Forum des Bundes der Energieverbraucher

Energiepreis-Protest => W => Stadt/Versorger => WVV - Würzburger Versorgungs- und Verkehrs-GmbH => Thema gestartet von: nomos am 17. Juli 2009, 11:18:11

Titel: Würzburger Energiepreise vor gerichtlicher Billigkeitsprüfung und mehr ...
Beitrag von: nomos am 17. Juli 2009, 11:18:11
Zitat
120 000 Kunden beziehen Strom, 45 000 Gas und 22 000 Wasser von den Würzburger Stadtwerken. Weniger als ein halbes Prozent ist mit der Preisgestaltung des Kommunalunternehmens nicht zufrieden und behält entweder Abschlagszahlungen ein, oder wehrt sich gegen Preiserhöhungen. Jetzt hat ein Kunde aus Zell, der seit dem Jahr 2005 für seine Energielieferungen überhaupt nichts mehr zahlt, einen Teilerfolg vor dem Würzburger Amtsgericht erstritten.
Titel: Würzburger Energiepreise vor gerichtlicher Billigkeitsprüfung und mehr ...
Beitrag von: Pedro am 17. Juli 2009, 12:14:49
Vielleicht schicken Sie der Redaktionsleitung des \'\'unabhängigen Artikelschreibers\'\' mal die Veröffentlichung der Verbraucherberatung BW zur Bedeutung der Gaspreis-Protest-Initiativen und ihren \'\'0,5 % unzufriedenen Kunden.\'\' Es kann ja sein, dass dort die Pressemitteilungen der VZ-BW nicht gelesen werden.   ;)
Titel: Würzburger Energiepreise vor gerichtlicher Billigkeitsprüfung und mehr ...
Beitrag von: Lothar Gutsche am 25. April 2010, 12:29:36
Vor gut zwei Jahren, am 28.3.2008, hatte ich in dem Thread „Stadtwerke Eschwege“-„Strompreise und § 315 BGB“ unter http://forum.bdev.de/thread.php?postid=54013#post54013 (http://forum.bdev.de/thread.php?postid=54013#post54013) über meine Erfahrungen aus Würzburg berichtet, mit Hilfe der zuständigen Behörden die Preisgestaltung der örtlichen Stadtwerke zu prüfen. Der Fall Stadtwerke Eschwege liefert eines meiner zentralen Argumente in meinem Streit mit den Stadtwerken Würzburg.

Die Kommunalaufsicht versagte Ihren Dienst: weder Stadtrat noch Regierung von Unterfranken noch das Bayerische Innenministerium waren bereit, beim Kommunalunternehmen Stadtwerke Würzburg die Quersubvention des öffentlichen Nahverkehrs aus überhöhten Energiepreisen zu beenden. Was davon zu halten ist, habe ich am 15.11.2008 in einem ausführlichen Artikel unter http://www.cleanstate.de/allgemeine_Verfassungswidrigkeit_der_Quersubventionierung.pdf (http://www.cleanstate.de/allgemeine_Verfassungswidrigkeit_der_Quersubventionierung.pdf) veröffentlicht.

Die Finanzbehörden versagte ihren Dienst: vom Finanzamt Würzburg über das Bayerische Landesamt für Steuern bis hin zum Bayerischen Finanzministerium wollte keiner im überteuerten Einkauf von Gas eine verdeckte Gewinnausschüttung an den Stadtwerke-Aktionär E.ON bzw. in der Quersubventionierung eine verdeckte Gewinnausschüttung an den Stadtwerke-Aktionär Stadt Würzburg erkennen.

Die Staatsanwaltschaft Würzburg, als Schwerpunktstaatsanwaltschaft zuständig für die Verfolgung von Wirtschafts- und Steuerstrafsachen in den Landgerichtsbezirken Aschaffenburg, Schweinfurt und Würzburg, konnte in den verlustreichen Zinsderivatgeschäften der Stadtwerke Würzburg keine Untreue erkennen. Einen ganz anderen Eindruck vermittelt das Urteil 4 U 92/08 des OLG Bamberg vom 11.5.2008 zu dem Zivilstreit um Schadenersatz zwischen den Stadtwerken und der Deutschen Bank, siehe im Detail http://www.betriebs-berater.de/nachrichten/pages/show.php?timer=1249938640&deph=0&id=65499 (http://www.betriebs-berater.de/nachrichten/pages/show.php?timer=1249938640&deph=0&id=65499), wo z. B. von „massiven Sorgfaltspflichtverletzungen“ die Rede ist. Die Strafvereitelung im Amt und Rechtsbeugung durch die Staatsanwaltschaft Würzburg wird von der Generalstaatsanwalt Bamberg gedeckt, spätestens seitdem am 1.7.2009 der frühere Leiter der Würzburger Behörde zum Generalstaatsanwalt in Bamberg befördert wurde.

Das Bundeskartellamt verweigerte 2007 und 2009 ein Eingreifen, als ich die Minderheitsbeteiligungen von E.ON an den Stadtwerken als kartellrechtliches Problem im Sinne von § 19 GWB und von § 1 GWB anzeigte. Mit der Entscheidung KVR 60/07 – E.ON/Stadtwerke Eschwege hat der Bundesgerichtshof am 11.11.2008 festgestellt, dass es der Geschäftsstrategie der E.ON AG entspricht, an zahlreichen Stadtwerken oder sonstigen Stromversorgern Minderheitsbeteiligungen zu erwerben, um auf diese Weise ihre Absatzgebiete zu sichern und den Wettbewerb einzuschränken. Doch sowohl das Bundeswirtschaftsministerium als auch die EU-Kommission deckten die Untätigkeit der Kartellbehörde. Bezeichnenderweise wechselte der Referatsleiter, der in Brüssel meinen Fall bearbeitet hatte, wenige Wochen nach seiner Antwort an mich von der Generaldirektion Wettbewerb zu einer Brüsseler Anwaltskanzlei, die für ihre Klienten aus der Industrie bei der EU Lobbyarbeit betreibt.

Die bisherigen Erfolge, mit denen sich auch der Bund der Energieverbraucher schmückt, beziehen sich im Wesentlichen auf Sonderverträge und beruhen letztlich \"nur\" auf einer juristischen Formalität mit unwirksamen Preisanpassungsklauseln. Die eigentlichen wirtschaftlichen Hintergründe und speziell die Rolle von E.ON, RWE, Vattenfall und EnBW bleiben völlig im Dunkeln. Die Preise an sich und die zu Grunde liegenden Kosten der Energieversorgung wurden nie in echten Billigkeitsprozessen nach § 315 BGB geprüft, wenn man von dem lokalen Erfolg am Landgericht Köln unter Az 90 O 41/07 vom 14.8.2009 absieht, vgl. http://forum.energienetz.de/thread.php?threadid=12406&hilight=K%F6ln (http://forum.energienetz.de/thread.php?threadid=12406&hilight=K%F6ln). Aus unerfindlichen Gründen teilt der Bund der Energieverbraucher auch nicht meine Kritik am Kartellrechtsverständnis des VIII. Zivilsenats, der mit dem Urteil VIII ZR 138/07 vom 19.11.2008 den Willen des Gesetzgebers in sein Gegenteil verkehrt, vgl. http://www.cleanstate.de/Kartellrecht_und_Billigkeit_laut_VIII_%20Senat_BGH.pdf (http://www.cleanstate.de/Kartellrecht_und_Billigkeit_laut_VIII_%20Senat_BGH.pdf). Vermutlich passt es nicht zum Weltverständnis beim Bund der Energieverbraucher, dass die Energiepreise ein Beleg für schwerste Defizite in unserer Demokratie und speziell in der Justiz sind.Wir hatten in Deutschland schon einmal eine Justizkrise mit einer Wirtschaftskrise, siehe http://www.derhistoriker.de/weimar/00+Politische_Justiz_in_der_Weimarer_Republik.pdf (http://www.derhistoriker.de/weimar/00+Politische_Justiz_in_der_Weimarer_Republik.pdf). Heute sind Teile der Justiz offenbar direkt vom Großkapital abhängig. Die Antworten der Bundesregierung vom 18.3.2010 zur Beförderung und Besoldung der Richter sowie zur Weisungsabhängigkeit der Staatsanwälte passen zu diesem Bild, vgl. Bundestags-Drucksache 17/1097 (http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/010/1701097.pdf) zu einer Anfrage der Linken über die Umsetzung der Resolution 1685 der Parlamentarischen Versammlung des Europarats.


Formal handelt es sich bei dem Prozess der Stadtwerke Würzburg um einen Zivilprozess gegen mich als einen zahlungsunwilligen Energiekunden. In den Jahren 2005 und 2006 hatte ich die Preise für Strom und Gas unter Hinweis auf § 315 BGB nur gekürzt, seit Ende 2006 zahle ich überhaupt nichts mehr für Strom, Gas und Trinkwasser. Ich verlangte mit einem umfangreichen Fragenkatalog, die Billigkeit der Preise nachzuweisen. Tatsächlich geht es in dem Verfahren um den Einfluss der Stadt Würzburg und E.ONs auf die Energie- und Trinkwasserpreise. Im Kern der Auseinandersetzung stehen Kartelldelikte, Untreue durch überteuerten Einkauf, Steuerhinterziehung durch verdeckte Gewinnausschüttung, Untreue durch Zinsderivatgeschäfte, die sich alle auf die Preise für Energie und Trinkwasser auswirken. Damit steht auch die Untätigkeit der oben genannten Behörden vor Gericht. Sämtliche Schriftsätze aus den ersten beiden Instanzen am Amtsgericht Würzburg und am Landgericht Würzburg stehen im Internet bei der Würzburger Kanzlei Bohl & Collegen unter http://www.ra-bohl.de/html/strompreise.html (http://www.ra-bohl.de/html/strompreise.html) als pdf-Dokumente zum Download bereit. Der zentrale Schriftsatz stammt vom 18.2.2009, siehe http://www.ra-bohl.de/Schriftsatz_18.02.09.pdf (http://www.ra-bohl.de/Schriftsatz_18.02.09.pdf), und ist wie folgt gegliedert:

1. Strompreis
    1.1 Benchmark des Pestel-Instituts
    1.2 Preisdifferenzierung Tarifabnehmer - Geschäftspartner
    1.3 Preisvergleich Sondervertrag – Grundversorgung
    1.4 Marktanteilsverluste durch Kundenwechsel
    1.5 Einpreisung der CO2-Zertifikate
2. Gaspreis
    2.1 Preisdifferenzierung Kraftwerksgas – Haushaltskunden
    2.2 Akzeptanz von Preiserhöhungen größer als Anstieg der Erdgasimportpreise
    2.3 Preisvergleich Grundversorgung – Sonderverträge
    2.4 Stadtwerke-Beteiligung von E.ON
    2.5 Kartellrechtswidrigkeit der Gasbezugsverträge
    2.6 Zeitpunkt der Einführung von Sonderverträgen
    2.7 Marktanteilsverluste durch Kundenwechsel
3. Wasserpreis
    3.1 Quersubvention des Dallenbergbades
    3.2 Finanzierung der Verluste aus Zinsspekulationen
4. produktübergreifende Belege für Preismissbrauch
    4.1 Ineffizienzen im Netzbetrieb
    4.2 Verlust aus Zinsspekulationsgeschäften
    4.3 Höhe der Eigenkapitalrendite
    4.4 Verwendung der Gewinne zur Quersubventionierung ÖPNV

Die Argumente aus diesem Schriftsatz wurden später immer wieder vertieft und mit aktuellen Urteilen des BGH und Entscheidungen des Bundeskartellamtes erweitert. Doch die grundsätzliche Linie zum Nachweis der Kartellrechtswidrigkeit der Preise steckt in dem Schriftsatz vom 18.2.2010.


Mit Beschluss vom 8.4.2010 unter Aktenzeichen 30 C 2420/08 erklärte sich das Amtsgericht Würzburg für sachlich unzuständig und verwies den Rechtsstreit an das Landgericht Nürnberg-Fürth. Damit folgte das Amtsgericht dem Urteil des Landgerichts Würzburg, das am 17.3.2010 unter Aktenzeichen 42 S 1337/09 die erste Instanz nach § 538 Abs. 1 Nr. 2 ZPO aufhob und an die 1. Instanz mit der Auflage zurückverwies, den Rechtsstreit an das sachlich zuständige Kartellgericht zu verweisen, siehe http://www.ra-bohl.de/Urteil_LG_Wurzburg.pdf (http://www.ra-bohl.de/Urteil_LG_Wurzburg.pdf). In Nürnberg-Fürth steht also ein höchst interessanter Prozess bevor. Über den Fortgang des Verfahrens werde ich hier, bei der Kanzlei Bohl & Collegen, in der Würzburger Lokalpresse und bei Cleanstate berichten.

Mit freundlichen Grüßen
Lothar Gutsche
Email: Lothar.Gutsche@arcor.de
Titel: Würzburger Energiepreise vor gerichtlicher Billigkeitsprüfung und mehr ...
Beitrag von: Stubafü am 25. April 2010, 23:56:12
@Lothar Gutsche
Zitat
Die bisherigen Erfolge, mit denen sich auch der Bund der Energieverbraucher schmückt, beziehen sich im Wesentlichen auf Sonderverträge und beruhen letztlich \"nur\" auf einer juristischen Formalität mit unwirksamen Preisanpassungsklauseln.
Die eigentlichen wirtschaftlichen Hintergründe und speziell die Rolle von E.ON, RWE, Vattenfall und EnBW bleiben völlig im Dunkeln.
 
Da ist was dran, wenn man dem erlauchten Vorstand des BDEV per Fax am 28.02.2010
ein von der Handelskammer des LG Frankenthal beauftragtes \"Gutachten\" in einem
klassischen \"Billigkeitsverfahren\" mit dem ausdrücklichen Hinweis der Veröffentlichungs-
Möglichkeit hier im Forum zukommen läßt und der BDEV-Vorstand bis heute noch nicht
einmal darauf geantwortet hat.

Wirtschaftliche Risiken bestanden für den BDEV nicht,
da die Rechtschutzversicherung des Beitragsverfassers (und BDEV-Mitglieds)
Rechtschutzzusage erteilt und er aus diesem Grunde auch keinen Solidarbeitrag in den
BDEV-Rechtsschutzfonds geleistet hat und somit auch in dieser Hinsicht keine Angstschweißzustände beim Vorstand des BDEV auslösen konnte. Nehme an, dass wohl aus diesem Grunde bislang keine Reaktion seitens des BDEV-Vorstandes
respektive von deren Rechtsberater-Gurus erfolgt ist.

Interessant für die hiesigen Forenmitglieder wäre es schon gewesen, das og. \"Gutachten\" hier zu veröffentlichen, zumal evident ist, dass dann (durch einen kleinen Blick auf die Homepage der Pfalzgas GmbH) festgestellt worden wäre, dass für die streitgegenständlichen Verbrauchsjahre 2005-2008

a)
\"Umsatzerlöse und Bezugskosten im Gutachten von den veröffentlichten Zahlen
  erheblich abweichen\" (40%) undb) sich hieraus denknotwendigerweise die Tatsache
ergibt , dass die klagende Pfalzgas GmbH entweder wahrheitswidrige Angaben
in den og. Jahresabschlüssen veröffentlicht oder aber dem gutachtenden ehemaligen
Geschäftsführer der Heidelberger Stadtwerke buchhalterisch ein falsches Zahlenwerk
zur Einsichtnahme vorgelegt und dann zu den unter gar keinen Gesichtspunkten
nachvollziehbaren \"Feststellungen\" des \"Gutachters\" auf S. 19 seines Gutachtens geführt haben:
\"eine Kostenminderung in anderen Bereichen auf Basis der geprüften und testierten
 Jahresabschlüsse sowie meinen zusätzlichen Analysen (die bislang weder dem Gericht noch den Parteien vorliegen) nicht festzustellen ist\".Wenn man einmal davon absieht, dass dies eigentlich ein klarer Fall für denStaatsanwalt ist, haben die vorzitierten Schriftsatzzitate des Beitragsverfassers(nicht die seines RA) die Richterdame doch aufgeschreckt und noch am selben Tagdes Schriftsatzeingangs hat sie einen Beschluss dergestalt verkündet, dass sie darandenkt, die oben beschriebenen Feststellungen des Beitragsverfasser einer umgehenden Klärung zuzuführen.
Ich will hier den werten Forenmitgliedern weiteren hahnebüchenen Unsinn des
\"Gutachtens\" ersparen, vielleicht kommen die BDEV-Rechtsgurus von selbst darauf
und veröffentlichen diesen nachträglich hier im Forum als nützliche Hinweise für ihre streitenden Mitglieder, wie man solchen kriminellen Unsinn rechtlich bekämpft.

Eines hatte das og. \"Geschäftsführer-Gutachten\" aber dennoch zutreffend festgestellt: Es kommt zu dem Ergebnis, dass der Beitragsverfasser aktenkundig
Sondervertragskunde und nicht Tarifkunde ist.

Aber davon will die Handelskammer nichts wissen, denn dies widerspricht ihrem entgegengesetzt lautendendem Gerichtsbeschluss; wenn ein pfälzisches Landgericht entgegen der Akten- und Rechtslage verkündet, das der Beitragsverfassers Tarifkunde ist, dann hat er es auch gefälligst zu sein.

Viele Grüsse an die sachlichen Forenmitglieder und insbesondere an Lothar Gutsche,
der -wie üblich- brillianten Beitrag leistet, was man von den langatmigen
Beiträgen der BDEV-Rechtsgurus nicht sagen kann.

HJL
Titel: Würzburger Energiepreise vor gerichtlicher Billigkeitsprüfung und mehr ...
Beitrag von: jofri46 am 26. April 2010, 18:32:41
@Stubafü

In einem mir vorliegenden ebenfalls von einem Gericht beauftragten Gutachten lese ich am Ende:

\"Zusatz: Gutachten sind urheberrechtlich geschützt. Eine anderweitige Verwendung als durch den Auftraggeber ist gesetzlich nicht zulässig.\"

Möglicherweise liegt darin der Grund, bei der Veröffentlichung hier zurückhaltend zu sein.
Titel: Würzburger Energiepreise vor gerichtlicher Billigkeitsprüfung und mehr ...
Beitrag von: Stubafü am 26. April 2010, 20:39:57
@jofri46
Zitat
\"Zusatz: Gutachten sind urheberrechtlich geschützt. Eine anderweitige Verwendung als durch den Auftraggeber ist gesetzlich nicht zulässig.\"

Möglicherweise liegt darin der Grund, bei der Veröffentlichung hier zurückhaltend zu sein.

Möglicherweise ja; der Passus in dem hier angesprochenen Gutachten lautet jedoch anders. Auftraggeber ist die Kammer f. Handelssachen (wie in dem Verfahren vor dem LG Köln) und mit deren Weitergabe an die Parteien ohne irgendeinen gerichtlichen Weitergabe-Verbotshinweis könnte veröffentlicht werden (meinetwegen ohne Gutachter-Schriftkopf).

Aber das steht auf einem anderen Papier, zumal der BDEV das Gutachten Canty (LG Köln) auch nahezu vollständig zitiert hat, unbeachtet des dort ausgewiesenen Weitergabe-Verbotshinweises.

Beschämend ist jedenfalls die Tatsache, dass der persönlich angesprochene BDEV-Vorstand (der im Anfangsschriftverkehr reges Interresse an kurzer Verfahrenberichterstattung bekundet hat), es nach 2-monatiger Abtauchstation
noch nicht einmal für opportun hält, auf das diesseitige Schreiben zu antworten.

HJL
Titel: Würzburger Energiepreise vor gerichtlicher Billigkeitsprüfung und mehr ...
Beitrag von: RR-E-ft am 26. April 2010, 21:01:28
Zitat
Original von Stubafü
Möglicherweise ja; der Passus in dem hier angesprochenen Gutachten lautet jedoch anders. Auftraggeber ist die Kammer f. Handelssachen (wie in dem Verfahren vor dem LG Köln) und mit deren Weitergabe an die Parteien ohne irgendeinen gerichtlichen Weitergabe-Verbotshinweis könnte veröffentlicht werden (meinetwegen ohne Gutachter-Schriftkopf).

Aber das steht auf einem anderen Papier, zumal der BDEV das Gutachten Canty (LG Köln) auch nahezu vollständig zitiert hat, unbeachtet des dort ausgewiesenen Weitergabe-Verbotshinweises.

Beschämend ist jedenfalls die Tatsache, dass der persönlich angesprochene BDEV-Vorstand (der im Anfangsschriftverkehr reges Interresse an kurzer Verfahrenberichterstattung bekundet hat), es nach 2-monatiger Abtauchstation
noch nicht einmal für opportun hält, auf das diesseitige Schreiben zu antworten.

HJL

@Stubafü

Sie wollen dem Verein ein gerichtliches Sachverständigengutachten zugeleitet haben. Sie erwarten, dass der Verein ein solches - nach Ihren Angaben fragwürdigen Inhalts - veröffentlicht, zudem sich jemand dieses ansieht und die darin enthaltenen Angaben mit anderweitigen Veröffentlichungen des betroffenen Versorgers abgleicht und dann zügig eine qualifizierte Stellungnahme dazu verfertigt, diese möglichst auch veröffentlicht, unentgeltlich versteht sich wohl von selbst. Am besten wäre, wenn man den Gutachter oder diejenigen, die für die Lieferung der für die Gutachtenerstellung notwendigen Daten verantwortlich zeichnen, deshalb öffentlich der Begehung von Straftaten bezichtigen könnte/ würde....

Möglicherweise erscheint eher eine entsprechende Erwartungshaltung beschämend. Wenn für jemanden die Veröffentlichung des Hinweisbeschlusses und des Urteil des LG Köln hilfreich war, dann sollte er hier nicht öffentlich rumposaunen, es wäre aus einem anderen Sachverständigengutachten unter Missachtung eines Weitergabe- Verbots umfassend zitiert worden. Das zeigt dann eigentlich nur, dass einige nicht damit umgehen können, wenn ihnen entsprechende Informationen (hier: Hinweisbeschlüsse/ Urteile) zugänglich gemacht wurden. Aus einem anderen gerichtlichen Sachverständigengutachten wurde nicht zitiert, sondern dessen Methodik analysiert. Siehste hier.  (http://www.energieverbraucher.de/de/site/Preisprotest/News/aus-2009__2595/ContentDetail__10196/)
Titel: Würzburger Energiepreise vor gerichtlicher Billigkeitsprüfung und mehr ...
Beitrag von: courage am 26. April 2010, 21:07:20
@Lothar Gutsche

Aus Ihrem  Schriftsatz (http://www.ra-bohl.de/html/strompreise.html) vom 20.10.2009

Zitat
2.2 Billigkeitsprüfung der Preisbestimmung
Der Beklagte erkennt an, dass eine Fortführung des Vertrages für die Klägerin nicht mehr zumutbar ist, wenn ihr wegen Unwirksamkeit der Preisänderungsklausel kein Recht zusteht, die Strompreise bei gestiegenen Kosten zu erhöhen. Der Beklagte erkennt an, dass ein Verbot jeglicher Preisanpassung den Interessen der Klägerin nicht mehr in vertretbarer Weise Rechnung trägt. Deshalb gesteht der Beklagte der Klägerin im Sinne einer ergänzenden Vertragsauslegung ein einseitiges Bestimmungsrecht zu, um ihre Strompreise festzusetzen. …

Als Ergebnis dieser Überlegung ist festzuhalten, dass der Klägerin mit Zustimmung des Beklagten ein einseitiges Recht zur Preisbestimmung zugestanden wird und dass diese Preisbestimmung dem Maßstab der Billigkeit im Sinne von § 315 BGB genügen muss.
Somit findet eine Prüfung des Gesamtpreises - und nicht nur der Preiserhöhung - auf Billigkeit statt.
Auf die Idee muss man erst mal kommen, Respekt. Allerdings unter Verzicht auf die gute Gewinnchance bei unwirksamer Preisänderungsklausel in Ihrem Sondervertrag.

Ich hoffe für Sie, dass das Gericht da mitspielt und wünsche Ihnen weiterhin viel Energie und Ausdauer. Ihre Ausarbeitungen halte ich für sehr wertvoll.
Titel: Würzburger Energiepreise vor gerichtlicher Billigkeitsprüfung und mehr ...
Beitrag von: Stubafü am 26. April 2010, 22:11:29
@RR-E-ft
 
Zitat
Sie wollen dem Verein ein gerichtliches Sachverständigengutachten zugeleitet haben. Sie erwarten, dass der Verein ein solches - nach Ihren Angaben fragwürdigen Inhalts - veröffentlicht, zudem sich jemand dieses ansieht und die darin enthaltenen Angaben mit anderweitigen Veröffentlichungen des betroffenen Versorgers abgleicht und dann zügig eine qualifizierte Stellungnahme dazu verfertigt, diese möglichst auch veröffentlicht, unentgeltlich versteht sich wohl von selbst. Am besten wäre, wenn man den Gutachter oder diejenigen, die für die Lieferung der für die Gutachtenerstellung notwendigen Daten verantwortlich zeichnen, deshalb öffentlich der Begehung von Straftaten bezichtigen würde....

Möglicherweise erscheint eher eine entsprechende Erwartungshaltung beschämend. Wenn für jemanden die Veröffentlichung des Hinweisbeschlusses und des Urteil des LG Köln hilfreich war, dann sollte er hier nicht öffentlich rumposaunen, es wäre aus einem anderen Sachverständigengutachten unter Missachtung eines Weitergabe- Verbots umfassend zitiert worden. Das zeigt dann eigentlich nur, dass einige nicht damit umgehen können, wenn ihnen entsprechende Informationen (hier: Hinweisbeschlüsse/ Urteile) zugänglich gemacht wurden.
 

@RR-E-ft
 Ich verstehe hier überhaupt nicht weswegen Sie sich so alterieren; wenn hier jemand \"öffentlich rumposaunt\", dann doch wohl Sie und der betreffende Artikel des BDEV (\"Erstes Gutachten bestätigt Unbilligkeit ..... , .. LG Köln etc.\"), der wohl allen Festlandeuropäern zugänglich gemacht worden ist.Und ich sags Ihnen hiermit öffentlich noch einmal (soweit Ihre Apperzeptionsfähigkeit dies zuläßt): Es war von mir zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt, hier für nothing Rechtsberatung vom BDEV und schon gar nicht von Ihnen auf dem \"Gnadenweg zu erhalten\"; bisher ließen es meine finanziellen Mittel immer noch zu, einen Prozeß finanziell eigenständig zu stemmen und so werde ich es auch für die Zukunft halten. Vielleicht ist Ihnen aus dem schon zurückliegenden Thread des Beitragsverfassers entgangen, dass er zusätzlich zu einem hier in diesem Raum renommierten RA noch einen renommierte Wiprüf-Kanzlei eingeschaltet hat, die schon in der Lage und Willens sind die als Sachvortrag gepriesenen Gaunereien des Versorgers sachlich und fundiert auseinander zunehmen. Dazu benötige ich weder Sie noch den BDEV.Wenn der Beitragsverfasser auf ihr Mitwirken und das des BDEV Wert gelegt hätte,so wie Sie es jetzt darstellen, dann gute Nacht liebe Marie, dann wäre derBeitragsverfasser schon längst zum Berufungskläger seitens des LG Frankenthal \"geadelt\" worden.
Titel: Würzburger Energiepreise vor gerichtlicher Billigkeitsprüfung und mehr ...
Beitrag von: RR-E-ft am 26. April 2010, 22:27:48
Gemach, gemach. Was wollte denn der Beitragsverfasser dem geneigten Leser eigentlich sagen, wenn er doch von niemanden gar nichts wollte?

Zitat
Original von Stubafü

Da ist was dran, wenn man dem erlauchten Vorstand des BDEV per Fax am 28.02.2010 ein von der Handelskammer des LG Frankenthal beauftragtes \"Gutachten\" in einem klassischen \"Billigkeitsverfahren\" mit dem ausdrücklichen Hinweis der Veröffentlichungs- Möglichkeit hier im Forum zukommen läßt und der BDEV-Vorstand bis heute noch nicht einmal darauf geantwortet hat.

Wirtschaftliche Risiken bestanden für den BDEV nicht, da die Rechtschutzversicherung des Beitragsverfassers (und BDEV-Mitglieds) Rechtschutzzusage erteilt und er aus diesem Grunde auch keinen Solidarbeitrag in den BDEV-Rechtsschutzfonds geleistet hat und somit auch in dieser Hinsicht keine Angstschweißzustände beim Vorstand des BDEV auslösen konnte. Nehme an, dass wohl aus diesem Grunde bislang keine Reaktion seitens des BDEV-Vorstandes respektive von deren Rechtsberater-Gurus erfolgt ist.

Interessant für die hiesigen Forenmitglieder wäre es schon gewesen, das og. \"Gutachten\" hier zu veröffentlichen, zumal evident ist, dass dann (durch einen kleinen Blick auf die Homepage der Pfalzgas GmbH) festgestellt worden wäre, dass für die streitgegenständlichen Verbrauchsjahre 2005-2008

a)
\"Umsatzerlöse und Bezugskosten im Gutachten von den veröffentlichten Zahlen
  erheblich abweichen\" (40%) undb) sich hieraus denknotwendigerweise die Tatsache
ergibt , dass die klagende Pfalzgas GmbH entweder wahrheitswidrige Angaben in den og. Jahresabschlüssen veröffentlicht oder aber dem gutachtenden ehemaligen
Geschäftsführer der Heidelberger Stadtwerke buchhalterisch ein falsches Zahlenwerk zur Einsichtnahme vorgelegt und dann zu den unter gar keinen Gesichtspunkten nachvollziehbaren \"Feststellungen\" des \"Gutachters\" auf S. 19 seines Gutachtens geführt haben:
\"eine Kostenminderung in anderen Bereichen auf Basis der geprüften und testierten Jahresabschlüsse sowie meinen zusätzlichen Analysen (die bislang weder dem Gericht noch den Parteien vorliegen) nicht festzustellen ist\".Wenn man einmal davon absieht, dass dies eigentlich ein klarer Fall für denStaatsanwalt ist, haben die vorzitierten Schriftsatzzitate des Beitragsverfassers(nicht die seines RA) die Richterdame doch aufgeschreckt und noch am selben Tagdes Schriftsatzeingangs hat sie einen Beschluss dergestalt verkündet, dass sie darandenkt, die oben beschriebenen Feststellungen des Beitragsverfasser einer umgehenden Klärung zuzuführen.

Ich will hier den werten Forenmitgliedern weiteren hahnebüchenen Unsinn des \"Gutachtens\" ersparen, vielleicht kommen die BDEV-Rechtsgurus von selbst darauf und veröffentlichen diesen nachträglich hier im Forum als nützliche Hinweise für ihre streitenden Mitglieder, wie man solchen kriminellen Unsinn rechtlich bekämpft.

Der Beitragsverfasser  will wohl glauben machen, dass er nichts erwartet hat und es gleichwohl sehr beschämend findet, dass er bisher - entsprechend seiner vorgeblichen Erwartung - nichts bekommen hat.

Zitat
Original von Stubafü

Beschämend ist jedenfalls die Tatsache, dass der persönlich angesprochene BDEV-Vorstand (der im Anfangsschriftverkehr reges Interresse an kurzer Verfahrenberichterstattung bekundet hat), es nach 2-monatiger Abtauchstation
noch nicht einmal für opportun hält, auf das diesseitige Schreiben zu antworten.

HJL

Erwarten kann man doch aber wohl, dass unzutreffende Behauptungen zurückgenommen werden.

Zitat
Original von Stubafü
Aber das steht auf einem anderen Papier, zumal der BDEV das Gutachten Canty (LG Köln) auch nahezu vollständig zitiert hat, unbeachtet des dort ausgewiesenen Weitergabe-Verbotshinweises.

Zitat
Original von RR-E-ft
 Aus einem anderen gerichtlichen Sachverständigengutachten wurde nicht zitiert, sondern dessen Methodik analysiert. Siehste hier.  (http://www.energieverbraucher.de/de/site/Preisprotest/News/aus-2009__2595/ContentDetail__10196/)
Titel: Würzburger Energiepreise vor gerichtlicher Billigkeitsprüfung und mehr ...
Beitrag von: Stubafü am 26. April 2010, 23:53:44

@RR-E-ft

\" qui s’excuse, s’accuse (Gabriel Meurier)\".


Wünsche dem geneigten Leser und der liebenswürdigen Leserin
eine geruhsame Nacht.

Stubafü
Titel: Würzburger Energiepreise vor gerichtlicher Billigkeitsprüfung und mehr ...
Beitrag von: RR-E-ft am 04. Mai 2010, 17:15:57
Mainpost: Prozess wieder vollkommen offen (http://www.mainpost.de/lokales/wuerzburg/Energiekunde-verweigert-Zahlung;art780,5561934)
Titel: Würzburger Energiepreise vor gerichtlicher Billigkeitsprüfung und mehr ...
Beitrag von: Lothar Gutsche am 15. August 2010, 15:40:31
Zwischen mir und den Stadtwerken Würzburg gibt es einen Zivilprozess um ausstehende Rechnungsbeträge für Strom, Gas und Trinkwasser. Der bisherige Prozessverlauf ist bei der Würzburger Kanzlei Bohl und Collegen unter http://www.ra-bohl.de/html/strompreise.html (http://www.ra-bohl.de/html/strompreise.html) dokumentiert. Die Atmosphäre im Prozess, der gerade irgendwo zwischen dem Amtsgericht Würzburg und dem Kartellgericht Nürnberg-Fürth hängt, habe ich am 18.6.2010 durch eine Strafanzeige etwas aufgeladen. Denn das Inrechnungstellen der überhöhten Preise habe ich als Betrug angezeigt. Als wichtige Informationsquelle diente mir der Thread http://forum.energienetz.de/thread.php?threadid=12173 (http://forum.energienetz.de/thread.php?threadid=12173) aus dem Energienetzforum.

Über meine Strafanzeige berichtete mit einiger zeitlicher Verzögerung am 10.8.2010 das Main-Echo unter der Überschrift \"WVV: Kunde zeigt Vorstand wegen Betrugs an - Kommunalkonzern: Staatsanwaltschaft prüft Vorwurf überhöhter Preise bei Energie- und Trinkwasserversorgung\", siehe online unter http://www.main-netz.de/nachrichten/region/frankenrhein-main/franken/art4005,1306256 (http://www.main-netz.de/nachrichten/region/frankenrhein-main/franken/art4005,1306256). Wer eine Kopie dieser Strafanzeige haben möchte, kann sich per Email an mich wenden. Der Reiz an der Geschichte besteht darin, dass zahlreiche Sachverhalte jetzt sowohl zivilrechtlich als auch strafrechtlich geprüft werden müssen. In der Strafsache steht mir als Verletzter sogar ein Klageerzwingungsrecht nach § 172 StPO (http://dejure.org/gesetze/StPO/172.html) zu. Damit kann ich die bislang untätige oder rechtbeugend agierende Staatsanwaltschaft Würzburg umgehen und selbst eine Strafverfolgung gegen die Vorstände und Aufsichtsräte der Stadtwerke Würzburg durchsetzen. Denn die Preiserhöhungen der letzten Jahre übersteigen bei weitem das, was noch billig wäre.  

Viele Grüße
Lothar Gutsche
Email: Lothar.Gutsche@arcor.de
Titel: Würzburger Energiepreise vor gerichtlicher Billigkeitsprüfung und mehr ...
Beitrag von: RR-E-ft am 15. August 2010, 16:58:09
In einem Zivilprozess genügt es, die Billigkeit zu rügen. Kann der Versorger die Billigkeit nicht nachweisen, obsiegt der Kunde auch im Falle eines sog. non liquet.

Wenn man jedoch öffentlich die Unbilligkeit und strafbare Abrechnung überhöhter Tarife behauptet, dann kann man für diese dem Versorger und dessen Kreditwürdigkeit  abträgliche Tatsachenbehauptung plötzlich die Beweislast tragen.

Kann man die Richtigkeit dieser für den Versorger nachteiligen Tatsachenbehauptung nicht beweisen, kann man sich hierdurch selbst strafbar machen, etwa wegen Verleumdung oder übler Nachrede.

Mit bestimmten öffentlichen Behauptungen - etwa hier im Forum-  sollte man deshalb fein vorsichtig sein.

Zitat
Original von Lothar Gutsche
 Damit kann ich die bislang untätige oder rechtbeugend agierende Staatsanwaltschaft Würzburg umgehen und selbst eine Strafverfolgung gegen die Vorstände und Aufsichtsräte der Stadtwerke Würzburg durchsetzen. Denn die Preiserhöhungen der letzten Jahre übersteigen bei weitem das, was noch billig wäre.  

Viele Grüße
Lothar Gutsche
Email: Lothar.Gutsche@arcor.de

Der Beweis bestimmter Tatsachenbehauptungen steht aus.

Es ist nichts dafür ersichtlich, warum sich ein Kunde in die Lage begeben sollte, die Unbilligkeit und vor allem weitere Voraussetzung einer Strafbarkeit (unter anderem de notwendign Vorsatz) in einem Strafverfahren wegen Verleumndung und übler Nachrdede selbst beweisen zu müssen.

Auch wenn nach einer Strafanzeige Ermittlungen von der Staatsanwaltschaft aufgenommen werden, gilt bekanntlich die Unschuldsvermutung, auf die sich jeder Beschuldigter (auch Verantwortliche bei Sadtwerken) berufen kann.

Es wäre schade, wenn sich jemand überambitioniert selbst ins Unrecht begibt. Man sollte zuerst den Ausgang der Verfahren abwarten, bevor man sich öffentlich verbreitet.
Titel: Würzburger Energiepreise vor gerichtlicher Billigkeitsprüfung und mehr ...
Beitrag von: Lothar Gutsche am 15. August 2010, 18:25:25
Wenn wir in einem Rechtsstaat leben würden und nicht in einem Land, in dem die staatlichen Gewalten extrem miteinander verfilzt sind (Prof. Dr. Roman Herzog, Allgemeine Staatslehre, Athenäum Verlag 1971, Seite 235), wenn Staatsanwaltschaften ihren Auftrag erfüllen würden, wie es Recht und Gesetz und meine Erwartung als Bürger vorsehen, dann wäre Ihr Rat zutreffend, den Ausgang der Verfahren abzuwarten.  Da aber Staatsanwaltschaften politischen Weisungen unterliegen und leider oft zum Schutz von Parteifreunden das Recht beugen und Strafvereitelung im Amt begehen, besteht in der Öffentlichkeit die einzige Chance, das Recht in der Praxis durchzusetzen. Ohne medialen Druck gibt es in Deutschland fast überhaupt keine Strafverfolgung mehr, sobald Politiker oder hochrangige Manager beteiligt sind. Auch mit einem Zivilrichter am Amtsgericht Würzburg habe ich üble Erfahrungen gemacht, als es um die Preise der Stadtwerke Würzburg ging. Mit Rechtsstaatlichkeit, mit Bindung an Recht und Gesetz, hatte das Verfahren aus meiner Sicht nichts mehr zu tun.

Meine Aussage zur Untätigkeit und Rechtsbeugung der Staatsanwaltschaft Würzburg, immerhin Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftskriminalität in Unterfranken, bezieht sich auf mehrere Verfahren aus den Jahren 2006 - 2010 im Zusammenhang mit den Stadtwerken. Es ging u. a. um Untreue aus verlustreichen Zinsderivatgeschäften (http://forum.energienetz.de/thread.php?threadid=11961), um Untreue durch verdeckte Gewinnausschüttung an E.ON durch überteuerten Gaseinkauf, um Untreue durch Quersubventionierung zu Gunsten der Stadt Würzburg, um unrichtige Darstellungen der Geschäftslage nach § 331 HGB und § 400 AktG.

Der Vorsitzende Richter einer Landgerichtskammer für Wirtschaftsstrafrecht, dem ich meine Strafanträge und die Einstellungsbescheide der Staatsanwaltschaft gezeigt hatte, versicherte mir, dass die Staatsanwaltschaft hier bewusst nicht ermitteln will. Wer die Grundlagen der Vorsatzlehre und des Unternehmensrechts so entstellt, wie es die beteiligten Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft Würzburg und der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg getan haben, der betreibt offen Zwei-Klassen-Justiz. Für Rechtsbeugung genügt übrigens bedingter Vorsatz, den ich in den konkreten Einzelfällen nachweisen kann. Die umfangreichen Schriftwechsel mit den Strafverfolgungsbehörden werde ich im Laufe der Zeit online stellen, vermutlich aber nicht mehr in 2010.  

Meine Aussage, dass die Preiserhöhungen der letzten Jahre bei weitem das übersteigen, was noch billig wäre, bezieht sich darauf, dass das Ausmaß der Preisüberhöhung sowie die Art ihrer Begründung kartell- und strafrechtliche Grenzen überschreiten. Für diesen Teil obliegt mir die Beweislast, das ist mir klar. Die zivilrechtliche Auseinandersetzung wird über mehrere Instanzen gehen und die nächsten drei bis fünf Jahre in Anspruch nehmen. Für einen \"normalen\" Energiepreisprotestler genügt selbstverständlich das, was hier im Forum zu Preisanpassungsklauseln und Unbilligkeitskeitseinwand vorgetragen wird. Doch ich bin davon überzeugt, dass neben dem Zivilrecht auch das Kartellrecht und das Strafrecht herangezogen werden müssen, um Stadtwerke wie auch große Energiekonzerne zur Verantwortung zu ziehen. Nur das Strafrecht verspricht nachhaltige Verhaltensänderungen bei Managern, wenn jemand persönlich haften muss und nicht das Unternehmen oder eine D&O-Versicherung (http://de.wikipedia.org/wiki/D&O-Versicherung) den Schaden übernimmt.

Viele Grüße
Lothar Gutsche
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Titel: Würzburger Energiepreise vor gerichtlicher Billigkeitsprüfung und mehr ...
Beitrag von: PLUS am 15. August 2010, 19:01:19
dazu passt:

58 Millionen Euro verspielt (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=73708#post73708)
Titel: Würzburger Energiepreise vor gerichtlicher Billigkeitsprüfung und mehr ...
Beitrag von: Lothar Gutsche am 30. Dezember 2010, 21:24:21
@ interessierte Energieverbraucher aus Nürnberg und Umgebung

Am Mittwoch, den 12.1.2011, 10.00 Uhr, wird mein Zivilprozess am Kartellgericht Nürnberg-Fürth, Sitzungssaal 141, 1. Stock, Fürther Str. 110, 90429 Nürnberg fortgesetzt (Aktenzeichen 3 O 3188/10). Ob sich der Besuch des Termins lohnt, kann ich leider nicht sagen, es ist mein erster Auftritt dort.

Das Gericht hat diesen Termin bestimmt als Termin zur Güteverhandlung und für den Fall des Nichterscheinens einer Partei oder der Erfolglosigkeit der Güteverhandlung unmittelbar anschließender Haupttermin. Beide Parteien bzw. deren Prozessbevollmächtigte werden zu dem Termin geladen. Es wurde insbesondere Ihr persönliches Erscheinen angeordnet.

An einer gütlichen Einigung bin ich nicht interessiert, vielmehr möchte ich ein öffentliches, rechtsstaatlich korrektes Urteil mit Klärung der Rechtsfragen zur Energiewirtschaft, zum Kartellgesetz und zum Kommunalrecht.

Die Qualität des Prozesses dürfte u. a. davon abhängen, ob das OLG Bamberg bis dahin über den Klageerzwingungsantrag entschieden hat, den ich am 22.11.2010 wegen Betrugs durch überhöhte Energiepreise bei den Stadtwerken Würzburg über einen Rechtsanwalt gestellt habe. Der Prozess könnte auch durch meine Verfassungsbeschwerde vom Frühjahr 2010 beeinflusst werden, in der es um die Rechtsbeugung in der 1. Instanz des Zivilprozesses am Amtsgericht Würzburg geht. Beides und eine hoffentlich größere Resonanz in den Medien dürfte dazu führen, dass die Nürnberger Richter sich an Recht und Gesetz halten und einen echten Kartell- und Billigkeitsprozess für Strom, Gas und Wasser durchführen.  

Es ist abzusehen, dass sich das Kartellzivilverfahren und das Strafverfahren in idealer Weise ergänzen und immer wieder neu gegenseitig befruchten. Aus den bisher erfolglosen Strafanzeigen konnte ich die Erkenntnis gewinnen, dass die Stadtwerke Würzburg AG von ihren Gesellschaftern, also von der Thüga AG (früher Teil des E.ON-Konzerns) und von der Stadt Würzburg, wirtschaftlich sehr stark abhängt. Das ist aktienrechtlich verwunderlich, weil eine AG eine eigenständige juristische Person ist. Wenn wie im vorliegenden Fall die Stadtwerke Würzburg mit den Zinsderivaten ein riskantes Geschäft im Interesse des Aktionärs Stadt Würzburg durchgeführt haben und dabei Millionenverluste erlitten, so sind solche Geschäfte in einem sogenannten Abhängigkeitsbericht nach § 312 AktG offenzulegen und eventuelle Benachteiligungen durch das herrschende Unternehmen nach § 311 AktG auszugleichen. Am Kartellgericht erwarte ich den ökonomischen Sachverstand und Kenntnis des Gesellschaftsrechts, um diese und andere Abhängigkeit angemessen zu würdigen.

Im Zusammenhang mit den Wasserpreisen gibt es für die Stadtwerke noch eine besondere strafrechtliche Überraschung, die ich im Laufe des Verfahrens in Nürnberg enthüllen werde.

Viele Grüße
Lothar Gutsche
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Titel: Würzburger Energiepreise vor gerichtlicher Billigkeitsprüfung und mehr ...
Beitrag von: Stubafü am 31. Dezember 2010, 11:26:44
@Lothar Gutsche

Zitat
\"Für einen \"normalen\" Energiepreisprotestler genügt selbstverständlich das,
was hier im Forum zu Preisanpassungsklauseln und Unbilligkeitskeitseinwand
vorgetragen wird . ...\"
Selbst da wäre ich mir nicht ganz so sicher, es sei denn man folgt blindlings den
Forenbeiträgen von RR-Ef-t.

Das OLG Köln (Urteil v. 19.02.2010, 16 U 143/09 ) bspw zeigt zum Thema
Unbilligkeitseinwand völlig neue \"Rechtserkenntnisse\" auf, auf die erstaunlicherweise
RR-Ef-t bislang noch nicht eingegangen ist (Gänsefüsschen vom Beitragsverf.):

@RR-Ef-t

Zitat
..... Preisanpassung ein Angebot auf Abschluss einer modifizierten
Preisvereinbarung dar. Diese offenbarten für die Klägerin erkennbar die Absicht der
Beklagten den Arbeitspreis ab einem mitgeteilten Datum abzuändern. Der BGH und
verschiedene Obergerichte haben insoweit zwar auf die unbeanstandete Hinnahme
der Jahresabrechnung des Gasversorgers abgestellt. Diesem Ansatz lag aber
zugrunde, dass angesichts der ausschließlich öffentlichen Bekanntmachung der
Preiserhöhungen eine frühere Kenntnis des Kunden von denAnpassungen nicht konkret
ersichtlich war. Demgegenüber konnte die Klägerin vorliegend bereits den ihr
übersandten Preismitteilungen den Wunsch der Beklagten ersehen, den Arbeitspreis in
Zukunft\"zu modifizieren\" ......In diesen Zusammenhang hat das LG Köln zutreffend
darauf hingewiesen, dass bei der \"Inanspruchnahme von Versorgungsleistungen eines
Unternehmens der Daseinsvorsorge\" grundsätzlich

\"schon die faktische Aneignung der Leistung als
sozialtypisches Annahmeverhalten gewertet wird...\"

Da ist sie wieder, die wundersame und nirgendwo definierte
\"normative Kraft des Faktischen\", die von unserer \"fürchterlichen\" 2-Klassen Justiz
dann gegen die Bürger in Stellung gebracht wird, wenn sie den dolosen
Rechtsauffassungen unserer sogenannten \"politicalcorrectness\"-Eliten in der
Wirtschaft und der mit dieser aufs engste verfilzten Politik meint willfährig
folgen zu müssen.

Gruss aus der Pfalz und insbesondere alles Gute an Lothar Gutsche,
dessen LG-Termin etwas früher als der meinige ansteht (27.01.2011,
11.30 h, LG Frankenthal)

von
Stubafü
Titel: Würzburger Energiepreise vor gerichtlicher Billigkeitsprüfung und mehr ...
Beitrag von: RR-E-ft am 31. Dezember 2010, 13:03:59
Man muss nicht alles und jedes kommentieren.
Vieles wurde jedoch kommentiert:

OLG Köln, Urt. v. 19.02.10 Az. 19 U 143/09 Rückforderungsanspruch eines Sondervertragskunden (http://forum.energienetz.de/thread.php?threadid=13880&sid=)

Soweit das OLG Köln in genannter Entscheidung für den Fall nicht einbezogener oder unwirksamer Klauseln eine Preisneuvereinbarung in der widerspruchslosen Hinnahme und vorbehaltlosen Zahlung auf eine Verbrauchsabrechnung, welche einseitig erhöhte Preise auswies, angenommen hatte, so hat jedenfalls der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 14.07.10 VIII ZR 246/08 dieser Rechtsansicht zutreffend eine Abfuhr erteilt:


Zitat
Bei einer einseitigen Preiserhöhung eines Gasversorgungsunternehmens aufgrund einer Preisanpassungsklausel, die unwirksam oder -beispielsweise mangels ordnungsgemäßer Einbeziehung - nicht Vertragsbestandteil ist, kann die vorbehaltlose Zahlung des erhöhten Preises durch den Kunden nach Übersendung einer auf der Preiserhöhung basierenden Jahresabrechnung nicht als stillschweigende Zustimmung zu dem erhöhten Preis angesehen werden.

Aus der Sicht des Kunden lässt sich der Übersendung einer Jahresabrechnung, die einseitig erhöhte Preise ausweist, nicht ohne weiteres der Wille des Versorgungsunternehmens entnehmen, eine Änderung des Gaslieferungsvertrags hinsichtlich des vereinbarten Preises herbeizuführen. Selbst wenn der Kunde aufgrund der Rechnung Zahlungen erbringt, kommt darin zunächst allein seine Vorstellung zum Ausdruck, hierzu verpflichtet zu sein (vgl. Senatsurteil vom 10. Oktober 2007 - VIII ZR 279/06, NZM 2008, 81, Tz. 19). Der Umstand, dass eine Rechnung vorbehaltlos beglichen wird, enthält grundsätzlich über seinen Charakter als Erfüllungshandlung hinaus keine Aussage des Schuldners, zugleich den Bestand der erfüllten Forderungen insgesamt oder in einzelnen Beziehungen außer Streit stellen zu wollen (Senatsurteil vom 11. November 2008 - VIII ZR 265/07, WM 2009, 911, Tz. 12 m.w.N.).

Allerdings hat der Senat zu einseitigen Preiserhöhungen in einem Tarifkundenvertrag entschieden: Wenn der Kunde eine auf der Grundlage einer öffentlich bekannt gegebenen einseitigen Preiserhöhung vorgenommene Jahresabrechnung des Versorgungsunternehmens akzeptiert hat, indem er weiterhin Gas bezogen hat, ohne die Preiserhöhung in angemessener Zeit gemäß § 315 BGB zu beanstanden, wird der zum Zeitpunkt der Jahresabrechnung geltende, zuvor einseitig erhöhte Tarif zu dem zwischen den Parteien vereinbarten Preis. Er kann deshalb nicht mehr gemäß § 315 Abs. 3 BGB auf seine Billigkeit überprüft werden (BGHZ 172, 315, Tz. 36; vgl. auch BGHZ 178, 362, Tz. 15 f.).

Diese Rechtsprechung lässt sich jedoch, anders als das Berufungsgericht meint, nicht auf Fälle übertragen, in denen nicht (nur) die Billigkeit der Preiserhöhung im Streit steht, sondern in denen es bereits an einem wirksamen Preisanpassungsrecht des Versorgungsunternehmens fehlt, weil die Preisanpassungsregelung nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam ist.

Nun kann wieder die Rede davon geführt werden, die Rechtsprechung des BGH sei eine Klasse für sich.


Zitat
Original von Stubafü
Da ist sie wieder, die wundersame und nirgendwo definierte
\"normative Kraft des Faktischen\", die von unserer \"fürchterlichen\" 2-Klassen Justiz
dann gegen die Bürger in Stellung gebracht wird, wenn sie den dolosen
Rechtsauffassungen unserer sogenannten \"politicalcorrectness\"-Eliten in der
Wirtschaft und der mit dieser aufs engste verfilzten Politik meint willfährig
folgen zu müssen.

Wohl schon mal vom Punsch genascht.  ;)

Soweit ersichtlich, fragt kein Gericht für seine Entscheidung danach, wieviele Klassen ein Gaskunde besucht hatte.
Nicht ersichtlich, was der Begriff Klassen-Justiz erbringen soll.
Titel: Würzburger Energiepreise vor gerichtlicher Billigkeitsprüfung und mehr ...
Beitrag von: tangocharly am 31. Dezember 2010, 17:24:33
Zu der Entscheidung des OLG Köln vom 19.02.2010, Az.: 19 U 143/09, muß man allerdings feststellen, dass dort von \"hinten durch die Brust ins Auge geschossen\" wurde (man beachte die \"schlüssige Argumentation\" wie es zu einer Anwendung von § 4 AVBGasV in einem Sondervertrag mit unwirksamer Preisanpassungsklausel kommen konnte):

Zitat
Tz. 46
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird ein vom Gasversorger  veröffentlichter und auf der Basis des früheren § 4 AVBGasV generell zulässiger, aber im Einzelfall gegebenenfalls unbillig erhöhter Tarif zum vereinbarten Preis, wenn der Kunde die auf dem erhöhten Tarif basierende Jahresabrechnung des Versorgers akzeptiert hat, indem er weiter Gas von diesem bezieht, ohne die Tariferhöhung in angemessener Zeit als unbillig zu beanstanden (vgl. BGH NJW 2009, 502, 503; 2007, 2540, 2543 f.). Diese Kriterien sind nach der zutreffenden Ansicht des Landgerichts auch auf Preisänderungen gegenüber einem Sonderkunden auf Grund einer unwirksamen Preisanpassungsklausel, wie im vorliegenden Fall, anwendbar.

Tz. 47
Unabhängig davon, ob die vom Gasversorger vorgenommene einseitige Preiserhöhung im Einzelfall unbillig oder generell unwirksam ist, bringt diese doch den tatsächlichen Willen des Gasversorgers zum Ausdruck, ab einem bestimmten Zeitpunkt ein modifiziertes Entgelt abrechnen zu wollen. Ein entsprechendes Ansinnen des Gaslieferanten ist deshalb jedenfalls dann, wenn der Kunde – wie vorliegend die Klägerin mit den schriftlichen Preisanpassungsankündigungen der Beklagten - auf die
anstehenden Preisanhebungen und die damit einher gehenden Folgen für das Vertragsverhältnis individuell hingewiesen wird, als Antrag auf Modifikation der Entgeltabsprache auszulegen (für diesen Fall auch OLG Hamm vom 29.05.2009 – (I) 19 U 52/08 - Rn. 38, zitiert nach juris). Auch wenn auf Grund der Unwirksamkeit der vertraglichen Preisänderungsklausel keine automatische reisanpassung erfolgt, ist das entsprechende Schreiben des Gasversorgers doch als Offerte auf Abänderung der getroffenen Preisabsprache wirksam, da dieser nach den (gemäß § 306 Abs. 2 BGB anwendbaren) allgemeinen Regeln der §§ 145 ff. BGB erst die Annahme seitens des Kunden zur Gültigkeit verhilft.

Tz. 48
Einem solchen Antrag des Gasversorgers auf Vereinbarung eines erhöhten Arbeitspreises nimmt auch der Sonderkunde stillschweigend an, wenn er in Kenntnis dieses Ansinnens weiter Gas bezieht und damit die Leistungen seines Vertragspartners in Anspruch nimmt, ohne in angemessener Zeit zum Ausdruck zu bringen, dass er das vom Gasversorger im Gegenzug gewünschte Entgelt nicht entrichten möchte. Einem solchen Verhalten kann entgegen der Bedenken des OLG Hamm (a.a.O. Rn. 37) der objektive Erklärungswert einer konkludenten Zustimmung zur Preisänderung beigemessen werden. Denn das Verhalten des Sonderkunden erschöpft sich nicht in einem schlichten Nichtstun oder in der einmaligen Handlung einer Rechnungsbegleichung, sondern beinhaltet mit der Gasentnahme ein aktives gleichbleibendes Tun über einen längeren Zeitraum, ohne den positiven Aussagegehalt dieser Handlung durch anderweitige Aktionen zu entkräften (so auch OLG Frankfurt vom 13.10.2009 – 11 U 28/09 - Rn. 54, zitiert nach juris).
Titel: Würzburger Energiepreise vor gerichtlicher Billigkeitsprüfung und mehr ...
Beitrag von: Lothar Gutsche am 12. Januar 2011, 21:24:09
Heute, am 12.1.2011, 10.00 – ca. 11:00 Uhr, fand am am LG Nürnberg-Fürth, Aktenzeichen 3 O 3188/10, VRiLG Rottmann, RiLG Husemann, Ri’inLG Kneissel, mein Termin zur Güteverhandlung statt.

Die Güteverhandlung ist gescheitert. Ich als Beklagter wollte Transparenz in der Preisgestaltung und die Angemessenheit der geforderten Preise für Strom, Gas und Trinkwasser nachvollziehen können. Die Transparenz hatte ich definiert durch Beantwortung sämtlicher Fragen, die in den bisherigen Schriftsätzen (http://www.ra-bohl.de/html/strompreise.html) aufgeworfen wurden, das reicht von Netzkosten über Bezugskosten bis zu hin Kapitalkosten. Außerdem wäre die Betriebsnotwendigkeit zahlreicher Kostenbestandteile von den Stadtwerken nachzuweisen. So viel Offenheit wollten die Stadtwerke mir gegenüber nicht zeigen, da sie um ihre Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse fürchteten. Außerdem hätte ich das Klima durch meine zahlreichen Strafanzeigen und Kontrollverfahren bei der Kommunalaufsicht und beim Finanzamt vergiftet.

Der mehrfache Versuch des Vorsitzenden Richters, zwischen den Parteien eine rein finanzielle Einigung zu suchen, schlug fehl. Um meine Bereitschaft zum gütlichen Vergleich zu erhöhen, deutete das Gericht an, dass es den Preissockel nicht prüfen wolle, weil der bei Vertragsabschluss gültige Preis oder der später unwidersprochen gebliebene Preis als vereinbart gilt. Das sei auch die Auffassung des OLG Nürnberg und des VIII. Zivilsenats am BGH. Die Ansicht des Kartellsenats am BGH sei natürlich am LG Nürnberg-Fürth bekannt, doch es fehle eine Entscheidung des Großen Senats am BGH. In der angenehm offenen Verhandlung konnte ich immerhin den Versuch starten, kurz die logischen Widersprüche der Preissockel-Theorie aufzuzeigen, wie ich das in Abschnitt 4 meiner Kritik an der Preissockel-Theorie unter http://www.cleanstate.de/Preissockel_Energiepreise.html#_Toc250390767 (http://www.cleanstate.de/Preissockel_Energiepreise.html#_Toc250390767) getan habe. Es bleibt abzuwarten, ob ich damit erfolgreich war.

Nebenbei erwähnte der Vorsitzende Richter etwas vom Substitutionswettbewerb, dem man im OLG-Bezirk Nürnberg in Bezug auf die Gasversorgung anhänge. Ich konnte das aber nicht hinterfragen und vermute, dass damit die Theorie vom einheitlichen Wärmemarkt gemeint ist und die These, dass die Preise durch einen angeblichen Substitutionswettbewerb um Neukunden begrenzt werden. In der Randnummer 20 im BGH-Urteil VIII ZR 138/07 vom 19.11.2008 (Gasgrundversorgung Stadtwerke Dinslaken) heißt es: „Im Übrigen hat der Gesetzgeber ausdrücklich daran festgehalten, dass ein deutlicher Unterschied zwischen Strom und Gas bestehe, weil Strom regelmäßig nicht zu ersetzen sei, Gas dagegen überwiegend im Substitutionswettbewerb insbesondere zu Öl, aber auch zum Beispiel zu Fernwärme, Strom und Wärmepumpen stehe (BT-Drs. 13/7274, S. 9, 16).

In Bezug auf die kartellrechtlichen Fragen sah das Gericht trotz meines umfangreichen schriftlichen Vortrags vom 18.2.2009 und 21.1.2010 die Beweislast einzig bei mir. Mit der von mir vorgebrachten „sekundären Beweislast“ verband die Beisitzerin zunächst nur die Beweislastumkehr aus § 29 Nr. 1 GWB, die ausschließlich den Kartellbehörden im Streitfall hilft. Doch das Missverständnis ließ sich klären. Seltsam mutete an, dass die Richter die zahlreichen wirtschaftlichen Fragen für interessant, aber für kartell- und billigkeitsrechtlich irrelevant hielten. Z. B. hatte ich die innerbetriebliche Leistungsverrechnung und Kostenallokation bei der Wasserversorgung als intransparent dargestellt und die vorgelegte Kostenstudie von PWC als kaum aussagekräftig bezeichnet. Oder ich wies auf die gesellschaftsrechtliche Abhängigkeit der Stadtwerke von ihrem Minderheitsgesellschafter E.ON hin, die laut Bundeskartellamt im Fall E.ON/Eschwege sogar als beherrschend geltend kann und auf das kaufmännisch nicht nachvollziehbare Einkaufsverhalten der Stadtwerke hin.

Das Urteil soll am 16.2.2011 um 11 Uhr verkündet werden und wird nach Einschätzung meines Anwaltes etwa zwei bis drei Wochen später in schriftlicher Form vorliegen. Wenn die Preissockel-Theorie greift, kann ich rein finanziell kein besseres Ergebnis als das Urteil des Amtsgerichts Würzburg vom 2.6.2009 (http://www.ra-bohl.de/Urteil_AG_Wurzburg_30_C_2420-08.pdf) erwarten. Spannend bleibt, wie das LG Nürnberg-Fürth mit den vielen Kartellrechtsfragen umgeht, derentwegen das LG Würzburg das ganze Verfahren an das zuständige Kartellgericht verweisen ließ. Ob und wie der Streit weitergeht, ist völlig ungewiß.

Viele Grüße
Lothar Gutsche
Email: Lothar.Gutsche@arcor.de
Titel: Würzburger Energiepreise vor gerichtlicher Billigkeitsprüfung und mehr ...
Beitrag von: RR-E-ft am 12. Januar 2011, 22:21:50
Kartellrecht ist wegen der Darlegungs- und Beweislast des Kunden ein äußerst schwieriges Unterfangen, was auch vor dem OLG Stuttgart deutlich wurde, welches diesbezüglich ganz klare Worte fand.

OLG Stuttgart, Urt. v. 30.12.10 Az. 2 U 94/10Stromzahlungsklage nach Unbilligkeitseinrede abgewiesen (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=78091#post78091)
Titel: Würzburger Energiepreise vor gerichtlicher Billigkeitsprüfung und mehr ...
Beitrag von: Lothar Gutsche am 20. März 2011, 18:33:30
In dem Thread \"Preisspaltung zur Grundversorgung noch zulässig?\" äußerte (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=80238#post80238) RR-E-ft mit Blick auf die beiden BGH-Urteile KZR 4/10 und KZR 5/10 vom 07.12.2010:

Zitat
Original von RR-E-ft vom 25.02.2011 23:38
Vielleicht wäre es möglich gewesen, mit diesen jüngsten Entscheidungen des BGH noch vor dem Verkündungstermin am 16.02.11 schriftsätzlich zur Rechtslage weiter vorzutragen und somit noch Einfluss zu nehmen auf die Kartellkammer des Landgerichts und deren Entscheidung. Da Letztere nicht bekannt ist, lässt sich von hier aus auch nicht beurteilen, ob die jüngste Rechtsprechung des Kartellsenats des BGH entscheidenden Einfluss auf die Entscheidung des LG Nürnberg- Fürth hätte haben können bzw. müssen.

Die Entscheidung KZR 5/10 des Kartellsenats vom 7.12.2010 ist von meiner Seite dem Landgericht Nürnberg-Fürth noch vor der Urteilsverkündung zur Kenntnis gebracht worden. Schon in dem Gütetermin am 12.1.2011 deutete das Landgericht Nürnberg-Fürth an, dass es wie das OLG Nürnberg von einem „Substitutionswettbewerb“ bei Gas ausgehe. Deshalb wies ich über meinen Rechtsanwalt in einem nachträglichen Schriftsatz vom 18.1.2011 auch auf die neueste Rechtsprechung des Kartellsenates am Bundesgerichtshof hin, nämlich auf das Leitsatz-Urteil KZR 5/10 vom 7.12.2010 zum Fall „Entega II“. Darin wurde nochmals entschieden, dass der sachlich maßgebliche Markt der Markt für die leitungsgebundene Gasversorgung von Endkunden ist und der Markt räumlich durch das Verteilnetz der Klägerin definiert wird. Im Detail wird das in den juris-Randnummern 13 – 15 der Urteilsgründe zu KZR 5/10 ausgeführt.

Trotzdem finden sich im Urteil 3 O 3188/10 des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 16.2.2011 folgende Aussagen:
Zitat
Seite 8 des Urteils 3 O 3188/10 vom 16.2.2011
Auch im Bereich Gas hat die Klägerin kein Monopol, da auf den Substitutionswettbewerb im Wärmemarkt abzustellen ist (vgl. BGH, NJW 2007, 2540)
Zitat
Seite 10 des Urteils 3 O 3188/10 vom 16.2.2011
Für Gas ist entsprechend der Rechtsprechung des 8. Zivilsenats ein Substitutionswettbewerb anzunehmen (BGH NJW 2007, 2540; vgl. auch OLG Frankfurt, Urteil vom 19.02.2008, 11 U 12/07). Es fehlt insofern an einer konkreten Marktbeherrschung anhand des sachlich, räumlich und zeitlich relevante Marktes (vgl. Bechtold, GWB, 5. Auflage, § 19, Ru. 3).

Als sachlich maßgeblichen Markt ist der einheitliche Wärmemarkt anzusehen (vgl. etwa OLG Frankfurt, Urteil vom 19.02.2008, Az. 11 U 12/07).

Bei der Gasversorgung stützt sich das Landgericht Nürnberg-Fürth auf eine inzwischen veraltete Rechtsprechung des VIII. Zivilsenats am Bundesgerichtshof. Denn am 29.4.2008 hat der Kartellsenat des Bundesgerichtshofes in seinem 1. Leitsatz zum Urteil KZR 2/07 festgehalten:
Die Versorgung von Letztverbrauchern mit Erdgas bildet sachlich einen eigenen Markt; ein einheitlicher Markt für Wärmeenergie besteht nicht (Bestätigung von BGHZ 151, 274, 282 – Fernwärme für Börnsen).

Diese Definition des sachlich relevanten Marktes zur Gasversorgung hatte mein Anwalt in mehreren Schriftsätzen hervorgehoben, zuletzt am 21.1.2010 auf S. 19 - 22 (http://www.ra-bohl.de/SS_vom_21.01.2010.pdf). Die extrem hohen Kosten, eine Heizungsanlage von Gas auf einen anderen Energieträger umzustellen, werden sowohl von mir als auch vom Kartellsenat des BGH als Hemmnis für einen Substitutionswettbewerb angesehen. Deshalb ist die u. a. vom VIII. Zivilsenat des BGH immer wieder zitierte Theorie vom Substitutionswettbewerb in einem einheitlichen Wärmemarkt zu verwerfen.

Weder mit diesen Argumenten noch mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Kartellsenats setzt sich das Landgericht Nürnberg-Fürth als Kartellgericht auseinander. Vielmehr folgt es blind den \"Vorgaben\" des OLG Nürnberg und des VIII. Zivilsenats am BGH. Mit den vielen kartellrechtlichen Vorwürfen konnte das Gericht so \"kurzen Prozess\" machen.


Der negative Höhepunkt ist jedoch das Verständnis, das der Vorsitzende Richter Horst Rottmann und die beiden Richterinnen Magdalena Schroeter und Karoline Kneissl in dem Urteil unter Aktenzeichen 3 O 3188/10 zur Billigkeitsprüfung nach § 315 BGB äußern. Der 3. Zivilsenat des Landgerichts Nürnberg-Fürth hält in seiner Urteilsbegründung vom 16.2.2011 fest:

Zitat
Seite 8 des Urteils 3 O 3188/10 vom 16.2.2011
„Die Klagepartei hat zu den beiden hier maßgeblichen Wasserpreisen, also insbesondere zu der angegriffenen Preiserhöhung, ein Privatgutachten vorgelegt, das die Kalkulation mit den wesentlichen Tatsachengrundlagen in substantiierter und nachvollziehbarer Form darlegt (Anlage K12). Insbesondere ist aufgrund der ausgeführten Kostenstrukturen die Preiserhöhung als im Rahmen dargetan. Die von der Beklagten Partei erhobenen Einwände (Schriftsatz vom 20.10.2009, S. 6 ff., Bl. 480 ff. d. A.) fordern eine Vortragstiefe, die angesichts des der Klägerin im Rahmen des § 315 Abs. 1 und 3 BGB zustehenden Ermessensspielraumes (vgl. etwa OLG Nürnberg, Urteil vom 09.12.2008, Az. 1 U 1105/08 ) nicht verlangt werden kann. Die Anforderungen dürfen hier nicht überspannt werden. Die Einwendungen des Beklagten gegen die Berechnungen der Klagepartei greifen somit im Ergebnis nicht durch.“

Zu meinem Nachteil sprachen die Richter der 3. Zivilkammer in ihrem Urteil vom 16.2.2011 einem substantiiert bestrittenen Privatgutachten zum Trinkwasserpreis volle Beweiskraft zu. Die Richter haben damit die Beweisgrundsätze aus § 279 Abs. 3 ZPO und aus § 286 ZPO missachtet und sich über die Beweisregeln hinweggesetzt, die in den §§ 355 – 370 ZPO zur Beweisaufnahme und in den §§ 402 – 414 ZPO zum Beweisverfahren definiert sind. Das Gericht hat die im Grundgesetz zugesicherten Verfahrensgrundrechte zu meinem Nachteil mehrfach verletzt. Angesichts meines umfangreichen, mehrfachen Vortrags zum Privatgutachten ist die Weigerung, das Privatgutachten der Stadtwerke Würzburg gerichtlich zu prüfen, nur mit Vorsatz zu erklären. Die rechtswidrige Akzeptanz des Parteigutachtens durch das Gericht wirkt sich zu meinem Nachteil aus, weil die Trinkwasserpreise nun von mir in der geforderten Höhe zu zahlen wären, wenn ich nicht erfolgreich Berufung einlege.

Bereits im Schriftsatz vom 14.4.2009 zum Verfahren 30 C 3420/08 am Amtsgericht Würzburg hatte ich ausführlich begründet, warum ich von der Klägerin beauftragte Wirtschaftsprüfergutachten nicht als Beweismittel akzeptiere, siehe Seite 15 – 16 im Schriftsatz vom 14.4.2009 (http://www.ra-bohl.de/Schriftsatz_14.04.09.pdf). In dem Schriftsatz vom 14.4.2009 hatte ich meine Position mit höchstrichterlicher Rechtsprechung begründet, so u. a. mit BVerfG, 1 BvR 2203/98 vom 28.12.1999, BVerwG, B. v. 15.08.2003 – 20 F.8.03 und BGH-Urteil II ZR 67/07 vom 02.06.2008.

In dem Schriftsatz vom 20.10.2009, Seite 6 (http://www.ra-bohl.de/Schriftsatz_20.10.09.pdf), verwies ich auf das BGH-Urteil VIII ZR 314/07 vom 8.7.2009. Im Zusammenhang mit einem Streit um die Wirksamkeit von Gaspreiserhöhungen hatte der BGH bestätigt, dass ein Privatgutachten nicht als Beweismittel im Sinne der §§ 355 ff. ZPO gilt. Der Leitsatz des Urteils VIII ZR 314/07 lautet diesbezüglich unmissverständlich: „Eine Beweiserhebung (hier: durch Zeugenvernehmung) ist nicht deshalb entbehrlich, weil die unter Beweis gestellten Tatsachen durch ein Privatgutachten belegt sind, dessen Richtigkeit der Gegner bestreitet, ohne die Unzulänglichkeit des Gutachtens substantiiert darzulegen.

Obwohl ich als Beklagter nach dem BGH-Urteil vom 8.7.2009 nicht verpflichtet war, Tatsachen aus dem PWC-Gutachten zu überprüfen, habe ich auf den Seiten 6 – 13 des Schriftsatzes vom 20.10.2009 (http://www.ra-bohl.de/Schriftsatz_20.10.09.pdf) und in der Anlage B12 substantiiert dargelegt, warum die Bescheinigung von PWC vom 2.9.2009 nicht aussagekräftig ist. Zum einen stellte ich das grundsätzliche Problem dar, dass die Unternehmensstruktur der Stadtwerke Würzburg bei der Trinkwasserversorgung völlig intransparent ist und damit Kosten beliebig verschoben werden können. Darüber hinaus stellte ich 13 konkrete Fragen an das PWC-Gutachten, das die Stadtwerke Würzburg als Parteigutachten eingebracht hatten.

Sachverständigengutachten sind stets mit der gebotenen Distanz und mit hoher Sorgfalt kritisch zu würdigen. Bei inhaltlichen Zweifeln muss das Gericht den Gutachter zur Klarstellung und Vervollständigung veranlassen, siehe BGH-Urteil VI ZR 284/93 vom 27.09.1994 oder den Aufsatz des früheren BGH-Richters Hans-Peter Greiner „Die Pflicht des Gerichts zur Aufklärung des Sachverhalts nach der Rechtsprechung des VI. Zivilsenats“ in der Festschrift für Achim Krämer zum 70. Geburtstag am 19. September 2009, herausgegeben von Uwe Blaurock, Loachim Bornkamm, Joachim und Christian Kirchberg, Berlin, New York (de Gruyter Recht) 2009, Seiten 461–474. Im vorliegenden Fall sind nicht nur schwer wiegende Mängel des Gutachtens aufgezeigt worden, sondern sogar entscheidungserhebliche Gesetzesverstöße z. B. bei der Kalkulationsmethode zur Abschreibung, vgl. Frage 5 auf Seite9/10 im Schriftsatz vom 20.10.2009 (http://www.ra-bohl.de/Schriftsatz_20.10.09.pdf). Auch die in Frage 6 aufgezeigten Widersprüche zwischen der Abschreibung nach Wiederbeschaffung und den Investitions- und Instandhaltungskosten hätten vom Gericht unbedingt aufgeklärt werden müssen, vgl. Seite 10 im Schriftsatz vom 20.10.2009 (http://www.ra-bohl.de/Schriftsatz_20.10.09.pdf). Das Gericht hat eine eigene Sachkunde zum Gegenstand des PWC-Gutachtens nicht dargelegt.

Die Tatsache, dass das Landgericht Nürnberg-Fürth sämtliche 13 entscheidungserheblichen Fragen komplett überging, bedeutet nicht nur eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, sondern auch eine Verweigerung des effektiven Rechtsschutzes. Meine Fragen und Einwände als unzulässige „Vortragstiefe“ zu bewerten, die „angesichts des der Klägerin im Rahmen des § 315 Abs. 1 und 3 BGB zustehenden Ermessensspielraumes nicht verlangt werden kann“, das widerspricht allen Beweisgrundsätzen eines fairen Verfahrens. Diese Beweisgrundsätze sind in der Zivilprozessordnung und in der höchstrichterlichen Rechtsprechung definiert. Mit ihrem Urteil verletzten die Richter Rottmann, Schroeter und Kneissl auch das Willkürverbot.

Wenn man es mit solchen sogenannten \"Richtern\" zu tun hat, dann ist ein Prozess um die Billigkeit oder Kartellrechtswidrigkeit von Preisen wirklich ein \"äußerst schwieriges Unterfangen\". Natürlich werde ich mit allen Mitteln unseres scheinbaren Rechtsstaates darum kämpfen, solche \"Richter\" dauerhaft aus der Justiz zu entfernen. Doch die andernorts (http://forum.energienetz.de/thread.php?threadid=15224) so geschätzten Staatsanwaltschaften sind  mir bislang mehr durch Rechtsbeugung und Strafvereitelung im Amt als durch Gesetzestreue aufgefallen, sobald es um Wirtschaftskriminalität mit politischer Einflussnahme geht. Deshalb gehe ich nicht mit allzu großen Hoffnungen in die weiteren juristischen Auseinandersetzungen.

Viele Grüße
Lothar Gutsche
Email: Lothar.Gutsche@arcor.de
Titel: Würzburger Energiepreise vor gerichtlicher Billigkeitsprüfung und mehr ...
Beitrag von: Lothar Gutsche am 17. August 2011, 22:48:50
@ interessierte Energieverbraucher aus Nürnberg und Umgebung

Am Dienstag, den 23.8.2011, 9.30 Uhr, wird mein Zivilprozess am Kartellsenat des OLG Nürnberg, Sitzungssaal 318, 3. Stock, Fürther Str. 110, 90429 Nürnberg fortgesetzt (Aktenzeichen 1 U 605/11). Laut einem richterlichen Hinweis an die Stadtwerke Würzburg AG als Klägerin werden erstmalig kartellrechtliche Fragen bei der Strom-, Gas- und Trinkwasserversorgung diskutiert. Die Sachkenntnis des 1. Zivilsenats am OLG Nürnberg mag man aber an folgender Aussage vom 1.7.2011 aus dem richterlichen Hinweis messen:

\"Die Klägerin wird darauf hingewiesen, dass nach derzeitigem Sachvortrag bis 1.7.2006 eine Monopolstellung der Klägerin auf dem lokalen Strommarkt bestand, so dass die Preise der Klägerin bis zu diesem Zeitpunkt einer Überprüfung nach § 315 BGB unterliegen.\"

Denn das Recht zur Billigkeitsprüfung hängt nicht von einer Monopolstellung ab, sondern laut Gesetz einzig von dem Recht zur einseitigen Leistungsbestimmung. Billigkeitsprozesse in anderen Branchen, z. B. zu Bankgebühren, Kabel-TV-Entgelten, Versicherungsprämien und vor allem im Arbeitsrecht, zeigen, dass die Monopolstellung für die Billigkeitsprüfung gar keine Rolle spielt. Meist haben diese Unternehmen noch nicht einmal eine marktbeherrschende Stellung in dem jeweiligen Markt - und doch wird auf Billigkeit der Leistungen und Entgelte von Gerichten geprüft.

Die Stadtwerke Würzburg AG befindet sich zu 77,27% direkt oder indirekt im Eigentum der Stadt Würzburg, d. h. es handelt sich bei der Klägerin um ein kommunales Versorgungsunternehmen. Daraus hatte ich abgeleitet, dass die Stadtwerke unter anderem auch kommunalrechtliche Vorschriften beachten müssen. In der Berufungserwiderung der Stadtwerke, die erst heute am 17.8.2011 bei meinem Rechtsanwalt eingetroffen ist, wollen die Stadtwerke das OLG glauben machen, es wären nur die Artikel 86 und 87 der Bayerischen Gemeindeordnung von Bedeutung. Eine Eigenkapitalrendite der Stadtwerke zwischen 28 und 38% sei nach Ansicht der Stadtwerke nicht zu beanstanden, da ich schließlich jederzeit hätte kündigen können, um zu einem günstigeren Wettbewerber zu wechseln. Die Stadtwerke seien \"in der Preisgestaltung für Strom und Gas frei\" und können Gewinne erzielen. Sollte in der mündlichen Verhandlung zu diesem Thema diskutiert werden, wird es vermutlich für den Rechtsanwalt der Stadtwerke eine Begegnung der Dritten Art, etwas über die Finanzverfassung des Grundgesetzes und über das Kostendeckungsprinzip und über Umgehungstatbestände zu erfahren. Von den klaren Preisgünstigkeits-Vorgaben aus § 1 und § 2 EnWG und von deren Wirkung als Gewinnbegrenzung will ich da erst gar nicht reden.

Spannend wird sicherlich auch, wie die langjährige Zugehörigkeit der Stadtwerke Würzburg zum Thüga-Konzern und zur E.ON kartellrechtlich bewertet wird. Denn nach dem BGH-Urteil zu E.ON/Eschwege und nach den eindeutigen Publikationen in der ZNER wären die Stadtwerke wie ein Tochterunternehmen des E.ON-Konzerns zu behandeln und damit Teil des Strom-Duopols RWE/E.ON. Außerdem wären die Stadtwerke auch Teil der Wertschöpfungskette zur Erdgasversorgung mit Ruhrgas und Ferngas Nordbayern innerhalb des E.ON-Konzerns.  

Viele Grüße
Lothar Gutsche
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Titel: Würzburger Energiepreise vor gerichtlicher Billigkeitsprüfung und mehr ...
Beitrag von: Stubafü am 21. August 2011, 19:52:30
Gerichtstermin am 23.8.2011

@Lothar Gutsche

Das OLG Nürnberg- Kartellsenat will in Ihrer Sache am 23.8.2011 verhandeln;
soweit ich Ihren Beiträgen entnommen habe sind Sie Tarifkunde und damit sei
nach dem Verständnis von Herrn Ball für das Preisänderungsrecht des
Versorgers § 4 AVBGasV maßgeblich.

Nun hat aber genau derselbe Hr. Ball einschl. seines VIII. Zivilsenates mit
Beschluss v. 18.05.11, VIII ZR 71/10 (EuGH- Vorlage) seine leisen Zweifel
zu dieser von ihm allein  vertretenen Rechtsphilosophie höchst selbst
angemeldet indem er dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt
hat, ob § 4 AVBGasV gegenüber Tarifkunden überhaupt ein wirksames
Preisänderungsrecht begründet oder aber wegen Verstoß  gegen
verbraucherschützende EU- Richtlinien unwirksam ist (BGH, B. v. 18.05.11 VIII
ZR 71/10 EuGH- Vorlage).

Ergo sum:
Diese auch für Ihr OLG-Verfahren alles entscheidende Rechtsfrage (in zweiter
Linie dann § 315 BGB, wenn ein wirksames Preisänderungsrecht vorliegt)
betrifft nach meiner unmaßgeblichen Meinung somit sämtliche anhängige
Zahlungsprozesse gegenüber grundversorgten Tarifkunden und somit
- wie Eingangs dargetan- auch denjenigen zwischenden den Stadtwerken
Würzburg und Ihnen.

Ist diese Schlussfolgerung richtig, dann hätte das OLG aufgrund des vorzitierten
EuGH-Vorlagebeschlusses des VIII. Zivilsenates des BGH das Verfahren bis zur
Entscheidung in dieser Sache von Amts wegen aussetzen müssen, denn die
Entscheidung über die Vorlagefrage zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts ist
gemäß Art. 267 AEUV allein  dem Gerichtshof der Europäischen Union und nicht
dem OLG Nürnberg vorbehalten.

Grüsse aus der germanischen Toscana
Stubafü



und
Titel: Würzburger Energiepreise vor gerichtlicher Billigkeitsprüfung und mehr ...
Beitrag von: Lothar Gutsche am 22. August 2011, 08:26:51
@ Stubafü

In der Berufungserwiderung vom 10.08.2011, die uns am 17.08.2011 zugegangen ist, stellen die Stadtwerke Würzburg als Klägerin nach § 148 ZPO den Antrag, das Verfahren auszusetzen, bis der Gerichtshof der Europäischen Union über den Vorlagenbeschluss VIII ZR 211/10 des BGH vom 29.06.2011 entschieden hat. Die Klägerin verfälscht jedoch den Sachverhalt, der vom Gerichtshof der Europäischen Union überhaupt zu klären ist. Die Klägerin reduziert die vom BGH gestellte Frage darauf, „inwieweit es reicht, Preisänderungen mit einer angemessenen Frist im Voraus bekannt zu geben und der Kunde die Möglichkeit hat, den Anbieter zu wechseln.“ Damit verändert die Klägerin die vom BGH gestellte Frage ganz wesentlich und erweckt den Eindruck, als könne die Tatsache, dass ich als der Beklagte seine Kündigungsmöglichkeiten nicht wahrgenommen habe, mein Recht auf eine Billigkeitsprüfung nach § 315 BGB beeinträchtigen oder gar verwirken.

In den Verfahren VIII ZR 211/10 vom 29.06.2011 und VIII ZR 71/10 vom 18.05.2011 prüft der BGH nur, ob eine bestimmte gesetzliche Regelung über die Änderung von Strompreisen den europarechtlichen „Anforderungen an das erforderliche Maß an Transparenz“ aus der Strom-Richtlinie 2003/54/EG oder der Gas-Richtlinie 2003/55/EG genügt oder nicht. Mit anderen Worten, es geht um die Frage, ob der Stromversorger für Tarifkunden überhaupt eine Berechtigung zur einseitigen Änderung der Preise hat. In juris-Randnummer 9 der Leitsatzentscheidung VIII ZR 211/10 vom 29.06.2011 wird nochmals hervorgehoben, dass die Entscheidung von der Frage abhängt, ob dem Stromlieferanten ein wirksames gesetzliches Preisänderungsrecht aus § 4 Abs. 1 und 2 AVBEltV bzw. § 5 Abs. 2 StromGVV zustand. Nach juris-Randnummer 6 der Leitsatzentscheidung VIII ZR 71/10 vom 18.05.2011 hängt die Entscheidung von der Frage ab, ob in einem Gasliefervertrag mit einem Haushaltskunden das in § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV enthaltene gesetzliche Preisänderungsrecht wirksam ist.  

Im vorliegenden Fall ist das einseitige Preisänderungsrecht der Stadtwerke überhaupt nicht strittig. Weder bei der Gas- noch bei Strom- oder Trinkwasserversorgung bezweifle ich das Recht der Klägerin, ihre Preise einseitig zu ändern. Das wurde auch mehrfach von meinem Rechtsanwalt schriftlich so vorgetragen. Die vom BGH in zwei Leitsatzentscheidungen gefällten Vorlagebeschlüsse zu der Frage, ob überhaupt ein Preisänderungsrecht für Strom- oder Gaspreise besteht, sind für das vorliegende Verfahren überhaupt nicht vorgreiflich. Denn die Existenz eines Rechts der Stadtwerke zur einseitigen Preisänderung wird bislang weder von den Stadtwerken noch von mir bestritten. Beide Seiten sind sich darüber einig, dass die Stadtwerke einseitig die Preise für Strom, Gas und Trinkwasser ändern dürfen. Selbst wenn der Gerichtshof der Europäischen Union die beiden vom BGH gestellten Fragen verneint und ein Preisänderungsrecht ablehnt, so würde ich in meinen individuellen Vertragsverhältnissen mit den Stadtwerken das Recht zur einseitigen Preisänderung anerkennen.

Unabhängig davon, wie der Gerichtshof der Europäischen Union die Vereinbarkeit der gesetzlichen Preisänderungsrechte für Strom und Gas mit EU-Richtlinien beurteilt, steht mir das Recht auf eine Billigkeitskontrolle der Preise nach § 315 BGB zu. Mit ihren sinnentstellenden Erklärungen zu der Leitsatzentscheidung VIII ZR 211/10 versuchen die Stadtwerke Würzburg offensichtlich, den Beklagten und das Gericht in die Irre zu führen. Nach Auffassung der Stadtwerke hätte ich durch das Unterlassen einer Kündigung mein Recht auf eine Billigkeitskontrolle der Preise verwirkt. Und genau diese - falsche - Auffassung würde auch der BGH mit seinen beiden Vorlagenbeschlüssen vertreten, behaupten die Stadtwerke in ihrer aktuellen Berufungserwiderung.

In ihrer Berufungserwiderung am OLG Nürnberg versuchen die Stadtwerke sogar, bei Strom- und Gasversorgung ihre Bindung an kommunalrechtliche Vorgaben abzustreiten. Wegen des Wettbewerbs in der Energieversorgung seien sie völlig frei in ihrer Preisgestaltung und dürften deshalb beliebig hohe Gewinne mit Strom und Gas erwirtschaften. Es wird spannend, wie sich der Kartellsenat des OLG Nürnberg morgen zu dem Antrag der Stadtwerke und zu den zahlreichen übrigen Fragen stellen wird. In seiner früheren Rechtsprechung hat das OLG Nürnberg die Preissockeltheorie unterstützt und die Quersubvention nicht als Unbilligkeitsgrund zugelassen.

Viele Grüße
Lothar Gutsche
Email: Lothar.Gutsche@arcor.de
Titel: Würzburger Energiepreise vor gerichtlicher Billigkeitsprüfung und mehr ...
Beitrag von: Lothar Gutsche am 23. August 2011, 21:28:26
OLG Nürnberg, Fürther Straße 110, 90429 Nürnberg
Sitzungssaal 318, 3. Stock, Dienstag, 23.8.2011, 9.30 – 11.00 Uhr
Stadtwerke Würzburg AG gegen Lothar Gutsche wegen Forderung Strom, Gas und Trinkwasser, Aktenzeichen 1 U 605/11


Vorsitz: Richter am OLG Peter Hilzinger
1. Beisitzer: Richter am OLG Thomas Koch
2. Beisitzer: Richter am OLG Joachim Heublein


Billigkeitsprüfung nach § 315 BGB
Beim Strom liegt ein Sondervertrag mit unwirksamer Preisänderungsklausel vor. Falls sich beide streitenden Parteien einig wären, könnte man ein einseitiges Preisänderungsrecht unterstellen. Nach dem Kommentar von Staudinger zu § 315 BGB ist sogar eine einseitige Unterwerfung unter ein einseitiges Preisänderungsrecht möglich. Der Beklagte bietet schon schriftsätzlich an, ein einseitiges Preisänderungsrecht der Klägerin anzuerkennen. Die Stadtwerke-Vertreter schweigen zu der Frage des Gerichts, ob beim Strom ein einseitiges Preisänderungsrecht vorliegt.

Das OLG weist auf seine Rechtsauffassung hin, dass es den bei Vertragsabschluss vereinbarten Preis keiner Billigkeitskontrolle unterzieht und insoweit der Preissockeltheorie des BGH folgt. Auf den Einwand des Beklagten, beim BGH sei zwischen Kartellsenat und VIII. Zivilsenat und auch den übrigen Senaten zu unterscheiden – wie am Beispiel der Billigkeitskontrolle von Bankzinsen zu sehen sei, behauptet das Gericht, der § 315 BGB sei durch die Rechtsprechung des BGH für Energie eingeschränkt.

Beim Gas liegt ein Grundversorgungsvertrag vor. Dabei sind die Vorlagenbeschlüsse des BGH beim Gerichtshof der Europäischen Union einschlägig, seien aber im vorliegenden Fall möglicherweise irrelevant. Die Anfangspreise bei Vertragsabschluss und die später nicht widersprochenen Preise sieht das Gericht als vereinbart an, sie seien einer Billigkeitsprüfung entzogen.

Beim Trinkwasser liegt eine Grundversorgung mit Monopolstellung der Stadtwerke vor. Das Parteigutachten zum Wasserpreis, das die Klägerin vorgelegt habe, ist substantiiert bestritten worden und kein Beleg für die Billigkeit.


Kartellrechtliche Prüfung nach § 19 GWB
Kartellrechtlich ist bis Mitte 2008 nach dem Vortrag des Klägers in Übereinstimmung mit Feststellungen der Bundesnetzagentur, des Bundeskartellamtes und der Monopolkommission von regionalen Märkten für Strom und für Gas auszugehen, die regional abgegrenzt sind auf das Netzgebiet der Stadtwerke. Die hohen Marktanteile aus den Durchleitungsmengen bei der Mainfranken Netze GmbH und die hohen Marktanteile aus dem Interview des Stadtwerke-Vorstandes Prof. Menke belegen Marktanteile von 80 % bis über 90 % und liegen deutlich über den 33% aus dem Vermutungstatbestand des § 19 GWB. Damit und mit den übrigen Angaben z. B. zu den extrem niedrigen Kundenwechselquoten und zur Eigenkapitalrendite ist von einer marktbeherrschenden Stellung im streitgegenständlichen Zeitraum von 2004 – 2008 auszugehen.

Die Eigenkapitalverzinsung mit 28 – 38 % , die Verluste aus Zinsswap-Geschäften, die Preisspaltung zwischen grundversorgten Kunden und Sondervertragskunden sowie Geschäftskunden sowie der überteuerte Gaseinkauf sind laut Gericht schwerwiegende Indizien für einen Preismissbrauch im Sinne des § 19 GWB. Die überhöhten Netzkosten und das Thema Mehrerlösabschöpfung wollte das Gericht nicht in den Kostennachweis einbeziehen. Falls die Energiepreise sich als missbräuchlich erweisen, könnten dem Beklagten nach Ansicht des OLG Nürnberg Schadenersatzansprüche nach § 33 GWB zustehen.

Mögliche Verstöße gegen Kommunalrecht seien bei der Kommunalaufsicht oder beim Verwaltungsgericht geltend zu machen, sie spielen weder bei der Billigkeitsprüfung noch bei der Kartellrechtsprüfung eine Rolle. Denn das Kommunalrecht schützt nicht Verbraucher im Sinne von § 134 BGB, sondern allenfalls Wettbewerber der kommunalen Unternehmen.


Fortgang des Verfahrens
Das Gericht setzt Dienstag, den 13.9.2011 um 9.30 Uhr am OLG Nürnberg in Sitzungssaal 318, 3. Stock, Fürther Straße 110, 90429 Nürnberg als Termin zur Verkündung. Dabei ist aber kein Urteil zu erwarten, sondern es wird genaue Vorgaben über den weiteren Vortrag der Stadtwerke zu ihren Kosten und ihren Preisen geben, insbesondere zu den Vorwürfen des Preismissbrauchs im Sinne von § 19 GWB.

Das Gericht machte deutlich, dass als nächstes teure Gutachten erforderlich werden. Ferner vertrat das Gericht die Ansicht, dass ein Preis von Null nicht in Frage käme, da hätte man schon in früheren Verfahren gute Schätzungen vorgenommen. An die Stadtwerke gewandt wurden Preisabschläge von 20 % und mehr in Aussicht gestellt. Der Hinweis auf die Gutachterkosten und der Hinweis auf die möglichen Preisreduktionen war vermutlich Teil der letztlich gescheiterten Versuche, beide Parteien zu einer gütlichen Einigung zu bewegen.


Viele Grüße
Lothar Gutsche
Email: Lothar.Gutsche@arcor.de
Titel: Würzburger Energiepreise vor gerichtlicher Billigkeitsprüfung und mehr ...
Beitrag von: RR-E-ft am 23. August 2011, 22:15:26
Handelt es sich um einen Stromlieferungsvertrag ohne wirksame Preisänderungsklausel, stellt sich der Kunde, der ein einseitiges Preisänderungsrecht einräumt, schlechter, da dem Versorger Preisänderungen im Rahmen der Billigkeit zugebilligt werden, obschon ein solches Recht eigentlich gar nicht besteht.

Zwar kann der Kunde dem Versorger einseitig ein einseitiges Preisänderungsrecht zubilligen.
Er kann jedoch nicht einseitig für den Versorger eine einseitige Preisbestimmungspflicht begründen, deren Ausübung der gerichtlichen Billigkeitskontrolle in unmittelbarer Anwendung des § 315 BGB unterliegt.

Eine einseitige  Preisbestimmungspflicht im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB muss bei Vertragsabschluss vereinbart werden oder sich aus dem Gesetz ergeben. Ausdrücklich vertraglich vereinbart wurde eine Preisbestimmungspflicht wohl nicht, so dass sie sich allenfalls aus einem Gesetz ergeben kann. Aus dem Gesetz kann sich die Preisbestimmungspflicht jedoch nur bei der Grundversorgung ergeben.    

Siehe auch:

BGH, Urt. v. 13.07.11 VIII ZR 342/09 Erdgas- Sondervertrag, Wasserpreise (http://forum.energienetz.de/thread.php?threadid=16217)
Titel: Würzburger Energiepreise vor gerichtlicher Billigkeitsprüfung und mehr ...
Beitrag von: Lothar Gutsche am 24. August 2011, 16:33:56
@ RR-E-ft
Das, was Sie hier schreiben, haben in ähnlicher Form gestern auch die OLG-Richter ausgedrückt. Da fehlt offenbar noch Überzeugungsarbeit von meiner Seite, dass die Preissockel-Theorie nicht haltbar ist, weder vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Kartellsenats noch logisch mit dem Billigkeitsbegriff. Falls auch die Stadtwerke Würzburg ein einseitiges Preisänderungsrecht anerkennen, dann kann eine Billigkeitsprüfung des Gesamtpreises - ohne Preissockel - auch zu einer Senkung desjenigen Preises führen, der bei Vertragsabschluss vereinbart wurde. Nach meinem Verständnis ist die entscheidende Frage, die gestern auch das Gericht den Stadtwerken Würzburg stellte, ob der Preis nach Vertragsabschluss durch die Stadtwerke einseitig bestimmt werden soll. Diese Frage blieb aber gestern unbeantwortet.

Der von Ihnen genannte Link führt auf den Thread BGH, Urt. v. 13.07.11 VIII ZR 342/09 Erdgas- Sondervertrag, Wasserpreise (http://forum.energienetz.de/thread.php?threadid=16217) zu dem Leitsatzurteil VIII ZR 342/09 des BGH vom 13.07.11 zum Thema \"Erdgas- Sondervertrag, Wasserpreise\". In der Vorinstanz handelte es sich um eine Kartellsache unter Aktenzeichen U 781/08 (Kart) am OLG Koblenz. Laut Ihrem Beitrag vom 20.03.2009 20:09 sollte die Revision gegen das Urteil des OLG Koblenz am BGH unter dem Aktenzeichen KZR 13/09 geführt werden, d. h. am Kartellsenat, siehe im Thread zur Vorinstanz am OLG Koblenz unter OLG Koblenz, Urt. v. 12.02.2009 Az. U 781/08 (Kart)- Viele Fragen (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=55033#post55033) . Wie lässt sich der Wechsel des zuständigen Senats am BGH erklären?

Mit freundlichen Grüßen
Lothar Gutsche
Email: Lothar.Gutsche@arcor.de
Titel: Würzburger Energiepreise vor gerichtlicher Billigkeitsprüfung und mehr ...
Beitrag von: RR-E-ft am 24. August 2011, 20:02:36
Die aktuelle Geschäftsverteilung am BGH, die dazu führt, dass Sachen, die eigentlich nach der gesetzlichen Regelung  in die Zuständigkeit des Kartellsenats gehören, in die Zuständigkeit des VIII. Zivilsenats gelangen, wurde bereits diskutiert.

Bei dem Stromsondervertrag ist kein Platz für eine Billigkeitskontrolle des Gesamtpreises, da bei Vertragsabschluss ein zunächst feststehender Preis vereinbart wurde (vgl. BGH VIII ZR 320/07 Rn. 46). Es wurde deshalb nicht vereinbart, dass der Versorger den Preis erst nach Vertragsabschluss einseitig bestimmen soll. Es erscheint deshalb halbwegs töricht, ein einseitiges Preisänderungsrecht zuzubilligen, wodurch sich eine Preisbestimmungspflicht jedoch jedenfalls nicht begründen lässt.

Für eine Billigkeitskontrolle ist grundsätzlich nur dann Raum, wenn vertraglich eine einseitige Preisbestimmungpflicht wirksam vereinbart wurde oder sich die Preisbestimmungspflicht des Versorgers aus dem Gesetz ergibt (vgl. auch Fricke, ZNER 15/2/2011 S. 130 ff.).

Wurde bei  Vertragsabschluss ein Preis vereinbart, so wurde keine einseitige Preisbestimmungspflicht vertraglich vereinbart (vgl. BGH VIII ZR 36/06 Rn. 32, VIII ZR 138/07 Rn. 16). In der Grundversorgung besteht eine gesetzliche Preisbestimmungspflicht des Versorgers, welche m. E. vertragliche Preisvereinbarungen in diesem Bereich ausschließt.
Titel: Würzburger Energiepreise vor gerichtlicher Billigkeitsprüfung und mehr ...
Beitrag von: Lothar Gutsche am 24. August 2011, 22:06:07
Zitat
Zitat
Die aktuelle Geschäftsverteilung am BGH, die dazu führt, dass Sachen, die eigentlich nach der gesetzlichen Regelung in die Zuständigkeit des Kartellsenats gehören, in die Zuständigkeit des VIII. Zivilsenats gelangen, wurde bereits diskutiert.

Im Thread \"BGH VIII ZR 178/09 mündliche Verhandlung am 03.11.10 Abgrenzung Tarifkunde/ Sondervertragskunde (http://forum.energienetz.de/thread.php?threadid=14345&sid=)\" heißt es

Zitat
Zitat von RR-E-ft, 24.09.2010 14:21Fraglich erscheint die Zuständigkeit des VIII. Zivilsenats, nachdem in den Vorinstanzen jeweils Kartellgerichte entschieden hatten, dem erfolgreichen Kläger vom Berufungsgericht die Kosten aufgegeben wurden, soweit sie darauf beruhten, dass die Klageerhebung zunächst beim unzuständigen Amtsgericht erfolgte.

Im Thread \"BGH, Urt. v. 09.02.11 VIII ZR 295/09 Abgrenzung Tarifkunde/ Sondervertragskunde (http://forum.energienetz.de/thread.php?threadid=14766)\" wird es noch deutlicher:

Zitat
Zitat von RR-E-ft, 06.12.2010 17:07Auffällig ist wiederum, dass eine Revision eines OLG Kartellsenats entgegen §§ 102, 107, 108 EnWG nicht beim Kartellsenat des BGH zur Entscheidung ansteht.

Siehe auch:

BGH VIII ZR 178/09 mündliche Verhandlung am 03.11.10 Abgrenzung Tarifkunde/ Sondervertragskunde

Auch das GWB kennt eine ausschließliche Zuständigkeit.

Aus dem Geschäftsverteilungsplan des BGH 2010 ist eine von den gesetzlichen Bestimmungen des EnWG und GWB abweichende Geschäftsverteilung nicht ersichtlich.

Mit der Geschäftsverteilung frage ich nach dem gesetzlichen Richter gemäß  Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG. Bei einem Verstoß gegen die Geschäftsverteilung handelt es sich bei dem VIII. Zivilsenat unter Vorsitz des Richters Wolfgang Ball eben nicht um den gesetzlichen Richter.

Nach der gesetzwidrigen Erfindung der Preissockel-Theorie ist vom VIII. Zivilsenat des BGH zumindest unter dem Vorsitz von Richter Wolfgang Ball  nicht mit der erforderlichen professionellen Distanz eines Unbeteiligten und Neutralen zu rechnen. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hat Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG auch einen materiellen Gewährleistungsgehalt. Die Verfassungsnorm garantiert, dass der Rechtsuchende im Einzelfall vor einem Richter steht, der unabhängig und unparteilich ist und der die Gewähr für Neutralität und Distanz gegenüber den Verfahrensbeteiligten bietet (vgl. BVerfGE 10, 200 <213 f.>; 21, 139 <145 f.>; 30, 149 <153>; 40, 268 <271>; 82, 286 <298>; 89, 28 <36>).

Die Zweifel an der Geschäftsverteilung beim BGH mögen zwar im Forum schon diskutiert worden sein, aber in ihrer Konsequenz für die Betrffenen vielleicht noch nicht zu Ende gedacht.

Viele Grüße
Lothar Gutsche
Email: Lothar.Gutsche@arcor.de
Titel: Würzburger Energiepreise vor gerichtlicher Billigkeitsprüfung und mehr ...
Beitrag von: RR-E-ft am 05. September 2011, 14:25:20
Nach dem gesetzlichen Richter kann dabei fragen, wer ein entsprechendes Revisionsverfahren anhängig hat und dabei auf ein solches Problem trifft.

Es ist wohl so, dass in den bisher entschiedenen Verfahren jedenfalls keine entsprechende Rüge erfolgte.

Würde in einem anhängigen Revisionsverfahren eine entsprechende Rüge erhoben, so würde wohl über diese auch zu entscheiden sein.

Die geäußerten Anwürfe gegen den VIII. Zivilsenat, welche wohl die Unbefangenheit der Senatsmitglieder in Abrede stellen sollen, stehen wieder auf einem ganz anderen Blatt.
Auch diesbezüglich ist nicht ersichtlich, dass in den bisher entschiedenen Verfahren eine entsprechende Rüge erhoben wurde, so dass darüber wohl zu entscheiden gewesen wäre.

BGH, B. v. 18.01.11 VIII ZB 77/10 Zuständigkeit für Richterablehnung VIII. Zivilsensenat des BGH (http://forum.energienetz.de/thread.php?threadid=15148)
Titel: Würzburger Energiepreise vor gerichtlicher Billigkeitsprüfung und mehr ...
Beitrag von: Lothar Gutsche am 01. Oktober 2011, 20:21:58
Mit Beschluss vom 13.9.2011 unter Aktenzeichen 1 U 605/11 hat das OLG Nürnberg die folgenden Hinweise gegeben:

1. Strom
a) Beim Strom nimmt das Gericht einen Sondervertrag an und würde deshalb keine Kontrolle nach § 315 BGB vornehmen, obwohl ich als Beklagter den Stadtwerken Würzburg ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht einräume. Die Preisänderungsklausel ist nach Aufassung des Gerichzts unwirksam.
b) Der Anfangspreis und die bis zum1.1.2006 erfolgten Preiserhöhungen sind nach § 19 GWB zu prüfen, da die Stadtwerke Würzburg als Klägerin bis 2008 über eine marktbeherrschende Stellung auf dem Strommarkt im Raum Würzburg verfügte. Anlass für die Vermutung des Preismissbrauchs seien:
2. Gas
a) Der Anfangspreis und die bis zum 1.1.2005 erfolgten Preisänderungen werden nicht nach § 315 BGB kontrolliert, \"da die Preise insoweit zu vereinbarten Preisen geworden sind\". Hinsichtlich der späteren Preisänderungen verweist das OLG Nürnberg auf den BGH-Vorlagebeschluss vom 18.5.2011 beim Europäischen Gerichtshof.
b) Die späteren Preisänderungen sind nach Ansicht des Gerichts bislang nicht ausreichend begründet. Es müsse jede einzelne Preisänderung begründet werden und nicht nur eine Preisänderung über einen relativ langen Zeitraum.
c) Der Anfangspreis und die bis zum 1.1.2005 erfolgten Preisänderungen unterliegen der Überprüfung nach § 19 GWB, weil die Klägerin \"eine marktbeherrschende Stellung auf dem Markt für die leitungsgebundene Versorgung mit Gas im Raum Würzburg innehatte\". Zu überprüfen sind die allgemeine Überhöhung der Gaspreise wegen:
Außerdem ist nach Ansicht des OLG Nürnberg zu überprüfen \"die Hinnahme gestiegener Bezugspreise und von Bezugspreisen, die auf der Bindung an den Ölpreis und/oder auf Lieferverträgen mit kartellrechtswidrigen Laufzeiten (...) beruhten, ohne zumutbare Suche nach Alternativen oder Preisverhandklungen, insbesondere aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Verflechtung mit der E.ON AG.
d) Eine vollständige Aussetzung des Rechtsstreits wegen der EuGH-Vorlage des BGH hält das OLG Nürnberg nicht für angebracht.

3. Wasser
a) Der Anfangspreis unterliegt nicht der Überprüfung nach § 315 BGB, da ich dieses Recht nach Ansicht des OLG Nürnberg verwirkt hätte. Das Parteigutachten, das die Klägerin von PWC erstellen ließ, muss unter Beweis gestellt werden.
b) Der Anfangspreis ist nach § 19 GWB auf Überhöhung zu überprüfen, da die Stadtwerke in der Wasserversorgung über eine Monoplstellung verfügte. Zu überprüfen sind nach Auffassung des Gerichzts


Die Stadtwerke haben eine Frist von 2 Wochen erhalten, um zu den Punkten 1. - 3. Stellung zu nehmen.

Auf der einen Seite ist es ein großer Erfolg, dass über § 19 GWB nun doch der Gesamtpreis von Strom, Gas und Wasser geprüft wird. Andererseits ist es bei der Anwendung von § 315 BGB schon unglaublich, wie sich die Richter den unzähligen Argumenten gegen die Preissockeltheorie verschließen. Bestimmte Aspekte wie die gravierenden Kommunalrechtsverstöße, die Ineffizienzen bei den Netzkosten und die vollständige Einpreisung von CO2-Zertifikaten in die Stromentgelte wurden vom OLG Nürnberg ausgeblendet und müssen von meiner Seite wohl nochmals zur Überprüfung gestellt werden. In der Zwischenzeit habe ich dank der Schriftsätze der Stadtwerke starke neue Anhaltspunkte dafür gefunden, dass die Eigenkapitalrendite sogar bei über 50 % gelegen hat. Dazu existiert sogar ein Fachartikel in einer swerösen Kommunalzeitschrift,in demsich ein Vorstand der Stsadtwerke Würzburg dieser gigantischen Aktionärsrendite von sogar 55 % rühmt.

Über den Fortgang des Prozesses werde ich berichten und hoffe, dass die Würzburger Kanzlei Bohl & Coll. auf ihrer Homepage auch die Schriftsätze und Beschlüsse der letzten 12 Monate einstellt. Sobald das geschehen ist, melde ich mich hier.

Viele Grüße
Lothar Gutsche
Email: Lothar.Gutsche@arcor.de
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Beitrag von: Lothar Gutsche am 30. Oktober 2011, 20:35:34
Der Prozess am OLG Nürnberg unter Aktenzeichen 1 U 605/11 hat eine neue Qualität erreicht. Die Stadtwerke Würzburg AG hält sich offenbar nicht mehr an ihre prozessuale Wahrheitspflicht aus § 138 Abs. 1 ZPO.

Im Hinblick auf ihre Eigenkapitalrendite, die für die Beurteilung des Preismissbrauchs nach § 19 GWB bei Strom und Gas relevant ist, versuchen die Stadtwerke das Gericht zu täuschen. Mit Schriftsatz vom 30.9.2011 versuchen die Stadtwerke ihre eigene Eigenkapitalrendite deutlich kleiner zu rechnen, als sie tatsächlich ist. Für das Jahr 2006 nennen die Stadtwerke 22,4% statt 32,2% und für das Jahr 2007 nur 27,5% statt 38,0%. Unter Vorlage der Geschäftsberichte für 2006 und 2007 habe ich nun das OLG Nürnberg aufgefordert, diesen Täuschungsversuch strafrechtlich als Prozessbetrug nach § 263 StGB ahnden zu lassen.

In ihrer Stellungnahme vom 30.9.2011 behaupten die Stadtwerke, dass die von ihr getätigten, verlustreichen Zins-Swap-Geschäfte ausschließlich der Absicherung aufgenommener Kredite diente. Dummerweise widerspricht das den Feststellungen des Landgerichts Würzburg und des OLG Bamberg, die sich in einem spektakulären Zivilprozess der Stadtwerke Würzburg gegen die Deutsche Bank wegen Schadenersatz mit genau diesen Zins-Swap-Geschäften befassen mussten. In den juris-Randnummern 1 - 54 des Urteils 4 U 92/08 vom 11.5.2009 hat das OLG Bamberg den rein spekulativen Charakter der Zins-Derivat-Geschäfte beschrieben, vgl. auch http://www.betriebs-berater.de/archiv/pages/show.php?timer=1320001272&deph=0&id=65499. Es bestand ein unbegrenztes Verlustrisiko für die Stadtwerke Würzburg und dem Geschäft fehlte jede Bindung an einen angeblich zu Grunde liegenden Kredit. Nach den Erkenntnissen des OLG Bamberg fehlt den verlustreichen Zins-Derivat-Geschäften die sogenannte Konnexität. Mit einer ausführlichen Diskussion des Urteils 4 U 92/08 am OLG Bamberg vom 11.5.2009 habe ich das OLG Nürnberg aufgefordert, die zuständige Staatsanwaltschaft Nürnberg einzuschalten, falls das Gericht sich wie ich getäuscht fühlt.  

In der Berufungsbegründung vom 20.4.2011 hatte mein Rechtsanwalt zum Trinkwasserpreis vorgetragen, dass es einen Abschlussbericht \"Effizienz- und Qualitätsuntersuchung der kommunalen Wasserversorghung in Bayern (EffWB) 2007\" gibt. An dem Benchmark für Wasserversorger hat die Stadtwerke Würzburg AG bzw. deren Muttergesellschaft WVV GmbH teilgenommen. Seltsamerweise weist der Benchmark als  höchsten Trinkwasserkosten 2,03 Euro/Kubikmeter  aus, während die Stadtwerke durch ein PWC-Gutachten beim Gericht 2,22 Euro/Kubikmeter als Kosten glauben machen wollen. Statt nun endlich den Widerspruch aufzulösen, fragen die Stadtwerke Würzburg in ihremSchriftsatz ganz scheinheilig \"Was will der Beklagte eigentlich?\"

Offensichtlich wollen die Stadtwerke das Gericht und mich täuschen. Auch wenn die Täuschungsversuche vielleicht nicht strafrechtlich geahndet werden, so haben die Stadtwerke jegliche Glaubwürdigkeit im Sinne von § 286 ZPO verloren. Ich werde jedenfalls keine Mitarbeiter der Stadtwerke als Zeugen akzeptieren und auch kein von den Stadtwerken bezahltes Parteigutachten. Es wird interessant, wie das OLG Nürnberg mit den Vorkommnissen umgehen wird.


Spannend ist auch die kommunalrechtliche Seite des Prozesses mit der Quersubvention. Denn die Stadtwerke Würzburg haben sich an zentraler Stelle in ihrer Stellungnahme vom 30.9.2011 auf einen Auftrag der Stadt Würzburg berufen und damit die Quersubvention zu einem entscheidungserheblichen Thema gemacht:
„Die Stadt Würzburg beauftragte die Klägerin, mit dem Verkauf von Strom und Gas die Gewinne zu erzielen, die notwendig sind, dass die der Stadt Würzburg geschuldete Konzessionsabgabe und das im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) jährlich zwangsläufig entstehende Defizit erwirtschaftet wird.“

Das Verständnis dieses Auftrages geht bei den Stadtwerken sogar so weit, dass sie einen Überschuss als Kosten darstellt. Bei der Herleitung des Anfangspreises für Gas benennt die Stadtwerke Würzburg AG den „nach Vorgabe des Mehrheitsgesellschafters zu erzielenden Überschuss zur Abdeckung des Defizits für den ÖPNV“ als einen der wesentlichen Einflussfaktoren für die Preisbestimmung. Wörtlich bezeichnet die Stadtwerke Würzburg AG auf Seite 21 ihres Schriftsatzes vom 30.9.2011 den Überschuss als „Kostenposition“.  

Vor dem Hintergrund ist es fraglich, ob sich das OLG Nürnberg weiter den kommunalrechtlichen Fragen verweigern darf, wie es das Gericht in der mündlichen Verhandlung vom 23.8.2011 und in seinem Hinweisbeschluss vom 13.9.2011 getan hat. Mit dem zitierten Auftrag hat sich die Stadt Würzburg verfassungsrechtlich und verwaltungsrechtlich in eine ziemlich missliche Situation gebracht. Das bundesweit praktizierte System der Quersubvention ist jedenfalls akut gefährdet. Mit der zitierten Aussage der Stadtwerke Würzburg und etlichen weiteren Argumenten sollte eine Klage vor dem Verwaltungsgericht gegen die Kommune erfolgversprechend sein.

Über den weiteren Fortgang des Prozesses werde ich berichten und hoffe, dass mein Rechtsaqnwalt die Schriftsätze der letzten Monate bald auf die Homepage seiner Kanzlei stellt.

Viele Grüße
Lothar Gutsche
Email: Lothar.Gutsche@arcor.de
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Beitrag von: Lothar Gutsche am 18. Dezember 2011, 19:05:23
Im Handelsregister des Amtsgerichts Würzburg findet sich ein kartellrechtlich interessantes Schriftstück. Am 12.1.2006 wurde als Anlage zur Urkunde 3189 L / 2005 von Notar Dr. Peter Limmer am Amtsgericht Würzburg die „Niederschrift über die Sitzung des Aufsichtsrats der Stadtwerke Würzburg AG am 1.3.2000, im Sitzungssaal der WVV, Bahnhofstraße 12 – 18“ eingereicht. Darin heißt es (Hervorhebungen durch mich):

Zitat
„ANV Keß fordert Oberbürgermeister Weber in seiner Eigenschaft als Vertreter des Kapitaleigners Stadt Würzburg auf, zu Gerüchten aus dem Rathaus über mögliche Veräußerungsabsichten Stellung zu nehmen.

Oberbürgermeister Weber erklärte dazu, daß es derzeit keine Absichten zur Veräußerung der Stadtwerke gebe, sonst würden heute auch die Verträge mit den Vorstandsmitgliedern nicht verlängert.
Es hätten Gespräche stattgefunden mit den Vorstandsmitgliedern der Bayernwerk AG und der Überlandwerk Unterfranken AG. Hier seien in aller Offenheit die Situation auf dem Energiemarkt und Zukunftsfragen erörtert worden, bei denen eine Kooperation denkbar wäre. Dazu gehöre ein möglichst günstiger Stromeinkauf. Auch die Fragen des Wettbewerbs im Strombereich insbesondere in Bezug auf den Endkunden seien Gegenstand der Gespräche gewesen. Hier müsse eine Konkurrenzsituation vermieden werden. Er habe dabei betont, daß seitens der Stadt Würzburg bzw. der Stadtwerke alle Anstrengungen unternommen würden, die Zukunft zu sichern, eine möglichst hohe Eigenständigkeit zu bewahren und die Unabhängigkeit zu erhalten.“

Quelle: 7. Registerakten (Sonderband) des Amtsgerichts Würzburg, Registergericht, Blatt 1420/1421, Stadtwerke Würzburg AG, HRB 161


Zum Verständnis dieser Aussage ist es wichtig zu wissen, dass der Fragesteller Wilfried Keß mehrere Jahre Betriebsratsvorsitzender der Stadtwerke Würzburg war und als Arbeitnehmervertreter (ANV) im Aufsichtsrat der WVV GmbH saß. Die vier Bayernwerk-Töchter Energieversorgung Oberfranken AG, Isar-Amperwerke AG, Energieversorgung Ostbayern AG und Überlandwerk Unterfranken AG wurden 2001 mit der Großkraftwerk Franken AG zur E.ON Bayern AG zusammengefasst.

Vor dem Hintergrund ist die Vermutung bestätigt, die ich im Zivilprozess mit den Stadtwerken Würzburg schon am 18.2.2009 geäußert hatte, nämlich dass zwischen den Stadtwerken Würzburg und der E.ON Bayern AG ein verbotenes Preiskartell im Sinne des § 1 GWB bzw. im Sinne des Art. 101 Abs. 1 AEUV (alt: Art. 81 EGV) bestanden hat. Die Muttergesellschaft der Stadtwerke Würzburg AG, die WVV GmbH, hat am 6.2.2008 der Öffentlichkeit eine Studie zur regionalwirtschaftlichen Bedeutung der WVV vorgestellt. Die Studie wurde vom Eduard Pestel Institut aus Hannover im Auftrag der WVV erstellt. Auf Folie 9 zeigt die Pestel-Studie einen „Preisvergleich Strom“.

Die Angebote von E.ON Bayern und der Stadtwerke Würzburg AG unterscheiden sich demnach im Jahr 2007 um 0,1 % bis maximal 1 % voneinander, d. h. faktisch überhaupt nicht. Die Preissetzung lässt eher auf ein nach § 1 GWB verbotenes Preiskartell als auf echten Wettbewerb schließen. Vor dem Hintergrund der indirekten Beteiligung E.ONs an den Stadtwerken erscheint eine solche Preisabsprache gar nicht so abwegig. Der Preisvergleich des Pestel-Instituts ist ein starkes Indiz für den fehlenden Wettbewerb beim Strombezug im Versorgungsgebiet der Stadtwerke Würzburg.“ (Quelle: Seite 2-3 im Schriftsatz vom 18.2.2009 an das AG Würzburg im Verfahren Stadtwerke Würzburg AG ./. Gutsche unter Az. 30 C 2420/08, siehe http://www.ra-bohl.de/Schriftsatz_18.02.09.pdf)

Dieses spätestens im Jahr 2000 begründete Kartell hat selbstverständlich auch die Energiepreise der Stadtwerke Würzburg bei Vertragsabschluss mit mir 2001/2002 überhöht. Der Benchmark aus der Studie des Eduard Pestel-Institus zu den Strompreisen im Jahr 2007 zeigt, dass die schwerwiegenden Verstöße gegen § 1 GWB bzw. Art. 81 EGV mindestens bis 2007 andauerten.

Nach der Bezeichnung des Bundeskartellamtes hat die Stadtwerke Würzburg AG mit E.ON ein sogenanntes Hardcore-Kartell betrieben. Zu den Hardcore-Kartellen gehören insbesondere Absprachen zwischen Unternehmen über die Festsetzung von Preisen oder Absatzquoten sowie über die Aufteilung von Märkten. Wörtlich schreibt das Bundeskartellamt unter http://www.bundeskartellamt.de/wDeutsch/publikationen/bonusregelung.php:

Zitat
Hardcore-Kartelle sind schwerwiegende Wettbewerbsbeschränkungen. Sie wirken sich für die Verbraucher grundsätzlich preistreibend aus und sind deshalb in hohem Maße wirtschafts- und sozialschädlich. Darüber hinaus behindern sie die freie wirtschaftliche Betätigung.

Darüber hinaus lieferte die Satzung der Stadtwerke Würzburg AG einige wichtige Erkenntnisse zur Preisgestaltung gegenüber Endkunden und zum Einkauf von Vorleuistungen. Diese Aspekte und einige wichtige Erkenntnisse aus der Satzung werden im Prozess am OLG Nürnberg bei nächster Gelegenheit eingebracht und dürften die kartellrechtlichen und kommunalrechtlichen Fragen noch mehr in den Vordergrund rücken.

Viele Grüße
Lothar Gutsche
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Beitrag von: Lothar Gutsche am 18. Februar 2012, 15:17:38
Heute habe ich folgende Mitteilung vom OLG Nürnberg erhalten:

In dem Verfahren Stadtwerke Würzburg AG gegen Lothar Gutsche wegen Forderung Strom, Gas und Trinkwasser, Aktenzeichen 1 U 605/11 am OLG Nürnberg, wurde Termin zur Beweisaufnahme bestimmt auf

Dienstag, 29.05.2012, 9.30 Uhr
Sitzungssaal 318, 3. Stock, Fürther Straße 110, 90429 Nürnberg
Rückfragen unter Tel. 0911 / 321 - 2301  
 
Mein persönliches Erscheinen wurde angeordnet. Zum Inhalt der Beweisaufnahme lässt sich dem Schreiben leider nichts entnehmen. Besucher werden darauf hingewiesen, dass im Gerichtsgebäude Zugangskontrollen stattfinden, die einige Zeit in Anspruch nehmen können. Um die rechtzeitige Anwesenheit im Termin zu gewährleisten, wird gebeten, mögliche Wartezeiten zu berücksichtigen.  

Mit freundlichen Grüßen
Lothar Gutsche
Email: Lothar.Gutsche@arcor.de
Titel: Würzburger Energiepreise vor gerichtlicher Billigkeitsprüfung und mehr ...
Beitrag von: RR-E-ft am 18. Februar 2012, 15:23:30
Danke für die Terminsmitteilung.

Gibt es einen Beweisbeschluss?
Was ist das Beweisthema?
Was sind Beweismittel?
Wurden Zeugen geladen?

Falls Zeugen geladen wurden:
Zu welchen bestrittenen Tatsachenbehauptungen wurden diese von welcher Partei benannt?
Titel: Würzburger Energiepreise vor gerichtlicher Billigkeitsprüfung und mehr ...
Beitrag von: Lothar Gutsche am 18. Februar 2012, 16:01:04
@ RR-E-ft

Zu all diesen Fragen gibt die Mitteilung des Gerichts keine Auskunft, weder Beweisthema noch Beweismittel oder Zeugen. Im Verfahren hatten beide Seiten immer wieder Zeugen und Gutachten als Beweismittel angeboten. Welche Beweismittel das Gericht zu welchen der zahlreichen Einzelfragen zulassen will, ist noch völlig offen.

Das Parteigutachten, das die Stadtwerke von PWC anfertigen ließen und zur Billigkeit des Trinkwasserpreises vorgelegt hatten, ist von mir substantiiert angegriffen worden und wird vom OLG Nürnberg laut Beschluss vom 13.9.2011 nur als Parteivortrag gewertet. Zu meinen Einwendungen bezüglich der Wasserkalkulation müssen die Stadtwerke laut Beschluss Stellung nehmen.

Die Bescheinigungen des Vorlieferanten Ferngas Nordbayern beim Gaspreis und die Genehmigungen der Strompreise durch die Regierung von Unterfranken hatte mein Anwalt bereits in den Schriftsätzen hinlänglich kritisiert. Schon die Vorinstanzen hatten weder die Bescheinigungen über Kostensteigerungen im Gasbezug noch die behördlichen Genehmigungen als Nachweis der Billigkeit akzeptiert. Im vorliegenden Verfahren geht es auch um viele kartellrechtliche Fragen des Preismissbrauchs und abgestimmten Verhaltens (mit E.ON). § 19 GWB, § 29 GWB und § 1 GWB und entsprechende europarechtliche Vorschriften spielen eine wichtige Rolle, so der Beschluss des OLG Nürnberg vom 13.9.2011 mit einem umfangreichen Fragenkatalog an die Stadtwerke.

Nachdem beide Parteien im September/Oktober 2011 zu den Fragen des Gerichts vom 13.9.2011 umfangreich Stellung genommen haben, ist es nun Sache des Gerichts, die offenen Fragen zu benennen. Bis zum 29.5.2012 erwarte ich noch einen richtigen Beweisbeschluss, über den ich hier berichten werde.

Viele Grüße
Lothar Gutsche
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Beitrag von: Lothar Gutsche am 21. Februar 2012, 22:12:50
Im Unterschied zu mir hat mein Rechtsanwalt nicht nur die Mitteilung des Termins erhalten, sondern eine umfangreichere Mitteilung mit dem Hinweis, dass drei Zeugen gehört werden sollen. Einer der drei Zeugen stammt von PWC und zwei von den Stadtwerken Würzburg bzw. der WVV. Darüber hinaus hat mein Rechtsanwalt auch einen dreiseitigen Beweisbeschluss des OLG Nürnberg vom 8.2.2012 unter Aktenzeichen 1 U 605/11.

Demnach sollen am 29.5.2012 nur die Trinkwasserpreise näher geprüft werden.
1. Das im Auftrag der Klägerin erstellte Privatgutachten von PWC zum Trinkwasserpreis der Stadtwerke ist das Thema.
2. In dem Gutachten ist speziell zu erläutern 3. Der Einfluss der verlustreichen Zins-Swap-Geschäfte auf die Höhe der Trinkwasserpreise

Überhaupt nicht mehr zu diskutieren ist die Abschreibungsmethode. Während in dem PWC-Gutachten die Abschreibungen auf Basis von Wiederbeschaffungskosten ermittelt werden, verlangt das OLG Nürnberg binnen 14 Tagen eine Darstellung der Kalkulation, wenn auf Basis der Anschaffungs- und Herrstellungskosten abgeschrieben wird. Seine Aufforderung stützt das OLG Nürnberg kommunalrechtlich auf Art. 8 Abs. 3 KAG und handelsrechtlich auf § 253 Abs. 3 HGB. Das könnte schon sehr interessant werden, weil die Netzkosten in der Wasserversorgung der bedeutendste Kostenfaktor sind und darunter wieder die Abschreibungen das größte Gewicht haben.

Details zu den Fragen rund um die Würzburger Trinkwasserpreise finden sich auf den Seiten 4 - 13 in dem Schriftsatz der Würzburger Kanzlei Bohl & Coll. vom 20.10.2009 unter http://www.ra-bohl.de/Schriftsatz_20.10.09.pdf. Über die zahlreichen Billigkeits- und Kartellrechtsfragen zu Strom und Gas enthält der Beweisbeschluss vom 8.2.2012 leider überhaupt nichts. Ob es einen 2. Beweistermin geben soll oder wie das Gericht hier weiter verfahren möchte, ist derzeit unklar. Sobald sich abzeichnet, ob und wann die spannenden Fragen zu Energiepreisen verhandelt werden, berichte ich hier darüber.

Eine Beobachtung am Rande: Einer der drei Richter, die mein Verfahren bisher betreuten und die sowohl die erste mündliche Verhandlung vom 23.8.2011 als auch den ersten Beschluss vom 13.9.2011 verfassten, Herr Joachim Heublein, ist ausgetauscht worden. Jetzt gehört statt seiner Person Herr Peter Küspert, seit 1.10.2011 Präsident des OLG Nürnberg, zu den drei Richtern, die meinen Streit mit den Stadtwerken entscheiden sollen. Laut Geschäftsverteilungsplan 2012 gehört Richter Heublein immer noch dem OLG Nürnberg an. Warum er gegen den Präsidenten ausgetauscht wurde, erschließt sich mir nicht, zumal ich noch gar keinen Befangenheitsantrag gegen einen der drei bisherigen Richter gestellt hatte - trotz ihrer teilweise unhaltbaren Rechtsauffassungen z. B. zur Preissockeltheorie, zum Preisänderungsrecht der Stadtwerke beim Strom oder zur Relevanz von Kommunalrecht im vorliegenden Verfahren.

Viele Grüße
Lothar Gutsche
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Beitrag von: Lothar Gutsche am 30. Juni 2012, 12:54:51
Am 15.5.2012 erließ das OLG Nürnberg – 1. Zivilsenat und Kartellsenat – durch den Präsidenten des OLG Küspert, den Richter am OLG Koch und den Richter am OLG Hilzinger auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 29.05.2012 folgendes
Endurteil
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I.
Das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 16.2.2011 wird abgeändert. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.494,41 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 11.9.2008 zu bezahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.  

II.
Die weitergehende Berufung des Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin werden zurückgewiesen.

III.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Beklagte 59%, die Klägerin 41%.

IV.
Das Urteil ist für beide Parteien vorläufig vollstreckbar.

V.
Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss:
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 4.253,41 EUR festgesetzt.


Aus den 29 Seiten Urteilsgründen stelle ich im Folgenden die wesentlichen Ergebnisse zusammen.

Gas-Grundversorgung
Nach den Feststellungen des Gerichts befinde ich mich beim Gas im Grundtarif, auch wenn der in Würzburg „Frankengas Komfort L“ heißt.

1. Unbilligkeit der Preiserhöhungen und Festhalten an der Preissockel-Theorie
Sämtliche Preiserhöhungen vom 1.1.2005 – 25.10.2008 sind unwirksam, weil die Stadtwerke nach Ansicht des Gerichts die Billigkeit ihrer Gaspreise nicht nachgewiesen hat. Trotz meiner umfangreichen Kritik an der Preissockeltheorie und trotz der Argumente aus dem Aufsatz von Thomas Fricke in Heft 2/2011 der Zeitschrift ZNER hat das OLG Nürnberg ausgeschlossen, den Gesamtpreis nach § 315 BGB zu prüfen. Denn sowohl der zu Vertragsbeginn geltende Preis als auch die Preisänderungen bis zu meinem ersten Widerspruch sind nach Auffassung des OLG Nürnberg zu vereinbarten Preisen geworden. Zur Begründung verweist das Gericht auf die einschlägige Rechtsprechung des BGH in „NJW 2009, 502“ und „NJW 2007, 1672“. (Seite 5 des Urteils)


2. Preissockel kartellrechtlich unwirksam
Die Nichtüberprüfung des Preissockels nach § 315 BGB ist in meinem Fall aber nicht entscheidungserheblich, weil ich zahlreiche Kartellrechtsverletzungen nach § 19 GWB, § 29 GWB und § 1 GWB behauptet und soweit wie mir möglich belegt hatte. Nach Auffassung des OLG Nürnberg sind „der Preissockel und die bis 1.1.2005 erfolgten Preisänderungen nach § 19 GWB teilweise unwirksam.“ (Seite 8 des Urteils)


3. marktbeherrschende Stellung der Stadtwerke in der Gasversorgung 2005 - 2008Dazu stellte das Gericht zunächst fest, dass die Stadtwerke Würzburg „auf dem maßgeblichen Markt für die leitungsgebundene Versorgung von Endkunden mit Gas zu Beginn des Versorgungsverhältnisses und während des gesamten streitigen Zeitraums eine marktbeherrschende Stellung hatte“ (Seite 9 des Urteils).


4. Verstoß der Gaspreise gegen § 19 GWB
Des Weiteren stellte das OLG Nürnberg fest, dass die Stadtwerke Würzburg gegen § 19 Abs. 4 Nr. 2 GWB verstoßen haben, indem sie Entgelte forderten, die von denjenigen abweichen, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würden (Seite 10 des Urteils).

Zur Begründung akzeptierte das OLG Nürnberg viele der Argumente, die ich zur Wettbewerbswidrigkeit vorgetragen hatte:


5. Schätzung des Verbraucherschadens beim Gas nach § 287 ZPO
Wegen des Verstoßes gegen § 19 GWB kürzte das OLG Nürnberg die von den Stadtwerken verlangten Entgelte um 16 %. Um den Prozentwert von 16 % zu ermitteln, bediente sich das Gericht einer Schätzung meines Schadens nach § 287 ZPO. Als Anhaltspunkte benutzte das Gericht (Seite 14 des Urteils)


6. konkrete Kürzung der Gaspreise in der Grundversorgung
Mit diesen Annahmen kürzte das Gericht den Gaspreis aus dem Jahr 2003 um 16 %. Damit reduzierte sich der Arbeitspreis auf 2,268 ct/kWh, zuzüglich Erdgassteuer und zuzüglich Mehrwertsteuer, und der Grundpreis pro Jahr von 162 Euro auf 136,08 Euro, zuzüglich Mehrwertsteuer. Mit diesen konstanten Preisen wurde mein gesamter Gasverbrauch aus den Jahren 2005 – 2008 neu tarifiert (Seite 15 des Urteils).


Strom-Sondertarif
Beim Strom befinde ich mich in einem Sondertarif.

7. Sondertarif mit unwirksamer Preisanpassungsklausel
Nach den Feststellungen des Gerichts besitzt der Vertrag zur Stromversorgung eine unwirksame Preisanpassungsklausel. Meinem Einwand, dass ich als Beklagter den Stadtwerken das einseitige Preisänderungsrecht zugestehe (vgl. meinen Beitrag vom 10.12.2011 in dem Grundsatz-Thread „‘Feuerpause im Energiekrieg‘?“ unter \"Feuerpause im Energiekrieg\"? (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=87639#post87639)), ist das Gericht entgegen der Dispositionsmaxime nicht gefolgt. Ein Recht zur einseitigen Preisänderung würde nicht bestehen. Damit war aus Sicht des Gerichts überhaupt keine Billigkeitsprüfung erforderlich, zu zahlen wäre der bei Vertragsabschluss vereinbarte Preis. (Seite 17 des Urteils)


8. Verstoß der Strompreise gegen § 19 GWB
Beim Strom hatte ich wie beim Gas mehrere Kartellrechtsverstöße vorgetragen, denen sich das Gericht in weiten Teilen wie beim Gas angeschlossen hat. Der zu Beginn des Stromvertrages geforderte Preis ist nach Ansicht des OLG Nürnberg um 16 % zu kürzen. Denn der Strompreis liegt über den Preisen, die sich bei wirksamem Wettbewerb gebildet hätten (Seite 17 des Urteils) Das Gericht stellte für den streitigen Zeitraum 1.1.2005 – 25.10.20008 eine marktbeherrschende Stellung auf dem für Strom maßgeblichen Markt fest.


9. Schätzung des Verbraucherschadens und Kürzung der Strompreise
Wie beim Gas schätzt das Gericht den Umfang der ungerechtfertigten Belastung auf 16 % (Seite 18 des Urteils). Der Arbeitspreis wurde deshalb auf 8,11 ct/kWh gekürzt, zuzüglich Stromsteuer und zuzüglich Mehrwertsteuer, den Grundpreis setzte das Gericht wegen der unterschiedlich langen Abrechnungszeiträume mit 65,15 Euro in 2008 bis 78,20 Euro in 2005 fest.


Trinkwasser-Preise

10. Akzeptanz des PWC-Gutachtens
Zur Kostenkalkulation des Trinkwassers hatten die Stadtwerke ein Gutachten von PWC vorgelegt. Das Gutachten wurde mit vom Gericht festgelegten Fragen am 29.5.2012 einer Zeugenbefragung unterzogen. Alle Fragen, die das Gericht und ich während der Verhandlung am29.5.2012 gestellt hatten, wurden nach Ansicht des Gerichts ausreichend beantwortet und die „Preise durch entsprechende Kosten der Klägerin gerechtfertigt.“ (Seite 21 des Urteils)


11. keine Kartellverstöße durch Preisgestaltung beim Trinkwasser
Das Gericht konnte nicht erkennen, dass die Würzburger Wasserpreise im Zeitraum 2005 – 2008 gegen Bestimmungen des GWB verstoßen. Denn die Stadtwerke hätten die Kalkulation ihrer Wasserpreise offen gelegt und ihre Preise nachvollziehbar gestaltet (Seite 28 des Urteils). Deshalb muss ich alle von den Stadtwerken geforderte Wasserpreise ungekürzt bezahlen.


Kritik an dem Urteil

12. Anhörungsrüge, Gegenvorstellung und Revision
In mehreren Punkten bin ich mit dem Urteil des OLG Nürnberg nicht einverstanden, u. a. mit dem Festhalten an der Preissockeltheorie in der Billigkeitsprüfung sowie mit dem Verstoß gegen die Dispositionsmaxime und den Verhandlungsgrundsatz bezüglich des Preisänderungsrechts beim Strom. Wegen der erfolgreichen kartellrechtlichen Prüfung des Preissockels sind die beiden letztgenannten Punkte aber nicht entscheidungserheblich. Da ich den erforderlichen Streitwert von 20.000 Euro aus Nr. 8 des § 26 Einführungsgesetz ZPO bei weitem nicht erreiche, kann ich leider keine Nichtzulassungsbeschwerde nach § 544 ZPO beim BGH einlegen.

Zur Kritik an dem Urteil erhebe ich innerhalb der gesetzlichen Notfrist von zwei Wochen durch meinen Anwalt eine Anhörungsrüge nach § 321a ZPO und eine Gegenvorstellung. Außerdem beantrage ich in dem umfangreichen Schriftsatz die Zulassung der Revision. Gründe dafür sind im Wesentlichen:

13. Publikation der Urteile und Schriftsätze
Sämtliche Schriftsätze meines Rechtsanwalts Jörg Naumann von der Würzburger Kanzlei Bohl & Coll., alle gerichtlichen Beschlüsse, Protokolle und Urteile sollen in Kürze auf der Homepage der Kanzlei unter http://www.ra-bohl.de/ als pdf-Dokumente bereitgestellt werden, vermutlich wieder unter http://www.ra-bohl.de/html/strompreise.html. Ein Versand per Email würde die Postfächer von Sender und Empfänger verstopfen, weil allein das 31-seitige Urteil vom 15.6.2012 über 9 MB beansprucht. Sobald die Schriftsätze online verfügbar sind, oder auch, wenn sich das OLG Nürnberg zu der Anhörungsrüge und zu der Gegenvorstellung geäußert hat, werde ich hier wieder berichten.


14. kommunalrechtliche Fragen zur Quersubvention
In jedem Fall habe ich in diesem Zivilverfahren wichtige Erkenntnisse gewonnen, was die kommunalrechtlichen Aspekte der Quersubvention und was den Einfluss der Stadt Würzburg auf die Preisgestaltung der Stadtwerke angeht. Die Erkenntnisse verdanke ich  nicht zuletzt eindeutigen Stellungnahmen der Stadtwerke in ihren Schriftsätzen am OLG Nürnberg. In dem Urteil zu dem Zivilprozess am OLG Nürnberg werden die kommunalrechtlichen Fragen nur am Rande auf Seite 13 des Urteils erwähnt. Nach meiner Einschätzung verstoßen die Stadtwerke Würzburg AG und die sie beherrschende Stadt Würzburg massiv gegen Kommunalrecht und gegen die im Grundgesetz verankerte Finanzverfassung.

Über das Ergebnis des Urteils und über die kommunalrechtlichen Aspekte des Verfahrens werde ich die Würzburger Stadträte informieren. Möglicherweise werden die Stadträte und ihr Oberbürgermeister endlich von sich aus aktiv und zwingen die Stadtwerke zu einer gesetzeskonformen Preisgestaltung in der Energie- und Trinkwasserversorgung. Falls sie das nicht tun, werde ich am Verwaltungsgericht Würzburg gegen die Stadt Würzburg eine Verwaltungsklage erheben. Dort würde auch an zentraler Stelle der Argumentation die Frage des Betrugs durch das Vortäuschen gesetzeskonformer Preise thematisiert. Die Staatsanwaltschaft Würzburg und die Generalstaatsanwaltschaft Bamberg hatten sich wie die Kommunalaufsicht 2010 und 2011 geweigert, die Grundsätze des BGH-Leitsatzurteils 5 StR 394/08 vom 9.6.2009 und 17.7.2009 zur Berliner Straßenreinigung anzuwenden. Wegen Beihilfe zum Betrug hatte ich übrigens auch die Stadträte, die Mitarbeiter der Regierung von Unterfranken und den bayerischen Innenminister gleich mitangezeigt, nachdem sie trotz meiner Information untätig geblieben waren.


15. mangelhafter Verbraucherschutz in Deutschland
Was aus dem Verfahren am OLG Nürnberg jetzt schon klar wird, unabhängig davon, ob das Gericht meiner Anhörungsrüge und Gegenvorstellung stattgibt und die Revision zulässt:

Die Energieversorger, sei es auf kommunaler Ebene in Gestalt der Stadtwerke oder auf Bundesebene in Form der „Big 4“ E.ON, RWE, EnBW und Vattenfall, sie alle konnten ohne echte Wettbewerbsaufsicht ihre marktbeherrschenden Stellungen auf Endkunden- und Vorleistungsmärkten missbrauchen. Durch ihre massiven Kartellrechtsverstöße „erbeuteten“ die Energieversorger in den letzten 10 Jahren wettbewerbswidrige Gewinne in gigantischer Höhe aus der deutschen Wirtschaft und mehr noch von den privaten Endverbrauchern.

Aus Sicht der geschädigten Verbraucher ist der Staat für den mangelhaften Verbraucherschutz in Haftung zu nehmen. Denn die Politik hat weder die Kartellbehörden noch die Verbraucherschutzorganisationen oder die Börsenaufsicht ausreichend mit Geld, Personal und Schutzinstrumenten ausgestattet. Schon das Grundgesetz bestimmt, dass der Staat das Eigentum jedes einzelnen Bürgers schützen muss, auch vor rechtswidrigen Übergriffen von Kommunalpolitikern oder gierigen Großkonzernen in der Energieversorgung. Einige Politiker wie z. B. der frühere Wirtschaftsminister Werner Müller, sein Staatssekretär Alfred Tacke, der frühere Superminister Wolfgang Clement und ihr Bundeskanzler Gerhard Schröder sollten persönlich dafür zur Verantwortung gezogen werden, dass sie entgegen ihrem Amtseid ihre persönlichen Interessen über die grundgesetzlich verbrieften Rechte des Volkes stellten.


16. Rückforderungsprozesse der Stadtwerke gegen Vorlieferanten
Wenn die Stadtwerke Mut hätten, könnten sie diese riesige Beute im vermutlich dreistelligen Milliardenbereich möglicherweise noch zu großen Teilen zurückholen, soweit die Ansprüche nicht schon verjährt sind. Als Ansatzpunkte für kartellrechtliche Schadenersatzansprüche bietet sich z. B. das MEGAL-Verfahren der EU-Kommission gegen E.ON Ruhrgas/GdF Suez an, vgl. dazu z. B. das aktuelle Urteil des EuG vom 29.06.2012, Az. T 360/09 und T-370/09, unter http://www.kostenlose-urteile.de/Urteil13722 bzw. http://www.kostenlose-urteile.de/Europaeisches-Gericht-Erster-Instanz_T-36009-und-T-37009_Kartellabsprachen-auf-Deutschen-und-Franzoesischen-Gasmaerkten-EuG-setzt-Geldbussen-gegen-EON-und-GDF-Suez-auf-320-Million.n13722.htm.

Beim Strompreis sehe ich kartellrechtliche und verfassungsrechtliche Ansatzpunkte bei den nicht beaufsichtigten und möglicherweise manipulierten Preisen der Strombörsen, beim EEG und bei den weitgehend kostenlos überlassenen, aber voll im Preis berücksichtigten CO2-Zertifikaten. Auf diese Aspekte, die in meinen Schriftsätzen am OLG Nürnberg zum Teil schon sehr ausführlich thematisiert wurden, ist das Gericht in seinem Urteil 1 U 605/11 vom 15.6.2012 leider überhaupt nicht weiter eingegangen.


Mit freundlichen Grüßen
Lothar Gutsche
Email: Lothar.Gutsche@arcor.de
Titel: Würzburger Energiepreise vor gerichtlicher Billigkeitsprüfung und mehr ...
Beitrag von: heidelberger33 am 30. Juni 2012, 16:40:02
Sehr kompliziert das Ganze.

Trotzdem interessant


Chapeau !!!
Titel: Würzburger Energiepreise vor gerichtlicher Billigkeitsprüfung und mehr ...
Beitrag von: Didakt am 30. Juni 2012, 17:09:14
Sehr geehrter Herr Dr. Gutsche,

wie immer eine inhaltsvolle Sachstandsdarlegung.

Herzliche Gratulation zu Ihrem beachtlichen Teilerfolg, zudem aber vor allem auch großen Respekt für Ihre Standhaftigkeit und Ihr Durchhaltevermögen. Viel Erfolg bei Ihrem weiteren Vorgehen!

Freundliche Grüße
Titel: Würzburger Energiepreise vor gerichtlicher Billigkeitsprüfung und mehr ...
Beitrag von: Stubafü am 01. Juli 2012, 14:02:37
Sehr geehrter Herr Dr. Gutsche,

auch von mir herzliche Gratulation zu Ihrem notablen Teilerfolg; ebenso zolle
ich großen Respekt Ihrer Beharrlichkeit und Verbissenheit mit der Sie Ihre im
Übrigen zutreffende Rechtsauffassung nicht nur vor den \"Schwarzkitteln\"
sondern auch hier im Forum vertreten.
 
Ebenso von mir viel Erfolg bei Ihrem möglicherweise weiteren Marsch zu
\"Vossibär\" und seiner Kuttencrew in KA, den darauf wird es letztlich
hinauslaufen, da das OLG Nürnberg (Kartellsenat) wohl die Anhörungsrüge
in bewährter Manier abschmettern wird und sie somit nach dem
Subsidiaritätsprinzip beim Verfassungsgericht beschwerdeberechtigt sind.

Da gilt es dann aber RR-E-ft zu konsultieren, da nach dessen Auffassung eine
Nichtbeachtung seiner in Heft 2/2011 der Zeitschrift ZNER entwickelten Grundsätze
zu § 315 BGB eine Verletzung rechtlichen Gehörs begründet und
somit eine von ihm verfaßte Grundgesetzbeschwerde, pardon politisch korrekt
Verfassungsbeschwerde, \"Vossibär\" und seine Kuttencrew durchwinken
wird.

Bis dahin freundliche Grüße und alles erdenklich Gute aus der germanischen
Toskana von


Stubafü
Titel: Würzburger Energiepreise vor gerichtlicher Billigkeitsprüfung und mehr ...
Beitrag von: RR-E-ft am 01. Juli 2012, 23:29:09
@Lothar Gutsche

Herzlichen Glückwunsch zu diesem beachtlichen Teilerfolg.

In einem  anderen - wohl vergleichbarem -  Fall hatte eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen eine Entscheidung des OLG Nürnberg teilweise Erfolg, siehe:

BGH, B. v. 17.08.11 VIII ZR 34/11 - Nichtzulassungsbeschwerde teilweise erfolgreich (http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=85569#post85569)

Allerdings lag dort der Streitwert über 25 TEUR.

Möglicherweise weicht die Entscheidung des OLG Nürnberg in Ihrer Sache vom 15.06.12 bereits von der bestehenden Rechtsprechung des OLG Düsseldorf vom 13.06.12  (http://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/duesseldorf/j2012/VI_2_U__Kart__10_11urteil20120613.html) ab. Ferner könnte - wie von Ihnen wohl bereits erkannt - eine Abweichung zu den Entscheidungen BGH, Urt. v. 02.10.91 VIII ZR 240/90 und v. 05.07.05 Az. X ZR 60/04 und X ZR 99/04 vorliegen. Bei einer Abweichung von bestehender obergerichtlicher bzw. höchstrichterlicher Rechtsprechung stellt die Nichtzulassung von Berufung bzw. Revision nach st. Rspr. des BVerfG  regelmäßig eine unzulässige Willkürentscheidung dar, siehe Betroffene nicht wehrlos gegen Nichtzulassung eines Rechtsmittels bei abweichender Rechtsprechung (http://forum.energienetz.de/thread.php?threadid=16849). Voraussetzung für eine erfolgreiche Verfassungsbeschwerde wäre jedoch eine darauf gestützte zulässige Gehörsrüge, der nicht abgeholfen wird.

Das Urteil, nicht in Farbe und nicht hochauflösend eingescannt, könnte wohl mit deutlich weniger als 9 MB auskommen (Datenkomprimierung).
Titel: Würzburger Energiepreise vor gerichtlicher Billigkeitsprüfung und mehr ...
Beitrag von: DieAdmin am 02. Juli 2012, 09:31:35
Zitat
Original von RR-E-ft
@Lothar Gutsche

...
Das Urteil, nicht in Farbe und nicht hochauflösend eingescannt, könnte wohl mit deutlich weniger als 9 MB auskommen (Datenkomprimierung).

Auch von mir noch ein Scantipp: Viele Scanner bieten die Auswahl an, ob man etwas als \"Bild\" oder \"Dokument\" (o.ä. Bezeichnung) einscannen möchte.
Bei einem Scan als \"Bild\" wird auch das Weiße eines Blattes miteingescannt. Was schon bei einer Seite einen erheblichen Unterschied in der Speichergröße macht.
Bei einem \"Dokument\"-Scan gibt es dann noch meist die Möglichkeit der Texterkennung bzw OCR.
Titel: Würzburger Energiepreise vor gerichtlicher Billigkeitsprüfung und mehr ...
Beitrag von: Lothar Gutsche am 02. Juli 2012, 17:47:03
Wie versprochen sind jetzt sämtliche Schriftsätze und Urteile zu meinem Streit mit den Stadtwerken Würzburg auf der Homepage der Würzburger Kanzlei Bohl & Coll. unter http://www.ra-bohl.de/html/strompreise.html (http://www.ra-bohl.de/html/strompreise.html) verfügbar. Speziell das Urteil 1 U 605/11 des OLG Nürnberg vom 15.6.2012 findet sich unter http://www.ra-bohl.de/Urteil_OLG_Nurnberg_vom_15.06.2012.pdf (http://www.ra-bohl.de/Urteil_OLG_Nurnberg_vom_15.06.2012.pdf) und die zugehörige Anhörungsrüge mit Gegenvorstellung vom 2.7.2012 unter http://www.ra-bohl.de/Anhorungsruge_nach_P_321a_ZPO_an_OLG_Nurnberg_v._02.07.2012.pdf (http://www.ra-bohl.de/Anhorungsruge_nach_P_321a_ZPO_an_OLG_Nurnberg_v._02.07.2012.pdf).

Viele Grüße
Lothar Gutsche
Email: Lothar.Gutsche@arcor.de

P.S.: Den 9 MB-Scan des Urteils hat das Sekretariat der Kanzlei Bohl & Coll. angefertigt, trotzdem Danke für die Hinweise von RR-E-ft und Evitel2004.
Titel: Würzburger Energiepreise vor gerichtlicher Billigkeitsprüfung und mehr ...
Beitrag von: Lothar Gutsche am 08. Juli 2012, 10:25:08
Andere Kunden der Stadtwerke Würzburg können das Urteil 1 U 605/11 des OLG Nürnberg vom 15.6.2012, vgl. http://www.ra-bohl.de/Urteil_OLG_Nurnberg_vom_15.06.2012.pdf, für sich nutzen und mit anwaltlicher Hilfe zu viel bezahltes Geld zurückfordern. Inwieweit Kunden anderer Stadtwerke mein Vorgehen heute noch kopieren können, vermag ich nicht einzuschätzen. Denn mit der zunehmenden Liberalisierung bei Strom und Gas sind die relevanten Märkte inzwischen anders abzugrenzen als noch in meinem Streitzeitraum 2005 – 2008. So sehen das die Monopolkommission und das Bundeskartellamt in ihren jüngeren Gutachten zur Energieversorgung und Tätigkeitsberichten, siehe http://www.monopolkommission.de/aktuell_sg59.html und http://www.bundeskartellamt.de/wDeutsch/publikationen/Taetigkeitsbericht.php. Wenn die Strom- und Gasmärkte nicht mehr wie früher regional durch das Netzgebiet des jeweiligen Stadtwerks definiert werden, sondern bundesweit oder gar europaweit, dann haben die Stadtwerke jedes für sich betrachtet keine marktbeherrschende Stellung mehr. Ohne marktbeherrschende Stellung gelten die meisten Bestimmungen des Kartellrechts aus dem GWB überhaupt nicht.


1. unwirksame Preisänderungsklausel
In Abschnitt 2.1 des Schriftsatzes vom 20.10.2009 am Landgericht Würzburg wird auf den Seiten 13 – 15 ausführlich hergeleitet, dass die Preisänderungsklausel in meinem Stromvertrag unwirksam ist, vgl. http://www.ra-bohl.de/Schriftsatz_20.10.09.pdf.

Unter Punkt 4. „Stromentgelt und Preisänderung“ meines Sondertarifes heißt es:
Die Preise beinhalten auch evtl. zu zahlende Netznutzungsentgelte, Konzessionsabgaben, die Stromsteuer, die Entgelte für Messung und Verrechnung sowie die Umsatzsteuer. Sollten zukünftig Steuern, Gebühren, Abgaben oder sonstige öffentliche Belastungen, die mit der Stromlieferung oder Handel im Zusammenhang stehen neu erhoben oder geändert werden, ist STW berechtigt, diese Preise um die sich jeweils ergebenden Beträge anzupassen. Dies gilt insbesondere bei Belastungen aus der Förderung regenerativer Energien und aus dem Schutz von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen. Über die Preisänderungen wird die STW den Kunden rechtzeitig informieren. Der Kunde hat das Recht, bei einer marktbedingten Preiserhöhung den Stromlieferungsvertrag mit zweiwöchiger Frist zum Ende des der Wirksamkeit der Preisänderung folgenden Kalendermonats zu kündigen.

Im Urteil des OLG Nürnberg wird die Unwirksamkeit dieser Preisänderungsklausel auf den Seiten 16 – 17 bestätigt. Deshalb sollte jeder Energiekunde der Stadtwerke Würzburg AG prüfen, ob in seinem Vertrag zur Strom- oder Gasversorgung eine ähnliche Preisänderungsklausel existiert. Mit anwaltlicher Hilfe ist zu prüfen, ob die Klausel unwirksam ist oder nicht. Ebenfalls mit Hilfe eines Rechtsanwaltes ist im Falle einer unwirksamen Preisänderungsklausel zu entscheiden, für welchen Zeitraum welcher Preis statt des bezahlten Entgelts bei der Rückforderung zu Grunde zu legen ist. Dabei empfehle ich mindestens folgende BGH-Urteile zu beachten:
Im Unterschied zu den oben genannten Fällen, die beim BGH entschieden wurden, hat das OLG Nürnberg sowohl bei der Strom- als auch bei der Gasversorgung festgestellt, dass die Stadtwerke Würzburg eine marktbeherrschende Stellung zur Preisüberhöhung missbraucht haben. Das OLG Nürnberg hat marktangemessene Preise geschätzt, vgl. im Urteil auf Seite 14 – 15 für Gas und auf Seite 18 – 19 für Strom. Die Nutzung und Beibehaltung unwirksamer Preisanpassungsklauseln ist Teil der kartellrechtswidrigen Ausbeutungsstrategie bei den Stadtwerken, vgl. auch unten Abschnitt 2.

Den Stadtwerken ist die Unwirksamkeit ihrer Preisänderungsklauseln sogar seit längerem bekannt. Im Geschäftsbericht der WVV für das Geschäftsjahr 2009 heißt es zu den Risiken der Stadtwerke Würzburg AG auf Seite 55:
Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte am 15. Juli 2009 zwei weitere Urteile zur Gaspreisanpassungsklausel verkündet. Beide Klauseln wurden vom BGH wegen unangemessener Benachteiligung der Kunden für unwirksam befunden, da sie ein Ermessen des Versorgers vorsahen. Da in zwei der Erdgas-Produktverträge der STW die Preisanpassungsklausel ähnlich formuliert war, besteht formaljuristisch betrachtet ein Preisrisiko. Prozesse sind bislang nicht anhängig.

Im Geschäftsbericht der WVV für das Geschäftsjahr 2010 heißt es auf Seite 57, wie im Vorjahr zu den Risiken der Stadtwerke Würzburg AG:
Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte am 15. Juli 2009 zwei weitere Urteile zur Gaspreisanpassungsklausel verkündet. Beide Klauseln wurden vom BGH wegen unangemessener Benachteiligung der Kunden für unwirksam befunden, da sie ein Ermessen des Versorgers vorsahen. In zwei Erdgas-Produktverträge war die Preisanpassungsklausel ähnlich formuliert.

Vor dem Hintergrund liegt nach meiner laienhaften Einschätzung eine Verwerflichkeit und Sittenwidrigkeit vor, die einen erhöhten Schutz der Verbraucher und Bestrafung der Stadtwerke rechtfertigt.


2. kartellrechtlicher Schadenersatzanspruch für 2005 - 2008
Nach den Feststellungen des OLG Nürnberg liegt bei der Energieversorgung der Stadtwerke Würzburg mit Strom und Gas ein Ausbeutungsmissbrauch nach § 19 Abs. 4 Nr. 2 GWB vor. Zur Sicherheit sollten in einem Rückforderungsprozess alle Argumente zur Kartellrechtswidrigkeit aus meinen Schriftsätzen vorgebracht werden. Besonders ergiebig sind die Argumente aus den Schriftsätzen vom 18.2.2009 unter http://www.ra-bohl.de/Schriftsatz_18.02.09.pdf und vom 21.01.2010 unter http://www.ra-bohl.de/SS_vom_21.01.2010.pdf sowie in der Berufungsbegründung vom 20.4.2011 unter http://www.ra-bohl.de/Berufungsbegrundung_an_OLG_Nurnberg_v._20.04.2011.pdf auf den Seiten 24 – 41 und 47 – 54. Insbesondere lässt sich damit neben dem Verstoß gegen § 19 Abs. 4 Nr. 2 GWB auch eine Preisspaltung nach § 19 Abs. 4 Nr. 3 GWB begründen, für deren Nichtbestehen laut Gesetz die Stadtwerke die Darlegungs- und Beweislast tragen.

Natürlich können die Stadtwerke in einem Folgeprozess anderer Verbraucher neue Argumente vortragen. Die Stadtwerke könnten z. B. die Kalkulation ihrer Energiepreise offenlegen, so wie sie das beim Trinkwasser getan haben. Allerdings können bestimmte Fakten dadurch sicher nicht entkräftet werden, wie z. B. die völlig überhöhte Eigenkapitalrendite von 28 % - 38 % oder die Nicht-Betriebsnotwendigkeit von verlustreichen Zinsspekulationen oder die von der Bundesnetzagentur festgestellten Ineffizienzen im Netzbetrieb.

Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) schützt nicht nur Wettbewerbsunternehmen. Vielmehr ist bei einem Ausbeutungsmissbrauch auch der Verbraucher in den Schutzbereich des GWB einbezogen. Nach § 33 Absatz1 Satz 3 und Absatz 3 Satz 1 GWB können deshalb Energiekunden der Stadtwerke Würzburg Schadenersatz verlangen. Der Schaden ist auf der Grundlage des § 252 BGB und des § 287 ZPO zu schätzen. So hat auch das OLG Nürnberg laut Seite 14 der Urteilsgründe vom 15.6.2012 meinen Schaden nach § 287 ZPO geschätzt. Damit der Preissockel um mehr als die 16 % gesenkt wird, die das OLG Nürnberg in seinem Urteil bei mir als Preisüberhöhung festgelegt hat, sollten gleich die Argumente aus Abschnitt 3.2 meiner Anhörungsrüge vom 02.07.2012 vorgetragen werden, siehe Seite 14 – 22 unter http://www.ra-bohl.de/Anhorungsruge_nach_P_321a_ZPO_an_OLG_Nurnberg_v._02.07.2012.pdf. Im übrigen ist der Geldschaden nach § 33 Absatz 3 Satz 4 GWB von den Stadtwerken „ab Eintritt des Schadens zu verzinsen“. Für die Verzinsung kommen die § 288 BGB und § 289 Satz 1 BGB entsprechend zur Anwendung.

Da bei der Klage um Schadenersatz Kartellrechtsfragen eine Rolle spielen, sind nach § 87 GWB spezielle Kartellgerichte zuständig. Manche Amtsgerichte wie z. B. das AG Würzburg verstehen das aber nicht, wie mein langer Weg durch die Instanzen vom AG Würzburg über das LG Würzburg zum Kartellsenat am LG Nürnberg-Fürth zum OLG Nürnberg zeigt, vgl. http://www.ra-bohl.de/html/strompreise.html. Allein dadurch hat sich mein Prozess um über ein Jahr verlängert. Das für Würzburg zuständige Kartellgericht findet sich am Landgericht Nürnberg-Fürth. Deshalb ist schon rein formal und auch wegen der hohen Komplexität des Kartellrechts zur Klage in jedem Fall ein Rechtsanwalt erforderlich, am besten ein Anwalt, der im Kartellrecht spezialisiert ist.

Üblicherweise verjähren Ansprüche aus § 33 GWB in drei Jahren, das ist die Regelverjährung nach § 195 BGB. Der Lauf der Verjährungsfrist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger Kenntnis von den den Anspruch begründenden Tatsachen und von der Person des Schuldners erhalten hat oder ohne Fahrlässigkeit hätte erhalten können, vgl. § 199 Absatz 1 BGB. Im vorliegenden Fall könnte ein betroffener Energiekunde der Stadtwerke Würzburg damit argumentieren, dass er erst mit dem Urteil 1 U 605/11 des OLG Nürnberg und der hoffentlich noch folgenden Berichterstattung in den Medien Kenntnis davon erlangen konnte, dass die Stadtwerke Würzburg Preismissbrauch im Sinne des GWB betrieben haben und ihn selbst dadurch geschädigt haben. Deshalb dürfte die Verjährungsfrist erst zum 31.12.2015 ablaufen, auch wenn der Kartellverstoß und der Schaden bereits in den Jahren 2005 – 2008 entstanden sind. Dank der Verzinsungsansprüche ist das jedoch nach meiner Ansicht nicht weiter tragisch.


Empfehlung
Sowohl Sondervertragskunden als auch grundversorgte Kunden der Stadtwerke Würzburg AG sollten so bald wie möglich mit einem Rechtsanwalt ihre Rückforderungs- und Schadenersatzansprüche prüfen. Der Rechtsanwalt sollte idealerweise im Energiewirtschaftsrecht und im Kartellrecht spezialisiert sein. Möglicherweise lässt sich auch über die Verbraucherverbände etwas Professionelles für die Stadtwerke-Kunden in der Region Würzburg organisieren. Die Würzburger Mitglieder des Bundes der Energieverbraucher sollten einmal bei ihrem Verein nachfragen.


Mit freundlichen Grüßen
Lothar Gutsche
Email: Lothar.Gutsche@arcor.de
Titel: Zurückweisung der Anhörungsrüge (Teil 1)
Beitrag von: Lothar Gutsche am 19. August 2012, 10:36:45
Mit Beschluss vom 11.7.2012 hat das OLG Nürnberg meine Anhörungsrüge und Gegenvorstellung als unbegründet zurückgewiesen. Die Anhörungsrüge mit Gegenvorstellung vom 2.7.2012 ist unter http://www.ra-bohl.de/Anhorungsruge_nach_P_321a_ZPO_an_OLG_Nurnberg_v._02.07.2012.pdf veröffentlicht, der fünfseitige Verwerfungsbeschluss des OLG Nürnberg leider noch nicht.

1. gesetzliche Grundlage für Preisfestsetzung

1.1 Widerspruch bezüglich der gesetzlichen Grundlage
Ich hatte schon bei Verkündung des Urteils nicht verstanden, auf welcher Rechtsgrundlage das OLG Nürnberg die neuen Preise für Strom und Gas festsetzt. Jetzt würde ich sagen, dass die Richter Peter Küspert, Thomas Koch und Peter Hilzinger parteiisch zu meinem Nachteil entschieden haben. Denn im Verwerfungsbeschluss vom 11.7.2012 zur Anhörungsrüge äußert sich das OLG Nürnberg erstmalig zu der zentralen Frage, aus welchem Gesetz sich im konkreten Fall das Recht des Gerichts zur Festsetzung von Preisen ableitet. Unter Punkt II. 2. auf Seite 4 seines Beschlusses vom 11.7.2012 erweckt das OLG Nürnberg den Eindruck, als ob es durch Urteil ersatzweise die Leistung nach § 315 Abs. 3 S. 2 BGB bestimmt:

Soweit es die Kürzung der Strom- und Gaspreise der Klägerin betrifft, legt der Beklagte keine Verletzung des rechtlichen Gehörs dar, sondern wendet sich gegen die Rechtsansicht des Senats. Eine Festsetzung des zulässigen Entgelts auf Null wäre dabei – wie der Beklagte selbst ausführt – rechtsfehlerhaft, wenn geeignete Anhaltspunkte für die nach § 315 Abs. 3 S. 2 BGB vorgesehene ersatzweise Leistungsbestimmung durch Urteil vorliegen (BGH ZIP 2010, 1959; ZNER 2012, 1791).
 
Im Zusammenhang mit dem Verzinsungsanspruch behauptet das Gericht auf Seite 5 seines Beschlusses vom 11.7.2012, dass in seinem Urteil vom 15.6.2012 weder bei den Strom- noch bei den Gaspreisen § 315 Abs. 3 S. 2 BGB angewendet wird:

Hinsichtlich der Strom- und Gaspreise liegt kein Fall einer ersatzweisen Festsetzung der billigen Leistung durch das Gericht nach § 315 Abs. 3 S. 2 BGB vor.

Damit widerspricht das OLG Nürnberg sich selbst, auf welcher gesetzlichen Grundlage es die Preise für Strom und Gas festgesetzt hat, die ich nun laut Urteil an die Stadtwerke Würzburg zahlen soll. Die Zitate aus dem Verwerfungsbeschluss offenbaren den Widerspruch.

1.2 fehlender Antrag der Parteien nach § 315 Abs. 3 BGB
Nach den zitierten Äußerungen auf Seite 4 seines Verwerfungsbeschlusses vom 11.7.2012 stützt der Kartellsenat seine Preisfestsetzung auf § 315 Abs. 3 S. 2 BGB. Im gesamten Verfahren haben jedoch weder die Stadtwerke Würzburg noch ich einen Antrag gestellt, dass das Gericht ersatzweise die billige Leistung durch Urteil nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB festlegen soll. Denn die Stadtwerke als Klägerin haben stets vollständig ihre Forderung durchsetzen wollen, die auf unbilligen Leistungsbestimmungen beruht. Ein teilweiser Verzicht auf ihre Forderung kam für die Stadtwerke weder in den Güteverhandlungen noch in ihren Schriftsätzen in Frage. Nicht einmal hilfsweise beantragten die Stadtwerke eine gerichtliche Festsetzung der strittigen Preise nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB, obwohl sie nach den Vorinstanzen am Amtsgericht Würzburg und am LG Nürnberg-Fürth damit rechnen mussten, dass sie die Billigkeit ihrer Preise nicht ausreichend nachweisen könnten. Vielmehr beharrten die Stadtwerke bis zum Schluss des mehrjährigen Verfahrens auf dem Standpunkt, all ihre Preise für Strom, Gas und Trinkwasser würden der Billigkeit entsprechen und ich als Beklagter hätte die in Rechnung gestellten Beträge vollständig zu begleichen.

Als Beklagter habe ich dagegen immer die Unbilligkeit und sogar die Kartellrechtswidrigkeit der Preissetzung für Strom, Gas und Trinkwasser eingewendet. Ich verlangte stets einen Nachweis der Billigkeit durch Offenlegung der Preiskalkulationen und durch Nachweis, dass die geltend gemachten Kosten wirklich betriebsnotwendig waren. Keine der beiden Parteien hat eine gerichtliche Festsetzung beantragt. Selbst im Wege der Auslegung hätte sich kein entsprechender Antrag in verdeckter Form finden lassen. Im Kommentar von Volker Rieble in Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2009, § 315 Rn. 415 heißt es dazu (Hervorhebungen schon im Original):

Das Gestaltungsrecht setzt auch in verdeckter Form einen entsprechenden ‚Antrag’, also eine hinreichend eindeutige Willensentschließung des Berechtigten voraus, mit der er nicht bloß Leistung sondern eine richterliche Gestaltung begehrt. Keinesfalls darf der Richter von Amts wegen die Ersatzleistungsbestimmung aussprechen. Klagt der Gläubiger auf Leistung gemäß der eigenen Leistungsbestimmung und kommt das Gericht zum Ergebnis, dass diese unbillig ist, so muß es die Klage abweisen, wenn weder der Gläubiger noch der Schuldner deutlich gemach haben, daß sie eine richterliche Gestaltung wünschen. Läßt sich ein entsprechender Parteiwille dem Vortrag selbst im Wege der Auslegung nicht entnehmen, verstößt eine gleichwohl ergangene Gestaltungsentscheidung gegen § 308 Abs 1 S 1 ZPO (MünchKommZPO/MUSIELAK³ § 308 Rn 9).

Dieses Antragerfordernis ist auch gefestigte Rechtsprechung des BGH. So heißt es z. B. in dem BGH-Urteil unter Az. X ZR 60/04 vom 5.7.2005 in Abschnitt II 1. b) der Urteilsgründe (Hervorhebung durch mich):

Die entsprechende Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB hat zur Folge, daß die vom Versorgungsunternehmen angesetzten Tarife für den Kunden nur verbindlich sind, wenn sie der Billigkeit entsprechen (§ 315 Abs. 3 Satz 1 BGB). Entspricht die Tarifbestimmung nicht der Billigkeit, so wird sie, sofern das Versorgungsunternehmen dies beantragt, ersatzweise im Wege der richterlichen Leistungsbestimmung durch Urteil getroffen (§ 315 Abs. 3 Satz 2 BGB; vgl. Staudinger/Rieble, aaO Rdn. 294 f.).

Demnach hätte das OLG Nürnberg die Klage der Stadtwerke abweisen müssen, nachdem es die Kartellrechtswidrigkeit und damit auch die Unbilligkeit der Energiepreise festgestellt hatte. Auch der vom OLG Nürnberg festgestellte kartellrechtswidrige Preishöhenmissbrauch nach § 19 Abs. 4 Nr. 2 GWB hat gerade nicht automatisch die Rechtsfolge, dass ein Gericht gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB eine der Billigkeit entsprechende Bestimmung treffen könnte. Weder in seinem Urteil vom 15.6.2012 noch in seinem Verwerfungsbeschluss vom 11.7.2012 geht das OLG Nürnberg auf die zentrale Frage ein, auf welcher Rechtsgrundlage im konkreten Fall das Recht des Gerichts zur Festsetzung von Preisen beruht.

1.3 kein Antrag von mir nach § 33 GWB
Nach Seite 5 seines Beschlusses vom 11.7.2012 hat das OLG Nürnberg die Energiepreise gekürzt, weil mir als Beklagtem und Kartellgeschädigtem „ein Unterlassungsanspruch nach § 33 Abs. 2 GWB zusteht.“ Erstmalig nennt das Gericht am 11.7.2012 mit § 33 GWB die gesetzliche Grundlage, auf die es seine Entscheidung stützt. Im Urteil vom 15.6.2012 hieß es im Zusammenhang mit den Konsequenzen aus dem Preismissbrauch nach § 19 Abs. 4 Nr. 2 GWB auf Seite 14 noch nebulös, dass der „Schaden des Beklagten zu schätzen (§ 287 ZPO)“ sei.

Nun habe ich im gesamten Verfahren von September 2008 bis Juni 2012 nie einen Antrag auf Schadenersatz nach § 33 GWB gestellt. Vielmehr habe ich stets nur die Unbilligkeit und die Kartellrechtswidrigkeit der Preisgestaltung eingewendet. Aus der Kartellrechtswidrigkeit einer Preisforderung resultiert direkt deren Unbilligkeit im Sinne des § 315 BGB. Vor dem Hintergrund hätte das Gericht neue Preise nur nach § 315 Abs. 3 S. 2 BGB festsetzen können, d. h. ein Gestaltungsurteil fällen können, sofern überhaupt ein Antrag von einer der beiden streitenden Parteien vorliegt. Für eine gerichtliche Preisbestimmung nach § 315 Abs. 3 S. 2 BGB liegen aber nach den Erläuterungen aus dem vorigen Abschnitt die Voraussetzungen überhaupt nicht vor.


1.4 kein Verzinsungsanspruch
Das OLG Nürnberg bestreitet auf Seite 5 seines Verwerfungsbeschlusses vom 11.7.2012, ein Gestaltungsurteil getroffen zu haben. Vor dem Urteil vom 15.6.2012 war mir jedoch der zu zahlende, „billige“ Preis unbekannt. Damit handelt es sich in Bezug auf die Festsetzung von Strom- und Gaspreisen bei dem Urteil des OLG Nürnberg um ein sogenanntes Gestaltungsurteil. Hätte ich zu viel bezahlt, hätte ich in einem Rückforderungsprozess die Beweis- und Darlegungslast tragen müssen.

Es liegt genau die Situation vor, derentwegen die von mehreren BGH-Senaten geteilte und seit Jahren gefestigte Rechtsprechung einen Verzinsungsanspruch auf den billigen Teil der Forderung erst mit Rechtskraft des Urteils anerkennt. Details dazu sind sowohl in Vorinstanzen des Prozesses als auch in der Anhörungsrüge vom 2.7.2012 auf Seite 18 – 19 vorgetragen worden. Trotz dieses umfassenden Vortrags beharrt das OLG Nürnberg in seinem Verwerfungsbeschluss starr und ohne jede Einsichtsfähigkeit auf seiner völlig unhaltbaren Rechtsansicht.


2. Übergehen eindeutiger Beweismittel
Bei der Prüfung der Frage, ob die Trinkwasserpreise der Stadtwerke Würzburg der Billigkeit entsprechen oder ob sie sogar kartellrechtswidrig sind, hat das OLG Nürnberg eindeutige Beweismittel bewusst übergangen. In der Anhörungsrüge vom 2.7.2012 wurde nochmals dargelegt, wie sehr das Urteil des OLG Nürnberg von der Leitsatzentscheidung „Wasserpreise Wetzlar“ des BGH vom 2.2.2010 unter Aktenzeichen KVR 66/08 abweicht. Doch selbst danach überging das OLG Nürnberg zu meinem Nachteil in willkürlicher Form die vorgetragenen Preis- und Kostenbenchmarks.

2.1 Missachten eines Preis-Benchmarks
Bereits in der Berufungserwiderung vom 20.10.2009 am LG Würzburg hatte ich wie auch in der Anhörungsrüge vom 2.7.2012 folgenden Preis-Benchmark als Auszug der bayerischen Städte aus einem bundesweiten Vergleich vorgelegt, vgl. Seite 9 in http://www.ra-bohl.de/Anhorungsruge_nach_P_321a_ZPO_an_OLG_Nurnberg_v._02.07.2012.pdf.

In dem Vergleich erweist sich Würzburg als teuerster Anbieter und selbst die nach Aussagen der Stadtwerke Würzburg so preiswerte Marktgemeinde Zell erreicht nur einen der hinteren Ränge als relativ teurer Anbieter. In keinem Fall ist das Trinkwasser in Zell bayernweit am günstigsten, wie die Stadtwerke Würzburg AG in ihrem Schriftsatz vom 2.4.2009 im erstinstanzlichen Verfahren glauben machen will.

Das OLG Nürnberg stellt unter Punkt (13) auf Seite 26 seiner Urteilsbegründung in Frage, „ob die Auswahl der genannten Städte repräsentativ ist.“ Einem bayerischen Gericht dürfte die Kenntnis zuzuschreiben sein, dass es sich bei den angegebenen Orten um alle bayerischen Großstädte handelt und die Auswahl selbstverständlich „repräsentativ“ ist. Im übrigen hält der BGH in seinem Leitsatzurteil „Wasserpreise Wetzlar“ vom 02.02.2010 unter Aktenzeichen KVR 66/08 in juris-Randnummer 68 fest, dass sogar ein einziges Unternehmen zum Vergleich ausreicht, „wobei dann die wegen der schmalen Vergleichsbasis bestehenden Unsicherheiten angemessen hätten berücksichtigt werden müssen (BGHZ 129, 37, 48 - Weiterverteiler; BGH, WuW/E 2309, 2311 - Glockenheide).

Auch der 3. Abschlussbericht „Effizienz- und Qualitätsuntersuchung der kommunalen Wasserversorgung in Bayern (EffWB) 2007“ bestätigt mit einer Tabelle auf Seite 55, dass die Stadtwerke Würzburg einen weit überdurchschnittlichen Endkundenpreis für ihr Trinkwasser fordert. Während in Bayern 2006 für den normierten Haushalt 1,42 €/m³ netto (ohne Umsatzsteuer) fällig werden, verlangt die Stadtwerke Würzburg AG in Zell 1,66 €/m³ und in Würzburg 1,99 €/m³. Die Preise der Stadtwerke Würzburg sind jeweils noch um einen Grundpreisanteil von 0,13 €/m³ (= 1,250.499,46 € Grundpreiserlöse / 9.306.924,00 m³ Gesamtverbrauch im Jahr 2006) zu erhöhen.


2.2 Missachten eines Kosten-Benchmarks
Mit der Berufungsbegründung vom 20.04.2011 hatte ich am OLG Nürnberg wie in der Vorinstanz den 3. Abschlussbericht „Effizienz- und Qualitätsuntersuchung der kommunalen Wasserversorgung in Bayern (EffWB) 2007“ der Nürnberger Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Rödl & Partner GbR vorgelegt, vgl. http://www.roedl-benchmarking.de/downloads/BerichtBY2007.pdf. Die Stadtwerke Würzburg AG bzw. ihrer Muttergesellschaft WVV hat laut Teilnehmerliste an diesem Benchmark für Wasserversorger freiwillig teilgenommen. Die Untersuchung EffWB betrifft das Kalenderjahr 2006. Darin findet sich auf Seite 63 in Abschnitt 5.1 eine Darstellung der Gesamtkosten.

Selbst wenn man zu Gunsten der Stadtwerke Würzburg annimmt, dass sie bayernweit die höchsten Trinkwasserkosten aufweist, so liegt der maximale Wert von 2,03 €/m³ deutlich unter dem Arbeitspreis von 2,22 €/m³, den die Stadtwerke über das von ihr eingebrachte PWC-Gutachten als Kosten geltend machen wollte. Auch nach der Korrektur der Abschreibungsmethode liegen die angeblichen Wasserkosten der Stadtwerke Würzburg im Jahr 2006 mit 2,07 €/m³ über dem Maximalwert von 2,03 €/m³ aus dem Rödl-Gutachten EffWB. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass in den Kostenwerten des Rödl-Gutachtens diejenigen Leistungen bereits enthalten sind, die mit den Grundpreisen bezahlt werden, während bei den Stadtwerken Würzburg diese Kosten noch hinzuzurechnen sind.

Auf Seite 22 des Berichtes EffWB werden die Gesamtkosten nach der Netzeinspeisung differenziert. Mit einem Gesamtverbrauch von 9,3 Mio. m³ Trinkwasser im Jahr 2006 gehört die Stadtwerke Würzburg AG in die Klasse der größten Unternehmen und muss als Benchmark die angegebenen 1,22 €/m³ akzeptieren. Die von den Stadtwerke Würzburg berechneten Gesamtkosten von 2,22 €/m³ vor Korrektur der Abschreibungsmethode überschreiten diesen Vergleichswert um 82%. Selbst nach Korrektur der Abschreibungsmethode übersteigen die angeblichen Kosten von 2,07 €/m³ den Benchmark um rund 70 %. Auch hier wären bei den Stadtwerken Würzburg noch die anteiligen Grundentgelte in Höhe von 0,13 €/m³ hinzuzurechnen.

Das OLG Nürnberg hat die Widersprüche zwischen dem PWC-Gutachten und dem Rödl-Gutachten nicht hinterfragt, sondern dem Parteigutachten von PWC volle Beweiskraft zugesprochen. Der Benchmark der Wasserkosten lässt zweifelsfrei darauf schließen, dass die Stadtwerke Würzburg AG Monopolvorteile ausnutzt oder höchst ineffizient wirtschaftet. Die Stadtwerke missbrauchen ihre Monopolstellung in der Wasserversorgung im Sinne von § 19 Abs. 4 Nr. 2 GWB, indem sie Entgelte fordern, die von denjenigen abweichen, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würden. Bei wirksamem Wettbewerb könnte die Stadtwerke Würzburg AG ihre durch Ineffizienzen verursachten hohen Kosten nicht am Markt in den geforderten Wasserpreisen bei ihren Kunden durchsetzen.


2.3 kein Bestandsschutz für monopolbedingte Ineffizienzen
Nach der Logik des OLG Nürnberg auf den Seiten 26 – 28 seines Urteils ist folgender Billigkeitsnachweis für Trinkwasserpreise zulässig: ein Wasserversorger wie die Stadtwerke Würzburg AG legt seine Kostenkalkulation dar, und wenn die geforderten Preise nicht wesentlich über den dargelegten Kosten liegen, dann ist der geforderte Preis billig. Damit öffnet das Gericht Ineffizienzen im Betrieb der Stadtwerke und total überhöhten Kosten Tür und Tor. Denn nur dann, wenn die geltend gemachten Kosten wirklich betriebsnotwendig sind und einem effizienten Betrieb entsprechen, kann im Sinne von § 315 BGB die Billigkeit des Preises als nachgewiesen gelten. Gerade in einer Monopolsituation, wie sie bei den Stadtwerken in der Wasserversorgung vorliegt, besteht die Gefahr, dass die Kosten unwirtschaftlichen Handelns einfach an die Endverbraucher weitergewälzt werden.

Der BGH hat dazu am 02.02.2010 in seinem Leitsatzurteil „Wasserpreise Wetzlar“ unter Aktenzeichen KVR 66/08 in juris-Randnummer 42 festgestellt:

Ein Bestandsschutz für monopolbedingte Ineffizienzen oder Preisüberhöhungstendenzen ist nicht anzuerkennen (BGHZ 59, 42, 47 f. - Strom-Tarif; BGHZ 129, 37, 49 f. - Weiterverteiler; s. auch BGHZ 163, 282, 292 f. - Stadtwerke Mainz; BGH, Beschl. v. 21.10.1986 - KVR 7/85, WuW/E 2309, 2311 f. - Glockenheide).

In den juris-Randnummern 62 – 63 vertieft der BGH sogar diesen Aspekt:

An den Nachweis der Umstände, die einen ungünstigeren Preis rechtfertigen können, dürfen nicht zu geringe Anforderungen gestellt werden. Nur so lässt sich der Gefahr begegnen, dass monopolistische Kostenüberhöhungstendenzen in die Beurteilung einfließen (BGHZ 142, 239, 249 - Flugpreisspaltung). Bereits in der Begründung des Regierungsentwurfs zur 4. GWB-Novelle 1978 wird darauf abgehoben, dass die Berücksichtigung der strukturellen Verhältnisse des Versorgungsgebiets nicht zu einer ungerechtfertigten Konservierung ungünstiger Gebiets- und Unternehmensstrukturen führen dürfe (BT-Drucks. 8/2136 S. 33 f.). Das gilt auch für Mehrkosten, die dem Unternehmen als Folge topografisch oder geologisch schwieriger Bedingungen seines Versorgungsgebiets erwachsen. Auch insoweit hat es konkret nachzuweisen, in welcher Höhe solche Mehrkosten anfallen, wie diese Mehrkosten in die verlangten Preise einfließen und dass insoweit keine Rationalisierungsreserven bestehen.
Diesen Anforderungen wird das Vorbringen der Betroffenen nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts nicht gerecht. Die bloße Behauptung, sämtliche Wasserverteilungs- und Speicherkosten seien unausweichlich durch den Betrieb ihres komplexen Versorgungsnetzes veranlasst und beruhten auf den besonderen Merkmalen ihres Versorgungsgebiets, genügt nicht. Den Nachweis, welche Einrichtungen sie wegen der Geländestruktur in ihrem Versorgungsgebiet zusätzlich vorhalten muss und welche Kosten dadurch verursacht werden, hat die Betroffene nicht geführt. Unterlagen, die eine Überprüfung ermöglicht hätten, hat sie nicht vorgelegt, ebenso wenig Pläne, aus denen sich hätte entnehmen lassen, dass die Einrichtungen der Betroffenen einer rationellen Betriebsführung entsprechen.


Das OLG Nürnberg hätte erkennen müssen, dass der Vortrag der Stadtwerke Würzburg AG und die Zeugenaussagen den Anforderungen des BGH aus dem Leitsatzurteil „Wasserpreise Wetzlar“ vom 02.02.2010 nicht genügt. Die Stadtwerke haben ihre erheblichen Mehrkosten gegenüber anderen Wasserversorgern nicht sachlich gerechtfertigt, wie es der BGH für Billigkeitsnachweise und Kartellverfahren verlangt.


2.4 Repräsentativität der Studie EffWB 2007
Unverständlicherweise folgt der Kartellsenat des OLG Nürnberg nicht dem zutreffenden Argument, dass die Stadtwerke Würzburg AG ihre Wasserversorgung extrem ineffizient betreibt und nicht betriebsnotwendige Kosten in erheblicher Höhe an Endverbraucher wie mich weiterwälzen will. Stattdessen versucht das Gericht, die hohe Qualität der Studie EffWB in Zweifel zu ziehen, als es auf Seite 27 schreibt:

Die Untersuchung beruht auf der Auswertung der Daten von 69 Unternehmen, die etwa 30% der Wasserabgabe an Endkunden repräsentieren. Die Verfasser der Studie betonen mehrfach (S. 10, 14, 49, 62), dass die Zahl der teilnehmenden Unternehmen für Kenzahlen ausreiche, für repräsentative Angaben aber zu niedrig gewesen sei.

Tatsächlich entstellt das Gericht damit die Aussagen der Studie EffWB oder missdeutet sie zumindest in einer völlig unzulässigen Weise, wie eine sachgerechte Interpretation aus dem Kontext zeigt, vgl. die Tabelle auf Seite 13/14 unter http://www.ra-bohl.de/Anhorungsruge_nach_P_321a_ZPO_an_OLG_Nurnberg_v._02.07.2012.pdf. Die Verfasser der Studie EffWB äußern keinerlei grundlegende Bedenken gegen die Repräsentativität ihrer Ergebnisse für die Wasserversorgung in Bayern. Vielmehr heißt es auf Seite 14 der Studie EffWB:

Zahlenmäßig und mengenmäßig hat daher die Studie – wie bereits in den Erhebungsjahren 2000 und 2003 – zumindest in weiten Teilen repräsentativen Charakter.

Im Hinblick auf die Differenzierung der Benchmark-Teilnehmer in vier Gruppen verschieden hoher Netzeinspeisung (in Kubikmeter pro Jahr) heißt es auf Seite 15 der Studie:

Die Zahl der Teilnehmer je Gruppe ist ausreichend groß, um aussagekräftige Kennzahlenergebnisse liefern zu können.

Der Versuch des OLG Nürnberg, dem Kosten-Benchmark EffWB die Repräsentativität und damit die Beweiskraft abzuerkennen, belegt den Vorsatz in der Urteilsfindung. Das Vorgehen belegt nicht nur einen bedingten Vorsatz, sondern ein Wissen und ein Wollen der beteiligten Richter. Die Richter des Kartellsenats beabsichtigten meinen Nachteil durch ein einfaches, schnelles Urteil.


2.5 fehlender Nachweis zur Sachkunde des Gerichts
Nach Auffassung des OLG Nürnberg im Beschluss vom 11.7.2012 wurde das Privatgutachten von PWC nicht als Sachverständigengutachten verwertet, sondern als qualifizierter Parteivortrag und Urkunde herangezogen. Das Gericht hat weder im Urteil vom 15.6.2012 noch im Rückweisungsbeschluss vom 11.7.2012 dargelegt, dass es eigene Sachkunde besitzt und es deswegen in der Lage ist, die streitigen Fragen z. B. zu Verrechnungspreisen und anderen wichtigen Kostenfaktoren abschließend zu beantworten. Damit verletzt das OLG Nürnberg die Vorgaben der Leitsatzentscheidung des Bundesgerichtshofes unter Aktenzeichen II ZR 67/07 vom 2.6.2008, auf die ich bereits am 14.4.2009 hingewiesen hatte und auf die ich erneut in der Anhörungsrüge vom 2.7.2012 mehrfach aufmerksam machte, vgl. S. 6 und 8 unter http://www.ra-bohl.de/Anhorungsruge_nach_P_321a_ZPO_an_OLG_Nurnberg_v._02.07.2012.pdf. Der zweite Leitsatz des BGH-Urteils vom 02.06.2008 unter Aktenzeichen II ZR 67/07 lautet unmissverständlich:

Das Gericht darf sich ohne Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens gemäß § 286 ZPO nur dann der Bewertung eines - qualifizierten Parteivortrag darstellenden - Privatgutachtens, gegen das der Gegner Einwendungen erhoben hat, anschließen, wenn es eigene Sachkunde besitzt und darlegt, dass es deswegen in der Lage ist, die streitigen Fragen abschließend zu beurteilen.

Von Amts wegen hätte das Gericht ein gerichtliches, unabhängiges Sachverständigengutachten zum Trinkwasserpreis einholen müssen. Auf einen Beweisantrag von mir als Beklagten kommt es dabei überhaupt nicht an, wie das OLG Nürnberg auf Seite 3 seines Verwerfungsbeschlusses vom 11.7.2012 glauben machen will. Ohne eigene Sachkunde und ohne substantiierte Darlegung, dass das Gericht deswegen in der Lage war, die streitigen Fragen abschließend zu beurteilen, hat das OLG Nürnberg wissentlich und absichtlich ein Willkürurteil zu meinem Nachteil gefällt.
Titel: Zurückweisung der Anhörungsrüge (Teil 2)
Beitrag von: Lothar Gutsche am 19. August 2012, 10:46:40

3. Akzeptanz von Prozessbetrug
Bei drei Anlässen während des Prozesses am OLG Nürnberg haben die Stadtwerke Würzburg berechtigte Zweifel daran aufkommen lassen, ob sie ihre prozessuale Wahrheitspflicht aus § 138 ZPO erfüllen, vgl. im Detail die drei folgenden Unterabschnitte. Darüber hinaus versuchten die Stadtwerke Würzburg gerade bei der Kalkulation der Wasserpreise die Kosten durch eine falsche Abschreibungsmethode vorsätzlich in die Höhe zu treiben. Statt die kalkulatorischen Abschreibungen in kommunalrechtlich und handelsrechtlich zulässiger Weise auf Basis von historischen Anschaffungs-/Herstellungswerte zu berechnen, kalkulierten die Stadtwerke und PWC auf Basis der wesentlich höheren Wiederbeschaffungszeitwerte. Erst durch Beschluss des OLG Nürnberg vom 8.2.2012 sahen sich die Stadtwerke Würzburg genötigt, die Abschreibungen gesetzeskonform zu berechnen.

Über die drei Täuschungen zur tatsächlichen Höhe der Eigenkapitalrendite, zum spekulativen Charakter der Zins-Swap-Geschäfte und zur Höhe der Trinkwasserkosten hatte ich das OLG Nürnberg mit Schriftsatz vom 25.10.2011 umfassend informiert, vgl. http://www.ra-bohl.de/Schriftsatz_an_OLG_Nurnberg_v._25.10.2011.pdf. Das Gericht hat die Täuschungen nicht strafrechtlich als Prozessbetrug durch die zuständigen Strafverfolgungsbehörden ahnden lassen. Zumindest hätte die mehrfache, klare Verletzung der Wahrheitspflicht die Glaubwürdigkeit der Stadtwerke Würzburg auch in allen anderen Punkten ihres Vortrags nach § 286 ZPO erschüttern müssen. Nach den Vorkommnissen hätte das Gericht nur noch vereidigte, unabhängige Sachverständige als Zeugen zulassen dürfen. Stattdessen hat das Gericht mindestens zwei der drei Täuschungen sogar in entscheidungsrelevanter Weise zu meinem Nachteil akzeptiert.


3.1 Irreführung bei der Eigenkapitalrendite
Die Stadtwerke Würzburg haben auf Seite 11 – 12 ihres Schriftsatzes vom 30.9.2012 versucht, das Gericht über die tatsächliche Höhe ihrer Eigenkapitalrendite mit folgender Aussage zu täuschen.

Die in 2002 von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft WIBERA ausgewiesene Eigenkapitalrendite legt eine Berechnungsmethode zugrunde, die unüblich ist. Die ausgeworfenen 38,2 % nehmen auch erfolgsneutrale Ertragszuschüsse als Eigenkapital auf, was bilanztechnisch zulässig ist. Die WIBERA nahm Ertragszuschüsse, d.h. Beiträge der Kunden für Hausanschlüsse als Eigenkapital auf. Diese Ertragszuschüsse sind nach 20 Jahren aufzulösen. Sie dürfen also nicht dem Eigenkapital zugerechnet werden.

Die Ausführungen der Stadtwerke Würzburg zur Berechnung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft WIBERA sind verwirrend. Im Prozess am OLG Nürnberg wurde nicht bekannt, was die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft WIBERA in 2002 in welchem Dokument nach welcher Berechnungsmethode als Eigenkapitalrendite in Höhe von 38,2 % ausgewiesen hat. Es erscheint jedoch betriebswirtschaftlich vollkommen widersinnig, die Ertragszuschüsse von Kunden der Klägerin zum Eigenkapital hinzuzurechnen, weil die Kunden an den positiven Geschäftsergebnissen überhaupt nicht in Form von Dividenden teilhaben wie es die Gesellschafter der Klägerin tun. Im Übrigen würde eine Vergrößerung des Eigenkapitals bei gleichbleibendem Gewinn die Eigenkapitalrendite reduzieren und nicht erhöhen, denn die Eigenkapitalrendite ist definiert als der Quotient Jahresüberschuss/Eigenkapital. Die Eigenkapitalrendite (oft auch Eigenkapitalrentabilität, englisch Return on Equity, ROE) ist eine betriebswirtschaftliche Kennzahl und Steuerungsgröße, die dokumentiert, wie hoch sich das vom Kapitalgeber investierte Kapital innerhalb einer Rechnungsperiode verzinst hat.

An Hand der testierten Jahresabschlüsse zeigte ich auf Seite 38 – 40 im Schriftsatz vom 25.10.2011, wie hoch die Eigenkapitalrendite der Stadtwerke Würzburg AG tatsächlich war, vgl. http://www.ra-bohl.de/Schriftsatz_an_OLG_Nurnberg_v._25.10.2011.pdf. Speziell machte ich auf die gravierenden Differenzen in den Jahren 2006 und 2007 des streitgegenständlichen Zeitraums aufmerksam. Damit waren dem OLG Nürnberg die Art und das Ausmaß der Irreführung bezüglich der Eigenkapitalrendite bekannt. Trotzdem legte das OLG Nürnberg in seinem Urteil vom 15.6.2012 bei der Preisfestsetzung von Strom und Gas die manipulierten, zu niedrigen Eigenkapitalrenditen zu Grunde. Selbst nachdem das OLG Nürnberg auf Seite 15 in der Anhörungsrüge vom 2.7.2012 auf die tatsächliche Höhe der Eigenkapitalrendite hingewiesen wurde, bestätigte das Gericht in seinem Verwerfungsbeschluss auf Seite 4 unter Punkt II. 2. nochmals ausdrücklich, dass es die falschen Eigenkapitalrenditen der Stadtwerke akzeptiert. Zu meinem Nachteil nahm der Kartellsenat des OLG Nürnberg eine Manipulation der testierten Jahresabschlüsse hin und akzeptierte sogar logisch widersprüchliche Aussagen der Stadtwerke als Klägerin.


3.2 Irreführung zum spekulativen Charakter der Zins-Swap-Geschäfte
Die Stadtwerke Würzburg haben auf Seite 12 ihres Schriftsatzes vom 30.09.2012 eine falsche Aussage zu ihren verlustreichen Zinsderivatgeschäften getätigt und damit den rein spekulativen Charakter der Zins-Swap-Geschäfte verschleiert:

Die Klägerin tätigte zu keinem Zeitpunkt Zins-Swap-Geschäfte, die zu Lasten der Klägerin einen Schaden von 4,1 Mio. Euro verursachten. Die Klägerin hatte am 4.1.2005 mit der Deutschen Bank AG ein Geschäft über einen sogenannten CMS Spread-Ladder-Swap abgeschlossen. Ein solches Geschäft, das für die Klägerin nicht neu ist, wurde bei der Klägerin zu diesem Zeitpunkt schon mehrere Jahre mit den unterschiedlichsten Banken eingesetzt und diente ausschließlich der Absicherung aufgenommener Kredite.

Die Aussage, dass die Zins-Swap-Geschäfte „ausschließlich der Absicherung aufgenommener Kredite dienten“, ist falsch. Denn sie verschleiert, dass es sich bei den verlustbringenden Swap-Geschäften der Stadtwerke um völlig andere Derivate handelte als in früheren Jahren, siehe Seite 41 – 42 in http://www.ra-bohl.de/Schriftsatz_an_OLG_Nurnberg_v._25.10.2011.pdf. Die Millionen-Verluste der Stadtwerke beruhen nach Abschnitt 1.4.2 von http://www.ra-bohl.de/Schriftsatz_an_OLG_Nurnberg_v._25.10.2011.pdf auf massiven Verletzungen von Kommunalrecht und Aktiengesetz. Die Zins-Swap-Geschäfte sind vorsätzlich eingegangen worden und das Ergebnis purer Spekulation, siehe Abschnitt 1.4.3 in http://www.ra-bohl.de/Schriftsatz_an_OLG_Nurnberg_v._25.10.2011.pdf. Das alles hätten die Stadtwerke Würzburg wissen müssen, nachdem sie mit hohem Aufwand seit 2007 am Landgericht Würzburg, am OLG Bamberg und in Form einer Nichtzulassungsbeschwerde am BGH gegen die Deutsche Bank wegen Schadenersatz für die Zins-Swap-Verlusten klagten.

Die Verluste aus den Zins-Swap-Geschäften waren vermeidbar, belasten das Geschäftsergebnis der Klägerin und erhöhen die Kosten für Strom, Gas und Trinkwasser im streitgegenständlichen Zeitraum. Die Form und die Bedeutung der Täuschung habe ich dem OLG Nürnberg in Abschnitt III 1.4 meines Schriftsatzes vom 25.10.2011 auf den Seiten 41 – 47 in http://www.ra-bohl.de/Schriftsatz_an_OLG_Nurnberg_v._25.10.2011.pdf ausführlich dargestellt.


3.3 Irreführung bei der Höhe der Trinkwasserkosten
Die Stadtwerke Würzburg haben zur Rechtfertigung ihrer Trinkwasserpreise mit der PWC-Studie für das Kalenderjahr 2006 Kosten in einer Höhe vorgelegt, die deutlich oberhalb der Kosten aus dem Abschlussbericht „Effizienz- und Qualitätsuntersuchung der kommunalen Wasserversorgung in Bayern (EffWB) 2007“ liegen, obwohl die Stadtwerke Würzburg bzw. deren Muttergesellschaft WVV laut Teilnehmerliste an dem Benchmark teilgenommen hatte. Die Widersprüchlichkeit der Kostenaussagen zeigte ich sowohl auf Seite 54 meiner Berufungsbegründung vom 20.04.2011 als auch in meinem Schriftsatz vom 25.10.2011, dort in Abschnitt III 3.6 auf Seite 66, vgl. http://www.ra-bohl.de/Schriftsatz_an_OLG_Nurnberg_v._25.10.2011.pdf. Die Stadtwerke Würzburg wollten offensichtlich das Gericht hinsichtlich ihrer Trinkwasserkosten täuschen und in die Irre führen. Durch die Akzeptanz des Prozessbetrugs begingen die Richter des OLG Nürnberg zu meinem Nachteil einen schweren Rechtsverstoß, der nach den Grundsätzen der BGH-Rechtsprechung  als Rechtsbeugung im Sinne des § 339 StGB zu werten ist.



4. Nichtzulassung der Revision
Um ihr Willkürurteil einer weiteren Prüfung durch den Bundesgerichtshof zu entziehen, haben die Richter des OLG Nürnberg die Revision nicht zugelassen. Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung hätten die Richter nach § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zulassen müssen, um im vorliegenden Einzelfall folgende Fragen zu klären:

Darüber hinaus ist nach § 543 Abs. 2 ZPO die Revision auch zur Klärung zweier grundsätzlicher Fragen zuzulassen:

Mit seinem Urteil vom 15.6.2012 und seinem Rückweisungsbeschluss vom 11.7.2012 erschwert das OLG Nürnberg in unzumutbarer und geradezu unerfüllbarer Weise den Rechtsweg für mich. Die Rechtsanwendung des 1. Zivilsenats am OLG Nürnberg ist offenkundig unrichtig. Daher ist der Beschluss mit Aktenzeichen 1 U 605/11 willkürlich. Die Nichtzulassung der Revision durch das OLG Nürnberg verstößt im Hinblick auf eine einheitliche Rechtsprechung und zur Klärung zweier Grundsatzfragen selbst gegen das Willkürverbot.

Offensichtlich scheuen die Richter Peter Küspert, Thomas Koch, Peter Hilzinger und Dr. Michael Hammer vom OLG Nürnberg eine Revision. Denn die Revision endet mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einer Aufhebung ihres Urteils vom 15.6.2012 und eventuell mit einer Rückverweisung. Die Richter waren nur an einem möglichst kurzen, einfachen Prozess interessiert und wollten ihren eigenen Arbeitsaufwand minimieren. Die Richter begingen die oben beschriebenen Rechtsbeugungs-Taten. Um den beabsichtigten Erfolg zu meinem Nachteil abzusichern, haben die Richter des OLG Nürnberg die Revision nicht zugelassen. Die Nichtzulassung der Revision ist deshalb als ein weiterer Beleg für den Vorsatz im Handeln der Nürnberger Richter zu werten.


Vorliegend handelt es sich offenbar um mehr als eine objektiv unrichtige Rechtsanwendung. Die vier beschuldigten Richter haben sich bewusst und in schwerwiegender Weise von Recht und Gesetz entfernt und grundlegende Prinzipien des Rechts und elementare Normen als Ausdruck der rechtsstaatlichen Rechtspflege angegriffen. Damit handelt es sich selbst nach den gesetzwidrig überhöhten Vorgaben des Bundesgerichtshofes aus dem Urteil 4 StR 353/92 vom 29. Oktober 1992 und der ständigen Rechtsprechung des BGH um Rechtsbeugung im Sinne des § 339 StGB.

Natürlich habe ich all diese und noch weitere Kritikpunkite zum Gegenstand von Verfassungsbeschwerden beim Bundesverfassungsgerivcht und beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof gemacht. Darüber hinaus werde ich die vier beteiligten OLG-Richter wegen des dringenden Verdachts der Rechtsbeugung anzeigen. Solche "Richter" erwarte ich in einem sogenannten "Rechtsstaat" nicht. 

Viele Grüße
Lothar Gutsche
Email: Lothar.Gutsche@arcor.de

P.S.:
Wem meine Ausführungen zur Preisfestzung bei gerichtlich festgestellter Unbilligkeit unglaubwürdig erscheinen, dem empfehle ich die Lektüre des viel gelesenen Grundsatz-Threads "Wann/wie erfolgt gerichtliche Feststellung billiger Preise?" unter http://forum.energienetz.de/index.php/topic,4506.0.html. Dort erläutert RR-E-ft sehr verständlich und nachvollziehbar, wann und wie ein Gericht überhaupt zur Anwendung von § 315 Absatz 3 Satz 2 gelangen kann.


Titel: Fortgang 1: Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht
Beitrag von: Lothar Gutsche am 09. November 2012, 21:31:53
Am 14.8.2012 hatte ich beim Bundesverfassungsgericht eine Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des OLG Nürnberg vom 15.6.2012 unter Az. 1 U 605/11 und den Beschluss des OLG Nürnberg vom 11.7.2012 unter Az. 1 U 605/11 (Zurückweisung der Gegenvorstellung und der Gehörsrüge) eingelegt. Mit meiner Verfassungsbeschwerde gegen die beiden vorgenannten Entscheidungen des OLG Nürnberg rügte ich die Verletzung des rechtlichen Gehörs und des Willkürverbotes. Inhaltlich besteht die Verfassungsbeschwerde im Wesentlichen aus den Argumenten der Anhörungsrüge vom 2.7.2012. Ergänzt habe ich sie durch eine umfangreiche Stellungnahme zum Verwerfungsbeschluss des OLG Nürnberg vom 11.7.2012 und um Angaben zur rechtlichen Zulässigkeit und zu Annahmevoraussetzungen. Als Anlagen hat ich das Urteil vom 15.6.2012, die Anhörungsrüge vom 2.7.2012, den Verwerfungsbeschluss vom 11.7.2012 und den großen Schriftsatz vom 25.10.2011 beigefügt. Aus dem Eingangsstempel zum Verwerfungsbeschluss geht hervor, dass der Beschluss meinem Rechtsanwalt am 19.7.2012 zugestellt worden ist.

Mit Schreiben vom 17.8.2012 teilte mir Frau AR-Referentin Krause-Reul unter Az. AR 6540/12 mit, dass meiner Verfassungsbeschwerde nicht das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 16.2.2011 unter Az. 3 O 3188/10 beigefügt ist und auch dessen Inhalt nicht in ausreichendem Maße übermittelt wird, obwohl das Urteil des OLG Nürnberg auf dessen Tatbestand Bezug nimmt. Meine Verfassungsbeschwerde sei deshalb nicht genügend begründet, und ich solle meine Rechtsaufassung überprüfen. Falls ich mich nicht anderweitig äußere, würde das Verfahren zu meiner Verfassungsbeschwerde nicht fortgesetzt.

Daraufhin trug ich schriftlich vor, dass die Verfassungsbeschwerde detailliert und umfassend beschreibt, inwieweit das OLG Nürnberg mit den beiden Entscheidungen meine Grundrechte verletzt hat. Ich erklärte, dass ich die Vorinstanz am LG Nürnberg-Fürth in der Verfassungsbeschwerde überhaupt nicht angreife. In der Verfassungsbeschwerde würde ich auf das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth nur am Rande Bezug nehmen, um den allgemeinen Verfahrensablauf zu schildern. Nach meiner Auffassung würde meine Verfassungsbeschwerde vom 14.8.2012 und die zugehörigen Anlagen sämtliche Tatsachen beschreibt, die zur verfassungsrechtlichen Beurteilung der Grundrechtsverletzungen relevant sind. Des Weiteren würde die Verfassungsbeschwerde Rechtsausführungen zu ihrer Zulässigkeit und Begründetheit beinhalten. Die Auffassung aus dem Schreiben von Frau AR-Referentin Krause-Reul, ich müsste auch das Urteil der Vorinstanz am LG Nürnberg-Fürth beifügen oder dazu vortragen, würde die Darlegungsanforderungen an eine Verfassungsbeschwerde überspannen. Deshalb verlangte ich nach § 61 Abs. 2 BVerfGGO eine richterliche Entscheidung. Die Verfassungsbeschwerde sollte vom Allgemeinen Register in das Verfahrensregister übertragen werden.

Am 26.9.2012 beschlossen Prof. Dr. Reinhard Gaier, Prof. Dr. Andreas L. Paulus und Prof. Dr. Gabriele Britz als Richter der 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts unter Aktenzeichen 1 BvR 1873/12 einstimmig: „Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie unzulässig ist.“ Der ablehnende Beschluss 1 BvR 1873/12 ist unanfechtbar und nicht näher begründet, sondern erschöpft sich in dem zitierten Satz. Gründe für die Unzulässigkeit wurden mir nicht mitgeteilt. Nach § 93d Abs. 1 BVerfGG bedarf die Ablehnung der Annahme der Verfassungsbeschwerde keiner Begründung.

Allerdings muss der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts rechtsstaatlichen Grundsätzen genügen – und daran habe ich meine Zweifel. Eine diesbezügliche Strafanzeige gegen die Richter des Bundesverfassungsgerichts wegen des Verdachts der Rechtsbeugung blieb bei der Staatsanwaltschaft Karlsruhe ohne Erfolg. Mit Bescheid 120 Js 33206/12 vom 26.10.2012 hat Herr Staatsanwalt Dr. Kitanoff entschieden, gemäß § 152 Abs. 2 StPO kein Ermittlungsverfahren einzuleiten. Denn nach seiner Ansicht besteht kein Anfangsverdacht für ein strafbares Verhalten der Richter und es liegen keine Verstöße gegen grundlegende Prinzipien des Rechts vor. Eine juristische Abwägung und Argumentation, auf deren Grundlage der Beschluss 1 BvR 1873/12 gefällt wurde und die Herr Dr. Kitanoff in seinem Bescheid vom 26.10.2012 behauptet, ist für mich überhaupt nicht sichtbar. Deshalb habe ich gegen den Bescheid der Staatsanwaltschaft Karlsruhe innerhalb der Zwei-Wochen-Frist Beschwerde bei der zuständigen Generalstaatsanwaltschaft eingelegt.

Mit freundlichen Grüßen
Lothar Gutsche
Email: Lothar.Gutsche@arcor.de
Titel: Fortgang 2: Strafanzeige gegen die OLG-Richter bei der Staatsanwaltschaft Nürnbe
Beitrag von: Lothar Gutsche am 09. November 2012, 21:50:14
Am 21.8.2012 habe ich bei der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth die Richter des OLG Nürnberg Peter Küspert, zugleich Präsident des OLG Nürnberg, Thomas Koch, Peter Hilzinger und Dr. Michael Hammer wegen Rechtsbeugung nach § 339 StGB angezeigt. Denn sie haben mich meiner Ansicht nach durch Beugung des Rechts in dem Zivilstreit mit den Stadtwerken Würzburg unter Aktenzeichen 1 U 605/11 schwer benachteiligt. Inhaltlich habe ich das im Wesentlichen mit den Argumenten aus der Verfassungsbeschwerde begründet.

Mit Bescheid 108 Js 1179/12 vom 26.9.2012 hat Herr Oberstaatsanwalt Ellrott von der Staatsanwaltschaft Nürnberg entschieden, gemäß § 152 Abs. 2 StPO kein Ermittlungsverfahren einzuleiten. Der Bescheid der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth ging mir am 6.10.2012 zu. Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth begründet ihren Einstellungsbescheid inhaltlich nicht. Der gesamte Bescheid vom 26.9.2012 besteht bis auf das Aktenzeichen und das Datum der von mir angegriffenen Urteile und Beschlüsse aus reinen Textbausteinen, die überhaupt keinen Bezug zur vorliegenden Strafanzeige aufweisen. So geht der Bescheid vom 26.9.2012 gar nicht auf die Verstöße der OLG-Richter gegen die gesetzlichen Grundlagen der Preisfestsetzung ein, der Bescheid erörtert nicht das Übergehen eindeutiger Beweismittel beim Wasserpreis, der Bescheid befasst sich nicht mit dem dreifach akzeptierten Prozessbetrug und der Bescheid geht nicht auf die Gehörsverletzungen und Willkür im Handeln der vier OLG-Richter ein. Jeder der vier genannten Kritikpunkte ist in meiner Strafanzeige vom 21.8.2012 in einem eigenen Kapitel ausführlich erläutert.

Die vier von mir beschuldigten Richter haben sich bewusst und in schwerwiegender Weise von Recht und Gesetz der ZPO entfernt und grundlegende Prinzipien des Rechts und elementare Normen als Ausdruck der rechtsstaatlichen Rechtspflege angegriffen. Der Bescheid 108 Js 1179/12 der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth ist inhaltlich völlig unsubstantiiert und lässt nicht erkennen, warum es sich im Zivilverfahren 1 U 605/11 nicht um eine strafbare Handlung der Rechtsbeugung handelt. Deshalb habe ich gegen den Bescheid der Staatsanwaltschaft innerhalb der Zwei-Wochen-Frist bei der zuständigen Generalstaatsanwaltschaft Beschwerde eingelegt und die Verantwortlichen der Staatsanwaltschaft Nürnberg wegen Strafvereitelung im Amt und wegen Rechtsbeugung angezeigt.


Mit freundlichen Grüßen
Lothar Gutsche
Email: Lothar.Gutsche@arcor.de
Titel: Fortgang 3: Verfassungsbeschwerde beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof
Beitrag von: Lothar Gutsche am 09. November 2012, 21:59:55
Am 14.8.2012 hatte ich parallel zu der Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht auch eine fast identische Verfassungsbeschwerde beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof gegen das Urteil des OLG Nürnberg vom 15.6.2012 unter Az. 1 U 605/11 eingelegt. Mit Schreiben vom 12.10.2012 antwortet mir unter Aktenzeichen Vf. 65-VI-12 Dr. Tobias Igloffstein, Richter am Oberlandesgericht, in seiner Funktion als Referent des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes mit einem 13 Seiten langen Schreiben. Darin sind einige allgemeine organisatorische Regeln zum Ablauf einer Verfassungsbeschwerde enthalten und Informationen zu den Grenzen, innerhalb derer der Verfassungsgerichtshof überhaupt gerichtliche Entscheidungen überprüft.

Am meisten beeindruckt hat mich in dem Schreiben vom 12.10.2012 der zweimalige Hinweis auf das erhebliche Kostenrisiko einer Verfassungsbeschwerde beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof. Wenn die Verfassungsbeschwerde unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist, kann der Verfassungsgerichtshof mir als Beschwerdeführer eine Gebühr von bis zu 1.500 Euro auferlegen, die ich als Vorschuss zahlen muss, falls das Verfassungsbeschwerdeverfahren auf meinen Wunsch hin trotzdem fortgeführt werden soll. Über die Auferlegung eines Kostenvorschusses beschließt der Verfassungsgerichtshof in der so genannten kleinen Besetzung, bestehend aus dem Präsidenten und zwei berufsrichterlichen Mitgliedern. Bis zum 12.11.2012 sollte ich mich zu der Mitteilung des Herrn Dr. Igloffstein äußern und insbesondere erklären, ob ich angesichts der erteilten Hinweise und angesichts des Kostenrisikos die Verfassungsbeschwerde weiter betreiben will. Das Schreiben des Referenten ist insgesamt so aufgebaut, dass es mir nahelegt, die Beschwerde nicht weiter zu verfolgen. Der einzige Haken an dem Schreiben ist sein Absender, der nämlich nicht in seiner Funktion als Richter eines OLG schreibt, sondern als Teil der Exekutive.

Meine Verfassungsbeschwerde hat nach Ansicht des Herrn Dr. Igloffstein „keine Aussicht auf Erfolg, da sie unbegründet sein dürfte.“ Seine Auffassung begründet Herr Dr. Igloffstein auch sehr ausführlich auf rund 10 Seiten, indem er jede Gehörsrüge und jeden Vorwurf der Willkür einzeln diskutiert. Dabei macht sich der Referent des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes allerdings einzig die Argumente des OLG Nürnberg zu Eigen und präsentiert keine neuen eigenen Gedanken. So beruft sich Herr Dr. Igloffstein an den wirklich entscheidenden Stellen auf die gleichen Urteile und Kommentare wie das OLG Nürnberg. Da der Referent des Verfassungsgerichtshofes offenbar eine wichtige Filterfunktion ausübt und quasi vor dem eigentlichen Gericht durch seine Stellungnahme die Weichen stellt, musste ich umfassend zu den einzelnen Punkten Stellung nehmen.

Der Referent ging in seiner Stellungnahme besonders ausführlich auf bestimmte GWB-Kommentare ein. Das hat mich veranlasst, die vom OLG Nürnberg und zitierten Quellen einmal zu prüfen und hat einen geradezu unglaublichen Vorgang ans Tageslicht gefördert. Der Vorgang betrifft die zentrale Frage, ob das OLG Nürnberg nach der von ihm festgestellten Kartellrechtswidrigkeit der Energiepreise überhaupt neue Preise bestimmen durfte. Um das tatsächlich nicht vorhandene Recht des Gerichts zu begründen, wurde ein Kommentar zum Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen völlig sinnentstellend zitiert und missbraucht, um eine formale Scheinbegründung für die gerichtliche Preisbestimmung zu produzieren. Das möchte ich im Folgenden etwas näher ausführen.


sinnentstellendes Zitat aus Kommentarliteratur
Das OLG Nürnberg stützt sein Recht, für Strom und Gas neue Preise festzusetzen auf folgende Überlegung, vgl. Seite 14 des Urteils unter http://www.ra-bohl.de/Urteil_OLG_Nurnberg_vom_15.06.2012.pdf:

Die Bestimmung des § 19 GWB in der seit 1.1.1999 geltenden Fassung verbietet den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung als solchen und ist damit Verbotsgesetz im Sinne von § 134 BGB (Bechtold, GWB, 6. Aufl., § 19 Rn. 116; Möschel, in: Immenga/Mestmäcker, GWB, 4. Aufl., § 19 Rn. 248). Die Nichtigkeit führt jedoch im Wege der teleologischen Reduktion zur Aufrechterhaltung des Vertrages mit wettbewerbsanalogen Preisen; denn § 19 GWB ordnet die Nichtigkeit nur insoweit an, als die Nichtigkeitsfolge mit dem Normzweck des § 19 GWB – hier dem Schutz des Vertragspartners vor überhöhten Preisen – in Einklang steht. (Möschel, aaO, § 19 Rn. 248).

Die „teleologische Reduktion“ und die Bestimmung „wettbewerbsanaloger Preise“ leitet das OLG Nürnberg demnach aus der Kommentarquelle „Möschel, in: Immenga/Mestmäcker, GWB, 4. Aufl., § 19 Rn. 248“ ab. Dort heißt es jedoch:

Es stellt sich aber die Frage, ob Verträge im Wege einer teleologischen Reduktion der Nichtigkeitsfolge gem. § 134 BGB an wettbewerbsanaloge Preise und Konditionen anzupassen sind (sog. geltungserhaltende Reduktion). Nach den allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen sind bei Verstößen gegen Preisbestimmungen die Geschäfte zu dem zulässigen Preis aufrechtzuerhalten, da sie preiswidrige Verträge nicht gänzlich unterbinden wollen, sondern nur die preisgünstige Versorgung der Abnehmer durch Aufrechterhaltung der Rechtsgeschäfte bezwecken. Für eine entsprechende teleologische Reduktion des § 134 BGB besteht im Bereich des Ausbeutungsmissbrauches kein Bedürfnis. Das Schutzziel des § 19 kann wettbewerbskonformer mittels eines Anspruchs gerichtet auf Abschluss eines Vertrages zu wettbewerbsanalogen Preisen gem. § 33 Abs. 3 i.V.m. § 19 erreicht werden.

Im vorliegenden Fall liegt ein Ausbeutungsmissbrauch vor. Denn das Gericht stellt in seinem Urteil auf Seite 10 unten für Gas und auf Seite 18 unten für Strom einen Verstoß gegen § 19 Abs. 4 Nr. 2 GWB fest. Nach dem Kommentar von Möschel besteht „für eine entsprechende teleologische Reduktion des § 134 BGB  im Bereich des Ausbeutungsmissbrauches kein Bedürfnis“. Diese Aussage steht im eindeutigen Widerspruch zu dem Zitat aus dem Urteil des OLG Nürnberg, das Raum sieht für eine „teleologische Reduktion“. Es ist ein Beleg für Willkür, wenn ein Gericht sein Urteil auf eine Kommentarstelle eines renommierten Kommentars stützt, aber die Kommentarstelle genau das Gegenteil von dem aussagt, was das Gericht daraus entnehmen will. Überraschenderweise bejaht auch der promovierte Jurist Tobias Igloffstein auf Seite 11 unter Punkt d) und auf Seite 12 unter Punkt b) seiner Stellungnahme vom 12.10.2012 die teleologische Reduktion auf wettbewerbsanaloge Preise. Offenbar ist es in einigen juristischen Kreisen Bayerns nicht mehr üblich, Zitate zu prüfen und Sinn-konform zu verwenden.


kartellrechtliche Antragserfordernisse nach GWB
Der oben zitierte GWB-Kommentar von Möschel will das Schutzziel des § 19 GWB „wettbewerbskonformer mittels eines Anspruchs gerichtet auf Abschluss eines Vertrages zu wettbewerbsanalogen Preisen gem. § 33 Abs. 3 i.V.m. § 19“ erreichen. Genau den Ansatz verfolgt das OLG Nürnberg, wie der Verwerfungsbeschluss vom 11.7.2012 auf Seite 5 mit der Aussage einräumt, dass „dem Beklagten ein Unterlassungsanspruch nach § 33 Abs. 2 GWB zusteht, den er dem Zahlungsanspruch der Klägerin entgegenhalten kann.“ Das Vorgehen des Gerichts hat nur einen Haken: § 33 GWB ist im vorliegenden Fall überhaupt nicht anwendbar, weil gar kein Antrag des geschädigten Beschwerdeführers auf Schadenersatz vorliegt. Der Beklagte „kann“ der Klägerin wegen deren Kartellrechtsverstoß einen Zahlungsanspruch entgegenhalten, muss es aber nicht und hat es faktisch auch nicht getan. Der im Urteil zitierte Kommentar von „Bechtold, GWB, 6. Aufl., § 19 Rn. 116“ räumt den Geschädigten nur die Möglichkeit des Schadenersatzes ein (Hervorhebung durch mich): „Über § 33 kann der „Betroffene“ auch Beseitigungs-, Unterlassungs- und Schadenersatzansprüche geltend machen (vgl. § 33 Rn. 9 ff.).“ Wenn ein Betroffener wie ich auf diese Möglichkeit verzichtet, dann kann es auch keine Schätzung des Schadens durch das Gericht geben. Warum ich keinen Schadenersatz forderte, liegt an meiner Argumentationslinie, die jedoch vom OLG Nürnberg völlig ignoriert wird.

Zum Vergleich stelle man sich einen Kartellzivilprozess vor, in dem der Geschädigte einem marktbeherrschenden Unternehmen den Missbrauch seiner marktbeherrschenden Stellung vorwirft und sogar nach § 19 GWB vor Gericht beweisen kann. Wenn der Kartellgeschädigte in dem Kartellzivilprozess nicht zusätzlich einen Antrag auf Schadenersatz nach § 33 Abs. 1 und Abs. 3 GWB stellt, kann das Gericht nicht von sich aus einen Schadenersatz zusprechen, Das verbietet der Antrags-Grundsatz „ne ultra petita“, der besagt, dass ein Gericht nicht mehr zusprechen darf, als beantragt wurde. Im deutschen Zivilprozessrecht ist der Antrags-Grundsatz in § 308 Abs. 1 ZPO verankert. Ohne Antrag auf Schadenersatz muss das Gericht in dem Beispiel deshalb bei der Feststellung verbleiben, dass ein Kartellrechtsverstoß im Sinne des § 19 GWB vorliegt.

§ 19 GWB zum Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung eröffnet dem Gericht keine Möglichkeit zur Preisgestaltung. Das stellt der BGH in dem Leitsatzurteil VIII ZR 36/06 fest, das in der Stellungnahme des Herrn Dr. Igloffstein auf Seite 11 unter Punkt b) mit „NJW 2007, 2540/2541“ zitiert wird und eine zentrale Rolle spielt. Denn in juris-Randnummer 18 heißt es (ohne die dort angegebenen Quellen, Hervorhebung durch mich):

c) § 315 BGB in unmittelbarer Anwendung ist gegenüber § 19 Abs. 4 Nr. 2, § 33 GWB in der für den vorliegenden Fall maßgeblichen Fassung vom 26. August 1998 nicht subsidiär. § 315 Abs. 3 BGB stellt eine Regelung des Vertragsrechts dar, der ein hoher Gerechtigkeitsgehalt zukommt. Sie ermöglicht es dem der Leistungsbestimmung Unterworfenen, die vorgenommene Bestimmung gerichtlich auf ihre Billigkeit überprüfen und durch (gestaltendes) Urteil neu treffen zu lassen (§ 315 Abs. 3 Satz 2 BGB). Demgegenüber ist der Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch gemäß § 19 Abs. 4 Nr. 2, § 33 GWB ein deliktischer Anspruch, der eine Gestaltungsmöglichkeit nicht unmittelbar bereitstellt.

Als Ergebnis bleibt festzuhalten, dass im vorliegenden Verfahren § 33 GWB vom Gericht mangels Antrag überhaupt nicht anwendbar ist. Darauf aufbauend können auch keine wettbewerbsanalogen Preise „gem. § 33 Abs. 3 i.V.m. § 19 GWB“ bestimmt werden, wie es der GWB-Kommentator Möschel vorschlägt. Der Verstoß des OLG Nürnberg gegen den Antrags-Grundsatz ist ein klarer Beleg für willkürliches Handeln des Gerichts.


Argumentationslinie Gutsche imZivilprozess
Als Beklagter habe ich gegen die Zahlungsforderung der Stadtwerke Würzburg immer die Unbilligkeit und sogar die Kartellrechtswidrigkeit der Preissetzung für Strom, Gas und Trinkwasser eingewendet. Letztlich hatte ich das OLG Nürnberg mit meinem umfangreichen Vortrag davon überzeugt, dass zumindest die Preise für Strom und Erdgas § 19 Abs. 4 Nr. 2 GWB verletzen. Des weiteren hatte ich wiederholt vorgetragen, dass aus der Kartellrechtswidrigkeit sowohl die Nichtigkeit der Preisforderung nach § 134 BGB resultiert als auch die Unbilligkeit im Sinne von § 315 BGB. Der Schluss von der Kartellrechtswidrigkeit auf die Unbilligkeit wird vom Kartellsenat des BGH im Leitsatzurteil „Erdgassondervertrag“ vom 29.4.2008 mit Aktenzeichen KZR 2/07 unter juris-Randnummer 15, Satz 1, geteilt:

Zwar nimmt das Berufungsgericht zu Recht an, dass eine Preiserhöhung, mit der die Beklagte ihre marktbeherrschende Stellung missbrauchen würde, auch vertragsrechtlich nicht angemessen wäre und nicht der Billigkeit im Sinne des § 315 BGB entspräche.

Die Unbilligkeit eines kartellrechtswidrigen Preises resultiert auch direkt aus dem Billigkeits-begriff. Nach dem Kommentar von Volker Rieble in Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2009, § 315 Rn. 305, erlegt § 315 BGB vor allem der bestimmungsberechtigten Partei auf, nicht nur die eigenen Interessen, sondern auch die des Vertragspartners zu berücksichtigen. Der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung nach § 19 GWB lässt sich mit einer solchen Zweckbestimmung nicht vereinbaren. Deshalb ist eine nach § 134 BGB verbotsgesetzwidrige oder nach § 138 BGB sittenwidrige Leistungsbestimmung unbillig, so Rieble in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2009, § 315 Rn. 297. Genauso sehen auch die GWB-Kommentare den Zusammenhang zwischen § 19 GWB und § 315 BGB, so z. B. Möschel, in: Immenga/Mestmäcker, GWB, 4. Aufl., § 19 Rn. 260. Ein gegen § 19 GWB verstoßender Preis kann nicht mehr billigem Ermessen entsprechen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Kartellsenats am BGH betrifft die Unbilligkeit nicht nur die Preiserhöhung, sondern den Gesamtpreis inklusive Preissockel, vgl. die Leitsatzentschei-dungen KZR 36/04 vom 18.10.2005 („Stromnetznutzungsentgelt“), KZR 29/06 vom 4.3.2008 („Stromnetznutzungsentgelt III“) und KZR 2/07 vom 29.4.2008 („Erdgassondervertrag“). Zu dem Ergebnis gelangen auch die Überlegungen aus meiner Verfassungsbeschwerde zur Teilunverbindlichkeit von Preisforderungen. Aus der Unbilligkeit der (Gesamt-)Preise resultiert nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB deren Unverbindlichkeit.

Parallel dazu hatte ich im Zivilprozess umfassend zur Kommunalrechtswidrigkeit der Energie- und Trinkwasserpreise vorgetragen, vgl. im Schriftsatz vom 25.10.2011 Abschnitt II 3. zur Relevanz der Kommunalrechtsverstöße auf Seite 17 – 30, im Internet abrufbar unter http://www.ra-bohl.de/Schriftsatz_an_OLG_Nurnberg_v._25.10.2011.pdf. Daraus leitete ich die Nichtigkeit der Preise nach § 134 BGB und die Sittenwidrigkeit der Preise nach § 138 BGB ab. Daraus würde wiederum nach § 315 BGB die Unbilligkeit und Unverbindlichkeit der Preise resultieren, und zwar unabhängig von allen kartellrechtlichen Erwägungen.

Die Art und Weise, wie das OLG Nürnberg meine Argumentationsketten ignoriert, verstößt gegen das Willkürverbot.


Ergebnis
Im gleichen Stil geht das Punkt für Punkt in meinem Kommentar zu der Stellungnahme des Herrn Dr. Igloffstein weiter. Am Ende hat keines seiner Argumente wirklich Substanz. Es ist der untaugliche Versuch, den Leser durch hochtrabende, juristisch wohlklingende Formulierungen zu verwirren und mich dazu zu bewegen, das katastrophale Urteil des OLG Nürnberg zu akzeptieren. Als Fazit meiner drei Versuche, das Urteil 1 U 605/11 des OLG Nürnberg vom 15.6.2012 zu korrigieren, kann ich nur festhalten: Das juristische System will offenbar nicht weiter von geschädigten Bürgern belästigt werden. Einen Rechtsstaat kann ich da nicht mehr erkennen. Wer die Verfassungsbeschwerde, die Stellungnahme des Herrn Dr. Igloffstein und meinen Kommentar einmal komplett lesen möchte, kann sich per Mail an mich wenden und erhält 4,5 MB Unterlagen.

Mit freundlichen Grüßen
Lothar Gutsche
Email: Lothar.Gutsche@arcor.de