Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: Wie gehen Widersprüchler langfristig mit der rasanten Erhöhung der Gaspreise um?  (Gelesen 18416 mal)

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Offline ESG-Rebell

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Original von Black
Die im wesentlichen freie Festlegung an Margen beim Anfangspreis nennt sich Wettbewerb.
Gerade in einem Markt ist die Margenfestlegung alles andere als frei sondern durch Zwänge von Angebot und Nachfrage sowie den Mitbewerbern stark eingeschränkt.

In einem echten Wettbewerb muss ein Anbieter seine Margen mit spitzer Feder rechnen und kann diese nicht nach Gutsherrenart festlegen.

Zitat
Original von Black
Das System der Genehmigten Tarife wurde vom Gesetzgeber aufgegeben zugunsten des Wettbewerbs. Wenn man eine gerichtliche Überprüfung der Margen zulassen würde, wäre das eine Rückkehr zum System der genehmigten Tarife  über die Hintertür.

... aber derzeit hat sich der Staat (auch aufgrund der EU) für Wettbewerb  entschieden.
Hätte der auch auf dem Gassektor bereits herrschende Wettbewerb (E-wie-Einfach) inzwischen ein solches Ausmaß erreicht, dass die Versorger auf breiter Front unter einem Preisdruck gerieten, dann würden wir hier heute nicht mehr diskutieren. Vielmehr würde dieses Forum wohl mangels Aktivität vom Netz genommen.

Sie selbst wissen vermutlich am besten, dass die Situation anders aussieht.

Der Energiesektor befindet sich in einer Übergangsphase von der \"Planwirtschaft\" (wie Sie es nennen) zu einer Marktwirtschaft.

Den Versorgern ist es seit gut 10 Jahren gelungen, nach dem sofortigen Ausstieg aus der Planwirtschaft den Einstieg in die Marktwirtschaft zu unterbinden. Es gibt keine Hinweise darauf, dass ihnen dies nicht auch noch weitere Jahrzehnte gelingen könnte, wenn Verbraucher und deren Anwälte nicht dagegen Sturm laufen würden.

Also nochmal die Kernfrage:
Wie können Verbraucher vor überzogenen Preisforderungen Ihrer Ansicht nach geschützt werden, solange die Mechanismen der Marktwirtschaft noch nicht wirken?

Gruss,
ESG-Rebell.

Offline nomos

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Original von Black

Das Prinzip des unverfälschten Wettbewerbs ist unter § 1 Abs. 2 EnWG verankert. \"Bedarfswirtschaftliche Kalkulation\" ist Planwirtschaft, also das Gegenteil von Wettbewerb. Nun ist es nicht verwerflich ein Anhänger von Planwirtschaft zu sein, aber derzeit hat sich der Staat (auch
Aufgrund der EU) für Wettbewerb  entschieden.
    @black, der Abs. 2 ist genauso wenig Realität wie der Rest. Wo sehen Sie hier einen unverfälschten Wettbewerb?

    Ich bin nicht Anhänger einer Planwirtschaft, sondern der
sozialen Marktwirktschaft. Das ist immer noch die Wirtschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland. Sie muss offensichtlich verteidigt werden wie man sieht. Dazu gehört auch das kommunale Wirtschaftsrecht, das die Kommunen bzw. den Staat zur Daseinsvorsorge verpflichtet. Die Verpflichtungen beschränken den Profit. Monopole, die die Marktmacht zu Lasten Schwächerer ausnützen, gehören auch nicht in diese Wirtschaftsordnung. Wir haben auf diesem Gebiet keinen uneingeschränkten Kapitalismus.[/list]

Offline Black

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Original von RR-E-ftEs gab im Gasbereich und gibt im Wasserbereich keine Tarifgenehimungspflicht und gleichwohl findet eine Billigkeitskontrolle einseitig festgesetzter Entgelte statt. Vilemhr ist es so, dass selbet eine Tarifgenehmigung die Billigkeitskontrolle nicht ausschließt (vgl. BGH NJW 1998, 3188, 3192). Dieses Argument trägt also nicht..

Es geht nicht um das ob einer Billigkeitskontrolle, sondern welchen Umfang diese haben soll. Und die von Ihnen angestrebte Ausdehnung auf den Ausgangspreis bedeutet Margenkontrolle. Und Margenkontrolle bedeutet gerichtliche Tarfigenehmigung. Tarifgenehmigung ist aber nicht gewollt, da diese das Gegenteil von Wettbewerb ist. Das Argument trägt sehr wohl.

Zitat
Original von RR-E-ftSie bleiben leider eine Erklärung schuldig, wie die Billigkeitskontrolle einer einseitig festgesetzten Entgelthöhe nach ihrer Auffassung unter Beachtung der aktuellen Rechtsprechung des BGH (insbesondere Urt. v. 18.10.2007 - III ZR 277/06 Tz. 20) erfolgen soll.

So wie es der BGH in einer gleichfalls aktuellen Entscheidung VIII ZR 36/06 erklärt:

Kontrolle des Ausgangspreises - nein
Nachträglicher Billigkeitseinwand nach Hinnahme der Anpassung - nein
Kontrolle der Anpassungsspanne - Ja
keine Erweiterung der Marge durch Preisanpassung - Ja
Offenlegung der Gesamtkalkulation - Nein
Nachweis der reinen Weitergabe der Bezugskosten - Ja

Und das ist kein utopische Zielvorstellung von mir sondern höchstrichterliche Rechtsprechung.

Zitat
Original von ESG-RebellDie Frage bleibt aber offen:
Wie ist eine Gewährleistung von nicht unbilligen Preisen ohne eine Margenkontrolle - sei es durch funktionierende Marktmechanismen oder sei es durch Gerichte bzw. Behörden - überhaupt möglich?

So wie beim Brot, bei Milch, Schokolade, Benzin...eigentlich beinahe jedem gehandelten Produkt. Haben Sie schon mal Ihren Bäcker oder Ihre Tankstelle wegen unbilliger Preise verklagt und gefordert die Preiskalkulation offenzulegen? Haben Sie Ihrem Bäcker oder Tankwart gesagt, dass sie vorerst nur die Brot- und Benzinpreise von 1986 zahlen aber weiterhin Brot und Benzin abnehmen möchten?

Im Bereich der Versorgungswirtschaft haben Sie snun ogar noch die Möglichkeit eine Steigerung der Marge im Rahmen von Anpassungen durch § 315 BGB Überprüfung auszuschließen.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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@nomos/ ESG- Rebell

Es wäre schade, die klare juristische Diskussion durch eine allgemein wirtschaftspolitische/ sozialökonomische Debatte zu verdrängen.

Bei der juristischen Diskussion geht es nicht um Planwirtschaft oder soziale Marktwirtschaft, wie bereits die gerichtliche Billigkeitskontrolle der Landeentgelte von Verkehrsflughäfen in Deutschland, die untereinander im harten Wettbewerb stehen, deutlich zeigt.

Es wurde von Black bisher leider nicht aufgezeigt, wie ein  bestehendes einseitiges Leistungsbestimmungsrecht eines Energieversorgungsunternehmens gem. § 315 Abs. 3 BGB gerichtlich kontrolliert werden soll. Zu dieser Frage sollte Gelegenheit zur Stellungnahme auf klarer juristicher Grundlage gegegeben werden.

Bisher wurden m. E. nur die \"roten Linien\" aus der Sicht der Energiewirtschaft aufgezeigt.

Ein besonderes Problem wurde dabei ausgespart, dass nämlich eine Gewinnspanne gerade dadurch erhöht werden kann, dass rückläufige Kosten nicht oder nicht vollständig weitergegeben werden, was unbillig wäre. Wie kann dies verhindert werden? Wann und wie sollte der Kunde deshalb die Unbilliugkeitseinrede erheben, um  bei gleichbleibenden, abgesenkten  Entgelten  geschützt zu werden ?!

Offline Black

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Original von RR-E-ft
Es wurde von Black bisher leider nicht aufgezeigt, wie ein  bestehendes einseitiges Leistungsbestimmungsrecht eines Energieversorgungsunternehmens gem. § 315 Abs. 3 BGB gerichtlich kontrolliert werden soll. Zu dieser Frage sollte Gelegenheit zur Stellungnahme auf klarer juristicher Grundlage gegegeben werden.

Es steht im vorangegangen Beitrag.


Die Abschweifung in das allgemeine Wirtschaftsrealität ist dem Thema Margenkontrolle und der populistischen Ansatz \"raffgierige\" EVU geschuldet.
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Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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@Black

Bleiben wir getrost bei der Sache:


Zitat
Bisher wurden m. E. nur die \"roten Linien\" aus der Sicht der Energiewirtschaft aufgezeigt.

Ein besonderes Problem wurde dabei ausgespart, dass nämlich eine Gewinnspanne gerade dadurch erhöht werden kann, dass rückläufige Kosten nicht oder nicht vollständig weitergegeben werden, was unbillig wäre. Wie kann dies verhindert werden? Wann und wie sollte der Kunde deshalb die Unbilliugkeitseinrede erheben, um  bei gleichbleibenden, abgesenkten  Entgelten  geschützt zu werden ?!

Netzkostenabsenkungen wurden oft nicht an die Kunden weitergegeben.
Wie wird der Kunde davor geschützt, dass Kostensenkungen unvollständig an ihn weitergegeben werden ?

Wie wird den geltenden  Grundsätzen  (BGH, Urt. v. 18.10.2007 - III ZR 277/06 Tz. 20) zutreffend Rechnung getragen ? Das EVU muss demnach bei der einseitigen Entgeltneufestsetzung eine Abwägung zwischen den objektiven wirtschaftlichen Interessen beider Vertragspartner unter umfassender Würdigung des Vertragszwecks vornehmen, damit die einseitige Leistungsbestimmung der Billigkeit entsprechen kann.

Wie muss das konkret geschehen?

Dann ist auch klar, was das Gericht bei der Kontrolle der Billigkeit der Ermessensausübung des EVU bei der einseitigen  Entgeltfestsetzung zu kontrollieren hat.

Kontrolliert wird nicht die Billigkeit des Entgelts, sondern die Billigkeit der Ermessensausübung bei der einseitigen Festsetzung des selben.

Kontrolliert wird also, ob die Interessenabwägung innerhalb eines bestehenden Gestaltungsspielraums zutreffend erfolgte. Dargelegt werden muss m. E., welcher Gestaltungsspielraum überhaupt bestand und wie die Abwägung innerhalb des selben erfolgte.

Gegenstand und Ergebnis einer gerichtlichen Billigkeitskontrolle war und ist also mitnichten eine  Tarifgenehmigung. Bei bestehender Tarifgenehmigungspflicht erfolgt die Kontrolle der Ordnungsgemäßheit des Tarifgenehmigungsverfahrens vor den Verwaltungsgerichten. Die zivilrechtliche Billigkeitskontrolle vor den ordentlichen Gerichten  ist davon deutlich zu unterscheiden (BVerwG, NVwZ 1994, 999) und erfolgt unabhängig hiervon (BGH NJW 1998, 3188, 3192).

Offline Black

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Original von RR-E-ft
Kontrolliert wird nicht die Billigkeit des Entgelts, sondern die Billigkeit der Ermessensausübung bei der einseitigen Festsetzung des selben.

Gegenstand und Ergebnis einer gerichtlichen Billigkeitskontrolle war und ist also mitnichten eine  Tarifgenehmigung. Bei bestehender Tarifgenehmigungspflicht erfolgt die Kontrolle der Ordnungsgemäßheit des Tarifgenehmigungsverfahrens vor den Verwaltungsgerichten. Die zivilrechtliche Billigkeitskontrolle vor den ordentlichen Gerichten  ist davon deutlich zu unterscheiden (BVerwG, NVwZ 1994, 999) und erfolgt unabhängig hiervon (BGH NJW 1998, 3188, 3192).

Es dürfte keinen praktischen Unterschied machen ob das Gericht dem Energieversorger sagen soll, \"Deine Marge von X Prozent ist zu hoch\" oder \"Dein Ermessen den Preis mit einer Marge von X Prozent zu planen war fehlerhaft (denn die Marge ist zu hoch).\"

Und welches Gericht nun für die Margenkontrolle zuständig sein soll ist auch letztendlich auch nicht erheblich.
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Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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@Black

Vielleicht wäre es doch möglich, auf meine Fragen im vorhergehenden Beitrag einzugehen. Wie und wann sollte der Kunde eine nachträgliche Erhöhung der Gewinnspanne durch  die nicht vollständige Weitergabe gesunkener Kosten geltend machen?

Wie hat ein Jurist die Grundsätze aus der Entscheidung (BGH, Urt. v. 18.10.2007 - III ZR 277/06 Tz. 20) auf eine einseitige Entgeltneufestsetzung eines Energieversorgungsunternehmens anzuwenden ?

Ich könnte mir vorstellen, dass der jeweilige Gestaltungsspielraum, den das Versorgungsunternehmen hat, gerade den Teil der Preiskalkulation betreffen könnte, der nach Ihrem Wunsch tunlichst unkontrolliert bleiben sollte.  Wenn aber der bestehende Gestaltungsspielraum des betreffenden Versorgungsunternehmens schon nicht festgestellt werden kann, so muss die gesamte Billigkeitskontrolle versagen. Der bestehende Gestaltungsspielraum ist zugleich Voraussetzung und Kern dieser Kontrolle. Es stünde eine \"institutionalisierte Rechtsbeugung\" zu besorgen.

Die durch AGB einseitig festgelegten Benutzungsentgelte der Verkehrsflughäfen - egal in welcher Eigentumsform betrieben - unterliegen der Billigkeitskontrolle. Aus den Entscheidungen ergibt sich der Prüfungsgegenstand....

Offline Black

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Original von RR-E-ft

Vielleicht wäre es doch möglich, auf meine Fragen im vorhergehenden Beitrag einzugehen.

Ich könnte mir vorstellen, dass der jeweilige Gestaltungsspielraum, den das Versorgungsunternehmen hat, gerade den Teil der Preiskalkulation betreffen könnte, der nach Ihrem Wunsch tunlichst unkontrolliert bleiben sollte.

Es ist mir möglich.

Eine Kontrolle der Billigkeit der Gesamtpreissetzung würde nach meiner Auffassung sehr wahrscheinlich eine Kontrolle der Marge mit beinhalten. Da nach meiner bereits dargestellten Meinung nur die Erhöhungsspanne der Kontrolle unterfällt und hier eine Erhöhung der Marge nach der Rechtsprechung ausgeschlossen ist, können sich nur andere Faktoren - wie gestiegene Bezugskosten - noch berechtigt auf die Neukalkulation auswirken.

Da Sie Ihrer Wertung der Rechtslage auch eigentlich eher sachfremde Entscheidungen - wie Festlegung von Flughafennutzungsentgelten oder Preisanpassungen in Sondernutzungsverträgen - als besonders richtungsweisend für das Thema § 315 BGB im Bereich der Grundversorgung zitieren, gleichzeitig aber die klare Aussage des BGH VIII ZR 36/06 zu allen ihren hier gestellten Fragen schlichtweg ignorieren, gehe ich davon aus, dass Sie fest damit rechnen, dass der BGH von seiner bisherigen Meinung abrücken wird?

Immerhin vermitteln Sie dem rechtsunkundigen Leser hier den Eindruck er werde mit den von Ihnen zitierten Entscheidungen im Rücken in jedem Fall eine gerichtliche Überprüfung seines Gesamtentgeltes erreichen können.
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Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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@Black

Ich bin ein Quälgeist. ;)

a)

Zitat
Original von RR-E-ft
Wie und ggf. wann sollte der Kunde eine nachträgliche Erhöhung der Gewinnspanne durch  die nicht vollständige Weitergabe gesunkener Kosten geltend machen?

Diese Frage stellt sich, nachdem das einseitige Leistungsbestimmungsrecht zugleich auch immer eine Verpflichtung zur Entgeltabsenkung enthält, wenn diese möglich und für den Kunden günstig ist. Wie soll kontrolliert werden, dass diese bestehende Verpflichtung erfüllt wird? Das Problem stellt sich insbesondere, ohne dass das Entgelt erhöht wurde.


b)

Ich hoffe ganz deutlich zum Ausdruck gebracht zu haben, dass bei den allermeisten Verträgen (Sonderabkommen) schon kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht besteht und deshalb in diesem Bereich auch kein Gesamtentgelt zur Kontrolle stehen kann, vielmehr der bei Vertragsabschluss vereinbarte Preis weiterhin Geltung beansprucht, wenn keine wirksame Preisänderungsklausel im Vertrag enthalten ist. Weiter habe ich auf die st. Rechtsprechung verwiesen, wonach der weite Spielraum der Billigkeit den Anforderungen des § 307 BGB nicht genügt. Daneben sieht das Gesetz  mit §§ 313, 314 BGB m. E. ausreichende Regelungen vor.

c)

Mich ärgert, dass die vollkommen unterschiedlichen rechtlichen Rahmenbedingungen für die Belieferung innerhalb der gesetzlichen Versorgungspflicht und außerhalb der selben aufgrund von Sonderverträgen immer wieder unzulässig vermengt werden. Innerhalb der gesetzlichen Versorgungspflicht besteht ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht hinsichtlich der vom Kunden zu zahlenden Entgelte, bei Sonderverträgen hingegen gerade nicht. Das macht einen sehr gewichtigen Unterschied. Ich könnte mir vorstellen, dass gerade in der fehlenden gedanklichen Differenzierung der Grund für die obiter dicta der Entscheidung vom 28.03.2007 - VIII ZR 144/06 lagen, die geradewegs in die wenig überzeugende Entscheidung vom 13.06.2007 - VIII ZR 36/06 münden mussten. Vielleicht sollte man sich nochmals vergegenwärtigen, dass die Billigkeitskontrolle Aufgabe des Tatsachengerichts ist und nur eingeschränkter revisionsrechtlicher Kontrolle unterliegt.

Offline Black

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Da stellt sich zunächst die Frage, ob das gesetzliche Preisanpassungsrecht auch in beide Richtungen wirkt. Ob also aus dem Recht des Versorgers zur Erhöhung eine Pflicht zur Absenkung resultiert.

Die letzten BGH Entscheidungen lassen das vermuten.

Ich könnte mir daher vorstellen, dass der BGH in diesem Fall eine Überprüfung des Gesamtbetrages für Zulässig erachtet, jedoch beschränkt auf den aktuellen Zeitpunkt und den Nachweis gesunkener Bezugskosten.

In diesem Fall wäre zu überprüfen ob eine unzulässige Margensteigerung aufgrund einer Kostensenkung stattgefunden hat. Dies wäre aber keine Überprüfung des Ausgangspreises von Anfang an, sondern ab einem  Zeitpunkt X, zu dem eine Kostensenkung behauptet wird. Die Ausgangsmarge bliebe unberührt.

Nachtrag:

Da Sie den Bereich Sonderkundenverträge ansprechen geht meine Prognose dahin, dass künftig überwiegend zeitlich eng befristete Verträge ohne Preisanpassungsklausel  abgeschlossen werden, mit der Folge, dass sich die Preise dann bei jedem Neuabschluss verändern.
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Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline greatHunter

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Original von Black
Es geht nicht um das ob einer Billigkeitskontrolle, sondern welchen Umfang diese haben soll. Und die von Ihnen angestrebte Ausdehnung auf den Ausgangspreis bedeutet Margenkontrolle. Und Margenkontrolle bedeutet gerichtliche Tarfigenehmigung. Tarifgenehmigung ist aber nicht gewollt, da diese das Gegenteil von Wettbewerb ist. Das Argument trägt sehr wohl.

Mich würde doch mal interesseieren, wer denn was will.
Jüngste Äußerungen aus der Bundesregierung schienen alles andere als begeistert. EVU-Interessen und die der Kunden sind in Bezug auf die Preisbildung für die Energie einander entgegengerichtet. Daß Tarifgenehmigung nicht gewollt ist, das gestehe ich Ihnen zu. Was ist denn gewollt? So wie die Sache gerade aussieht, findet aber weder eine Tarifgenehmigung noch ein Wettbewerb statt. Deshalb streben ja so viele  eine - ich sags mal mit Ihren Worten: \"gerichtliche Tarifgenehmigung\" als Notbremse an. Darum sei es so: Jeder muß seinen Weg gehen. Mit Blick auf die Notbremse könnte das eine Völkerwanderung werden, was sicherlich abzuwarten ist.

Vielleicht sollte man nebenbei darüber nachdenken, noch ein paar Scheine in EVU-Aktien zu stecken, um sich möglichst schadlos zu halten. RWE bleibt langfristig attraktiv. (Effecten Spiegel Nr25 vom 12.06.08  S.5)
Hören Sie als Mann Ihrer Frau 3-4 mal die Woche aufmerksam zu. - Lassen Sie als Frau Ihren Mann 3-4 mal die Woche in Ruhe. (Tiki Küstenmacher)

Offline Black

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Original von greatHunter


Mich würde doch mal interesseieren, wer denn was will.
(...) EVU-Interessen und die der Kunden sind in Bezug auf die Preisbildung für die Energie einander entgegengerichtet. Daß Tarifgenehmigung nicht gewollt ist, das gestehe ich Ihnen zu. Was ist denn gewollt? So wie die Sache gerade aussieht, findet aber weder eine Tarifgenehmigung noch ein Wettbewerb statt. Deshalb streben ja so viele  eine - ich sags mal mit Ihren Worten: \"gerichtliche Tarifgenehmigung\" als Notbremse an. Darum sei es so: Jeder muß seinen Weg gehen. Mit Blick auf die Notbremse könnte das eine Völkerwanderung werden, was sicherlich abzuwarten ist.

Was jeder will? Der Unternehmer will hohe Gewinne und der Kunde am liebsten Energie umsonst.

Energie wird langfristig teurer werden. Da ändert auch ein Preisprotest mit Pyrussiegen nicht. Meinen Sie denn Politik und Gerichte haben Lust sämtliche Preise, Preisbestandteile und Margen sämtlicher Energieversorger für Strom, Wärme, Gas auf ihre Billigkeit zu prüfen? Durch mehrere Instanzen und bei jedem Erhöhungsschritt erneut? Meinen sie nicht politik oder Rechtsprechung werden einen Weg finden dem zu entgehen?

Den Hinweis auf eine Völkerwnderung verstehe ich nicht.
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Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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@Black

Die letzten Entscheidungen des BGH lassen nicht vermuten, dass das gesetzliche Leistungsbestimmungsrecht auch eine Verpflichtung zur Entgeltsenkung enthalten. Dies wird in der Entscheidung vom 29.04.2008 - KZR 2/07 in Tz. 26 zutreffend ausdrücklich festgehalten. Das wurde auch von der Branche bisher überhaupt nicht in Frage gestellt. Schließlich soll selbst die Ölpreisbindung keine Einbahnstraße sein, sondern in beide Richtungen wirken. Und wenn Energiepreise wegen gestiegener Kosten steigen, dann müssen sie ebenso bei Kostensekungen auch wieder sinken. Dass Kostensenkungen in die einseitige Preisfsetzsetzung Eingang finden müssen, ergibt sich bereits aus der Entscheiung vom 13.06.2007 - VIII ZR 36/06. Bei der einseitigen Entgeltfestsetzung geht es nicht darum, was jeder will, sondern um die Abwägung gegenläufiger rechtlich anerkannter Interessen. Der Kunde hat ein rechtlich anerkanntes Interesse an einer Versorgung, die der gesetzlichen Verpflichtung aus § 2 Abs. 1 EnWG entspricht. Dieses rechtlich anerkannte Interesse bildet zugleich den Vertragszweck, der mit in die Ermessensentscheidung des EVU bei der Entgeltfestsetzung einfließen muss (siehe schon BGH, Urt. v. 02.10.1991- VIII ZR 240/91 = NJW-RR 1992, 183).

Nun warten wir mal ab, was der BGH wohl am 18.06.2008 im Verfahren VIII ZR 274/06 weiter zu Erdgas- Sonderverträgen sagt.

Offline peterb

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Natürlich hat Black recht, dass der ganze Protest auf eine Margenkontrolle hinausläuft.
Fakt ist aber leider, dass die Grenzübergangspreise um 1,2ct/kwh (Okt 2004 auf März 2008) gestiegen sind, meine Gasbezugspreise aber um 2,6ct/kwh. Nicht nur ich habe das Gefühl, das da etwas nicht stimmen kann.
Durch das BGB-Urteil vom Juni 2007 bin ich dem aber ausgeliefert.
Das der §315 in Bezug auf Gaspreise anders ausgelegt werden soll als bei allen anderen Sachverhalten erschließt sich mir auch nicht wirklich, daher hoffe ich dass diese Interpretation gekippt wird.
Ich denke, wenn der Unterschied nicht so eindeutig auf Mißbrauch hinweisen würde, wäre alles halb so schlimm, aber dass sich Eon & Konsorten auf meine Kosten sanieren ist nicht in Ordnung.

 

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