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Autor Thema: SÜWAG zahlt wehrhaftem Gaskunden Geld zurück  (Gelesen 4183 mal)

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Offline RR-E-ft

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SÜWAG zahlt wehrhaftem Gaskunden Geld zurück
« am: 20. Mai 2008, 00:14:44 »
SÜWAG zahlt wehrhaftem Gaskunden Geld zurück

Zitat
Die Süwag AG, die Haushalte im Umland von Wiesbaden und Frankfurt mit Strom und Gas versorgt, hat sich gestern vor dem Landgericht Wiesbaden grundsätzlich bereit erklärt, einem Gas-Kunden einen Teil der seit Oktober 2004 überwiesenen Rechnung zu erstatten. Damit würde der Energieversorger, der zu 78 Prozent der RWE gehört, akzeptieren, dass in diesem Fall der damals fixierte Netto-Verbrauchspreis von 3,13 Cent pro Kilowatt nach wie vor Gültigkeit hat. So müsste der Kunde nicht die seither durchgeführten Tariferhöhungen mittragen und bekäme die Differenz zu dem Preis von Oktober 2006 erstattet: Nach Angaben von Christian Lanters, Anwalt des Kunden, mehr als 1000 Euro.

Die Süwag reagierte mit ihrer Bereitschaft zum Vergleich auf entsprechende Hinweise der Kammer für Handelssachen. Sie sieht den Kläger, der in Idstein wohnt, als Sondervertragskunden und nicht als Tarifkunden.

Sondervertragskunden sollten nach rechtlicher Prüfung die Versorger nun auffordern, unter Vorbehalt gezahlte Erhöhungsbeträge zur Vermeidung einer gerichtlichen Auseinandersetzung zurückzuzahlen. Man achte darauf, den Versorger mit der Rückzahlung in Verzug zu setzen.

Nach der Rechtsprechung des Thüringer OLG Jena ist der Rückforderungsanspruch gem. § 812 BGB sofort zur Zahlung fällig.

Offline kamaraba

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SÜWAG zahlt wehrhaftem Gaskunden Geld zurück
« Antwort #1 am: 20. Mai 2008, 11:05:56 »
Zitat
Einigen sich beide Seiten auf den nun vorgeschlagenen Vergleich, kann Süwag dem Kunden kündigen und mit ihm einen neuen Gasversorgungsvertrag vereinbaren.
Was passiert dann? Dann steht der Kunde vor dem gleichen Dilemma!
Gruss aus der EnBW-Hauptstadt Karlsruhe
www.Faire-Energiepreise.de

Offline RR-E-ft

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SÜWAG zahlt wehrhaftem Gaskunden Geld zurück
« Antwort #2 am: 20. Mai 2008, 12:18:58 »
@kamaraba

Vor welchem Dilemma?

Der Kunde bekommt sein zuviel gezahltes Geld zurück, weil der Versorger ihm gegenüber nicht zu einseitigen Preisneufestsetzungen berechtigt war.
Darum ging der Streit vor Gericht.

Klar ist auch:

Der Kunde hat keinen Anspruch darauf, für alle Zeiten (in alle Ewigkeit) zu einem bei Abschluss eines Sondervertrages einmal vereinbarten Preis beliefert zu werden.

Kündigt der Gaslieferant den Vertrag ordnungsgemäß, kann der Kunde bei diesem oder einem anderen Lieferanten einen neuen Vertrag abschließen.

Entscheidend für den Vertragsabschluss wird für den Kunden dabei wohl der Preis, ggf. eine vom Lieferanten gegebene zeitlich befristete Preisgarantie sein. Ob der gewählte Lieferant im Rahmen eines ggf. neu abgeschlossenen Vertrages hiernach einseitig zu Preiserhöhungen berechtigt ist, steht wieder auf einem anderen Blatt und beurteilt sich nach den bekannten Grundsätzen.

Einen gesetzlichen Anspruch auf eine möglichst preisgünstige Gasversorgung hat der Kunde nur da, wo es das Gesetz vorschreibt, nämlich in der Grundversorgung gem. §§ 36, 2 Abs. 1 EnWG.

Den jeweils geltenden Preis der Grundversorgung gem. § 36 EnWG, §§ 5,6 GasGVV hat der Versorger einseitig unter Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen des Energiewirtschaftsgesetzes zu bilden (vgl. BGH, Urt. v. 04.03.2008 - KZR 29/06 Tz. 20), was die Verpflichtung einschließt, den Preis nach Vertragsabschluss der Billigkeit entsprechend abzusenken, bis er den genannten gesetzlichen Erfordernissen entspricht (vgl. BGH, Urt. v. 29.04.2008 - KZR 2/07).

Es besteht dabei ein gestzliches Leistungsbestimmungsrecht des Versorgers hinsichtlich der jeweiligen Allgemeinen Preise der Grundversorgung, welches der Billigkeitskontrolle in unmittelbarer Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB unterliegt.

Ein Grundversorgungsvertrag kann vom Grundversorger grundsätzlich nicht gekündigt werden, § 20 Abs. 1 Satz 3 GasGVV. Deshalb muss es dem Grundversorger gestattet sein, die Allgemeinen Preise einseitig festzusetzen, weil er aufgrund der Gleichbehandlungspflicht und des Dikrimnierungsverbots daran gehindert ist, in diesem Bereich die Preise mit den einzelnen Kunden frei auszuhandeln. Schließlich handelt es sich dabei ausdrücklich um Allgemeine Preise.

Wie sollte denn sonst die angemessene Lösung aussehen, wenn es sich bisher um einen Sondervertrag handelt, zudem keine gesetzliche Versorgungspflicht besteht?

Der Versorger ist auch bei gestiegenen Kosten im Falle der Unwirksamkeit einer Preisänderungsklausel in einem Sondervertrag überhaupt nicht berechtigt, die Preise gegenüber seinem Vertragspartner einseitig zu erhöhen.

Das ist ein Dilemma des Gaslieferanten. Schließlich betrifft es alle Kunden mit eben den gleichen Verträgen.

Dass die Erdgasimportpreise (vgl. BAFA) gestiegen sind und dass diese nominalen Steigerungen (freilich nur diese!!!) auch beim  Letztverbraucher am Ende der Lieferkette ankommen, soweit sie nicht durch Kosteneinsparungen an anderer Stelle (etwa Netzkosten) kompensiert werden können, ist als Tatsache schließlich nicht zu leugnen.

Schlussendlich unterliegen auch vereinbarte Gaspreise der Preismissbrauchskontrolle gem. § 29 GWB, wenn der Versorger auf dem sachlich und räumlich abzugrenzenden Markt über eine marktbeherrschende Stellung verfügt, die ab einem Marktanteil von einem Drittel vermutet wird.

 

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