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Autor Thema: Kein vereinbarter Sockelbetrag für \"Heimkehrer\"  (Gelesen 9612 mal)

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Offline ESG-Rebell

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Kein vereinbarter Sockelbetrag für \"Heimkehrer\"
« am: 18. Juni 2008, 17:06:15 »
Laut dem Portal http://www.gas-auskunft.de bietet derzeit die TWF Heizgas günstiger an als die ESG.

Siehe hier: Technische Werke Friedrichshafen

KomfortGas (Bruttopreise inkl. Steuern & Abgaben)
Arbeitspreis 5,60 Ct/kWh
Grundpreis 150 Euro/Jahr
bei 20000 kWh/Jahr und 21 kW NWL im Gebiet 76337.

Preisanpassungsklausel laut TWF-AGB:
Preisfestsetzung erfolgt nach billigem Ermessen. Kunde wird zwei Monate zuvor benachrichtigt. Kunde kann zum Erhöhungszeitpunkt kündigen, wenn er nicht einverstanden ist.

Angenommen, es tritt folgender Verlauf ein:
1) Ich wechsle zu TWF und bleibe dort eine Weile.
2) TWF erhöht seine Preise.
3) Ich bin damit nicht einverstanden und kündige.
4) Ich komme in die Ersatz- bzw. Grundversorgung bei ESG.
5) Ich rüge die dann geltenden allgemeinen Tarife der ESG umgehend insgesamt als unbillig.

Ich könnte dann wieder zu einem anderen Anbieter wechseln, wenn ich einen finde, mit dessen Preis und AGB ich einverstanden bin.

Wechsle ich jedoch nicht, wie könnte die ESG dann darum herum kommen, die Billgkeit des gesamten geforderten Preises nachzuweisen?

Ein - gemäß Entscheidung BGH VIII ZR 36/06 - mutmaßlich vereinbarter Preissockel existiert ja nicht. Die Konstruktion eines solchen Sockels etwa aus der letzten Preisforderung von TWF oder einem früheren Vertragsverhältnis mit der ESG wäre meines Erachtens nach künstlich.
 
Gruss,
ESG-Rebell.

P.S.: Wer jetzt aufgrund meines Beitrags dort abschliesst, möge mich bitte im Formular als Empfehler angeben ;)

P.P.S.: Etwas seltsam mutet jedoch folgender Satz auf der o.g. Seite von TWF an:
Zitat
Als Grundlage für die Lieferung an unsere Kunden dient die Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Gasversorgung von Tarifkunden (ErdgasGVV) einschließlich der Ergänzenden Bestimmungen zur ErdgasGVV sowie die Bundestarifordnung (BTOGas).
Ich dachte die Verordnung heisst GasGVV. Und die BTOGas wurde doch 1998 gestrichen?!?

Offline Cremer

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Kein vereinbarter Sockelbetrag für \"Heimkehrer\"
« Antwort #1 am: 19. Juni 2008, 07:32:57 »
@ESG-Rebell,

Ihre Annahme in Nr. 3.) ist m.E. nicht richtig.

Sie sind nicht einverstanden und legen Widerspruch gemäß § 315 bzw. § 307 ein. Nicht kündigen!!

4.) Erst dann kommen Sie ggf. in die Grundversorgung.

5.) Kündigen sodann danach und gehen zurück zur ESG
erstellen eine eigene Abrechnung der TWF gegegnüber.

6.) Zurück bei der ESG, Widerspruch als Tarifkunde nach § 315

Als Sondervertragskunde müssen Sie bereits bei Vertragsabschluss entsprechend einen billigen Vertrag verhandeln. :D

Sollte es zu keiner Einigung kommen, kommen Sie (ohne vertrag9 in die Grundversorgung.
MFG
Gerd Cremer
BIFEP e.V.

info@bifep-kh.de
www.bifep-kh.de
gerd@cremer-kreuznach.de

Offline ESG-Rebell

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Kein vereinbarter Sockelbetrag für \"Heimkehrer\"
« Antwort #2 am: 19. Juni 2008, 11:37:25 »
Zitat
Original von Cremer
Ihre Annahme in Nr. 3.) ist m.E. nicht richtig.

Sie sind nicht einverstanden und legen Widerspruch gemäß § 315 bzw. § 307 ein. Nicht kündigen!!
Ohne jetzt den Versorgern das Wort reden zu wollen:

Wir selbst sollten nicht bei jeder Preisänderung sofort reflexartig \"315\" oder \"307\" rufen sondern uns auch die Frage stellen, welche Vertragsklauseln ein neuer Anbieter denn verwenden soll, wenn er auf den Markt eindringen will?

Die o.g. TWF-AGB-Klauseln entsprechen ziemlich wörtlich denen, die bspw. auch in meinem Kabel-Vertrag stehen und solchen, die ich auch schon in anderen Verträgen zu Dauerschuldverhältnissen gesehen habe.

Im Einzelnen:
[list=1]
  • Anstelle einer \"Formel-Klausel\" wird ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht durch TWF nach billigem Ermessen  ausdrücklich vereinbart.
  • Als Ausgleich für den o.g. Nachteil wird dem Kunden ein außerordentliches Kündigungsrecht zum Erhöhungszeitpunkt eingeräumt.
  • [/list=1]
    TWF konstruiert keine \"Formel-Klausel\", aus der sich bereits zu Vertragsbeginn die Zeitpunkte und der Umfang von Preisänderungen entnehmen lässt. Aus der aktuellen Rechtsprechung ist zu entnehmen, dass es sehr schwierig ist, solche Klauseln zu konstruieren, die nicht nachträglich vom Gericht kassiert werden.

Zu den Besonderheiten des Energiemarktes:
Mit den obigen beiden Klauseln sehe ich die Parität zwischen den Vertragsparteien hergestellt - wenn man ausblendet, dass es sich um einen Energieliefervertrag handelt.

Wenn der Kunde von seinem o.g. außerordentlichen Kündigungsrecht Gebrauch machen muss, dann landet er in der Ersatzversorgung und ist somit i.d.R. noch höheren Preisforderungen ausgesetzt als in seinem ehemaligen Sondervertrag.

In dieser Ersatzversorgung steht ihm nun aber - inzwischen nicht mehr umstritten - die Möglichkeit der Unbilligkeitseinrede offen. Macht er davon unmittelbar Gebrauch, so kann es für ihn keinen geschützten Preissockel geben. Ist der Grundversorger nicht bereit, die Billigkeit seiner gesamten Forderung vollumfänglich zu beweisen, so kann diese insgesamt nicht fällig werden - d.h. der Kunde wird letztlich sogar kostenlos beliefert!

Eine tatsächliche Benachteiligung des Kunden könnte in dieser Situation m.E. nur noch eintreten, wenn der Grundversorger tatsächlich die Billigkeit seiner Tarife nachweisen kann, obwohl diese Tarife über den Preisen des Sondervertrags mit TWF liegen. Diesen Verlauf halte ich aber für äußerst unwahrscheinlich da nach meiner Überzeugung die allgemeinen Tarife aller Grundversorger unbillig überhöht sind.

Hinzu kommt, dass m. E. unbedingt weiter darauf hingewirkt werden muss, dass die Billigkeitsprüfung sich auch auf den Vorlieferanten erstrecken muss. Ansonsten können die Grundversorger ihre Gewinne buchtechnisch auf ihre Vorlieferanten - die zum gleichen Konzern gehören - verschieben und sich so \"billig\" im Sinne des §315 rechnen.


Die oben geschilderte Situation könnte für uns Verbraucher auch taktisch vorteilhaft sein.
Könnten weitere Versorger mit obiger Klauselgestaltung auf den Markt eindringen ohne befürchten zu müssen, mit der Unbilligkeitseinrede konfrontiert zu werden, so könnte dies den Wettbewerb tatsächlich fördern.

Zahlreichen Kunden stünde bald die Möglichkeit offen, sich von ihrem Grundversorger zu trennen und so tatsächlich einen Preisdruck auf denselben auszulösen; erst recht wenn nach entsprechenden Werbekampagnen des BdE und der VZen die Wechselquote ausreichend zunimmt.

Die Gegenwehr mittels §315 könnte sich voll auf die Grundversorger und deren Vorlieferanten konzentrieren; zumal es sich bei immer mehr ersatz-/grundversorgten Kunden um \"Heimkehrer\" ohne vermeintlich vereinbarten Sockelbetrag handeln würde.

Gruss,
ESG-Rebell.

Offline taxman

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Kein vereinbarter Sockelbetrag für \"Heimkehrer\"
« Antwort #3 am: 19. Juni 2008, 12:11:24 »
Zitat
Original von ESG-RebellTWF konstruiert keine \"Formel-Klausel\", aus der sich bereits zu Vertragsbeginn die Zeitpunkte und der Umfang von Preisänderungen entnehmen lässt. Aus der aktuellen Rechtsprechung ist zu entnehmen, dass es sehr schwierig ist, solche Klauseln zu konstruieren, die nicht nachträglich vom Gericht kassiert werden.

In meinen Augen ist die Formulierung solcher Klauseln sogar sehr einfach, wenn man den Kunden auch hinter den Vorhang schauen lässt!

Wer dies nicht macht muss eben dann mit Nachteilen rechnen!
pin.energiepreise@yahoo.de

Dort treffen sich Kunden der Stadtwerke Walldorf, Heidelberg, Hockenheim, Weinheim, Neckargemünd, MVV und Erdgas Südwest!

Offline ESG-Rebell

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Kein vereinbarter Sockelbetrag für \"Heimkehrer\"
« Antwort #4 am: 19. Juni 2008, 13:13:46 »
Zitat
Original von taxman
In meinen Augen ist die Formulierung solcher Klauseln sogar sehr einfach, wenn man den Kunden auch hinter den Vorhang schauen lässt!
Was genau meinst Du damit - Offenlegung der Kalkulation wohl?

Wenn zwei oder mehr Versorger in einem Gebiet Sonderverträge anbieten und die Kunden tatsächlich frei entscheiden können, ob sie mit einem dieser Anbieter kontrahieren oder beim Grundversorger bleiben, dann befinden sich diese Versorger auch tatsächlich in einem Preiswettbewerb.

Von diesem Zeitpunkt an können sie aus wirtschaftlichen Gründen ihre betriebsinternen Details - insbesondere auch ihre Einkaufspreise - nicht mehr veröffentlichen.

Natürlich können die Anbieter auch weiterhin Formel-Preisklauseln in ihre AGB aufnehmen. Aufgrund der sehr strengen Anforderungen nach §307 müssen sie dabei aber auch Sicherheitsaufschläge in die Faktoren dieser Formeln einsetzen, damit sie auch ohne verbleibenden Ermessensspielraum langfristig keine Verluste machen. Dadurch kann ein Mitbewerber mit Billigkeits-Klausel möglicherweise günstiger anbieten, weil er flexibler ist und seinen Verkaufspreis erst zwei Monate vor Inkraftsetzen kalkulieren muss. Dagegen wäre nichts einzuwenden - das läuft in anderen Wirtschaftszweigen genauso.

Gruss,
ESG-Rebell.

Offline taxman

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Kein vereinbarter Sockelbetrag für \"Heimkehrer\"
« Antwort #5 am: 19. Juni 2008, 14:14:18 »
Zitat
Original von ESG-RebellWenn zwei oder mehr Versorger in einem Gebiet Sonderverträge anbieten und die Kunden tatsächlich frei entscheiden können.

Tja, wenn wir diesen Umstand hätten wäre alles weniger Problematisch!

Wieviel Anbieter hast du denn die dich mit Gas beliefern?
pin.energiepreise@yahoo.de

Dort treffen sich Kunden der Stadtwerke Walldorf, Heidelberg, Hockenheim, Weinheim, Neckargemünd, MVV und Erdgas Südwest!

Offline ESG-Rebell

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« Antwort #6 am: 19. Juni 2008, 14:53:41 »
Zitat
Original von taxman
Wieviel Anbieter hast du denn die dich mit Gas beliefern?
So wie es aussieht, sind im Gebiet 76337 insgesamt vier Anbieter von Sonderverträgen verfügbar, wobei ich mir noch nicht bei jedem die AGB angesehen habe:

1) TWF
2) Stadtwerke Konstanz
3) E-wie-Einfach
4) Erdgas Südwest GmbH (zugleich Grundversorger)

Gruss,
ESG-Rebell.

Offline RR-E-ft

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Kein vereinbarter Sockelbetrag für \"Heimkehrer\"
« Antwort #7 am: 19. Juni 2008, 14:57:45 »
@taxman

In der Regel hat man als Endkunde bei leitungsgebundener Gasversorgung nur einen Anbieter, der einen beliefert. In den Verträgen ist zumeist eine Verpflichtung zur Gesamtbedarfsdeckung enthalten. In einigen Niederdruckvertilnetz- Gebieten gibt es jedoch mehrere potentielle Anbieter, deren Preise und Bedingungen sich voneinader unterscheiden.

Ich würde mir als Kunde tunlichst keine Gedanken über die inhaltliche Ausgesaltung von Preisänderungsbestimmungen machen. Erst recht darf man solche nicht individuell aushandeln, um nicht des Schutzes der §§ 305 ff. BGB verlustig zu gehen.

Preisänderungsklauseln in Sonderverträgen sind entweder wirksam oder unwirksam. Der bei Vertragsabschluss vereinbarte Preis bleibt hiervon unberührt, da man sich auf diesen ohne Not geeinigt hatte. Mangels einseitigem Leistungsbestimmungsrecht besteht auch keine Verpflichtung zur Preissenkung, die man durch eine gerichtliche Billigkeitskontrolle erzwingen kann.

Die Allgmeinen Preise der Grundversorgung werden hingegen vom Grundversorger unter Beachtung der energiewirtschaftsrechtlichen Bestimmungen einseitig festgesetzt, wobei die Festsetzung höher oder niedriger als bei Vertragsabschluss liegen kann. Der zu zahlende Preis ist dabei bei Vertragsabschluss nicht feststehend vereinbart, sondern jeweils das Ergebnis von Ermessensentscheidungen des Grundversorgers, die Entgelte zu erhöhen, abzusenken oder stabil zu halten. Diese Allgemeinen Preise der Grundversorgung unterliegen dem Maßstab der Billigkeit.

Offline nomos

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Kein vereinbarter Sockelbetrag für \"Heimkehrer\"
« Antwort #8 am: 19. Juni 2008, 15:20:35 »
Zitat
Original von ESG-Rebell
Zitat
Original von taxman
Wieviel Anbieter hast du denn die dich mit Gas beliefern?
So wie es aussieht, sind im Gebiet 76337 insgesamt vier Anbieter von Sonderverträgen verfügbar, wobei ich mir noch nicht bei jedem die AGB angesehen habe:
1) TWF
2) Stadtwerke Konstanz
3) E-wie-Einfach
4) Erdgas Südwest GmbH (zugleich Grundversorger)
    @ESG-Rebell, das dürfte in aller Regel für alle Haushaltsgaskunden in B-W zutreffen (
siehe hier). Neben dem Grundversorger (Stadtwerke etc). gibt es nur drei Alternativen. Nachdem seit dem 16. Juni 2008 E-WIE-EINFACH keine Arbeitspreisgarantie für den Gastarif \"MeinCentTarif Gas\" mehr bietet ist das wesentliche Argument zu Gunsten E-WIE-EINFACH entfallen.
(siehe hier:Plötzlich ohne Preisdeckel)
Als Alternativen zum Grundversorger bleiben in B-W dann aktuell noch Friedrichshafen und Konstanz.[/list]

Offline Black

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Kein vereinbarter Sockelbetrag für \"Heimkehrer\"
« Antwort #9 am: 19. Juni 2008, 16:43:33 »
Zitat
Original von ESG-Rebell



Angenommen, es tritt folgender Verlauf ein:
1) Ich wechsle zu TWF und bleibe dort eine Weile.
2) TWF erhöht seine Preise.
3) Ich bin damit nicht einverstanden und kündige.
4) Ich komme in die Ersatz- bzw. Grundversorgung bei ESG.
5) Ich rüge die dann geltenden allgemeinen Tarife der ESG umgehend insgesamt als unbillig.

Ich könnte dann wieder zu einem anderen Anbieter wechseln, wenn ich einen finde, mit dessen Preis und AGB ich einverstanden bin.

Wechsle ich jedoch nicht, wie könnte die ESG dann darum herum kommen, die Billgkeit des gesamten geforderten Preises nachzuweisen?

Ein - gemäß Entscheidung BGH VIII ZR 36/06 - mutmaßlich vereinbarter Preissockel existiert ja nicht.

Wenn Sie aus einem Sonderkundenvertrag wieder in die GV wechseln schließen Sie einen neuen Grundversorgungsvertrag ab. Nach der Rechtsprechung BGH 36/06 vereinbaren Sie dann den Preissockel der zu diesem Zeitpunkt gilt.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline ESG-Rebell

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Kein vereinbarter Sockelbetrag für \"Heimkehrer\"
« Antwort #10 am: 19. Juni 2008, 18:12:14 »
Zitat
Original von Black
Zitat
Original von ESG-Rebell
Ein - gemäß Entscheidung BGH VIII ZR 36/06 - mutmaßlich vereinbarter Preissockel existiert ja nicht.

Wenn Sie aus einem Sonderkundenvertrag wieder in die GV wechseln schließen Sie einen neuen Grundversorgungsvertrag ab. Nach der Rechtsprechung BGH 36/06 vereinbaren Sie dann den Preissockel der zu diesem Zeitpunkt gilt.
Genau dies ergibt sich m.E. nicht aus der Entscheidung 36/06.

Zum Einen gilt das von Herrn Fricke Gesagte dazu:
Zitat
Original von RR-E-ft
Die Allgmeinen Preise der Grundversorgung werden hingegen vom Grundversorger unter Beachtung der energiewirtschaftsrechtlichen Bestimmungen einseitig festgesetzt, wobei die Festsetzung höher oder niedriger als bei Vertragsabschluss liegen kann. Der zu zahlende Preis ist dabei bei Vertragsabschluss nicht feststehend vereinbart, sondern jeweils das Ergebnis von Ermessensentscheidungen des Grundversorgers, die Entgelte zu erhöhen, abzusenken oder stabil zu halten. Diese Allgemeinen Preise der Grundversorgung unterliegen dem Maßstab der Billigkeit.

Zum Anderen stellte der Zivilsenat - zumindest in der mündlichen Verhandlung - darauf ab, dass er gerade in der vorbehaltlosen Zahlung einer Rechnung, die auf einseitig festgelegten Preisen beruht, eine konkludente nachträgliche Einigung sah.

Rügt ein Kunde die einseitig festgesetzten Tarife aber bereits zu Vertragsbeginn, insbesondere also lange bevor eine Abrechnung überhaupt erfolgt, so kann von konkludenter Einigung schon gar nicht die Rede sein. Dies gilt erst Recht, wenn der Kunde unter Kontraktionszwang mit seinem Grundversorger steht, weil etwa keine Mitbewerber (mehr) in seinem Gebiet anbieten.

Auch Kunden, deren Sondervertrag sich - aus Kundensicht - in keinster Weise von dem eines Tarifkunden unterscheiden, weil beide sich auf die AVBGasV beziehen und dem Sondervertragskunden aufgrund seiner Abnahmemenge lediglich ein günstigerer Tarif angeboten wird, stehen unter Kontraktionszwang mit ihrem Grundversorger, wenn es keine weiteren Anbieter gibt, die einen Wettbewerb mit den Sondertarifen des Grundversorgers aufnehmen.

Wollte ein Sondervertragskunde kein solcher sein, so müsste er - bei ansonsten gleichen Vertragsbedingungen - vom Versorger ausdrücklich verlangen, zu den höheren allgemeinen Tarifen beliefert zu werden.
Dies ist - zumindest für die \"wenigen\" Nicht-Juristen unter den Gasverbrauchern - lebensfremd.

Deshalb ist m. E. sogar auch der Anfangspreis bei Sondervertragskunden einseitig festgelegt, wenn für den Kunden tatsächlich ein Kontraktionszwang mit dem betreffenden Versorger besteht.

Gruss,
ESG-Rebell.

Offline RR-E-ft

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« Antwort #11 am: 19. Juni 2008, 18:18:46 »
@Black

Es liegt im Auge des Betrachters:

Wenn man einen Grundversorgungsvertrag abschließt, verpflichtet man sich, die vom Grundversorger festgelegten Allgemeinen Preise zu zahlen, die verbindlich sind, wenn sie der Billigkeit entsprechen. Immerhin besteht eine gesetzliche Verpflichtung des Grundversorgers, solche Allgmeinen  Preise, zu denen es liefern muss, abzusenken, wenn dies für die Kunden günstig ist (BGH, KZR 2/07). Daran hatte der Senat in seiner Entscheidung VIII ZR 36/06 offensichtlich nicht gedacht.


@ESG- Rebell

Für den Kunden besteht- mit Ausnahme eines etwaigen Anschluss- und Benutzungszwangs - kein Kontrahierungszwang. Grundsätzlich ist niemand verpflichtet, Gas zu beziehen. Ein Kontrahierungszwang besteht  hingegen für Gasversorger, aber auch nur im Rahmen der gesetzlichen Versorgungspflicht. Weil das Unternehmen im Bereich einer gesetzlichen Versorgungspflicht (früher § 10 Abs. 1 EnWG 1998, jetzt § 36, 38 EnWG) beliefern muss, wurde ihm vom Gesetzgeber das Recht eingeräumt, die dafür geltenden Allgemeinen Preise einseitig festzusetzen.

Offline ESG-Rebell

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« Antwort #12 am: 19. Juni 2008, 20:09:51 »
Zitat
Original von RR-E-ft
Für den Kunden besteht- mit Ausnahme eines etwaigen Anschluss- und Benutzungszwangs - kein Kontrahierungszwang. Grundsätzlich ist niemand verpflichtet, Gas zu beziehen.
Dies stimmt.
Sogar wer bereits einen Gasanschluss etwa aufgrund eines Anschlusszwanges hat, ist nicht verpflichtet, Gas zu beziehen.
Er kann auch auf eine warme Wohnung verzichten oder ein Zimmer mit Heizlüftern elektrisch erwärmen. Auch auf einen Wasseranschluss ist niemand angewiesen - es gibt doch Mineralwasser zu kaufen.

Nein - das ist jetzt nicht zynisch gemeint.

Ich habe bewusst vom tatsächlichen Kontrahierungszwang in Anlehnung an den Begriff tatsächliche Monopolstellung gesprochen.

Ein Verbraucher, der in eine Mietwohnung mit Gasheizung umzieht oder der seinen bisherigen Sondervertragspartner verliert, kann nicht freien Willens entscheiden ob er mit seinem Grundversorger kontrahiert sondern er ist genötigt dies zu tun.

Seine einzige Alternative besteht darin, ganz auf Gas zu verzichten.

Aber ging es dem Gesetzgeber bei der ursprünglichen Einführung des §315 nicht genau darum? Der Unbilligkeitsparagraph ist ja keine spezielle Regelung für den Energiesektor sondern betrifft alle Vertragsverhältnisse, in denen eine Vertragspartei die Leistung einseitig bestimmen soll.

Soll oder kann eine Vertragspartei die Leistung einseitig bestimmen, so könnte die andere Vertragspartei ansonsten immer auf einen Verzicht verwiesen werden - vollkommen ohne Rücksicht darauf mit welchen Härten dies für sie verbunden wäre.

Dies läuft jetzt auf eine grundsätzliche Debatte hinaus.
Ich kann aber schlichtweg nicht den Unterschied zwischen dem Fall erkennen, dass ein Versorger seine Leistung von vorne herein einseitig bestimmen soll und dem Fall, dass er sie aufgrund für ihn günstiger Umstände (wie mangelhaftem Wettbewerb) tatsächlich einseitig bestimmen kann.

Gruss,
ESG-Rebell.

Offline RR-E-ft

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« Antwort #13 am: 19. Juni 2008, 20:51:06 »
@ESG- Rebell

Jetzt sind Sie aber ganz gewaltig auf dem falschen Dampfer. ;)
Es wird auch keiner gezwungen, in eine Wohnung mit Gasheizung zu ziehen.... Dank Freizügigkeit kann man schließlich auch wegziehen. Selbst, wenn man ein Haus mit Gasheizung erbt, kann man die Erbschaft binnen der zu beachtenden Frist deshalb ausschlagen. Warum auch nicht?

Die direkte Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB hat weder etwas mit einer Monopolstellung des Anbieters, noch mit einer Angewiesenheitslage des Nachfragers zu tun, sondern allein damit, dass der eine Vertragsteil das Recht hat, die vom anderen geschuldete Gegenleistung nach Vertragsabschluss einseitig festzusetzen, hier den Allgemeinen Tarifpreis. Besteht ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht gem. § 315 Abs. 1 BGB, so ist die Billigkeitskontrolle gem. § 315 Abs. 3 BGB die Kehrseite der selben Medaille. Ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht kann vertraglich vereinbart werden oder sich aus einem Gesetz ergeben. Bei Tarifkunden ergab es sich aus einem Gesetz, nämlich § 4 AVBGasV. Dabei bestand nicht nur das Recht, die Entgelte nach Vertragsabschluss zu erhöhen, sondern auch die Pflicht, diese nach Vertragsabschluss abzusenken, wenn dies für die Kunden günstig war. Deshalb war das vom Kunden zu zahlende Entgelt dabei immer das Ergebnis entsprechender Ermessensenstscheidungen des Versorgers, die Entgelt zu erhöhen, abzusenken oder stabil zu halten. Das hat mit einer Monopolstellung nichts zu tun. Daraus, dass jemand in seinem Leistungsbereich eine Monopolstellung hat, folgt noch lange nicht das Recht zur einseitigen Leistungsbestimmung, also die Rechtsmacht zur einseitigen Entgeltfestsetzung.

Offline ESG-Rebell

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« Antwort #14 am: 22. Juni 2008, 11:57:41 »
Zitat
Original von RR-E-ft
Jetzt sind Sie aber ganz gewaltig auf dem falschen Dampfer. ;)
Ja - wenn man zulange über den Zusammenhang verschiedener Tatsachen und Bestimmungen nachdenkt, kann man anfangen, sich im Kreis zu drehen ;)

Zitat
Original von RR-E-ft
Ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht kann vertraglich vereinbart werden ... . Besteht ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht gem. § 315 Abs. 1 BGB, so ist die Billigkeitskontrolle gem. § 315 Abs. 3 BGB die Kehrseite der selben Medaille.
Gilt dies auch dann, wenn ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht ausdrücklich nach billigem Ermessen vereinbart ist, wie bspw. TWF dies in ihrer AGB schreibt? Hat TWF nicht die Möglichkeit, dem Kunden als Ausgleich für diesen Nachteil ein Sonderkündigungsrecht einzuräumen?

Falls nein, so wären nach dieser Logik auch gleichartige Verträge aus anderen Sparten, wie die genannten Handy-, Kabel- oder Versicherungsverträge betroffen. Auch bei diesen Verträgen müsste sich der Kunde nicht auf sein Sonderkündigungsrecht verweisen lassen sondern könnte Unbilligkeitseinwand erheben.

Zitat
Original von RR-E-ft
Die direkte Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB hat ... allein damit zu tun, dass der eine Vertragsteil das Recht hat, die ... Gegenleistung ... einseitig festzusetzen ...
Daraus, dass jemand in seinem Leistungsbereich eine Monopolstellung hat, folgt noch lange nicht ... die Rechtsmacht zur einseitigen Entgeltfestsetzung.
OK - § 315 regelt also ausschliesslich die Rechte und Pflichten für diesen Fall der Rechtsmacht zur einseitigen Preisfestsetzung.
Ein Versorger mit Monopolstellung hat dann also nicht die Rechtsmacht - sondern die Marktmacht, einseitig Preise festzusetzen.
Das sind zwei Paar Schuhe.

Zitat
Original von RR-E-ft
Der bei Vertragsabschluss vereinbarte Preis bleibt [von Preisänderungsklauseln] unberührt, da man sich auf diesen ohne Not geeinigt hatte.
Und hier - bei der Marktmacht - kriege ich immer noch nicht die \"Kurve\", was die anfängliche Preiseinigung bei Sonderverträgen betrifft.

In vielen Fällen wurden Kunden von ihrem Versorger zu Sondertarifen beliefert und ihnen wurde dies - bis zur ersten Abrechnung - entweder garnicht mitgeteilt oder sie erhielten ein Schreiben, in dem der angewendete Sondertarif und eine Einbeziehung der AVBGasV genannt wurde. Gerade im letzteren Fall ist für Verbraucher die Bezeichnung \"Sondertarif\" der einzig erkennbare Unterschied zwischen einem Tarifvertrag und einem Sondervertrag.

Die gravierenden Rechtsfolgen dieses kleinen Unterschieds dürften die wenigsten Kunden bei Vertragsbeginn auch nur erahnt haben. Dabei müssten sich gerade Menschen mit kleinen Unterschieden, die große Folgen haben, bestens auskennen ;)

Wie hätte ein solcher Kunde - noch dazu in den Jahren 2004 oder davor - erkennen können, dass
[list=1]
  • er nicht mehr im Rahmen der Grundversorgung beliefert wird und der Versorger nunmehr seine Preise nicht mehr aufgrund zugewiesener Rechtsmacht sondern nur noch aufgrund existierender Marktmacht einseitig festlegen kann?
  • er durch Schweigen den Sondertarif als Anfangspreis konkludent vereinbart und dieser daher nie mehr einer Billigkeitskontrolle unterzogen werden kann?
  • er ausdrücklich eine Belieferung zu den - höheren - allgemeinen Tarifen hätte verlangen müssen, um sich den Schutz durch die Billigkeitskontrolle aufgrund der Rechtsmacht des Versorgers zu einseitigen Preisänderungen zu sichern?
  • [/list=1]Ob der Versorger seine Preise nun einseitig mit Hilfe seiner
Rechtsmacht oder seiner Marktmacht festlegt, ist für den Kunden vordergründig nur die Wahl zwischen Pest und Cholera. Das ein normaler Verbraucher selbst auf die in Punkt 3) genannte Möglichkeit kommen soll, halte ich für absolut lebensfern.

Aus diesem Grunde finde ich das Argument, die anfängliche Preiseinigung erfolge - insbesondere auch bei vorhandener Marktmacht - ohne Not, nicht stichhaltig.

Man könnte sogar soweit gehen, von untergeschobenen Sonderverträgen zu sprechen.

Wenn der Versorger schon die AVBGasV in seine Sonderverträge einbezieht und ansonsten auf weitere Klauseln verzichtet, so stellt sich doch die Frage, warum dieser Vertragstyp - den jeder Heizgaskunde automatisch erhält - überhaupt existiert. Warum ist der Sondertarif für Heizgas nicht einer der allgemeinen Tarife, wo er doch ebenfalls nicht mit den Kunden ausgehandelt wird?

Die ESG hat erst im vergangenen Jahr einen Heizgastarif für Tarifkunden eingeführt. Meiner Schätzung zufolge dürften 99% der Kunden, die zu diesem - höheren - Tarif beliefert werden solche sein, die sich geweigert haben, den neuen Sondervertrag vom Mai 2007 zu unterschreiben.

Die naheliegende Antwort ist, dass der Versorger den Kunden seiner Rechte (Billigkeitskontrolle des Gesamtpreises) berauben wollte. Und dies scheint - zumindest was die Kontrolle der einseitig festgelegten und als Anfangspreis nun in Stein gemeisselte Sondertarife betrifft - nun auch gelungen zu sein.

Gruss,
ESG-Rebell.

 

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