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Autor Thema: § 315 BGB auch möglich in folgendem Fall ?  (Gelesen 4746 mal)

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Offline BerndA

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§ 315 BGB auch möglich in folgendem Fall ?
« am: 07. März 2005, 21:24:47 »
Hallo Herr RA Fricke,

nochmal eine Frage speziell an Sie:

Nach unserem erfolgreichen ersten Infoabend am Freitag, dem 4.3.05, sprach mich ein Zuhörer an, und teilte mir mit, dass er Im Jahre 2003 von Stromheizung auf Gasheizung gewechselt habe.

Dafür habe er von unserem EVU (Gelsenwasser AG) ein Jahr lang  kostenlos Gas erhalten bis Oktober 2004.

Er habe sich gleichzeitig verpflichten müssen, mindestens 10 Jahre Gaskunde zu bleiben ( ist das überhaupt rechtens ?) und möchte nun ebenfalls Einspruch nach § 315 BGB gegen die letzte Preiserhöhung erheben.  Die letzte Preiserhöhung unseres  EVU war am 29.11.04.

Kann er nun gegen diese Preiserhöhung ebenfalls Einspruch erheben, obwohl er faktisch vorher nichts bezahlt hat, wegen des Wechsels ?

Welchen Preis sollte er dann in Zukunft zugrunde legen ? Den von 2004 vor der Preiserhöhung plus 2% ?

Mit freundlichen Grüßen aus dem Münsterland

Bernd Ahlers :wink:

Offline RR-E-ft

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§ 315 BGB auch möglich in folgendem Fall ?
« Antwort #1 am: 08. März 2005, 13:20:04 »
@BerndA

Fraglich ist, ob es sich bei einem Zehnjahresvertrag nicht um einen sog. Knebelvertrag handelt.

Davon abgesehen, gilt der Preis, der bei Vertragsabschluss vereinbart wurde. Das wird der sein, welcher seinerzeit galt.

Fraglich ist schon, ob der Versorger aufgrund des Vertrages überhaupt zu einseitigen Preisanpassungen berechtigt ist.

Ein solches Recht muss der Versorger nachweisen, vgl. palandt, BGB, § 315 Rn. 19 mit weiteren Nachweisen.

Ich kenne Verträge, da wurde eine entsprechende Vertragsklausel wohl vergessen.

Die AVBGasV findet direkt nur auf Tarifkunden Anwendung, §§ 1 Abs. 1 und 2 AVBGasV.

Meines Erachtens ergibt sich auch kein Recht zu einseitigen Preisanpassungen aus § 4 AVBGasV.

Wenn gar kein Preis vereinbart wurde, obliegt dem Versorger die Bestimmung des Preises gem. §§ 315, 316 BGB.

In diesem Falle hat der Versorger sowieso die Billigkeit der Preisbestimmung nachzuweisen.

Hierzu muss er nach der Rechtsprechung des OLG München die Kalkulation offen legen, damit das Gericht einen der Billigkeit entsprechenden Preis festsetzen kann.

Vorsorglich und hilfsweise gegen die Preiserhöhung die Unbilligkeit gem. § 315 BGB einwenden, im Übrigen alles wie gehabt.


Freundliche Grüße
aus Jena


Thomas Fricke
Rechtsanwalt

 

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