Das Landgericht Erfurt hat mit Urteil
v. 19.06.2008 - 10 O 1427/07 Preisänderungsklauseln in Erdgaslieferverträgen der E.ON Thüringer Energie AG für unwirksam erklärt und das Unternehmmen zur Unterlassung verpflichtet.
Die aus Sicht des Gerichts von E.ON den Verbrauchern zugemutete unangemessene Benachteiligung, die strafbewehrt zu unterlassen ist:
,,Die E .ON Thüringer Energie AG ist zu einer Anpassung der Erdgaspreise insbesondere dann berechtigt:
- wenn und soweit sich die Bezugskosten der E.ON Thüringer Energie AG verändern,
- bei Veränderung des gesetzlich vorgeschriebenen Umsatzsteuersatzes,
- im Falled er erstmaligen Erhebung oder der Erhöhung sonstiger oder besonderer Steuern, Abgaben oder Gebühren im gesetzlich vorgeschriebenen Umfang,
- bei Änderung der Lohn- und Materialkosten,
- in dem Umfang, in dem Dritte, die zur Leistungserbringung (Wartung, Instandhaltung) herangezogen werden, ihre Preise gegenüber
E.ON Thüringer Energie AG verändern.
Dass eine solche Klausel eine unangemessene Benachteiligung darstellt, ergibt sich ohne weiteres aus den entsprechenden Entscheidungen des BGH, zuletzt Urt. v. 29.04.2008 - KZR 2/07. Nur ein Recht zur Preisanpassung und keine kontrollierbare Verpflichtung zu einer solchen, keine abschließende Aufzählung der Tatbestände (insbesondere...), Anknüpfung an unternehmensinterne Kostenpositionen (Bezugskosten, Materialkosten), die der Kunde nicht in Erfahrung bringen kann (womöglich sogar \"Betriebsgeheimnisse\"). Insbesondere könnte auch heißen, dass die Preise auch erhöht werden können, wenn dadurch mehr Gewinn erwirtschatet werden soll.
Gut, dass die Verbraucherzentrale geklagt hat. Tusch und Gratulation.
Gut, dass die Justiz solchen Zumutungen einen Riegel vorschiebt und die Unterlassungspflicht u.a. durch eine Haftandrohung unterstreicht.
Was die Verbraucher davon haben:
Kunden der E.ON Energie AG, deren Verträge diese Klauseln enthielten, können sich darauf berufen, dass die Preisänderungsklausel unwirksam sind, deshalb kein Preisänderungsrecht bestand, die Preiserhöhungen deshalb unwirksam waren (vgl. BGH, Urt. v. 29.04.2008 - KZR 2/07) und - soweit darauf Zahlungen geleistet wurden - diese aus ungerechtfertigter Bereicherung gem. § 812 Abs. 1 BGB und aus culpa in contrahendo zurückverlangt werden können (vgl. Palandt, BGB, Vor § 307 Rn. 15).
Die Beklagte beliefert Endverbraucher in Thüringen mit Erdgas.
Dabei verwendet sie in der ab dem 01.04.2005 geltenden Fassung der \"Allgemeinen und besonderen Bestimmungen der E.ON Thüringer Energie für die Lieferung von Erdgas\" die unten im Klageantrag Ziffer1 wiedergegebene Preisänderungsklausel. In der Zeit nach dem 01.04.2005 erhöhte die Beklagte ihre Preise zum 01.06.2005, zum 01.11.2005, zum 01.11.2006 und zum 01.01.2007.
Nach der Rechtsprechung des Thüringer OLG unterliegen auch die unter Vorbehalt geleisteten Zahlungen der regelmäßigen Verjährung von drei Jahren, so dass man jetzt Rückzahlung verlangen und diese ggf. gerichtlich geltend machen muss.
Besser dran sind freilich die Verbraucher, welche die Preiserhöhungen von Anfang an verweigert und nur die alten Preise weitergezahlt hatten.
Die neuen Klauseln in ab Mai 2007 abgeschlossene Erdgas- Sonderverträgen sind nach der Rechtsprechung des BGH ebenfalls wegen Verstoß gegen § 307 BGB unwirksam, wenn sich aus ihnen nicht klar ergibt, zu welchen Zeitpunkten die Preise nach welchen Kriterien erhöht werden können bzw. abgesenkt werden müssen (BGH, Urt. v. 29.04.2008 - KZR 2/07).
In den
neuen Verträgen heißt es unter Ziff. 6 der AGB vollkommen unbestimmt:
Die jeweils vereinbarten Preise beinhalten Netznutzungsentgelte, Energiesteuer, Konzessionsabgaben sowie Entgelte für Messung und Verrechnung. Die Bruttopreise enthalten zusätzlich die derzeit gültige Umsatzsteuer. Bei der Angabe der Bruttopreise können Rundungsdifferenzen auftreten. Für den Fall einer Preisanpassung gilt § 5 Abs. 2 GasGVV entsprechend. Dies bedeutet, dass die jeweilige Preisanpassung mit einer Ankündigungsfrist von sechs Wochen im Voraus dem Kunden mitgeteilt und dass sie dann am jeweils angegebenen Monatsbeginn wirksam wird. Unabhängig von der vereinbarten Laufzeit steht dem Kunden im Fall einer Preisanpassung das Recht zu, den Vertrag mit einer Frist von einem Monat, auf das Ende eines Kalendermonats
in Textform zu kündigen. Nach fruchtlosem Ablauf der vorgenannten Sonderkündigungsfrist gilt die mitgeteilte Preisanpassung als vereinbart.
Bei Bestandskunden wurden diese Klauseln gem.
§ 305 Abs. 2 BGB allenfalls dann in den Vertrag einbezogen, wenn diese Bedingungen vorher bekannt waren und die Kunden mit der Einbeziehung einverstanden waren. Zu welchen Zeitpunkten, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang die Preise zu ändern sind, geht aus der Klausel nicht hervor. Wünsch-Dir-was- Preisen ist Tür und Tor geöffnet. Eine Verpflichtung zu Preissenkungen ist gar nicht erst vorgesehen.
Kunden mit solchen Verträgen sollten der zum 01.08.2008 von E.ON beabsichtigten weiteren Gas- Preisneufestsetzung unter Verweis auf das Urteil des BGH vom 29.04.2008 (KZR 2/07) schriftlich widersprechen und das Kürzen nicht vergessen.
Thomas Fricke
Rechtsanwalt