Wenn man das Recht des Versorgers zur einseitigen Preisänderung bestreitet und hilfsweise die einseitig neu festgesetzten Entgelte insgesamt als unbillig rügt, macht es keinen Sinn, bei gleichbleibendem Jahresverbrauch die Abschläge zu erhöhen. Bei sinkendem Jahresverbrauch muss man die Abschläge sogar absenken, um keinen Nachteil zu erleiden.
Zum wiederholten Male wird die Frage aufgeworfen, wie wohl zu kürzen sei.
Bei Sondervertragskunden gilt der bei Vertragsabschluss vereinbarte Preis, an den beide Vertragspartner gleichermaßen gebunden sind. Ob einseitige Preisänderungen überhaupt zulässig sind, richtet sich danach, ob im Vertrag eine wirksame Preisänderungsklausel vorhanden ist (vgl. BGH, Urt. v. 29.04.2008 - KZR 2/07).
Wer also bestreitet, dass der Vertrag ein wirksames Preisänderungsrecht des Versorgers beinhaltet, wird daran festzuhalten haben.
Bei Tarifkunden/ in der Grundversorgung belieferte Kunden besteht hingegen ein gesetzlich eingeräumtes einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Versorgers hinsichtlich der Entgelthöhen gem. § 4 AVBGasV/ AVBEltV, welches die unmittelbare Anwendung des § 315 BGB zur Folge hat.
Die zur Abrechnung gestellten und geforderten Entgelte werden bei Vertragsabschluss nicht feststehend vereinbart, sondern sind zu jeder Zeit das Ergebnis entsprechender Ermessensausübungen des Versorgers, die Entgelte zu erhöhen, herabzusetzen oder aber stabil zu halten.
Diese Entscheidungen kann der Tarifkunde, der nicht über die notwendigen Informationen hinsichtlich der Preiskalkulation verfügt, weder nachvollziehen, noch selbst kontrollieren.
Ausdrücklich hat der Kartellsenat des BGH (aaO.) ausgeführt, dass dabei bereits aus dem Gesetz auch eine Verpflichtung zur Entgeltsenkung besteht, wenn dies für den Kunden günstig ist. Dies kann auch eine Absenkung unter die bei Vertragsabschluss geltende Entgelthöhe bedeuten. Mithin gibt es auch keinen \"vereinbarten Preissockel\".
Die vom Versorger aufgrund des gesetzlich eingeräumten Leistungsbestimmungsrechts einseitig festgesetzten Entgelte sind für den Tarifkunden von Anfang an verbindlich, wenn sie der Billigkeit entsprechen, § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB.
Aber auch nur dann. Entsprechen sie nicht der Billigkeit, sind sie für den Kunden nicht verbindlich. In diesem Fall entsteht ein fälliger Zahlungsanspruch erst mit der Rechtskraft eines Gestaltungsurteils, nachdem ein Gericht - auf Antrag des Versorgers - eine Ersatzbestimmung gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB getroffen hat (vgl. BGH, Urt. v. 05.07.2005 - X ZR 60/04 = NJW 2005, 2919, 2920).
Den Versorger trifft die Darlegungs- und Beweislast für die Billigkeit der Ermessensausübung bei der Festsetzung der Tarife.
Die Zahlung auf ein unbillig festgesetztes Entgelt führt zu keiner Einigung auf dieses.
Die Willenserklärung, mit der die Tarife einseitig festgesetzt werden, sind gerade die einseitige Leistungsbestimmung gem. § 315 Abs. 2 BGB und kein annahmefähiger Antrag gem. § 145 BGB.
Ohne Antrag des Versorgers kommt keine, auch keine konkludente Annahme gem. § 151 BGB durch den Kunden in Betracht.
Die Zahlung auf ein unbillig einseitig festgesetztes Entgelt begründet vielmehr einen sofort fälligen Rückzahlungsanspruch des Kunden gem. § 812 BGB, der seinerseits der regelmäßigen Verjährung unterliegt (vgl. OLG Jena, ZNER 2008, 82; BGH NJW 2003, 1449).
Die Engelte müssen dabei insgsamt als unbillig gerügt werden. Einen vereinbarten oder akzeptierten Preis gibt es dabei grundsätzlich nicht, weil es immer darauf ankommt, ob die einseitige Entgeltbestimmung insgesamt der Billigkeit entspricht (BGH, Urt. v. 18.10.2007 - III ZR 277/06)
Die künstliche Aufspaltung der einheitlichen Preisvereinbarung in einen vereinbarten Anfangspreis und einseitig festgesetzte Folgepreise führt zu willkürlichen Zufallsergebnissen. Der Kartellsenat des BGH hat dabei nochmals herausgesetellt, dass das bei Vertragsabschluss bereits bekannte Entgelt das Ergebnis des gleichen Preisbestimmungsrechts ist, welches dem zur Leistungsbestimmung Berechtigten auch nach Vertragsabschluss zusteht und deshalb ebenso der Billigkeitskontrolle unterliegt (vgl. BGH, Urt. v. 18.10.2005 - KZR 36/04 Tz. 10 und BGH, Urt. v. 04.03.2008 - KZR 29/06).
Dies gilt bei Entgeltfestsetzungen in Form Allgemeiner Tarife, zu denen jederman - unabhängig vom Zeitpunkt des Vertragsabschlusses - die Leistung beanspruchen kann und der Anbieter die Leistung zur Verfügung stellen muss.
Die einseitig festgesetzten Entgelte sind also für den Kunden bei bestehendem (vertraglich vereinbartem oder gesetzlich eingeräumten) einseitigen Leistungsbestimmungsrecht (insgesamt) nur dann verbindlich, wenn sie der Billigkeit entsprechen. Sie sind insbesondere nicht teilweise verbindlich, weil dies die klare Regelung in § 315 Abs. 3 Satz 1 und 2 BGB auf den Kopf stellen würde.
Die Kunden, bei denen ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Versorgers besteht, sollten deshalb die jeweils einseitig festgesetzten Entgelte jeweils insgesamt als unbillig rügen und die bisher gezahlten Entgelthöhen auch nur unter dem ausdrücklichen Vorbehalt der Rückforderung leisten.
Auch bei diesen gekürzten Zahlungen kann es sich infolge unbilliger Entgeltfestsetzung um Zahlungen auf eine (derzeitige) Nichtschuld handeln, die deshalb gem. § 812 BGB sofort zurückverlangt werden können (vgl. OLG Jena, aaO.).
Das Kostenrisiko eines Zahlungsprozesses des Versorgers liegt bei nur geringen Kürzungen bezogen auf den Streitgegenstand der Zahlungsklage unverhältnismäßig höher. So ist eine offene Restforderung von nur 1 EUR mit dem Kostenrisiko bei über 270 EUR verbunden. Um so größer der streitige Betrag ist, um so günstiger fällt hingegen dieses Verhältnis aus.