Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: Gelsenwasser macht Ernst!?  (Gelesen 9822 mal)

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Offline schrödi

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Gelsenwasser macht Ernst!?
« am: 18. Juli 2008, 14:38:24 »
Gelsenwassen hat mir ein Schreiben zukommen lassen und verweist wiederum auf die Gutachten, welche bei jeder Preiserhöhung die Billigkeit der Erhöhung nachweisen würden. Einzusehen sind die Gutachten im Hause Gelsenwasser, das Kurztestat unter http://www.gelsenwasser.de/de/privatkunden/infocenter/aktuell.php.
Zitat: \"Wir haben somit alle Voraussetzungen erfüllt und Nachweise erbracht, die nach dem Grundsatzurteil des BGH vom 13.07.2007 erforderlich sind, um die Angemessenheit unserer Gaspreise bzw. die Billigkeit im Sinne von §315 BGB nachzuweisen.\"
Ner NGW (Tochter von G.) soll mit Urteil vom 04.07.2008 vom LG Düsseldorf die Billigkeit Ihrer Preiserhöhungen bestätigt worden sein, der Link http://www.ngw.de/privatkunden/infocenter.
Daher sollen die Rechnungskürzungen unberechtigt sein und die gekürzten Beträge sollen bis zum 31.08.2008 ausgeglichen werden. Wenn nicht, erfolgt ohne weitere Vorankündigung die gerichtliche Klärung.
Ich werde ja nicht der einzige sein, der diesen Brief bekommen hat. Gibt es bereits Strategien gegen diese Art von Schreiben?

Offline powo01

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Gelsenwasser macht Ernst!?
« Antwort #1 am: 18. Juli 2008, 17:03:16 »
Hallo,

ich habe dieses Schreiben auch bekommen. Zur Information habe ich es gescannt unter

http://78.31.65.16/~wolfgang/gelsenwasser1.pdf

für alle verfügbar gemacht.

Viele Grüße,

powo01

Offline ben100

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Gelsenwasser macht Ernst!?
« Antwort #2 am: 18. Juli 2008, 19:28:10 »
Gegen das Urteil vom LG Düsseldorf ist Berufung eingelegt worden, es ist also nicht rechtskräftig!!!

Offline sir_diddler

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Gelsenwasser macht Ernst!?
« Antwort #3 am: 21. Juli 2008, 12:51:45 »
Hallo Leute,

habe selbiges Schreiben von unserem Versoger GVH (Gasversorgung Hünxe) bekommen, inhaltlich und wärtlich identisch.

Werde es ebenfalls scannen und einstellen.
Mit freundlichem Rebellen-Gruß
Guido


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Offline Stefan25

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Gelsenwasser macht Ernst!?
« Antwort #4 am: 21. Juli 2008, 15:32:50 »
Hallo zusammen,

auch ich habe (mal wieder) so ein Schreiben bekommen.

Durchlesen, Kopf schütteln und abheften. In der Anfangszeit war ich auch bei jedem Schreiben unsicher, was nun zu tun sei.
Nach dem xten Schreiben seitens Gelsenwasser mit Androhung rechtlicher Schritte wird man aber ruhiger und erwartet gelassen die Klage oder sonstige Schritte seitens der Versorgers.



Viele Grüße,

Stefan

Offline nomos

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Gelsenwasser macht Ernst!?
« Antwort #5 am: 21. Juli 2008, 15:43:57 »
Zitat
Original von Stefan25

Nach dem xten Schreiben seitens Gelsenwasser mit Androhung rechtlicher Schritte wird man aber ruhiger und erwartet gelassen die Klage oder sonstige Schritte seitens der Versorgers.
    @Stefan25, das ist nicht die schlechteste Reaktion.  ;)

    ... und ihr seit in NRW da nicht alleine:  
siehe hier[/list]

Offline ben100

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Gelsenwasser macht Ernst!?
« Antwort #6 am: 21. Juli 2008, 17:58:36 »
Bevor die Berufung gegen das Urteil vom LG Düssedorf nicht entschieden ist, denke ich auch nicht, daß die vorher Klage einreichen werden. Das Risiko ist denen einfach zu groß

Offline Majue

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Gelsenwasser macht Ernst!?
« Antwort #7 am: 22. Juli 2008, 12:46:26 »
Hallo,

auch ich habe dieses Schreiben erhalten.
Seit August 2004 wiederspreche ich jeder Preisanhebung mit dem Musterschreiben des BDEV. Ab wann verjähren denn die Forderungen? Oder ist die Verjährung durch die Forderungsschreiben aufgehoben? Wer kennt sich damit aus und kann eine rechtlich sichere Antwort geben?
Gruß
Jürgen Markert

Offline Stefan25

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Gelsenwasser macht Ernst!?
« Antwort #8 am: 24. Juli 2008, 09:02:10 »
Hallo Jürgen,

eine rechtlich sichere Antwort gibt der Rechtsanwalt Deines Vertrauens. Wenn Du aber mit der laienhaften und rechtlich nicht sicheren Antwort leben kannst:

Solche Ansprüche verjähren nach 3 Jahren, wobei hier die Verjährung erst mit dem Ablauf des Jahres der Fälligkeit beginnt, sprich Forderungen aus 2004 sind mit Ablauf des Jahres 2007 verjährt. Verhindert werden kann die Verjährung durch eine Klage oder einen zugestellten Mahnbescheid.

Aber wie gesagt: im Zweifel zum RA.. der hat schließlich Jahre dafür studiert  :D

Offline Majue

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Gelsenwasser macht Ernst!?
« Antwort #9 am: 24. Juli 2008, 09:28:11 »
Vielen Dank,

dann hat sich das ja mit der Nachforderung für 2004 erledigt!
Mal sehen, ob Gelsenwasser noch bis Jahresende einen Mahnbescheid schickt oder Klage einreicht. Wenn nicht, hat sich die Nachforderung für 2005 ebenfalls erledigt!
Gruß
Jürgen Markert

Offline ben100

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Gelsenwasser macht Ernst!?
« Antwort #10 am: 24. Juli 2008, 21:06:37 »
Zur Berufung: Einer wird verlieren und der der verliert geht vor den BGH. Also.... wir haben viel Zeit *fg*

Offline BerndA

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Gelsenwasser macht Ernst!?
« Antwort #11 am: 25. Juli 2008, 01:13:08 »
Hallo liebe Mitstreiter in Sachen Gelsenwasser,

wir hier von der Regionalvertretung für das Münsterland haben mal ein Schreiben verfasst, welches die Argumente von Gelsenwasser aufgreift und entsprechend widerlegt.

Wer möchte, kann dieses Schreiben auch als Antwort auf das letzte Gelsenwasserschreiben verwenden.

Das Schreiben lautet wie folgt:

\" Sehr geehrte Damen und Herren,

 im Juni bzw. Juli 2008 haben die Gaspreisrebellen der Firma Gelsenwasser erneut unverständliche Post von Ihnen bekommen.  

Darin weisen Sie zum wiederholten Male darauf hin, dass Sie die Preiserhöhungen für Gas nicht willkürlich, sondern wegen der angeblich gestiegenen Bezugskosten vornehmen würden. Dies wäre auch schon bei den früheren Preiserhöhungen der Grund für die  Anpassungen gewesen. Außerdem belegten dies die Gutachten Ihrer Wirtschaftsprüfer ( Infoplan).  

Auch im Vergleich mit den Preisen anderer Gasversorgungsunternehmen zählten Sie zu den günstigsten Anbietern.  

Ihre  jüngste  Preisanpassung  sei  daher  angemessen bzw. billig im Sinne des § 315 BGB  und  damit  wirksam.  Ihre Gaspreise und die Ihrer  Tochter und Beteiligungsunternehmen  würden  jeweils  nach  denselben  Kriterien bestimmt.  Ihrem  Tochterunternehmen  Niederrheinische  Gas - und  Was-serwerke GmbH (NGW) sei erst kürzlich gerichtlich bestätigt worden, dass Ihre Gaspreise angemessen seien.    

Mit Urteil  vom 4. Juni 2008  (4. Juli 2008 ist falsch)  hätte das  Landgericht Düsseldorf festgestellt, dass die Preiserhöhungen  zum  1. Oktober 2004,  1. Januar 2005,  1. Oktober 2005  und 1. Januar 2006  billig  im  Sinne  von  § 315  BGB  und  damit  wirksam  seien. Dieses Urteil  bestätige auch  die  Angemessenheit und Wirksamkeit ihrer Preise, da innerhalb der Gelsenwasser-Gruppe die Preisgestaltung identisch sei.  

Dazu stellen  wir nochmals Folgendes fest:  

Aus einem Wirtschaftsprüfergutachten, dass nur das Verhältnis von Bezugskosten zu Preisneubestimmungen zum Gegenstand hat, kann nicht auf die Billigkeit der Preisneubestimmung geschlossen werden.  

Entscheidungserheblich für die Frage, ob die Preisneubestimmung billig i.S.d. § 315 BGB ist, sind neben den Bezugskosten vielmehr auch die anderen Kostenelemente. Das ist auch in der Rechtsprechung allgemein anerkannt.  

Darüber hinaus kann ein privates Gutachten die freie Meinungsbildung des Gerichts nicht ersetzen. An Unabhängigkeit und Aussagekraft des Gutachtens bestehen hier berechtigte Zweifel. So werden vielfach mehrere Tarife zusammen untersucht und als Ergebnis nur Durchschnittswerte abgebildet. Das Resultat hängt zudem von der Definition des Untersuchungsgegenstands ab. Deshalb kann einem Gutachten kein Hinweis auf die Billigkeit im Sinne von § 315 BGB entnommen werden.

Der Verbraucher muss selbst Gelegenheit bekommen, relevante Unterlagen einzusehen. Das Bundesverfassungsgericht hatte bereits mit Beschluss vom 28.12.1999 (Az.: 1 BvR 2203) entschieden: „Für bürgerlich- rechtliche Streitigkeiten ist aus dem Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes die Gewährleistung eines wirkungsvollen Rechtsschutzes abzuleiten. Dieser muss grundsätzlich umfassende tatsächliche und rechtliche Prüfung des Streitgegenstandes ermöglichen.

Die Beteiligten müssen die Möglichkeit haben, sich im Prozess mit tatsächlichen und rechtlichen Argumenten zu behaupten. Zu einem wirkungsvollen Rechtsschutz gehört auch, dass der Richter die Richtigkeit bestrittener Tatsachen nicht ohne hinreichende Prüfung bejaht. Ohne eine solche Prüfung fehlt es an einer dem Rechtsstaatsprinzip genügenden Entscheidungsgrundlage. Eine Beweisführung durch einen neutralen, zur Verschwiegenheit verpflichteten Sachverständigen (Wirtschaftsprüfer) als Beweismittler scheidet daher explizit aus.

Denn auch ein gerichtliches Sachverständigengutachten ist als Beweismittel unverwertbar, wenn es auf Geschäftsunterlagen beruht, die eine der Parteien nur dem Sachverständigen, nicht dem Gericht und der Gegenpartei zur Verfügung gestellt hat und die im Verfahren auch nicht offen gelegt werden (BVerwG Beschl. v. 15.08.03 - 20 F 08.03 unter Verweis auf BGHZ 116, 47). Die gerichtliche Verwertung eines solchen Sachverständigengutachtens versagt nicht nur den Beteiligten, welche die geheim gehaltenen Tatsachen nicht kennen, das rechtliche Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Das Gericht verletzt auch seine Pflicht, ein von ihm eingeholtes Sachverständigengutachten sorgfältig und kritisch zu würdigen, insbesondere auch, ob es von zutreffenden und tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht.  

Dieser Pflicht und dem Gebot der Gewährung des rechtlichen Gehörs kann das Gericht nur entsprechen, wenn der Sachverständige die wesentlichen tatsächlichen Grundlagen seines Gutachtens offen legt.\" Wenn dies nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bereits für ein gerichtliches Sachverständigengutachten gilt, dann muss es erst recht für eine gekaufte Bescheinigung gelten, bei der es sich allenfalls um ein Parteigutachten handeln kann.  

Sie behaupten, im Vergleich mit den Preisen anderer Gasver-sorgungsunternehmen zählten Sie zu den günstigsten Anbietern.  Die Marktüblichkeit von Gaspreisen lässt keinen Rückschluss auf ihre Billigkeit im Sinne von § 315 BGB zu. Die Preisgestaltung eines Unternehmens entspricht nicht dadurch der Billigkeit, dass sie sich mit Preisen anderer Unternehmen messen kann, die ihrerseits ggf. unbillig sind. Bei Preisvergleichen besteht zudem die Gefahr, dass durch Auswahl von Zeitpunkt des Vergleichs und Vergleichsunternehmen das Ergebnis beeinflusst wird.  

Entscheidungserheblich für die Frage, ob die Preisneubestimmung des jeweiligen Versorgers billig i. S.d. § 315 BGB  ist, ist nämlich dessen Kostenstruktur.   Sie behaupten, Ihre  jüngste  Preisanpassung  sei  daher angemessen bzw. billig im Sinn des § 315 BGB  und  damit  wirksam.  Ihre Gaspreise und die Ihrer Tochter- und Beteiligungsunternehmen  würden  jeweils  nach denselben Kriterien bestimmt.  Ihrem Tochterunternehmen  Nieder-rheinische Gas- und  Wasserwerke GmbH (NGW) sei erst kürzlich gerichtlich bestätigt worden, dass Ihre Gaspreise angemessen seien.      

Diese Auffassungen sind schlicht unzutreffend bzw. irreführend. Wenn die Verbraucher die Billigkeit des geforderten Preises bestreiten und die Zahlungen an den Versorger nur entsprechend der akzeptierten Preise leisten,  muss der Versorger auf Zahlung des vollen Preises klagen und vor Gericht die Billigkeit seiner Preisneubestimmung beweisen.

Zu dem von Ihnen angeführten Urteil des Landgerichtes Düsseldorf vom 4. Juni 2008 in Sachen NGW ist auszuführen, dass das Urteil eines Gerichts rechtliche Bedeutung zunächst nur für die am Gerichtsverfahren beteiligten Parteien hat.   Aus einem „fremden\" Gerichtsverfahren lassen sich dementsprechend allenfalls Argumente auf andere Fälle übertragen, nicht aber das Urteil selbst.  

Es ist zudem zu beachten, dass eine Vergleichbarkeit zu dem Sachverhalt des entschiedenen Prozesses nicht besteht: Urteile auf Feststellungsklagen eines Kunden lassen sich nicht auf Fälle beziehen, in denen der Verbraucher Rechnungsbeträge einbehält. Hier müsste das Versorgungsunternehmen klagen.

Aus dem Urteil eines Gerichts in einem fremden Prozess lässt sich für die Billigkeit der Preisgestaltung im eigenen Vertragsverhältnis grundsätzlich nichts ableiten.      Außerdem  gründet  das  Urteil  des Landgerichtes Düsseldorf auf der unzutreffenden  Annahme,  dass  ein  einheitlicher - wohl bundesweiter - Markt für  Wärmeenergie  und  auf  einem  solchen wiederum ein wirksamer Substitutionswettweberb  bestehe,  der  geeignet  sei,  die  Höhe  der Gastarife wirksam zu beschränken.    

Dem stehen die Feststellungen im Urteil des 2. Kartellsenats des Oberlandesgerichtes Düsseldorf in der Entscheidung vom 16.04.2008 entgegen, wonach ein einheitlicher Wärmemarkt nicht besteht, Gasversorger in ihren Verteilnetzen eine marktbeherrschende Stellung einnehmen (ebenso BGH Urt. v. 29.04.08 - KZR 2/07), und somit ein nennenswerter Substitutionswettbewerb überhaupt nicht besteht.    

Zusätzlich steht   diesem die   Gesetzesbegründung   der   Bundesregierung  zur   Verschärfung   der   kartellrechtlichen   Preismissbrauchsaufsicht   im   Energiebereich  gem.  §  29  GWB  entgegen.  

Die  vorgelegten  Wirtschaftsprüferbescheinigungen sind, wie schon oben ausgeführt, keine zulässigen Beweismittel.   Gegen das  Urteil wurde im  Übrigen  Berufung eingelegt, es  ist  damit also  nicht rechtskräftig und  insofern  völlig  unverbindlich für die von Ihnen angesprochenen Gaskunden.    

Sollten Sie in Anbetracht dieser Umstände trotzdem an einer Klage festhalten wollen, sehen wir dieser wegen der Vielzahl der jüngsten positiven gerichtlichen Entscheidungen für die Verbraucher sehr gelassen entgegen.\"



Dies ist zumindestens ein fachlich fundierte, und adäquate Antwort auf das eher unqaulifizierte Schreiben der Firma Gelsenwasser.

Wer möchte, kann es gerne verwenden.

Mit freundlichen Grüßen

B. Ahlers

Regionalvertretung des Bundes der Energieverbraucher
für das Münsterland

 

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