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Autor Thema: Wie gehen Widersprüchler langfristig mit der rasanten Erhöhung der Gaspreise um?  (Gelesen 18420 mal)

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Offline RR-E-ft

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@Black

Noch einmal zum Mitdenken wie im Anfangssemester Zivilrecht:

Eine einseitige Leistungsbestimmung gem. § 315 Abs. 2 BGB bleibt immer eine solche und ihre Gültigkeit für den anderen Vertragsteil bemisst sich ausschließlich nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB. Eine Einigung auf einen Preis setzt hingegen immer Antrag und Annahme gem. §§ 145 ff. BGB voraus.  Wo es aber schon keinen Antrag gem. § 145 BGB gibt, kann ein solcher erst recht nicht vom anderen Vertragsteil angenommen werden. Demnach erscheint es unter Anwendung des BGB völlig ausgeschlossen, dass ein einseitig festgesetztes Entgelt zu einem vereinbarten Entgelt werden kann. Der entsprechenden Metamorphose fehlt es eindeutig an einer Rechtsgrundlage im BGB. Und dabei bestimmt Art. 20 GG, dass die Rechtsprechung an Gesetz und Recht gebunden ist.....

In der Entscheidung vom 05.02.2003 - VIII ZR 111/02 hatte der BGH sich mit der Frage der Unbilligkeit gem. § 315 BGB zu befassen, weil das einseitig festgesetzte Entgelt immer noch ein solches war und sich seine Geltung für den anderen Vertragsteil gerade deshalb immer noch nach § 315 Abs. 3 BGB messen lassen musste.... Es wurden eben durch die vorbehaltlosen Zahlungen des Kunden gerade nicht vereinbart.

Offline Black

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Einigung mit Angebot und Annahme gab es bei Abschluss des Ausgangsvertrages über den damals geltenden Preis.

Kommt jetzt DANACH eine Preisanpassung, die der Kunde nicht beanstandet, dann wird diese wirksam.(so BGH VIII ZR 36/06). Da ist dann nichts mehr mit Angebot und Annahme.

Leisatz:
Ein von dem Gasversorger einseitig erhöhter Tarif wird zum vereinbarten Preis, wenn der Kunde die auf dem erhöhten Tarif basierende Jahresabrechnung des Versorgers unbeanstandet hinnimmt, indem er weiterhin Gas von diesem bezieht, ohne die Tariferhöhung in angemessener Zeit gemäß § 315 BGB als unbillig zu beanstanden.
BGH, Urteil vom 13. Juni 2007 - VIII ZR 36/06
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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@Black

Schon die Annahme, dass bei Vertragsabschluss ein feststehender - für beide Vertragsteile gleichermaßen verbindlicher Preis vereinbart wird - ist unzutreffend (BGH, Urt. v. 18.10.2005 - KZR 34/06 Tz. 10; BGH, Urt. v. 04.03.2008 - KZR 29/06; erhellend auch BGH, Urt. v. 07.02.2006 - KZR 24/04). Dies ist dann nicht der Fall, wenn der eine Vertragsteil nach Vertragsabschluss die Entgelte aufgrund eines bestehenden einseitigen Leistungsbestimmungsrechts dem anderen gegenüber einseitig neu festsetzen kann. Für den Leistungsbestsimmungsberechtigten besteht eben gerade keine Bindung durch eine erfolgte Einigung, sondern er hat das allein durch § 315 BGB beschränkte Leistungsbestimmungsrecht hinsichtlich der vertraglich geschuldeten Gegenleistung, die somit jederzeit Ergebnis der Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts ist, nämlich nach Ermessen die Entgelte abzusenken, zu erhöhen oder stabil zu halten.... Dass ein bei Vertragsabschluss bereits bekannter Tarif nicht ausschließt, dass es sich um ein einseitig festgestztes Entgelt handelt, dass von Anfang an der Billigkeitskontrolle unterliegt, ergibt sich aus BGH, Urt. v. 30.04.2003 - VIII ZR 278/02 = NJW 2003, 3131. Dabei hat der Senat ausdrücklich festgestellt, dass die Billigkeitskontrolle Anwendung findet, weil die Parteien bei Vertragsabschluss nicht auf das zu zahlende Entgelt geeinigt haben.

Es sind die Entscheidungen vom 28.03.2007 - VIII ZR 144/06 und vom 13.06.2007 - VIII ZR 36/04, die sich weder mit der aktuellen Rechtsprechung des Kartellsenats, noch mit der früheren Rechtsprechung des achten Zivilsenats, noch mit der aktuellen Rechtsprechung des 3. Zivilsenats (Urt. v. 18.10.2007 - III ZR 277/06) noch mit der Regelungen des Allgemeinen Teils des Schuldrechts im BGB in Übereinklang bringen lassen.

Offline Black

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Zitat
Original von RR-E-ft
@Black

Schon die Annahme, dass bei Vertragsabschluss ein feststehender - für beide Vertragsteiel gleichermaßen verbindlicher Preise vereinbart wird - ist unzutreffend (BGH, Urt. v. 18.10.2005 - KZR 34/06 Tz. 10; BGH, Urt. v. 04.03.2008 - KZR 29/06; erhellend auch BGH, Urt. v. 07.02.2006 - KZR 24/04).

Ich weiss, dass Sie Anhänger dieser Auffassung sind, weil diese Ihnen ermöglichen würde auch den Ausgangspreis einer Billigkeitskontrolle zu unterziehen.

Leider steht dem - mal wieder - die besagte Gaspreisentscheidung des BGH wortgenau entgegen. Sie können natürlich anderer Meinung als die 8. Zivilkammerdes BGH sein. Sie können hoffen, dass in künftigen Entscheidungen diese Ansicht wieder revidiert wird. Aber wenn Sie hier so tun, als ob Ihre persönliche Auffassung bereits allgemein gültiges Recht wäre und die Aussagen des 8. Senats stets geflissentlich übergehen, so ist das eben nur die halbe Wahrheit.
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Offline RR-E-ft

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Es geht nicht um meine persönliche Auffassung, sondern um die aktuelle Rechtsprechung, die sich u.a. auch aus den jüngsten Entscheidungen v. 18.10.2007 - III ZR 277/06, v. 04.03.2008 - KZR 29/06 und v. 29.04.2008 - KZR 2/07 ergibt. Dass die Rechtsprechung des achten Zivilsenats in den Entscheidungen vom 28.03.2007 - VIII ZR 144/06 und v. 13.06.2007 - VIII ZR 36/06 dazu im Widerspruch steht und dass dieser Senat jüngst (in der Verhandlung am 28.05.2008 - VIII ZR 138/07) angedeutet hat, diese abweichende Rechtsprechung nochmals zu überdenken, die noch nicht gesfestigt sei, ist hier zu lesen.

Offline Black

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Tja, die niedere Rechtsprechung scheint derzeit der Ansicht des 8. Zivilsenats in dieser Frage zu folgen. Siehe LG Osnabrück.
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Offline RR-E-ft

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Tja, oder auch nicht, siehe LG Dortmund. ;)

Auch interessant: Kammergericht Berlin

Offline Black

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Tja, dann bleibt in Bezug auf die Rechtsprechung festzustellen \"bleibt alles anders\".

Aber wie sollte die Kontrolle des Ausgangspreises begründbar sein? Der § 315 BGB schützt ja nur den Vertragspartner, der innerhalb eines bestehenden Vertrages sich der (Preis)Bestimmungsmacht des anderen Vertragspartners gegenübersieht.

Zu Beginn des Vertrages kann der Kunde jedoch (sofern kein Monopol besteht) auswählen ob er zu diesem Preis versorgt werden will oder nicht. Es wäre widersprüchliches Verhalten, wenn der Kunde ohne Zwang einen bestimmten Preis X annimmt und ihn dann nachträglich als unbillig rügen will.
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Offline RR-E-ft

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@Black

Der Kunde  nimmt schon keinen Preis an, wenn der andere Vertragsteil berechtigt ist, das Entgelt nach Vertragsabschluss einseitig neu festzusetzen, undzwar sowohl hinsichtlich Grund- als auch Arbeitspreis niedriger oder höher.... Es besteht eben kein vereinbarter Preis, sondern ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des einen Vertragsteils gegenüber dem anderen.

Es gibt da einen aktuellen Fall vor einem Landgericht, wo jemand am 30.11.200. mit seinen Stadtwerken einen Vertrag über Strom-, Gas- und Wasserlieferungen abgeschlossen hat. Wie das eben so üblich ist. Der Vertrag wurde schriftlich abgeschlossen, Preise jedoch nicht aufgeführt. Wie üblich wurden in der Zeit zwischen dem 21.12. und 31.12. des gleichen Jahres die ab dem 01.01. des Folgejahres geltenden Tarifpreise für Strom, Gas, Wasser durch öffentliche Bekanntgabe neu festgesetzt. Die Belieferung und Abrechnung dieses Kunden begann ab dem 10.01. ... Auf welche Entgelte sollte sich dieser Kunde mit den Stadtwerken für die Lieferungen denn wohl geeinigt haben, wo doch die ab 01.01. des Folgejahres geltenden Tarife im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch gar nicht öffentlich bekannt gegeben waren, sondern erst nach Vertragsabschluss von den Stadtwerken einseitig neu festgesetzt wurden ?! Er hatte sich mit den Stadtwerken auf keine Preise geeinigt, sondern die Belieferung sollte zukünftig zu den von den Stadtwerken gem. § 4 AVBGasV/ AVBEltV/ AVBWasserV einseitig festgesetzten Entgelten erfolgen. Es bestand ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht.

Wie sollte man dabei sonst kontrollieren, ob etwa ein einseitig abgesenktes Entgelt der Billigkeit entspricht? Oder entspricht ein solches per se der Billigkeit? Warum? Warum entspricht nicht erst ein noch weiter abgesenkter Preis der Billigkeit? Möglicherweise war die Preissenkung zu gering und gerade deshalb unbillig.    

Die Annahme eines vereinbarten Preises bei gleichzeitigem Bestehen eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts hinsichtlich des zu zahlenden Entgelts  verstößt insbesondere im Bereich des Kaufrechts  eben schon gegen Denkgesetze. Das eine schließt das andere denknotwendig aus (vgl. BGH, Urt. v. 07.02.2006 - KZR 24/04). Bei einem weit zurückliegendem  Vertragsabschluss wird auch nicht der Ausgangspreis kontrolliert, sondern das streitgegenständliche Entgelt, welches bei bestehendem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht insgesamt dessen Ergebnis ist. Wenn ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht besteht, stellt sich also immer die Frage, warum gerade das geforderte Entgelt der Billigkeit entsprechen soll, warum es nicht etwa abgesenkt wurde, wenn doch ggf. die Möglichkeit dazu bestand und dies für den Kunden günstig gewesen wäre.
Wenn ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht besteht, sieht sich der andere Vertragsteil diesem immer gegenüber. Das einseitige Leistungsbestimmungsrecht beinhaltet eben auch eine Verpflichtung zur Entgeltsenkung, wenn dies möglich und für den Kunden  günstiger ist. Das geforderte Entgelt muss dabei jederzeit unter Abwägung der objektiven wirtschaftlichen Interessen beider Vertragsteile unter umfassender Würdigung des Vertragszwecks, in welche weitere Gesichtspunkte einfließen können, der Billigkeit entsprechen. Im Bereich der gesetzlichen Versorgungspflicht ist die möglichst preisgünstige Versorgung Vertragszweck. Diese soll das betreffende Unternehmen bewerkstelligen und allein dafür wurde vom Gesetzgeber auch das einseitige Leistungsbestimmungsrecht eingräumt. Nur der Versorger kann wissen, welches Entgelt diesem Vertragszweck entspricht.

Und wir bleiben auch auf dem Teppich:

Ein gesetzlich eingräumtes einseitiges Leistungsbestimmungsrecht betrifft nur gesetzlich versorgungspflichtigte Unternehmen. Und diese sind bei ihrer Preisgestaltung nie frei, sondern haben die energiwirtschaftsrechtlichen Bestimmungen zu beachten, insbesondere die gesetzliche Verpflichtung aus § 2 Abs. 1 EnWG. Es besteht keinerlei schutzwürdiges Interesse des zur einseitigen Leistungsbestimmung berechtigten Unternehmens an der Aufrechterhaltung eines Entgtelts, das unter Verstoß gegen diese gesetzliche Verpflichtung gebildet wurde. Ein Entgelt, welches gegen die energiewirtschaftsrechtlich immanente Preisbildungsschranke des § 2 Abs. 1 EnWG gebildet wurde, hätte schon im Bereich der gesetzlichen Versorgungspflicht gar nicht erst angeboten werden sollen/ dürfen.... Wenn der Grund- und Ersatzversorger gesetzlich zu einer möglichst preisgünstigen, effizienten leitungsgebundenen Versorgung mit Elektrizität bzw. Gas zu verbraucherfreundlichen Bedingungen im Interesse der Allgmeinheit verpflichtet ist, dann darf doch jeder Kunde, der einen gesetzlichen Anspruch auf eine dementsprechende Versorgung gem. §§ 36, 38 EnWG in Anspruch nimmt, von Anfang an auch erwarten, dass die dafür einseitig festgesetzten und geforderten Entgelte (Allgemeinen Preise) dementsprechend gebildet wurden, was sich auch kontrollieren lassen muss. §§ 36, 38 EnWG geben den entsprechend Berechtigten nicht nur einen Anspruch auf Versorgung, sondern einen Anspruch auf Versorgung zu Entgelten, die unter Beachtung von § 2 Abs. 1 EnWG gebildet wurden.  

In den allermeisten Verträgen (Sonderverträgen) besteht doch schon gar kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht und die Entgelte unterliegen deshalb auch keiner Billigkeitskontrolle (BGH, Urt. v. 29.04.2008 - KZR 2/07). Das ergibt sich doch auch gerade aus der jüngsten Rechtsprechung. Im Bereich der Sonderverträge kann man also Sonderpreise vereinbaren. Diese vereinbarten Sonderpreise wiederum unterliegen grundsätzlich keiner Billigkeitskontrolle, weil schon kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht besteht, finden jedoch bei marktbeherrschenden Unternehmen eine absolute Grenze durch §§ 19, 20, 29 GWB i.V.m. § 134 BGB. Soweit diese vereinbarten Sonderpreise nicht kartellrechtswidrig sind, ist auch das Energieversorgungsunternehmen an diesen vereinbarten Sonderpreis gebunden und muss kraft bindender Einigung zu diesem vereinbarten Preis liefern. Auch klar. Das Unternehmen kann also nach Vertragsabschluss den Preis gerade nicht einseitig neu festsetzen.

Das scheinen viele in der Branche noch nicht verstanden zu haben, obschon es eigentlich jedem einleuchten sollte, dass Verträge bindend sind, auch getroffene Preisvereinbarungen. Sonst bräuchte man keinen Preis vereinbaren.... Und möglicherweise haben selbst einige Juristen Schwierigkeiten mit dieser Einsicht.

Tja, die Ausgangsfrage dieses Threads war m. E. vollumfänglich beantwortet.

Offline Black

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Zitat
Original von RR-E-ftDer Kunde nimmt schon keinen Preis an, wenn der andere Vertragsteil berechtigt ist, das Entgelt nach Vertragsabschluss einseitig neu festzusetzen, undzwar sowohl hinsichtlich Grund- als auch Arbeitspreis niedriger oder höher.... Es besteht eben kein vereinbarter Preis, sondern ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des einen Vertragsteils gegenüber dem anderen.

Es ist nach meiner Wertung keineswegs so, dass der Kunde im Rahmen der Einigung über die essentialia des Vertrages den Preis einfach offenlässt und durch ein Bestimmungsrecht des EVU ersetzt.

Die Regelung des § 5 Abs. 3 GVV ist nur eine gesetzliche Preisanpassungsklausel zur Anpassung des vertraglich vereinbarten Ausgangspreises. Es handelt sich um das Gegenstück zu „handgemachten“ Preisanpassungsklauseln in Sonderkundenverträgen.

Zitat
Original von RR-E-ftWie sollte man dabei sonst kontrollieren, ob etwa ein einseitig abgesenktes Entgelt der Billigkeit entspricht? Oder entspricht ein solches per se der Billigkeit? Warum? Warum entspricht nicht erst ein noch weiter abgesenkter Preis der Billigkeit? Möglicherweise war die Preissenkung zu gering und gerade deshalb unbillig.

Was Sie anstreben scheint keine Preiskontrolle sondern eine Margenkontrolle zu sein. Soll ein Gericht dann konkret festlegen welche Marge noch zulässig ist und welche nicht? Eine derartige Festlegung hätte eine Kettenraktion zur Folge. Da diese interessante Thema ein wenig OT zur Ausgangsfrage ist, schlage ich vor, das in einem extra Thread zu diskutieren.

Zitat
Original von RR-E-ftDie Annahme eines vereinbarten Preises bei gleichzeitigem Bestehen eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts hinsichtlich des zu zahlenden Entgelts verstößt insbesondere im Bereich des Kaufrechts eben schon gegen Denkgesetze. Das eine schließt das andere denknotwendig aus (vgl. BGH, Urt. v. 07.02.2006 - KZR 24/04).

Verstösst gegen Denkgesetzte soso… es gibt Gesetze was man denken darf? Die Entscheidung (vgl. BGH, Urt. v. 07.02.2006 - KZR 24/04) halte ich übrigens nicht für einschlägig. Natürlich schließt es sich aus, dass der Ausgangspreis vereinbart und doch einseitig bestimmt sein soll. Vorliegend ist jedoch der Ausgangspreis vereinbart und nur seine Anpassung ist per Gesetz in das billige Ermessen des Grundversorgers gestellt.

Zitat
Original von RR-E-ftEin gesetzlich eingräumtes einseitiges Leistungsbestimmungsrecht betrifft nur gesetzlich versorgungspflichtigte Unternehmen. Und diese sind bei ihrer Preisgestaltung nie frei, sondern haben die energiwirtschaftsrechtlichen Bestimmungen zu beachten, insbesondere die gesetzliche Verpflichtung aus § 2 Abs. 1 EnWG. Es besteht keinerlei schutzwürdiges Interesse des zur einseitigen Leistungsbestimmung berechtigten Unternehmens an der Aufrechterhaltung eines Entgtelts, das unter Verstoß gegen diese gesetzliche Verpflichtung gebildet wurde. Ein Entgelt, welches gegen die energiewirtschaftsrechtlich immanente Preisbildungsschranke des § 2 Abs. 1 EnWG gebildet wurde, hätte schon im Bereich der gesetzlichen Versorgungspflicht gar nicht erst angeboten werden sollen/ dürfen....

Auch hierzu wieder, das bedeutet letztendlich gerichtliche Margenkontrolle.

Zitat
Original von RR-E-ftDas scheinen viele in der Branche noch nicht verstanden zu haben, obschon es eigentlich jedem einleuchten sollte, dass Verträge bindend sind, auch getroffene Preisvereinbarungen. Sonst bräuchte man keinen Preis vereinbaren.... Und möglicherweise haben selbst einige Juristen Schwierigkeiten mit dieser Einsicht..

Preisvereinbarungen sind bindend, genauso wie gesetzliche oder vertragliche Klauseln um diesen Preis unter Beachtung der jeweiligen Preisanpassungskriterien anzupassen. Preisanpassungsrechte widersprechen keineswegs dem Grundsatz der Vertragstreue.
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Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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@Black

Ich meine, dass ein Tarifkundenvertrag wegen des bestehenden einseitigen Leistungsbestimmungsrechts immer ohne Preisvereinbarung abgeschlossen wird. Dass ein Tarifkundenvertrag ohne Preisvereinbarung abgeschlossen wird, ergibt sich m. E. aus der Entscheidung BGH, Urt. v. 30.04.2003 - VIII ZR 278/02 = NJW 2003, 3131, Urt. v. 30.04.2003 - VIII ZR 279/02).

Die Annahme einer Preisvereinbarung bei gleichzeitig bestehendem  einseitigen Leistungsbestimmungsrecht des einen Vertagsteils verstößt gegen Denkgesetze, als das eine nach den Gesetzen der Logik das andere ausschließt. Den Hintergrund dazu hat m. E.  Prof. Schwintowski von der HU Berlin in einem umfassenden Rechtsgutachten  vgl. Seite 9 ff. zutreffend herausgearbeitet. Gezahlt werden soll nach Vertragsabschluss  der Preis, der sich aus dem jeweiligen Preisblatt des Unternehmens ergibt, von dem der Kunde nicht weiß, wie er zustande kommt.

Es gibt keine Gesetze, was man denken darf, sondern Gesetze, wie man denken soll, nämlich die Gesetze der Logik. Ob diese von der Rechtsprechung eingehalten werden, kontrolliert u.a. auch der achte Zivilsenat des BGH (vgl. Urt. v. 29.11.2006 - VIII ZR 92/06 Tz. 21)

Zitat
Ob der Verkäufer danach eine Garantie für die Beschaffenheit der Kaufsache übernommen hat, ist zwar eine Frage der tatrichterlichen Vertragsauslegung (vgl. Senat, Urteil vom 4. Oktober 1989 - VIII ZR 233/88, WM 1989, 1894, unter II 1 a; BGHZ 128, 111, 114; jeweils m.w.Nachw.), die revisionsrechtlich nur beschränkt auf die Verletzung von Auslegungsregeln, Denkgesetzen, Erfahrungssätzen und Verfahrensvorschriften überprüfbar ist (BGHZ 135, 269, 273; 131, 136, 138; jeweils m.w.Nachw.).

Der Versorger war gem. § 4 AVBV auch wenige Minuten nach Vertragsabschluss berechtigt, die Entgelte einseitig vollkommen neu festzusetzen (höher oder niedriger), so dass deshalb eben von einer bindenden Preisvereinbarung nicht ausgegangen werden kann. Der Versorger hat sich doch gerade an gar keinen Preis gebunden und war es auch zu keinem Zeitpunkt.

Eine Billigkeitskontrolle einer einseitig festgesetzten Entgelthöhe erfordert die Abwägung der objektiven wirtschaftlichen Interessen beider Vertragsteile unter umffassender Würdigung des Vertragszwecks, in die weitere Gesichtspunkte einfließen können (BGH, Urt. v. 18.10.2007 - III ZR 277/06 Tz. 20 m.w.N.)

Zitat
Dem Inhaber des Bestimmungsrechts verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum, der Voraussetzung der richterlichen Billigkeitskontrolle gemäß § 315 Abs. 3 BGB ist (Senatsurteil BGHZ 115, 311, 319). Innerhalb des Spielraums stehen dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung. Die Prüfung, ob die Bestimmung der Höhe des Entgelts der Billigkeit entspricht, erfordert die Abwägung der objektiven wirtschaftlichen Interessen beider Vertragspartner und eine umfassende Würdigung des Vertragszwecks, in die weitere Gesichtspunkte einfließen können (Senatsurteil vom 24. November 1977 aaO S. 143 unter A. II. 2.; BGHZ 41, 271, 279; BGH, Urteil vom 2. Oktober 1991 - VIII ZR 240/90 - NJW-RR 1992, 183, 184 unter III. 1. m.w.N.; Clausen, Zivilgerichtliche Preiskontrolle über die Landeentgelte der Verkehrsflughäfen in Deutschland S. 76; Schwenk/Giemulla, Handbuch des Luftverkehrsrechts 3. Aufl. S. 581; jew. m.w.N.). Ziel dieser Prüfung ist nicht die Ermittlung eines \"gerechten Preises\" von Amts wegen. Vielmehr geht es darum, ob sich die getroffene Bestimmung in den Grenzen hält, die durch die Vorschrift des § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB gezogen werden (Senatsurteil vom 24. November 1977 aaO S. 143 unter A. II. 2.). Damit dient die anzustellende Billigkeitskontrolle der Sicherung elementarer Vertragsgerechtigkeit (Landgericht Berlin, ZLW 2001, 475, 481).

Die Billigkeitskontrolle muss also bei der Abwägung der objektiven wirtschaftlichen Interessen beider Vertragsteile ansetzen. Diese müssen also zunächst definiert werden. Dass der Vertragszweck in einer möglichst preisgünstigen leitungsgebundenen Versorgung liegt, dürfte klar sein. Worin liegt aber das objektive wirtschaftliche Interesse eines gesetzlich versorgungspflichtigen Energieversorgungsunternehmens?

Sie lassen offen, wie nach Ihrer Vorstellung unter Beachtung von Art. 20 II, 19 IV GG dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers, der in § 2 Abs. 1 EnWG eine klare gesetzliche Verpflichtung der Energieversorgungsunternehmen angeordnet hat, Rechnung getragen werden kann. Sollte diese gesetzliche Verpflichtung etwa ausgehebelt werden?

Damit bliebe auch der Vertragszweck unberücksichtigt. Eine Billigkeitskontrolle unter Abwägung der naturgemäß gegenläufigen objektiven wirtschaftlichen Interessen der beiden Vertragspartner unter umfassender Würdigung des Vertragszwecks, wie sie nach der Rechtsprechung erforderlich ist,  fände nicht statt, so dass möglicherweise eine \"institutionalierte Rechtsbeugung\" zu besorgen stünde.

Verkehrsflughäfen stehen heute auch im Wettbewerb untereinander. Die Fluggesellschaften suchen sich aus, welchen sie vor oder nach Erhöhung der Entgelte anfliegen wollen oder auch nicht. Gleichwohl unterliegen die durch AGB festgesetzten Benutzungsentgelte einer gerichtlichen Billigkeitskontrolle. Dabei muss regelmäßig  die Kalkulation offen gelegt werden, und Gerichte müssen diese prüfen.  Das ist also seit Jahrzehnten gerichtlicher Alltag. Das können auch die gem. § 102, 108 EnWG spezialzuständigen Gerichte im Energiebereich leisten.

Im Gegensatz dazu wird bei Sonderabkommen ein Sonderpreis bei Vertragsabschluss vereinbart. Ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht besteht dabei nicht, es sei denn, es wäre bei Vertragsabschluss ausdrücklich vereinbart worden. Dann wäre die Kontrolle der Gesamtentgelte in direkter Anwendung des § 315 BGB aber auch unproblematisch, weil es gerade der Anwendungsfall der Norm wäre.

Preisanpassungsklauseln verstoßen dann nicht gegen Treu und Glauben, wenn sie dem § 307 BGB entsprechen, insbesondere auch § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die Wirksamkeit eines Preisänderungsvorbehalts in den AGB bemisst sich nach § 307 BGB. Der weite Spielraum der Billigkeit entspricht den Anforderungen an Konkretisierung und Begrenzung, den § 307 BGB erfordert, nicht (st. Rspr., vgl. BGH, Urt. v. 13.07.2004- KZR 10/03 unter II.6 m.w.N.). In Sonderabkommen besteht deshalb kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht und ist deshalb schon der Anwendungsbereich des § 315 BGB nicht eröffnet. Nach der Rechtsprechung ist ja gerade erforderlich, dass der Klauselgegner die Berechtigung einer Preisänderung bereits anhand der Klausel selbst kontrollieren kann (BGH NJW-RR 2005, 1717; NJW 2007, 1054; OLG Frankfurt/M. ZNER 2008, 61, m.w.N.). Eine gerichtliche Billigkeitskontrolle soll und muss dadurch gerade vermieden werden.

Offline nomos

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Original von Black

Auch hierzu wieder, das bedeutet letztendlich gerichtliche Margenkontrolle.

    Dort wo die Billigkeit festgstellt werden soll, ist eine Kontrolle der Margen letztendlich unverzichtbar. Außerdem bestehen darüber hinaus für kommunale Versorger (Stadtwerke) Beschränkungen. Diese verfolgen schon lange vor dem EnWG den Zweck, ebenfalls eine möglichst preisgünstige und sichere Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität und Gas zu gewährleisten.

    Daraus folgt, dass Gaspreise nicht privatwirtschaftlich sondern nur bedarfwirtschaftlich kalkuliert werden dürfen und dass keine unbegrenzten Margen zulässig sein können.

    Wollen Sie diese Beschränkungen einer gerichtlichen Kontrolle entziehen und wollen sie hier wirklich für einen rechtsfreien Raum für Energieversorger propagieren?

Offline ESG-Rebell

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Original von 07010714
Uuf! Ehrlich gesagt, mir als \"Paragraphenanalphabet\" fällt es schwer, diesem Dialog zu folgen. Ich hätte nicht vermutet, dass ich mit meiner Ausgangsfrage eine derartige \"Paragraphenschlacht\" auslösen würde.
Nun, das liegt wohl daran, dass auch ein Versorgeranwalt mal die Gelegenheit ergriffen hat, sich direkt von - dem Verbraucheranwalt schlechthin - beraten zu lassen ;)

Zitat
Original von Black
... da er die Rückforderung bereits wegen des fehlens der Unbilligkeit selbst abgelehnt hat
Nun - genau genommen \"fehlte\" die Unbilligkeit nicht.
Der Kunde war nur nicht in der Lage, die Unbilligkeit zu beweisen.
Das Gegenteil käme einem Wunder gleich, wo doch der verklagte Versorger alle zur Beweisführung erforderlichen Unterlagen unter Verschluss hält.

Zitat
Original von Black
Aber wie sollte die Kontrolle des Ausgangspreises begründbar sein?
Auch dem Ausgangspreis liegt eine Preiskalkulation des Versorgers zugrunde.

Für jeden neuen Abrechnungszeitraum kann diese Kalkulation gleich bleiben oder sich auch grundlegend ändern.

Vor diesem Hintergrund ist logisch nachvollziehbar, dass es dem Versorger gestattet sein soll, gestiegene Bezugskosten weiterzugeben sofern sich die gesamte restliche Kalkulation nicht geändert hat. Nichts anderes folgt aus dem - von Versorgeranwälten immer unterschlagenen Zusatz des Leitsatzes D (36/06): \"... sofern die Bezugskostensteigerungen nicht durch rückläufige Kosten in anderen Bereichen ausgeglichen werden können.\"

Ebenfalls logisch sollte sein, dass der Versorger beweispflichtig dafür ist, dass er keine Einsparungen an anderer Stelle haben konnte.

Darüber hinaus stellt sich auch die Frage, welche Kostenanteile der aktuellsten Kalkulation (z.B. von 2007) denn mit dem Ausgangspreis (z.B. von 2004) bezahlt werden würden?

Kurz gesagt: Der Umstand, dass die Kalkulation sich von Jahr zu Jahr ändern kann und nicht \"im luftleeren Raum stattfindet\" (wie es in einem Urteil heisst), lässt keinen Raum für einen ewig gültigen Ausgangspreis.

Zitat
Original von Black
Zu Beginn des Vertrages kann der Kunde jedoch (sofern kein Monopol besteht) auswählen ob er zu diesem Preis versorgt werden will oder nicht.
In kaum einem Vertrag - erst Recht nicht in solchen, die die AVBGasV/GasGVV pauschal eingebunden haben - ist aber geregelt, wie lange dieser Preis gelten soll.
Der Versorger kann diesen angeblich vereinbarten Preis also bereits 5 Minuten nach Vertragsabschluss einseitig ändern und die unterstellte Vertragseinigung so ad absurdum führen.

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Original von Black
Was Sie anstreben scheint keine Preiskontrolle sondern eine Margenkontrolle zu sein. Soll ein Gericht dann konkret festlegen welche Marge noch zulässig ist und welche nicht? Eine derartige Festlegung hätte eine Kettenraktion zur Folge.
Die praktischen Probleme bei einer Margenkontrolle sind offensichtlich.

Die Frage bleibt aber offen:
Wie ist eine Gewährleistung von nicht unbilligen Preisen ohne eine Margenkontrolle - sei es durch funktionierende Marktmechanismen oder sei es durch Gerichte bzw. Behörden - überhaupt möglich?

Die gesamte Prozessführung der Versorger läuft darauf hinaus, ihre Pfründe zu sichern und sich die Möglichkeit weiterer einseitiger Gewinnsteigerungen offen zu halten.

@Black
Können Sie nachvollziehen, dass dieses Ziel der Versorger für die Verbraucher nicht hinnehmbar ist?
Haben Sie konstruktive Vorschläge, wie die o.g. Frage beantwortet werden könnte?

Gruss,
ESG-Rebell

Offline Black

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Original von nomos
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Original von Black

Auch hierzu wieder, das bedeutet letztendlich gerichtliche Margenkontrolle.

    Dort wo die Billigkeit festgstellt werden soll, ist eine Kontrolle der Margen letztendlich unverzichtbar. Außerdem bestehen darüber hinaus für kommunale Versorger (Stadtwerke) Beschränkungen. Diese verfolgen schon lange vor dem EnWG den Zweck, ebenfalls eine möglichst preisgünstige und sichere Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität und Gas zu gewährleisten.

    Daraus folgt, dass Gaspreise nicht privatwirtschaftlich sondern nur bedarfwirtschaftlich kalkuliert werden dürfen und dass keine unbegrenzten Margen zulässig sein können.

    Wollen Sie diese Beschränkungen einer gerichtlichen Kontrolle entziehen und wollen sie hier wirklich für einen rechtsfreien Raum für Energieversorger propagieren?

Die im wesentlichen freie Festlegung an Margen beim Anfangspreis nennt sich Wettbewerb. Das System der Genehmigten Tarife wurde vom Gesetzgeber aufgegeben zugunsten des Wettbewerbs. Wenn man eine gerichtliche Überprüfung der Margen zulassen würde, wäre das eine Rückkehr zum System der genehmigten Tarife  über die Hintertür

Das Prinzip des unverfälschten Wettbewerbs ist unter § 1 Abs. 2 EnWG verankert. \"Bedarfswirtschaftliche Kalkulation\" ist Planwirtschaft, also das Gegenteil von Wettbewerb. Nun ist es nicht verwerflich ein Anhänger von Planwirtschaft zu sein, aber derzeit hat sich der Staat (auch aufgrund der EU) für Wettbewerb  entschieden.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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@Black

Es gab im Gasbereich und gibt im Wasserbereich keine Tarifgenehmigungspflicht und gleichwohl findet eine Billigkeitskontrolle einseitig festgesetzter Entgelte statt. Vielmhr ist es so, dass selbst eine behördliche Tarifgenehmigung die gerichtliche  Billigkeitskontrolle nicht ausschließt (vgl. BGH NJW 1998, 3188, 3192). Dieses Argument trägt also nicht.

Ein wirksamer Wettbewerb auf einem einheitlichen Wärmemarkt besteht auch nicht (wie sich aus der Entscheidung BGH, Urt. v. 29.04.2008 - KZR 2/07 und aus der amtlichen Begründung der Bundesregierung zur Verschärfung der kartellrechtlichen Preismissbrauchsaufsicht im Energiebereich BT-Drs. 16/5847 S. 9) zweifelsfrei ergibt. Sie bleiben leider eine Erklärung schuldig, wie die Billigkeitskontrolle einer einseitig festgesetzten Entgelthöhe nach Ihrer Auffassung unter Beachtung der aktuellen Rechtsprechung des BGH (insbesondere Urt. v. 18.10.2007 - III ZR 277/06 Tz. 20) erfolgen soll.

Wie soll die nach der Rechtsprechung notwendige Abwägung der objektiven wirtschaftlichen Interessen beider Vertragspartner unter umfassender Würdigung des Vertragszwecks erfolgen?

Wenn wirksamer Wettbewerb besteht, ist die Situation dadurch gekennzeichnet, dass die Margen nicht frei festsetzbar sind. Vielmehr konvergiert der Gewinn gegen null. Hingegen wird eine Monopolsituation dadurch gekennzeichnet, dass der Anbieter den Preis einseitig festsetzen kann. Die Verhaltensweise des Preissetzers ist nicht auf Monopole beschränkt, sondern sie wird auch von Oligopolisten und Polypolisten angewendet (vgl. Pilgram in: Zenke/ Wollschläger \"§ 315 BGB: Streit um Versorgerpreise\", S. 130).

 

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