@powo01
Der Gasversorger war und ist einem Kunden gegenüber nur dann zur einseitigen Festsetzung der Gaspreise berechtigt, wenn ein entsprechendes einseitiges Leistungsbestimmungsrecht gem.
§ 315 Abs. 1 BGB bei Vertragsabschluss vereinbart wurde. In diesem Fall unterliegen die
Gesamtentgelte der Billigkeitskontrolle gem.
§ 315 Abs. 3 BGB.
Wurde bei Vertragsabschluss nicht ausdrücklich ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vereinbart,
kann sich ein solches aus einem Gesetz ergeben.
Das ist jedoch
nur dann der Fall, wenn die Belieferung
im Rahmen der gesetzlichen Versorgungspflicht (§ 10 Abs. 1 EnWG 1998 - Tarifkundenversorgung bzw. § 36 Abs. 1 EnWG- Grundversorgung) erfolgt.
Auch dann unterliegen die einseitigen Leistungsbestimmungen des Gasversorgers der Billigkeitskontrolle gem. § 315 Abs. 3 BGB (vgl. BGH, Urt. v. 13.06.2007 - VIII ZR 36/06).
Dabei ist zumindest der gerichtsfeste Nachweis erforderlich, dass lediglich gestiegene Bezugskosten weitergegeben wurden deren Anstieg nicht durch Kostensenkungen in anderen Bereichen ausgeglichen werden konnten, was zumindest die Offenlegung der zwischenzeitlichen Veränderungen alller preisbildenden Kostenfaktoren erfordert [
vgl. KG Berlin, B. v. 12.02.2008 ]
Erfolgt jedoch eine Belieferung im Rahmen der gesetzlichen Versorgungspflicht, so besteht gründsätzlich
kein Kündigungsrecht für den Versorger (vgl. § 20 Abs. 1 Satz 3 GasGVV).
Eine Kündigung des Grundversorgers ist in diesem Fall unzulässig, so lange die Versorgungspflicht gem. § 36 Abs. 1 EnWG besteht.
Dies gilt
erst recht, wenn gem. § 17 Abs. 1 Satz 3 GasGVV in zulässiger Weise die Unbilligkeitseinrede gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB hinsichtlich der einseitigen Entgeltbestimmungen erfolgte und über eine solche noch nicht nach gerichtlicher Prüfung rechtskräftig entschieden ist.
Eine Kündigung kann deshalb gegen § 36 Abs. 1 EnWG verstoßen und unwirksam sein und darüber hinaus eine kartellrechtswidrige Diskrimnierung unter Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung auf dem regionalen HuK- Erdgasmarkt darstellen.
Selbst im Falle einer zulässigen und wirksamen Vertragskündigung darf die Belieferung nicht eingestellt werden, weil sich dann zunächst für die Dauer von längstens 3 Monate die gesetzliche Ersatzversorgungspflicht gem. § 38 EnWG des Grundversorgers anschließt.
Wenn der Vertrag nicht gekündigt ist, kommte eine Liefereinstellung gem. 19 GasGVV nicht in Betracht, weil ggf. erst gerichtlich geklärt werden muss, ob vorgenommene einseitige Leistungsbestimmungen überhaupt zulässig waren und darüber hinaus der Billigkeit entsprachen, weil sie gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB nur dann für den anderen Vertragsteil überhaupt verbindlich sein können. Für das Bestehen eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts, und ggf. die Billigkeit der Ermessensausübung bei der Festsetzung des Entgelts trägt das Versorgungsunternehmen die Darlegungs- und Beweislast.
Ist der Nachweis in einem Gerichtsverfahren zwischen den Vertragsparteien noch nicht erbracht, steht nicht fest, ob eine weitergehende Verbindlichkeit überhaupt besteht, so dass auch nicht von einem Verzug hinsichtlich fälliger Beträge ausgegangen werden kann, welcher allenfalls eine Versorgungseinstellung nach § 19 Abs. 2 GasGVV rechtfertigen könnte.
Strafanzeige bringt nichts, weil es sich um einen zivilrechtlichen Streit handelt, der vor den Zivilgerichten ausgetragen werden muss, bei denen auch Eilrechtsschutz erlangt werden kann.
Für bürgerlich- rechtliche Streitigkeiten, über Rechte und Pflichten aus dem EnWG (wozu auch die Belieferungspflichten gem. §§ 36 Abs. 1, 38 EnWG zählen) besteht gem. §§ 102, 108 EnWG eine ausschließliche Zuständigkeit der Kammern für Handelssachen bei den Landgerichten. Bei diesen herrscht gem. § 78 ZPO Anwaltszwang, so dass man ggf. einen Rechtsanwalt für die (notwendige) gerichtliche Geltendmachung/ Durchsetzung einer Versorgungspflicht nach dem EnWG einschalten sollte.
Bestand hingegen gar kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Versorgers, waren die einseitigen Entgeltneufestsetzungen unzulässig und mithin unwirksam, so dass man sich mit verweigerten Mehrforderungen auch nicht im Verzug befinden kann. Dann besteht auch kein Grund und Anlass, dass sich der Versorger durch Kündigung seiner eigenen Vertragsbindung und vertraglichen Lieferverpflichtung entbindet. Dies gilt erst recht, wo dieser zudem auf dem regionalen HuK- Erdgasmarkt eine marktbeherrschende Stellung einnimmt, die gem. § 19 GWB ab einem Marktanteil von einem Drittel gesetzlich vermutet wird.
Wurde der Vertrag nicht gekündigt, besteht die vertragliche Lieferpflicht, so lange ein Grund zur Versorgungseinstellung vorliegt und zudem die weiteren Voraussetzungen einer Liefereinstellung nicht vorliegen.
Hat der Gasversorger zugleich bei der Wasserbelieferung eine Monopolstellung, so nutzt er diese wohl rechtsmissbräuchlich aus, wenn zur Durchsetzung streitiger
Forderungen aus einem Gaslieferungsvertrag zudem die
kostenpflichtige Einstellung der Wasserversorgung angedroht wird.
Dies gilt umso mehr, wenn die Kosten der Versorgungseinstellung und deren Aufhebung außer Verhältnis zur streitigen Forderung stehen, die unter Umgehung des ordentlichen Rechtsweges durchgepresst werden soll.
Deshalb sollte man sich auch an die Landeskartellbehörde/ Bundeskartellamt wenden.