.de/finanzen/article2387852/Vergleich-Die-Gaspreise-in-100-deutschen-Staedten.html)

Zitat
Dem Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) zufolge hängt die Preisentwicklung für Gas im Wesentlichen von der Ölpreis-Entwicklung in den kommenden Monaten und von der Struktur der einzelnen Versorger in der jeweiligen Region ab. Hier können sich die Kosten für eine vierköpfige Familien mit durchschnittlichem Verbrauch um bis zu 300 Euro im Jahr unterscheiden (siehe oben).
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: elmex am 02. September 2008, 20:06:30
Zitat
Original von Black

Im Rahmen der Grundversorgung - wo diese Musterbriefe von Kunden oft und gerne verwendet werden - besteht  mit § 5 Abs. 2 Strom/GasGVV ein einseitiges Preisanpassungsrecht des Versorgers (so BGH VIII ZR 36/06, Rdn. 14 -15 der Urteilsbegründung). Insoweit ist unklar weshalb hier noch immer das Preisanpassungsrecht bestritten wird.

Im Rahmen von Sonderkundenverträgen dagegen mag es sinnvoll sein ein Preisanpassungsrecht zu bestreiten. Allerdings wegen der Vielzahl der Möglichkeiten wie dort die Preisanpassungsklauseln ausgestaltet sind erscheint hier ein Bestreiten per \"Musterschreiben\" ohne den jeweiligen Vertrag geprüft zu haben unangemessen.



Das der Musterbrief sowohl die Rüge eines fehlenden einseitigen Leistungsbestimmungsrechts, als auch die hilfsweise Rüge der Unbilligkeit \"zusammenfasst\", hat in erster Linie praktische Gründe. Denn welcher Kunde (und oft auch: welcher Anwalt) vermag bei den zugrundeliegenden Abrechungspraktiken der Versorger und bei zeitlich weit zurückliegenden Vertragsschlüssen und fehlenden Dokumenten eine zielsichere Bestimmung vorzunehmen, ob ein Sonder- oder ein Grundversorgungsvertrag gegeben ist.

Mit dieser tatsächlich schwierigen Einordnung hat eine Vielzahl von Verbrauchern ersichtlich Schwierigkeiten, wie auch die zahllosen Fragestellungen hierzu im Forum zeigen.

Durch die Erhebung beider Einreden ist zunächst jeder mögliche vertragliche Fall \"abgedeckt\".

Zum Thema der unzureichenden oder verweigerten Billigkeitskontrolle bei vielen Gerichten kann ich nur folgendes anmerken: Auch wenn viele Gerichte sprichwörtlich beide Augen verschliessen, so liegt ein nicht unerheblicher Anteil dieser Entscheidungen bei den entsprechenden Prozeßparteien. Denn immer wider liest man in solchen Entscheidungen, dass der gestellte Klageantrag nur die Erhöhung erfasst und nicht etwa die gesamte einseitige Preisfestsetzung als solche.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RuRo am 02. September 2008, 20:25:09
@Black

Die Antwort zu Ihrer Eingangsfrage lautet, ungeachtet des juristischen Disputs:

Der Verbraucher will einen angemessenen Preis für eine angemessene Leistung. Das Gefühl der Angemessenheit und damit der Preisgerechtigkeit ist dem Verbraucher verständlicherweise abhanden gekommen – deshalb wehrt sich, wer kann und will. Nicht mehr und nicht weniger! Leider ist die Großzahl der Verbraucher (noch) zu träge; die Schmerzgrenze wohl noch nicht überschritten.

Gestatten Sie mir noch eine letzte Anmerkung:

Ihre Beiträge in diesem Thread wirken aggressiv – die besseren Argumente hat in meinen Augen der auserkorene Gegenpart aus Jena.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 02. September 2008, 21:06:10
@RuRo

Bitte bloß keine Lobhudelei. ;)

@Elmex/ Black

Oftmals ist es so, dass die Versorger vorgeben, selbst nicht zu wissen, ob sie ihre Kunden nun aufgrund von Sonderabkommen oder aber als Tarifkunden in der Grundversorgung beliefern. Und auch deren Anwälte, hochspezialisierte allzumal, geben sich damit vollkommen überfordert.

So brachten Kollegen von Freshfields Bruckhaus Deringer in einer Klageerwiderung auf eine Sammelklage, an welcher über 180 Verbraucher beteiligt sind,  2006 zum Vortrag, dass es sich bei 162 Klägern um Gas- Sondervertragskunden der Beklagten handele und nur der Rest Tarifkunden seien, bei denen sich ein Preisänderungsrecht unmittelbar aus der gesetzlichen Regelung in § 4 AVBGasV ergibt. Bei der überwiegenden Mehrheit der Kläger seien hingegen  Allgemeine Geschäftsbedingungen in den Vertrag einbezogen worden, die zur Gaspreisänderung berechtigen. Dass es sich bei diesen Klägern um Sondervertragskunden handelt, wurde durch übereinstimmende Schriftsätze unstreitig gestellt. Die wirksame Einbeziehung entsprechender AGB wurde von den Klägern bestritten. Einige Schriftsätze und Kilo Papier weiter wird dann plötzlich Ende 2007 von den gleichen Prozessbevollmächtigten der Beklagten im selben Gerichtsverfahren wie selbstverständlich zum Vortrag gebracht, alle Kläger seien von Anfang an Gas- Tarifkunden. Das hätten wohl das Landgericht Rostock und das Landgericht Oldenburg so festgestellt und auch das Landgericht Chemnitz. [Dass die an dem Sammelklage- Prozess beteiligten Parteien weder am Landgericht Rostock, noch am Landgericht Oldenburg, noch am Landgericht Chemnitz mit einer entsprechenden Frage vorstellig wurden und diese Gerichte deshalb auch keine Veranlassung hatten, dazu im Verhältnis der Parteien zueinander etwas festzustellen, versteht sich von selbst].

So etwas ist nicht ungewöhnlich. Die Versorger und deren Prozessbevollmächtigte geben vor, selbst nicht zu wissen, auf welcher vertraglichen Grundlage die Belieferung der Kunden erfolgt. Gerade in einem solchen Fall partieller Amnesie ist es wichtig, alles zu erörtern.

Und wenn das schon den in der deutschen Gaswirtschaft wohl hoch angesehenen  Spezialisten von Freshfields Bruckhaus Deringer oder etwa einem Kollegen, der seine Rechtsanwaltskanzlei in den Räumnen der Stadtwerke Wuppertal betreibt, vorgeblich so schwer fällt, die alleweil Vorträge zu diesen Themen bestreiten und auch eine Reihe von Aufsätzen zum Thema veröffentlicht haben, wieviel schwerer muss es dann erst kleinen Stadtwerken und deren Anwälten vor Ort fallen, zu unterscheiden, ob die Belieferung der Kunden nun aufgrund von Sonderabkommen oder aber innerhalb der Grundversorgung erfolgt. Die Verbraucher sollen es wohl besser wissen als die Versorger und wenn sie sich deshalb mit ihrem Widerspruch vertun, später schlicht Pech gehabt haben...

Deshalb die sicheren Musterbriefe der Verbraucherverbände, die auf jede Eventualität zugeschnitten sind. Bei denen kann man sich darauf verlassen, dass genügend erfahrene Rechtsanwälte und Verbandsjuristen ihr Schärflein dazu beigetragen haben.

In der Printausgabe der TAM Nr. 17 - Nachrichten für die Versorgungswirtschaft - vom 28.08.2008, dort auf Seite 2 ist zu lesen, dass anlässlich der laufenden Preiserhöhungen möglicherweise wieder vermehrt mit dem Widerstand der Gaskunden unter Verwendung der Musterbriefe der Verbraucherverbände zu rechnen sei.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: wulfus am 03. September 2008, 07:27:15
Ich stimme RuRo uneingeschränkt zu!
Nach Lesen dieses Austausches von Argumenten, Kritiken und Klarstellungen in diesem Thread kam mir der Gedanke, wie geschähe mir wohl,
wenn Black ein Richter wäre und er würde meinen Gaspreisprotest verhandeln, oder er wäre nur ein Anwalt der Versorgerseite.
Mich wundert es nicht mehr, daß es immer wieder mal Amtsgerichturteile zu Ungunsten des Verbrauchers gibt.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Ronny am 03. September 2008, 11:01:11
Also ich stimme black zu.

Die herablassende und oberlehrerhafte Art, in der Foren Gott Fricke Nachfragen behandelt und damit jede offene Diskussion zunichte macht, finde ich in einem Forum, dass immerhin der Information der Verbruacher dient, wirklich nicht angemessen.

Wenn das hier im Forum so weitergeht, wird kaum noch einer einschätzen können, wie der wirkliche Stand bei der Überprüfung der Gaspreise ist.

Ronni
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 03. September 2008, 12:57:38
@Black

Ich muss mich (etwas) korrigieren:

Zitat
Original von RR-E-ft

Selbstverständlich besteht in der Grundversorgung kein Anspruch auf eine Belieferung zu einem bestimmten Preis. Es besteht jedoch ein Anspruch darauf, dass der gesetzlich zur einseitigen Leistungsbestimmung im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB  berechtigte Vertragsteil die Entgelthöhe nach billigem Ermessen festsetzt und diese Ermessensausübung wiederum unterliegt der gerichtlichen Billigkeitskontrolle gem. § 315 Abs. 3 BGB

Der Kunde, der aufgrund von §§ 36, 38 EnWG beliefert wird, hat einen gesetzlichen Anspruch auf Belieferung zu einem bestimmten Preis.

Es handelt sich dabei um den Allgemeinen Preis, zu dem der BGH tatsächlich in der Entscheidung vom 13.06.2007 (VIII ZR 36/06) festgestellt hat, dass dem Versorger ein gesetzliches Leistungsbestimmungsrecht im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB zusteht. Es handelt sich dabei um das gleiche gesetzliche Leistungsbestimmungsrecht, zu dem sich bereits aus der gesetzlichen Regelung eine Verpflichtung zur Absenkung der Entgelte ergeben soll, wenn es die Kostenentwicklung zulässt und dies für die Kunden günstig ist (KZR 2/07 Rdn. 26). Dieser Allgemeine Preis/ Allgemeine Tarif wird aufgrund des bestehenden gesetzlichen Leistungsbestimmungsrechts im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB durch den Grundversorger bestimmt. Dieses gesetzliche Leistungsbestimmungsrecht eröffnet die  gerichtliche Billigkeitskontrolle des Entgelts. (Besteht ein einseiteitiges Leistungsbestimmungsrecht im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB, so ist die Möglichkeit der gerichtlichen Billigkeitskontrolle gem. §315 Abs. 3 BGB die gesetzlich angeordnete Rechtsfolge).

BGH, Urt. v. 29.04.2008 (KZR 2/07) Rdn. 26:

Zitat
Die Vorschrift bestimmt, dass das Gasversorgungsunternehmen zu den jeweiligen allgemeinen Tarifen und Bedingungen Gas zur Verfügung stellt und dass Änderungen der allgemeinen Tarife und Bedingungen erst nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam werden. Zwar ergibt sich auch aus dem Tarifbestimmungs- und -änderungsrecht entgegen der Auffassung der Kläger ein (gesetzliches) Leistungsbestimmungsrecht im Sinne des § 315 BGB (BGHZ 172, 315 Tz. 17)  Aus der gesetzlichen Bindung des allgemeinen Tarifs an den Maßstab der Billigkeit (BGHZ 172, 315 Tz. 16 f.)  ergibt sich nicht nur die Rechtspflicht des Versorgers, bei einer Tarifanpassung Kostensenkungen ebenso zu berücksichtigen wie Kostenerhöhungen. Der Versorger ist vielmehr auch verpflichtet, die jeweiligen Zeitpunkte einer Tarifänderung so zu wählen, dass Kostensenkungen nicht nach für den Kunden ungünstigeren Maßstäben Rechnung getragen wird als Kostenerhöhungen, so dass Kostensenkungen mindestens in gleichem Umfang preiswirksam werden müssen wie Kostenerhöhungen. Die gesetzliche Regelung umfasst daher neben dem Recht des Versorgers zur Preisanpassung auch die Pflicht hierzu, wenn die Anpassung dem Kunden günstig ist, und enthält damit gerade dasjenige zu einer ausgewogenen Regelung notwendige Element, das der von der Beklagten vorgegebenen vertraglichen Anpassungsklausel fehlt.

In der Entscheidung vom 04.03.2008 [KZR 29/06 Rdn. 18] heißt es dazu:

Zitat
Darauf kommt es jedoch nicht an, da ein Leistungsbestimmungsrecht sich auch aus dem Gesetz ergeben kann (BGHZ 126, 109, 120; BGH, Urt. v. 13.6.2007 – VIII ZR 36/06, NJW 2007, 2540 Tz. 14 [für BGHZ vorgesehen]) und der Beklagten für den streitigen Preis schon von Gesetzes wegen ein solches Bestimmungsrecht zustand.

aaO. in Rdnr. 20 f. weiter:

Zitat
Ebenso wie der Gesetzgeber den Energieversorgern, die nach § 10 EnWG 1998 allgemeine, d.h. für jedermann geltende Tarife aufzustellen haben, hierdurch ein gesetzliches Leistungsbestimmungsrecht eingeräumt hat (BGH NJW 2007, 2540 Tz. 17), ist damit den Netzbetreibern, die allein über die für die Bestimmung des zulässigen Preises erforderlichen tatsächlichen Kenntnisse verfügen, das Recht gegeben worden, unter Beachtung der Vorgaben des Energiewirtschaftsgesetzes und gegebenenfalls der durch Rechtsverordnung konkretisierten Kriterien allgemeine Entgelte für die Netznutzung zu bilden.

Die energiewirtschaftsrechtlichen Kriterien für das zulässige Netznutzungsentgelt stehen damit, wie der Senat bereits entschieden hat (BGHZ 164, 336, 341 – Stromnetznutzungsentgelt I; BGH WuW/E DE-R 1730, 1731 f. – Stromnetznutzungsentgelt II), einem Verständnis der Preisbestimmung als Bestimmung des billigen Entgelts im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB nicht entgegen. Der Maßstab der Billigkeit und Angemessenheit ist lediglich kein individueller, sondern muss aus der typischen Interessenlage des Netznutzungsverhältnisses und den für dessen Ausgestaltung maßgeblichen gesetzlichen Vorgaben gewonnen werden (vgl. BGHZ 115, 311, 317 ff.; BGH NJW 2007, 2540 Tz. 17).

Der damit eröffneten Nachprüfung der Billigkeit des Netznutzungsentgelts steht auch nicht entgegen, dass in dem Netznutzungsvertrag durch die Bezugnahme auf das Preisblatt die Höhe des Erstentgelts betragsmäßig bestimmt worden ist und das Berufungsgericht nicht festgestellt hat, dass das streitige, seit dem 1. November 2001 zu zahlende Entgelt aufgrund der vertraglich vorgesehenen jährlichen Überprüfung erhöht worden ist.

@Ronny

Gerade weil es auch für Verbraucher nachvollziehbar sein soll, geraten meine Beiträge mitunter (manche meinen langatmig) etwas umfangreicher, wofür ich höflichst um Nachsicht bitte.

Ich habe es so verstanden, dass der vom Versorger gebildete/ zu bildende Allgemeine Tarif gem. § 10 EnWG bzw. Allgemeine Preis gem. §§ 36, 38 EnWG an den Maßstab der Billigkeit gebunden ist. Weiter meine ich, dass für Energieversorger in § 2 Abs. 1 EnWG eine gesetzliche Verpflichtung festgeschrieben ist, die dabei zu beachten ist. Dafür, dass § 1 EnWG bei der Billigkeitskontrolle eines von einem Energieversorgungsunternehmen einseitig festgesetzten Preises zu beachten ist, vgl. schon BGH, Urt. v. 02.10.1991 (VIII ZR 240/90) (http://www.energieverbraucher.de/files.php?dl_mg_id=550&file=dl_mg_1132088878.pdf) = NJW-RR 1992, 183.

Das sollte jeder für sich noch einmal nachlesen. Die Entscheidung darüber fällt - Gott sei Dank - sicher nicht per TED.

Bei bestehendem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht (wenn, dann) hängt die Höhe des vom Kunden nach Vertragsabschluss zu zahlenden vertraglichen Entgelts von den Ermessensentscheidungen des Versorgers ab, die Entgelte hinsichtlich Grund- und/oder Arbeitspreis zu erhöhen, abzusenken oder aber stabil zu halten. Logisch.

Siehe zum Beispiel hier (http://www.dk-online.de/index.php?artikel=5170936)

Zitat
Wie berichtet, steigt der Brutto-Grundpreis ab Oktober auf 214,20 Euro (bislang 142,80 Euro). Der Bruttopreis pro Kilowattstunde erhöht sich von 6,02 Cent auf 6,85 Cent. Die SWD (Stadtwerke Delmenhorst) haben angekündigt, durch ein deutliches Anheben des Grundpreises und eine moderate Heraufsetzung des Arbeitspreises den Anstieg insgesamt sozial gerechter auffangen zu wollen. Familien und Wohnblocks als eine Einheit würden weitaus stärker belastet, wenn die notwendige Erhöhung allein dem Arbeitspreis – also dem Preis pro Kilowattstunde – zugeschlagen würde.

Da werden Gaspreise wohl nach Gusto kalkuliert. Kein Kunde könnte ersehen unter welchen Voraussetzungen wann der Grundpreis in welchem Umfang wieder abzusenken sei. Ob die neu festgesetzte Grundpreishöhe oder die Erhöhung des Grundpreises angemessen ist, lässt sich auch nicht ergründen. Die Beschaffungskosten haben mit den Grundpreisen nichts zu tun. Zudem könnte der Verbraucher dem Preisanstieg auch nicht durch Energieeinsparungen ausweichen.

Undurchsichtige Gas- Preisgestaltung (http://www.swd-gruppe.de/delmenhorstGips/Gips?SessionMandant=Delmenhorst&Anwendung=CMSWebpage&Methode=ShowHTMLAusgabe&RessourceID=7346&WebPublisher.NavId=7346&SessionMandant=Delmenhorst)

*********


Wenn man sich an einer Diskussion aktiv beteiligen möchte, sollte man vielleicht zunächst sagen, worin man ggf. einem \"Vorredner\" in der Sache zustimmt und warum man eine entsprechende Auffassung vertritt, worauf diese inhaltlich gründet. Dann wollen wir uns in Sachlichkeit üben, die Diskussion nicht auf der persönlichen Ebene führen. (Läge mir aber auch.)
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Black am 03. September 2008, 17:31:31
Zitat
Original von RR-E-ft

Der Kunde, der aufgrund von §§ 36, 38 EnWG beliefert wird, hat einen gesetzlichen Anspruch auf Belieferung zu einem bestimmten Preis.

Warum klagt der Kunde dann nicht auf Belieferung zu genau diesem Preis? Dem billigst möglichen Preis?

Exkurs:
Zur Art Ihrer Antworten. Ich halte es persönlich so, auf direkte Fragen möglichst direkt zu antworten und mich nicht hinter seitenlangen Ausführungen zu verstecken. Das ist natürlich eine Frage des persönlichen Stils.

Ein Beispiel:
 ich kann die Frage: \"Was ist 3 + 4?\" direkt beantworten mit:  \"7\".

Ich könnte aber auch erläutern:

Bei der Frage 3+4 handelt es sich um ein mathematisches Problem.
...

...


(so kann man ewig weitermachen ohne überhaupt zum Problem zu kommen)

Bei der Frage 3 + 4 handelt es sich um ein Problem der Addition. Die Addition (lat. addere hinzufügen) ist eine der vier Grundrechenarten in der Arithmetik. In der Grundschule und in der Umgangssprache verwendet man meist den Ausdruck Zusammenzählen für die Addition von zwei oder mehr Zahlen.Das Zeichen für die Addition ist das Pluszeichen „+“. Es wurde 1489 von Johannes Widman eingeführt.Die Elemente, die addiert werden, heißen Summanden, das Ergebnis nennt man Wert der Summe.Aus dem Englischen kommend wird der erste Summand gelegentlich auch Augend genannt. Der zweite Summand heißt dann Addend.

Die Umkehroperation der Addition ist die Subtraktion. Sie wird als Addition mit der Gegenzahl aufgefasst. Um beliebig mit ganzen Zahlen addieren und subtrahieren zu können, muss man die natürlichen Zahlen um die negativen Zahlen zu den ganzen Zahlen erweitern.

.
.
.
das könnte man endlos fortsetzen. Inhaltlich richtig. Zur praktischenDiskussion fast wertlos.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: elmex am 03. September 2008, 18:26:51
Zitat
Original von Black

Warum klagt der Kunde dann nicht auf Belieferung zu genau diesem Preis? Dem billigst möglichen Preis?


Kennen Sie diesen Preis? Wie wollen Sie diesen Preis als Kunde kennen, wenn Ihr Versorger sich über sämtliche Kalkulation in Schweigen hüllt?

Zitat
Original von Black

Aus dieser vollständigen Offenlegung der Preise könnte dann jedermann

- die Einkaufspreise des Versorgers
- seine laufenden Betriebskosten
- seinen Gewinnspanne

einsehen. Derartige Informationen würden natürlich die Konkurrenz auf dem Energiemarkt sehr erfreuen.


Von welcher Konkurrenz und von welchem Energiemarkt sprechen Sie? Ein funktionierendes Marktsystem mit einer marktgerechten Preisbildung aufgrund von Angebot und Nachfrage existiert gerade nicht.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 03. September 2008, 18:30:01
Zitat
Original von Black
Warum klagt der Kunde dann nicht auf Belieferung zu genau diesem Preis? Dem billigst möglichen Preis?

Ihre Frage verstehe ich angesichts der geltenden Zivilprozessordnung nicht.

Der grundversorgte Kunde wird zu den vom Grundversorger einseitig festgesetzten (bestimmten) Allgemeinen Preisen beliefert.

Die Ausgangsfrage (sofern es eine solche gibt) war wohl, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen der Gesamtpreis der Billigkeitskontrolle unterliegt.

Meinem Stil entsprechend habe ich in meinem letzten Beitrag insbesondere unter Verweis auf die umstrittene Gaspreisneufestsetzung der Stadtwerke Delmenhorst zum 01.10.08 dargelegt, dass und warum m. E. die vom Grundversorger einseitig festgesetzten Allgemeinen Preise der Billigkeitskontrolle unterliegen.

Die Angemessenheit der Allgemeinen Preise hängt von der unternehmensindividuellen Kostenkalkulation ab, wobei der Kunde nicht erkennen und wissen kann, welche Kosten in die konkrete Preiskalkulation einfließen, wie diese Kosten sich ändern, welche Kosten in die Grundpreise und welche Kosten in die Arbeitspreise Eingang finden. Gerade darum wird ja oft und gern ein Geheimnis gemacht.

BGH, Urt. v. 04.03.2008 (KZR 29/06) Rn. 20:

Zitat
Ebenso wie der Gesetzgeber den Energieversorgern, die nach § 10 EnWG 1998 allgemeine, d.h. für jedermann geltende Tarife aufzustellen haben, hierdurch ein gesetzliches Leistungsbestimmungsrecht eingeräumt hat (BGH NJW 2007, 2540 Tz. 17), ist damit den Netzbetreibern, die allein über die für die Bestimmung des zulässigen Preises erforderlichen tatsächlichen Kenntnisse verfügen, das Recht gegeben worden, unter Beachtung der Vorgaben des Energiewirtschaftsgesetzes und gegebenenfalls der durch Rechtsverordnung konkretisierten Kriterien allgemeine Entgelte für die Netznutzung zu bilden.

Der betroffene Kunde selbst verfügt also nicht über die erforderlichen tatsächlichen Kenntnisse für die Bestimmung des zulässigen (angemessenen) Preises. Deshalb kann er auch nicht mit Erfolg auf die Festsetzung eines solchen bestimmten Preises klagen. Schließlich ist der angemessene Preis auch nicht für alle Zeiten feststehend, sondern er ändert sich mit den unternehmensindividuellen Kosten, vgl. nur BGH, Urt. v. 29.04.2008 (KZR 2/07, Rdn. 26).

Es muss deshalb vollkommen ausreichen, wenn der betroffene Kunde die einseitig (neu) festgesetzten Entgelte insgesamt, bestehend aus Grund- und Arbeitspreis, gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 3 GVV als unbillig rügt und hiernach Abschlags- und Rechnungsbeträge kürzt. Es bleibt dann dem Versorger überlassen zu entscheiden, ob er den Kunden wegen zurückbehaltener Beträge auf Zahlung verklagt und einer möglicherweise im Prozess bestehenden Obliegenheit zur Offenlegung der Preiskalkulation nachkommt oder aber nicht, vgl. BGH, Urt. v. 30.04.2003 (VIII ZR 278/02, VIII ZR 279/02), Urt. v. 02.10.1991 (VIII ZR 240/90).

Sieht sich der Versorger in der Lage, die Angemessenheit seiner einseitig festgesetzten Preise vor Gericht nachzuweisen, wird er es tun, ansonsten wohl lassen. Gibt der Versorger sich mit den gekürzten Zahlungen zufrieden (nicht selten der Fall), ist der Kunde auch zufrieden und auch die Justiz wird entlastet.  Ganz nebenbei wird kein Versorger gezwungen, Betriebsgeheimnisse vor Gericht zu erörtern, noch nicht einmal gem. § 172 Abs. 2 GVG unter Ausschluss der Öffentlichkeit. (Freiwilligkeitsprinzip)

Schließlich kann der Versorger seine Zahlungsklage erst kurz vor Ablauf der Verjährung anbringen, zu einem Zeitpunkt also, zu dem die für den streitgegenständlichen Zeitraum relevante Kostensituation jedenfalls nicht mehr wettbewerbsrelevant sein kann, weil sich die Kostensituation  zwischenzeitlich längst  wieder geändert hat (Vorlieferantenwechsel, Neuverträge auf Bezugsseite etc. pp.)

Streitet man sich z. B. ab Ende 2008 um die Angemessenheit von in 2005 geforderten (einseitig festgesetzten) Erdgaspreisen, hat jedenfalls kein Heizölhändler (vorgeblicher Wettbewerber) mehr die Möglichkeit, daraus noch Honig für sich zu saugen.

Das nenne ich eine praktikable Lösung.

Möglicherweise gibt es bessere.

Kurze Frage:
Haben Sie einen besseren Vorschlag?
Wenn ja, welchen?

Auf einen wertvollen Beitrag zur praktischen Diskussion bin ich gespannt. Immer nur kritisieren (etwa den Inhalt der Musterbriefe) und selbst nichts Konstruktives beizutragen, kann nicht Sinn der Diskussion sein.

Der betroffene Kunde wird sich immer darauf einstellen, dass es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung kommt. Auf eine solche legt er es ja an. Er provoziert sie. Es kommt ihm auf eine gerichtliche Klärung an. Nur war es noch immer so, dass derjenige, der etwas (mehr) will, klagen muss und nicht umgekehrt.
 
******
Ihren Exkurs betreffend, steht zu hoffen, dass es sich um eigenes Gedankengut handelt und dieser nicht etwa  unter Verletzung eines Urheberrechts Dritter hier eingestellt wurde. Mancher schmückt sich gern mit fremden Federn, was dann irgendwie blöd (http://de.wikipedia.org/wiki/Mathematik) erscheint. Kein feiner Stil jedenfalls, wenn Zitate nicht als solche bezeichnet werden, im Rahmen wissenschaftlicher Auseinandersetzungen  unverzeihlich. :rolleyes:
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Black am 03. September 2008, 23:26:22
Zitat
Original von RR-E-ft
Zitat
Original von Black
Warum klagt der Kunde dann nicht auf Belieferung zu genau diesem Preis? Dem billigst möglichen Preis?

Ihre Frage verstehe ich angesichts der geltenden Zivilprozessordnung nicht.

Wenn Sie der Auffassung sind das EnWG gewährt dem Kunden einen Anspruch auf einen bestimmten Preis oder eine möglichst kostengeringe Energieversorgung, dann könnte der Kunde auf dieser Grundlage Leistungsklage oder zumindest Feststellungsklage erheben.



Zitat
Original von RR-E-ftDer grundversorgte Kunde wird zu den vom Grundversorger einseitig festgesetzten (bestimmten) Allgemeinen Preisen beliefert.

Nein, der grundversorgte Kunde schließt mit dem EVU einen Vertrag über eine Lieferung zu einem bestimmten Preis ab. Dieser Ausgangspreis ist nicht einseitig festgelegt, sondern vertraglich vereinbart. (BGH VIII ZR 36/08). Sonst könnte ich auch beim Bäcker ein Brot kaufen, es verbrauchen und dann den Preis als unbillig rügen, da er \"einseitig vom Bäcker festgesetzt wurde\".

Zitat
Original von RR-E-ftDie Ausgangsfrage (sofern es eine solche gibt) war wohl, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen der Gesamtpreis der Billigkeitskontrolle unterliegt.

Ich kann Ihnen versichern es gibt eine Ausgangsfrage, und wenn Sie ganz nach oben scrollen können Sie sie noch einmal nachlesen. Achja und die Frage nach den Voraussetzungen einer Gesamtpreiskontrolle, wie sie vermuten ist es nicht gewesen.



Zitat
Original von RR-E-ftDer betroffene Kunde selbst verfügt also nicht über die erforderlichen tatsächlichen Kenntnisse für die Bestimmung des zulässigen (angemessenen) Preises.


Wieso rügt der Kunde dann einen Preis als unbillig, wenn er gleichzeitig zugeben muss gar nicht zu wissen, ob seine Behauptung der Unbilligkeit der Wahrheit entspricht?


Zitat
Original von RR-E-ftDas nenne ich eine praktikable Lösung.

Möglicherweise gibt es bessere.

Kurze Frage:
Haben Sie einen besseren Vorschlag?
Wenn ja, welchen?


Den habe ich. Dem Kunden sollte klarwerden, dass die Zeiten billiger Energien für immer vorbei sind - sofern nicht z.B. im Bereich des EEG neue bahnbrechende Energiegewinnungen geschaffen werden. Rohstoffe werden knapper und Bezugskosten steigen.

Dem Kunden sollte klarwerden, dass Energieversorger auch in Zeiten steigender Preise Gewinne machen werden. Tun sie das nicht würden sie vom Markt verschwinden. Das ist das Wesen des Kapitalismus. Das muss man nicht gut finden, aber das ist eine politische und keine rechtliche Frage.

Es sollte auch klar sein, dass die Zeiten der staatlichen Tarifkontrolle ebenfalls vorbei sind und es daher langfristig auch nicht zu einer Rückkehr der Tarifgenehmigung durch \"die Hintertür\" nämlich durch die deutschen Gerichte kommen wird. Bei durchschnittlich zwei Preisanpassungen pro Jahr und der Tatsache, dass auch Urteile zur Billigkeit nur immer zwischen den Parteien wirken sind die Gerichte langfristig überfordert jede Preisanpassung jedes Versorger vollständig zu überprüfen. Da das auch den Gerichten klar ist, wird die Rechtsprechung langfristig auch die Billigkeitskontrolle vereinfachen und beschränken.

Wenn weiterhin notwendige Preisanpassungen trotzdem von den Gerichten ausgehebelt werden wird es bald nur noch zeitlich eng befristete Verträge mit Festpreisen geben, die dann jeweils bei jeder neuen Befristung angehoben werden. Dann zaht der Verbraucher eben auf diesem Weg die Kosten.
 

Zitat
Original von RR-E-ftIhren Exkurs betreffend, steht zu hoffen, dass es sich um eigenes Gedankengut handelt und dieser nicht etwa  unter Verletzung eines Urheberrechts Dritter hier eingestellt wurde. Mancher schmückt sich gern mit fremden Federn, was dann irgendwie blöd (http://de.wikipedia.org/wiki/Mathematik) erscheint.

Die beispielhaften Ausführungen zur Mathematik stammen natürlich von Wikipedia. Wikipedia gestattet im übrigen die Weiterverwendung seiner Artikel. Eine Urheberrechtsverletzung kann ich insoweit nicht erkennen. Das ist auch gut so sonst hätte vermutlich der Forenbetreiber ein Problem (http://www.heise.de/newsticker/Urteil-bestaetigt-uneingeschraenkte-Haftung-fuer-Forenbetreiber--/meldung/89348)
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Ronny am 04. September 2008, 07:55:43
@ Fricke

Genau das ist es, was ich meine, wenn ich mich über Ihre oberlehrerhafte Art beschwere.

Sie lenken mit unglaublicher Weitschweifigkeit von den kritischen Fragen ab und unterschlagen dabei andere Meinungen. Das ist besonders kritisch, wenn es sich dabei um die Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofes handelt, der in Randnummer 31 seines Urteils vom 13.06.2007 klarstellt, dass der Anfangspreis nicht zur Überprüfung steht.

Zitat
Handelte es sich bei den vor der streitgegenständlichen Preiserhöhung geltenden Tarifen um die bereits bei Abschluss des Versorgungsvertrages zwischen dem Kläger und der Beklagten geltenden (Anfangs-)Preise, unterlagen sie keiner Billigkeitskontrolle gemäß § 315 Abs. 3 BGB. § 315 Abs. 3 BGB findet auf einen zwischen den Parteien eines Gaslieferungsvertrags vereinbarten Anfangspreis weder unmittelbare noch entsprechende Anwendung.
Eindeutiger kann man es nicht formulieren.

Sie können selbstverständlich anderer Meinung sein, doch sollten Sie im Interesse aller Verbraucher, die hier Rat und Information suchen, klarmachen, dass Ihre Auffassung im deutlichen und auflöslichen Widerspruch zu der des höchsten deutschen Zivilgerichtes steht.

Wenn Sie hier einer unter vielen Forumsteilnehmern wären, wäre das noch akzeptabel, aber Sie haben hier die absolute Wortführerschaft. Diese nutzen Sie meiner Ansicht nach aus, um Stimmung zu machen.

Richtig abgeschmackt finde ich es, wenn Sie von kritischen Forumsteilnehmern Sachlichkeit fordern, um im gleichen thread black - ganz dezent angedeutet - zu unterstellen, dass er gegen das Urheberrecht verstößt:

Zitat
Ihren Exkurs betreffend, steht zu hoffen, dass es sich um eigenes Gedankengut handelt und dieser nicht etwa unter Verletzung eines Urheberrechts Dritter hier eingestellt wurde. Mancher schmückt sich gern mit fremden Federn, was dann irgendwie blöd erscheint. Kein feiner Stil jedenfalls, wenn Zitate nicht als solche bezeichnet werden, im Rahmen wissenschaftlicher Auseinandersetzungen unverzeihlich.

So macht man Kritiker mundtot.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 04. September 2008, 12:16:33
@Black/ Ronny

Ich habe die jüngere Rechtsprechung des BGH  so verstanden, dass dem Grundversorger gesetzlich ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht eingeräumt ist, vermöge dessen er nach Vertragsabschluss berechtigt und verpflichtet ist, die Entgelthöhen nach billigem Ermessen neu festzusetzen, was auch eine Verpflichtung enthält, die Entgelte abzusenken, wenn es die Kostenentwicklung zulässt und dies für die Kunden günstig ist, vgl. BGH, Urt. v. 29.04.2008 (KZR 2/07) Rdn. 26.

BGH, Urt. v. 29.04.2008 (KZR 2/07) Rdn. 26:

Zitat
Die Vorschrift bestimmt, dass das Gasversorgungsunternehmen zu den jeweiligen allgemeinen Tarifen und Bedingungen Gas zur Verfügung stellt und dass Änderungen der allgemeinen Tarife und Bedingungen erst nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam werden. Zwar ergibt sich auch aus dem Tarifbestimmungs- und -änderungsrecht entgegen der Auffassung der Kläger ein (gesetzliches) Leistungsbestimmungsrecht im Sinne des § 315 BGB (BGHZ 172, 315 Tz. 17)  Aus der gesetzlichen Bindung des allgemeinen Tarifs an den Maßstab der Billigkeit (BGHZ 172, 315 Tz. 16 f.)  ergibt sich nicht nur die Rechtspflicht des Versorgers, bei einer Tarifanpassung Kostensenkungen ebenso zu berücksichtigen wie Kostenerhöhungen. Der Versorger ist vielmehr auch verpflichtet, die jeweiligen Zeitpunkte einer Tarifänderung so zu wählen, dass Kostensenkungen nicht nach für den Kunden ungünstigeren Maßstäben Rechnung getragen wird als Kostenerhöhungen, so dass Kostensenkungen mindestens in gleichem Umfang preiswirksam werden müssen wie Kostenerhöhungen. Die gesetzliche Regelung umfasst daher neben dem Recht des Versorgers zur Preisanpassung auch die Pflicht hierzu, wenn die Anpassung dem Kunden günstig ist, und enthält damit gerade dasjenige zu einer ausgewogenen Regelung notwendige Element, das der von der Beklagten vorgegebenen vertraglichen Anpassungsklausel fehlt.

Eindeutiger als dort kann man es sicher auch nicht formulieren.

Dass insoweit eine Divergenz zur zeitlich früheren Entscheidung, BGH, Urt. v. 13.06.2007 (VIII ZR 36/06) vorliegt, stelle ich ja nicht in Abrede. Gäbe es bei grundversorgten Kunden einen vereinbarten Anfangspreis wäre eine Verpflichtung zur Entgeltsenkung nach Vertragsabschluss (auch unter die bei Vertragsabschluss geltende Entgelthöhe) schwer vorstellbar, ebenso schwer wie ein Recht zur Entgelterhöhung.

Es handelt sich um eine Frage der Logik und der Denkgesetze.

Eine für beide Parteien geltende Preisvereinbarung einserseits und ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht eines Vertragsteils hinsichtlich der Entgelthöhe ( zu zahlender Preis) andererseits schließen sich regelmäßig denknotwendig gegenseitig aus, vgl. BGH, Urt. v. 07.02.2006 (KZR 24/04):

Zitat
Diese Beurteilung verstößt gegen die Denkgesetze. Die vertragliche Einigung kann nicht im Sinne des § 154 BGB vollständig sein, wenn sie, wie das Berufungsgericht annimmt, in Bezug auf den Kaufpreis eine Lücke aufweist. Ist ein Einigungsmangel nicht gegeben, weil die Klägerin sich den Preisvorstellungen der Beklagten gebeugt, den geforderten Kaufpreis akzeptiert und sich auf den in Ziffer 5 der Vereinbarung ausgesprochenen Vorbehalt beschränkt hat, so kann umgekehrt nicht gleichwohl hinsichtlich des Kaufpreises eine Einigungslücke bestehen. Wäre dagegen der Vorbehalt so zu deuten, wie das Berufungsgericht es für richtig hält, so hätte dies entgegen seiner Ansicht gemäß § 154 Abs. 1 Satz 1 BGB zwingend die Nichtigkeit des Vertrages wegen eines offenen Einigungsmangels zur Folge. Denn wenn die Parteien sich weder auf den Kaufpreis noch auf eine Methode zu seiner Berechnung geeinigt haben, so besteht nicht nur eine Vertragslücke, die durch ergänzende Vertragsauslegung geschlossen werden könnte, sondern es fehlt an einer Einigung über einen wesentlichen Vertragsbestandteil, ohne den ein Kaufvertrag - vorbehaltlich eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts nach §§ 315 ff. BGB, das hier auch nach Auffassung des Berufungsgerichts nicht in Betracht kommt - gemäß § 154 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht wirksam zustande kommen kann.

Siehe hier den Hintergrund zur gesetzlichen Regelung des § 315 BGB . (http://www.baurechtsexperte.de/315-bgb-motive-des-gesetzgebers-db30504.html)

Entweder es besteht ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht (aus dem sich zugleich ein Recht und eine Pflicht der bestimmungsberechtigten Vertragspartei ergibt) oder es besteht eine für beide Vertragsteile gleichermaßen bindende Einigung auf einen Preis. So kann denknotwendig bei bestehendem einseitigem Leistungsbestimmungsrecht eine Erklärung gem. § 315 Abs. 2 BGB, deren Geltung gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB ausschließlich von der Billigkeit der Ermessensentscheidung abhängt, nicht zugleich ein Angebot gem. § 145 BGB sein, deren Geltung nur von einer fristgerechten Annahmeerklärung abhängt. Eine Willenserklärung gem. § 315 Abs. 2 BGB ist deshalb kein annahmefähiges Angebot gem. § 145 BGB.

(Kein Bäcker hat das Recht und die Pflicht, nach Vertragsabschluss den Schrippen- oder Brotpreis einseitig neu festzusetzen.)

Wird bei Vertragsabschluss vertraglich ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht gem. § 315 Abs. 1 BGB hinsichtlich des zu zahlenden Preises vereinbart, kommt § 315 Abs. 3 BGB darauf von Anfang an unmittelbar zur Anwendung.

Hinzu tritt, dass diese vorhergehende Entscheidung vom 13.06.2007 (VIII ZR 36/06) nach Aussage des Vorsitzenden Herrn Ball in der mündlichen Verhandlung am 28.05.2008 (VIII ZR 138/07) noch nicht gefestigt und \"zementiert\" ist. Die Rechtsprechung entwickelt sich. Ich habe aufgezeigt in welche Richtung und was nach meiner Auffassung daraus folgt. Auf eine neuere Entscheidung zu Tarifkunden (VIII ZR 138/07) soll sich das interssierte Publikum bis zu dem, auf den 19.11.2008 verschobenen Verkündungstermin gedulden.

In der mündlichen Verhandlung am 18.06.2008 (VIII ZR 274/06) hat der Vorsitzende Herr Ball zudem deutlich herausgestellt, dass die vorhergehende Entscheidung vom 13.06.2007 (VIII ZR 36/06) wegen des gesetzlichen Leistungsbestimmungsrechts nur für Tarikunden gilt. Aus der Entscheidung vom 29.04.2008 (KZR 2/07) geht hervor, dass § 4 AVBGasV auf Sonderverträge weder direkte noch entsprechende Anwendung findet.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Black am 04. September 2008, 12:40:11
Zunächst einmal ein Satz zur \"älteren\" und \"jüngeren\" Rechtsprechung des BGH. Der interessierte Nichtjurist wird hierin wohl sofort einen eindeutigen Wandel in der Rechtsprechung des BGH vermuten.

Das ist aber nicht der Fall. Die \"ältere\" Rechtsprechung befasste sich direkt mit der Forderung einer Kontrolle des Gesamtpreises durch den Kläger und lehnte diese direkt ab.

Ihre gern zitierte \"neuere\" Rechtsprechung des Kartellsenats bezog sich auf eine Preisanpassungsklausel in einem Sonderkundenvertrag. Die Überlegungen des Kartellsenats erfolgten nur vergleichend um aufzuzeigen wo nach Meinung des Kartellsenats Unterschiede zwischen dem Sonderkundenvertrag und dem Leitbild der GasGVV liegen.

Dadurch ist noch keine Änderung der Rechtsprechung eingetreten.

Eine vertragliche Preisvereinbarung und ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht schließen sich auch nach \"Denkgesetzen\" nicht aus. Warum soll man sich nicht darauf einigen eine bestimmte Ware zu einem bestimmten vereinbarten Preis zu erhalten und gleichzeitig ein nachträgliches Änderungsrecht dieses Preises i.S.d. § 315 BGB in den Vertrag mit aufzunehmen. Bleibt der vereinbarte Ausgangspreis bestehen sollten beide Parteien zufrieden sein, denn das ist es ja was gewollt war. Wird der Preis aber verändert, dann muss diese VERÄNDERUNG auch billig sein.

Natürlich kann ein Bäcker den Preis einer bereits gekauften Schrippe nicht nachträglich ändern, da haben Sie Recht. Aber der Versorger ändert ja auch nicht den Preis für Gas, das bereits verheizt wurde sondern für Gas (oder Strom) das KÜNFTIG bezogen wird. So wie unser Bäcker seinen Preis für Brötchen, die ich erst noch kaufen will auch neu festsetzen kann.

Ist mir der Bäcker künftig zu teuer, dann kaufe ich die Brötchen woanders. Ist mir der neue Gastarif zu teuer kann ich den Tarif oder sogar den Versorger wechseln (§ 5 Abs. 3 GVV) ohne den neuen Preis gegen mich gelten lassen zu wollen.

Zitat
Original von RR-E-ft
Hinzu tritt, dass diese vorhergehende Entscheidung vom 13.06.2007 (VIII ZR 36/06) nach Aussage des Vorsitzenden Herrn Ball in der mündlichen Verhandlung am 28.05.2008 (VIII ZR 138/07) noch nicht gefestigt und \"zementiert\" ist. Die Rechtsprechung entwickelt sich. Ich habe aufgezeigt in welche Richtung und was nach meiner Auffassung daraus folgt.

Das Aufzeigen der Richtung in die sich die Rechtsprechung (womöglich) künftig entwickeln wird (oder auch nicht) ist aber von einer Darstellung des geltenden Rechts zu unterscheiden.

Mündliche Sätze eines Richters über nicht zementierte Ansichten arten schnell in Kaffesatzleserei aus.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 04. September 2008, 12:59:31
@Black

Zunächst stellt sich die Frage, ob im konkreten Vertragsverhältnis ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB  besteht.

Besteht ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht, so begründet dieses zugleich ein Recht und eine Verpflichtung der zur Leistungsbestimmung berufenen Partei (vgl. Gesetzesmaterialien zu § 315 BGB). Besteht ein solches Recht nicht, kann der eine Vertragsteil die vertragliche Leistung auch nicht nachträglich einseitig neu bestimmen.

Das ist die Rechtslage.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Black am 04. September 2008, 13:11:08
Zitat
Original von RR-E-ft
@Black

Zunächst stellt sich die Frage, ob im konkreten Vertragsverhältnis ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht besteht. Besteht ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht, so begründet dieses zugleich ein Recht und eine Verpflichtung der zur Leistungsbestimmung berufenen Partei (vgl. Gesetzesmaterialien zu § 315 BGB).

Springen sie doch nicht immer vom konkreten Rechtsproblem zu Vorfragen. Wenn wir diskutieren ob im Rahmen des § 315 BGB eine Gesamtpreiskontrolle möglich sein soll meint das natürlich nur die Fälle wo § 315 BGB überhaupt Anwendung findet. Da muss man doch an dieser Stelle nicht bedeutungsschwer darauf hinweisen, dass überhaupt der Tatbesatand des § 315 BGB gegeben sein muss.

Mir kommt das jetzt ein bisschen so vor als würde Sie mitten in einer Diskussion über die strafrechtliche Frage Mord oder Totschlag mit einmal darauf hinweisen, dass zuerst einmal überhaupt einer tot sein muss.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 04. September 2008, 13:18:19
@Black

Ich habe versucht, die Ihrer Ansicht nach zu weitschweifige Diskussion auf den wesentlichen Kern zu begrenzen. Mit dieser wesentlichen Aussage kann man sich nach den Regeln der juristischen Kunst einfach auseindersetzen.

Das ist das Rechtsproblem:

Zitat
Besteht ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht, so begründet dieses zugleich ein Recht und eine Verpflichtung der zur Leistungsbestimmung berufenen Partei (vgl. Gesetzesmaterialien zu § 315 BGB). Besteht ein solches Recht nicht, kann der eine Vertragsteil die vertragliche Leistung auch nicht nachträglich einseitig neu bestimmen.

Wenn Juristen über ein Rechtsproblem hinsichtlich des Kaufrechts zu entscheiden haben, stellt sich auch nicht die Frage, ob der konkret betroffene Vertrag einen Schrank, einen Stuhl oder aber eine Stehleuchte betrifft, wovon Nichtjuristen möglicherweise ausgehen. Auch vorliegend kann und sollte  man sich über eine Abstraktion der juristischen Lösung nähern.

Ich glaube, Sie dahingehend verstanden zu haben, dass bei bestehendem Leistungsbestimmungsrecht zwar ein entsprechendes Recht bestünde, jedoch nicht zugleich auch eine entsprechende Verpflichtung. Eine solche Auffassung ließe sich m. E. juristisch nicht halten.

Dann stellt sich die Frage, was die Verpflichtung, die sich aus dem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht ergibt, beinhaltet und wie die Einhaltung der bestehenden Verpflichtung kontrolliert bzw. rechtlich durchgesetzt wird.

Schon sollte man der Sache näher kommen.

Bleiben wir bitte sachlich bei diesem konkreten Rechtsproblem.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Black am 04. September 2008, 14:52:09
Gut, beschränken wir uns zunächst auf diese Rechtsfrage.

Nach Ihrer Ansicht besteht also bei einem LeistungsbestimmungsRECHT auch eine BestimmungPFLICHT. Und das begründen Sie mit den Gesetzesmaterialien zum § 315 BGB?

Ich sehe das anders. Aus ihrer Sicht gibt es nur alles oder nichts, also entweder der gesamte Preis wird einseitig bestimmt oder der gesamte Preis ist dauerhaft vertraglich festgelegt.

Zwischen diesen beiden Extrempunkten gibt es aber noch folgende Konstellation. Der Ausgangspreis ist vertraglich vereinbart und zusätzlich besteht ein einseitiges Anpassungsrecht dieses Vertrages i.S.d. § 315 BGB.
Ich zitiere mal den Palandt zu § 315 Rdn. 2:

\"Das Bestimmungsrecht kann sich je nach Parteivereinbarung auf die Leistung als solche, die Person des Vertragspartners, die Anpassung des Vertrages an veränderte Verhältnisse, (…), die Ergänzung der Vertragsbedingungen oder auf Leistungsmodalitäten beziehen.\"

Insoweit kann durchaus der Ausgangspreis vereinbart und die Erhöhung des Preises einseitig bestimmt sein.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 04. September 2008, 15:14:48
@Black

Genau.

Ich bin davon überzeugt, dass bei einem einseitigen Bestimmungsrecht zugleich auch eine Pflicht besteht, eine der Billigkeit entsprechende Ermessensentscheidung zu treffen. Das entnehme ich den Gesetzesmaterialien, vgl. hier. (http://www.baurechtsexperte.de/315-bgb-motive-des-gesetzgebers-db30504.html)

Zugleich bin ich der Meinung, dass die sich ergebende entsprechende Verpflichtung in concreto in der Entscheidung vom 29.04.2008 (KZR 2/07), Rdn. 26 zutreffend wiedergegeben ist.

Der Vertragspreis ist nicht feststehend vereinbart, sondern vom Unternehmen entsprechend seiner konkreten Kostenentwicklung immer wieder neu festzusetzen. Die entsprechenden Ermessensentscheidungen führen dazu, dass die Entgelte erhöht, abgesenkt oder stabil gehalten werden. Dabei kann es eine vorzunehmende, der Billigkeit entsprechende Ermessensentscheidung bei rückläufigen Kosten (etwa Beschaffungskosten, Netzkosten) auch erfordern, die Entgelte unter die bei Vertragsabschluss geltende Entgelthöhe abzusenken. Würden entsprechende nachträgliche Kostensenkungen nicht durch Entgeltsenkungen weitergegeben, würde sich der in die Entgelte einkalkulierte Gewinnanteil nach Vertragsabschluss erhöhen, was gemeinhin als unbillig angesehen wird. Selbst wenn das Entgelt im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses der Billigkeit entsprach, kann es später dadurch unbillig werden, dass Kostensenkungen nicht entsprechend weitergegeben werden. Ein Anpassungsrecht iSv. § 315 Abs. 1 BGB  begründet immer auch auch eine Anpassungspflicht (vgl. nur BGHZ 97, 212).

Das gesetzliche Bestimmungsrecht, um welches es hier geht, betrifft die vom Kunden geschuldete Leistung als solche, nämlich das vom Kunden vertraglich geschuldete Entgelt. Es handelt sich dabei um die vertragliche (Haupt-) Gegenleistung, vgl. BGH, Urt. v. 29.04.2008 (KZR 2/07) Rdn. 23 [entscheidender Unterschied zu BGHZ 97, 212].

Dabei ist kein Entgeltanteil (Grundpreis/ Arbeitspreis) vom Bestimmungsrecht ausgenommen. Der Versorger kann nicht nur einen bestehenden Tarif ändern, sondern auch bisher bestehende Tarife durch neu gestaltete Tarife ersetzen und die Kunden in diese neu gestalteten Tarife einordnen. Das ist nicht selten der Fall. Bei § 4 AVBGasV handelte es sich nach h.M. um ein Tarifbestimmungs- und -änderungsrecht.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: DieAdmin am 04. September 2008, 16:17:27
@Black,

Zitat
Ihren Exkurs betreffend, steht zu hoffen, dass es sich um eigenes Gedankengut handelt und dieser nicht etwa unter Verletzung eines Urheberrechts Dritter hier eingestellt wurde. ....

Der Einwand von Herrn Fricke ist berechtigt. Da Sie leider erst in einem späteren Beitrag erwähnen, dass es sich um Zitate aus dem Wikipedia handeln.

Bitte kennzeichnen Sie konkret in dem Beitrag eindeutig (beispielsweise durch den Zitat-Tag des Forenssystems) die Zitate und ergänzen Sie die Quelle/Verlinkung in dem Beitrag selbst:
Kontrolle des Gesamtpreises (http://forum.bdev.de/thread.php?postid=46562#post46562)

@Herr Fricke,

herzlichen Dank für den Hinweis :)
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Ronny am 04. September 2008, 17:27:33
@ Fricke

Was hat denn die Frage, ob der Versorger auch verpflichtet ist, Kostensenkungen weiterzugeben, mit der Frage zu tun, ob der Anfangspreis zu überprüfen ist?

Nichts!

Soweit ich das sehe, widerspricht Ihnen niemand darin, dass Kostensenkungen im Rahmen des billigen Ermessens bei der einseitigen Preisbestimmung zu berücksichtigen sind. (Dazu brauche ich auch gar nicht das Urteil vom 29.04.08. Das ergibt sich schon aus dem Urteil vom 13.06.07.)

Auf die Tatsache, dass der Anfangspreis nicht zur Überprüfung steht, hat die Pflicht zur Kostensenkung aber überhaupt keinen Einfluß. Der Kartellsenat hat im Urteil vom 29.04.08 kein Sterbenswörtchen darüber verloren, dass er die Rechtssprechung des VIII. Senates (Urteil vom 13.06.07) hinsichtlich des Anfangspreises für falsch hält.

Es bleibt dabei: Es geht bei der Überprüfung nur um die Veränderung der Kosten, nicht um den Anfangspreis.

Ronni
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 04. September 2008, 17:32:19
@Ronny

Wir [Black und ich] diskutieren jetzt die elementarsten juristischen Grundsätze zu § 315 BGB auf der Sachebene, um uns dem konkreten Rechtsproblem juristisch besser zu nähern.
Konkret geht es darum, was sich juristisch daraus ergibt, wenn sich ein Bestimmungsrecht auf die vertragliche Haupt- Gegenleistung bezieht.

[Wenn ich vom Gesamtpreis rede, dann meine ich tatsächlich den jeweiligen Gesamtpreis und keinen Anfangspreis, der irgendwann einmal bei Vertragsabschluss galt. Mancher sieht in einem vereinbarten Preis und einer zugleich bestehenden Verpflichtung zur Preissenkung nach Vertragsabschluss einen Widerspruch. Ich zähle mich zu diesen.]
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Ronny am 04. September 2008, 17:57:54
@ Fricke

Ich diskutiere - wie Sie sehen - mit, und zwar auf der Sachebene.

Ich sehe, dass Sie vom Gesamtpreis reden, nur steht der nicht zur Diskussion, weil er nach höchstrichterlicher Rechtsprechung gerichtlich nicht überprüfbar ist.

Meine Frage haben Sie übrigens nicht beantwortet.

Ronny
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 04. September 2008, 18:01:11
@Ronny

Dann steuern Sie doch einfach Ihre juristischen Kenntnisse bezüglich eines Bestimmungsrechts hinsichtlich der vertraglichen Haupt- Gegenleistung dieser Diskussion bei.

Womöglich sehen Sie keinen Widerspruch in einem vereinbarten Preis und einer zugleich bestehenden Verpflichtung zur Preissenkung nach Vertragsabschluss, haben dafür jedoch  eine Idee, wie man eine solche bestehende Verpflichtung konkret juristisch kontrolliert und durchsetzt. Auch interessant.

Zitat
Ich sehe, dass Sie vom Gesamtpreis reden, nur steht der nicht zur Diskussion, weil er nach höchstrichterlicher Rechtsprechung gerichtlich nicht überprüfbar ist.

Eine solche Beschränkung des juristischen Denkens und der juristischen Diskussion möchte ich anderen und mir  nicht auferlegen. Einem jeden wurde ein eigener Kopf zum Denken mitgegeben. Es ist gewiss auch nichts in Marmor gemeißelt worden. Darum dreht sich gerade die gesamte Diskussion in diesem Thread.

Wer sich lieber weniger abstrakt dem Thema nähern möchte, könnte sich der Frage widmen bzw. dieser nachgehen, wie man die konkrete Gaspreisneufestsetzung der Stadtwerke Delmenhorst GmbH zum 01.10.2008 hinsichtlich Grund- und Arbeitspreise juristisch sauber auf ihre Angemessenheit kontrolliert. Wie kontrolliert man die Angemessenheit der neu festgesetzten Höhe der Grundpreise und wie die Angemessenheit der neu festgesetzten Höhe der Arbeitspreise? Die dafür benötigten offen gelegten Preise findet man vollständig hier. (http://www.swd-gruppe.de/delmenhorstGips/Gips?SessionMandant=Delmenhorst&Anwendung=CMSWebpage&Methode=ShowHTMLAusgabe&RessourceID=7346&WebPublisher.NavId=7346&SessionMandant=Delmenhorst)
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Black am 04. September 2008, 19:02:16
Bevor wir uns in Widerholungen verhaken werfe ich folgende Zwischenfrage ein:

Sind Sie der Meinung, dass es rechtlich möglich ist ein vertragliches Dauerschuldverhältnis (jenseits aller energierechtlichen Besonderheiten) wie folgt vertraglich auszugestalten:

1. der Ausgangspreis steht fest

2. eine Veränderung des Preises ist einer der Vertragsparteien für die Zukunft unter best. Bedingungen im Rahmen der Billigkeit möglich
(wie man das dann transparent formuliert ist eine andere Frage)

Ich halte das für möglich.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: tangocharly am 04. September 2008, 19:31:20
@ Black

Sie argumentieren jetzt auf der Ebene des § 307 BGB , oder ? Und nicht auf der Ebene des § 315 BGB ?

\"Der weite Rahmen der Billigkeit ist nicht geeignet, die Merkmale der Bestimmtheit einer Preisänderungsklausel zu bilden\".

Wenn also die Bedingungen für die Änderung des Preises nicht klar und konkret determiniert sind, dann stoßen sie auf Granit.

Dies beantwortet die Frage nicht, ob man daneben auch noch die Billigkeitsprüfung (d.h. zusätzlich eröffnet). Dies war aber in Ihrem Beitrag ja nicht gefragt.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 04. September 2008, 19:38:18
@Black

Ich bin mir nicht sicher.

Mir fällt eigentlich nur folgendes ein:

Betrifft die Bedingung im Vornherein festgelegte Termine, wird der Preis insgesamt immer wieder einseitig neu festgesetzt. Lediglich im Zeitraum vom Vertragsabschluss bis zum 1. Termin könnte es sich um einen vereinbarten Preis handeln. Ab dem 1.Termin könnte es sich allenfalls deshalb weiter um den gleichen Preis handeln, weil der Bestimmungsberechtigte es so entschieden hat, so dass alle weiter zu zahlende Preise von dessen Entscheidungen abhängen. Die Entscheidung, den Preis wie bisher zu belassen, wäre also auch eine Ermessensentscheiung. Schließlich müsste man immer  zu den maßgeblichen Terminen die Angemessenheit der jeweiligen Ermessensentscheidungen des Bestimmungsberechtigten auf ihre Billigkeit hin überprüfen. Der Bestimmungsberechtigte wäre verpflichtet, jeweils zu den vorher fest vereinbarten Terminen eine neue Ermessensentscheidung zu treffen. Er könnte also nicht entscheiden, dass er zum fest vereinbarten Termin keine Entscheidung trifft. Das ist das Wesen des Bestimmungsrechts.

Einer bedingungslosen Verknüpfung einer Preisvereinbarung mit einem Leistungsbestimmungsrecht hinsichtlich der (Haupt-) Gegenleistung  steht jedenfalls § 154 BGB entgegen.

Eine umfassende Untersuchung leistete Prof. Schwintowski (HU Berlin) in einem Rechtsgutachten vom 04.03.2005, das hier (http://www2.neue-energieanbieter.de/uploads/05_03_04_LichtBlick-Gutachten%20von%20Prof%20Schwintowski%20Anwendbarkeit%20%A7%20315%20BGB.pdf) veröffentlicht ist (siehe dort Seite 7 ff. [10]). Auch er vertritt die Ansicht, dass § 154 BGB entgegen steht, sich zum einen auf einen Preis zu einigen und zum anderen zugleich ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht zu begründen bzw. vorzubehalten (ebenso wohl BGH, Urt. v. 07.02.2006 - KZR 24/04). Schwintowski hat recht, dass eine künstliche Aufspaltung zu willkürlichen Zufallsergebnissen führt, ja führen muss. Nachweis hier. (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=43319#post43319)

Schließt man ein individuell gestaltetets Dauerschuldverhältnis ab, kommen aus meiner Sicht drei Alternativen nebeneinander in Betracht:

1. Für beide Vertragsteile gleichermaßen verbindliche Preisvereinbarung.
2. Statt dessen Einigung auf Preisberechnungsvorschrift.
3. Satt dessen einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Käufers.
Leistungsbestimmung durch einen Dritten.... lasse ich dabei außen vor.

Als AGB- Vertrag wäre es wegen § 307 BGB jedenfalls nicht möglich, wegen des zu weiten Spielraums der Billigkeit (vgl. nur BGH KZR 10/03 unter II.6). Die Änderung müsste sich anhand der Klausel selbst kontrollieren lassen. Die Klausel müsste so konkret sein, dass für eine Billigkeitskontrolle schon gar kein Platz mehr wäre.

Bei dem gesetzlichen Bestimmungsrecht gibt es keine weiteren Bedingungen. Es wirkt so, als wenn man vertraglich ein nicht weiter beschränktes einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Verkäufers hinsichtlich des vom Käufer zu zahlenden Preises vereinbart, das nach Vertragsabschluss jederzeit ausgeübt werden kann. Bei § 4 AVBGasV konnten die Tarife \"über Nacht\" geändert werden. Demnach konnte kein Kunde bei Vertragsabschluss sicher sein bzw. sicher wissen, welcher Preis bei der Belieferung am nächsten Tag gelten werde. Insoweit von einem vereinbarten Preis zu sprechen, halte ich für völlig verfehlt. Der Versorger schrieb schlussendlich die Preise auf die Rechnung, die er selbst nach Vertragsabschluss festgelegt hatte. Selbst war er an keinen Preis gebunden.  Wenn der Versorger sein Ermessen dahingehend ausübte, konnte es sich (mehr oder minder zufällig) um den gleichen Preis handeln, der im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses galt. Er konnte aber auch darunter oder darüber liegen oder völlig anders gestaltet sein, was im Tarifbestimmungs- und - änderungsrecht begründet liegt. Aus Sicht des Kunden nicht beherrschbar. Reiner Zufall, wenn der Preis auf der Rechnung erschien, der im Zeitpunkt des  Vertragsabschlusses  galt.

Der Willen der Parteien ging bei Vertragsabschluss ersichtlich dahin, dass der Tarifkunde die jeweiligen Allgemeinen Tarife zu zahlen hat, die der Versorger jeweils festlegt. Schließlich konnte allein deshalb der Vertrag sogar dann zustande kommen, wenn der Kunde den im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geltenden Preis überhaupt nicht kannte.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: DieAdmin am 05. September 2008, 11:24:19
@Black,

da Sie leider meiner Bitte, die notwendigen Ergänzungen im Beitrag vorzunehmen, nicht nachgekommen sind, habe ich die komplette Wikipedia-Passage rausgelöscht: Kontrolle des Gesamtpreises (http://forum.bdev.de/thread.php?postid=46562#post46562)

Zitat
Zitat
Original von RR-E-ft
Ihren Exkurs betreffend, steht zu hoffen, dass es sich um eigenes Gedankengut handelt und dieser nicht etwa  unter Verletzung eines Urheberrechts Dritter hier eingestellt wurde. Mancher schmückt sich gern mit fremden Federn, was dann irgendwie blöd (http://de.wikipedia.org/wiki/Mathematik) erscheint.

Original von Black
Die beispielhaften Ausführungen zur Mathematik stammen natürlich von Wikipedia. Wikipedia gestattet im übrigen die Weiterverwendung seiner Artikel. Eine Urheberrechtsverletzung kann ich insoweit nicht erkennen. Das ist auch gut so sonst hätte vermutlich der Forenbetreiber ein Problem (http://www.heise.de/newsticker/Urteil-bestaetigt-uneingeschraenkte-Haftung-fuer-Forenbetreiber--/meldung/89348)

Es ist zwar richtig, dass Wikipedia die Artikel frei zum Kopieren zur Verfügung stellt, aber da nicht nur die optische Hervorhebung, sondern auch ein Link zur Quelle fehlten, kann der Leser im Forum nicht wissen, wer das eigentlich verfasst hat. Bzw noch nicht mal die Lizenzbestimmungen Wikipedias lesen.

Ihrer Meinung nach, halten Sie es für keine Urheberrechtsverletzung. Mein Bauchgefühl sagt mir, ich muss hier eingreifen. Und da Sie selbst zum Fall Supernature-Forum verlinkt haben, wissen Sie, dass im Fall des Falles immer der Forenbetreiber haftet. (Natürlich ist immer der Einzelfall zu betrachten)

Aus dem Grund habe ich gelöscht.

Übrigens so ausgegangen der Supernature-Fall: http://www.supernature-forum.de/anregungen-kritik-und-fragen-zum-board/55167-wurden-abgemahnt-schlagen-zurueck-update-12-02-a-3.html#post727186

Und bitte um Entschuldigung bei den Diskutanten, dass ich den Thread leider etwas offtopic führen musste.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 05. September 2008, 12:17:55
@Black

Ich möchte mein Ergebnis nochmals kurz zusammenfassen.

Besteht ein Bestimmungsrecht, ist die bestimmungsberechtigte Partei verpflichtet, eine der Billigkeit entsprechende Ermessensentscheidung zu treffen. Das ist juristisch das Wesen des Bestimmungsrechts.

Zitat
Derjenige Kontrahent, dem hiernach die Bestimmung der Leistung anheimgegeben worden, ist dazu durch den Vertrag verpflichtet. Als vertragliche Erklärung und im Sinne des Vertrages ist die Bestimmung, wenn sie dem anderen Theile gegenüber erklärt ist, getroffen und damit unwiderruflich (§ 315 Abs. 2). Auf die Erklärung finden im Uebrigen die allgemeinen Bestimmungen über rechtsgeschäftliche Willenserklärungen Anwendung.
Quelle: Motive zum BGB (http://www.baurechtsexperte.de/Download/315_BGB_Motive_des_Gesetzgebers.pdf)



\"Steht dem Gläubiger das Bestimmungsrecht zu, ist er verpflichtet, die Bestimmung zu treffen\" (vgl. Palandt/ Grüneberg, BGB, 67. Aufl., § 315 Rn. 12, wohl schnell zur Hand).
Erfahrungsgemäß bestehen nur wenige Rechte, die nicht zugleich auch mit Pflichten verbunden sind.

Betrifft das Bestimmungsrecht die vertragliche Haupt- Gegenleistung, dann besteht die Verpflichtung in Bezug auf diese. Ist das Bestimmungsrecht nicht bedingt, so ist dies zu jedem Zeitpunkt nach Vertragsabschluss der Fall. In einem solchen Fall ist die vertragliche Haupt- Gegenleistung mithin zu jedem Zeitpunkt nach Vertragsabschluss das Ergebnis der Ermessensentscheidungen der Vertragspartei, der das Bestimmungsrecht zusteht und die zugleich vertraglich verpflichtet ist, die Haupt- Gegenleistung zu bestimmen.


Denkgesetze verletzt?

Wenn ja, von wem?


Zitat
Eine der Billigkeit nicht entsprechende Bestimmung ist nicht die Vertragsmäßige. Der andere Kontrahent braucht sie deshalb nicht anzuerkennen. Wird sie nicht anerkannt, so erfolgt auf Klage des einen oder anderen Kontrahenten die Entscheidung durch Urtheil
Quelle: Motive zum BGB (http://www.baurechtsexperte.de/Download/315_BGB_Motive_des_Gesetzgebers.pdf)

Der Vertragsteil, dem das Bestimmungsrecht zusteht, trägt die Darlegungs- und Beweislast, dafür dass seine Bestimmung der Billigkeit entspricht.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 05. September 2008, 16:54:32
Meine Aussage im Zusammenhang mit den Musterbriefen, dass die Gasversorger vorgeben, selbst nicht zwischen Grundversorgung und Sondervertrag zutreffend unterscheiden zu können, findet sich bestätigt:

Siehe hier. (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=46668#post46668)

Schon ziemlich abenteuerlich, was man den Kunden dabei alles zumutet.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 07. September 2008, 18:00:49
@Black

Eine Klage auf Festsetzung des angemessenen Entgelts ist bei bestehendem Leistungsbestimmungsrecht möglich.

Da es für die Angemessenheit eines konkreten Gatstarifs jedoch auf die Kostenentwicklung des konkreten Versorgers ankommt, geht ein solcher Antrag regelmäßig deshalb ins Leere, wenn der Versorger seine Kostenkalkulation nicht offen legt. So musste das LG Hannover auf Festsetzung des billigen Entgelts klagenden Verbrauchern in einem Urteil vom 19.02.2007 (Az. 21 O 88/06) wie folgt bescheinigen.

Zitat

Da die Beklagte ihre Darlegungs- und Beweislast im Rahmen des § 315 BGB nicht erfüllt hat, ist eine sachgerechte inhaltlich fundierte Bestimmung der angemessenen Entgelte gem. § 315 BGB durch die Kammer nicht möglich; der Hauptantrag der Kläger geht mithin ins Leere.

Siehe hier. (http://www.energieverbraucher.de/files.php?dl_mg_id=827&file=dl_mg_1172132176.pdf)

Das scheint zwangsläufig so zu sein.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Ronny am 08. September 2008, 07:50:42
@ Fricke

Hier muss ich wieder auf meine Ausführungen von oben zurückkommen. Auch wenn andere Forumsteilnehmer forsch behaupten, Sie hätten meine Frage schon beantwortet, ist das nicht der Fall, wie Ihr letztes posting belegt.

Ihre Ausführungen, dass dem Preisanpassungsrecht auch eine Preisanpassungspflicht gegenübersteht, wenn der Versorger bei bestrittener Billigkeit die Billigkeit vor Gericht belegenen muss, sind nachvollziehbar, aber keinerlei Beleg dafür, dass die Gesamtkalkulation offengelegt werden muss.

Zur Kontrolle der Billigkeit des Gaspreises ist nach dem BGH die Offenlegung der Kalkulationsgrundlagen zur Erläuterung des Gesamtpreises nicht mehr erforderlich. Es reicht ein Nachweis über die Angemessenheit der Preisänderung aus. Für diesen Nachweis muss die Entwicklung des Bezugspreises und der sonstigen Kosten gegenüber gestellt werden. Die Ausgangs-Bezugskosten und sie Ausgangs-\"sonstigen Kosten\" werden nicht überprüft

Wenn dieser Nachweis nicht erbracht wird, dann ist die Angemessenheit belegt.

Das von Ihnen zitierte Urteil des LG Hannover, in welchem das LG die Offenlegung der Kalkulationsgrundlage gefordert hatte, ist durch das Urteil des BGH vom 13.06.2007 überholt. Das LG würde heute - wenn es sich an die BGH-Rechtsprechung hält - so nicht mehr entscheiden. Was ist denn mit den ganzen anderen LG- und OLG-Entscheidungen, nach denen die Versorger die Billigkeit ihrer Preisanpassungen belegt haben, in dem sie die Bezugspreisentwicklung unter Vorlage ihrer Bezugsverträge dargelegt haben? Warum erwähnen sie diese, der höchstgerichtlichen Rechtsprechung folgenden Urteile nicht auch?

Wäre Ihre Darstellung dann nicht etwas sachlicher?


Ronny
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: nomos am 08. September 2008, 10:21:15
@Ronny, wenn es nicht um Stilfragen, sondern um die Sache geht dann:

Zitat
Zur Kontrolle der Billigkeit des Gaspreises ist nach dem BGH die Offenlegung der Kalkulationsgrundlagen zur Erläuterung des Gesamtpreises nicht mehr erforderlich. Es reicht ein Nachweis über die Angemessenheit der Preisänderung aus. Für diesen Nachweis muss die Entwicklung des Bezugspreises und der sonstigen Kosten gegenüber gestellt werden. Die Ausgangs-Bezugskosten und sie Ausgangs-\"sonstigen Kosten\" werden nicht überprüft
    Über dieses \"Grundsatzurteil\" wurde in der Zwischenzeit viel geschrieben, auch hier im Forum. Man kann viel nachlesen, wenn man will.

    Es ging um den konkreten Fall des pensionierten Richters Klaus von Waldeyer-Hartz aus Heilbronn, der mit seiner Klage vor diesem Gericht wenig Erfolg hatte.

    Die Richter stellten sich hier die Frage, ob es sich bereits beim Vertragsabschluss um eine einseitige Preisfestsetzung handelte. Das verneinten sie mit dem Argument, dass zu dem Zeitpunkt, zu dem sich der Kläger für Erdgas entschied, noch keine Monopolstellung bestand. Schließlich konnte er sich ja auch für Öl oder Holz entscheiden. Sie sahen da in Heilbronn einen \"Substitutionswettbewerb\".

    Ob die Monopolsituation nach dem Gesetz überhaupt eine Rolle spielt, ist hier aber schon die erste Frage, die sich stellt. Wenn, dann ist die Begründung des Gerichts allenfalls zum Teil und nur formal stichhaltig. Denn es gibt zwar im Prinzip einen Wettbewerb zwischen Gas, Öl, Holz oder Fernwärme. Für das praktische Leben ist dieser Hinweis aber weltfremd. Denn kein Mieter hat diese Wahlfreiheit. Er ist an die Heizungsart gebunden, für die sich sein Vermieter entschieden hat. Eigenheimbesitzer können vielleicht beim Neubau frei entscheiden – und dann womöglich erst wieder nach zwei Jahrzehnten, wenn sie ihre Heizung modernisieren.

    Aber selbst für Eigenheimbesitzer gibt es an vielen Orten Satzungen, die aus Umweltschutzgründen Öl und Holz verbieten. Außerdem war der gesehenen Wettbewerb bei der sogenannten Ölpreisbindung wohl eine Fata Morgana.

    Bei Preiserhöhungen sieht das ohnehin völlig anders aus, hier kann der Kunde nicht unter mehreren Anbietern wählen. Allerdings vermuteten die Richter auch hier, dass die Preise als vereinbart gelten könnten, wenn ein Kunde sie ohne Widerspruch akzeptiert. Das, so führte der Vorsitzende Richter, Wolfgang Ball, aus, ist spätestens dann der Fall, wenn der Jahresendrechnung nicht widersprochen wird. Ball bekannte dabei auch den \"Schrecken\", den es dem Gericht bei dem Gedanken einjage, \"Preiserhöhungen der vergangenen 27 Jahre wieder aufzurollen\". Schließlich war der Kläger bereits seit 1980 Kunde der HVG.

    Andere Gerichte haben über die dortigen Gegebenheiten zu entscheiden und das vor allem nach dem Wortlaut der Gesetze und dem darin zum Ausdruck gebrachten Willen des Gesetzgebers.  Das BGH-Urteil im \"Heilbronner Fall\" ist kein Muster für alle Fälle, wie das immer wieder versucht wird von interessierter Seite darzustellen.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Ronny am 08. September 2008, 11:07:44
@ nomos

Ich kann ja vollkommen verstehen, dass das Urteil des BGH vom 13.06.2007 aus Verbrauchersicht enttäuschend ist. Schließlich erteilt es allen Forderungen nach Offenlegung der Kalkulationsgrundlage eine klare Absage. Aber das Ausmaß der Negation der Tatsachen ist einfach verwunderlich.

Sie schreiben:

Zitat
Allerdings vermuteten die Richter auch hier, dass die Preise als vereinbart gelten könnten, wenn ein Kunde sie ohne Widerspruch akzeptiert.

Da wird nichts vermutet, sondern höchstrichterlich festgestellt. Der BGH führt in Randnummer 36 aus:

Zitat
Nicht anders kann es liegen, wenn der Kunde eine auf der Grundlage einer gemäß § 10 Abs. 1 EnWG 1998, § 4 Abs. 2 AVBGasV öffentlich bekannt gegebenen einseitigen Preiserhöhung vorgenommene Jahresabrechnung des Versorgungsunternehmens akzeptiert hat, indem er weiterhin Gas bezogen hat, ohne die Preiserhöhung in angemessener Zeit gemäß § 315 BGB zu beanstanden. In diesem Fall wird der zum Zeitpunkt der Jahresabrechnung geltende, zuvor einseitig erhöhte Tarif zu dem zwischen den Parteien vereinbarten Preis. Er kann deshalb im Rahmen einer weiteren Preiserhöhung nicht mehr gemäß § 315 Abs. 3 BGB auf seine Billigkeit überprüft werden.

Da steht nichts von Vermuten.

Zum Thema Substitutionswettbewerb. Ein bestehender Substitutionswettbewerb ist Voraussetzung dafür, dass § 315 BGB nicht analog angewendet werden kann. Da haben Sie Recht. Aus dem Urteil des BGH lässt sich aber nicht imit der der von vielen behaupteten Eindeutigkeit ableiten, dass die Frage des Substitutionswettbewerbes eine Frage ist, die im Einzelfall zu entscheiden ist. In Randnummer 34 heißt es:

Zitat
Sie steht aber - wie alle Gasversorgungsunternehmen - auf dem Wärmemarkt in einem (Substitutions-)Wettbewerb mit Anbietern konkurrierender Heizenergieträger wie Heizöl, Strom, Kohle und Fernwärme. Das entspricht auch der Auffassung des Gesetzgebers (Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts, BT-Drs. 13/7274 S. 9; vgl. auch BGH, Urteil vom 1. Februar 1996 - I ZR 50/94, GRUR 1996, 502, unter II 1 a - \"Energiekosten-Preisvergleich\"; BGH, Urteil vom 19. September 1996 - I ZR 72/94, GRUR 1997, 304, unter II 3 b bb - \"Energiekosten-Preisvergleich II\"; Schiffer, ET 1986, 484, 487).
Der BGH stellt hier klar, dass alle Gasversorgungsunternehmen in einem Substitutionswettbewerb stehen. Also muss hierzu kein Beweis mehr erhoben werden. Dieser grundsätzlichen Aussage widerspricht der BGH in Randnummer 35 zwar etwas (ich möchte mich nicht dem Vorwurf ausgesetzt sehen, ich würde einseitig zitieren). Aber so sonnenklar, wie viele die Rachtslage darstellen, ist sie gewiss nicht.

Fazit:

Sie schreiben:

Zitat
Andere Gerichte haben über die dortigen Gegebenheiten zu entscheiden und das vor allem nach dem Wortlaut der Gesetze und dem darin zum Ausdruck gebrachten Willen des Gesetzgebers. Das BGH-Urteil im \"Heilbronner Fall\" ist kein Muster für alle Fälle, wie das immer wieder versucht wird von interessierter Seite darzustellen.
Für die spannendste Frage, nämlich wie die Preiserhöhung gerichtlich zu überprüfen ist, ist das Urteil auf alle anderen Fälle übertragbar. Auch wenn viele das nicht wahrhaben wollen.

Ronny
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: nomos am 08. September 2008, 12:22:36
Zitat
Original von Ronny
Ich kann ja vollkommen verstehen, dass das Urteil des BGH vom 13.06.2007 aus Verbrauchersicht enttäuschend ist. Schließlich erteilt es allen Forderungen nach Offenlegung der Kalkulationsgrundlage eine klare Absage. Aber das Ausmaß der Negation der Tatsachen ist einfach verwunderlich.
    @Ronny, ist das Urteil nicht eine gesamte Enttäuschung, nicht nur aus Verbrauchersicht? Sind die Versorger damit wirklich glücklich? Das Urteil reiht sich nur in die Reihe der vielen Unzulänglichkeiten ein. Diese sind eher auf der politischen Ebene zu lösen. Solange die Verbraucher nicht als Kunden wahrgenommen werden und wegen Abwesenheit von Wettbewerb und klarer Regeln nicht müssen, bleibt die Angelegenheit offen.  Daran hat auch das BGH-Urteil vom 13.06.07 nichts geändert. Es geht ja nicht um Luxusgüter, sondern um den Grundbedarf.
                   
Zitat
Original von Ronny
Sie schreiben:

Zitat
Allerdings vermuteten die Richter auch hier, dass die Preise als vereinbart gelten könnten, wenn ein Kunde sie ohne Widerspruch akzeptiert.

Da wird nichts vermutet, sondern höchstrichterlich festgestellt. Der BGH führt in Randnummer 36 aus:

Zitat
Nicht anders kann es liegen, wenn der Kunde eine auf der Grundlage einer gemäß § 10 Abs. 1 EnWG 1998, § 4 Abs. 2 AVBGasV öffentlich bekannt gegebenen einseitigen Preiserhöhung vorgenommene Jahresabrechnung des Versorgungsunternehmens akzeptiert hat, indem er weiterhin Gas bezogen hat, ohne die Preiserhöhung in angemessener Zeit gemäß § 315 BGB zu beanstanden. In diesem Fall wird der zum Zeitpunkt der Jahresabrechnung geltende, zuvor einseitig erhöhte Tarif zu dem zwischen den Parteien vereinbarten Preis. Er kann deshalb im Rahmen einer weiteren Preiserhöhung nicht mehr gemäß § 315 Abs. 3 BGB auf seine Billigkeit überprüft werden.

Da steht nichts von Vermuten.
    @Ronny, richtig, das steht nichts von Vermuten, aber ist diese Randnummer nicht im Zusammenhang zu diesem Fall zu sehen. Wenn das Gericht als Grundlage
keinen Wettbewerb beim Vertragsabschluss festgestellt hätte, wäre dann diese Randnotiz für Sie auch uneingeschränkt gültig?[/list]  
Zitat
Original von Ronny
Zum Thema Substitutionswettbewerb.
......
 Aber so sonnenklar, wie viele die Rachtslage darstellen, ist sie gewiss nicht.

Fazit:

Sie schreiben:

Zitat
Andere Gerichte haben über die dortigen Gegebenheiten zu entscheiden und das vor allem nach dem Wortlaut der Gesetze und dem darin zum Ausdruck gebrachten Willen des Gesetzgebers. Das BGH-Urteil im \"Heilbronner Fall\" ist kein Muster für alle Fälle, wie das immer wieder versucht wird von interessierter Seite darzustellen.
Für die spannendste Frage, nämlich wie die Preiserhöhung gerichtlich zu überprüfen ist, ist das Urteil auf alle anderen Fälle übertragbar. Auch wenn viele das nicht wahrhaben wollen.
    @Ronny, \"sonnenklar\" ist da nicht viel, da haben Sie recht. Auch die \"spannendste Frage\" ist da mit dem BGH-Urteil vom 13.06.07 noch nicht für alle Fälle beantwortet. Davon gehe ich aus.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 08. September 2008, 12:23:34
@Ronny

Ich bin ernstlich bemüht, auf Ihre sachlichen Beiträge umfänglich einzugehen. Das von mir oben aufgeworfene Problem der juristischen Kontrolle der Gaspreisneufestsetzung der Stadtwerke Delmenhorst GmbH zum 01.10.2008 konnte wohl noch keiner  Lösung zugeführt werden....

Unsere Diskussion führte zunächst zu dem Zwischenergebnis, dass ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB besteht. Black hatte dazu die Frage aufgeworfen, weshalb dann nicht gerichtlich auf Festsetzung des angemessenen Entgelts gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB vom betroffenen Kunden geklagt werde. Unter Bezugnahme auf das Urteil des LG Hannover vom 19.02.2007 wurde darauf verwiesen, dass eine solche Klage regelmäßig dann ins Leere gehen muss, wenn der Versorger seiner Darlegungs- und Beweislast in einem solchen Prozess nicht genügt, es also der Versorger mit seinem Prozessverhalten in der Hand hat, ob eine solche Klage scheitert. In diesem Zusammenhang ist es belanglos, wie sich die Darlegungs- und Beweislast des Versorgers inhaltlich konkret gestaltet.

********

Ich stelle das Urteil des BGH vom 13.06.2007 (VIII ZR 36/06), dessen Inhalt hinlänglich oft referiert wurde, in Frage aus den dargelegten Gründen:

Besteht ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB des Gläubigers hinsichtlich der vertraglichen Haupt- Gegenleistung, so besteht eine vertragliche Verpflichtung des Gläubigers, die Haupt- Gegenleistung nach Vertragsabschluss der Billigkeit entsprechend (neu) zu bestimmen.

Die entsprechende Willenserklärung des Versorgers ist die getroffene, unwiderrufliche  Bestimmung gem. § 315 Abs. 2 BGB, deren Wirksamkeit gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB allein davon abhängt, ob sie der Billigkeit entspricht oder nicht. Es handelt sich demnach gerade nicht um ein annahmefähiges Angebot gem. § 145 BGB, das - jedoch nur im Falle einer Annahme - zu einer Neuvereinbarung führen könnte. Die Erklärung gem. § 315 Abs. 2 BGB und eine Einigung nach §§ 145 ff. BGB folgen juristisch vollkommen verschiedenen Regeln. Eine unwiderrufliche Bestimmung gem. § 315 Abs. 2 BGB kann denknotwendig nicht zugleich ein Angebot gem. § 145 BGB sein, dem der andere Vertragsteil nur durch fristgerechte Annahmeerklärung überhaupt Geltung verschaffen könnte. Ohne Angebot jedoch auch keine Annahme und somit auch keine vertragliche Neuvereinbarung gem. § 145 ff. BGB.

Dies gilt für die unmittelbare (direkte) Anwendung des § 315 BGB generell, nicht nur im Energiebereich und nicht nur im Gasbereich.

Es stellt sich deshalb juristisch allein die entscheidende Frage:

Besteht ein Leistungsbestimmungsrecht des Gläubigers hinsichtlich der vertraglichen Haupt- Gegenleistung, vermöge dessen der Gläubiger berechtigt und verpflichtet ist, die vertragliche Haupt- Gegenleistung nach Vertragsabschluss (neu) zu bestimmen?

Ein solches Bestimmungsrecht ist conditio sine qua non für die Berechtigung zur einseitigen Änderung der Entgelte nach Vertragsabschluss, deren einseitige Neufestsetzung.

Es ist zugleich conditio sine qua non und allein hinreichende Tatbestandsvoraussetzung dafür, dass der andere Vertragsteil Anspruch auf gerichtliche Überprüfung und ggf. gerichtliche Leistungbsbestimmung gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB hat.

In der Entscheidung vom 13.06.2007 (VIII ZR 36/06) hat der BGH meines Erachtens, nachdem er das Bestehen eines Leistungsbestimmungsrechts im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB zutreffend festgestellt hatte, die Rechtsnorm des § 315 BGB juristisch unzutreffend angewendet. Möglicherweise geschah dies mit Rücksicht auf ein bestimmtes, beabsichtigtes  Ergebnis, wie einige hier meinen. Eine ergebnisorientierte Rechtsanwandung ist jedoch unzulässig.

********

Die weitergehenden Überlegungen des BGH in der Entscheidung vom 13.06.2007 (VIII ZR 36/06) betreffen hingegen die entsprechende Anwendung des § 315 BGB (für sog. Monopolfälle), auf die es m.E. aus oben genannten Gründen schon gar nicht erst ankommen kann und darf.

Auch diese weiteren Überlegungen überzeugen mich nicht.

Die Frage ob ein einheitlicher Markt für Wärmeenergie besteht, wurde vom Kartellsenat des BGH mehrfach anders entschieden, zuletzt BGH, Urt. v. 29.04.2008 (KZR 2/07):

Zitat
Die Versorgung von Letztverbrauchern mit Erdgas bildet sachlich einen eigenen Markt; ein einheitlicher Markt für Wärmeenergie besteht nicht (Bestätigung von BGHZ 151, 274, 282 – Fernwärme für Börnsen).

Auch das eine klare Aussage, vgl. vorhergehend auch BGH, B. v. 25.09.2007 (KZR 33/06).

(Wenn es schon gar keinen einheitlichen Markt für Wärmeenergie gibt, wann und wo sollte dann der behauptete Substitutionswettbewerb überhaupt stattfinden?)

Die Fragen,

a) ob überhaupt ein einheitlicher Wärmemamrkt besteht und
b) ob  ggf. auf einem solchen (sachlich, räumlich und zeitlich konkret  abzugrenzenden Markt)  ein wirksamer Wettbewerb bestand, der die HuK- Gaspreise des konkreten Versorgers wirksam begrenzen konnte, sind Tatsachenfragen, für deren Klärung der BGH als Revisionsinstanz nicht zuständig ist, vgl. nur BGH, Urt. v. 13.06.2007 (VIII ZR 36/06) Rdn. 35.

Für diese Tatsachen trägt im Falle des Bestreitens das Gasversorgungsunternehmen die Darlegungs- und Beweislast, vgl. BGH, B. v. 14.03.2007 (VIII ZR 36/06).

Für die Tatsache, dass es keinen einheitlichen  Markt für Wärmeenergie gibt und zudem bisher kein wirksamer Wettbewerb existiert, der die HuK- Gaspreise wirksam beeinflussen könnte, wird auf die Begründung  der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des Preismissbrauchs im Bereich der Energieversorgung und des Lebensmittelhandels vom 27.06.2007 (BT- Drs. 16/5847) verwiesen, in der es zutreffend heißt:

Zitat
a) Verschärfung der Missbrauchsaufsicht im Energiesektor

Die den Energienetzen vor- und nachgelagerten Märkte haben sich seit der mehr als acht Jahre zurückliegenden rechtlichen Marktöffnung noch nicht zu funktionierenden Wettbewerbsmärkten entwickelt.

Defizite sind insbesondere im Erzeugungsbereich von Elektrizität und – u.a. bedingt durch bislang nur unzureichend funktionierende Durchleitungsmodelle – im Haushaltskundengeschäft mit Gas festzustellen. Die Energiemärkte sind von einer starken vertikalen Integration und zunehmender Konzentration geprägt.

Die Energiepreise sind auf ein volkswirtschaftlich bedenkliches Niveau gestiegen, das mit der Entwicklung der Primärenergiekosten nicht mehr begründbar erscheint und industrielle Abnehmer sowie Endverbraucher über Gebühr belastet. Insbesondere mit Blick auf die nicht regulierten Märkte sollen deshalb die Eingriffsmöglichkeiten nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) gegenüber marktbeherrschenden Energieversorgungsunternehmen verbessert werden.

Ziel des § 29 ist eine Schärfung des kartellrechtlichen Instrumentariums zur Bekämpfung missbräuchlich überhöhter Energiepreise mittels einer auf den Energiesektor zugeschnittenen Ausprägung der Generalsklausel des § 19 Abs. 1 GWB.

Das Gesetz ist mit dieser Begründung in Kraft getreten. Das entspricht also auch der Auffassung und Entscheidung des Gesetzgebers undzwar in 2007, die der achte Zivilsenat in seiner Entscheidung vom 13.06.2007  offensichtlich noch nicht berücksichtigt hatte.

Es gibt keinen Substitutionswettbewerb. Die von den Gasversorgern einseitig festgesetzten Erdgaspreise beeinflussen zB. die Entwicklung der Preise auf dem Heizölmarkt überhaupt nicht.

*****

Nach alldem erscheint es juristisch untunlich, die Entscheidung vom 13.06.2007 (VIII ZR 36/06) wie eine Monstranz vor sich herzutragen. Der achte Zivilsenat hat zum Ausdruck gebracht, dass er selbst Veranlassung sieht, die Fragen noch einmal neu zu überdenken.

@nomos

Das geltende Recht ist nicht dazu da, den einen oder den anderen glücklich zu machen. Wenn es professionell zugeht, darf es auf Emotionen nicht ankommen. Justizia trägt nicht ohne Grund eine Augenbinde. Es kommt auch nicht darauf an, ob an einem konkreten Rechtsstreit ein pensionierter Richter aus Helbronn beteiligt war. Für das abstrakte Rechtsproblem ist auch nicht entscheidend, ob es sich bei dem Leistungsbestimmungsrecht um ein solches handelt, das einem Energieversorger eingeräumt ist.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Black am 08. September 2008, 12:53:13
Zitat
Original von RR-E-ft
Es stellt sich deshalb juristisch allein die entscheidende Frage:

Besteht ein Leistungsbestimmungsrecht des Gläubigers hinsichtlich der vertraglichen Haupt- Gegenleistung, vermöge der Gläubiger berechtigt und verpflichtet ist, diese vertragliche Haupt- Gegenleistung nach Vertragsabschluss (neu) zu bestimmen?

Im Bereich der Grundversorgung besteht ein gesetzliches Preisanpassungsrecht des Versorgers nach § 5 Abs. 2 und 3 Strom/GasGVV. Es handelt sich dabei quasi um eine gesetzliche Form einer Preisanpassungsklausel. Eine Preisänderung die unter Berufung auf § 5 GVV erfolgt muss der Billigkeit entsprechen und ist nach § 315 BGB überprüfbar. Solange der Versorger von diesem Recht keinen Gebrauch macht (keinen Gebrauch machen darf/kann/muss) gilt der bei Vertragsschluss vereinbarte Preis.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 08. September 2008, 13:00:36
@Black

Leider sind Sie meinem Beitrag weiter oben wohl gedanklich nicht nachgegangen.

Auch die Entscheidung, die Entgelte nicht zu ändern, nicht abzusenken, stabil zu halten, stellt eine Ermessensentscheidung dar.

Ich weiß nicht, in welchen Abständen ein konkreter Versorger die entsprechenden Ermessensentscheidungen (neu) trifft. Unzweifelhaft werden solche Entscheidungen [Preisrevisionen] in der Praxis getroffen. In irgendwie geartet regelmäßigen Abständen wird der Versorger solche Entscheidungen zu treffen haben undzwar allein anhand seiner konkreten Kostenentwicklung, vgl. BGH, Urt. v. 29.04.2008 (KZR 2/07).

Es handelt sich eben nicht um eine Preisanpassungsklausel, für welche der weite Spielraum der Billigkeit bereits zu weit wäre, sondern um ein Leistungsbestimmungsrecht des Gläubigers  hinsichtlich der vertraglichen Haupt- Gegenleistung. Es besteht deshalb eine Verpflichtung, die vertragliche Haupt- Gegenleistung nach Vertragsabschluss neu zu bestimmen [vgl. Palandt, BGB, 67. A.,  § 315 Rn. 12; BGH, Urt. v. 29.04.2008 (KZR 2/07) Rdn. 26].


Zitat
Die gesetzliche Regelung umfasst daher neben dem Recht des Versorgers zur Preisanpassung auch die Pflicht hierzu, wenn die Anpassung dem Kunden günstig ist,

Möglicherweise behagt Ihnen nun die eigene Aussage nicht mehr, dass gegenüber grundversorgten Kunden unzweifelhaft ein Leistungsbestimmungsrecht im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB besteht?
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: jroettges am 08. September 2008, 13:16:04
@Black
Zitat
Im Bereich der Grundversorgung besteht ein gesetzliches Preisanpassungsrecht des Versorgers nach § 5 Abs. 2 und 3 Strom/GasGVV. Es handelt sich dabei quasi um eine gesetzliche Form einer Preisanpassungsklausel.

§ 5 Abs. 2 und 3 begründen kein gesetztliches Recht zur Preisanpassung durch den Grundversorger, sie gehen lediglich davon aus, dass es ein solches Recht gibt. Sie treffen spezielle Festlegungen zu den Bekanntgabefristen und Modalitäten sowie zu den Auswirkungen auf das Kündigungsrecht des Verbrauchers.

Das Recht zur einseitigen Preisänderung in der Grundversorgung ergibt sich aus der Tatsache, dass jeder Grundversorger zur Lieferung im Rahmen der Grundversorgung verpflichtet ist. Geregelt ist das an anderere Stelle.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 08. September 2008, 13:19:43
@jroettges

Es ist unstreitig, dass im Anwendungsbereich der Verordnung  ein Leistungsbestimmungsrecht im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB  besteht. Das ergibt sich schon aus der Entscheidung vom 13.06.2007 (VIII ZR 36/06), Rn. 14.

Das Bestimmungsrecht und die Pflicht zur Leistungbestimmung ergibt sich nicht aus der Lieferpflicht. So besteht bei einer feststehenden Preisvereinbarung ohne Leistungsbestimmungsrecht (Sonderabkommen) ebenfalls eine vertragliche Lieferpflicht. Aus dieser vertraglichen Lieferpflicht kann sich das Unternehmen durch Vertragsbeendigung lösen. Im Rahmen der Grundversorgung besteht eine solche Möglichkeit gem. § 20 Abs. 1 Satz 3 GVV jedoch regelmäßig nicht. Deshalb war es notwendig, dem Versorger das Leistungsbestimmungsrecht einzuräumen, auch damit er seine gesetzliche Verpflichtung aus §§ 2 Abs. 1, 36, 38 EnWG erfüllen kann.

Man sollte zunächst davon ausgehen dürfen, dass jeder Grundversorger seine gesetzliche Verpflichtung aus §§ 2 Abs. 1, 36, 38 EnWG erfüllen möchte. Nur gelingt dies offensichtlich nicht in jedem Fall. Das kann insbesondere dann nicht gelingen, wenn der Grundversorger seine gesetzliche Verpflichtung aus § 2 Abs. 1 EnWG bei seiner Preisgestaltung hinsichtlich der Bestimmung der Allgmeinen Preise  unberücksichtigt lässt. Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn der Grundversorger - juristisch schlecht beraten - meint, er unterläge gar keinen entsprechenden Verpflichtungen. Es bleibt abzuwarten, ob Grundversorger ihre bisherigen juristischen Berater deshalb alsbald in Regress nehmen werden. Eine entsprechende Möglichkeit besteht zweifelsohne.

Dies kann der Fall sein, wenn der juristische Berater das bestehende Leistungsbestimmungsrecht im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB erkannt hatte, jedoch nicht darauf hinwies, dass sich daraus auch zugleich eine entsprechende Verpflichtung ergibt, etwa weil er im Standard- Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch Palandt in der neuesten Auflage die Randnummer 2 zu § 315 BGB zwar gefunden und gelesen hatte, jedoch die Ausführungen in Randnummer 12 bei seiner Beratung des Unternehmens unberücksichtigt ließ..... Ein fataler Fehler, welcher es dem Grundversorger ermöglichen könnte, einen infolge der Falschberatung eintretenden wirtschaftlichen Schaden vollständig auf den juristischen Berater abzuwälzen, wovon die Berufshaftpflichtversicherung des juristischen Beraters dann möglicherweise gerade  einen Teil trägt.

In Zeiten, in denen Unternehmen wie Siemens Vorstände und Aufsichtsräte in Regress nehmen, halte ich es nicht mehr für ausgeschlossen, dass auch Energieversorger ihre bisherigen rechtlichen Berater zunehmend flächendeckend in Regress nehmen werden.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Black am 08. September 2008, 16:10:29
Zitat
Original von RR-E-ft

Auch die Entscheidung, die Entgelte nicht zu ändern, nicht abzusenken, stabil zu halten, stellt eine Ermessensentscheidung dar.

Ich weiß nicht, in welchen Abständen ein konkreter Versorger die entsprechenden Ermessensentscheidungen (neu) trifft. Unzweifelhaft werden solche Entscheidungen [Preisrevisionen] in der Praxis getroffen. In irgendwie geartet regelmäßigen Abständen wird der Versorger solche Entscheidungen zu treffen haben undzwar allein anhand seiner konkreten Kostenentwicklung, vgl. BGH, Urt. v. 29.04.2008 (KZR 2/07)

Nach ihrer Ansicht würde der Versorger also permanent eine Preisbestimmung vornehmen, auch wenn er den tatsächlichen Preis über Monate stabil hält. Er würde dann in jeder logischen Sekunde (oder zumindest täglich) die Ermessenstentscheidung treffen \"heute ändere ich den Preis nicht\".
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 08. September 2008, 16:21:39
@Black

Nun kommen wir der Sache nahe.

§ 4 AVBGasV stellte lediglich auf eine öffentliche Bekanntgabe ab.

In einer Stadt wie Berlin mit Morgen- und Abendzeitung bestand deshalb z. B. (theoretisch) die Möglichkeit, die Gaspreise an jedem Tag mit der öffentlichen Bekanntgabe in der Morgenzeitung anders neu festzusetzen als mit der öffentlichen Bekanntmachung  in der Abendzeitung. Die Gastarife konnten von Tag zu Tag einseitig neu festgesetzt werden, was ja auch in der Praxis so geschah. So ersetzte z.B. die Oldenburger EWE zum 01.09.2004 die bis dahin bestehenden Allgemeinen Tarife Kleinverbrauchstarif K und Grundpreistarif G durch einen vollkommen neu gestalteten Basistarif BT. Kleinverbrauchstarif K und Grundpreistarif G waren ausdrücklich in der BTOGas vorgesehen, die 1998 außer Kraft trat. Bei der Stadtwerke Delmenhorst GmbH geschieht mit den Allgemeinen Preisen der Gasversorgung zum 01.10.2008 ähnliches.

Der Versorger muss sich die Frage, ob die Entgelte wegen zwischenzeitlicher  Kostenänderungen (nach oben oder unten) neu festgesetzt werden müssen, permanent neu stellen und permanent neu darüber entscheiden. Aus dem Bestimmungsrecht folgt die vertragliche Bestimmungspflicht, also die Pflicht, den jeweils (unter Berücksichtigung der Interessen beider Vertragsteile) angemessenen Preis nach Vertagsabschluss neu festzusetzen.

Gewiss nicht minütlich, stündlich oder täglich, jedoch mindestens in den Abständen, in denen sich die maßgeblichen Kosten regelmäßig ändern.

Ändern sich etwa die Beschaffungskosten quartalsweise, so sollte man eine quartalsweise Preisrevision erwarten. Ändern sich die Beschaffungskosten monatlich, dann monatlich. Nicht auszuschließen, dass solche betriebswirtschaftlichen Entscheidungen auf eine EDV übertragen wurden. Die könnte nach fest programmierten Algorythmen entsprechende Entscheidungsvorschläge auswerfen. Hinzu treten können besondere Ereignisse wie die Absenkung der Netzentgelte in Folge der Regulierung, die dabei ebenfalls Berücksichtigung finden müssen.

Der von den Bestimmungen betroffene Kunde weiß nicht, wann und in welchem Umfange sich die maßgeblichen Kosten wie ändern. Der betroffene Kunde weiß auch nicht, welche Kosten in die Grundpreise und welche Kosten  in die Arbeitspreise einfließen....

Es sind bereits Gasversorger dazu übergegangen, die Gaspreise monatlich neu festzusetzen. Die Entscheidung darüber muss irgendwann dazwischen fallen, möglicherweise 14tägig. Siehe hier. (http://forum.energienetz.de/thread.php?threadid=9847&hilight=monatlich)
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: u.h. am 08. September 2008, 16:27:03
Zitat
Original von Black
Nach ihrer Ansicht würde der Versorger also permanent eine Preisbestimmung vornehmen, auch wenn er den tatsächlichen Preis über Monate stabil hält. Er würde dann in jeder logischen Sekunde (oder zumindest täglich) die Ermessenstentscheidung treffen \"heute ändere ich den Preis nicht\".

So ist es !
Zumindest jedesmal dann, wenn sich irgendein Preisbestandteil ändert.
Und derer gibt es - außer dem eigentlichen Gaseinkaufspreis - noch sehr viele: Netz- &  Personal- & außerplanmäßige Reparaturkosten, Abschreibungen etc.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Ronny am 09. September 2008, 11:17:38
@Fricke

Rechtsdogmatisch sauber hergeleitet, dass ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht nichts mit Angebot und Annahme zu tun hat. Dazu hätte es zwar nicht unbedingt so vieler Wort bedurft, weil es aus dem Begriff einseitiges Leistungsbestimmungsrecht recht eindeutig hervorgeht, dass eine Annahme nicht erforderlich ist, aber sei´s drum.

Ich verstehe nur nicht den genauen Zusammenhang mit dem BGH-Urteil vom 13.06.2007. Sie schreiben:

 
Zitat
In der Entscheidung vom 13.06.2007 (VIII ZR 36/06) hat der BGH meines Erachtens, nachdem er das Bestehen eines Leistungsbestimmungsrechts im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB zutreffend festgestellt hatte, die Rechtsnorm des § 315 BGB juristisch unzutreffend angewendet. Möglicherweise geschah dies mit Rücksicht auf ein bestimmtes, beabsichtigtes Ergebnis, wie einige hier meinen. Eine ergebnisorientierte Rechtsanwandung ist jedoch unzulässig
 

In wiefern genau hat denn der BGH § 315 BGB nun falsch angewendet? Was meinen Sie denn konkret?

Ronny
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 09. September 2008, 11:26:04
@Ronny

Wir kommen der Sache wohl zusammen immer näher.

Zitat
Original von Ronny
@Fricke

Rechtsdogmatisch sauber hergeleitet, dass ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht nichts mit Angebot und Annahme zu tun hat. Dazu hätte es zwar nicht unbedingt so vieler Wort bedurft, weil es aus dem Begriff einseitiges Leistungsbestimmungsrecht recht eindeutig hervorgeht, dass eine Annahme nicht erforderlich ist

Danke, dass mir eine rechtsdogmatisch saubere Arbeitsweise bescheinigt wird.

Zitat
Original von Ronny

Ich verstehe nur nicht den genauen Zusammenhang mit dem BGH-Urteil vom 13.06.2007. In wiefern genau hat denn der BGH § 315 BGB nun falsch angewendet? Was meinen Sie denn konkret?

Ich meine, aus der Entscheidung vom 13.06.2007 (VIII ZR 36/06) Rdn. 36 eine Fiktion herausgelesen zu haben, der Kunde, der einer einseitigen Preisneufestsetzung gem. § 315 BGB nicht widerspreche, vereinbare damit den zuvor einseitig neu festgesetzten Preis.

Zitat
Handelte es sich dagegen bei den vor der streitgegenständlichen Preiserhöhung zum 1. Oktober 2004 geltenden Tarifen der Beklagten um Tarife, die in der Vergangenheit durch von der Beklagten gemäß § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV einseitig vorgenommene Preiserhöhungen zustande gekommen sind, war § 315 BGB - wie oben unter II 2 b bereits ausgeführt - auf diese Preiserhöhungen zunächst unmittelbar anwendbar. Der Kläger hätte diese - wie auch die streitgegenständliche Preiserhöhung - gemäß § 315 BGB gerichtlich auf ihre Billigkeit überprüfen lassen können. Der Berücksichtigung der etwaigen Unbilligkeit vergangener Preiserhöhungen im Rahmen der Überprüfung der hier streitgegenständlichen Preiserhöhung zum 1. Oktober 2004 steht aber entgegen, dass der Kläger die auf diesen Tarifen basierenden Jahresabrechnungen (vgl. § 24 Abs. 1 AVBGasV) unbeanstandet hingenommen hat.
...

Nicht anders kann es liegen, wenn der Kunde eine auf der Grundlage einer gemäß § 10 Abs. 1 EnWG 1998, § 4 Abs. 2 AVBGasV öffentlich bekannt gegebenen einseitigen Preiserhöhung vorgenommene Jahresabrechnung des Versorgungsunternehmens akzeptiert hat, indem er weiterhin Gas bezogen hat, ohne die Preiserhöhung in angemessener Zeit gemäß § 315 BGB zu beanstanden. In diesem Fall wird der zum Zeitpunkt der Jahresabrechnung geltende, zuvor einseitig erhöhte Tarif zu dem zwischen den Parteien vereinbarten Preis. Er kann deshalb im Rahmen einer weiteren Preiserhöhung nicht mehr gemäß § 315 Abs. 3 BGB auf seine Billigkeit überprüft werden.


Eine solche (Neu-) Einigung setzt Angebot und Annahme gem. § 145 ff. BGB voraus. Es gibt jedoch bei rechtsdogmatisch sauberer Betrachtung weder eine Angebotserklärung gem. § 145 BGB, noch eine Annahmeerklärung, folglich gar keine Einigung auf den neu festgesetzten Preis.

Ich meine deshalb, dass die Entscheidung vom 13.06.2007 (VIII ZR 36/06) gerade auf keiner rechtsdogmatisch sauberen Arbeitsweise gründet.

Wenn der neu festgesetzte Preis vereinbart wäre, könnte denknotwendig aus § 315 BGB keine Verpflichtung zur Preisabsenkung bestehen, wenn eine solche für den Kunden günstig ist. Das wiederum widerspräche jedoch gerade dem Wesen des Bestimmungsrechts.

Repetitorium:

Zitat
Original von Ronny

Rechtsdogmatisch sauber hergeleitet, dass ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht nichts mit Angebot und Annahme zu tun hat. Dazu hätte es zwar nicht unbedingt so vieler Wort bedurft, weil es aus dem Begriff einseitiges Leistungsbestimmungsrecht recht eindeutig hervorgeht, dass eine Annahme nicht erforderlich ist

Blitzgescheit. Nur sagen Sie das mal bitte den Richtern des achten Zivilsenats! Ich bin sogar der Auffassung, Studenten im Grundstuduim hätte man so etwas zurecht  nicht durchgegehen lassen. Es wurde \"gezaubert\". Ein juristischer Kardinalfehler, auf dem die Entscheidung gründet.

Derart \"Zauberei\" ist unzulässig. Die bewusste \"Zauberei\" durch Richter, um das Ergebnis ihrer Entscheidung in eine bestimmte Richtung zu führen, findet auch noch eine andere Bezeichnung. Deshalb verstehe ich nicht, dass hier einige die Auffassung vertreten können, der BGH werde ergebnisorientiert entscheiden, und sich mit einer entsprechenden Hoffnung tragen. Wer auf eine institutionalisierte Rechtsbeugung hofft, der ist für mich jedenfalls inakzeptabel, wofür ich um Verständnis bitte.

Ich gehe (vielleicht etwas zu oberlehrerhaft) davon aus, dass die Entscheidung vom 13.06.2007 (VIII ZR 36/06) wohl auf einer zu oberflächlichen gedanklichen Durchdringung der juristischen Problemstellung und einer rechtsdogmatisch leider unsauberen Arbeitsweise gründete und der Senat nun selbst jedenfalls Veranlassung sieht, die Sache nochmals neu zu durchdenken. Die zweimalige Verschiebung des Verkündungstermins lässt jedenfalls auf die dafür notwendige Gründlichkeit hoffen.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Black am 09. September 2008, 16:38:32
Leider fehlte mir bislang etwas die Zeit, die Grundsatzdiskussion fortzusetzen, daher erstmal nur kurz hierzu:

Zitat
Original von RR-E-ft
Ich meine, aus der Entscheidung vom 13.06.2007 (VIII ZR 36/06) Rdn. 36 eine Fiktion herausgelesen zu haben, der Kunde, der einer einseitigen Preisneufestsetzung gem. § 315 BGB nicht widerspreche, vereinbare damit den zuvor einseitig neu festgesetzten Preis.

Das habe ich auch so verstanden. Der BGH will damit wohl nach Ablauf einer nicht näher benannten Frist einen Widerspruch für die Vergangenheit ausschließen. Dogmatisch läßt sich das wohl nicht mit einer vertraglichen Vereinbarung begründen. Denkbar wäre eine Verwirkung bei unbeanstandeter Hinnahme oder ähnliches... dem BGH ging es wohl darum den Streitgegenstand/Prüfungsrahmen begrenzen zu können.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 09. September 2008, 16:56:02
@Black

Eine solche Fiktion ist mit einem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht, also der gesetzlichen Regelung des § 315 BGB, ersichtlich  völlig unvereinbar.

Von Verwirkung steht in der Entscheidung nichts. Deren rechtsdogmatische Voraussetzungen wurden ja auch gar nicht geprüft. Ein Urteil muss klar und aus sich heraus  nachvollziehbar sein und darf keinen Raum für Vermutungen lassen.  Denkbar wäre sonst fast alles.

Zitat
Original von Black
dem BGH ging es wohl darum den Streitgegenstand/Prüfungsrahmen begrenzen zu können.

Wissen Sie, was Sie dem BGH da unterstellen? Sind Sie sich dessen wirklich bewusst?

In der Literatur ist bisher allenfalls  Ulli B. aus Elbflorenz mit einer solchen Unterstellung hervorgetreten, wobei dieser nicht so deutlich formulierte.

Den Streitgegenstand bestimmt gem. § 308 ZPO allein der Kläger undzwar mit seinem Antrag. Den kann sich das Gericht also nicht aussuchen oder nach eigenem Gutdünken zurechtbiegen. Es steht nicht zur Dispostion eines Gerichts, worüber es zu entscheiden hat und worüber nicht.  Im konkreten Fall soll der Streitgegenstand angeblich gem. § 308 ZPO beschränkt gewesen sein....

Der Prüfungsrahmen ergibt sich immer aus den anzuwendenden Vorschriften des materiellen Rechts, die der Gesetzgeber vorgibt und die ein Gericht auch nicht selektiv anwenden darf.

Wenn es dem BGH tatsächlich darum gegangen sein sollte, um die Anwendung des § 315 BGB herumzukommen, also das maßgebliche Recht auf einen konkret zur Entscheidung stehenden Fall tatsächlich nicht anzuwenden, dann wüsste man wohl, worum es sich handelt.

Ich halte es in Ansehung von Art. 20 III GG für gänzlich ausgeschlossen, dass der BGH sich bewusst dafür entscheidet, geltendes Recht nicht anzuwenden, dessen Anwendung zu beschränken oder einzuschränken, das geltende Recht zu verkürzen.

Halten Sie so etwas etwa ernsthaft für möglich?!

Ein Gericht legt sich Streitgegenstand und Prüfungsrahmen mit Rücksicht auf ein gewünschtes Ergebnis selbst zurecht?

Es wäre ein ungeheuerlicher Vorgang. Alle, die wir dem Recht besonders verpflichtet sind, hätten uns wohl entschieden dagegen auszusprechen.

Ergebnisorientierte, selektive Rechtsanwendung durch Gerichte widerspräche den rechtsstaatlichen Grundsätzen und damit unserem Grundgesetz. Ich hoffe, dass darüber wenigstens Konsens unter allen dem Recht besonders verpflichteten Kollegen besteht, auch wenn man sonst in der Sache verschiedene Ansichten vertreten mag.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: tangocharly am 09. September 2008, 18:37:45
@ RR-E-ft

Zitat
Den Streitgegenstand bestimmt gem. § 308 ZPO allein der Kläger und zwar mit seinem Antrag.

Richtig. Wenn der Kläger seine Kaufpreisforderung (§ 433 II BGB) einklagt, dann ist damit der Streitgegenstand spezialisiert.

Nun kommt der Einwand § 315 BGB. Der kommt - in dieser Konstellation - vom Bekl.

Was folgt nun ? Das Gericht muß, um zu einem Gestaltungsurteil zu kommen, die Billigkeit der Forderung des Klägers prüfen.

Der Streitgegenstand ist zwar immer noch der Gleiche. Das Gericht ist nun aber mit den gegen die Forderung sprechenden, rechtshemmenden und/oder rechtsvernichtenden Einwendungen und Einreden (der Gegenseite) befaßt, und zwar zusätzlich.

Da der Begriff der \"Billigkeit\" nirgends gesetzlich definiert ist (mit wenigen Ausnahmen, wie z.B. in §§ 1 Abs.1 und 2 Abs. 1 EnWG 2005), gelangt das Gericht zu der Frage, ob ihm ein Beurteilungsspielraum zur Seite steht. Ein solcher Spielraum setzt einen Rahmen voraus. In diesem Rahmen müssen sich die tatbestandlichen Kriterien bewegen. Diese Kriterien will dann das Gericht seinem Urteil zu Grunde legen.

An diesem Punkt kommt die Darlegungslast des Klägers ins Spiel (die bekanntlich beim § 315 BGB bei diesem liegt).

Wenn der Kläger nix vorträgt, dann gibt es nix zu beurteilen und da bewegt sich auch nix im Spielraum.

Wenn der Klg, nicht nix, sondern nicht viel vorträgt, dann stellt sich dem Gericht die Frage, ob diese wenigen Kriterien in den von ihm angenommenen Spielraum passen.

So verstehe ich @Black. Er dürfte die Auffassung vertreten, dass der vom VIII. BGH-Senat (02.10.1991) gesetzte Rahmen der vollständigen Kosten- und Gewinnkontrolle viel zu weit sei und der  VIII. Senat (13.06.2007) diesen Rahmen jetzt eingrenzen will (Marktpreise).

Da aber auch der VIII. Senat nicht einfach einen anderen Rahmen definieren kann (so eben mal aus dem hohlen Bauch heraus), braucht selbiger eben Definitionskriterien.

So, und jetzt sind wir beim \"Substitutionswettbewerb\" angelangt (den Rest erspare ich mir, weil, wie ich annehme, allseitig bekannt).
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 09. September 2008, 18:56:46
@tangocharly

Ich enthalte mich, in die Beiträge von Black Auffassungen  hinein zu vermuten oder auch nur über solche Vermutungen zu spekulieren und zu diskutieren. In der Sache bitte nicht wieder alles durcheinander bringen. Wir waren wohl gerade gedanklich gut sortiert.

Also in der Entscheidung vom 13.06.2007 (VIII ZR 36/06) geht es nicht um Marktpreise, sondern u. a. um geänderte Kosten des Unternehmens. Um einen Zahlungsanspruch gem. § 433 BGB ging es auch nicht. Ein solcher war nicht streitgegenständlich. Streitgegenständlich war dort ein Feststellungsanspruch gem. § 315 Abs. 3 BGB. Es handelte sich um eine Feststellungsklage.

Bei einer Zahlungsklage ist Streitgegenstand allein der Kaufpreisanspruch gem. § 433 II BGB. Daran ändert sich auch nichts, wenn im konkreten Vertragsverhältnis die vom Kunden geschuldete Haupt- Gegenleistung Gegenstand eines Leistungsbestimmungsrechts des Gläubigers im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB  ist und der Schuldner im Prozess die Unbilligkeitseinrede gem. § 315 Abs. 3 BGB erhebt, vgl. nur  BGH, Urt. v. 02.10.1991 (VIII ZR 240/90). Aus dieser Entscheidung geht ganz klar hervor, unter welchen Voraussetzungen das Gericht nur gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB eine Ersatzbestimmung treffen kann.

Diese Voraussetzungen lagen in jenem Verfahren - einem Zahlungsprozess -  nicht vor. Die genaue Begründung dafür, die sich erst am Ende der Entscheidung findet, sollte man sich merken.  Es fehlte u.a. bereits am Feststellungsantrag gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB. Die Zahlungsklage wurde deshalb als derzeit unbegründet abgewiesen.

Diese Entscheidung belegt, dass allein der Kläger mit seinem Antrag gem. § 308 ZPO den Streitgegenstand bestimmt, über den das Gericht vollständig zu entscheiden hat, aber auch nicht mehr als beantragt zusprechen darf.

Merke:

Auf eine Zahlungsklage des Verkäufers gem. § 433 Abs. 2 BGB ergeht wegen des vom Kläger bestimmten Streitgegenstandes kein Gestaltungsurteil gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB.

Es darf in Folge der Antragstellung gem. § 308 ZPO  gar nicht ergehen.

Der zur Bestimmung der vertraglichen Haupt- Gegenleistung berechtigte Verkäufer müsste dafür seinerseits einen Feststellungsantrag gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB stellen, dem nur dann Erfolg beschieden sein kann, wenn auch die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen des § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB vorliegen, wozu auch und gerade die Unbilligkeit gehört. Das besagt das Urteil vom 02.10.1991 (VIII ZR 240/90) neben vielem anderen Bedeutsamen.

Ebenso klar ist, dass kein Gericht zur ergebnisorientierten, selektiven Rechtsanwendung befugt ist.

Die gerichtliche Billigkeitskontrolle ist Aufgabe der Tatsachengerichte und unterliegt nur eingeschränkter revisionsrechtlicher Kontrolle, was immer wieder höchstrichterlich entschieden wurde, vgl. BGH, Urt. v. 13.06.2007 (VIII ZR 36/06) Rn. 20:  

Zitat
Die tatrichterlichen Ausführungen zur Anwendung des § 315 BGB im konkreten Fall können vom Revisionsgericht nur darauf überprüft werden, ob das Berufungsgericht den Begriff der Billigkeit verkannt, ob es die gesetzlichen Grenzen seines Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat und ob es von einem rechtlich unzutreffenden Ansatz ausgegangen ist, der ihm den Zugang zu einer fehlerfreien Ermessensentscheidung versperrt hat (BGHZ 115, 311, 321; Senatsurteil vom 21. September 2005 - VIII ZR 7/05, NJW-RR 2006, 133, unter II 2 m.w.N.).

Wenn sich ein einseitiges Leistungbsetimmungsrecht auf die vertragliche Haupt- Gegenleistung, das zu zahlende Entgelt bezieht, gilt Folgendes, vgl. BGH, Urt. v. 18.10.2007 (III ZR 277/06) Rdn. 20 f.

Zitat
Dem Inhaber des Bestimmungsrechts verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum, der Voraussetzung der richterlichen Billigkeitskontrolle gemäß § 315 Abs. 3 BGB ist (Senatsurteil BGHZ 115, 311, 319). Innerhalb des Spielraums stehen dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung. Die Prüfung, ob die Bestimmung der Höhe des Entgelts der Billigkeit entspricht, erfordert die Abwägung der objektiven wirtschaftlichen Interessen beider Vertragspartner und eine umfassende Würdigung des Vertragszwecks, in die weitere Gesichtspunkte einfließen können (Senatsurteil vom 24. November 1977 aaO S. 143 unter A. II. 2.; BGHZ 41, 271, 279; BGH, Urteil vom 2. Oktober 1991 - VIII ZR 240/90 - NJW-RR 1992, 183, 184 unter III. 1. m.w.N.; Clausen, Zivilgerichtliche Preiskontrolle über die Landeentgelte der Verkehrsflughäfen in Deutschland S. 76; Schwenk/Giemulla, Handbuch des Luftverkehrsrechts 3. Aufl. S. 581; jew. m.w.N.). Ziel dieser Prüfung ist nicht die Ermittlung eines \"gerechten Preises\" von Amts wegen. Vielmehr geht es darum, ob sich die getroffene Bestimmung in den Grenzen hält, die durch die Vorschrift des § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB gezogen werden (Senatsurteil vom 24. November 1977 aaO S. 143 unter A. II. 2.). Damit dient die anzustellende Billigkeitskontrolle der Sicherung elementarer Vertragsgerechtigkeit (Landgericht Berlin, ZLW 2001, 475, 481).

Die Ermessens- oder Billigkeitskontrolle der privatautonomen Leistungsbestimmung obliegt grundsätzlich dem Tatrichter, weil sie tatsachenabhängig ist und einen entsprechenden tatrichterlichen Beurteilungsspielraum verlangt (Soergel/Wolf, BGB 12. Aufl. § 315 Rn. 48; Staudinger/Rieble, BGB [2004] § 315 Rn. 301). Die tatrichterlichen Ausführungen zur Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB im konkreten Fall können vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob das Berufungsgericht den Begriff der Billigkeit verkannt hat, ob es die gesetzlichen Grenzen seines Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat und ob es von einem rechtlich unzutref-fenden Ansatz ausgegangen ist, der ihm den Zugang zu einer fehlerfreien Ermessensübung versperrt hat (Senat, BGHZ 115 aaO S. 321; BGH, Urteile vom 24. November 1995 - V ZR 174/94 - NJW 1996, 1054, 1055 m.w.N.; vom 21. September 2005 - VIII ZR 7/05 - NJW-RR 2006, 133, 134 unter II. 2.; vom 13. Juni 2007 - VIII ZR 36/06 - NJW 2007, 2540, 2542 Rn. 20; Staudinger/ Rieble aaO Rn. 302).

aaO., Rdn. 39:

Zitat
Bei der Billigkeitskontrolle der in Rede stehenden Entgeltanhebung kommt dem Grundsatz der Kostendeckung besondere Bedeutung zu. Die Preiskontrolle der von der Klägerin einseitig festgesetzten Flughafenentgelte hat sich - ähnlich wie bei anderen Entgelten im Bereich der Daseinsvorsorge - am Kostenbezug der geforderten Entgelte zu orientieren (vgl. Senatsurteil BGHZ 115 aaO S. 318; BGH, Urteile vom 2. Oktober 1991 aaO S. 185 unter III 2. a); vom 21. September 2005 aaO S. 135 unter II. 2. b); Landgericht Berlin aaO S. 480; ZLW 2006, 475, 478; Clausen aaO S. 90 ff m.w.N.; von Einem, Die Liberalisierung des Marktes für Bodenabfertigungsdienste auf den Flughäfen in Europa S. 201; Giesberts/Sieberg aaO ZLW 2005 S. 183; Hoffmann/ Grabherr, Luftverkehrsgesetz Stand Mai 2006 § 6 Rn. 173 zur Prüfung des Antrags auf Genehmigung der Entgelte nach § 43 Abs. 1, § 53 Abs. 1 LuftVZO). Im Rahmen der Leistungsbestimmungsbefugnis des Flughafenbetreibers ist es prinzipiell hinzunehmen, dass die Klägerin für die Berechnung der Flughafenentgelte die einzelnen Geschäftsbereiche des Flughafens unterscheidet und ihrer Entscheidung isoliert die Erlös- und Kostensituation im Bereich der Zentralen Infrastruktureinrichtungen zugrunde gelegt hat [vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 18. Juni 2003 - VI U (Kart) 64/01 - juris Rn. 22; Giesberts/Sieberg aaO S. 188]. Die Begrenzung auf den Geschäftsbereich der Zentralen Infrastruktureinrichtungen ist dadurch gerechtfertigt, dass die Fluggesellschaften gerade diese Einrichtungen in Anspruch nehmen. Somit ist der notwendige Kostenbezug grundsätzlich gewahrt. Über die Deckung der Kosten der Leistung sowie der Vorhaltung der dazu notwendigen Anlagen hinaus steht dem Flughafenbetreiber auch ein Gewinn zu, aus dem er die erforderlichen Rücklagen bilden und Investitionen tätigen kann (EuGH, Beschluss vom 16. Oktober 2003 aaO S. 86 f Rn. 56; Senatsurteil vom 24. November 1977 aaO S. 147 unter A. II. 5.; vgl. BGH, Urteil vom 2. Oktober 1991 aaO S. 185 unter III. 2. a) m.w.N.; Landgericht Berlin, ZLW 2001 aaO S. 481; Clausen aaO S. 91).

Sind das nicht etwa die generellen Kriterien für die Billigkeitskontrolle einer einseitigen Entgeltbestimmung?

Es ist deshalb m. E. nicht Aufgabe des BGH, einen weitergehenden Prüfungsrahmen für eine Billigkeitskontrolle vorzugeben. Es steht dem BGH meines Erachtens  weder an noch zu.  

Zumeist geht es nicht darum, dass das Gericht eine Ermessensentscheidung zu treffen hat, sondern allein darum, eine Ermessensentscheidung der zur Leistungsbestimmung berufenen Vertragspartei auf ihre Billigkeit hin zu kontrollieren, was es m.E. zunächst erfordert, eine vorgenommene Abwägung zwischen den gegenläufigen Interessen beider Vertragsteile unter umfassender Würdigung des Vertragszwecks aufzuzeigen.

Auch wenn es schwer fällt, sollte man bitte einfach einmal versuchen, abstrakt beim Leistungsbestimmungsrecht im Sinne von § 315 BGB zu bleiben, ohne Rücksicht auf energiewirtschaftliche Bestimmungen, um das juristische Problem besser einzugrenzen, so wie es weiter oben begonnen wurde und unsere Diskussion m. E. inhaltlich erfolgreich vorangebracht hat. Geht die Diskussion inhaltlich zu sehr durcheinander, steht zu besorgen, dass hier einer den Kurt Beck macht.

Es lohnt wirklich  nicht, jedes mal wieder das gesamte Fass neu aufzumachen. Unter anderem den  angeblichen Substitutionswettbewerb hatten wir oben bereits vollumfänglich abgehandelt. Es handelt sich um eine Frage, die vom Tatsachengericht in concreto zu klären ist. Gibt es einen solchen Wettbewerb in Berlin, muss es einen solchen in Pfullingen oder auf Rügen noch lange nicht geben. Es kommt immer auf den sachlich, räumlich und zeitlich konkret abzugrenzenden Markt an. Darauf kommt es jedoch für eine direkte Anwendung des § 315 BGB bei bestehendem Leistungsbestimmungsrecht Im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB  schon nicht an, vgl. oben.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Black am 10. September 2008, 00:02:50
@RR-E-ft  Ich verstehe Ihre Aufregung nicht. Wenn seit einem Vertragsschluss mittlerweile 20 Preisanpassungen ins Land gegangen sind, von denen 18 nicht vom Kunden beanstandet wurden und gezahlt wurden, dann ist doch verständlich, dass das Gericht sich bei der Billigkeitskontrolle  auf die 2 Anpassungen beschränkt, die der Kunde tatsächlich beanstandet hat.

Etwas anderes wäre auch nicht praktikabel. Auch für denjenigen, der eine Leistung einseitig bestimmt muss irgendwann einmal eine Rechtssicherheit gewährleistet sein, ob diese Bestimmung nun bindend geworden ist oder nicht. Die Auffassung des BGH, dass dies bei fehlendem Widerspruch und Zahlung der Fall ist, ist insoweit interessengerecht und läßt sich z.b. mit dem Verbot des widersprüchlichen Verhaltens begründen (venire contra factum proprium)

Im Übrigen halte ich es für absolut zulässig, einen Vertrag so zu gestalten, dass zunächst ein fester Preis vereinbart wird, der verbindlich gelten soll, bis die berechtigte Vertragspartei einseitig eine Veränderung dieses Preises bestimmt. Bis zur Ausübung dieses Rechts besteht der vereinbarte Ausgangspreis, wodurch auch der notwendige Vertragsbestandteil Preis von Anfang an hinreichend bestimmt ist und der Vertrag insoweit keine Lücke aufweist.

Dem steht auch der § 315 BGB nicht entgegen. Der § 315 BGB legt nur die Rechtsfolge fest fest, wenn und soweit zugunsten einer Vertragspartei ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vereinbart wurde. Wenn dieses Recht eben nicht für den Preis von Anfang an, sondern  erst für seine Veränderung vereinbart ist, dann kann der § 315 BGB auch nicht über diesen Teil hinaus angewendet werden.

Daher hat der BGH völlig zu Recht den Ausgangspreis als vereinbart und nicht als einseitig festgelegt angesehen und eine billigkeitskontrolle nur für den bestimmbaren Teil, die Anpassung, zugelassen.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 10. September 2008, 00:42:24
@Black

Der Denkfehler - pardon - besteht darin, dass das Bestimmungsrecht nicht nur zu Erhöhungen berechtigt, die sich aufeinander auftürmen könnten, sondern eben zugleich auch eine gesetzliche Verpflichtung zur Entgeltsenkung beinhaltet, wenn diese für die Kunden günstig ist.

Sie meinen wohl - dann jedoch nunmehr offen contra legem - ein Bestimmungsrecht sei nur ein Erhöhungsrecht und umfasse keine Verpflichtung. Woher nehmen Sie das nur?!  [nochmals: Palandt, BGB, 67. A., § 315 Rn. 12 und BGH, Urt. v. 29.04.2008 (KZR 2/07) Rdn. 26]. Unvertretbar, falsch.

Derjenige Gläubiger, der nach Vertragsabschluss berechtigt ist, die vertragliche Haupt- Gegenleistung zu bestimmen, ist auch dazu verpflichtet, nach Vertragsabschluss eine der Billigkeit entsprechende Bestimmung der vertaglichen Haupt- Gegenleistung zu treffen.

Dies zu negieren, hieße, das geltende Recht nicht anzuwenden. Welches Recht Richter anzuwenden haben, können sich die Gerichte nicht aussuchen. Gegen Rechtsbeugung hätte ich tatsächlich etwas. Eine solche sähe ich, wenn sich Zivilgerichte ihren Streitgegenstand oder aber das anzuwendende Recht ergebnisorientiert selbst aussuchen wollten.Dagegen müssen zumindest all diejenigen etwas haben, die einen Eid darauf geschworen haben, das Recht und die Rechtsordnung zu verteidigen. Ein Verstoß gegen die verfassungsmäßige Ordnung (Art. 20 III GG) ist das Letzte, dem man das Wort reden sollte. Nochmals: Ich glaube nicht, dass Bundesrichter sehenden Auges ergbnisorientiert das geltende Recht verkürzen oder verbiegen würden, auch wenn es nicht wenige hoffen mögen.
 
Möglicherweise haben Sie einen Vorschlag, wie man die - aus dem Bestimmungsrecht zugleich folgende Verpflichtung - juristisch sauber kontrolliert, wenn diese Verpflichtung an der Kostenentwicklung des Unternehmens hängt [vgl. BGH, Urt. v. 29.04.2008 (KZR 2/07) Rdn. 26]  und die dafür maßgebliche Kostenentwicklung dem betroffenen Kunden nicht bekannt ist.

Kurzer Fakten- Check:

Zitat
Original von Black
Der § 315 BGB legt nur die Rechtsfolge fest, wenn und soweit zugunsten einer Vertragspartei ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vereinbart wurde. Wenn dieses Recht eben nicht für den Preis von Anfang an, sondern  erst für seine Veränderung vereinbart ist, dann kann der § 315 BGB auch nicht über diesen Teil hinaus angewendet werden. Daher hat der BGH völlig zu Recht den Ausgangspreis als vereinbart und nicht als einseitig festgelegt angesehen und eine Billigkeitskontrolle nur für den bestimmbaren Teil, die Anpassung, zugelassen.

Klingt - zumindest mit dem Brustton der Überzeugung vorgetragen - ehrfurchtgebietend professionell, jedoch bei genauer Betrachtung alles andere als überzeugend:

Wer soll denn bitte diesen bestimmbaren Teil, also die Anpassung festlegen, der sich angeblich nur noch  kontrollieren lässt?

Wohl der zur Leistungsbestimmung berechtigte Vertragsteil selbst, hier gerade der Versorger?!

Im Klartext: Der gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB gerichtlich zu kontrollierende Vertragsteil legt also  selbst fest, wie weit die ihn betreffende gesetzliche Kontrollmöglichkeit überhaupt reicht?!

Das ist wirklich Ihre Auffassung, die Sie für vetretbar halten und hier öffentlich vertreten möchten?!

Das wäre wirklich famos. Was meinen wohl Studenten im Grundstudium dazu?

Dass damit die gesetzliche Regelung des § 315 BGB ad absurdum geführt würde, liegt so offen zu Tage, dass ich mich wirklich frage, ob Sie wirklich ernst meinen können, was Sie hier vertreten und uns als Recht und Gesetz entsprechend nahe bringen möchten.  Merken Sie eigentlich, dass Sie im Begriff sind, das geltende Recht völlig auf den Kopf zu stellen? Oder merken Sie es etwa nicht mehr?

Auch die Rechtssicherheit ist gegeben (hin wie her), undzwar nicht erst irgendwann.

Werden auf eine unbillige Entgeltfestsetzung Zahlungen geleistet, so erfolgen diese Zahlungen wegen § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB rechtsgrundlos und unterliegen deshalb - auch ohne zuvor erhobene Unbilligkeitseinrede - gem. § 812 I BGB der Rückforderung, vgl. BGH, Urt. v. 05.02.2003 (VIII ZR 111/02). Und dieser Rückforderungsanspruch unterliegt der regelmäßigen - ich meine kurzen, nunmehr dreijährigen - Verjährung, vgl. BGH, aaO..

Kontrolliert wird auch nicht der Preis von vor 20 Anpassungen, sondern der jeweils aktuelle Preis, weil dieser ja gerade das Ergebnis der Ermessensausübung der zur Bestimmung berechtigten Vertragspartei ist.

Praktikabel kann es auch sein:

In der Regel wird ein gerichtliches Sachverständigengutachten erforderlich sein, vgl. nur BGH, B. v. 02.06.2008 (II ZR 67/07). Ein solches gerichtliche Sachverständigengutachten kann in anderen, gleichgelagerten Verfahren gem. § 411a ZPO Verwendung finden. Das gilt zumal dann, wenn die Verfahren gem. § 103 EnWG bei einer besonderen Kammer konzentriert werden, so dass auch eine divergierende Rechtsprechung unwahrscheinlich ist. Wenn es auch keine prozessuale Bindungwirkung gibt, so doch die mehrfach verwendbaren gerichtlichen Sachverständigengutachten.

Bisher legen die Versorger ja auch in allen Verfahren die gleichen, jedoch gekauften- fortgeschriebenen -  Fließbandbescheinigungen vor.

Das geht mit gerichtlichen Sachverständigengutachten gem. § 411a ZPO noch viel besser. Die taugen wenigstens als Beweismittel, haben aber aus Sicht betroffener Kreise wohl den Nachteil, dass sie sich weit schwerer kaufen lassen.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Ronny am 10. September 2008, 08:03:12
@Fricke

Ich glaube, Sie haben sich da irgendwie verrannt.

Niemand bestreitet, dass sich auch ein Verpflichtung ergeben kann, die Preise zu senken. Das hat black an keiner Stelle behauptet.

Die ganze Panik von wegen Auflösung des Rechtsstaats ist doch völlig aus der Luft gegriffen.


Zitat
Kurzer Fakten- Check:

Zitat
Zitat: Original von Black
Der § 315 BGB legt nur die Rechtsfolge fest, wenn und soweit zugunsten einer Vertragspartei ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vereinbart wurde. Wenn dieses Recht eben nicht für den Preis von Anfang an, sondern erst für seine Veränderung vereinbart ist, dann kann der § 315 BGB auch nicht über diesen Teil hinaus angewendet werden. Daher hat der BGH völlig zu Recht den Ausgangspreis als vereinbart und nicht als einseitig festgelegt angesehen und eine Billigkeitskontrolle nur für den bestimmbaren Teil, die Anpassung, zugelassen.

Klingt - zumindest mit dem Brustton der Überzeugung vorgetragen - ehrfurchtgebietend professionell, jedoch bei genauer Betrachtung alles andere als überzeugend:

Wer soll denn bitte diesen bestimmbaren Teil, also die Anpassung festlegen, der sich angeblich nur noch kontrollieren lässt?

Wohl der zur Leistungsbestimmung berechtigte Vertragsteil selbst, hier gerade der Versorger?!

Im Klartext: Der gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB gerichtlich zu kontrollierende Vertragsteil legt also selbst fest, wie weit die ihn betreffende gesetzliche Kontrollmöglichkeit überhaupt reicht?!

Das ist wirklich Ihre Auffassung, die Sie für vetretbar halten und hier öffentlich vertreten möchten?!

Wieso sollte das Versorgungsunternehmen selbst bestimmen, wie weit die gerichtliche Kontrollmöglichkeit reicht? Die Kontrollmöglichkeit ergibt sich aus dem Gesetz (§ 315 BGB) und dem Urteil des BGH vom 13.06.2007, welches festlegt, dass das Versorgungsunternehmen zum Nachweis der Billigkeit der Preisänderungen die Änderung der Bezugs- und sonstigen Kosten darlegen muss. Das Versorgungsunternehmen hat auf den Umfang der Kontrolle doch überhaupt keinen Einfluss.

Ihre eigentliche Sorge scheint - soweit ich das richtig verstehe - zu sein, dass das Versorgungsunternehmen nicht verpflichtet sein sollte, Preissenkungen weiterzugeben, bzw., dass das nicht kontrollierbar wäre. Wieso sollte das nicht mit den vom BGH vorgebenen Mitteln kontrollierbar sein?


Zu den Sachverständigengutachten:

Sie können ja gebetsmühlenhaft wiederholen, dass die von den Versorgungsunternehmen in Auftrag gegebenen Gutachten gekauft sind. Aber die auf das Allerplakativste aufgestellte Unterstellung, dass diese Gutachten allesamt falsch seien und allein deshalb falsch seien, weil das Versorgungsunternehmen das Gutachten bezahlt hat, ist reine Polemik.

Wenn ich mir die Urteile der letzten Wochen und Monate anschaue, dann stelle ich fest, dass in keinem der mir bekannten Verfahren ein gerichtliches Sachverständigengutachten eingeholt wurde, obwohl dies dem Gericht prozessual ohne weiteres möglich gewesen wäre. Woran lag das wohl? Nur an der grenzenlosen Dummheit der Verbruacheranwälte, die nicht wussten, dass man den Inhalt der Versorgergutachten substantiiert bestreiten kann und muss?

Oder aber daran, dass die Ausführungen in den Gutachten und die Erläuterungen der Versorgungsunternehmen hierzu überzeugend waren?

Ist es nicht doch möglich, dass die Versorgungsunternehmen Recht haben, wenn sie sagen, dass die Preisänderungen auf Änderungen in der Kostenstruktur zurückzuführen waren und keine höheren Gewinne verursacht haben? Kennen Sie denn ein Urteil, welches die Unbilligkeit einer Preisanpassung festgestellt hat, sofern das Versorgungsunternehmen die nach Ansicht des Gerichtes erforderlichen Tatsachen mitgeteilt hatte?


Ronny
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: u.h. am 10. September 2008, 08:23:56
Zitat
RONNY
Ist es nicht doch möglich, dass die Versorgungsunternehmen Recht haben, wenn sie sagen, dass die Preisänderungen auf Änderungen in der Kostenstruktur zurückzuführen waren und keine höheren Gewinne verursacht haben?

Interessant...

Gegenfragen:
Woher kommen wohl dann die ständig (z.T. exorbitant) steigenden Gewinne ???
Und wieso sollte diese keinen \'Spielraum\' für Preissenkungen eröffnen?

P.S.
Mein Gasversorger hat es noch nicht einmal versucht, die Preiserhöhungen irgendwie zu belegen.
Er war auch nicht bereit, mir schriftlich zu bestätigen, daß (alle) seine Gasbezugspreise die \'Ölpreisbindung\' haben.
Wieso wohl???
Etwa, weil der Versorger zu den Top-Ten der Preistreiber gehört....???
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: egn am 10. September 2008, 08:38:47
Zitat
Original von u.h.
Gegenfragen:
Woher kommen wohl dann die ständig (z.T. exorbitant) steigenden Gewinne ???
Und wieso sollte diese keinen \'Spielraum\' für Preissenkungen eröffnen?

Dies Frage stelle ich mir auch. Mein Versorger, die Stadtwerke Ingolstadt führen hohe Gewinne im Verhältnis zum Umsatz an andere Gesellschaften ab.

Das Problem dürfte aber letztlich sein dass die Spanne für diese Gewinne aufgebaut wurde bevor ab 2003 den Preisen durch die Verbraucher widersprochen wurde und damit als billig gelten. Und da der BGH bisher verbietet den Gesamtpreis einer Billigkeitsprüfung zu unterziehen kommen wir an diese Spanne nicht ran. Wir können nur die weitere Entwicklung kontrollieren. Dies ist auch spürbar für die Versorger und wird z.B. auch in einem der Geschäftberichte der MVV (Anteilseigner Stadtwerke Ingolstadt) beklagt. Denn die Gewinne konnten sich nicht mehr so entwickeln wie ursprünglich geplant.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Black am 10. September 2008, 10:28:19
Zitat
Original von RR-E-ft Der Denkfehler - pardon - besteht darin, dass das Bestimmungsrecht nicht nur zu Erhöhungen berechtigt, die sich aufeinander auftürmen könnten, sondern eben zugleich auch eine gesetzliche Verpflichtung zur Entgeltsenkung beinhaltet, wenn diese für die Kunden günstig ist.
Wenn Sie meinen vorhergehenden Beitrag noch einmal aufmerksam lesen, werden Sie feststellen, dass ich dort von Anpassung und nicht von Erhöhung spreche. Eine Anpassung kann in beide Richtungen erfolgen. Aufgrund steigender Bezugskosten liegt in der Praxis jedoch oft eine Erhöhung vor.

Zitat
Original von RR-E-ft Gegen Rechtsbeugung hätte ich tatsächlich etwas. Eine solche sähe ich, wenn sich Zivilgerichte ihren Streitgegenstand oder aber das anzuwendende Recht ergebnisorientiert selbst aussuchen wollten.
Den Schuh müssen Sie sich anziehen. Sie sind es doch, der die Rechtsprechung des BGH VIII ZR 36/06 im besten Fall ignoriert und im schlechtesten Fall als verfehlt bezeichnet. Damit müssen Sie doch dem BGH entweder mangelnde Rechtskenntnis oder Rechtsbeugung unterstellen (wovon ich eigentlich nicht ausgehe), beides schwer vorstellbar. Noch dazu wo nach ihrer Auffassung die einzig richtige Antwort in jedem Palandt zu entdecken wäre. Meinen Sie der BGH kennt den Palandt nicht oder hat – im Gegensatz zu Ihnen - den § 315 BGB nicht verstanden?

Zitat
Original von RR-E-ft Möglicherweise haben Sie einen Vorschlag, wie man die - aus dem Bestimmungsrecht zugleich folgende Verpflichtung - juristisch sauber kontrolliert, wenn diese Verpflichtung an der Kostenentwicklung des Unternehmens hängt [vgl. BGH, Urt. v. 29.04.2008 (KZR 2/07) Rdn. 26] und die dafür maßgebliche Kostenentwicklung dem betroffenen Kunden nicht bekannt ist
Da braucht es keinen Vorschlag von mir, das kann man in der BGH Entscheidung VIII ZR 36/06 gut nachlesen.

Zitat
Original von RR-E-ft Wer soll denn bitte diesen bestimmbaren Teil, also die Anpassung festlegen, der sich angeblich nur noch kontrollieren lässt?
Das wird wohl derjenige sein, der das einseitige Leistungsbestimmungsrecht besitzt.


Zitat
Original von RR-E-ft Im Klartext: Der gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB gerichtlich zu kontrollierende Vertragsteil legt also selbst fest, wie weit die ihn betreffende gesetzliche Kontrollmöglichkeit überhaupt reicht?! Das ist wirklich Ihre Auffassung, die Sie für vetretbar halten und hier öffentlich vertreten möchten?!Das wäre wirklich famos. Was meinen wohl Studenten im Grundstudium dazu?
Sie bringen hier leider die Festlegung des rechtlichen Rahmens der Kontrolle mit der Festlegung des tatsächlichen Erhöhungsumfangs durcheinander.

Ich bezeichne den Preis nach einer Preisanpassung mal als P2. P2 setzt sich zusammen aus dem Ausgangspreis P1 und der Anpassungsspanne A1.

Damit gilt: P2 = P1 + A1

Wenn der Versorger vertraglich vereinbarten Preis P1 um eine Erhöhungsspanne A1 verändere (wobei A1 natürlich auch negativ sein kann, was dann eine Preissenkung bedeutet) dann ist der Prüfungsrahmen auf A1 beschränkt. Diese Beschränkung der Kontrolle auf A1 folgt nicht einer „willkürlichen Festlegung“ des Versorgers, sondern der vertraglich vereinbarten Situation P1 fest zu vereinbaren und nur A1 überhaupt einseitig bestimmen zu können. Das einzige was der Versorger damit „selbst festlegen kann“ ist welchen Wert A1 einnehmen soll. Diese Wertfestlegung ist natürlich voll nach § 315 BGB überprüfbar

Eine solche undifferenzierte Vermischung von Kontrollrahmen (A1 unterliegt der Kontrolle) mit Kontrollwert (wie hoch darf A1 sein?) traue ich übrigens Studenten im Grundstudium auch zu.

Wo hier nun das Abendland untergehen soll erschließt sich mir nicht.


Zitat
Original von RR-E-ft Bisher legen die Versorger ja auch in allen Verfahren die gleichen, jedoch gekauften- fortgeschriebenen - Fließbandbescheinigungen vor. Das geht mit gerichtlichen Sachverständigengutachten gem. § 411a ZPO noch viel besser. Die taugen wenigstens als Beweismittel, haben aber aus Sicht betroffener Kreise wohl den Nachteil, dass sie sich weit schwerer kaufen lassen.
Vorsicht! Unterstellen Sie den Versorgern tatsächlich sich Gutachten zu bzw. ein genehmes Ergebnis „erkaufen“? Folgern Sie aus der unbestrittenen Tatsache, dass ein WP Testat bezahlt werden muss – wie ein gerichtliches Gutachten auch – dass das Ergebnis erkauft wird? Das also in den Testaten von Wirtschaftsprüfern wahrheitswidrig etwas bescheinigt wird, was nicht den Tatsachen entspricht und der Versorger nicht die Prüfungsleistung sondern das Ergebnis vergütet?
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: nomos am 10. September 2008, 11:37:39
Zitat
Original von egn
Zitat
Original von u.h.
Gegenfragen:
Woher kommen wohl dann die ständig (z.T. exorbitant) steigenden Gewinne ???
Und wieso sollte diese keinen \'Spielraum\' für Preissenkungen eröffnen?
Dies Frage stelle ich mir auch. Mein Versorger, die Stadtwerke Ingolstadt führen hohe Gewinne im Verhältnis zum Umsatz an andere Gesellschaften ab.

Das Problem dürfte aber letztlich sein dass die Spanne für diese Gewinne aufgebaut wurde bevor ab 2003 den Preisen durch die Verbraucher widersprochen wurde und damit als billig gelten. Und da der BGH bisher verbietet den Gesamtpreis einer Billigkeitsprüfung zu unterziehen kommen wir an diese Spanne nicht ran. Wir können nur die weitere Entwicklung kontrollieren. Dies ist auch spürbar für die Versorger und wird z.B. auch in einem der Geschäftberichte der MVV (Anteilseigner Stadtwerke Ingolstadt) beklagt. Denn die Gewinne konnten sich nicht mehr so entwickeln wie ursprünglich geplant.
    @egn und @u.h., die \"Billigkeit\" der einseitig bestimmten Energiepreise ist eben nicht der einzige Ansatz um das Ziel \"faire Preise im Sinne der Daseinsvorsorge\" zu erreichen. Mit der Frage \"überhöhte Gewinn aus überhöhten Preisen\"  haben sich Initiativen in Baden-Württemberg längst beschäftigt. Nicht nur die Billigkeit nach § 315 BGB oder das EnWG sprechen gegen \"exorbitante\" Gewinne, die auch noch in aller Regel zweckfremd verwendet werden. Die Quersubventionen kommen noch dazu!

    Die überhöhten Gewinne dienen nicht der Existenzsicherung oder der Entwicklung der kommunalen Versorgungsunternehmen. Sie dienen oft nicht  einmal der Versorgungssicherheit, auch nicht dem Umweltschutz, noch dem Ziel bezahlbarer Energiepreise im Sinne der Daseinsvorsorge. Es werden damit andere kommunale Aufgaben und Investitionen finanziert, die über den allgemeinen Haushalt zu decken sind. Meine Stadt hat damit indirekt über ein Holding-Konstrukt eine Schloßgebäudesanierung finanziert. Das ist zwar unbestritten eine gelungene Sanierung, sie hat aber mit Energie nichts zu tun und darf sich nicht auf die Gasrechnung auswirken. Es geht nur um die Art der Finanzierung.  Mit der Gasrechnung sollte die gelieferte Energie bezahlt werden und nicht städtische Einrichtungen oder der Nahverkehr querfinanziert werden. Der Gaskunde bekommt ja keine verbilligte Fahrkarte oder verbilligten Eintritt in das subventionierte städtische Hallenbad etc..

    Es gibt auch noch das Kommunalrecht, Gemeindeordnungen usw.. Da mag es in den einzelnen Bundesländern Unterschiede geben, aber grundsätzlich ist die wirtschaftliche Betätigung von kommunalen Unternehmen, die ja eine kommunale Zweckbestimmung haben und Aufgaben der Kommunen für die Bürger erfüllen, mit Sicherheit nach dem geltenden Recht nicht unbeschränkt und profitorientiert zulässig.

    Leider ist die Unterstützung für eine Klage vor einem Verwaltungsgericht bescheiden. Das Kostenrisiko, vor allem auch wegen möglicher Gutachten, ist auf den wenigen Schultern nicht zu tragen. Das Risiko für die wenigen Mitstreiter ist groß und daher steht eine solche Klage noch weit in den Sternen. Unverständlicher Weise unterstützt keine der großen Verbraucherorganisationen diesen Ansatz bis jetzt, obwohl die Verbraucher überwiegend von Unternehmen mit kommunaler Beteiligung versorgt werden.
Siehe hier (http://wiki.energienetz.de/index.php/Bietigheim-Bissingen#Petitionen)
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Black am 10. September 2008, 12:51:21
@ nomos Ich lasse jetzt mal alle rechtlichen Aspekte der wirtschaftlichen Tätigkeit von Kommunen außen vor und Frage direkt: Ist es nicht besser die Gewinne fallen bei der Kommune an und werden in den staatlichen Haushalt investiert und damit z.B. Sanierungen bezahlt, als dass diese Gewinne bei privaten Anbietern verschwinden bzw. an Aktionäre ausgezahlt werden?

Generell ein spannendes Thema in jedem Fall. Für eine verwaltungsrechtliche Klage dürfte es Ihnen an der Klagebefugnis fehlen.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: egn am 10. September 2008, 13:06:55
Zitat
Original von Black
Ist es nicht besser die Gewinne fallen bei der Kommune an und werden in den staatlichen Haushalt investiert und damit z.B. Sanierungen bezahlt, als dass diese Gewinne bei privaten Anbietern verschwinden bzw. an Aktionäre ausgezahlt werden?

Dass das nicht besser ist hat das Scheitern der DDR gezeigt. Aber ich gebe Ihnen Recht dass unter den aktuellen Bedingungen - kein funktionierender Wettbewerb - es eventuell besser ist. Nur ist es so dass sehr viele der Stadtwerke nicht mehr vollständig in kommunaler Hand sind und deshalb die Gewinne auch teilweise abfließen.

Und ein andere Aspekt bei der Quersubventionierung innerhalb der Kommune ist noch dass diejenigen die die überhöhten Preise für die Energie zahlen nicht unbedingt von dieser Quersubventionierung auch profitieren. Z.B. ist es so dass ich überhaupt nicht von der Subventionierung des Erlebnisbads und auch des öffentlichen Nahverkehrs in Ingolstadt profitiere da ich in einer Kleinstadt 20 km entfernt wohne. Ich nutze weder das Freizeitbad (weil zu weit entfernt und andere Schwimmbäder näher sind) noch profitieren die Bürger hier vom Öffentlichen Nahverkehr. Bei letzerem ist es sogar so dass die Stadt in der wir wohnen viel Geld dafür zahlen müsste dass die Monatskarten hier gelten würden obwohl die Busse auch hier halten. So werden letztlich die Bürger unserer Stadt über die Gasrechnung für die Finanzierung von kommunalen Angeboten herangezogen ohne dass hier jemand profitiert.

Nein, diese Quersubventionierung muss aufhören. Jeder soll für die Leistungen bezahlen die er nutzt.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 10. September 2008, 13:08:40
@Black

Sie weichen aus.


Widmen wir uns bitte  unvereingenommen dem juristischen Kernproblem. Ich war etwas unsachlich geworden, mea culpa. Gehen wir bitte einen (kleinen) Schritt zurück.

Was ist beim Leistungbsbestimmungsrecht die zu bestimmende \"Leistung\"?
Schließlich gilt es wohl, sauber zu subsumieren.

Ich meine, die zu bestimmende Leistung sei vorliegend die vertragliche Haupt- Gegenleistung. Die bestimmungsberechtigte Partei sei demnach vorliegend verpflichtet, diese nach Vertragsabschluss (neu)  zu bestimmen. Letzteres folgt aus dem Wesensgehalt der gesetzlichen Regelung des § 315 BGB.

Einer Zahlung kann unter Berücksichtigung des Abstraktionsprinzips keine Erklärung, kein Erklärungehalt beigemessen werden.

Die Zahlung  erfolgt bei billiger Leistungbsbestimmung mit Rechtsgrund, bei unbilliger Leistungsbestimmung hingegen rechtsgrundlos, was sich aus § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB unmittelbar ergibt. Im letzteren Fall besteht ein Rückforderungsanspruch gem. § 812 Abs. 1 BGB, welcher der regelmäßigen Verjährung unterliegt. Er unterliegt der gleichen Verjährung wie der Zahlungsanspruch gem. § 433 Abs. 2 BGB.

Rechtssicherheit war ein Argument:

Wie ist es bei einem Monopolanbieter um die Rechtssicherheit bestellt, dessen Gesamtpreis auch der Billigkeitskontrolle unterliegt?
Wie könnte ein unterschiedliches Bedürfnis nach Rechtssicherheit überhaupt gerechtfertigt werden? (Art. 3 GG).

Ich meine, die materiell- rechtliche Rechte- und Pflichtenlage aus § 315 BGB ist nicht davon abhängig, ob die zur Leistungsbestimmung berufene Partei eine Monopolstellung einnimmt. Ich kann dazu jedenfalls nichts im Gesetz finden.

Was wird aus der gesetzlichen Verpflichtung aus § 2 Abs. 1 EnWG, der gesetzlichen Verpflichtung aus § 315 BGB und aus dem Abstraktionsprinzip in Bezug auf § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB und § 812 Abs. 1 BGB? Werden die ausgehebelt und dafür gesorgt, dass sie nicht justiziabel sind?

Die Entscheidung vom 13.06.2007 (VIII ZR 36/06) schließt eine Verpflichtung zur Absenkung eines überhöhten Preisniveaus aus, wenn sie von einem vereinbarten \"Sockel\" ausgeht. Das steht im Widerspruch zur Entscheidung vom 29.04.2008 (KZR 2/07) Rdn. 26.

Venire contra factum proprium (auch ein Argument) sehe ich nicht, wenn der dem Bestimmungsrecht unterliegende Vertragsteil, die ihm vertraglich/ gesetzlich  gebührende (geschuldete) Leistung in Anspruch nimmt, bezüglich der einseitig festgesetzten Haupt- Gegenleistung jedoch § 315 Abs. 3 BGB einwendet. Beide vertragliche synallagmatische  Ansprüche sind gesondert zu prüfen. So kann der vertragliche/ gesetzliche Lieferanspruch fällig und durchsetzbar sein, der vertragliche/ gesetzliche Zahlungsanspruch gerade mit Rücksicht auf § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB hingegen nicht (vgl. auch § 17 Abs. 1 Satz 3 GVV).

Zumindest dann, wenn der Schuldner § 315 BGB einwendet, kann der Gläubiger, dem hinsichtlich der vertraglichen Haupt- Gegenleistung das Bestimmungsrecht zusteht, selbst eine Feststellungsklage gem. § 315 BGB anbringen (vgl. Mugdan, Motive zum BGB).  Er hat es also selbst in der Hand, wie schnell gerichtlich entschieden werden kann. Das hängt auch von seinem Prozessverhalten ab. Liegt bereits ein gerichtliches Sachverständigengutachten gem. § 411a ZPO vor und ein darauf gründendes Urteil zugunsten des Versorgers in einem Parallelverfahren, so könnte - bei der gleichen Kammer- eine Entscheidung sehr zügig getroffen werden.     Konzentration der Verfahren gem. §§ 102, 103, 108 EnWG und gerichtliche Sachverständigengutachten gem. § 411a ZPO sind deshalb praktikabel.

Dass Gerichtsentscheidungen Zeit brauchen, kann nicht als Argument dafür dienen, dem einen oder dem anderen bestehende Rechte zu beschneiden. Wenn man bedenkt, wie lange manche Scheidungsverfahren in Familiensachen dauern, könnte man sonst auf den Gedanken verfallen, aus Gründen der Rechtssicherheit das Recht auf Ehescheidung einzuschränken. [Polemik wieder aus.]

Ich bleibe dabei, dass sich Zivilgerichte nicht selbst den Streitgegenstand oder ergbnisorientiert die anzuwendenden Rechtsnormen auswählen können und dürfen. Das entnehme ich u.a.  aus Art. 20 Abs. 3 GG.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: egn am 10. September 2008, 13:20:37
Zitat
Original von RR-E-ft
Liegt bereits ein gerichtliches Sachverständigengutachten gem. § 411a ZPO vor

Aber wie kann man ein solches Gutachten erzwingen wenn das Gericht den Zeugenaussagen und den durch den Gläubiger beauftragten Gutachten vorbehaltlos glaubt?

Im Ingolstädter Fall hatte auch das OLG dagegen nichts einzuwenden und dann war Schluss.

Dreh- und Angelpunkt ist meiner Meinung nach dass der Gesamtpreis als Ganzes der Billigkeitsprüfung in Vergleich zu den Einfuhrpreisen unterliegen muss. Denn anscheinend haben sich möglicherweise einige der direkt an den Verbraucher liefernden Versorger seit 2003 bei der Weitergabe der Preiserhöhungen durch den Vorlieferanten zurückgehalten. Aber an die Vorlieferanten kommt man so auch nicht ran da der BGH dies verboten hat.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 10. September 2008, 13:24:58
@egn

Ich bin bestrebt, die juristische Diskussion abstrakt zu führen, ohne Rücksicht auf den konkreten Einzelfall.

Es ist dafür belanglos, ob es dabei um Gas oder sonst etwas, in Ingolstadt, auf Usedom oder sonstwo im Geltungsbereich des Grundgesetzes geht.

Es geht nur darum, was sich juristisch aus einem bestehenden Leistungsbestimmungsrecht im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB ergibt, abstrakt bezogen auf jedwedes Vertragsverhältnis, insbesondere auf jene, bei denen sich das Leistungsbestimmungsrecht auf die vertragliche Haupt- Gegenleistung bezieht.

Wenn wir erst einmal die materiell- rechtliche Schiene abgearbeitet haben, können wir uns ggf.  eingehender mit der prozessrechtlichen Schiene befassen. Durcheinander diskutieren bringt nichts.

Es geht also (bisher) nicht um Beweisfragen, schon gar nicht um Quersubventionierungen und all das andere Gesumms, wovon einem leicht der Kopf schwirrt. Dass Nichtjuristen gerade einmal aus der Diskussion aussteigen müssen, nehme ich dabei in Kauf.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: winn111 am 10. September 2008, 14:04:30
möchte mich hier mal einmischen. Zumindest erging am 19.6.2008
ein Urteil des LG Erfurt, wonach die Preiserhöhungsklauseln der EON
gegen § 307 BGB verstoßen und damit ungültig sind.
EON ist bei Enercity mit 24 % beteiligt und es ist wahrscheinlich,
daß hier die gleichen ungültigen AGBs verwendet werden.

Warum wohl rücken die Stadtwerke die AGBs trotz Aufforderung nicht
raus, damit ich diese prüfen kann. Am Aushang kann ich diese wohl einsehen, aber nicht weiter prüfen. Mich würde auch interessieren,
ob diese AGBs still und heimlich geändert worden sind und § 305 BGB
hinzugefügt ist. Wenn man sich gegen Preiserhöhungen wehren will,
sollte man auf jeden Fall die AGBs studieren und nicht über Sinn und
Unsinn des § 315 BGH streiten.
Nach § 307 BGB sind die Stadtwerke verpflichtet, Ihre Kalkulation
offen zu legen, um Erhöhungen durchzusetzen. Es gibt schon Urteile,
die Preiserhöhungen verbieten, wegen Nichtoffenlegung der
Preisbestandsteile.
Es gibt hier eine Masse von Urteilen, die mal so oder mal so ausgehen
und sich nur auf § 315 zu begnügen ist zu kurz gesprungen oder
entspricht einer gewissen Rechthaberei. Streitet euch also weiter,
ich werde auf jeden Fall die AGBs überprüfen lassen, denn hier allein
liegt das Übel des Problems.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 10. September 2008, 14:07:51
@win111

Die Frage der Wirksamkeit von AGB in Sonderabkommen hat mit der Diskussion hier nichts zu tun. In solchen Sonderabkommen geht es nicht um Billigkeit [vgl. OLG Oldenburg, Urt. v. 05.09.2008in Sachen Sonderabkommen der EWE mit Heizgas- Kunden].

Hier geht es (hoffentlich weiter) ausschließlich darum, was sich daraus ergibt, wenn vertraglich oder aber gesetzlich ein Leistungbestimmungsrecht im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB  hinsichtlich der vertraglichen Haupt- Gegenleistung besteht.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: nomos am 10. September 2008, 14:22:11
Zitat
Original von Black
@ nomos Ich lasse jetzt mal alle rechtlichen Aspekte der wirtschaftlichen Tätigkeit von Kommunen außen vor und Frage direkt: Ist es nicht besser die Gewinne fallen bei der Kommune an und werden in den staatlichen Haushalt investiert und damit z.B. Sanierungen bezahlt, als dass diese Gewinne bei privaten Anbietern verschwinden bzw. an Aktionäre ausgezahlt werden?
    @black, das ist keine Alternative, beides ist nicht in Ordnung. Mit solchen Argumenten wird versucht die Fehlentwicklung der letzten Jahre zu rechtfertigen. Aus den gemeinnützigen kommualen Regiebetrieben wurden profitorientierte Kapitalgesellschaften. Nein @black, Gas- und Stromrechnungen als verkappte Steuerbescheide sind nicht akzeptabel. Die Verpflichtung der Kommunen zur Versorgung der Bürger mit Energie als Grundlage der Daseinsvorsorge lässt einen solchen Freiraum für überhöhte Gewinn aus überhöhten Preisen nicht zu, egal ob da der Stadtsäckel oder Aktionäre bedient werden.  Stadtwerke sind Zweckunternehmen, die alleine die kommunalen Pflicht zur Versorgung der Bürger zu erfüllen haben.   Auch wenn Kommunen ihre Stadtwerkesanteile zum Teil verkaufen und den Erlös wie gehabt zweckfremd verwenden, sind sie aus der kommunalen Versorgungsverpflichtung nicht entlassen. Schon alleine das EnWG müsste eigentlich reichen um eine sichere und möglichst günstige Versorgung zu gewährleisten, aber auch das kommunale Wirtschaftsrecht lässt da kein anderes Ergebnis zu.

    Die StVO gilt. Wer bei Rot über die Ampel fährt, ist entsprechend zu behandeln (Warum sind die Augen der Justitia verbunden?!), egal ob es sich um eine Dienstfahrt der kommunalen Stadtwerke oder eines Energiekonzerns handelt.
Zitat
Original von Black
Generell ein spannendes Thema in jedem Fall. Für eine verwaltungsrechtliche Klage dürfte es Ihnen an der Klagebefugnis fehlen.
    @black, ich halte das Thema auch für spannend.
    Jeder durch den \"Verwaltungsakt\" Betroffene hat ein Klagerecht.
    Der genannte Fachanwalt für Verwaltungsrecht wird Ihnen das sicher gerne näher erläutern.

    Wenn Sie die Materie spannend finden, kann ich Ihnen hier auch ein Skript in Buchform empfehlen:
Siehe hier (http://vox.podspot.de/files/Buchempfehlung.pdf).
[/list]
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: winn111 am 10. September 2008, 14:27:22
wollte damit nur sagen, dass sich nicht einmal die Richter einig sind,
ob § 315 greift oder nicht greift. Habe den Streit auch nicht voll
verfolgt, aber meiner Meinung nach findet der § 315 sowohl bei
Tarifkundenverträge und Verträge der Grundversorgung uneingeschränkt Anwendung, weil dabei ein gesetzliches Leistungs-
bestimmungsrecht besteht. In Sonderabkommen findet § 315
natürlich keine Anwendung, obwohl einige wiederum falsch
behaupten, auch hier § 315 anwenden zu können.
Das wäre ja schizophren!!!
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 10. September 2008, 14:39:09
@nomos

Wäre es möglich, dass sich die Diskussion hier zunächst allein auf das juristische Kernproblem § 315 BGB beschränkt, um ggf. diesbezüglich zu einem Erkenntnisgewinn zu kommen?

Das wäre nett. Danke.
Rote Ampeln und das leidige Stadtsäckel (Abgaben und Steuern sowieso) Verwaltungsakt und Klagerecht und all die anderen spannenden Themen ggf. später einmal. Zur Not beim Frisör.

Einstieg noch einmal hier. (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=46582#post46582)
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Black am 10. September 2008, 14:54:25
Teilantwort für die Frage nach der Leistungsbestimmung:

Zitat
Original von RR-E-ft
Was ist beim Leistungbsbestimmungsrecht die zu bestimmende \"Leistung\"? Ich meine, die zu bestimmende Leistung sei die vertragliche Haupt- Gegenleistung. Die bestimmungsberechtigte Partei sei demnach verpflichtet, diese nach Vertragsabschluss (neu) zu bestimmen. Das ist der Wesensgehalt der gesetzlichen Regelung des § 315 BGB.

Hier gilt – wie so oft – es kommt darauf an. Nämlich darauf, welches Bestimmungsrecht im Vertrag zugrunde gelegt worden ist. WAS bestimmt werden soll folgt nämlich nicht aus § 315 BGB sondern aus dem jeweiligen Vertrag selber. (Palandt 67. Aufl., zu § 315 Rdn. 1). Ein Leistungsbestimmungsrecht nach § 315 BGB kann nämlich nicht nur bezüglich der Hauptleistungspflicht bestehen, sondern für alles Mögliche vereinbart werden.

z.B.
– Person des Vertragspartners
- Anpassung des Vertrages an geänderte Verhältnisse
- Ergänzung der Vertragsbedingungen
- Leistungszeit/Leistungsort

Es ist also möglich in einem Vertrag den Preis einer Leistung fest zu vereinbaren aber den Leistungsort von einer Vertragspartei einseitig (billig) bestimmen zu lassen. Empfindet nun der andere Vertragspartner die Festlegung der Leistungszeit als unbillig, kann er dagegen die Einrede der Unbilligkeit einlegen. Er kann dann aber nicht den Preis auch unter Billigkeitsgesichtspunkten prüfen lassen, da dieser eben nicht einseitig festgelegt wurde.

Es ist sogar möglich ein einseitiges Anpassungsrecht des Vertrages nur für den Fall sich verändernder Umstände zu vereinbaren. (Palandt 67. Aufl., zu § 315 Rdn. 2) Dann kann es denkbar passieren, dass derartige Umstandsänderungen während der Vertragslaufzeit nie auftreten und das Bestimmungsrecht niemals ausgeübt wird (werden kann).

Man sieht, der § 315 BGB räumt weder von sich aus eine bestimmte Art von Leistungsbestimmungsrecht ein, noch gibt er vor welche Leistung/welcher teil des Vertrages im konkreten Vertragsverhältnis denn bestimmt werden soll und muss. Um diese Frage zu beantworten muss man jeweils den Vertrag selbst betrachten. Der § 315 BGB sagt letztendlich nur: „Wenn irgendein Vertragsbestandteil nicht vereinbart wurde, sondern einseitig bestimmt werden soll, dann muss diese Bestimmung billig (= gerecht) sein.“
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 10. September 2008, 15:02:22
@Black

So viele Schritte zurück, meinte ich gar nicht.

Ich war unkonzentriert. Es sollte zutreffend lauten:

Zitat
Original von RR-E-ft
Was ist beim Leistungbsbestimmungsrecht vorliegend die zu bestimmende \"Leistung\"? Ich meine, die zu bestimmende Leistung sei vorliegend die vertragliche Haupt- Gegenleistung. Die bestimmungsberechtigte Partei sei demnach verpflichtet, diese nach Vertragsabschluss (neu) zu bestimmen. Letzteres  folgt aus dem  Wesensgehalt der gesetzlichen Regelung des § 315 BGB.

Mea culpa.

Palandt, BGB, § 315 Rn. 1 und 2 hatten wir ja wohl schon. Da gibt es viele Möglichkeiten hinsichtlich vertraglicher Nebenbestimmungen wie Leistungsort.

Nachdem die Diskussion bereits darüber hinaus etwas fortgeschritten war, steht m. E. vorliegend das Leistungsbestimmungsrecht in Bezug auf die vertragliche Haupt- Gegenleistung eines Kaufvertrages (zu zahlendes Entgelt) zur aktuellen Diskussion, wozu sich immerhin etwas im Palandt in Rn. 12 findet, aber u.a. auch recht konkret in BGH, Urt. v. 29.04.2008 (KZR 2/07), dort Rdn. 23 und 26.

Wir wollten doch nicht wieder beim Urschleim anfangen, ob überhaupt ein Leistungsbestimmungsrecht besteht und wenn ja, ggf.  in Bezug worauf.

Aber bitte, noch einmal der Schnelldurchlauf, das Essentielle:

§ 315 BGB kommt dann und nur dann direkt zur Anwendung, wenn ein Leistungsbestimmungsrecht bei Vertragsabschluss vertraglich vereinbart wurde oder sich  ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB aus einem Gesetz ergibt. Die Anwendung der Norm setzt also anderweitig (im Vertrag oder aus einem Gesetz) ein einseitiges Leistungbestimmungsrecht voraus.

Was bedeutet es aber nun, dass § 315 BGB direkt zur Anwendung kommt?

Es bedeutet, dass der zur Leistungsbestimmung berechtigte Vertragsteil bei oder nach Vertragsabschluss verpflichtet ist,  eine der Billigkeit entsprechende Ermessensentscheidung zur Leistungbestimmung unter Abwägung der gegenläufigen Interessen beider Vertragsteile unter umfassender Würdigung des Vertragszwecks zu treffen, und dass die Einhaltung dieser Verpflichtung vermittels des Verfahrens nach § 315 Abs. 3 BGB gerichtlich überprüfbar ist. Obschon es als Bestimmungsrecht bezeichnet ist, geht es in § 315 BGB doch allein um eine daraus folgende gesetzliche Verpflichtung und deren Kontrolle im Rahmen von § 315 Abs. 3 BGB. Betrifft das Leistungbsestimmungsrecht die vertragliche Haupt- Gegenleistung des anderen Vertragsteils, dann gilt das Vorgesagte in Bezug auf diese vertragliche Haupt- Gegenleistung.  

Das gilt generell. Wer es trefflicher zu formulieren weiß, dem steht dies frei.

Vom Allgemeinen kommend sind wir insoweit schon beim Besonderen angekommen. Schritt für Schritt.

Möglicher Hinweis:

Änderung der Rechte- und Pflichtenlage aus § 315 BGB?

Das gesetzliche Leistungsbestimmungsrecht  ergab sich  seit 1976 aus § 4 AVBEltV/ AVBGasV. An der gesetzlichen Regelung hatte sich zwischenzeitlich nichts geändert. Kann sich dann, wenn sich an der Regelung selbst zwischenzeitlich gar nichts geändert hatte, an der vertraglichen Rechte- und Pflichtenlage daraus tatsächlich etwas geändert haben, wenn eine vorher bestehende Monopolstellung des Anbieters nachträglich entfiel? Ich meine: nein. Die vertragliche Rechte- und Pflichtenlage hinsichtlich § 315 BGB besteht unabhängig von einer Monopolstellung und hatte sich infolgedessen zwischenzeitlich nicht verändert.

*******

Also bei diesen WP- Bescheinigungen kann man nicht wissen, wofür da im Einzelfall bezahlt wurde. Man weiß ja auch schon nicht, wieviel möglicherweise an all jene couragierten WPs bezahlt wurde, die zu einem ganz anderen Ergebnis gekommen waren und deren Bescheinigungen man deshalb möglicherweise unter Verschluss hält oder aber von Spezialfirmen rückstandsfrei  vernichten lassen musste. Möglicherweise wird nur eine einzige von sehr vielen bezahlten Bescheinigungen bei Gericht vorgelegt, weil diese als einzige von tausend  zu einem Ergebnis kommt, das der betroffenen Partei für sich günstig erscheint. Wir waren ja nicht dabei. (Jedenfalls die Kunden nicht, ich auch nicht).

@Ronny

WP- Bescheinigungen sind qualifizierter Sachvortrag der Prozesspartei. Mehr nicht. Wird dieser substantierte Parteivortrag  vom Gegner substantiiert bestritten, muss Beweis erhoben werden über die streitigen Tatsachen. Einen dann notwendigen Beweis können diese Bescheinigungen jedoch nicht erbringen, weil es sich schon um keine zulässigen Beweismittel im Sinne der ZPO handelt. So ist das nun mal. Wenn Urteile auf solche Bescheinigungen abstellen, dann muss das also Gründe haben, die zunächst fernab des Inhaltes der Bescheinigungen selbst  liegen.

----

Ich versuche es noch einmal etwas langsamer:

Wenn nach Black nur die Anpassung (Delta) ein bestimmbarer Teil des Gesamtentgelts sei, der überhaupt nur noch gerichtlich zu kontrollieren sei und der Gläubiger selbst über diese Anpassung entscheidet (ob überhaupt und wenn ja, in welchem Umfang, nach oben oder nach unten?), dann entscheidet er zugleich auch darüber, welcher Teil des Gesamtpreises zur gerichtlichen Kontrolle steht bzw. stehen kann:

Wenn P2 = P1 + A1, so soll nur A1 der Kontrolle unterliegen.

Hält der Versorger seinen Preis stabil, obschon die Kosten zwischenzeitlich gesunken sind, dann steht nichts zur gerichtlichen Kontrolle, gerade weil es keine Anpassung (Delta) gab. (Nur eine Anapssung unterliegt nach Black der Kontrolle, wenn ich ihn richtig verstanden habe.)

P= P1 = const. , kein A mithin keine Kontrolle möglich.

Gerade wegen der unterlassenen Anpassung hat sich jedoch der in die Gesamtpreise einkalkulierte Gewinnanteil erhöht (gemeinhin: unbillig). Der Gewinnanteil am Gesamtpreis wurde nachträglich erhöht. Ein Problem.


Nach meiner Auffassung wird § 315 BGB  ad absurdum geführt, wenn es dem nach § 315 BGB verpflichteten und deshalb zu kontrollierenden Vertragsteil überlassen bleibt, selbst darüber zu entscheiden, ob es überhaupt etwas zu kontrollieren gibt (nämlich eine Anpassung, ein Delta).

Noch einmal zum Nachlesen:

Zitat
Original von Black

Zitat
Original von RR-E-ft Wer soll denn bitte diesen bestimmbaren Teil, also die Anpassung festlegen, der sich angeblich nur noch kontrollieren lässt?
Das wird wohl derjenige sein, der das einseitige Leistungsbestimmungsrecht besitzt.

Das kann im Ergebnis nicht richtig sein.

Der Bock wird zum Gärtner gemacht.

Könnte sein, dass nicht gleich verstanden wurde, was Black sagen möchte:

\"Ohne Delta keine gerichtliche Kontrolle.\"

Aus dem, was er hier zur Diskussion beiträgt ergibt sich aber auch:

Jeder Kunde, der keine Nachteile erleiden will, muss jeder Preisneufestsetzung explizit widersprechen.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: nomos am 10. September 2008, 15:10:06
Zitat
Original von RR-E-ft
Wäre es möglich, dass sich die Diskussion hier zunächst allein auf das juristische Kernproblem § 315 BGB beschränkt, um ggf. diesbezüglich zu einem Erkenntnisgewinn zu kommen?

Das wäre nett. Danke.
Rote Ampeln und das leidige Stadtsäckel (Abgaben und Steuern sowieso) Verwaltungsakt und Klagerecht und all die anderen spannenden Themen ggf. später einmal. Zur Not beim Frisör.
    @RR-E-ft, es ist möglich  ;).

    Ich werde das juristische Seminar nicht mehr stören und hoffe auf einen zielführenden Erkenntnisgewinn.
PS: Mein Frisör spricht notfalls auch über den § 315 BGB  ;)
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 10. September 2008, 20:29:06
@nomos

Vielen Dank.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Ronny am 11. September 2008, 09:11:50
@ Fricke

1. einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vs. vereinbarter Preis

Sie hängen sich an folgendem Satz auf:

Zitat
Nicht anders kann es liegen, wenn der Kunde eine auf der Grundlage einer gemäß § 10 Abs. 1 EnWG 1998, § 4 Abs. 2 AVBGasV öffentlich bekannt gegebenen einseitigen Preiserhöhung vorgenommene Jahresabrechnung des Versorgungsunternehmens akzeptiert hat, indem er weiterhin Gas bezogen hat, ohne die Preiserhöhung in angemessener Zeit gemäß § 315 BGB zu beanstanden. In diesem Fall wird der zum Zeitpunkt der Jahresabrechnung geltende, zuvor einseitig erhöhte Tarif zu dem zwischen den Parteien vereinbarten Preis.
und sagen, dass ein vereinbarter Preis gem. § 145 BGB nur durch Angebot und Annahme zustande kommen kann. Eine Annahme kann es aber gar nicht geben, da es sich ja um ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht handelt. Der BGH habe damit bewusst Rechtsbeugung begangen.

Da beachten Sie die Besonderheiten des § 315 BGB nicht ausreichend:

Es gibt zwar ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht, aber korrespondierend ein Recht des Kunden, die Unbilligkeitseinrede zu erheben. Wenn der Kunde die Einrede nicht in angemessener Frist erhebt, dann ist dies etwas ganz ähnliches wie die Annahme eines zustimmungsplichtigen Angebotes.

Dann passt das ganze auch problemlos unter den Wortlaut der Entscheidung (s.o.) Der BGH schreibt nämlich nur, dass der akzeptierte Preis zum vereinbarten Preis wird. Der BGH schreibt nirgendwo, dass das Akzeptieren der Preiserhöhung eine Annahme iSd. § 145 BGB ist.

Fazit: Das Urteil kann zwangslos auch anders ausgelegt werden. Der BGH hätte sich durchaus etwas ausführlicher fassen können. Der Untergang des Rechtsstaats ist es aber noch längst nicht.


2. Gesamtpreis vs. Preissockel - unterlassene Preissenkungen
Sie behaupten, dass es das Versorgungsunternehmen selbst in der Hand habe zu bestimmen, welcher Teil der Forderung gerichtlich überprüfbar ist. Das ist Unsinn und hat niemand behauptet, insbesondere black nicht. black sagt lediglich, dass im Zuge der erstmaligen Festlegung der Leistungsbeziehung bei Vertragsschluss bestimmt wird, welche Leistung nach Vertragsschluss einseitig bestimmbar ist.

Sie tun so als hätte black behauptet, das Versorgungsuntrnehmen könnte selbst bestimmen, dass eine Preissenkung nicht an den Kunden weitergeben werden muss.

Zitat
Wenn nach Black nur die Anpassung (Delta) ein bestimmbarer Teil des Gesamtentgelts sei, der überhaupt nur noch gerichtlich zu kontrollieren sei und der Gläubiger selbst über diese Anpassung entscheidet (ob überhaupt und wenn ja, in welchem Umfang, nach oben oder nach unten?), dann entscheidet er zugleich auch darüber, welcher Teil des Gesamtpreises zur gerichtlichen Kontrolle steht bzw. stehen kann:

Wenn P2 = P1 + A1, so soll nur A1 der Kontrolle unterliegen.

Hält der Versorger seinen Preis stabil, obschon die Kosten zwischenzeitlich gesunken sind, dann steht nichts zur gerichtlichen Kontrolle, gerade weil es keine Anpassung (Delta) gab. (Nur eine Anapssung unterliegt nach Black der Kontrolle, wenn ich ihn richtig verstanden habe.)

P= P1 = const. , kein A mithin keine Kontrolle möglich.

Gerade wegen der unterlassenen Anpassung hat sich jedoch der in die Gesamtpreise einkalkulierte Gewinnanteil erhöht (gemeinhin: unbillig). Der Gewinnanteil am Gesamtpreis wurde nachträglich erhöht. Ein Problem
Nach den BGH-Urteilen steht fest, dass Preisänderungen überprüfbar sind. ÄNDERUNGEN! Das können Steigerungen im Vergleich zum vereinbarten Preis, aber auch Senkungen im Vergleich zum vereinbarten Preis sein. Anders ausgedrückt: Es gibt keinen festen Preissockel, von dem das Versorgungsunternehmen nicht bei eventuellen Kostensenkungen nach unten abweichen müsste. Natürlich kann es im Einzelfall dazu verpflichtet sein. Bei der Prüfung der Angemessenheit wird aber nicht der Gesamtbetrag geprüft, sondern die Abweichungen vom vereinbarten Preis.

Dieser Prüfungsrahmen ergibt sich aus Gesetz und Urteilen des BGH und kann vom Versorgungsunternehmen nicht geändert werden.

Das bedeutet, dass auch bei Kostensenkungen die Kunden nicht rechtlos gestellt sind. Wenn der Kunde eine Verbrauchsabrechnung erhält, (in angemessener Frist den Unbilligkeitseinwand erhoben hat) und glaubt, dass die Preise zu hoch sind, dann kann er, wenn noch eine Restforderung offen ist, die Rechnung kürzen. Wenn keine Forderung offen ist, dann kann er auf Rückzahlung klagen. In diesem Verfahren (oder aber auch im Klageverfahren des Versorgungssunternehmens) kann der Kunde vorbringen, dass der Versorger die Preise hätten senken müssen. Wenn das Gericht dies auch so sieht, wird ein geringerer als der geforderte Preis festgestellt.

Sie befassen sich intensiv mit der Problematik, ob der Kunde auch dann den Billigkeitseinwand erheben kann, wenn keine Leistungsbestimmung durch den Versorger getroffen wurde. Zu dieser Konstellation gibt es nun einmal noch keine Rechtsprechung. Im Urteil vom 13.06.2007 ging es nur um Preiserhöhungen. Im Urteil vom 29.04.2008 wurde zumindest nochmal klargestellt, dass auch Kostensenkungen weitergegeben werden müssen. Wie der genaue Ablauf ist, wenn der Kunde Kostensenkungen vermutet, der Versorger aber keine Leistungsbestimmung vorgenommen hat, ist halt noch zu klären.

Letztendlich ist das aber nur ein Scheinproblem, denn spätestens mit der nächsten Leistungsbestimmung sind alle Kostenänderungen bis zum vereinbarten oder akzeptieren Preis wieder justiziabel.

Kein Kunde ist rechtlos. Es gibt keine Verschwörung.


3. WP-Testat

Niemand, wirklich absolut niemand, bestreitet, dass ein WP-Gutachten Parteivorbringen darstellt. Sie brauchen das nicht nochmal zu schreiben. Setzen Sie sich doch lieber mal mit der Tatsache auseinander, dass es den Verbraucheranwälten ganz offensichtlich äußerst schwer fällt, dieses Parteivorbringen substantiiert zu bestreiten. Das kann an der ganz großen Verschwörung aller bundesdeutschen Richter liegen, an der grenzenlosen Dummheit der Verbraucheranwälte, die nicht wissen, was es so alles substantiiert zu bestreiten gibt, obwohl Sie es doch alles vorsagen. So z. B. hier (http://forum.energienetz.de/thread.php?threadid=10257):

Es kann aber auch daran liegen, dass das Vorbringen der Versorgungsunternehmen, u. a. gestützt auf ein WP-Testat (als Parteivortrag - nicht dass Sie das nochmal runterbeten), inhaltlich überzeugend und glaubhaft dargelegt hat, dass die Preisänderungen den geänderten Kosten entsprechen. Wenn keine entkräftenden Gegenargumente kommen, die die Glaubhaftigkeit der Behauptung erschüttern, dann wird das Gericht wohl von der Billigkeit ausgehen. Dann bedarf es halt einfach keines Beweises.

Fazit: Es sollte allen Forumsteilnehmern klar sein, dass die Tatsache, dass der Wirtschaftsprüfer bezahlt wurde, nicht automatisch heisst, dass es nicht stimmt, was er geschrieben hat.


Ronny
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: u.h. am 11. September 2008, 12:58:06
@ Ronny

Ich glaube nicht, daß Sie die (zugegeben tieferliegenden) Probleme wirklich verstanden haben:

zu 2. Gesamtpreis vs. Preissockel

Fakt ist unbestritten, daß der ERSTgesamtpreis (Gundgebühr + Arbeitspreis) vertraglich bindend ist.

Nun ändern sich die Grenzübergangspreise, was von der Öffentlichkeit problemlos nachvollziehbar ist.[http://www.bmwi.de/BMWi/Navigation/Service/publikationen,did=53736.html]
Weil sich somit (früher oder später) auch die Einkaufspreise der Versorger ändern, kann und muß der Arbeitspreis angepaßt (i.allg. erhöht) werden.

Was die Öffentlichkeit (so auch der Verbraucher) dagegen NICHT weiß, ist ob der Versorger Einsparungen an anderer Stelle vorgenommen hat (z.B. Personalkosten) und ob diese nicht zu einer Senkung der Gundgebühr führen müßten (da unabhängig vom Verbrauch).

Wie also wollen Sie die Billigkeit eines NEUEN Gesamtpreises, bestehend aus ALTER Gundgebühr & GEÄNDERTEM Arbeitspreis feststellen?


Und schon kommen wir  ..
zu 3. WP-Testat
Nachzuweisen, daß die Einkaufspreise steigen ist kein Problem (s.o.)
...
Nur:
* Welchen Anteil haben diese am Arbeitspreis?
* Ist dieser Anteil (prozentual) konstant?
* Welche Anteile tragen noch zum Arbeitspreis bei (z.B. Netznutzungsentgelte)?
* Welche Anteile, die zur Gundgebühr beitragen, haben sich seit Vertragsabschluß (wie) geändert?
* Hat sich ggf. die Wichtung dieser Anteile geändert?

Versuchen SIE doch mal, diese Fragen zu beantworten, ohne eine (nahezu) vollständige Offenlegung der Kalkulation.

Werden Sie NIEMALS können, da diese ja \'GEHEIM\' ist ... Alles klar???
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Black am 11. September 2008, 13:08:27
Zitat
Wenn nach Black nur die Anpassung (Delta) ein bestimmbarer Teil des Gesamtentgelts sei, der überhaupt nur noch gerichtlich zu kontrollieren sei und der Gläubiger selbst über diese Anpassung entscheidet (ob überhaupt und wenn ja, in welchem Umfang, nach oben oder nach unten?), dann entscheidet er zugleich auch darüber, welcher Teil des Gesamtpreises zur gerichtlichen Kontrolle steht bzw. stehen kann.

Nein. Dass nicht der Gesamtpreis sondern nur dessen Änderung (Delta) einer Überprüfung unterliegt, resultiert aus der Tatsache, dass eben nur Delta vom Versorger bestimmt werden kann und daraus ein neuer Preis P2 folgt. Von diesem neuen Preis P2 = P1 + A1 ist aber nur der Bestandteil A1 überprüfbar, weil nur dieser Bestandteil vom Versorger bestimmt werden darf. Die Entscheidung DASS nur A1 überprüfbar ist liegt nicht beim Versorger sondern folgt aus der vertraglichen Konstellation, dass der Versorger nur A1 bestimmen konnte.

Betrachten wir mal folgende vereinfachte Modelrechnung:

Angenommen der Wert des Ausgangspreises P1 beträgt 4 und enthält Kosten (K) des Versorgers von 2 und eine Marge (M) von 2.

P1 = (K + M) = (2 + 2) = 4

Nun nimmt der Versorger eine Anpassung A1 von 0,5 vor. Dann gilt der neue Preis P2

P2 = P1 + A1
P2 = 4 + 0,5
P2 = 4,5

Geht man nun davon aus, dass nur A1 gerichtlich überprüft werden kann könnte das Gericht z.B. zu dem Urteil kommen A1 = 0,5 ist unbillig. Billig ist nur A1 = 0,4.

Dann erreicht man ein Ergebnis: P2 = P1 + A1 = 4,4

Geht man nun davon aus, dass nicht nur A1 sondern auch P1 gerichtlich überprüft werden kann könnte das Gericht zu dem Urteil kommen A1 = 0,5 ist unbillig. Billig ist nur A1 = 0,4 und bei P1 = (K + M) = (2 + 2) sei eine Marge von 2 auch unbillig. Billig sei stattdessen eine Marge (M) von 1,5

Dann erreicht man ein Ergebnis: P2 = P1 + A1 = (2 + 1,5) + 0,4 = 3,9

Das freut zwar den Verbraucher bedeutet aber, dass das Gericht auch den vereinbarten Preis P1 prüfen würde, obwohl der Verbraucher P1 vertraglich vereinbart hatte und dieser nicht einseitig bestimmt wurde.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: egn am 11. September 2008, 13:12:08
Für eine einwandfreie Überprüfung braucht die Kalkulation nur einem gerichtlich bestellten Sachverständigen offen gelegt werden, genauso wie es angeblich dem WP gegenüber gemacht wurde. Dann wären die meisten Verbraucher zufrieden.

Aber wie Ronny richtig schreibt besteht das Problem vor Gericht darin überhaupt so weit zu kommen dass ein unabhängiges Sachverständigengutachten das alle Faktoren erfasst erstellt wird. Dass eine Billigkeitsprüfung erfolgen kann ist ja von BGH bestätigt worden. Offen ist aber in welcher Form diese Prüfung erfolgt. So wie jetzt durch Zeugenaussagen und durch den Versorger beauftragte Gutachten ist jedenfalls keine befriedigende Lösung.

Was die Überprüfung des Gesamtpreises angeht so bin ich der Meinung das dies über §315 nicht möglich ist.

Für den aktuellen Preis Pn gilt:

Pn = P1 + A1 + ... + A(n-1)

P1 = Anfangspreis
Ax = laufende Änderungen

Der Anfangspreis P1 wurde durch den Kunden angenommen indem er die Leistung genutzt hat. Alle weiteren Änderungen hat er auch akzeptiert indem er die Zahlung geleistet und weiter Leistung bezogen hat. Erst ab den Zeitpunkt als er den Änderungen widersprochen hat unterlagen sie für ihn der Billigkeitsprüfung. Bei einem anderen Kunden der schon früher Widerspruch eingelegt hat kann das durchaus anders sein wenn ein Teil der Änderungen schon verjährt sind.

Konkret bedeutet das für mich dass mit §315 nur die widersprochenen Änderungen überprüft werden können und der heute vorhandene Sockel muss über andere Wege (Energierecht, Kartellrecht, Kommunalrecht, usw.) angegriffen werden. Das Energie- und Kartellrecht hätte z.B. auch den Vorteil dass die Vorlieferanten in die Pflicht genommen werden können. Dies ist durch den Endkunden über §315 nie möglich da diese kein Vertragspartner sind.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: nomos am 11. September 2008, 14:15:31
Zitat
Der Anfangspreis P1 wurde durch den Kunden angenommen indem er die Leistung genutzt hat. Alle weiteren Änderungen hat er auch akzeptiert indem er die Zahlung geleistet und weiter Leistung bezogen hat. Erst ab den Zeitpunkt als er den Änderungen widersprochen hat unterlagen sie für ihn der Billigkeitsprüfung. Bei einem anderen Kunden der schon früher Widerspruch eingelegt hat kann das durchaus anders sein wenn ein Teil der Änderungen schon verjährt sind.
    Sorry, wenn ich mich hier nochmal einmische, aber die Argumentation geht mir gegen den Strich.

    Es gibt \"Kunden\", die beim Grundstückskauf verpflichtet wurden aus Umweltschutzgründen keine festen oder flüssigen Brennstoffe für die Heizung zu verwenden. Strom schied wegen fehlender Leitungskapazitäten aus. Die einzige Energiequelle war Erdgas, das vom einzig möglichen Lieferanten, den Stadtwerken vor Ort, bezogen werden konnte.

    Die entsprechenden Ortssatzung stammt von der Kommune der die Stadtwerke gehört. Die Gremien die über die Satzungen und letztendlich über die Preise entscheiden sind entsprechend mit Gemeindevertretern bzw. den Bürgermeistern besetzt. Ein vollkommenes Monopol. Der \"Kunde\" hatte nicht die Wahl, etwas zu akzeptieren oder nicht zu akzeptieren, wenn man davon absieht, dass er auf eine Heizung verzichten konnte. Er
mußte Gas von den Stadtwerken beziehen.

Es trifft einfach nicht zu, dass jeder Kunde, der Energie braucht und abnimmt, die Bedingungen \"akzeptiert\" hat. Da ist kein Markt und auch keine Wahl, ich nenne das Zwang... und jetzt weiter mit der Billigkeit.[/list]
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: egn am 11. September 2008, 14:29:50
Selbst wenn der Kunde selbst keine Wahl hatte so kann es sein dass doch insgesamt ein Wettbewerb um den Gaspreis herrschte weil der gleiche Tarif auch für Kunden gegolten hat die nicht der Verpflichtung unterlagen. Und der Kunde war ja auch nicht gezwungen genau in diesem Ort ein Grundstück zu kaufen.

Ich kann also ihrem Einwand nur bedingt zustimmen. Zu Beginn hat man meiner Meinung immer die Wahl da alles von vorneherein feststeht. Nur wenn später Änderungen vorgenommen werden dann ist es oft nicht zumutbar zu wechseln.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Ronny am 11. September 2008, 14:46:46
@ u.h.

Vielleicht habe ich mich missverständlich ausgedrückt:

Als Gesamtpreis verstehe ich die Addition von Anfangspreis und Änderungsbetrag. Nur der Änderungsbetrag steht zur gerichtlichen Überprüfung, nicht aber der Anfangspreis und damit auch nicht der Gesamtpreis.

Natürlich bildet sich der vom Kunden zu zahlenden Betrag aus Arbeits- und Grundpreis. Auch nennt man Gesamtpreis, aber darum ging es mir nicht.

Senkungen der sonstigen Kosten werden sich auch eher auf den Arbeitspreis auswirken als auf den Grundpreis.

Auch gibt es keine konkreten Regeln, welche Kostenbestandteile im Arbeits- und welche im Grundpreis berücksichtigt sind.

Letztendlich ist das auch völlig egal. Beide Komponenten stehen im Zweifelsfall zur Überprüfung, wenn der Kunde nicht nur die Erhöhung des Arbeitspreises gerügt hat.

Insofern haben Sie natürlich recht, dass der Gesamtpreis, also Arbeits- und Grundpreis als unbillig gerügt werden kann und sollte.


Ronny
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: nomos am 11. September 2008, 14:47:51
Zitat
Original von egn
Selbst wenn der Kunde selbst keine Wahl hatte so kann es sein dass doch insgesamt ein Wettbewerb um den Gaspreis herrschte weil der gleiche Tarif auch für Kunden gegolten hat die nicht der Verpflichtung unterlagen. Und der Kunde war ja auch nicht gezwungen genau in diesem Ort ein Grundstück zu kaufen.

Ich kann also ihrem Einwand nur bedingt zustimmen. Zu Beginn hat man meiner Meinung immer die Wahl da alles von vorneherein feststeht. Nur wenn später Änderungen vorgenommen werden dann ist es oft nicht zumutbar zu wechseln.
    @egn, ich bin schlicht der Meinung, dass wenn es um die Billigkeit geht nur die Betrachtung des Gesamtpreises in Frage kommt. Nur so wird der Sinn und Zweck der betreffenden Gesetzestexte erreicht.  Wenn eine Monopolsituation dazu kommt, sehe ich das noch deutlicher.

    \"Man kann ja Auswandern\", nehme ich jetzt nicht wirklich ernst. Die Bedingungen sind für jeden Eigentümer und Bauherrn in dieser Situation gleich. Dieser künstlich konstruierte Markt ist einfach weltfremd. Bei einer solchen Argumentation gibt es wohl keine Monopole mehr. Auch die Wollstrickjacke wird  dann noch zur Alternative oder man kann im Winter ja in den Süden ausweichen. Also es gibt dann noch viele Möglichkeiten der Substitution. Entspricht das wirklich noch dem Sinn der Gesetze und dem Willen des Gesetzgebers?
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: tangocharly am 11. September 2008, 15:22:19
@egn

Woraus leiten Sie diese Aussage her:

Zitat
Konkret bedeutet das für mich dass mit §315 nur die widersprochenen Änderungen überprüft werden können

Steht das vielleicht in § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB ?
Von Widerspruch gegen die Preisanpassung hat doch vor dem 13.06.2007 niemand als Bedingung für die Prüfung der Anpassung geredet (davon lese ich auch im Tatbestand des Urteils vom 02.10.1991 nichts).

Ist der unbillige Preis unverbindlich, dann ist er und bleibt er dies. Sonst ist (deckungsgleiche Verträge vorausgesetzt) bei \"A\" billig, was bei \"B\" unbillig ist. Derartiges kann aus § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB auch nicht heraus gelesen werden (arg.: \"ist nur verbindlich\"). Vgl. hierzu auch § 536 Abs.1 BGB \"so ist der Mieter..... von der Entrichtung des Mietzinses befreit\"). Das Gesetz schreibt selbst vor, was mit der Hauptgegenleistung geschieht und welches Schicksal diese hat. Der Terminus beinhaltet auch keine \"if /then\"-Formulierung (\"wird widersprochen, dann ist der unbillige Preis unverbindlich\").

@nomos hat Recht: Wenn schon keine Wahl besteht (außer zwischen Pest und Cholera), dann helfen auch keine Fiktionen weiter.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Ronny am 11. September 2008, 15:35:33
@ Tangocharly

Zitat
Von Widerspruch gegen die Preisanpassung hat doch vor dem 13.06.2007 niemand als Bedingung für die Prüfung der Anpassung geredet (davon lese ich auch im Tatbestand des Urteils vom 02.10.1991 nichts).

Natürlich gilt das Urteil nicht nur für Preisänderungen, die nach dem Urteil kamen. Das Urteil gilt bezog sich doch auch auf Preiserhöhungen von 2005.



@ nomos

Zitat
@egn, ich bin schlicht der Meinung, dass wenn es um die Billigkeit geht nur die Betrachtung des Gesamtpreises in Frage kommt. Nur so wird der Sinn und Zweck der betreffenden Gesetzestexte erreicht.
Der BGH ist außerhalb des Monopolbereiches nunmal anderer Meinung ...

Nach aktueller höchstrichterlicher Rechtsprechung stehen nur die Preisänderungen zur Überprüfung.


Ronny
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: nomos am 11. September 2008, 15:54:32
Zitat
Original von Ronny
Zitat
Original von nomos
@egn, ich bin schlicht der Meinung, dass wenn es um die Billigkeit geht nur die Betrachtung des Gesamtpreises in Frage kommt. Nur so wird der Sinn und Zweck der betreffenden Gesetzestexte erreicht.
Der BGH ist außerhalb des Monopolbereiches nunmal anderer Meinung ...

Nach aktueller höchstrichterlicher Rechtsprechung stehen nur die Preisänderungen zur Überprüfung.
    @Ronny, Sie schränken ja immerhin ein \"außerhalb des Monopolbereichs\". Aber schon geht es um die spannende Frage, gibt es da ein Monopol oder ist so gut wie alles substitutionierbar.

    Ich bleibe trotzdem bei meiner Meinung und sehe das Urteil etwas abseits von den gesetzlichen Vorgaben. Man kann ja nachlesen, dass der Gesetzgeber mit  der Voraussetzung der Billigkeit bei einseitigen Festlegungen, den Schwächeren vor Übervorteilung schützen wollte.  Darum geht es wohl letztendlich und ich bin weiter der Meinung, dass da eine Korrektur folgen wird.
    Entweder durch den BGH, notfalls durch den Gesetzgeber.
PS: So kann das ja kaum bleiben. Mit jeder Gasrechnung zum Anwalt. Jeder Änderung  folgt der Widerspruch um nicht die Anerkennung zu automatisieren.
Die Situation ist höchst unbefriedigend. Die Regelungen sind unübersichtlich, ungenau und Richterrecht hilft auch nicht weiter.  Es ist eigentlich höchste Zeit, dass die Politik endlich aktiv wird und ordentliche Bedingungen im Energiebereich schafft. Nicht Monopole, sondern Wettbewerb entsprechen unserer Wirtschaftsordnung. Davon ist beim Gas weit und breit nichts zu sehen. Da ist die Politik und nicht die Gerichte gefordert.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Black am 11. September 2008, 16:06:37
Zitat
Original von tangocharly
@egn

Woraus leiten Sie diese Aussage her:

Zitat
Konkret bedeutet das für mich dass mit §315 nur die widersprochenen Änderungen überprüft werden können

Steht das vielleicht in § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB ?
.

Im § 315 BGB steht, dass bei einer unbilligen Bestimmung die Festlegung durch Urteil getroffen wird. Ein Urteil wiederum kommt nur auf ausdrückliches Betreiben einer Partei zustande, da nach deutschem Recht Gerichte nicht eigenständig tätig werden.

Zitat
Original von nomosEs gibt \"Kunden\", die beim Grundstückskauf verpflichtet wurden aus Umweltschutzgründen keine festen oder flüssigen Brennstoffe für die Heizung zu verwenden. (...) Der \"Kunde\" hatte nicht die Wahl, etwas zu akzeptieren oder nicht zu akzeptieren, wenn man davon absieht, dass er auf eine Heizung verzichten konnte. Er mußte Gas von den Stadtwerken beziehen.

Der Kunde mußte aber an dieser Stelle und unter diesen Bedingungen kein Haus bauen. Er ist in der gleichen Situation wie ein Kunde, der ein gebrauchtes Haus mit bestehender Gasheizung erwirbt und kann sich vorher überlegen ob er an dieser Stelle wohnen möchte oder nicht. Im übrigen gilt bei anerkannter echter Monopolstellung bzw. Anschlusszwang eine analoge Anwendung des § 315 BGB, der eine Gesamtpreiskontrolle rechtfertigen könnte.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: nomos am 11. September 2008, 16:30:33
Zitat
Original von Black
Der Kunde mußte aber an dieser Stelle und unter diesen Bedingungen kein Haus bauen. Er ist in der gleichen Situation wie ein Kunde, der ein gebrauchtes Haus mit bestehender Gasheizung erwirbt und kann sich vorher überlegen ob er an dieser Stelle wohnen möchte oder nicht. Im übrigen gilt bei anerkannter echter Monopolstellung bzw. Anschlusszwang eine analoge Anwendung des § 315 BGB, der eine Gesamtpreiskontrolle rechtfertigen könnte.
    @black, das können Sie dann auch jedem Mieter entgegenhalten, er muß ja die Wohnung mit der Gasheizung nicht mieten. Zelten ist auch noch möglich oder man muß ja nicht heizen, man hat ja die Alternative zu frieren.

    Wollen Sie damit sagen, dass das der Intention des Gesetzgebers entspricht. Wann gibt es dann bei diesen vielen realen Wahlmöglichkeiten nach Ihrer Meinung überhaupt noch ein Monopol.
Zitat
Original von Black
Im § 315 BGB steht, dass bei einer unbilligen Bestimmung die Festlegung durch Urteil getroffen wird. Ein Urteil wiederum kommt nur auf ausdrückliches Betreiben einer Partei zustande, da nach deutschem Recht Gerichte nicht eigenständig tätig werden.
    @black, und so folgt logisch Widerspruch auf Widerspruch. Verfahren auf Verfahren. Das kommt mir vor wie eine Beschäftigungsoffensive für Juristen, aber nicht als denkbare Lösung des Problems.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Black am 11. September 2008, 16:34:51
Zitat
Original von nomos
black, das können Sie dann auch jedem Mieter entgegenhalten, er muß ja die Wohnung mit der Gasheizung nicht mieten. Zelten ist auch noch möglich oder man muß ja nicht heizen, man hat ja die Alternative zu frieren.

Wollen Sie damit sagen, dass das der Intention des Gesetzgebers entspricht.

Sie müssen auch Essen. Verklagen Sie daher Ihren Lebensmittelhändler weil sie \"gezwungen\" sind Nahrungsmittel zu kaufen und er diese Preise einseitig diktiert?



Zitat
Original von nomosblack, und so folgt logisch Widerspruch auf Widerspruch. Verfahren auf Verfahren. Das kommt mir vor wie eine Beschäftigungsoffensive für Juristen, aber nicht als denkbare Lösung des Problems.[/list]

Sie haben Recht. Aber, wer hat denn diese Offensive eröffnet. Doch wohl die Widersprüche. Und wer setzt sie fort? Weitere Widersprüche...
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: userD0009 am 11. September 2008, 16:49:17
Zitat
Original von Black
Sie müssen auch Essen. Verklagen Sie daher Ihren Lebensmittelhändler weil sie \"gezwungen\" sind Nahrungsmittel zu kaufen und er diese Preise einseitig diktiert?

Für gewöhnlich wird bei Lebensmitteln auch kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vereinbart oder ist gesetzlich verankert.

Und für gewöhnlich kommen Lebensmittel nicht durch Leitungen und sind nicht netzabhängig, so dass evtl. eine analoge Anwendung des § 315 BGB kraft Monopolstellung in Betracht käme.


Die Diskussion bewegt sich leider wieder sehr weit weg von der Ausgangsfrage, und dem zwischenzeitlichen Stand der (sehr) juristisch geführten Diskussion.

Ich fände es sehr schade, wenn es nun ins Politische/Gesetzgeberische abtriften würde.(@nomos) Vlt. dazu einen anderen Thread benutzen.

Viele Grüße
belkin
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: nomos am 11. September 2008, 18:38:01
Zitat
Original von belkin
Ich fände es sehr schade, wenn es nun ins Politische/Gesetzgeberische abtriften würde.(@nomos) Vlt. dazu einen anderen Thread benutzen.

Viele Grüße
belkin
    @belkin, gerne! Aber das Problem ist ein Politisches/Gesetzgeberisches. Da sind die Defizite und dort müssen sie auch behoben werden. Ich befürchte, dass der zielführende Erkenntnisgewinn, den sich auch RR-E-ft wünscht, nicht erreichbar ist. Es sind Gesetze notwendig, die die hier auftretenden Interpretationsspielräume erst gar nicht zulassen.

    Jahrelange Auseinandersetzungen, zahllose Widersprüchen und zahllosen Gerichtsverfahren können nicht im Interesse der Verbraucher sein.
    Grüße zurück

    @black, ich komme auch nicht auf die Idee, den Preis von Erdbeeren an den von Stachelbeeren zu knüpfen. Meinen Lebensmittelhändler verklage ich nicht. Wenn ich nicht zufrieden bin, kaufe ich bei einem anderen Händler.  Es gibt viele und erst recht praktikable Substitution bei fast jedem Kauf.  Versuchen Sie das mal bei Heizenergie.  Selbst wenn Sie nicht täglich Ihre Heizungsanlage auf diverse Energieträger umrüsten wollen, für Gas gibt es da tolle Vergleichstabellen. Jetzt rufen Sie einfach mal beim günstigsten Versorger an und bestellen. Wenn Sie das günstigste Gas tatsächlich bekommen bitte hier im Forum berichten  - in einem separaten Thread!
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RuRo am 11. September 2008, 18:42:58
Schade, dass sich die Diskussion nun doch wieder von der streng juristischen Schiene entfernt hat.

Auffallend dabei, dass die Beiträge hier ein Ausmaß annehmen, das der Praxis überhaupt nicht gerecht wird. Alle Diskutierenden wissen es doch, wir kommen zum  § 315 Abs. 3 BGB nur bei Haushaltskunden in der Grundversorgung und Letztverbrauchern in der Ersatzversorgung. Ja wie viele sind es denn?

Daher mein Wunsch, lasst die Juristen das Thema akademisch zu Ende führen.

Ich fand es bis gestern äusserst spannend, wie gesagt, bis gestern.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: taxman am 12. September 2008, 08:19:55
Zitat
Original von BlackSie müssen auch Essen. Verklagen Sie daher Ihren Lebensmittelhändler weil sie \"gezwungen\" sind Nahrungsmittel zu kaufen und er diese Preise einseitig diktiert?

Nein, ich gehe zu einem anderen \"Versorger\" der Lebensmittelindustrie. Genau hier liegt doch der Grund für die Probleme der Bäcker und Metzger. Die \"Billigversorgerindustrie\" wie z. B. Aldi und REWE hat genau hier erhebliche Einnahmegewinne erzielt und das alles bei Margen von ca. 3-5%. Also haben hier die normalen Marktmechanismen funktioniert!

Nur wie sowas beim Gas funktionieren soll kann ich beim besten Willen nicht erkennen. Leider besteht hier kein Markt!

Ich persönlich habe ein sehr preisgünstiges Gebäude erworben. Eben nur mit einer Gasheizung! Habe durch Energiesparmaßnahmen ca. 60% des Verbrauches einsparen können, zahle aber immer noch ungefähr genausoviel wie vor den Sparmaßnahmen! Echt cool, oder?
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 12. September 2008, 12:40:26
@all

Es wäre zielführender, wenn man zunächst generell bei der juristischen Frage des § 315 BGB bleibt und die Fragen abstrakt diskutiert, losgelöst vom Energiebereich und insbesondere dem Gasbereich.

Recht gilt generell. Deshalb muss man dieses zunächst ergründen, um dannach  festzustellen, ob es auf einen konkreten Fall bezogen richtig angewandt wurde und ggf. weitere Schlüsse daraus zu ziehen.  

Es ist deshalb juristisch völlig ohne Belang, wer sein Haus weshalb günstig erworben hat oder auch nicht, und wie es sich mit der Gasheizung verhält, ob man in Bayern immer schon eine größere Wahl hatte als in der DDR....

Erst wenn die direkte Anwendung des § 315 BGB ausdikutiert ist, sollte man sich ggf. erst mit der analogen Anwendung der Norm auseinandersetzen (Monopol, Kontrahierungszwang usw.)

Zurück zur abstrakten Disskussion der direkten Anwendung des § 315 BGB . (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=46833#post46833)


@Ronny

Ich habe nicht behauptet, dass der BGH Rechtsbeugung begangen habe. Rechtsbeugung setzt eine bewusst falsche Rechtsanwendung durch ein Gericht voraus, um zu einem bestimmten Ergebnis der zu treffenden Entscheidung zu gelangen. Gerichte können sich das anzuwendende Recht ebensowenig aussuchen, wie sie den Streitgegenstand gem. § 308 ZPO selbst festlegen können. Eine bewusst selektive Anwendung geltender Rechtsnormen, um zu einem bestimmten Ergebnis zu gelangen, ist unzulässig.

Ein vereinbarter Preis setzt gem. § 145 ff. BGB Angebot und Annahme voraus. Eine unwiderrufliche Erklärung gem. § 315 Abs. 2 BGB ist schon deshalb kein Angebot, weil seine Geltung sich allein nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB richten soll und gerade nicht nach einer fristgerechten Annahme. Es gibt bei einer einseitigen Tarifneufestsetzung im laufenden Vertragsverhältnis schon kein Angebot und erst recht auch keine Annahme, die zu einer Neuvereinbarung gem. §§ 145 ff. BGB führen könnten.  

Bitte dabei das Abstraktionsprinzip beachten (§ 812 Abs. 1  BGB, § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB). Die Zahlung als Erfüllung hat mit dem Grundgeschäft, dem Kaufvertrag, nichts zu tun.

Die Zahlung erfolgt entweder mit Rechtsgrund oder aber rechtsgrundlos. Im Falle von § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB erfolgt die Zahlung ebenso rechtsgrundlos wie bei einer unberechtigten Preisneufestsetzung infolge eines fehlenden vertraglichen  Preisneufestsetzungsrechts).

Zu den WP- Bescheinigungen ist alles gesagt.


@Black

Ich meine verstanden zu haben, was mit der Überprüfbarkeit des Delta gemeint ist und meine, hinreichend dargelegt zu haben, dass dies zu unzutreffenden Ergebnissen führen muss:

Ein Tarifkunde schließt zu einem bestimmten Zeitpunkt einen Vertrag ab.

Im Zeitpunkt dieses Vertragsabschlusses kann bereits wegen rückläufiger Kosten gegenüber der vorhergehenden Tariffestsetzung eine Verpflichtung des Versorgers bestanden haben, die Allgemeinen Tarifpreise abzusenken.

Auf eine solche Absenkung der Allgemeinen Tarifpreise hätte derjenige  Tarifkunde, dessen Vertragsverhältnis bereits im Zeitpunkt der vorhergehenden Tariffestsetzung bestand, einen Anspruch.

Das folgt spiegelbildlich aus der gesetzlichen Verpflichtung des Versorgers, der in Bezug auf die Allgemeinen Tarifpreise leistungsbestimmungsberechtigt ist (vgl. Palandt, BGB, § 315 Rn. 12 und BGH, Urt. v. 29.04.2008 (KZR 2/07) Rdn. 26).

Der Bestandstarifkunde könnte folglich in dem gleichen Zeitpunkt einen Anspruch auf Absenkung des Tarifpreises haben, in welchem der Neutarifkunde seinen Vertrag erst abschließt.

Das gesetzliche Leistungsbestimmungsrecht des Versorgers richtete sich jedoch auf den Allgemeinen Tarifpreis, der gem. § 10 EnWG für alle Tarifkunden gleichermaßen gelten sollte.

Die Veröffentlichung der Allgemeinen Tarifpreise war meines Erachtens die unwiderrufliche Erklärung gem. § 315 Abs. 2 BGB, mit welcher der Versorger sein Leistungsbestimmungsrecht in Bezug auf die Allgemeinen Tarifpreise ausübte, mithin kein Angebot, dessen Geltung im konkreten Vertragsverhältnis überhaupt nur durch fristgerechte Annahmeerklärung Geltung beanspruchen konnte. Das alleinige Kriterium für die Verbindlichkeit ergibt sich vielmehr aus § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB. Rechtlich unterfällt sie also nicht dem Regime der §§ 145 ff. BGB.  

Unabhängig davon, wann der Vertrag abgeschlossen wurde, hat der Tarifkunde  den jeweiligen Allgemeinen Tarifpreis zu zahlen, den der Versorger aufgrund seines gesetzlichen Leistungsbestimmungsrechts festgesetzt hat und aufgrund bestehender gesetzlicher Verpflichtung nach Vertragsabschluss weiter festzusetzen hat.

Die vertragliche Zahlungsverpflichtung des Kunden ist also Ergebnis der Ermessensentscheidungen des Versorgers, die Allgemeinen Tarifpreise abzusenken, zu erhöhen oder aber stabil zu halten und gerade nicht das Ergebnis einer feststehenden Preisvereinbarung, die für beide Vertragsteile gleichermaßen gilt.

Das gesetzliche Leistungsbestimmungsrecht bezog sich also auf den Allgemeinen Tarifpreis. Dann bezog sich auch die aus § 315 BGB folgende Verpflichtung auf diesen. Der Allgemeine Tarifpreis war immer wieder neu der Billigkeit entsprechend neu festzusetzen. Dann geht es darum, ob der zuletzt festgesetzte Allgemeine Tarifpreis insgesamt der Billigkeit entsprach.  


Das Ergebnis der Billigkeit der Ermessensentscheidung zur (Neu-)  Festsetzung des Allgemeinen Tarifpreises kann folglich nicht davon abhängen, wann der Kunden den Vertrag abgeschlossen hatte, weil dies zu willkürlichen Zufallsergebnissen führt (vgl. BGH,  Urt. v. 18.10.2005 (KZR 36/04) Rd. 10).

Mich würde weiter interessieren, ob sich an der vertraglichen Rechte- und Pflichtenlage des Versorgers aus § 4 AVBEltV sich tatsächlich dadurch etwas ändern konnte und geändert hat, dass die Monopolstellung des Versorgers zwischenzeitlich entfiel. Mich würde weiter interessieren, wie es sich mit dem Intresse eines Monopolanbieters an Rechtssicherheit in Bezug auf die Kontrolle des Gesamtpreises verhalten soll (vgl. BGH, Urt. v. 04.03.2008 (KZR 29/06)).

Schließlich hatten Sie entsprechende Argumente in die Diskussion gebracht.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: tangocharly am 12. September 2008, 16:59:12
@Black

Aha. Dann, habe ich Sie da richtig verstanden, sind Sie also der Meinung, wenn der Kunde mit dem Versorger einen Preis P1 fest vereinbart hatte, als die Ölpreise bei rd. 150 $ lagen und nun der Ölpreis auf - sagen wir mal - 50$ sänke, zu einer Abänderung im Rahmen einer (wirksamen) Klausel nicht berechtigt sei ?

Da ich annehme, dass Sie so nicht verstanden werden wollen, wodurch sollte dann diese Schlechterstellung des Haushaltstarifkunden - auf den § 315 BGB übertragen- ,  zu rechtfertigen sein ?
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Black am 12. September 2008, 17:22:57
Schlechterstellung des Haushaltskunden in Bezug auf wen?
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 12. September 2008, 19:59:41
@tangocharly

Mit den Kunden ist doch schon gar keine Ölpreisbindung verinbart. Eine solche besteht auch nicht in allen Bezugsverträgen. Zudem kann sich in Folge einer Ölpreisbindung nur der Teil des Gesamtpreises ändern, der auf den Gasbezug entfällt, nicht aber der Teil, der auf Netzkosten, Steuern, Abgaben und Overhead- Kosten (Personal, Allgemeine Verwaltungskosten) entfällt.

Wurde kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht bei Vertragsabschluss in Bezug auf den vom Kunden zu zahlenden Preis vereinbart und ergibt sich ein solches auch nicht aus dem Gesetz, besteht weder ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Versorgers noch eine aus einem solchen Recht folgende Verpflichtung, das Entgelt bei bzw. nach Vertragsabchluss der Billigkeit entsprechend (neu) festzusetzen.

***************

Der Kern:

Zitat
§ 315 BGB kommt dann und nur dann direkt zur Anwendung, wenn ein Leistungsbestimmungsrecht bei Vertragsabschluss vertraglich vereinbart wurde oder sich  ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB aus einem Gesetz ergibt. Die Anwendung der Norm setzt also anderweitig (im Vertrag oder aus einem Gesetz) ein einseitiges Leistungbestimmungsrecht voraus.

Was bedeutet es aber nun, dass § 315 BGB direkt zur Anwendung kommt?

Es bedeutet, dass der zur Leistungsbestimmung berechtigte Vertragsteil bei oder nach Vertragsabschluss verpflichtet ist,  eine der Billigkeit entsprechende Ermessensentscheidung zur Leistungbestimmung unter Abwägung der gegenläufigen Interessen beider Vertragsteile unter umfassender Würdigung des Vertragszwecks zu treffen, und dass die Einhaltung dieser Verpflichtung vermittels des Verfahrens nach § 315 Abs. 3 BGB gerichtlich überprüfbar ist. Obschon es als Bestimmungsrecht bezeichnet ist, geht es in § 315 BGB doch allein um eine daraus folgende gesetzliche Verpflichtung und deren Kontrolle im Rahmen von § 315 Abs. 3 BGB. Betrifft das Leistungbsestimmungsrecht die vertragliche Haupt- Gegenleistung des anderen Vertragsteils, dann gilt das Vorgesagte in Bezug auf diese vertragliche Haupt- Gegenleistung.  

Das gilt generell. Wer es trefflicher zu formulieren weiß, dem steht dies frei.

Vom Allgemeinen kommend sind wir insoweit schon beim Besonderen angekommen. Schritt für Schritt.


Wurde bei Vertragsabschluss ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht in Bezug auf den zu zahlenden Preis vertraglich vereinbart, dann bezieht sich das Leistungsbestimmungsrecht und die daraus ergebende Verpflichtung, die Leistung bei und nach Vertragsabschluss nach billigem Ermessen zu bestimmen, auf den vom Kunden zu zahlenden Preis, der deshalb der Billigkeitskontrolle in unmittelbarer Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB unterliegt.

Mir sind keine Verträge bekannt geworden, bei denen bei Vertragsbachluss in Bezug auf den vom Kunden zu zahlenden Preis vertraglich ein einseitiges Leistungbestimmungsrecht gem. § 315 BGB vereinbart wurde.

Ein Leistungsbestimmungsrecht im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB kann sich nicht nur aus Vertrag, sondern auch aus einem Gesetz ergeben. Eine solche Regelung ist § 4 AVBGasV. Vermöge dieser Vorschrift war der Versorger gegenüber allen Kunden, die im Rahmen der gesetzlichen Versorgungspflicht gem. § 10 EnWG beliefert wurden (Tarifkunden), aber auch nur gegenüber diesen, berechtigt und verpflichtet, die jeweiligen Allgemeinen Tarifpreise der Billigkeit entsprechend (neu) festzusetzen.

War die Veröffentlichung der Allgemeinen Tarife die unwiderrufliche Erklärung gem. § 315 Abs. 2 BGB, mit welcher die jeweiligen Allgemeinen Tarife festgesetzt wurden, so richtete sich deren Geltung ausschließlich nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB.  

Die Billigkeit der Ermessensentscheidungen bei der Festsetzung der jeweiligen Allgemeinen Tarife unterliegt der gerichtlichen Billigkeitskontrolle in unmittelbarer  Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB

Wer in diesem Bereich von einem vereinbarten Preis ausgeht, der negiert das bestehende einseitige Leistungsbestimmungsrecht des Versorgers im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB und die daraus folgende gesetzliche Verpflichtung, nach Vertragsabschluss die Allgemeinen Tarifpreise der Billigkeit entsprechend festzusetzen (vgl. Palandt, BGB, 67. Aufl., § 315 Rn. 12 und BGH, Urt. v. 28.04.2008 (KZR 2/07) Rdn. 23, 26).

Wer in diesem Zusammenhang unbeanstandeten Zahlungen eine Bedeutung beimisst, der verletzt das Abstraktionsprinzip.

Eine Zahlung als Erfüllung einer Verbindlichkeit erfolgt entweder mit Rechtsgrund oder rechtsgrundlos. Im Falle einer unbilligen einseitigen Entgeltfsetsetzung erfolgt die Zahlung wegen § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB rechtsgrundlos, was einen Kondiktionsanspruch gem. § 812 Abs. 1 BGB zur Folge hat.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 15. September 2008, 11:50:56
@Black

Unterschiedliches Bedürfnis hinsichtlich der Rechtssicherheit zwischen einem Monopolisten, dessen Gesamtpreis zur Kontrolle steht [vgl. BGH, Urt. v. 04.03.2008 (KZR 29/06)], und einem Anbieter, dem ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht hinsichtlich der vertraglichen Haupt- Gegenleistung (zu zahlender Preis) eingeräumt ist, bleibt weiter erklärungsbedürftig, ein von Ihnen gebrachtes Argument daher weiter  fraglich. Ebenso fragwürdig bleibt weiter, ob sich an der vertraglichen Rechte- und Pflichtenlage aufgrund des einseitigen Bestimmungsrechts im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB (§ 4 AVBEltV) sich tatsächlich  dadurch etwas verändert hatte, dass während des laufenden Vertragsverhältnissses die bisherige  Monopolstellung des Versorgers entfiel.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Black am 15. September 2008, 13:45:32
Zitat
Original von RR-E-ft
@Black

Unterschiedliches Bedürfnis hinsichtlich der Rechtssicherheit zwischen einem Monopolisten, dessen Gesamtpreis zur Kontrolle steht [vgl. BGH, Urt. v. 04.03.2008 (KZR 29/06)], und einem Anbieter, dem ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht hinsichtlich der vertraglichen Haupt- Gegenleistung (zu zahlender Preis) eingeräumt ist, bleibt weiter erklärungsbedürftig, ein von Ihnen gebrachtes Argument daher weiter  fraglich.

Das Argument gegen die Gesamtpreiskontrolle ist der vertraglich vereinbarte Ausgangspreis. Der Kunde war bezüglich dieses Preises nicht dem einseitigen Bestimmungsrecht des Versorgers ausgeliefert.Der Kunde hat sich bewußt entschieden diesen Preis im Rahmen der sich ihm bietenden Alternativangebote anzunehmen.

In einer Monopolsituation kann man aber argumentieren ist die vertragliche Vereinbarung eines Ausgangspreises nicht wirklich gegeben, da der Kunde hier keine Wahl hat, da er auf die Leistung angewiesen ist.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 15. September 2008, 13:50:52
@Black

Sie weichen aus.

Das betrifft allenfalls die Frage der (analogen) Anwendbarkeit des § 315 BGB, jedoch nicht die Frage nach dem angeblich unterschiedlichen Bedürfnis des Anbieters hinsichtlich der  Rechtssicherheit.

Dazu, wie es sich bei der direkten Anwendung des § 315 BGB verhält, besteht wohl Konsens.

M. E. schließen sich ein vereinbarter Preis (eine bindende Preisvereinbarung)  einerseits und eine Verpflichtung des Anbieters aus § 315 BGB, die vertragliche Hauptgegenleistung (das vom Kunden zu zahlende Entgelt) nach Vertragsabschluss der Billigkeit entsprechend einseitig (neu) festzusetzen, denknotwendig aus, wenn diese Verpflichtung in jedem Zeitpunkt ab Vertragsabschluss besteht.

Letztere  Verpflichtung folgt aber zwingend aus einem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB in Bezug auf die vertragliche Haupt- Gegenleistung. § 315 BGB räumt kein Recht ein, sondern regelt ausschließlich die gerichtliche Kontrolle der aus einem solchen (bestehenden) Recht folgenden Verpflichtung, vgl. Palandt, § 315 Rn. 12 und BGH, Urt. v. 29.04.2008 (KZR 2/07) Rdn. 23, 26.

Man kann denknotwendig nicht zugleich einen Preis vereinbaren und dem einen Vertragsteil diesbezüglich für jeden Zeitpunkt ab Vertragsabschluss ein Leistungsbestimmungsrecht einräumen. Das eine schließt das andere denknotwendig aus.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Black am 15. September 2008, 15:21:23
Zitat
Original von RR-E-ft
M. E. schließen sich ein vereinbarter Preis (eine bindende Preisvereinbarung)  einerseits und eine Verpflichtung des Anbieters aus § 315 BGB, die vertragliche Hauptgegenleistung (das vom Kunden zu zahlende Entgelt) nach Vertragsabschluss der Billigkeit entsprechend einseitig (neu) festzusetzen, denknotwendig aus, wenn diese Verpflichtung in jedem Zeitpunkt ab Vertragsabschluss besteht.

Letztere  Verpflichtung folgt aber zwingend aus einem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB in Bezug auf die vertragliche Haupt- Gegenleistung.

Wir drehen uns im Kreis.

Wie bereits dargestellt übt der Versorger kein Bestimmungsrecht über den Gesamtpreis aus sondern nur über die Anpassungsspanne zwischen Ausgangspreis und neuem Preis. Zwar bewirkt die einseitige Bestimmung eines Preisaufschlages oder einer Preisermäßigung einen neuen Gesamtpreis, dies darf dennoch nicht mit einer Gesamtpreisbestimmung verwechselt werden.

Dem steht auch § 315 BGB nicht entgegen, denn dieser legt nur die Rechtsfolge eines solchen Bestimmungsrechts fest, aber nicht welcher Umstand des Vertrages überhaupt zu bestimmen ist.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 15. September 2008, 15:46:12
@Black

Was vorliegend Gegenstand des Leistungbestimmungsrechts (etwas gestelzt: \"zu bestimmender Umstand des Vertrages\") ist, ist doch klar:

Es ist die vertragliche Haupt- Gegenleistung, nämlich der vom Kunden zu zahlenden Preis, vgl. BGH, Urt. v. 29.04.2008 (KZR 2/07), Rdn. 23, 26.

Es ist schon nicht ersichtlich, was man sonst vorliegend als \"die Leistung\" unter § 315 BGB subsumieren sollte/ wollte/ könnte/dürfte. Insbesondere \"Anpassung\" oder gar \"Anpassungsspanne zwischen Ausgangspreis und neuem Preis\" lässt sich nicht darunter subsumieren.

Demnach kann sich die aus § 315 BGB ergebende gesetzliche Verpflichtung ebenfalls nur auf die vertragliche Haupt- Gegenleistung, nämlich den vom Kunden zu zahlenden Preis, beziehen. Jedenfalls bezieht sich die gesetzliche Verpflichtung aus § 315 BGB also auf die vertragliche Haupt- Gegenleistung, den vom Kunden zu zahlenden Preis.

Dieser gesetzlichen Verpflichtung wird ein Versorger nicht gerecht, der diese Verpflichtung nicht erfüllt, also nach Vertragsabschluss das vom Kunden zu zahlende Entgelt nicht der Billigkeit entsprechend (neu) festsetzt.

Nun wissen wir immer noch nicht, was ein unterschiedliches Rechtsschutzbedürfnis der Anbieter, abhängig von einer Monopolstellung, ggf. bedingen könnte. Wir wissen zudem immer noch nicht, ob sich die Rechte- und Pflichtenlage tatsächlich ändert, wenn in einem laufenden Vertragsverhältnis eine Monopolstellung des Anbieters nachträglich entfällt (§ 4 AVBEltV).
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Black am 15. September 2008, 16:22:11
Zitat
Original von RR-E-ft
@Black

Was vorliegend Gegenstand des Leistungbestimmungsrechts (etwas gestelzt: \"zu bestimmender Umstand des Vertrages\") ist, ist doch klar:

Es ist die vertragliche Haupt- Gegenleistung, nämlich der vom Kunden zu zahlenden Preis, vgl. BGH, Urt. v. 29.04.2008 (KZR 2/07), Rdn. 23, 26.

Es ist schon nicht ersichtlich, was man sonst vorliegend als \"die Leistung\" unter § 315 BGB subsumieren sollte/ wollte/ könnte/dürfte. Insbesondere \"Anpassung\" lässt sich nicht darunter subsumieren.

Demnach kann sich die aus § 315 BGB ergebende gesetzliche Verpflichtung ebenfalls nur auf die vertragliche Haupt- Gegenleistung, nämlich den vom Kunden zu zahlenden Preis, beziehen. Jedenfalls bezieht sich die gesetzliche Verpflichtung aus § 315 BGB also auf die vertragliche Haupt- Gegenleistung, den vom Kunden zu zahlenden Preis.

Dass unter \"Leistung\" im Sinne des § 315 BGB nicht nur die vertraglichen Hauptleistungen \"Ware\" und \"Gesamtpreis\" fallen können, sondern eine Vielzahl von sonstigen Vertragsmodalitäten (Zeit, Leistungsort, Anpassungsrecht sonstiger Vertragsbedingungen) habe ich bereits vor einiger Zeit hier dargestellt. Sie können das auch in jedem Palandt nachlesen.

Der § 315 BGB trifft keine Festlegung WAS unter das Leistungsbestimmungsrecht fällt, sondern nur WIE es ausgeübt werden soll. WAS bestimmt wird sagt der Vertrag, WIE es bestimmt wird der § 315 BGB.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 15. September 2008, 16:35:51
@Black

Zitat
Original von Black
Dass unter \"Leistung\" im Sinne des § 315 BGB nicht nur die vertraglichen Hauptleistungen \"Ware\" und \"Gesamtpreis\" fallen können, sondern eine Vielzahl von sonstigen Vertragsmodalitäten (Zeit, Leistungsort, Anpassungsrecht sonstiger Vertragsbedingungen) habe ich bereits vor einiger Zeit hier dargestellt. Sie können das auch in jedem Palandt nachlesen.

Der § 315 BGB trifft keine Festlegung WAS unter das Leistungsbestimmungsrecht fällt, sondern nur WIE es ausgeübt werden soll. WAS bestimmt wird sagt der Vertrag, WIE es bestimmt wird der § 315 BGB.

Was möchte uns der Künstler damit sagen?

Sie kommen mit Ihrem Hinweis vom Konkreten ins Ungefähre; es wird leider \"rumgeeiert\".

Es geht um die Frage, was vorliegend unter \"die Leistung\" i.S.v. § 315 BGB zu subsumieren ist.

Und das ist nun einmal konkret die vertragliche Haupt- Gegenleistung, vgl. BGH, Urt. v. 29.04.2008 (KZR 2/07) Rdn. 23, 26. Vertragliche Haupt- Gegenleistung ist dabei konkret der vom Kunden zu zahlende Preis.

Was die Voraussetzungen der direkten Anwendung des § 315 BGB sind und was die Folgen davon, hatte ich umfassend ausgeführt und ich sehe nicht, dass Sie diesen generellen Ausführungen wirklich etwas hinzusetzen hätten.


Zitat
Wir wollten doch nicht wieder beim Urschleim anfangen, ob überhaupt ein Leistungsbestimmungsrecht besteht und wenn ja, ggf.  in Bezug worauf.

Aber bitte, noch einmal der Schnelldurchlauf, das Essentielle:

§ 315 BGB kommt dann und nur dann direkt zur Anwendung, wenn ein Leistungsbestimmungsrecht bei Vertragsabschluss vertraglich vereinbart wurde oder sich  ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB aus einem Gesetz ergibt. Die Anwendung der Norm setzt also anderweitig (im Vertrag oder aus einem Gesetz) ein einseitiges Leistungbestimmungsrecht voraus.

Was bedeutet es aber nun, dass § 315 BGB direkt zur Anwendung kommt?

Es bedeutet, dass der zur Leistungsbestimmung berechtigte Vertragsteil bei oder nach Vertragsabschluss verpflichtet ist,  eine der Billigkeit entsprechende Ermessensentscheidung zur Leistungbestimmung unter Abwägung der gegenläufigen Interessen beider Vertragsteile unter umfassender Würdigung des Vertragszwecks zu treffen, und dass die Einhaltung dieser Verpflichtung vermittels des Verfahrens nach § 315 Abs. 3 BGB gerichtlich überprüfbar ist. Obschon es als Bestimmungsrecht bezeichnet ist, geht es in § 315 BGB doch allein um eine daraus folgende gesetzliche Verpflichtung und deren Kontrolle im Rahmen von § 315 Abs. 3 BGB. Betrifft das Leistungbsestimmungsrecht die vertragliche Haupt- Gegenleistung des anderen Vertragsteils, dann gilt das Vorgesagte in Bezug auf diese vertragliche Haupt- Gegenleistung.  

Das gilt generell. Wer es trefflicher zu formulieren weiß, dem steht dies frei.

Vom Allgemeinen kommend sind wir insoweit schon beim Besonderen angekommen. Schritt für Schritt.

Ich gehe mal nicht davon aus, dass Sie etwa meinen, vorliegend sei der Leistungsort oder die Leistungszeit oder seien sonstige vertragliche Nebenbestimmungen unter \"die Leistung\" im Sinne von § 315 BGB zu subsumieren, zumal es sowohl zum Leistungsort als auch zur Leistungszeit sogar gesetzliche Regelungen gibt.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Black am 15. September 2008, 17:26:17
Zitat
Original von RR-E-ft
Es geht um die Frage, was vorliegend unter \"die Leistung\" i.S.v. § 315 BGB zu subsumieren ist. .

Der Umfang der Preisanpassung, die Erhöhungsspanne, Delta.... sie kennen die Antwort.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 15. September 2008, 18:03:40
@Black

Diese Antwort ist nun aber vom Ergebnis her gedacht (Zirkelschluss).

Gegenstand des Leistungsbestimmungsrechts iSv. § 315 Abs. 1 BGB ist vorliegend (§ 4 AVBGasV) die vertragliche Haupt- Gegenleistung, vgl. BGH, Urt. v. 29.04.2008 (KZR 2/07) Rdn. 23, 26, das vom Kunden zu zahlende Entgelt. Man könnte auch sagen der jeweilige Allgemeine Tarif.

Das ist mein Ergebnis der Subsumption.

Ich nehme mal statt dessen \"Anpassungsspanne zwischen Ausgangspreis und neuem Preis\". Dies wohl deshalb, weil es sich bei  der \"Anpassungsspanne zwischen Ausgangspreis und neuem Preis\" um eine vertragliche Leistung des Kunden handelt???

(Nicht vergessen: Wir sind im direkten Anwendungsbereich des § 315 BGB, vgl. BGH, Urt. v. 13.06.2007 [VIII ZR 36/06]).

Dann wäre der Versorger aufgrund des Leistungsbestimmungsrechts sofort nach Vertragsabschluss -  der mit einer Preisvereinbarung einhergegangen sein soll - gem. § 315 BGB gesetzlich verpflichtet, \"die Anpassungsspanne zwischen Ausgangspreis und neuem Preis\" der Billigkeit entsprechend zu bestimmen, was man sich schon schwer vorstellen kann. Schließlich würde der Versorger - lebensnah wie er nun einmal ist - nichts anderes tun, als nach Vertragsabschluss den Preis neu festzusetzen. Ein neuer Preis ist ja schon denknotwendig auch für die Bestimmung der Anpassungsspanne zwischen Ausgangspreis und dem neuen Preis erforderlich.

Angenommen, es wäre so (Konjunktiv):

Wie wird dann die Einhaltung dieser gesetzlichen Verpflichtung aus § 315 BGB, nach Vertragsabschluss die \"Anpassungsspanne zwischen Ausgangspreis und neuem Preis\" der Billigkeit entsprechend zu bestimmen, gem. § 315 BGB kontrolliert?

Wie darf man sich das bitte praktisch vorstellen?

Die \"Anpassungsspanne zwischen Ausgangspreis und neuem Preis\" kann ja auch einen negativen Wert annehmen (Preissenkung), vgl. BGH, Utrt. v. 29.04.2008 (KZR 2/07) Rdn. 26.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Black am 15. September 2008, 18:22:30
Zitat
Original von RR-E-ft
Gegenstand des Leistungsbestimmungsrechts iSv. § 315 Abs. 1 BGB ist vorliegend (§ 4 AVBGasV) die vertragliche Haupt- Gegenleistung, vgl. BGH, Urt. v. 29.04.2008 (KZR 2/07) Rdn. 23, 26, das vom Kunden zu zahlende Entgelt. Man könnte auch sagen der jeweilige Allgemeine Tarif.

Gegenstand des Leistungsbestimmungsrechts ist die Preisanpassung, da es sich bei § 5 GasGVV um ein gesetzliches Preisanpassungsrecht handelt (BGH VIII ZR 36/06).


Zitat
Original von RR-E-ftIch nehme mal statt dessen \"Anpassungsspanne zwischen Ausgangspreis und neuem Preis\". Dies wohl deshalb, weil es sich bei  der \"Anpassungsspanne zwischen Ausgangspreis und neuem Preis\" um eine Leistung handelt, die auf vertraglicher Grundlage vom Kunden zu erbringen ist???.

Da der Begriff \"Leistung\" im § 315 BGB auf jeglichen einseitig bestimmbaren Umstand des Vertragsvollzuges angewendet werden kann, handelt es sich vorliegend bei dem zu zahlenden Preisaufschlag um die geschuldete und einseitig bestimmte Leistung.

Zitat
Original von RR-E-ftDann wäre der Versorger aufgrund des Leistungsbestimmungsrechts sofort nach Vertragsabschluss, der mit einer Preisvereinbarung einhergegangen sein soll, gem. § 315 BGB gesetzlich verpflichtet, \"die Anpassungsspanne zwischen Ausgangspreis und neuem Preis\" der Billigkeit entsprechend zu bestimmen, was man sich schon schwer vorstellen kann.
Nicht schwerer als Ihr Ansatz, dass der Versorger sofort nach Vertragsschluss den Gesamtpreis stets der Billigkeit nach bestimmen muss.



Zitat
Original von RR-E-ftWie wird dann die Einhaltung dieser gesetzlichen Verpflichtung aus § 315 BGB, nach Vertragsabschluss die \"Anpassungsspanne zwischen Ausgangspreis und neuem Preis\" der Billigkeit entsprechend zu bestimmen, gem. § 315 BGB kontrolliert?  

Die \"Anpassungsspanne zwischen Ausgangspreis und neuem Preis\" kann ja auch einen negativen Wert annehmen (Preissenkung), vgl. BGH, Utrt. v. 29.04.2008 (KZR 2/07) Rdn. 26.
Indem der Kunde der Kunde bei einer Preisanpassung die Billigkeit des Anpassungsumfangs gerichtlich überprüfen läßt, wenn er dies für notwendig hält.

NACHTRAG: Es ist irritierend wenn Sie regelmäßig Ihre Posts inhaltlich umschreiben nachdem ich bereits geantwortet habe, so entstehen erst recht Divergenzen.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 15. September 2008, 18:33:01
@Black

Die Sache mit dem Rechtsschutzbedürfnis haben Sie wohl zwischenzeitlich aufgegeben oder verworfen?


Zitat
Original von Black
Zitat
Original von RR-E-ftWie wird dann die Einhaltung dieser gesetzlichen Verpflichtung aus § 315 BGB, nach Vertragsabschluss die \"Anpassungsspanne zwischen Ausgangspreis und neuem Preis\" der Billigkeit entsprechend zu bestimmen, gem. § 315 BGB kontrolliert?  

Die \"Anpassungsspanne zwischen Ausgangspreis und neuem Preis\" kann ja auch einen negativen Wert annehmen (Preissenkung), vgl. BGH, Utrt. v. 29.04.2008 (KZR 2/07) Rdn. 26.
Indem der Kunde der Kunde bei einer Preisanpassung die Billigkeit des Anpassungsumfangs gerichtlich überprüfen läßt, wenn er dies für notwendig hält.

Das habe ich nicht verstanden. Was heißt denn \"bei einer Preisanpassung\"?

Das funktioniert doch gar nicht:

Wenn die \"Anpassungsspanne zwischen Ausgangspreis und neuem Preis\" einen negativen Wert annimmt, dann doch gerade deshalb, weil der Versorger selbst keine Anpassung vornimmt, bzw. diese negative Anpassung (Preissenkung) nicht weit genug reicht. Wie kommt man als Kunde einem Versorger darauf, dass er nach Vertragsabschluss seine gesetzliche Verpflichtung zur Preisabsenkung bzw. \"Bestimmung der Anpassungsspanne zwischen Ausgangspreis und neuem Preis\" verletzt, wenn dieser die Preise nicht ändert?! Dies gerade dann, wenn die Verletzung der gesetzlichen Verpflichtung gerade darin liegt, dass das Entgelt nicht angepasst wird ?!!

Beispiel:

Beschaffungskosten stabil oder rückläufig, Personalkosten und Netzkosten stark  rückläufig, Entgelte werden nicht gesenkt. Woher kennt der Kunde dabei den neuen (abgesenkten) Preis, der für die Kontrolle der Anpassungsspanne zwischen Ausgangspreis und neuem Preis gerade erforderlich ist?!!

Und woher kennt das gem. § 315 Abs. 3 BGB zur Überprüfung berufene Gericht in diesem Fall diesen neuen Preis, der zur Kontrolle der \"Anpassungsspanne zwischen Ausgangspreis und neuem Preis\" erforderlich ist?!!

Ich gehe mal davon aus, dass in Ihrer Leerformel der für die \"Anpassungsspanne zwischen Ausgangspreis und neuem Preis\" genannte neue Preis  gleichbedeutend ist mit dem neu festgesetzten bzw. neu festzusetzenden, aber nicht festgesetzten   Gesamtpreis.

Repetitorium:

Zitat
§ 315 BGB kommt dann und nur dann direkt zur Anwendung, wenn ein Leistungsbestimmungsrecht bei Vertragsabschluss vertraglich vereinbart wurde oder sich  ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB aus einem Gesetz ergibt. Die Anwendung der Norm setzt also anderweitig (im Vertrag oder aus einem Gesetz) ein einseitiges Leistungbestimmungsrecht voraus.

Was bedeutet es aber nun, dass § 315 BGB direkt zur Anwendung kommt?

Es bedeutet, dass der zur Leistungsbestimmung berechtigte Vertragsteil bei oder nach Vertragsabschluss verpflichtet ist,  eine der Billigkeit entsprechende Ermessensentscheidung zur Leistungbestimmung unter Abwägung der gegenläufigen Interessen beider Vertragsteile unter umfassender Würdigung des Vertragszwecks zu treffen, und dass die Einhaltung dieser Verpflichtung vermittels des Verfahrens nach § 315 Abs. 3 BGB gerichtlich überprüfbar ist.

Obschon es als Bestimmungsrecht bezeichnet ist, geht es in § 315 BGB doch allein um eine daraus folgende gesetzliche Verpflichtung und deren Kontrolle im Rahmen von § 315 Abs. 3 BGB. Betrifft das Leistungbsestimmungsrecht die vertragliche Haupt- Gegenleistung des anderen Vertragsteils, dann gilt das Vorgesagte in Bezug auf diese vertragliche Haupt- Gegenleistung.

Fazit:

\"Die Anpassung bzw.  Anpassungsspanne zwischen Ausgangspreis und neuem Preis\" lässt sich weder unter die \"zu bestimmende Leistung\" im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB subsumieren, noch ließe eine solche Subsumption überhaupt eine praktikable  gerichtliche Billigkeitskontrolle gem. § 315 Abs. 3 BGB zu, nämlich die Kontrolle darüber, ob einer dann bestehenden gesetzlichen Verpflichtung  Rechnung getragen wurde, nach Vertragsabschluss \"die Anpassung bzw. Anpassungsspanne zwischen Ausgangspreis und neuem Preis\" der Billigkeit entsprechend zu bestimmen. Dies gilt insbesondere bei unterlassenen Preisanpassungen bei zwischenzeitlich rückläufigen Kosten.


Der jeweilige Allgemeine Tarif lässt sich hingegen als die zu bestimmende Leistung im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB, 4  AVBGasV subsumieren:

§ 4 Abs. 1 Satz 1 AVBGasV lautete:

Zitat
Das Gasversorgungsunternehmen stellt zu den jeweiligen allgemeinen Tarifen und Bedingungen Gas zur Verfügung.

Das Gasversorgungsunternehmen hatte nach Vertragsabschluss das Gas zu den jeweiligen allgemeinen Tarifen und Bedingungen zur Verfügung zu stellen, die es selbst bestimmte und festsetzte.

Dass jedenfalls dann, wenn bei Vertragsabschluss vertraglich ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Versorgers hinsichtlich der zu zahlenden Entgelte gem. § 315 Abs. 1 BGB vereinbart wurde, der Gesamtpreis der Billigkeitskontrolle unterliegt, folgt unmittelbar aus der direkten Anwendung des § 315 BGB. Einen solchen Fall hatte der BGH jedoch noch nie zu entscheiden.

Warum es dann, wenn sich das Leistungsbestimmungsrecht im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB nicht aus dem Vertrag selbst, sondern aus einem Gesetz ergibt, anders sein sollte, ist nicht nachvollziehbar.

In Bezug auf § 4 AVBGasV tritt hinzu, dass die Regelung gem. § 1 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 AVBGasV bei einer Belieferung im Rahmen der gesetzlichen Versorgungspflicht gem. § 10 Abs. 1 EnWG vertragsgegenständlich war,  also so, als wenn das Leistungsbestimmungsrecht  bei Vertragsabschluss vertraglich vereinbart worden wäre.

Zitat
§ 1 Gegenstand der Verordnung

(1) Gegenstand der Verordnung: Die allgemeinen Bedingungen, zu denen Gasversorgungsunternehmen nach § 6 Abs. 1 des Energiewirtschaftsgesetzes jedermann an ihr Versorgungsnetz anzuschließen und zu allgemeinen Tarifpreisen zu versorgen haben, sind in den §§ 2 bis 34 dieser Verordnung geregelt. Sie sind Bestandteil des Versorgungsvertrages.
(2) Kunde im Sinne dieser Verordnung ist der Tarifkunde.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Black am 16. September 2008, 09:58:46
Zitat
Original von RR-E-ft

Der jeweilige Allgemeine Tarif lässt sich hingegen als die zu bestimmende Leistung im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB, 4  AVBGasV subsumieren:

§ 4 Abs. 1 Satz 1 AVBGasV lautete:

Bevor ich jetzt vertieft antworte, Ihnen ist schon bekannt, dass die AVBGasV seit 2006 (!) durch die GasGVV ersetzt wurde? Auch unter Beachtung aller Übergangsfristen dürfte nunmehr auch der letzte Vertrag umgestellt sein. Natürlich ähneln sich AVBGasV und GasGVV sehr, aber auch im Interesse der Mitleser sollten wir mit den derzeit gültigen Rechtsnormen argumentieren.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: egn am 16. September 2008, 10:20:11
Zitat
Original von Black
 Natürlich ähneln sich AVBGasV und GasGVV sehr, aber auch im Interesse der Mitleser sollten wir mit den derzeit gültigen Rechtsnormen argumentieren.

Also ich denke dass sehr viele Leute hier die Preiserhöhungen seit 2003 beanstandet haben und es deshalb interessanter ist welches Recht damals gegolten hat. So geht es mir jedenfalls.

Dass die Gaswirtschaft mittlerweile viele Löcher in ihren Verträgen gestopft hat ist auch klar. Aber zuerst müssen die alten Widersprüche aufgearbeitet werden und das geht nur wenn auch auf Grund der alten Bedingungen diskutiert wird.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Black am 16. September 2008, 10:33:21
Zitat
Original von egn
Also ich denke dass sehr viele Leute hier die Preiserhöhungen seit 2003 beanstandet haben und es deshalb interessanter ist welches Recht damals gegolten hat. So geht es mir jedenfalls.

Dass die Gaswirtschaft mittlerweile viele Löcher in ihren Verträgen gestopft hat ist auch klar. Aber zuerst müssen die alten Widersprüche aufgearbeitet werden und das geht nur wenn auch auf Grund der alten Bedingungen diskutiert wird.

Forderungen aus Preisanpassungen von 2003 dürften mittlerweile gerichtlich entschieden oder verjährt sein.

Ich für meinen Teil möchte hier eine Grundsatzdiskussion zur Preiskontrolle, auch unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung aus 2008 führen und werde mich nicht daran beteiligen \"alte Widersprüche aufzuarbeiten\".

Eine gesetzlich vorgeschriebene Anpassung der Vertragsbedingungen an vom Gesetzgeber veränderte Rechtsnormen würde ich nicht als \"Löcher in vielen Verträgen stopfen\" bezeichnen.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: sweet sue am 16. September 2008, 11:28:55
@Black
Zitat
Da der Begriff \"Leistung\" im § 315 BGB auf jeglichen einseitig bestimmbaren Umstand des Vertragsvollzuges angewendet werden kann, handelt es sich vorliegend bei dem zu zahlenden Preisaufschlag um die geschuldete und einseitig bestimmte Leistung.
Das kann man meiner Ansicht nach nicht so verallgemeinern. 315 gehört zum allgemeinen Schuldrecht, genauso wie § 241 BGB: \"Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern.\" Damit wird im konkreten Schuldverhältnis die primäre Leistungspflicht umschrieben. Diese Pflichten müssen bestimmt oder zumindest bestimmbar sein. Wenn wie bei § 315 die
Leistungsbestimmung einem Vertragsteil überlassen bleibt, können nur die primären Hauptleistungspflichten gemeint sein, also Leistung und Gegenleistung im engeren Sinn. Jede andere Schlussfolgerung macht absolut keinen Sinn, da Nebenpflichten oder sekundäre Leistungspflichten erst aus den konkreten Hauptleistungspflichten und dem erst damit konkreten Schuldverhältnis resultieren. Im hier diskutierten gegenseitigen Vertragsverhältnis also die Gaslieferung einerseits und die Zahlung des Preises andererseits. Daran ändert auch die Kommentierung im Palandt nichts, hier geht es nun einmal nicht um Heim- oder Arbeitsverträge. Und die Leistungsbestimmung des Preises ist eine Bestimmung einer primären Leistungspflicht im ganzen, wer sagt denn, dass es nur um \"Preisaufschläge\" geht?
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Black am 16. September 2008, 11:48:05
Sie zäumen aber das Pferd von hinten auf, wenn Sie sich zuerst den § 315 BGB ansehen, aus dessen Wortlaut folgern nach § 315 BGB sei nur die volle Hauptleistungspflicht einseitig bestimmbar und daraus ableiten wollen welches Bestimmungsrecht der Versorger im konkreten Energieliefervertrag ausüben kann oder nicht.

Richtigerweise ist zuerst ein vertraglich vereinbartes Preisanpassungsrecht vorhanden gewesen. Dann hat die Rechtsprechung entschieden, dass auch hierauf der § 315 BGB Anwendung findet (was lange streitig war) weil auch hier ein einseitiges Bestimmungsrecht i.S.d. § 315 BGB vorliegt. Das führt nun aber nicht dazu das der Umfang des vertraglichen Leistungsbestimmungsrecht vom § 315 BGB vorgegeben wird, sondern nur wie dieses Bestimmungsrecht auszuüben ist (nämlich billig).

Der § 315 BGB setzt für seine Anwendbarkeit das Leistungsbestimmungsrecht bereits voraus. Wenn man nun die Ansicht vertritt eine reines Anpassungsrecht sei mit dem Begriff der \"Leistung\" in  315 BGB nicht zu vereinbaren, würde das zur Nichtanwendbarkeit des § 315 BGB führen, aber nicht zu einer Aussage was vertraglich zu bestimmen ist und was nicht.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 16. September 2008, 14:05:07
@Black

Sie sind es, der das Pferd von hinten aufzäumt:

Am Anfang war das Wort.

Das Leistungsbestimmungsrecht im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB selbst ergibt sich nicht aus § 315 BGB, sondern entweder aus dem Vertrag selbst, weil hinsichtlich des zu zahlenden Entgelts eben bei Vertragsabschluss ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Verkäufers vereinbart wurde, oder aber aus einem Gesetz.

Wenn diese Voraussetzungen vorliegen, dann und nur dann kommt § 315 BGB unmittelbar und direkt zur Anwendung und zwar zur Kontrolle der Ausübung des bestehenden Leistungsbestimmungsrechts, welches zugleich eine Verpflichtung enthält, die entsprechende Leistung bei oder   nach Vertragsabschluss der Billigkeit entsprechend (neu) zu bestimmen.

Vorliegend ist Gegenstand des Leistungsbestimmungsrechts die vertragliche Haupt- Gegenleistung, nämlich das vom Kunden zu zahlende Entgelt. Mithin besteht aus § 315 BGB eine gesetzliche Verpflichtung, dieses Entgelt nach Vertragsabschluss der Billigkeit entsprechend neu festzusetzen, vgl. nur Palandt, BGB, § 315 Rn. 12 und BGH, Urt. v. 29.04.2008 (KZR 2/07) Rn. 23, 26.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Black am 16. September 2008, 14:08:56
Dann vertreten wir die gleiche Auffassung (in diesem Punkt) und zäumen das Pferd richtig auf. Die Antwort ging daher auch eher an sweet sue.

Insoweit ist es müßig am § 315 BGB ergründen zu wollen ob sich das Bestimmungsrecht auf einen neuen Gesamtpreis oder einen Preisänderung Delta bezieht. Hierzu muss man sich den Vertrag selbst ansehen und braucht nicht zu überlegen was der § 315 BGB mit Leistung meint.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 16. September 2008, 14:16:33
@Black

Da wäre ich mir nicht sicher. Die Kollegin hat sauber subsumiert.

Hoffentlich besteht Konsens insoweit, dass ohne einseitiges Leistungsbestimmungsrecht im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB - vorbehaltlich einer dem Transparenzgebot des § 307 BGB  entsprechenden, gem. § 305 BGB  wirksam in den Vertrag einbezogenen  Preisänderungsklausel in einem Sondervertrag  - der eine Vertragsteil nicht einseitig die vom anderen Vertragsteil zu erbringende Leistung neu bestimmen darf, dass dann beide Vertragsteile gleichermaßen an den bei Vertragsabschluss vereinbarten Preis gebunden sind (§§ 145 ff. BGB).

Das würde bedeuten, dass der Versorger zu dem bei Vertragsabschluss vereinbarten Preis weiter liefern muss, vgl. OLG Oldenburg, Urt. v. 05.09.2008 (12 U 49/07) (http://app.olg-ol.niedersachsen.de/efundus/volltext.php4?id=4808&ident=):

Zitat
Für den Tarifkundenbereich ist höchstrichterlich entschieden (BGHZ 172, 315, 320 = NJW 2007, 2540, 2541), dass § 4 AVBGasV Abs. 1 und 2 (und auch die Nachfolgeregelung in § 5 Abs. 2 S. 1 GasGVV) gesetzliche Regeln enthalten, die dem Versorger ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht gemäß § 315 BGB gewähren.
Repetitorium:

Zitat
§ 315 BGB kommt dann und nur dann direkt zur Anwendung, wenn ein Leistungsbestimmungsrecht bei Vertragsabschluss vertraglich vereinbart wurde oder sich  ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB aus einem Gesetz ergibt. Die Anwendung der Norm setzt also anderweitig (im Vertrag oder aus einem Gesetz) ein einseitiges Leistungbestimmungsrecht voraus.

Was bedeutet es aber nun, dass § 315 BGB direkt zur Anwendung kommt?

Es bedeutet, dass der zur Leistungsbestimmung berechtigte Vertragsteil bei oder nach Vertragsabschluss verpflichtet ist,  eine der Billigkeit entsprechende Ermessensentscheidung zur Leistungbestimmung unter Abwägung der gegenläufigen Interessen beider Vertragsteile unter umfassender Würdigung des Vertragszwecks zu treffen, und dass die Einhaltung dieser Verpflichtung vermittels des Verfahrens nach § 315 Abs. 3 BGB gerichtlich überprüfbar ist.

Obschon es als Bestimmungsrecht bezeichnet ist, geht es in § 315 BGB doch allein um eine daraus folgende gesetzliche Verpflichtung und deren Kontrolle im Rahmen von § 315 Abs. 3 BGB. Betrifft das Leistungbsestimmungsrecht die vertragliche Haupt- Gegenleistung des anderen Vertragsteils, dann gilt das Vorgesagte in Bezug auf diese vertragliche Haupt- Gegenleistung.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Black am 16. September 2008, 18:12:20
Sauber subsummieren alleine bringt es auch nicht immer.

Zitat
Original von sweet sue
 Und die Leistungsbestimmung des Preises ist eine Bestimmung einer primären Leistungspflicht im ganzen, wer sagt denn, dass es nur um \"Preisaufschläge\" geht?

1.) Ich vertrete diese Auffassung und lege im Rahmen dieser Diskussion dar, warum ich sie für richtig halte.

2.) Der BGH in seiner Entscheidung VIII ZR 36/06, in der er den vereinbarten Preissockel unbeachtet läßt und nur die Erhöhung nach § 315 BGB einer Prüfung für zugänglich erklärt.

Diese Entscheidung  ist nur unter folgenden Gesichtspunkten erklärbar:

- auch der BGH (besser gesagt der betroffene Senat) legt das vertragliche Preisbestimmungsrecht gerade nicht als Bestimmung einer primären Leistungspflicht im ganzen aus.

oder

- der BGH hat einfach weniger Ahnung vom Schuldrecht AT als Sie


Zitat
Original von RR-E-ft Hoffentlich besteht Konsens insoweit, dass ohne einseitiges Leistungsbestimmungsrecht im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB - vorbehaltlich einer dem Transparenzgebot des § 307 BGB entsprechenden, gem. § 305 BGB wirksam in den Vertrag einbezogenen Preisänderungsklausel in einem Sondervertrag - der eine Vertragsteil nicht einseitig die vom anderen Vertragsteil zu erbringende Leistung neu bestimmen darf, dass dann beide Vertragsteile gleichermaßen an den bei Vertragsabschluss vereinbarten Preis gebunden sind (§§ 145 ff. BGB).

Sie können unbesorgt sein, denn in diesem Thread geht es primär um das Preisanpassungsrecht und die Preiskontrolle im Rahmen der Grundversorgung. Den Bereich Sonderkundenverträge und Einbeziehung des § 315 BGB diskutieren wir doch paralel an anderer Stelle.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 16. September 2008, 18:30:00
@Black

Zitat
Original von Black
Bevor ich jetzt vertieft antworte, Ihnen ist schon bekannt, dass die AVBGasV seit 2006 (!) durch die GasGVV ersetzt wurde? Auch unter Beachtung aller Übergangsfristen dürfte nunmehr auch der letzte Vertrag umgestellt sein.

Das war jetzt schon die oben bedeutungsvoll angekündigte vertiefte Antwort?

Gretchenfrage: Wie halten Sie es denn nun mit Preisabschlägen in laufenden Vertragsverhältnissen?!

Was entnehmen Sie denn aus der Entscheidung BGH, Urt. v. 29.04.2008 (KZR 2/07) Rdn. 23, 26, mal abgesehen von der Erkenntnis, dass ein einheitlicher Markt für Wärmeenergie nach wie vor nicht besteht?

Apropos unbesorgt. Ich erhalte auch die Ergänzungslieferungen zu den einschlägigen Kommentierungen und nicht erst dadurch war hier irgendwie auffällig geworden, dass das Energiewirtschaftsgesetz 2005 neu verkündet wurde und in dessen Gefolge weitere Verordnungen in Kraft getreten sind. Immerhin hatte ich selbst weiter oben § 116 EnWG erwähnt.

Da es sich jedoch bei dem hier maßgeblichen § 315 BGB um eine Bestimmung des Schuldrechts AT handelt, an der sich seit Inkrafttreten des BGB nichts geändert hat, meine und hoffe  ich insoweit jedenfalls wohl up to date zu sein.

Saubere Subsumption  und eine saubere rechtsdogmatische Arbeitsweise sind Grundvoraussetzungen jeder  Rechtsfindung.

Wer unter Missachtung des Abstraktionsprinzips Einigung durch Angebot und Annahme  sowie einseitiges Leistungsbestimmungsrecht in einem Vertragsverhältnis miteinander vermengt, der kann m. E. zu keiner juristisch sauberen Lösung gelangen.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Black am 16. September 2008, 18:54:49
Was verstehen Sie unter \"Wärmeenergie\"?
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 16. September 2008, 19:01:37
@Black

Möglicherweise sind Sie mit Ihrer Frage, bei Wikipedia besser aufgehoben. Energie ist wohl die Fähigkeit, Arbeit zu verrichten. Wärme könnte etwas mit Strahlung innerhalb eines bestimmten Frequenzbereiches zu tun haben. Wie das jetzt aber im einzelnen physikalisch zusammengeht, weiß ich gerade auch nicht mehr.  Wenn überhaupt kaufe ich Energieträger und die dann möglichst passend zum bestehenden Beheizungssystem. Sonst gibt es zu Hause Ärger.

Wir diskutieren besser weiter auf der juristischen Ebene.
Und da stehen von mir gestellte Fragen weiter offen.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Black am 16. September 2008, 19:24:20
Die Lieferung von Wärmeenergie erfolgt durch Fernwärmelieferung (warmes Wasser oder Dampf mit entsprechender thermischer Energie) aber nicht durch Lieferung von Gas. Daher ist der Begriff Wärmemarkt für den Bereich Gaslieferung  verfehlt. Bei Gaslieferung wird nur ein chemischer Stoff geliefert der in Wärme umwandelbar ist. Auch Strom ist - mit der entsprechenden Heizung - in Wärme umwandelbar. Ist Stromlieferung daher Wärmelieferung? Wohl nein.

Auch der von Ihnen angeregte Nachschlag bei Wikipedia bestätigt diese Auffassung.
http://de.wikipedia.org/wiki/W%C3%A4rmeenergie



Zur Diskussion:

 Ich fasse mal den Zwischenstand zusammen:

Die Entscheidung des BGH VIII ZR 36/06 geht davon aus, das im Rahmen des dort betrachteten Vertrages eine Überprüfung des Ausgangspreises unter Billigkeitsgesichtspunkten nicht stattfindet. Lediglich die beanstandete Preisanpassung ist zu prüfen. Diese Anpassung ist – im Gegensatz zum Ausgangspreis – einseitig vom Versorger bestimmt worden.

Hiergegen wurde argumentiert der Versorger nehme keine bloße Anpassung vor sondern lege die Leistung völlig neu fest, daher sei die gesamte Festlegung – also der Gesamtpreis – gerichtlich zu prüfen.

Kann man so sehen, muss man aber nicht. Der VIII. Senat hat es augenscheinlich nicht so gesehen und ich teile diese Auffassung.

Der § 315 BGB erfasst beide Konstellationen. Eine einseitige Bestimmung des Gesamtpreises, wie auch eine vertragliche Festlegung des Gesamtpreises mit einseitigem Anpassungsrecht. Würde der § 315 BGB die Möglichkeit der vertraglichen Festlegung des Gesamtpreises mit einseitigem Anpassungsrecht nicht vorsehen so würde das nicht dafür sprechen, dass es diese Konstellation nicht geben kann, sondern nur dafür dass der § 315 BGB auf diese Konstellation nicht anwendbar wäre.

§ 315 BGB und das Schuldrecht AT können also nicht dafür herhalten zu belegen, dass nur die Vorstellung einer Gesamtpreiskotrolle die einzig Richtige sein kann. Wäre das so eindeutig der Fall wie hier behauptet wird, wäre der Streit hier auch müßig, denn dann gäbe es diese Gesamtpreiskontrolle bereits gerichtlich bestätigt. Es gibt sie aber nicht. Es wird nur aus der letzten Entscheidung des BGH zu einer Sondervertragsklausel von einigen herausgedeutet, dass es sie im Bereich der Grundversorgung geben müsste.

Wir kommen in dieser Diskussion auch irgendwie nicht voran weil entweder zwischendurch wieder längst bekannte Tatsachen neu verkündet werden (z.B. das Überhaupt ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vorliegen muss. Guten Morgen.) oder andere Probleme eingemengt werden die getrennt zu diskutieren sind (Monopolstellung der Versorger).
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 16. September 2008, 19:49:26
@Black

(Guten Morgen. Für Heizöl- und Kohlelieferung oder gar die Lieferung von Heizdecken und Wärmflaschen ist der Begriff Wärmemarkt auch verfehlt. Einen solchen Markt hat noch keiner gesehen.  Aber das sollte man ggf. versuchen, den Richtern des achten Zivilsenats des BGH deutlich zu machen.)

Wie steht es nun aber bei Ihnen mit der Gretchenfrage?!!
Was konnten Sie der Entscheidung des BGH vom 29.04.2008 (KZR 2/07) Rdn. 23, 26 ggf. konkret entnehmen?

Das wäre für uns juristisch interessant.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Black am 16. September 2008, 19:57:55
Zitat
Original von RR-E-ft
(Guten Morgen. Für Heizöl- und Kohlelieferung oder gar die Lieferung von Heizdecken und Wärmflaschen ist der Begriff Wärmemarkt auch verfehlt. Einen solchen Markt hat noch keiner gesehen.

Vielleicht sollte man dann den Begriff \"Wärmemarkt\" einfach nicht verwenden? Zumindest nicht wenn man von Gas spricht.

Sie sehen meine Rückfrage, was Sie unter Wärmeenergie verstehen hatte durchaus seinen Sinn.

Zur Gretchenfrage komme ich noch.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 16. September 2008, 20:09:27
@Black

Es geht nicht um den Begriff \"Wärmemarkt\". Es geht um die Tatsachenfrage, ob ein entsprechender Markt, den man nennen könnte wie man wollte, überhaupt existent ist, oder ob es sich dabei um ein Trugbild, eine Fata Morgana handelt. Er existiert nicht. Wer eine elektrische Fußbodenheizung im Haus hat, kann bei einer Strompreiserhöhung nicht zu Heizöl wechseln. Wer eine Gasheizung hat, kann im Falle einer Gaspreiserhöhung mit seiner Heizungsanlage nicht zu Kohle oder Heizöl wechseln.  Es gibt einen Strommarkt, der sich sachlich und räumlich weiter unterteilen lässt, und einen Heizölmarkt. Ein Erdgasmarkt existiert auch, bisher wohl mit ziemlich eigenwilligen Marktregeln (Preisbildung losgelöst von Angebot und Nachfrage), die auf Macht beruhen. Räumlich und sachlich lassen sich verschiedene Erdgasmärkte gegeneinander abgrenzen.

Also auf die Beantwortung der Gretchenfrage bleibe ich gespannt.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: superhaase am 16. September 2008, 21:52:22
@Black:

Selbst wenn man Ihrer Argumentation folgt und davon ausgeht, dass ein vereinbarter Ausgangspreis nicht der Billigkeitskontrolle unterliegt, sondern nur eine Praisanpassung, das berühmte Delta, dann hat das doch in der Praxis genau dieselbe Auswirkung wie eine Kontrolle des Gesamtpreises, wenn man davon ausgeht, dass dieses Delta auch negativ sein kann.

Geht man also davon aus (wie Sie), dass dieses Delta negativ sein kann und einer Billigkeitskontrolle unterliegt, so ist der vereinbarte Anfangspreis kein fester (und somit \"unabtragbarer\") Preissockel mehr, wie es der VIII. Senat des BGH in seinem berühmten Urteil vom 13.6.07 annimmt.

Ich verstehe insofern nicht, was Ihre Argumentation noch für einen Unterschied zu einer Billigkeitskontrolle des Gesamtpreises bringt.
Das ist selbst rein formal nicht nachvollziehbar.
Soll die Billigkeit eines möglicherweise negativen Delta beurteilt werden, dann kann man keine Preisbestandteile (Kalkulationsbestandteile) aus der Betrachtung ausschließen. Wo sollten auch im Gesetz möglicherweise von der Betrachtung auszuschließende Bestandteile einer Leistung (Haupt-Gegenleistung oder sonstige Leistung) festgelegt sein?

ciao,
sh
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 16. September 2008, 21:57:17
@sh

Nanana!!!

Lassen Sie mir mal bitte den Kollegen Black in Ruhe, damit dieser sich gewissenhaft auf die Beantwortung der Gretchenfrage vorbereiten kann!

@Black

Bitte weiter höchste Konzentration. Nur Mut.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 17. September 2008, 18:20:03
@Black

Vor der 2.Kammer für Handelssachen des Landgerichts Gera fand heute eine mündliche Verhandlung statt, bei der es um einen Erdgas- Sondervertrag ging, zu dem der Versorger behauptete, dass ihm ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht eingeräumt sei und dass man sich durch vorhergehende unwidersprochene Zahlungen nach Vertragsabschluss auf einen neuen Preis geeinigt habe. Der VRiLG Grüneberg wies zutreffend darauf hin, dass für den Fall eines bestehenden Leistungsbestimmungsrechts die Parteien schon gar kein Erklärungsbewusstsein hinsichtlich einer Neuvereinbarung gehabt hätten, weil eine solche in diesem Fall ja schon nicht notwendig gewesen wäre. Es gelte deshalb nach vorläufiger Rechtsauffassung der bei Vertragsabschluss vereinbarte Preis weiter, wenn die betroffene Klausel unwirksam ist, wofür vieles spräche. Zur direkten Anwendung von § 315 BGB auf § 4 AVBEltV. (http://www.energieverbraucher.de/files.php?dl_mg_id=756&file=dl_mg_1163494755.pdf)

Eine Neuvereinbarung gem. §§ 145 ff. BGB  setzt natürlich unter Abwesenden entsprechende Erklärungen und notwendig ein entsprechendes Erklärungsbewusstsein der Vertragspartner voraus.

Aber wie gesagt:

Eine unwiderrufliche Erklärung gem. § 315 Abs. 2 BGB ist schon denknotwendig kein auf Annahme gerichtetes Angebot im Sinne von § 145 BGB.  

An anderer Stelle  (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=46983#post46983) warfen Sie die Frage auf, ob man etwa Ulmer in der AGB- Kommentierung hohle Phrasendrescherei unterstellen könne und dürfe. Möglicherweise sollten Sie diesen Gedanken noch einmal aufgreifen, jedoch diesmal im Zusammenhang mit dem Verordnungsgeber und § 17 Abs. 1 Satz 3 GasGVV (http://www.gesetze-im-internet.de/gasgvv/__17.html)/ StromGVV. Ich meine, der Verordnungsgeber gibt damit klar zu erkennen, dass die Allgemeinen Preise der Grund- und Ersatzversorgung der Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB unterliegen. Immerhin findet die Norm Erwähnung.

Nun aber wieder volle Konzentration.

Die Beantwortung der Gretchenfrage steht aus.
Ich bin sehr gespannt und mit mir womöglich sehr viele andere auch.
Sie haben unsere Aufmerksamkeit.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: tangocharly am 18. September 2008, 22:16:00
Ach ja, ich stelle mir den \"Wärmemarkt\" auch so vor:

(1) Nachdem ich meinen Brenner an das öffentliche Gasnetz angeschlossen habe, grabe ich schnell ..
(2) im Garten ein Loch, verbuddle den schnell neu gekauften Öltank , schließe schnell
(3) noch einen Wechselbrenner an die Therme an, den ich auch noch schnell kaufe, schließlich
(4) decke ich mich schnell noch mit einem Fuder Bucheholz ein, wenn denn dann gerade der Preis so richtig nach meinem Geschmack ist und installiere
(5) auf dem Dach einen Pelletsbehälter, den ich dann schnell mal  fülle, wenn der Preis so richtig nach meinem Geschmack ist und dann werde ich
(6) jeden Morgen die Brennstoffpreise studieren und wenn dann die Gaspreise steigen, dann sprinte ich schnell mal in den Keller, stelle flugs den Schieber am Brenner um auf Öl, oder Pellets oder Holz. Und wenn dann die Preise für Öl steigen, dann sprinte ich wieder schnell in den Keller und stelle den Schieber auf weis was auch immer.

Ja der Markt hat eben seinen Preis. Wer glaubt, mit Gas frei Haus sich alle diese Kosten ersparen zu dürfen, der ist halt einfach falsch gewickelt (oder Schotte). Schließlich muß sich ja Gas auch gegen Öl und/oder Kohle behaupten - und das soll für Umme gehen ?
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 19. September 2008, 16:48:58
@tangocharly

Jetzt sind Sie wohl auf dem Holzweg. Es geht gerade nicht um einen Wärmemarkt.

Wir diskutieren hier die direkte Anwendung des § 315 BGB.
Dabei geht es überhaupt nicht darum, ob man eine bestehende Beheizungsanlage multivalent betreiben kann.

Die Gretchenfrage, die uns Black beantworten wollte, war die , wie er es mit der Verpflichtung zu Preisabschlägen nach Vertragsabschluss hält, wenn im konkreten Vertragsverhältnis ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht iSv. § 315 Abs. 1 BGB besteht.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Black am 22. September 2008, 16:37:39
Zur Gretchenfrage:

Geht man davon aus, dass das gesetzliche Preisanpassungsrecht im Rahmen der Billigkeit sowohl eine Erhöhung als auch eine Absenkung des Preises ermöglicht und erfordert (so BGH KZR 02/07) könnte der Kunde bei gesunkenen Bezugskosten (oder sonstigen geänderten Kosten) eine Preisanpassung auch nach unten verlangen.

Die widerspricht zwar der Theorie des BGH VIII ZR 36/06 \"unabänderlicher Preissockel\" wäre aber nach meiner Ansicht interessengerecht.

Voraussetzung ist jedoch eine Veränderung der Kostenlage im Vergleich zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 22. September 2008, 16:54:22
@Black

Immerhin sehen Sie nun wohl auch einen Widerspruch zwischen der Entscheidung KZR 2/07 und der Entscheidung VIII ZR 36/06.

Wenn ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB besteht, ist der Versorger nach Vertragsabschluss berechtigt und verpflichtet, den Preis der Billigkeit entsprechend neu festzusetzen, wobei seine konkrete Kostenentwicklung zu Grunde zu legen ist.

Wie soll der betroffene Kunde die entsprechende Verpflichtung des Versorgers zur Preisabsenkung kontrollieren und durchsetzen?

Ist es dafür nicht erforderlich, dass der Versorger seine Preiskalkulation bei Vertragsabschluss und die zwischenzeitliche Entwicklung aller preisbildenden Faktoren, die in die Grund- und Arbeitspreise Eingang gefunden haben, offen legt, vgl. KG Berlin, B. v. 12.02.2008 (21 U 160/06)?

Darf es für die Neufestsetzung des Allgemeinen Preises/ Tarifs wirklich darauf ankommen, wie sich die Kosten seit dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses eines konkret betroffenen Kunden zwischenzeitlich entwickelt haben, nachdem es abhängig vom jeweiligen Zeitpunkt des Vertragsabschlusses dabei zu willkürlichen Zufallsergebnissen kommen kann, vgl. BGH, Urt. v. 18.10.2005 (KZR 36/04) Rdn. 10?

Zitat
Das Recht des Netzbetreibers, künftige Netznutzungsentgelte ohne Mitwirkung des Netznutzers festzusetzen, kann nicht anders behandelt werden. Aber auch das zum Zeitpunkt des Vertragschlusses von dem Netzbetreiber geforderte Entgelt ist regelmäßig ein nach dem Willen der Vertragsparteien einseitig bestimmtes Entgelt, das der Netzbetreiber zu bestimmten Zeitpunkten ermittelt und das - schon zur Vermeidung einer sachlich nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung - für eine bestimmte Zeitdauer sämtlichen Vertragsbeziehungen mit gleichen Nutzungsprofilen unabhängig davon zugrunde liegen soll, wann der Vertrag geschlossen wird. Auch dann, wenn das Entgelt betragsmäßig bereits feststellbar ist, wird - wie im Streitfall der Verweis auf die \"jeweils geltende Anlage 3\" verdeutlicht - nicht dieser Betrag als Preis vereinbart. Der Betrag gibt vielmehr lediglich das für einen bestimmten Zeitpunkt ermittelte Ergebnis des gleichen Preisbestimmungsverfahrens wieder, das dem Netzbetreiber auch für die Zukunft zustehen soll, an dem der Netznutzer nicht teilnimmt, dessen konkrete preisbestimmende Faktoren ihm nicht bekannt sind und dessen Ergebnis er weder nachvollziehen noch beeinflussen kann. Es ist daher nicht weniger einseitig bestimmt als die künftige Höhe des Entgelts. Es wäre eine künstliche Aufspaltung der äußerlich und inhaltlich einheitlichen Preisvereinbarung und führte zu Zufallsergebnissen, wollte man einen vereinbarten Anfangspreis von (vom Zeitpunkt der ersten ausdrücklich oder stillschweigend vorgesehenen Neuberechnung an maßgeblichen) einseitig bestimmten Folgepreisen unterscheiden.

Man stoße sich dabei nicht an dem Wort \"Netznutzungsentgelt\", sondern erstze dieses aus Gründen der Abstraktion durch \"Entgelt\".
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Black am 22. September 2008, 17:13:51
Zitat
Original von RR-E-ft

Wie soll der betroffene Kunde die entsprechende Verpflichtung des Versorgers zur Preisabsenkung kontrollieren und durchsetzen?

Meine Sorge geht in die andere Richtung. Wenn nämlich der Kunde dem Versorger quasi täglich unsubstantiiert unterstellen kann, der Preis von gesern sei heute plötzlich unbillig geworden. Selbst ein feststellendes Urteil schafft dann kaum abschließende Klarheit, da der Kunde bereits einen Tag nach einem solchen Urteil behaupten könnte, nun  sei der Preis aber ganz bestimmt unbillig geworden und erneut die Zahlung verweigern.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 22. September 2008, 17:23:04
@Black

Ich verstehe schon, dass die Menschen wegen verschiedener Sorgen nachts schwer in den Schlaf finden mögen.

Meine Frage zielte darauf ab, wie die Einhaltung einer bestehenden gesetzlichen Verpflichtung des Versorgers durch den Kunden bzw. durch ein Gericht kontrolliert werden kann. Darauf muss man eine Antwort geben können.

Man bräuchte m. E. die Preiskalkulation und die Offenlegung der Richtlinien und Regeln, nach denen sich die maßgeblichen Kosten regelmäßig ändern, möglicherweise die Beschaffungskosten quartalsweise nach einer feststehenden Berechnungsvorschrift, was sich bei mehreren Vorlieferanten entsprechend komplexer gestaltet.

Der Kunde vermag nichts zu substantiieren, wenn er die Preiskalkulation und die konkreten Regeln, nach denen sich die Kosten regelmäßig verändern, nicht kennt. Das liegt nicht am Kunden, sondern am Versorger. Dieser allein hat es in der Hand, dem Kunden die erforderlichen Kenntnisse zu verschaffen.

Die Verbraucher vertreten wohl nicht die Auffassung, die Preise wären über Nacht (von gestern auf heute) plötzlich unbillig geworden, sondern sie seien schon länger systematisch überhöht, was die amtliche Begründung der Bundesregierung zu § 29 GWB nahelegt. Letztere wiederum gründet auf umfangreichen Bereichsuntersuchungen. Diese amtliche Gesetzesbegründung der Bundesregierung, wonach das Preisniveau auf ein volkswirtschaftlich nicht mehr vertretbares Maß gestiegen ist und mit der Entwicklung der Primärenergiekosten nicht mehr zu begründen ist und die Letzverbraucher über Gebühr belastet werden, sollte uns allen Anlass zur Sorge geben. Das muss uns doch wohl zuallererst um den Schlaf bringen. Demgegenüber muss Ihre vorgetragene Sorge klein erscheinen.

Was sollte den Versorger denn davon abhalten, den Nachweis zu führen, dass sein Preis nicht (erst) über Nacht unbillig geworden ist?

Die BAFA- Erdgasimportpreise (Wert der Ware an der deutschen Grenze) werden amtlich erfasst und monatlich veröffentlicht. Die Netzkosten werden von der Bundesnetzagentur halbwegs kontrolliert. Die Netzkosten einschließlich vorgelagerter Netze sowie Mess- und Abrechnungskosten sind gem. § 40 EnWG n.F. in den Verbrauchsabrechnungen gesondert auszuweisen. Schließlich bestimmt § 40 Abs. 2 Satz 2 EnWG n.F., dass der Kunde die Wahl haben soll, in welchen Abständen der Verbrauch ihm gegenüber abzurechnen sei.

Siehe hier. (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=47086#post47086)

Zitat
(1) Energieversorgungsunternehmen sind verpflichtet, in ihren Rechnungen für Energielieferungen an Letztverbraucher die Belastungen aus den Entgelten für den Netzzugang und gegebenenfalls darin enthaltene Entgelte für den Messstellenbetrieb und die Messung beim jeweiligen Letztverbraucher gesondert auszuweisen.

(2) Lieferanten sind verpflichtet, den Energieverbrauch nach ihrer Wahl monatlich oder in anderen Zeitabschnitten, die jedoch zwölf Monate nicht wesentlich überschreiten dürfen, abzurechnen. Sofern der Letztverbraucher dies wünscht, ist der Lieferant verpflichtet, eine monatliche, vierteljährliche oder halbjährliche Abrechnung zu vereinbaren.

Jeder Letzverbraucher kann folglich eine monatliche Abrechnung verlangen, wenn er dies wünscht. Es bedarf wohl nicht sehr viel Phantasie zu ersehen, was dabei für die Billigkeitskontrolle der zur Abrechnung gestellten Preise  bei einseitigem Leistungsbestimmungsrecht daraus folgt. Der betroffene Kunde  lässt sich monatlich abrechnen und stellt immer nur die Preise der letzten Abrechnung streitig. Wenn es das sein sollte, was Sie sich vorstellen, so wäre es wohl unproblematisch.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Black am 22. September 2008, 18:19:10
Zitat
Original von RR-E-ft
Meine Frage zielte darauf ab, wie die Einhaltung einer bestehenden gesetzlichen Verpflichtung des Versorgers durch den Kunden bzw. durch ein Gericht kontrolliert werden kann. Darauf muss man eine Antwort geben können.

Da das zivilrechtliche Verfahren nicht primär der Überwachung der Einhaltung von Gesetzen dient, sondern hier nur immer finanzielle Ansprüche zwischen den streitbeteiligten Parteien geklärt werden, kann m.E. auf diesem Wege eine quasi gesellschaftlich relevante allgemeine \"Kontrolle der Einhaltung gesetzlicher Verpflichtungen\" nicht stattfinden.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 22. September 2008, 18:23:52
@Black

Zitat
Da das zivilrechtliche Verfahren nicht primär der Überwachung der Einhaltung von Gesetzen dient, sondern hier nur immer finanzielle Ansprüche zwischen den streitbeteiligten Parteien geklärt werden, kann m.E. auf diesem Wege eine quasi gesellschaftlich relevante allgemeine \"Kontrolle der Einhaltung gesetzlicher Verpflichtungen\" nicht stattfinden.

Da haben Sie wohl etwas deutlich missverstanden.

Bei bestehendem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB ist der Versorger dem konkreten Kunden gegenüber im konkreten Vertragsverhältnis gem. § 315 BGB gesetzlich/vertraglich  berechtigt und verpflichtet, die Entgelte nach Vertragsabschluss der Billigkeit entsprechend neu festzusetzen. Dass es die Aufgabe der ordentlichen Gerichte ist, die Einhaltung einer solchen Verpflichtung (auf Antrag) zu kontrollieren, hat der Gesetzgeber in § 315 Abs. 3 BGB ausdrücklich angeordnet. Dies folgt unmittelbar aus dem Gesetz selbst.

Möglicherweise gehören Sie zu der Minderheit, welche die Auffassung vertritt, man könnte sich die anzuwendenden Gesetze aussuchen. Entsprechendes sieht das Grundgesetz in Art. 20 GG jedoch nicht vor.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Black am 22. September 2008, 18:53:59
Niemand bestreitet, dass eine Preiskontrolle derzeit individuell vor den zivilgerichten ausgefochten werden muss.

Aber gesellschaftlich bringt sie das im Sinne der Überwachung von Gesetzen oder der Preisentwicklung in Zukunft auch nicht weiter.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 22. September 2008, 19:03:55
@Black

Ihren letzten Beitrag habe ich leider nicht verstanden.
Ich fühle mich irgendwie an die Legende von der Pythia erinnert.  

Klartext:

Es geht doch überhaupt nur darum, wie bei bestehendem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht im Sinne von § 315 BGB die daraus folgende Verpflichtung, die Entgelte nach Vertragsabschluss der Billigkeit entsprechend neu festzusetzen, gerichtlich kontrolliert werden kann. Es geht um nicht mehr, aber auch um nicht nicht weniger.

Zitat
Original von Black
Niemand bestreitet, dass eine Preiskontrolle derzeit individuell vor den zivilgerichten ausgefochten werden muss.

Wirklich? Was meint diese Aussage denn überhaupt?

Ich bin dagegen-  abgesehen von einer fraglichen analogen Anwendung des § 315 BGB bei festgestellter Monopolstellung des Anbieters auf dem sachlich, räumlich und zeitlich relevanten Markt - die zilvilrechtliche Billigkeitskontrolle auch etwa auf Normsonderverträge anzuwenden. Dies stünde bereits im Widerspruch zu BGH, Urt. v. 13.07.2004 (KZR 10/03) unter II.6.

Zitat
Die Unangemessenheit der Klausel läßt sich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht mit dem Argument ausräumen, eine einseitige Leistungsbestimmung habe gemäß § 315 BGB nach billigem Ermessen zu erfolgen und sei andernfalls unverbindlich. § 315 BGB scheidet als unmittelbare Rechtfertigung einer Klausel schon deshalb aus, weil die Vorschrift eine wirksame Anwendungsvereinbarung bereits voraussetzt und die Entscheidung über die Wirksamkeit der Vertragsklausel sich ausschließlich nach den Angemessenheitsmaßstäben des § 307 BGB, § 9 AGBG richtet (BGHZ 89, 206, 213). Auch als inhaltliche Beschränkung des Anwendungsbereichs einer Klausel läßt sich der in § 315 BGB enthaltene Rechtsgedanke nicht verwerten, weil der weite Spielraum der Billigkeit nicht den an die Eingrenzung und Konkretisierung einer Formularbestimmung zu stellenden Anforderungen genügt (BGHZ 89 aaO).

Ohne einseitiges Leistungbestimmungsrecht im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB gibt es - abgesehen von der Kontrolle mit marktbeherrschenden Unternehmen vereinbarter Preise vor den Kartellgerichten nach den Vorschriften des GWB - keine gerichtliche Preiskontrolle vor den Zivilgerichten. (Punkt.)

Die Frage, ob überhaupt im Vertrag ein Preisänderungsrecht wirksam vereinbart wurde, hat mit der Frage, ob die neu festgesetzten Preise etwaig überhöht sind, schlicht und ergreifend rein überhaupt nichts zu tun, vgl. zutreffend OLG Oldenburg, Urt. v. 05.09.2008 (12 U 49/07). Das hat mit gerichtlicher Preiskontrolle nichts zu tun.

Zitat
Original von Black
Aber gesellschaftlich bringt sie das im Sinne der Überwachung von Gesetzen oder der Preisentwicklung in Zukunft auch nicht weiter.

Diese Bemerkung will sich mir nicht erschließen. Was ist denn damit gemeint?
Betrifft das etwa auch eine ihrer Sorgen?
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Black am 30. September 2008, 14:45:18
Ein gerichtliches Gutachten zur Billigkeit von Preisanpassungen im Rahmen einer umfassenden Offenlegung der Preisgestaltung schlägt übrigens mit ca. 5000,- Euro zu Buche, die im Falle der tatsächlichen Billigkeit vom Kunden zu tragen sind (andernfalls natürlich vom EVU).

Dies mal als praktische Anmerkung - jenseits der juristischen Fragen.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: nomos am 30. September 2008, 15:20:15
Zitat
Original von Black  Ein gerichtliches Gutachten zur Billigkeit von Preisanpassungen im Rahmen einer umfassenden Offenlegung der Preisgestaltung schlägt übrigens mit ca. 5000,- Euro zu Buche, die im Falle der tatsächlichen Billigkeit vom Kunden zu tragen sind (andernfalls natürlich vom EVU).
    @black, ja der Artikel 3 (1) GG hat es auch nicht leicht. ;)
    und ...
    \"Der Verbraucher zahlt immer alles über die Preise\", frei nach Götz Werner.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Stadt/Versorger am 30. September 2008, 20:26:49
Das Zitat von Black hinsichtlich der Kosten sollte doch etwas näher betrachtet werden,denn es ist nicht von der Hand zu weisen.
Wenn der Kunde die Billigkeit der Preise gerügt hat und der Versorger klagt ,so hat das Gericht die Billigkeit des Preises zu bestimmen. Fachlich kann es das vielleicht. Vielleicht auch nicht . Was wird das Gericht dann tun ? Den Versorger auffordern,die Preiskalkulation offen zu legen und danach die Billigkeit des Preises selbst bestimmen ?
Oder kann das Gericht sofort festlegen,daß der Versorger die Kalkulation offenlegen muß und aufgrund dessen ein Gutachten erstellt wird ?!
Der Kunde kann somit erst nach Erstellung des Gutachtens feststellen,daß der Preis ggf. der Billigkeit entspricht . Wer trägt dann die Kosten,wenn der Kunde danach die Billigkeit des Preises erkennt und anerkennt ?
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Black am 01. Oktober 2008, 11:06:01
Der Versorger behauptet sein Preis sei billig, da nur die gestiegenen Bezugskosten weitergegeben wurden und es sonst keine Einsparungen gab.

Der Verbraucher bestreitet das und akzeptiert ein entsprechendes WP Testat nicht.

Wenn die Behauptung des Versorgers den Tatsachen entspricht, dann ist sein Preis billig i.S.d. § 315 BGB.

Das Gericht ordnet daher eine Beweisaufnahme an und sieht sich selbst außerstande eine umfangreiche Betriebsprüfung (mehrere Preisanpassungen in mehreren Jahren) vorzunehmen. Also ordnet es Sachverständigenbeweis an. Sachverständige arbeiten nicht umsonst.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: nomos am 01. Oktober 2008, 12:29:53
@Stadt/Versorger, ohne Gutachten geht es seriös nicht, da diese \"Wirtschaftsprüferbescheinigungen\" schon gar kein Nachweis für die Billigkeit der Gas- oder Strompreise sind und die Versorger ihre Zahlen nicht offen legen.

Da wird z.B. bestätigt, dass die \"Preispolitik\" billig und angemessen und auch noch \"maßvoll\" ist und dass die vorgelegten Unterlagen und getroffenen Aussagen ordnungsgemäß waren. Die \"kumulierten Steigerungen\" auf der Bezugsseite seien nicht in voller Höhe auf der Absatzseite weitergeben worden. (Beispiel siehe hier (http://www.sw-bb.de/uploads/media/InVra_Treuhand_AG_01.pdf))

Ob die Rechnungslegung ordnungsgemäß ist, hat der Wirtschaftsprüfer schon bei seinem Testat zum Jahresabschluss festzustellen. Der Erkenntnisgewinn dieser Bescheinigung liegt bei Null. Eine Haftung des Prüfers gegenüber dem Verbraucher ist praktisch ausgeschlossen, sollte die Unbilligkeit der Preise trotzdem festgestellt werden. Vielleicht könnte man solche Wirtschaftsprüfungsgesellschaften mal veröffentlichen, bei deren Bescheinigungen sich  trotzdem herausgestellt hat, dass die Preise unbillig waren (Neue öffentliche Datenbank beim BdEV  ;)).

Weder der Verbraucher noch das Gericht kann aus solchen Bescheinigungen die Billigkeit des Preises seriös feststellen oder etwas aus dieser Bescheinigung nachvollziehen.  Außerhalb dieser Bescheinigung gibt es mehr Informationen oder Indizien (Gewinnabführungen, zweckfremde Verwendung, Quersubventionen). Wo Rauch ist, ist in aller Regel auch Feuer.  

Voraussetzung für eine seriöse Feststellung ist die vollständige Offenlegung der Rechnungslegung und Kalkulation. Neutrale Gutachten kosten Geld und müssen bezahlt werden. Die Gleichheit vor dem Gesetz, Art. 3 (1) GG, wird durch notwendige teuere Gutachten aus meiner Sicht schon etwas beeinträchtigt. Das ist nicht nur hier so. Das Risiko ist für den einzelnen Verbraucher weit höher zu bewerten, was ja manchen Kunden auch vom Widerspruch und von Kürzungen abhält. Der Stadtwerkechef trägt ja kein eigenes Risiko, er verbucht die Kosten einer verlorenen Klage als Aufwand und die Kunden bezahlen das letztendlich wieder über den Preis.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: egn am 01. Oktober 2008, 12:44:02
Die Frage ist doch ob auf diese Weise nicht der §315 völlig ausgehebelt wird. M.E. ist es dem Verbraucher überhaupt nicht zuzumuten dass er das Kostenrisiko für ein teueres Gutachten trägt.

Den Nachweis der Billigkeit hat deshalb derjenige zu erbringen, der das Recht hat die Preise einseitig zu bestimmen. Dies in einer Form die unmittelbar gerichtlich verwertbar ist.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Black am 01. Oktober 2008, 13:05:19
Zitat
Original von egn
Die Frage ist doch ob auf diese Weise nicht der §315 völlig ausgehebelt wird. M.E. ist es dem Verbraucher überhaupt nicht zuzumuten dass er das Kostenrisiko für ein teueres Gutachten trägt.

Den Nachweis der Billigkeit hat deshalb derjenige zu erbringen, der das Recht hat die Preise einseitig zu bestimmen. Dies in einer Form die unmittelbar gerichtlich verwertbar ist.

Der § 315 BGB wird nicht ausgehebelt, sondern gerade nach seinem Zweck erfüllt. Gerichtliche Überprüfung in einem zivilrechtlichen Verfahren. Natürlich wird der Nachweis vom Versorger erbracht, von der Nachweispflicht ist aber die Frage zu trennen, wer diesen Nachweis am Ende bezahlt. Nach den Regelungen im deutschen Zivilprozess ist das der Prozessverlierer. Das kann eben auch der Verbraucher sein, wenn der Versorger tatsächlich nur Bezugskosten weitergegeben hat.

Den außergerichtlichen Nachweis eines WP Testats akzeptieren viele Verbraucher nicht mit der Begründung, dass dieses Testat  ja vom Versorger bezahlt wurde . Nun, im gerichtlichen Verfahren ist das dann manchmal  anders.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Stadt/Versorger am 01. Oktober 2008, 13:20:17
@egn
Ich sehe das eigentlich ebenso. Nach RA Fricke S 18(Sonderheft 1) hat diejenige Partei den Kostenvorschuß aufzubringen,welche die Darlegungs und Beweislast hat.
Das ist m.E. die klagende Partei,wenn der Kunde vorher die Preiserhöhung oder den Gesamtpreis nach § 315 gerügt hat und die klagende Partei erst im Prozess die (vollständige ?) Kalkulation offenlegt. Die Kosten für das Gutachten gehören m.E.zu den Gerichts/Prozesskosten. Erst nach Erhalt des Gutachtens kann der Kunde wohl die Billigkeit des Preises beurteilen. Sollte der Preis billig sein, kann der Kunde die Klageforderung \"sofort\" anerkennen . Damit müsste m.E. das Kostenrisiko -bis zu diesem Punkt -beim EVU liegen.
Ich hoffe zumindest,das ich bis hierhin im rechtlichen Sinne logisch gedacht habe.(bin allerdings juristischer Laie)
Fragt sich nur noch, wie bzw. in welchem Zeitraum gilt das sofortige Anerkenntnis im Sinne von §93 ZPO?
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Black am 01. Oktober 2008, 14:34:13
Für ein sofortiges Anerkenntnis dürfte es dann zu spät sein.

nach Thomas/Putzow, ZPO, ist ein sofortiges Anerkenntnis spätestens im ersten Verhandlungstermin noch möglich, und das auch nur, wenn prozessual nichts bestritten wurde (hier aber die Billigkeit)

Baumbach, ZPO verneint ein sofortiges Anerkenntnis nach Durchführung einer Beweisaufnahme
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: taxman am 01. Oktober 2008, 15:23:44
Insoweit sollte man froh sein das nicht sehr viele Gutachten benötigt werden! Schließlich gibt es nur 700 Versorger und gegen jeden Versorger wehren sich dutzende von Kunden. Bei einigen geht die Zahl der Protestler sogar in die tausende!

Nicht jeder Kunde wird einzeln ein Verfahren mit dem kompletten Nachweisverfahren durchfechten müssen. Die Mutigen werden wieder vorangehen!

Mich persönlich schreckt solch ein \"Kostenrisiko\" nicht sonderlich ab, da ich von meinem Recht eigentlich sehr überzeugt bin! Die kommenden BGH-Verfahren werden diesbezüglich weiter hilfreich sein!
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Black am 01. Oktober 2008, 16:29:49
Sie meinen, dass das Gutachten immer nur der erste Kunde verklagte zahlen müßte und daher gute Chancen bestehen nicht der \"Erste\" zu sein.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: tangocharly am 01. Oktober 2008, 21:02:54
Ob du Recht hast oder ob nicht, sagt dir - wie immer - das Gericht

BGH , 08.03.2005, VIII ZB 3/04 (http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=&client=%5B%27%5B%5C%27%5B%22%5B%5C%27%2C+%5C%27%5B%22%5B%5C%27%5D%27%2C+%27%5B%5C%27%5B%22%5B%5C%27%2C+%5C%27%5B%22%5B%5C%27%5D%27%5D&client=%5B%27%5B%5C%27%5B%22%5B%5C%27%2C+%5C%27%5B%22%5B%5C%27%5D%27%2C+%27%5B%5C%27%5B%22%5B%5C%27%2C+%5C%27%5B%22%5B%5C%27%5D%27%5D&nr=32763&pos=4&anz=9&Blank=1.pdf)

Lesen unter Ziff. 2 auf Seite 5: Wenn der Klg. erst im Termin die entscheidenden Fakten liefert, dann kann mit \"sofortiger Wirkung\" anerkannt werden. Warum soll das bei der Offenlegung der Kosten- und Gewinnkalkulation anders sein ?

Auch die Argumentation besticht: Versorger berufen sich auf Art. 12 GG, machen dadurch eine Begutachtung durch gerichtlich bestellten Sachverständigen nötig, weil dem Verbraucher die Kalkulation nicht vorgelegt wird (die er dann selber auf Schlüssigkeit prüfen könnte -ohne Kosten zu verursachen-), und wollen dann ggf. die Kosten vom Gegner. Wem muß nun der höherwertige Schutz der Betriebsgeheimnise dann etwas Wert sein ?

So hat sich der EnWG-Gesetzgeber dies bestimmt in §§ 1 Abs. 1 und 2 Abs. 1 EnWG vorgestellt.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: taxman am 01. Oktober 2008, 21:02:56
Zitat
Original von Black
Sie meinen, dass das Gutachten immer nur der erste Kunde verklagte zahlen müßte und daher gute Chancen bestehen nicht der \"Erste\" zu sein.

Nein,
ich bin überzeugt das der Versorger die ersten 5-10 Versuche alle verliert und dann insgesamt nachgibt! Die Kommunen werden ihre einzelnen Stadtwerke-Chefs zurück rufen!

Die Sicherstellung der Daseinsvorsorge wird dann wieder verstaatlicht, da das jetzige Modell einfach schon versagt hat!

Selbst wenn die Versorger einzelne Verfahren gewinnen wird dennoch der Druck der breiten Masse (Wähler) dermaßen zunehmen, dass ein anderer Ausweg nicht mehr möglich sein wird. Die Politik wird sich davor nicht drücken mehr können!

Mit dem Energiepreisprotest sind wir immer noch am Anfang und gerade dabei die Spielregeln abzutasten!

Der Unmut der Leute ist bereits überreichlich da, die Zünder für ein Feuer ausgelegt! Es fehlt nur noch der Funke!
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Netznutzer am 02. Oktober 2008, 00:55:02
Zitat
(die er dann selber auf Schlüssigkeit prüfen könnte -ohne Kosten zu verursachen-)

Gerade hier im Forum wird doch permanent darauf hingewiesen, dass ein Verbraucher eben nicht  die Billigkeit des Preises feststellen kann, sondern dass dieses von einem Gericht bestimmt werden muss. Wozu dem Verbraucher vorab Unterlagen kiefern, mit denen er eh nichts anfangen könnte???

Gruß

NN
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Black am 02. Oktober 2008, 10:19:16
Zitat
Original von tangocharly
Ob du Recht hast oder ob nicht, sagt dir - wie immer - das Gericht

BGH , 08.03.2005, VIII ZB 3/04 (http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=&client=%5B%27%5B%5C%27%5B%22%5B%5C%27%2C+%5C%27%5B%22%5B%5C%27%5D%27%2C+%27%5B%5C%27%5B%22%5B%5C%27%2C+%5C%27%5B%22%5B%5C%27%5D%27%5D&client=%5B%27%5B%5C%27%5B%22%5B%5C%27%2C+%5C%27%5B%22%5B%5C%27%5D%27%2C+%27%5B%5C%27%5B%22%5B%5C%27%2C+%5C%27%5B%22%5B%5C%27%5D%27%5D&nr=32763&pos=4&anz=9&Blank=1.pdf)

Lesen unter Ziff. 2 auf Seite 5: Wenn der Klg. erst im Termin die entscheidenden Fakten liefert, dann kann mit \"sofortiger Wirkung\" anerkannt werden. Warum soll das bei der Offenlegung der Kosten- und Gewinnkalkulation anders sein ?

Weil § 315 BGB nur festlegt, dass der Preis der Billigkeit entsprechen muss aber dem Kunden kein eigenes \"Prüfungsrecht\" einräumt. Der Kunde hat einen Anspruch auf einen billigen Preis, aber keinen gesonderten Auskunftsanspruch. Das Feststellungs- und Prüfrecht hat nur das Gericht.

Anders als im zitierten Fall hat der Kunde auch kein gesondertes Zurückbehaltungsrecht bis zum Nachweis der Billigkeit. Die angebliche \"Unverbindlichkeit\" der Rechnung wird deswegen immer mit ihrer generellen Unbilligkeit begründet und nicht mit dem (noch) ausstehenden Billigkeitsnachweis.

Hätte der Kunde aus § 315 BGB einen eigenen Auskunfts- und Prüfungsanspruch müßte er auch nicht Feststellungsklage auf Ferststellung der Unbilligkeit erheben sondern könnte direkt auf Auskunftserteilung über die Preiskalkulation klagen.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Black am 02. Oktober 2008, 10:54:00
Zitat
Original von taxman
ich bin überzeugt das der Versorger die ersten 5-10 Versuche alle verliert und dann insgesamt nachgibt! Die Kommunen werden ihre einzelnen Stadtwerke-Chefs zurück rufen!

Das wäre aber nur dann der Fall, wenn die Preisanpassungen der Gewinnsteigerung dienten. Nur ein sehr dummer Versorger würde sich in diesem Fall auf einen gerichtlichen Rechtsstreit einlassen. Wenn ein Versorger \"insgesamt nachgibt\" also seine Preise nicht mehr anpasst ist er bald pleite und vom Markt verschwunden.


Zitat
Original von taxmanDie Sicherstellung der Daseinsvorsorge wird dann wieder verstaatlicht, da das jetzige Modell einfach schon versagt hat!
Träumen Sie weiter. Das wird nicht passieren.

Zitat
Original von taxmanSelbst wenn die Versorger einzelne Verfahren gewinnen wird dennoch der Druck der breiten Masse (Wähler) dermaßen zunehmen, dass ein anderer Ausweg nicht mehr möglich sein wird. Die Politik wird sich davor nicht drücken mehr können!

Bisher kann ich weder politischen Druck erkennen noch ist mir eine Partei bekannt, die die Rückverstaatlichung der Energieversorgung anstrebt. Oder.....höchstens die LINKE?
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 02. Oktober 2008, 13:11:27
@Black

Was für eine schräge Diskussion.

Mir ist bisher kein Fall bekannt geworden, wo ein Lieferant im Verfahren seine Kosten- und Preiskalkulation so detailliert nachvollziehbar offen gelegt hätte, so dass die Anknüpfungstatsachen dergestalt dargelegt waren, dass sich der Kunde noch für ein sofortiges Anerkenntnis nach dieser Eröffnung des Zahlenwerks entscheiden konnte oder aber für den Fall, dass er das dargelegte Zahlenwerk bestreitet; ein gerichtliches Sachverständigengutachten überhaupt in Betracht gekommen wäre:

Prozessual bedarf es zunächst der entsprechenden Darlegungen. Der Prozessgegner entscheidet hiernach darüber, ob er anerkennt (möglicherweise im Wege eines noch möglichen \"sofortigen\" Anerkenntnisses) oder aber diese vorgetragenen Tatsachen bestreitet oder diese ohne Anerkenntnis unbestritten lässt.

Und nur im Falle des (weiteren) Bestreitens der schlüssig  (nachvollziehbar und prüffähig)  vorgetragenen Kalkulationsgrundlagen  kommt es auf einen Beweis hinsichtlich der bestrittenen Kalkulationsgrundlagen an, der regelmäßig nur über ein gerichtliches Sachverständigengutachten zu führen sein wird.

Letzteres hat jedoch neben einem entsprechenden Beweisangebot der beweisbelasteten Partei weiter zur Voraussetzung, dass die notwendigen Anknüpfungstatsachen (Kalkulationsgrundlagen) überhaupt im Prozess bereits (schriftsätzlich) schlüssig (nachvollziehbar und prüffähig) dargelegt und also vorgetragen wurden.

Sonst kommt ein gerichtliches Sachverständigengutachten nicht in Betracht, weil es sich um einen unzulässigen \"Ausforschungsbeweis\" handeln würde. Ein gerichtlich bestellter Sachverständiger kann nur die Tatsachen prüfen, die vorgetragen und hiernach bestritten wurden. Der Vortrag muss sich beim Bestreiten der Billigekeit einer Preiserhöhung nach dem Beschluss des Kammergerichts Berlin vom 12.02.2008  (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=39883#post39883) auf die zwischenzeitliche Entwicklung aller preisbildenden Faktoren beziehen, vgl. auch Landgericht Erfurt, B. v. 23.09.2008. (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=47378#post47378)


Ein gerichtliches Sachverständigengutachten kann gem. § 411a ZPO mehrfach Verwendung finden, verwertet werden.

Die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens bedarf eines entsprechenden gerichtlichen Beweisbeschlusses. Nachdem ein solcher vorliegt, kann der Kunde als Prozesspartei immer noch darüber entscheiden, wie er sich danach prozessual verhält.

Es liegt weiter in seiner Entscheidung, ob es auf ein gerichtliches Sachverständigengutachten ankommt und ggf. eingholt werden muss. Denn dies ist abhängig von seinem Bestreiten, welches er auch nach Erlass eines Beweisbeschlusses noch aufgeben werden kann. Schließlich kommt auch noch ein Anerkenntnis in Betracht, wenn auch ggf. nicht mehr mit sofortiger Wirkung.

Es ist also immer auf die prozessuale Stufenfolge Darlegen - Bestreiten - Beweisen zu achten. Ohne detaillierte (nachvollziehbare und prüffähige) Darlegungen, die einem Bestreiten überhaupt zugänglich wären, kann es auch keinen Beweis über diese dargelegten und bestrittenen Tatsachen geben. Logisch.

@tangocharly

Ich teile Ihre Aufassung, dass man nach der Rechtsprechung des BGH etwas erst dann noch mit sofortiger Wirkung anerkennen kann, wenn \"die Karten erstmals  vollständig auf dem Tisch\"  liegen. Wenn \"die Katze noch im Sack\" ist, braucht man \"auf Verdacht\" noch nichts anerkennen.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: u.h. am 02. Oktober 2008, 14:10:53
Zitat
Original von RR-E-ft
...

@tangocharly

Ich teile Ihre Aufassung, dass man nach der Rechtsprechung des BGH etwas erst dann noch mit sofortiger Wirkung anerkennen kann, wenn \"die Karten erstmals  vollständig auf dem Tisch\"  liegen. Wenn \"die Katze noch im Sack\" ist, braucht man \"auf Verdacht\" noch nichts anerkennen.

Ihre (logische) Auffassung in Ehren ...

Die einzig und allein entscheidende Frage ist jedoch: Welche Aufassung vertritt das Gericht?

Und da gilt bekanntlich (leider):
\"Vor Gericht und auf hoher See ...\"
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 02. Oktober 2008, 14:12:18
Zitat
Original von Stadt/Versorger
Das Zitat von Black hinsichtlich der Kosten sollte doch etwas näher betrachtet werden,denn es ist nicht von der Hand zu weisen.
Wenn der Kunde die Billigkeit der Preise gerügt hat und der Versorger klagt ,so hat das Gericht die Billigkeit des Preises zu bestimmen. Fachlich kann es das vielleicht. Vielleicht auch nicht . Was wird das Gericht dann tun ? Den Versorger auffordern,die Preiskalkulation offen zu legen und danach die Billigkeit des Preises selbst bestimmen ?
Oder kann das Gericht sofort festlegen,daß der Versorger die Kalkulation offenlegen muß und aufgrund dessen ein Gutachten erstellt wird ?!
Der Kunde kann somit erst nach Erstellung des Gutachtens feststellen,daß der Preis ggf. der Billigkeit entspricht . Wer trägt dann die Kosten,wenn der Kunde danach die Billigkeit des Preises erkennt und anerkennt ?

@Stadt/ Versorger
@egn

Auf Bestreiten des Kunden, muss das Gericht prüfen, ob bei Bestehen eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB [Besteht ein solches Recht im konkreten Vertragsverhältnis überhaupt?!] die getroffene einseitige Leistungsbestimmung gem. § 315 Abs. 2 BGB  der Billigkeit entspricht, weil sie gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB nur dann für den Kunden eine Verbindlichkeit begründen kann, andernfalls nicht, sondern unverbindlich ist. Der zur Leistungsbestimmung berechtigte Vertragsteil trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass seine Leistungsbestimmung der Billigkeit entspricht. Wenn er diese nicht nachweisen kann, ist die Zahlungsklage als (derzeit) unbegründet abzuweisen.

Dies ist nicht zu verwechseln mit der gerichtlichen Feststellung eines der Billigkeit entsprechenden Entgelts gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB, welche unter besonderen weiteren Voraussetzungen einen entsprechenden Feststellungsantrag (§ 308 ZPO) voraussetzt, vgl. BGH, Urt. v. 02.10.1991 (VIII ZR 240/90). Diese Verfahren betreffen also aufgrund der gestellten Klageanträge, an welche das Gericht gem. § 308 ZPO gebunden ist, prozessual zwei paar Schuhe. Leider nehmen viele, die sich an der Diskussion beteiligen, diese prozessual bedeutsame Trennung nicht vor und werfen deshalb alles in einen Topf, was die angestellten Überlegungen dann in die Irre führen muss.

Siehe auch hier. (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=46145#post46145)

@u.h.

Es gibt mehrere Entscheidungen des BGH zu der Frage, bis wann ein \"sofortiges Anerkenntnis\" möglich ist. Ein Aufgeben des Bestreitens und ein einfaches Anerkenntnis sind im Laufe eines anhängigen Verfahrens möglich.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Black am 02. Oktober 2008, 15:13:41
Zitat
Original von RR-E-ft
@Black

Was für eine schräge Diskussion..

Was soll daran schräg sein, einmal auf die mögliche Kostenfolge der doch angeblich so stark angestrebten Offenlegung der Kalkulationsgrundlage hinzuweisen.

Zitat
Original von RR-E-ftMir ist bisher kein Fall bekannt geworden, wo ein Lieferant im Verfahren seine Kosten- und Preiskalkulation so detailliert nachvollziehbar offen gelegt hätte, so dass die Anknüpfungstatsachen dergestalt dargelegt waren, dass sich der Kunde noch für ein sofortiges Anerkenntnis nach dieser Eröffnung des Zahlenwerks entscheiden konnte oder aber für den Fall, dass er das dargelegte Zahlenwerk bestreitet; ein gerichtliches Sachverständigengutachten überhaupt in Betracht gekommen wäre:..

Mir schon.

Das Gericht stellt auch nicht die Anforderung bereits vorab das Zahlenwerk vorzutragen. Zu beweisende Tatsache ist die Weitergabe gestiegener Bezugskosten. Bestritten ist nicht die Kalkulationsgrundlage sondern die Weitergabe.


Zitat
Original von RR-E-ft
@tangocharly

Ich teile Ihre Aufassung, dass man nach der Rechtsprechung des BGH etwas erst dann noch mit sofortiger Wirkung anerkennen kann, wenn \"die Karten erstmals  vollständig auf dem Tisch\"  liegen. Wenn \"die Katze noch im Sack\" ist, braucht man \"auf Verdacht\" noch nichts anerkennen.

Sie übersehen dabei, dass im Gegensatz zum zitierten BGH Fall beim § 315 BGB der Kunde kein gesondertes Zurückbehaltungsrecht bis zum gerichtlichen Nachweis der Billigkeit besitzt. Die Forderung ist nur für den Fall tatsächlicher Unbilligkeit nicht fällig geworden.

Wer \"auf Verdacht\" Tatsachen bestreitet trägt eben dieses Risiko. Andernfalls könnte eine Partei stets mit Nichtwissen bestreiten und sich so die Hintertür des sofortigen Anerkenntnisses offenlassen.

Der Kunde hat oft bereits im Vorfeld durch die ausdrückliche Behauptung der Unbilligkeit, oft noch verbunden mit dem ausdrücklichen Bestreiten eines Preisanpassungsrechts in der Grundversorgung (Musterbrief) genug Anlass zur Klage geboten um sich nicht mehr auf das sofortige Anerkenntnis retten zu können.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 02. Oktober 2008, 15:24:47
@Black

Dann wissen Sie mehr als ich. Das will nichts heißen.

[Was Gegenstand seines Bestreitens ist, entscheidet der verklagte Kunde selbst. Er kann auch vorsorglich bereits Tatsachen bestreiten, zu denen sich der der klagende Lieferant noch gar nicht erklärt hatte. Soweit mir bekannt, bestreiten die Kunden vorprozessual die Billigkeit, für welche der Versorger die Darlegungs- und Beweislast trägt. Es ist deshalb nicht notwendig und ersichtlich auch gar nicht üblich, dass die Kunden die Unbilligkeit behaupten. Wenn der Versorger die Billigkeit nicht beweisen kann, steht damit die Unbilligkeit noch nicht fest. Gleichwohl besteht kein im gerichtlichen Verfahren durchsetzbarer Zahlungsanspruch, vgl. BGH, Urt. v. 02.10.1991 - VIII ZR 240/90 = NJW-RR 1992, 183 ].
 
Bitte teilen Sie hier die Verfahren mit, bei denen es aufgrund des Bestreitens der Kunden zu einem gerichtlichen Sachverständigengutachten kam, welche die bestrittenen Tatsachen bestätigten.


Ich meine, dass sich hinsichtlich des sofortigen Anerkenntnisses auch etwas aus der BGH- Entscheidung vom 03.03.2004 (IV ZB 21/03 unter II 2 a)  (http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=&client=%5B%2713%27%2C+%2713%27%5D&client=%5B%2713%27%2C+%2713%27%5D&nr=28655&pos=15&anz=32) entnehmen ließe.

Zitat
Für die von der Rechtsbeschwerdeerwiderung für möglich gehaltene Differenzierung zwischen einem unbegründeten und einem lediglich unschlüssig dargelegten Anspruch ist kein Raum. Eine Partei ist nicht gehalten, einen erst im weiteren Verlauf des Rechtsstreits substantiiert vorgetragenen Klageanspruch schon zuvor - gleichsam auf Verdacht - als begründet anzuerkennen, nur um sich der Kostentragungslast entziehen zu können.

Hat sich der Kunde vorprozessual auf die Unbilligkeit der einseitigen Leistungsbestimmung berufen, kommt es wegen § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB für die Schlüssigkeit der Zahlungsklage entscheidend  auf die entsprechenden (nachvollziehbaren und prüffähigen) Darlegungen hinsichtlich der Entwicklung aller preisbildenden Faktoren an, was die Offenlegung der Kalkulation erfordert (ebenso KG Berlin v. 12.02.2008; LG Dortmund im Gaspreisklageverfahren der E.ON Westfalen - Weser AG gegen Kunden).

Die Kartellkammer des LG Dortmund  (http://www.gaspreise-runter-owl.de/Presse/20080613_nw.htm) wies E.ON Westfalen Weser  zutreffend darauf hin, dass eine Zahlungsklage nach unstreitiger vorprozessualer Unbilligkeitseinrede der Kunden ohne Vortrag des auf Zahlung klagenden Versorgers zur gesamten Kostenentwicklung unschlüssig ist und somit den Erlass eines Versäumnisurteils gegen die im Prozess säumigen beklagten Kunden nicht zulässt. Nach zutreffender Wertung müsste in einem solchen Fall die Klage aufgrund eines (unechten) Versäumnisurteils abgewiesen werden, gerade weil die Zahlungsklage in diesem Fall unschlüssig ist.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Black am 02. Oktober 2008, 15:40:33
Ob solche Verfahren existieren und wie diese ausgegangen sind, teile ich zu gegebener spruchreifer Zeit mit.

Sollte sich diese Verfahrensart etablieren bleibt die einschlägige Rechtsprechung zur Frage des Anerkenntnisses abzuwarten.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 02. Oktober 2008, 16:03:11
@Black

Sie bluffen (schlecht).

Benennen Sie die Verfahren, bei denen angeblich gerichtliche Sachverständigengutachten die Billigkeit bestätigten und dies zu einer Verurteilung des verklagten Kunden führte. Wenn solche Entscheidungen vorliegen sollten, dann müssen sie spruchreif gewesen sein. Andernfalls wären diese Entscheidungen mangels Spruchreife offensichtlich rechtsfehlerhaft ergangen.

Siehe nochmals hier. (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=47692#post47692)
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Black am 02. Oktober 2008, 16:25:10
Zitat
Original von RR-E-ft
@Black

Sie bluffen (schlecht).

Warum sollte ich?

Zitat
Original von RR-E-ftBenennen Sie die Verfahren, bei denen angeblich gerichtliche Sachverständigengutachten die Billigkeit bestätigten und dies zu einer Verurteilung des verklagten Kunden führte.

Ich sprach vom Beweisbeschluss und den Kosten eines entsprechenden Gutachtens, (noch) nicht von Verurteilung.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 02. Oktober 2008, 16:53:27
@Black

Dann hatte ich Sie vielleicht falsch verstanden. ;)

Es gibt demnach auch nach Ihrer Kenntnis keine einzige (geschweige denn  rechtskräftige) Entscheidung, wonach ein Kunde aufgrund eines solchen gerichtlichen Sachverständigengutachtens zur Zahlung verurteilt wurde und infolge des Unterliegens die Verfahrenskosten einschließlich der Kosten des gerichtlichen Sachverständigengutachtens zu zahlen hatte. Das will dann schon etwas heißen.  

Wenn so ein Beweisbeschluss erlassen wurde, können beide Prozessparteien immer noch entscheiden, wie sie sich darauf einstellen:

Möglicherweise nimmt der Versorger hiernach seine Klage zurück, weil ihm der Gedanke an die Mehrfachverwertung eines für ihn negativen Gutachtenergebnisses gem. § 411a ZPO nicht behagt. Möglicherwiese stimmt der Kunde einer solchen Klagerücknahme nicht mehr zu. Möglicherweise zahlt der Versorger den Vorschuss für den Gutachter nicht ein, so dass der Beweis unerhoben bleibt.

Möglicherweise gibt der Kunde angesichts des Kostenrisikos sein Bestreiten (teilweise) auf. Dafür kann es auch darauf ankommen, ob er über die Deckungszusage einer RSV o. ä. verfügt.

Ein Beweisbeschluss ist noch kein erbrachter Beweis. Er besagt ja nur, dass der Beweis erhoben werden soll, wenn die beweisbelastete Partei den Vorschuss dafür einbezahlt.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: tangocharly am 02. Oktober 2008, 20:50:54
@ Black

Schließe mich  @ RR-E-ft  insoweit an, weil es darauf, ob ein Zurückbehaltungsrecht besteht, nicht ankommt. Es kommt darauf an, ob der Klg. alles geliefert hat, auf was es für die Entscheidung des konkreten Rechtsstreits ankommt. Und im angesprochenen Fall, war es halt so, dass aus dem dort genannten Grund ein solches Zurückbehaltungsrecht bestand und der Kläger außerprozessual schon auf diesen Fakt hingewiesen worden war.

Deshalb stimmt auch der nachfolgende Passus eben gerade nicht:

Zitat
Der Kunde hat oft bereits im Vorfeld durch die ausdrückliche Behauptung der Unbilligkeit, oft noch verbunden mit dem ausdrücklichen Bestreiten eines Preisanpassungsrechts in der Grundversorgung (Musterbrief) genug Anlass zur Klage geboten um sich nicht mehr auf das sofortige Anerkenntnis retten zu können.

Nicht der Widerspruch für sich bietet Klageveranlassung, sondern ggf. eine ergebnislose Zahlungsaufforderung und die verzugsfällige Nichtzahlung einer fälligen Forderung.

Wenn aber § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB vorschreibt, dass beim Eintritt des dort genannten Merkmals die Verbindlichkeit der Forderung fehlt, dann ist  der Widerspruch selbst nicht conditio sine qua non. Zudem kennt der Versorger den Widerspruch außerprozessual, zieht aber selbst  prozessual hieraus keine Konsequenzen. Folglich ist es gerade nicht das Verhalten des Bekl., welches dem Klg. im Vorstadium des Prozesses die sichere Vorstellung vermittelt, dass er ohne die Hilfe des Gerichts nicht zu seinem Recht kommen werde. Diese Vorstellung könnte der Klg.allenfalls  dann gehabt haben, wenn der Bekl. sich im Vorfeld vollständig bedeckt gehalten hätte.

Also, um es kurz zu machen: Rettung ist und bleibt grundsätzlich in Sicht (Zwar führen viele Wege nach Rom, manche halt eben nicht).
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 02. Oktober 2008, 21:20:30
@tangocharly

Das mit der Fälligkeit ist so eine Sache.  (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=46145#post46145)

Entscheidend ist, dass die Klage unter Zugrundelegung des vorprozessualen Unbilligkeitseinwandes schlüssig/ begründet sein muss und das kann sie mit Rücksicht auf § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB nur dann sein, wenn zur Kostenentwicklung so detaillert vorgetragen wurde, dass hinreichende prüffähige Anknüpfungstatsachen für ein im Bestreitensfall einzuholendes gerichtliches Sachverständigengutachten vorgetragen sind.

Die Kartellkammer des LG Dortmund lag dabei vollkommen richtig.

Für die Frage, ob ein sofortiges Anerkenntnis möglich ist, kommt es also wohl darauf an, ob alle oben genannten notwendigen Darlegungen, welche die Schlüssigkeit der Klage ergeben müssen, bereits vorgerichtlich dem Kunden eröffnet wurden und dieser daraufhin die Zahlungen weiter zurückbehalten hat.

Trägt der Kläger im Prozess für die Schlüssigkeit/ Begründetheit notwendig mehr vor, als dem Beklagten vor der Klageerhebung eröffnet wurde, so hat der Beklagte erst mit Klagezustellung oder aber  - bei einer erst später im Prozess erfolgten Substantiierung - erst zu diesem späteren Zeitpunkt Veranlassung zu einem sofortigen Anerkenntnis, vgl. BGH, B v. 03.03.2004 (IV ZB 21/03).

Ohne Billigkeitsnachweis besteht kein im Klageweg durchsetzbarer Zahlungsanspruch. Das bedeutet nicht, dass überhaupt kein Zahlungsanspruch bestünde. Er ist nur eben mit Rücksicht auf § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB im Klageweg jedenfalls derzeit insgesamt nicht durchsetzbar, vgl. BGH, Urt, v. 02.10.1991 (VIII ZR 240/90 = NJW-RR 1992, 183).
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: tangocharly am 04. Oktober 2008, 16:29:36
@ RR-E-ft

Unverbindlichkeit i.S.v. § 315 Abs. 3 BGB bedeutet eine besondere Form der Unwirksamkeit. Unwirksamkeit ist nicht gleichbedeutend mit Nichtigkeit. Darauf soll hingewiesen sein, um der Vorstellung entgegen zu wirken, dass dann, wenn eine Forderung nicht verbindlich ist, deren Nichtigkeit vorliegt.

Unverbindlichkeit in diesem Sinne (d.h. Unwirksamkeit) hat nur die Bedeutung, dass die Forderung gerichtlich nicht durchgesetzt werden kann. Wird gleichwohl auf eine solche Forderung gezahlt, dann stellt dies den Rechtsgrund dafür dar, dass der Vertragsgegner die Zahlung behalten darf (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, Einl. zu § 241, Anm. 5.c, Rn 12; ). Wer also keinen Widerspruch nach § 315 BGB erhoben und vorbehaltslose Zahlung geleistet hat, kann sich nicht auf Bereicherung berufen, § 812 BGB.

Ob  man nun den Zeitraum bis zur Widerspruchserhebung als „vorläufig“ verbindlich bezeichnet, (wie z.B. OLG Frankfurt/M, ZMR 1999, 244) oder nicht (was nicht unbedingt dogmatisch richtig bezeichnet erscheint - §§ 158 ff. BGB ?), ist meines Erachtens nicht ausschlaggebend. Denn das Gesetz spricht von der Leistungsbestimmung (d.h. von der Erklärung der dazu berufenen Vertragspartei und nicht vom Widerspruch des Vertragsgegners), meint also offensichtlich den Zeitpunkt der Abgabe der Leistungsbestimmungserklärung. Nicht der Widerspruch entscheidet über die Billigkeit der Leistungsbestimmung, sondern deren Inhalt.

Jedenfalls in einem scheint Einigkeit zu bestehen, nämlich dass bei Unbilligkeit der Leistungsbestimmung erst mit Rechtskraft des Urteils Fälligkeit der Forderung eintritt (vgl. BGH, NJW 1996, 1054). Wohlgemerkt, bei Unbilligkeit der Leistungsbestimmung !

Steht dann ggf. im entsprechenden Fall fest, dass die Leistungsbestimmung der dazu berufenen Partei billig war und ist, dann befindet man sich durch Erhebung des Widerspruchs schon gar nicht bei § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB. Damit gelangt man zu der Frage, die nun der BGH definitiv klären darf, nämlich ob es für die Prüfung der Billigkeit der Leistungsbestimmung u.a. einer Offenlegung bedarf oder ob nicht und ob die Darlegung einer Bezugskostensteigerung bei unveränderten Kosten grundsätzlich ausreicht oder ob nicht.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Black am 06. Oktober 2008, 10:55:39
Im normalen Zivilverfahren gilt zwar der Grundsatz, dass alle anspruchsbegründenenden Tatsachen vorzutragen sind und danach noch ein kostenfreies Anerkenntnis möglich ist, es ist aber nicht so, dass der Beklagte erst einmal in Ruhe die Beweisaufnahme abwarten kann um erst dann zu entscheiden, ob er er nun \"sofort\" anerkennt.

Wäre das anders, könnte es zu solchen Fällen kommen:

Unternehmer U wird von Kläger K verklagt einen Liefervertrag zu erfüllen. Den Vertrag soll der M - ein Mitarbeiter des U - als Vertreter des U mit dem Kläger geschlossen haben soll. Vorgetragen von K wird der Vertragsschluss. U bestreitet den Vertragsschluss mit Nichtwissen, da er ja nicht wissen könne ob und was sein Vertreter M so alles vereinbart habe. U will erst einmal die Beweisaufnahme abwarten. Läuft es dort für ihn schlecht möchte er \"sofort\" anerkennen, damit der Kläger die Kosten tragen muss. Geht die Beweisaufnahme dagegen für ihn gut aus bleibt er beim Antrag auf Klageabweisung. Eine sehr bequeme Position für U.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: superhaase am 06. Oktober 2008, 11:03:49
@Black:
Das Beispiel ist aber weit hergeholt.

Trptzdem:
Wenn der Kläger erst in der Beweisaufnahme mit Beweisen (Zeugenaussagen, Schriftstücke) daherkommt, ist es sein eigenes Verschulden, wenn dann erst das sofortige Anerkenntnis des Beklagten erfolgt.
Anders liegt der Fall wohl, wenn der vom Beklagten vorher unter Druck gesetzte Vertreter M während der Beweisaufnahme \"umkippt\" und sonst keine Beweise (Zeugenaussagen oder Schriftstücke) vorlagen.
Dann wird wohl auch kein Richter ein sofortiges Anerkenntnis feststellen.

Ich sehe also insofern kein Problem in der grundsätzlich bequemen Position des Beklagten, sofern der Kläger erst im Prozess mit zurückgehaltenen Beweisen rausrückt.
Und darum geht es doch hier.

ciao,
sh
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Black am 06. Oktober 2008, 11:19:22
Zitat
Original von superhaase@Black:
Das Beispiel ist aber weit hergeholt.
Überhaupt nicht. Wenn die Rechtslage zum Anerkenntnis tatsächlich so günstig wäre, würde jeder Anwalt immer dazu raten erst in aller Ruhe die gesamte Beweisaufnahme abzuwarten und erst dann eventuell \"sofort\" anzuerkennen. Zumal die Kosten der Beweisaufnahme auch den berechtigten Kläger oft abschrecken würden Klage zu erheben, wenn er befürchten müßte nach der Beweisaufnahme noch ein sofortiges Anerkenntnis zu erhalten.


Zitat
Original von superhaase
Wenn der Kläger erst in der Beweisaufnahme mit Beweisen (Zeugenaussagen, Schriftstücke) daherkommt, ist es sein eigenes Verschulden, wenn dann erst das sofortige Anerkenntnis des Beklagten erfolgt.

Nein, denn wie der Name \"Beweisaufnahme\" vermuten läßt ist dies genau der Zeitpunkt den Beweis inhaltlich anzutreten. Vorher muss niemand mit Beweisen \"daherkommen\". Das Beweis.angebot \"Sachverständigenbeweis\" muss freilich schon vorab angekündigt worden sein. Wir reden hier ja nicht von dem Fall, dass überraschend neue Tatsachen und Überraschungszeugen aus dem Hut gezogen werden, dies wäre wohl als sog. verspätetes Vorbringen unzulässig.



Zitat
Original von superhaaseIch sehe also insofern kein Problem in der grundsätzlich bequemen Position des Beklagten, sofern der Kläger erst im Prozess mit zurückgehaltenen Beweisen rausrückt.
Und darum geht es doch hier.

Das ist schön. Entspricht aber nicht dem geltenden Recht. Vor einer Beweisaufnahme muss der Beweis zur behaupteten Tatsche nur angekündigt werden indem das Beweismittel benannt wird (Sachverständigenbeweis). Außerhalb der Beweisaufnahme oder sogar vor dem Prozess besteht keine Pflicht und kein Anlass der anderen Partei irgendwelche Beweise zu offenbaren. Daher ist es verfehlt von \"zurückgehaltenen\" Beweisen zu sprechen, die die Partei nicht \"rausrückt\".

Stellen Sie sich vor Sie haben einen Unfallschaden am Auto und die gegnerische Versicherung bestreitet die Höhe des von Ihnen angegebenen Schadens. Ihr Verweis auf ein außergerichtliches Sachverständigengutachten zu den Reparaturkosten wird ungeprüft als \"Privatgutachten\" oder \"Gefälligkeitsgutachten\" abgetan. Die gegnerische Versicherung verlangt die Herausgabe des Wagens selbst um den Schaden selber prüfen zu können.

Sie lehnen ab und im Rahmen eines Prozesses kommt ein gerichtlicher Gutachter zum Ergebnis, dass die von Ihnen eingeklagte Schadenshöhe korrekt angegeben wurde. Nun möchte die Versicherung \"sofort\" anerkennen damit SIE die Prozesskosten und Gutachterkosten tragen müssen, weil Sie es ja verweigert haben den Wagen selber \"herauszurücken\" und damit das Beweismittel \"zurückegehalten\" haben.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: superhaase am 06. Oktober 2008, 11:37:09
Zitat
Original von Black
Nein, denn wie der Name \"Beweisaufnahme\" vermuten läßt ist dies genau der Zeitpunkt den Beweis inhaltlich anzutreten. Vorher muss niemand mit Beweisen \"daherkommen\". Das Beweis.angebot \"Sachverständigenbeweis\" muss freilich schon vorab angekündigt worden sein. Wir reden hier ja nicht von dem Fall, dass überraschend neue Tatsachen und Überraschungszeugen aus dem Hut gezogen werden, dies wäre wohl als sog. verspätetes Vorbringen unzulässig.
Das ist doch genau der springende Punkt:
Niemand verbietet dem Kläger, schon vor der Klageerhebung dem Beklagten die Richtigkeit seiner Forderung mit Beweismitteln darzulegen.
Tut er dies nachweisbar, und läßt es der Beklagte trotzdem auf ein Verfahren ankommen, dann kann dieser sich wohl nicht auf eine sofortige Anerkenntnis zurückziehen. Soweit stimmen wir überein.

Das angesprochene \"Gefälligkeitsgutachten\" ist allerdings eben gerade kein stichhaltiges (und zulässiges?) Beweismittel vor Gericht, das im Vorfeld eine spätere sofortige Anerkenntnis verhindert.
Eine Offenlegung der Kalkulation bezüglich des Themas \"Kontrolle des Gesamtpreises\" hingegen schon.

Da liegt der Haase im Pfeffer. ;)

Das mit dem Unfallgutachten ist etwas anderes, denn wenn das Unfallgutachten nicht treffend, umfassend und lückenlos ist, vergleichbar mit den \"Nur Steigerung der Bezugspreise weitergegeben\"-Gutachten für die Energieversorger, dann ist das auch wertlos und würde eine sofortige Anerkenntnis wohl nicht verhindern.
Im Energiebereich wäre also ein treffendes, umfassendes und lückenloses Gutachten über die Preiskalkulation sicher hilfreich.
Nur hat ein solches bisher wohl kein Energieversorger in Auftrag gegeben.

ciao,
sh
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Black am 06. Oktober 2008, 12:00:50
Zitat
Original von superhaase
Das ist doch genau der springende Punkt:
Niemand verbietet dem Kläger, schon vor der Klageerhebung dem Beklagten die Richtigkeit seiner Forderung mit Beweismitteln darzulegen.
Tut er dies nachweisbar, und läßt es der Beklagte trotzdem auf ein Verfahren ankommen, dann kann dieser sich wohl nicht auf eine sofortige Anerkenntnis zurückziehen. Soweit stimmen wir überein.
Nein wir stimmen nicht überein. Aus der Tatsache, dass eine Partei schon vor Klageerhebung inhaltlich Beweis antreten kann wollen Sie eine Pflicht ableiten dies auch tun zu müssen um das sofortige Anerkentnis abzuwenden. Das ist verfehlt. Eine solche Pflicht sieht weder das allgemeine Zivilrecht noch der § 315 BGB vor.


Zitat
Original von superhaaseIm Energiebereich wäre also ein treffendes, umfassendes und lückenloses Gutachten über die Preiskalkulation sicher hilfreich.
Nur hat ein solches bisher wohl kein Energieversorger in Auftrag gegeben.

Wenn Sie die vorherigen Beiträge noch einmal lesen geht es ja gerade darum, dass ein solches Gutachten nun gerichtlich in Auftrag gegeben wurde und die daraus resultierende Frage, wer dafür im Zweifel die enormen Kosten zu tragen hat.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: superhaase am 06. Oktober 2008, 12:18:03
Zitat
Original von Black
Wenn Sie die vorherigen Beiträge noch einmal lesen geht es ja gerade darum, dass ein solches Gutachten nun gerichtlich in Auftrag gegeben wurde und die daraus resultierende Frage, wer dafür im Zweifel die enormen Kosten zu tragen hat.
Ja, das ist schon klar.
Es ist liegt sicher wohl auch im Ermessen des Richters, ob im konkreten Fall unter Würdigung aller Umstände ein sofortiges Anerkenntnis noch möglich ist.
Vor der Erstellung des teueren gerichtlich veranlassten Gutachtens ist es dem Beklagten ja noch möglich, nach erstmaliger Vorlage der für das Gutachten erforderlichen Daten (Kalkulationsgrundlagen) ein sofortiges Anerkenntnis auszusprechen. Auch wenn er dafür vielleicht einige Tage \"Bedenkzeit\" eingeräumt haben will, um selbst die Zahlen zu prüfen oder prüfen zu lassen.
Wenn er es dann auf das Gerichtsgutachten ankommen lässt, ist der Zug natürlich abgefahren.

ciao,
sh
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Black am 06. Oktober 2008, 12:44:21
Zitat
Original von superhaase
Vor der Erstellung des teueren gerichtlich veranlassten Gutachtens ist es dem Beklagten ja noch möglich, nach erstmaliger Vorlage der für das Gutachten erforderlichen Daten (Kalkulationsgrundlagen) ein sofortiges Anerkenntnis auszusprechen. Auch wenn er dafür vielleicht einige Tage \"Bedenkzeit\" eingeräumt haben will, um selbst die Zahlen zu prüfen oder prüfen zu lassen.

Wie kommen Sie auf die Idee, der Beklagte könne vor dem Gutachter \"vorab\" irgendwelche Geschäftsunterlagen zur Einsicht erhalten? Die Unterlagen erhält nur der Gutachter.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 06. Oktober 2008, 12:59:58
@Black

Jetzt liegen Sie wohl falsch.

Zunächst müssen die Tatsachen (auch Anknüpfungstatsachen genannt) dargelegt werden. Das sind die Kalkulationsgrundlagen.

Erst im Falle deren Bestreitens, was deren vorherige Darlegung (also schriftsätzlichen Vortrag) voraussetzt, kommt es - soweit ein entsprechendes Beweisangebot besteht - zur Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens.

Letzteres darf kein Ausforschungsbeweis sein, der Gutachter also nicht etwa erst von selbst einen Sachverhalt ermitteln.

Wenn die Anknüpfungstatsachen (Kalkulationsgrundlagen) vorgetragen sind, entscheidet die andere Prozesspartei über Anerkenntnis, teilweise Aufgabe des Bestreitens oder vollständiges Aufrechterhalten des Bestreitens. Nur im letzteren Fall ist der Beweis zu erheben, wenn auch alle weiteren Voraussetzungen der Beweiserhebung vorliegen.  Für schriftsätzlichen Vortrag der Klagepartei steht der beklagten Partei eine angemessene Stellungnahmefrist zu.

Dies ermöglicht es auch, erst nach erstmaligem Vortrag der Anknüpfungstatsachen (Kalkulationsgrundlagen) noch \"sofort\" anzuerkennen.

@all

Mich wundert schon, dass sich die Diskussion (schon) auf die prozessrechtliche Schiene konzentriert, als käme es nicht zunächst auf die materiell- rechtliche Situation bei Bestehen eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts im Sinne de § 315 Abs. 1 BGB hinsichtlich der vertraglichen Haupt- Gegenleistung (zu zahlendes Entgelt) an.

@tangocharly

Zitat
Unverbindlichkeit in diesem Sinne (d.h. Unwirksamkeit) hat nur die Bedeutung, dass die Forderung gerichtlich nicht durchgesetzt werden kann. Wird gleichwohl auf eine solche Forderung gezahlt, dann stellt dies den Rechtsgrund dafür dar, dass der Vertragsgegner die Zahlung behalten darf (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, Einl. zu § 241, Anm. 5.c, Rn 12; ). Wer also keinen Widerspruch nach § 315 BGB erhoben und vorbehaltslose Zahlung geleistet hat, kann sich nicht auf Bereicherung berufen, § 812 BGB.

Das stimmt auch nicht so ganz. Die Wirkung des § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB hängt materiell- rechtlich eingentlich nicht von der Erhebung der Unbilligkeitseinrede ab. Auch im Falle einer vorbehaltlosen Zahlung kann deshalb (wegen des geltenden Abstraktionsprinzips) ein Rückforderungsanspruch gem. § 812 BGB bestehen, welchen indes der Gläubiger dieses Anspruchs darzulegen und zu beweisen hat, vgl. BGH, Urt. v. 05.02.2003 (VIII ZR 111/02) = NJW 2003, 1449.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Black am 06. Oktober 2008, 13:31:04
Zitat
Original von RR-E-ft
@Black
Jetzt liegen Sie wohl falsch.

Zunächst müssen die Tatsachen (auch Anknüpfungstatsachen genannt) dargelegt werden. Das sind die Kalkulationsgrundlagen.

Das kommt darauf an, welche Anforderungen an den Umfang das Gericht stellt. Die gesamte Kalkulationsgrundlage im Rahmen der Klageschrift darzustellen dürfte wohl zu 100seitigen Klagen führen. Andernfalls wären derartige Gutachten auch nicht so teuer bzw. es könnte einfach der Urkundsbeweis angetreten werden. Bislang genügte dem Gericht ein Tatsachenvortrag, die Bezugskosten hätten sich um X % erhöht, was der Weitergabe im Rahmen der Anpassungen entspricht und es zu keinen sonstigen Einsparungen kam.

Um beim schönen Beispiel Verkehrsunfall zu bleiben, da trägt der Kläger bei einem komplexen Schaden im Rahmen der Klageschrift üblicherweise auch nicht jedes beschädigte Einzelteil am Auto in der Klageschrift vor, sondern gibt seinen Gesamtschaden an und bietet eben Sachverständigenbeweis zur Überprüfung an.



Zitat
Original von RR-E-ft@all

Mich wundert schon, dass sich die Diskussion (schon) auf die prozessrechtliche Schiene konzentriert, als käme es nicht zunächst auf die materiell- rechtliche Situation bei Bestehen eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts im Sinne de § 315 Abs. 1 BGB hinsichtlich der vertraglichen Haupt- Gegenleistung (zu zahlendes Entgelt) an.

Was heißt denn schon? Ich würde sagen endlich! Sich ewig an der immer gleichen Vorfrage hochzuziehen bringt einen doch auch nicht weiter, zumal hierüber bereits ausreichend an anderer stelle geschrieben wurde.  In diesem speziellen Thema zum\"Umfang der Preiskontrolle\" ist die Existenz des Preisanpassungsrechts als Vorfrage ja gerade unterstellt.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 06. Oktober 2008, 13:43:04
@Black

Ich meine ja auch, dass ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB zuallererst eine Verpflichtunmg enthält, die Entgelte bei oder nach Vertragsabschluss der Billigkeit entsprechend (neu) festzusetzen und dass es bei § 315 BGB nur um die Kontrolle eben dieser Verpflichtung geht.

Wenn dies aber der materiell- rechtliche Kern ist, dann muss sich prozessual der Umfang der Darlegungs- und Beweislast genau daraus ergeben, vgl. BGH, Urt. v. 02.10.1991 (VIII ZR 240/90) = NJW-RR 1992, 183.

Der Hinweis auf gerichtliche Sachverständigengutachten im Schadensrecht trägt m. E. nicht. Dort gibt es Gutachten zur Schadensverursachung (Klärung der Schuldfrage) und Gutachten zur Ermittlung der Schadenshöhe. Dabei kommt es wohl nie auf die nur einer Partei bekannten Tatsachen (Kalkulationsgrundlagen) an. Wieso Sie meinen, es käme ggf. auch ein Urkundenbeweis in Betracht, ist nicht ersichtlich. Wenn dies so wäre, müssten solche Urkunden im Verfahren vorgelegt und aufgeboten werden.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: superhaase am 06. Oktober 2008, 15:15:23
Zitat
Original von Black
Bislang genügte dem Gericht ein Tatsachenvortrag, die Bezugskosten hätten sich um X % erhöht, was der Weitergabe im Rahmen der Anpassungen entspricht und es zu keinen sonstigen Einsparungen kam.
Sehn\'se, und ich dachte über dieses falsche Sichtweise waren wir schon hinweg gekommen.
Nun müssen wir uns doch wieder an der immergleichen Vorfrage (der Gretchenfrage?) hochziehen.
Oder war die gar noch nicht abschließend ausdiskutiert?
So täuscht man sich.... ;)

ciao,
sh
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: Black am 06. Oktober 2008, 15:44:43
Zitat
Original von superhaase
Zitat
Original von Black
Bislang genügte dem Gericht ein Tatsachenvortrag, die Bezugskosten hätten sich um X % erhöht, was der Weitergabe im Rahmen der Anpassungen entspricht und es zu keinen sonstigen Einsparungen kam.
Sehn\'se, und ich dachte über dieses falsche Sichtweise waren wir schon hinweg gekommen.

Im Elfenbeinturm dieses Forums vielleicht, Gerichte sehen das (so wie die Frage der Kontrolle des Ausgangspreises) bislang anders.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 06. Oktober 2008, 16:03:46
@Black

Unter anderem das Kammergericht Berlin [B. v. 12.02.08] und das LG Erfurt [B. v. 23.09.2008] sehen das Erfordernis, die Entwicklung der Preiskalkulation darzulegen bzw. offenzulegen und ggf. unter Beweis zu stellen. Die 2.Kammer für Handelssachen des LG Gera wies in einer Verhandlung am 17.09.2008 darauf hin, dass in einem Sondervertrag ohne gültige Preisänderungsklausel der bei Vertragsabschluss vereinbarte Preis weiter gilt, es insoweit auf keine Billigkeitskontrolle ankommt. Das sind sicherlich keine Fragen eines Elfenbeinturms.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: tangocharly am 06. Oktober 2008, 20:37:12
Auch wenn es vielleicht langweilig ist, so hat der BGH in seinem Leitsatz vom 13.06.2007 nichts davon verlauten lassen wonach es schon ausreiche, dass nur die/eine Bezugskostensteigerung behauptet wird. In seinem Leitsatz Nr. 4d. wird das bemerkenswerte Wörtchen\" grundsätzlich\" verwendet. Nur liest es wohl keiner.

Neben Grundsätzen existieren Ausnahmen. Dies gehört zum Regelspiel, wonach die Darlegungs- und Beweislast im Zivilprozess abgestuft ist. Dazu existiert eine satte Reihe von höchstrichterlicher RSpr. Wenn es dem VIII. Senat mit diesem Kriterium um solche Abstufung gegangen ist (wovon ich ausgehe), dann kommt es zunächst für die Darlegungslast des Versorgers darauf an, dass eine solche Bezugskostensteigerung dargelegt (behauptet) wird.

Dann ist der Bekl. an der Reihe und hat diese Behauptung der Bezugskostensteigerung zu bestreiten. Würde sich das Bestreiten hierauf beschränken, dann könnte sich auf die Vorlage der Bezugskostenrechnungen beschränkt werden.

Wenn aber die Billigkeit des Preises vom Verbraucher bestritten und dabei umfassend vorgetragen wurde, worauf dieses Bestreiten beruht, dann wird hierdurch die Qualität der (abgestuften) Darlegungslast des Prozessgegners verändert.

Somit ist jetzt der Versorger an der Reihe, weil durch das Bestreiten der Billigkeit der Leistungsbestimmung über den Anstieg der Bezugskosten hinaus, seine Darlegungslast in die nächste Stufe geführt ist. In dieser Stufe kommt die Darlegung der Kostenstruktur ins Spiel (deren Erforderlichkeit  ja selbst der VIII. Senat schon seit dem Senatsurteil vom 02.10.1991 vertritt).

In diesem Stadium spielen Daten und Fakten eine Rolle, die sich der Kenntnis des Prozessgegners entziehen und über die nur der darlegungsbelastete Versorger verfügt. Wenn man dies anders ansehen wollte, so wäre der aussenstehende Verbraucher mit der Darlegungslast belastet, die er sicherlich niemals erfüllen könnte. Ein prozessualer Unfug.

Darin ist @Black aber zuzustimmen, dass dieses Prozessgeschehen den Prozessstoff dann gewaltig aufbläht. Doch die erwähnten 100 Seiten werden dann auch nicht mehr reichen, da die Klageschriften ohne Darlegung der Kostenstrukturen sonst auch schon zwischen 30-50 Seiten umfassen.

Es existieren ja auch durchaus erstinstanzliche Entscheidungen, die sich gerade noch vor der Entscheidung des VIII. Senats vom 13.06.2007 mit den Problemen dieses Elementes der Darlegungslast beschäftgt haben. Dabei kann auf LG Duisburg, 10.05.2007, Az.: 5 S 76/06 (http://www.justiz.nrw.de/ses/nrwesearch.php) verwiesen werden (dort in der Suchmaske unter Eingabe von Gericht, Entscheidungsdatum und Aktenzeichen weitersuchen).

In der genannten Entscheidung setzt sich das Landgericht mit der Darlegungslast des Versorgers auseinander, wenn über den Bezugskostenanstieg hinaus die Billigkeit bestritten ist (Rn. 38 - 45).

Das genannte Gericht setzte sich auch mit dem Wechselspiel zwischen Behauptung einer Bezugskostensteigerung der einen Seite und deren Bestreiten durch die andere Seite auseinander, wenn es nur bei einem Bestreiten der Steigerung geblieben wäre  (Rn. 46 - 50).

Sodann es schließlich in div.Urteilsgründen lautet: \"der Versorger habe seine gestiegenen Bezugskosten dargelegt und diese sogar an den Verbraucher nicht einmal vollständig weiter berechnet, was für die Billigkeitsprüfung ausreiche\" (sil.: deutlich verkürzt), so wird dieser o.a. Leitsatz des VIII. Senats hierdurch vergewaltigt.
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: RR-E-ft am 07. Oktober 2008, 19:20:15
Das genannten Urteil des LG Duisburg vom 10.05.2007. (http://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/duisburg/lg_duisburg/j2007/5_S_76_06urteil20070510.html) (Revisionsentscheidung dazu soll am 19.11.2008 verkündet werden)

BGH, Urt. v. 18.10.2007 - III ZR 277/06 Rn. 28 f.:

Zitat
Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht die Darlegungslast nicht verkannt.

Es ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Klägerin als Bestim-mungsberechtigter nach allgemeinen prozessualen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast für die Billigkeit der getroffenen Bestimmung obliegt (vgl. BGHZ 41, 271, 279; Senat, BGHZ 115 aaO S. 322; BGH, Urteil vom 30. April 2003 - VIII ZR 279/02 - NJW 2003, 3131, 3132 unter II. 2. a); Clausen aaO S. 126 ff; Giesberts/Sieberg, ZLW 2005, 181, 183 f; jew. m.w.N.).

BGH, aaO., Rn. 33:

Zitat
Die Anforderungen an die Substanziierungslast des Bestreitenden hängen davon ab, wie substanziiert der darlegungsbelastete Gegner - hier die Klägerin - vorgetragen hat. In der Regel genügt gegenüber einer Tatsachenbehauptung des darlegungsbelasteten Klägers das einfache Bestreiten des Be-klagten. Ob und inwieweit die nicht darlegungsbelastete Partei ihren Sachvortrag substanziieren muss, lässt sich nur aus dem Wechselspiel von Vortrag und Gegenvortrag bestimmen, wobei die Ergänzung und Aufgliederung des Sachvortrags bei hinreichendem Gegenvortrag immer zunächst Sache der darlegungs- und beweisbelasteten Partei ist (BGH, Urteile vom 30. September 1993 -VII ZR 178/91 - NJW 1993, 3196 unter III. 1.; vom 11. Juli 1995 - X ZR 42/93 - NJW 1995, 3311, 3312 unter II. 3.; vom 3. Februar 1999 - VIII ZR 14/98 - NJW 1999, 1404, 1405 unter II. 2. b) aa); jew. m.w.N.).

BGH, aao. Rn. 39

Zitat
Bei der Billigkeitskontrolle der in Rede stehenden Entgeltanhebung kommt dem Grundsatz der Kostendeckung besondere Bedeutung zu. Die Preiskontrolle der von der Klägerin einseitig festgesetzten Flughafenentgelte hat sich - ähnlich wie bei anderen Entgelten im Bereich der Daseinsvorsorge - am Kostenbezug der geforderten Entgelte zu orientieren (vgl. Senatsurteil BGHZ 115 aaO S. 318; BGH, Urteile vom 2. Oktober 1991 aaO S. 185 unter III 2. a); vom 21. September 2005 aaO S. 135 unter II. 2. b); Landgericht Berlin aaO S. 480; ZLW 2006, 475, 478; Clausen aaO S. 90 ff m.w.N.; von Einem, Die Liberalisierung des Marktes für Bodenabfertigungsdienste auf den Flughäfen in Europa S. 201; Giesberts/Sieberg aaO ZLW 2005 S. 183; Hoffmann/ Grabherr, Luftverkehrsgesetz Stand Mai 2006 § 6 Rn. 173 zur Prüfung des Antrags auf Genehmigung der Entgelte nach § 43 Abs. 1, § 53 Abs. 1 LuftVZO).

Über die Deckung der Kosten der Leistung sowie der Vorhaltung der dazu notwendigen Anlagen hinaus steht dem Flughafenbetreiber auch ein Gewinn zu, aus dem er die erforderlichen Rücklagen bilden und Investitionen tätigen kann (EuGH, Beschluss vom 16. Oktober 2003 aaO S. 86 f Rn. 56; Senatsurteil vom 24. November 1977 aaO S. 147 unter A. II. 5.; vgl. BGH, Urteil vom 2. Oktober 1991 aaO S. 185 unter III. 2. a) m.w.N.; Land-gericht Berlin, ZLW 2001 aaO S. 481; Clausen aaO S. 91).
Titel: Kontrolle des Gesamtpreises
Beitrag von: PLUS am 06. Dezember 2010, 11:34:51
Zitat
Original von Black
Oft wird in diesem Forum die Rechtsansicht vertreten, der Energieversorger sei im Rahmen der Billigkeitsprüfung verpflichtet auch den Ausgangspreis bzw. den aktuellen Gesamtpreis- und nicht nur streitige Preisanpassungen-offenzulegen.

Das entsteht so nebenbei im Zuge der EEG-Umlagenerhöhung eine neue Definition des Ausgangspreises z.B.:

Zitat
Die Ausgangspreise sind bis zum 31.12.2011 garantiert. Der Ausgangspreis enthält den Energiepreis, die Kosten für Messstellenbetrieb und Messung - soweit diese Kosten dem Lieferanten in Rechnung gestellt werden - sowie für die Abrechnung, das an den Netzbetreiber abzuführende Netzzugangsentgelt (einschließlich Blindstrom, aber ohne die separat nach Ziff. 6.4 der AGB berechneten, vom Netzbetreiber erhobenen Zuschläge nach dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG)) sowie die Konzessionsabgaben. Der Ausgangspreis erhöht sich jeweils um folgende Belastungen in der jeweils geltenden Höhe: • Belastungen aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) gem. Ziff. 6.3 der AGB (EEG-Umlage für das Kalenderjahr 2011: netto 3,530 Cent/kWh, voraussichtlicher Anteil des nach dem EEG vergüteten Stroms am voraussichtlichen gesamtdeutschen Strommix in 2011: 24,029%) • Belastungen  aus  dem  Gesetz  zum  Schutz  der  Stromerzeugung  aus  Kraft-Wärme-Kopplung (KWKG) (KWKG-Zuschlag  für  das  Kalenderjahr  2011: netto 0,030 Cent/kWh) gem. Ziffer 6.4 der AGB. Hinweis: Soweit der Netzbetreiber für den Lieferzeitraum im Zusammenhang mit dem KWKG-Zuschlag nachträglich eine Endabrechnung vornimmt, wird der sich ergebende Differenzbetrag dem Kunden erstattet oder nachberechnet, sofern dieser Betrag über  € 20,00 liegt. • Regelsatz der Stromsteuer gem. Ziffer 6.5 der AGB (derzeit netto 2,05 Cent/kWh) • gesetzliche Mehrwertsteuer (derzeit 19%) Ändern sich die oben genannten Belastungen, ändern sich die Bruttopreise entsprechend. ...

... und wieder von vorne. Die \"uralten\" Fragen: Was ist mit Preissenkungen aufgrund von Kosteneinsparungen, Senkung der Bezugskosten? - Billigkeit - Inhaltskontrolle?