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Autor Thema: Nach BGH Interpretation - Anwalt  (Gelesen 24482 mal)

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Offline RR-E-ft

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Nach BGH Interpretation - Anwalt
« Antwort #30 am: 29. August 2008, 16:47:42 »
@Black

Es steht Ihnen doch frei, diese Ansicht zu teilen.

Deshalb verbleibt es noch immer dabei, dass bei gesetzlichem Leistungsbestimmungsrecht § 315 BGB unmittelbar Anwendung findet und auch eine Verpflichtung besteht, die Entgelte abzusenken, wenn es die Kostenentwicklung zulässt und dies für die Kunden günstig ist, so dass eine der Billigkeit entsprechende Leistungsbestimmung auch ein unter der bei Vertragsabschluss geltenden Entgelthöhe liegendes Entgelt zum Ergebnis haben muss, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen.

Der Kartellsenat hat aaO. entschieden, dass ein einheitlicher Markt für Wärmeenergie - aus in der Entscheidung genannten Gründen -  nicht besteht.

Besteht indes ein solcher Markt schon nicht, ist nicht nachvollziehbar, wenn man auf einem solchen (nicht existenten) Markt weiter einen Substitutionswettbewerb annehmen wollte, um diesem Wettbewerb sodann auch noch die notwendige Kraft zuzuschreiben, die Gaspreise wirksam zu beeinflussen.

Es liegt doch auf der Hand, dass man zuerst nach dem sachlich- relevanten Markt zu fragen hat, um hiernach Feststellungen zu treffen, ob auf einem solchen Markt ein Wettbewerb besteht und wenn ein Wettbewerb bestehen sollte, weiter Feststellungen dazu zu treffen sind, ob dieser Wettbewerb intensiv genug ist, um die Preise eines einzelnen Anbieters wirksam zu beeinflussen. Eine entsprechende Tatsachenfeststellung muss also in drei Schritten erfolgen.

Aus der amtlichen Begründung der Bundesregierung zu § 29 GWB ergibt sich jedenfalls, dass kein Wettbewerb besteht, der die Gaspreise für Haushaltskunden wirksam beeinflusst.

Ich teile diese Ansicht der Bundesregierung, die auf umfangreichen Untersuchungen der EU- Kommission, der Bundesnetzagentur und der Monopolkommission gründet.

Besteht kein wirksamer Wettbewerb, der die Entgelthöhe des Anbieters wirksam  beeinflusst, so soll nach der Rechtsprechung des Kartellsenats des BGH auch der Anfangspreis einer Billigkeitskontrolle unterliegen (Vgl. BGH, Urt. v. 04.03.2008 - KZR 29/06).

Offline Black

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Nach BGH Interpretation - Anwalt
« Antwort #31 am: 29. August 2008, 17:39:50 »
Zitat
Original von RR-E-ft
Deshalb verbleibt es noch immer dabei, dass bei gesetzlichem Leistungsbestimmungsrecht § 315 BGB unmittelbar Anwendung findet und auch eine Verpflichtung besteht, die Entgelte abzusenken, wenn es die Kostenentwicklung zulässt und dies für die Kunden günstig ist, so dass eine der Billigkeit entsprechende Leistungsbestimmung auch ein unter der bei Vertragsabschluss geltenden Entgelthöhe liegendes Entgelt zum Ergebnis haben muss, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen.

Es ist schön, dass Sie ihre persönlichen Auslegungen eines Urteils als feststehende Tatsachen verkaufen möchten andere Auslegungen dagegen als Meinungen. Da mir bislang noch kein Fall bekannt ist indem ein Gericht unter Berufung auf die Entscheidung des Kartellsenats eine Gesamtpreiskontrolle vorgenommen hat müßte es aber lauten:

\"Deshalb verbleibe ich  noch immer dabei, dass bei gesetzlichem Leistungsbestimmungsrecht § 315 BGB unmittelbar Anwendung finden sollte und auch eine Verpflichtung bestehen müßte, die Entgelte abzusenken, wenn es die Kostenentwicklung zulässt und dies für die Kunden günstig ist, so dass eine der Billigkeit entsprechende Leistungsbestimmung auch ein unter der bei Vertragsabschluss geltenden Entgelthöhe liegendes Entgelt zum Ergebnis haben muss, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen würden\"
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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Nach BGH Interpretation - Anwalt
« Antwort #32 am: 29. August 2008, 18:16:05 »
@Black

Wir wollen mal sehen, inwieweit es sich um persönliche Auslegungen meinerseits handeln könnte (Faktentest).

Dass bei gesetzlichem Leistungsbestimmungsrecht § 315 BGB unmittelbare Anwendung findet, hat der BGH im Urteil vom 13.06.2007 [VIII ZR 36/06, dort Rn. 14, 17 und 18] entschieden:

Zitat
Ein Leistungsbestimmungsrecht im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB kann einer Vertragspartei nicht nur durch vertragliche Vereinbarung, sondern auch durch Gesetz eingeräumt werden (BGHZ 126, 109, 120 zu § 12 Abs. 3 Gesetz über Arbeitnehmererfindungen; Palandt/Grüneberg, BGB, 66. Aufl., § 315 Rdnr. 4; Soergel/Wolf, BGB, 12. Aufl., § 315 Rdnr. 29; Bamberger/ Roth/Gehrlein, BGB, 2003, § 315 Rdnr. 3; Staudinger/Rieble, BGB (2004), § 315 Rdnr. 255; Erman/Hager, BGB, 11. Aufl., § 315 Rdnr. 10).

Zitat
§ 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV stellt eine solche gesetzliche Regelung dar (Hanau, ZIP 2006, 1281, 1282; Fricke, WuM 2005, 547, 550; Held, NZM 2004, 169, 172; Tegethoff/Büdenbender/Klinger, Das Recht der öffentlichen Energieversorgung, Stand 2000, § 4 AVBEltV/AVBGasV, Rdnr. 11 Fn. 18; wohl auch Arzt, N&R 2006, 2, 4 f.; Höch/Göge, ET 2006, 50, 51; aA - analoge Anwendung nur für den Fall einer Monopolstellung des Versorgungsunternehmens - AG Rostock RdE 2006, 94; Hempel/Franke, Recht der Energie- und Wasserversor-gung, Stand 2006, § 4 AVBEltV Rdnr. 4; Ehricke, JZ 2005, 599, 603; wohl auch de Wyl/Essig/Holtmeier, in Schneider/Theobald, Handbuch zum Recht der Energiewirtschaft, 2003, § 10 Rdnr. 393; Derleder/Rott, WuM 2005, 423, 425 f.). Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Verordnungsgeber den Gas-versorgungsunternehmen in § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV ein an kein Ermessen gebundenes freies Preisbestimmungsrecht einräumen wollte. Dies kann insbesondere nicht daraus abgeleitet werden, dass Gasversorgungsunternehmen gemäß § 10 EnWG 1998 allgemeine, d.h. für jedermann geltende Tarife aufzustellen haben (so aber Morell, Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Gasversorgung, Kommentar, Stand 2003, E § 4 Absatz 2 d). Allgemeine, für jedermann geltende Tarife schließen eine Billigkeitsprüfung gemäß § 315 BGB nicht von vornherein aus. Zwar ist richtig, dass es bei der Bestimmung der Billigkeit auf die Interessenlage beider Parteien und eine umfassende Würdigung des Vertragszwecks ankommt (Senatsurteil vom 2. Oktober 1991 - VIII ZR 240/90, NJW-RR 1992, 183, unter III 1). Die Berücksichtigung der typischen Interessenlage beider Parteien und eine umfassende Würdigung des Vertragszwecks sind aber auch bei einem Massengeschäft möglich (vgl. BGHZ 115, 311 zu Abwasserentgelten und BGH, Urteil vom 5. Juli 2005 - X ZR 60/04, NJW 2005, 2919 zur Abfallentsorgung). Schließlich kommt es auch nicht darauf an, ob § 4 AVBGasV als öffentlichrechtliche oder als privatrechtliche Preisänderungsbestimmung anzusehen ist (so aber Derleder/Rott, aaO, 424). Entscheidend ist, dass die Beklagte im Rahmen des von den Parteien abgeschlossenen Gaslieferungsvertrages kraft Gesetzes berechtigt ist, die Preise einseitig zu ändern.

Zitat
§ 315 BGB in unmittelbarer Anwendung ist gegenüber § 19 Abs. 4 Nr. 2, § 33 GWB in der für den vorliegenden Fall maßgeblichen Fassung vom 26. August 1998 (BGBl. I S. 2546) nicht subsidiär (BGHZ 164, 336, 346 zu § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB; Markert, RdE 2006, 84, 85 f.; vgl. auch BGHZ 41, 271, 279 zu § 26 Abs. 2 GWB aF; BGH, Urteil vom 7. Februar 2006 - KZR 8/05, NJW-RR 2006, 915, unter III 4 zu § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB; aA Kühne, RdE 2005, 241 ff.; ders., NJW 2006, 654, 655; ders., NJW 2006, 2520). § 315 Abs. 3 BGB stellt eine Regelung des Vertragsrechts dar, der ein hoher Gerechtigkeitsgehalt zukommt (vgl. BGHZ 126, 109, 120; BGH, Urteil vom 5. Juli 2005, aaO, unter II 2 c bb (3) (b)). Sie ermöglicht es dem der Leistungsbestimmung Unterworfenen, die vorgenommene Bestimmung gerichtlich auf ihre Billigkeit überprüfen und durch (gestaltendes) Urteil neu treffen zu lassen (§ 315 Abs. 3 Satz 2 BGB). Demgegenüber ist der Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch gemäß § 19 Abs. 4 Nr. 2, § 33 GWB ein deliktischer Anspruch (vgl. nur Loewenheim/ Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Band 2, GWB, 2006, § 33 Rdnr. 62; Säcker, RdE 2006, 65, 70), der eine Gestaltungsmöglichkeit nicht unmittelbar bereitstellt. Ansprüche aus Vertrags- und aus Deliktsrecht sind jeweils nach ih-ren Voraussetzungen, ihrem Inhalt und ihrer Durchsetzung selbständig zu beur-teilen und folgen ihren eigenen Regeln (BGHZ 46, 140, 141; 101, 337, 344; BGH, Urteil vom 19. Oktober 2004 - X ZR 142/03, NJW-RR 2005, 172, unter 2). Abweichungen von diesem Grundsatz kommen nur ganz ausnahmsweise in Betracht und beschränken sich typischerweise auf Fallgestaltungen, in denen die deliktischen Ansprüche den Zweck einer für den vertraglichen Anspruch geltenden Vorschrift vereiteln und die gesetzliche Regelung im Ergebnis aushöhlen würden (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 2004, aaO).


Der Kartellsenat hat dies mit seinem Urteil vom 04.03.2008 [KZR 29/06 Rn. 18] bestätigt.

Zitat
Darauf kommt es jedoch nicht an, da ein Leistungsbestimmungsrecht sich auch aus dem Gesetz ergeben kann (BGHZ 126, 109, 120; BGH, Urt. v. 13.6.2007 – VIII ZR 36/06, NJW 2007, 2540 Tz. 14 [für BGHZ vorgesehen])
und der Beklagten für den streitigen Preis schon von Gesetzes wegen ein solches Bestimmungsrecht zustand
.

Weiter geht aus der Entscheidung des Kartellsenats des BGH vom 29.04.2008 (KZR 2/07 Rn. 26) hervor, dass bei gesetzlichem Leistungsbetimmungsrecht auch eine Verpflichtung des Gasversorgers besteht, die Entgelte abzusenken, wenn es die Kostenentwicklung zulässt und dies für die Kunden günstig ist.

Zitat
Aus der gesetzlichen Bindung des allgemeinen Tarifs an den Maßstab der Billigkeit (BGHZ 172, 315 Tz. 16 f.) ergibt sich nicht nur die Rechtspflicht des Versorgers, bei einer Tarifanpassung Kostensenkungen ebenso zu berücksichtigen wie Kostenerhöhungen. Der Versorger ist vielmehr auch verpflichtet, die jeweiligen Zeitpunkte einer Tarifänderung so zu wählen, dass Kostensenkungen nicht nach für den Kunden ungünstigeren Maßstäben Rechnung getragen wird als Kostenerhöhungen, so dass Kostensenkungen mindestens in gleichem Umfang preiswirksam werden müssen wie Kostenerhöhungen. Die gesetzliche Regelung umfasst daher neben dem Recht des Versorgers zur Preisanpassung auch die Pflicht hierzu, wenn die Anpassung dem Kunden günstig ist,

Auch hat der Kartellsenat am 04.03.2008 (KZR 29/06) entschieden, dass dann, wenn der aufgrund eines gesetzlichen Leistungsbestimmungsrechts festgesetzte Preis  nicht durch wirksamen Wettbewerb kontrolliert ist, auch der Anfangspreis der Billigkeitskontrolle unterliegt (Leitsatz 2).

Dabei handelt es sich mitnichten um eine persönliche Auslegung der Entscheidungen, sondern vielmehr um die Wiedergabe des Inhalts der jüngsten Entscheidungen des BGH. Dafür, was sich aus den jüngsten Entscheidungen des BGH ergibt,  kann es ja wohl nicht darauf ankommen, was Ihnen bisher bekannt geworden wäre. Nach alldem habe ich keine Veranlassung, meine Aussagen in den Konjunktiv zu stellen.

Weshalb Sie hier - und möglicherweise an anderer Stelle - anderes zu verkaufen suchen, bleibt unerfindlich.

Offline Black

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Nach BGH Interpretation - Anwalt
« Antwort #33 am: 01. September 2008, 10:58:57 »
Zitat
Original von RR-E-ftWeshalb Sie hier - und möglicherweise an anderer Stelle - anderes zu verkaufen suchen, bleibt unerfindlich.

Tun Sie nicht das Selbe? Gebetsmühlenartig verweisen Sie auf die Rechtsprechung des Kartellsenats (Kontrolle des Gesamtpreises) als handele es sich um die einzige einschlägige BGH Entscheidung und eine feststehende unstreitige Rechtslage. Die abweichende vorhergehende Entscheidung VIII ZR 36/06 erwähnen Sie entweder gar nicht oder tun sie als lästigen und überholten Ausrutscher ab.

Was sie hier gerne verschweigen ist, dass Sie HOFFEN, das aus der Entscheidung des Kartellsenats einmal eine Entscheidung zur Gesamtpreiskontrolle hervorgehen wird. Bislang ist das nicht der Fall.

Als nicht so versierter Forenleser kommt man bei Ihren Ausführungen auf die Idee die Rechtslage sei nun endlich klar, man könne jetzt einfach beim nächsten Gericht eine Gesamtpreiskontrolle einschl. Ausgangspreis erwirken.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

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Offline RR-E-ft

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Nach BGH Interpretation - Anwalt
« Antwort #34 am: 01. September 2008, 11:16:35 »
@Black

Ich habe die jüngste Rechtsprechung des BGH zur unmittelbaren Anwendung des § 315 BGB bei bestehendem gesetzlichen Leistungsbestimmungsrecht wiedergegeben, mit Fundstellennnachweis.
Dabei habe ich offensichtlich auch aus der Entscheidung vom 13.06.2007 - VIII ZR 36/06 zitiert, ebenso aus weiteren Entscheidungen, die darauf in jüngster Zeit Bezug nahmen.


Um meine persönlichen Hoffnungen geht es dabei ebensowenig wie um die Ihren. Es ist nicht meine Absicht, jemanden mit meiner Hoffnung zu behelligen, dass uns der Herbst in diesem Jahr noch ein paar schöne Tage bringen möge. Ich entnehme Ihrem Beitrag, dass Sie davon ausgehen, die Rechtslage sei nach alldem unklar. Dann sollten Sie in Ihren Beiträgen bitte auch darauf hinweisen und nicht so tun, als sei die Entscheidung vom 13.06.2007 - VIII ZR 36/06 der letzte Ratssschluss. Ich stelle mit gutem Grund auf die jüngeren Entscheidungen des BGH ab, eben weil sich die Welt weitergedreht hat.

Offline Black

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Nach BGH Interpretation - Anwalt
« Antwort #35 am: 01. September 2008, 11:51:30 »
Ich sehe die Sache mit der jüngeren Rechtsprechung etwas differenzierter als Sie:

Der VIII. Senat hat direkt in einem Rechtsstreit über die streitigen Frage des Umfangs der Preiskontrolle entschieden mit einer direkten Rechtsfolge für die Parteien, die genau auf diese Frage eine Antwort begehrten.

Der Kartellsenat hat später bei einer Entscheidung über einen völlig anders gearteten Streitgegenstand, quasi nebenbei, einige Ausführungen gemacht wie seiner Meinung nach im Bereich der Grundversorgung die Preiskontrolle funktionieren würde, obwohl es in diesem Verfahren gar nicht um Preiskontrolle in der Grundversorgung ging. Daher äußert aus meiner Sicht zwar der Kartellsenat eine abweichende Rechtsansicht, ohne aber eine Entscheidung über diesen Streitgegenstand zu treffen.


Entweder gibt es also derzeit innerhalb des BGH zwei sich teilweise widersprechende Ansichten oder die Ansicht des Kartellsenats ist wegen des mangels einer rechtskräftigen Entscheidung über diese frage nicht beachtlich.

Es existiert damit derzeit keine BGH Entscheidung die einem konkreten Kunden in einem konkreten Fall die begehrte Vollpreiskontrolle zugestanden hat. Es existiert aber sehr wohl eine BGH Entscheidung die einem konkreten Kunden in einem konkreten Fall die begehrte Vollpreiskontrolle ausdrücklich verweigert hat.
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Offline RR-E-ft

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Nach BGH Interpretation - Anwalt
« Antwort #36 am: 01. September 2008, 12:11:22 »
@Black

Ich weiß nicht, woher Sie die Kenntnis nehmen wollten, wie differenziert ich die jüngere Rechtsprechung des BGH sehe, um das Postulat aufzustellen, dass Sie es etwas differenzierter sehen als ich. Ich habe mich weitestgehend darauf beschränkt, den Inhalt der jüngeren Rechtsprechung des BGH wiederzugeben. Im Übrigen ist es Ihr gutes Recht, etwas nicht nur differenzierter, sondern sogar völlig anders zu sehen.

Der Vorsitzende des achten Zivilsenats de BGH, Herr Ball, hat in der mündlichen Verhandlung am 28.05.2008 (VIII ZR 138/07) bekanntlich deutlich zum Ausdruck gebracht, dass seine Rechtsprechung noch nicht gefestigt und \"zementiert\" sei.

Offline Gasterrorist

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« Antwort #37 am: 29. September 2008, 22:29:46 »
Zitat
Original von Gasterrorist
Zitat
Original von tony71
Hallo Gasterrorist,

kostensparend hat die Kanzlei dieses Schreiben anscheinend als Serienbrief gespeichert. Wie haben exakt das gleiche Schreiben nur mit geänderten Daten erhalten. Was ist bei Deinem Anwaltsbesuch herausgekommen?

Tony

So wie es zur Zeit aussieht hat wohl die STAWA bisher noch in keinem Fall geklagt, doch zur Zeit steht noch eine wichtige Entscheidung des obersten Gerichtes aus das sich auf derartige Gutachten bezieht, und bis dahin kann man nichts definitives sagen wie die Erfolgschancen stehen.

Mein Persönliches Gefühl - die weden wohl versuchen mit allen mitteln (notfalls wohl auch per Gericht) die Gelder einzutreiben - groß genug ist der Laden ja !
Vielleicht sind sie ja auch per Erfolgsbeteiligung (seit neuestem ist die Köderei bei uns ja auch möglich) extra motiviert ?
Trotzdem - seis drum - ich wills nun doch wissen !
Somit mein Persönliches fazit - nicht Zermürben und Einschüchtern lassen - erst mal wie gewohnt Wiederspruch einlegen - aufpassen und keine Frist versäumen - dann wird schon alles gut gehen.

Horrido

nun,

seit dem mein Anwalt abermals wie ich \"Gebetsmühlenartig\" wiedersprochen hat, ist bisher Ruhe (oder wie man manchmal auch hier zu sagen pflegt \"Das schweigen im Walde).

Erstmal nochmals danke für die Hilfe, werde euch am laufenden Halten wenn weiteres passiert.

Gruß an alle
Terri

Offline tony71

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Nach BGH Interpretation - Anwalt
« Antwort #38 am: 12. April 2009, 22:15:20 »
So, anscheinend haben die Stadtwerke Augsburg jetzt den nächsten Versuch gestartet.

Nachdem wir letztes Jahr trotz freundlicher Bitte von BBH den von uns einbehaltenen Gaspreis nicht bezahlt haben. Schickt uns das Anwaltsbüro nun den zweiten Brief.

Verwiesen wird hierbei auf ein neues Gutachten, welches die Billigkeit aller bisherigen Gaspreiserhöhungen rechtfertigen soll. Zu finden ist dieses Gutachten unter http://www.stawa.de/downloads/Testat_Erdgas_bis_31.12.2008.pdf

Was soll man denn von diesem Gutachten halten? Ist das Anwaltsschreiben diesmal auch wieder als Serienbrief verschickt worden?

Schöne Grüße!

Offline reblaus

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« Antwort #39 am: 12. April 2009, 23:06:07 »
@tony71
Teilen Sie den Anwälten der Stadtwerke Augsburg höflich mit, dass der Gasbezugsvertrag mit der Bayerngas GmbH zum 30.September 2007 deshalb geendet hat, weil er vom Bundeskartellamt mit diesem Beschluss als kartellrechtswidrig verboten wurde. Verträge die gegen Art. 81 EG-Vertrag verstoßen sind in all ihren Wirkungen nichtig, so dass auch sämtliche Preiserhöhungen der Stadtwerke Augsburg zu keinem Zeitpunkt in rechtlich wirksamer Weise durchgeführt wurden. Wenn Sie freundlich sind, senden Sie den Beschluss in Abschrift mit und verweisen Sie wegen der rechtlichen Konsequenzen kartellrechtswidriger Verträge auf folgende Entscheidung: EuGH Slg. 2001, I-6297, Rn. 22 = GRUR 2002, 367.

Weiterhin würde ich den Anwälten ebenfalls freundlich mitteilen, dass sich zum 1.07.2006 § 22 Mineralölsteuergesetz geändert hat. Dies hat zur Folge, dass seit dem 1.07.2006 der Steuerschuldner für die Erdgassteuer in Höhe von 0,55 ct/kWh nicht mehr der Importeur für das Erdgas ist, sondern für das von Ihnen verbrauchte Erdgas die Stadtwerke Augsburg die Steuer direkt an die Zollbehörden abzuführen haben. Aus diesem Grund müssen die Stadtwerke Augsburg die Erdgassteuer seit diesem Tag auch nicht mehr über ihre Bezugskosten an die Bayerngas GmbH bezahlen. Durch diese steuerliche Änderung hätten sich die Bezugskosten um 0,55 ct/kWh verringern müssen, was aus dem Testat nicht hervorgeht.

Bitten Sie die Anwälte zu erklären, wie diese steuerliche Änderung bei der Ermittlung der Bezugskosten berücksichtigt wurde, und warum der Umstand nicht ausgewiesen wurde.

Offline RuRo

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« Antwort #40 am: 13. April 2009, 14:23:46 »
@tony71

Verweisen Sie ferner darauf, dass es sich um ein ge- evtl. sogar erkauftes Parteiengutachten handelt, welches für Sie keine Verbindlichkeit entfalten kann (siehe nur letzter Absatz auf Seite 3), denn Sie waren wohl bei Angebot und Annahme des Vertragsinhalts nicht anwesend.
Leiderln hoits z\'sam, sonst gehts nimma recht lang

Offline tony71

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« Antwort #41 am: 13. April 2009, 21:31:57 »
Vielen Dank Reblaus, vielen Dank RuRo,

sehe ich das richtig, dass auch dieses Gutachten wieder nur dazu dienen soll uns einzuschüchtern?

Letztes Mal haben wir nur kurz und freundlich mitgeteilt, dass wir die Billigkeit der Preiserhöhungen weiterhin nicht gegeben sehen und deshalb die Eröhungen nicht bezahlen werden. Sollen wir wieder auf diese Weise antworten und einmal die Reaktion abwarten oder gleich mit den von Euch erkannten Fakten konfrontieren?

Tony71

Offline userD0009

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« Antwort #42 am: 13. April 2009, 23:26:51 »
Die Billigkeit der Preisfestsetzungen. Nicht lediglich der Preiserhöhungen, oder?

Ausführungen sind m.E. erst vor Gericht zu bringen, und dann von einem/einer versierten Rechtsanwalt/Rechtsanwältin.
Eigene Schreiben können sehr leicht das Gegenteil von dem bewirken, was man eigentlich damit bezwecken wollte.

Daher würde ich außergerichtlich so wenig wie möglich ausführen und auf die von @RuRo und @reblaus gemachten Ausführungen, eventuell erst in einem möglichen, wer weiß ob es überhaupt soweit kommt, Gerichtsprozess eingehen.

Grüße
belkin

Offline reblaus

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« Antwort #43 am: 14. April 2009, 07:25:40 »
@tony71
Das kommt darauf an, was Sie wollen.

Wenn Sie mit dem Umfang zufrieden sind, mit dem Sie Ihre Gasrechnung bisher gekürzt haben, können Sie den Versuch starten, durch Abschreckung die Stawa davon abzuhalten, Sie gerichtlich zu belangen. In dem Fall sollten Sie alle Fakten auf den Tisch legen. Dadurch kann die Stawa ihr Prozessrisiko abschätzen, das im Falle ein Gericht erklärt die Preiserhöhungen für nichtig in die Millionen geht, und wird möglicherweise von einem Verfahren Abstand nehmen.

Wenn Sie aber seit 2004 auch nur einen Cent mehr für Ihr Gas bezahlt haben, als Sie mit dem damals gültigen Preis hätten bezahlen müssen, stehen Ihnen möglicherweise Rückforderungsansprüche zu, die Sie einklagen müssten. In diesem Falle könnte zumindest der Einwand mit der geänderten Steuerschuldnerschaft ein gewisses Überraschungsmoment im Verfahren darstellen. Wenn sich herausstellen sollte, dass die Wirtschaftsprüfer diesen Umstand nicht berücksichtigt haben, oder auch nur zu verschleiern versuchten, dann hat das Testat ein erhebliches Glaubwürdigkeitsproblem, zumindest steht die Kompetenz der Prüfer, solche Sachverhalte überhaupt sachkundig beurteilen zu können in Frage. Wenn die Stawa vor der Klage von diesem Einwand Kenntnis erlangt, kann sie Ihren Vortrag natürlich anpassen.

Prozesse gewinnt man nur, wenn die Gegenseite Fehler macht. Man sollte sie deshalb niemals daran hindern.

Den Fehler mit dem kartellrechtswidrigen Vertrag hat die Stawa bereits gemacht. Da sehe ich kein Problem, ihnen das auch zu sagen. Allenfalls hätten Sie den Vorteil, dass man Ihren Widerstand vielleicht unterschätzt, aber wenn Sie Geld zurückhaben wollen, müssen Sie denen vor einem Verfahren sowieso sagen, warum Sie diesen Anspruch haben.

Offline Gasterrorist

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« Antwort #44 am: 30. April 2009, 13:21:54 »
Zitat
Original von Gasterrorist
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Original von Gasterrorist
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Original von tony71
Hallo Gasterrorist,

kostensparend hat die Kanzlei dieses Schreiben anscheinend als Serienbrief gespeichert. Wie haben exakt das gleiche Schreiben nur mit geänderten Daten erhalten. Was ist bei Deinem Anwaltsbesuch herausgekommen?

Tony

So wie es zur Zeit aussieht hat wohl die STAWA bisher noch in keinem Fall geklagt, doch zur Zeit steht noch eine wichtige Entscheidung des obersten Gerichtes aus das sich auf derartige Gutachten bezieht, und bis dahin kann man nichts definitives sagen wie die Erfolgschancen stehen.

Mein Persönliches Gefühl - die weden wohl versuchen mit allen mitteln (notfalls wohl auch per Gericht) die Gelder einzutreiben - groß genug ist der Laden ja !
Vielleicht sind sie ja auch per Erfolgsbeteiligung (seit neuestem ist die Köderei bei uns ja auch möglich) extra motiviert ?
Trotzdem - seis drum - ich wills nun doch wissen !
Somit mein Persönliches fazit - nicht Zermürben und Einschüchtern lassen - erst mal wie gewohnt Wiederspruch einlegen - aufpassen und keine Frist versäumen - dann wird schon alles gut gehen.

Horrido

nun,

seit dem mein Anwalt abermals wie ich \"Gebetsmühlenartig\" wiedersprochen hat, ist bisher Ruhe (oder wie man manchmal auch hier zu sagen pflegt \"Das schweigen im Walde).

Erstmal nochmals danke für die Hilfe, werde euch am laufenden Halten wenn weiteres passiert.

Gruß an alle

Hallo zusammen,

nun ist es dann auch bei mir wieder so weit - zwar spät aber dennoch dann hartnäckig - ich habe einen netten Brief bekommen.
In einem ersten Schreiben meines Anwalts werden die Prozessaussichten auf Grund der zahlreichen widersprüchlichen Gerichtsentscheidungen (insbesondere in bayerischen Raum) als offen bezeichnet.
Werde mich trotzdem da mal an die Ratschläge von Reblaus und RuRo halten, und mit meinem Anwalt das besprechen wie wir da in diese Richtung am besten argumentieren / antworten.
Auch von mir Vielen Dank an Reblaus und RuRo !
Wen´s interessiert zur Info habe ich mal die Aufforderung der Anwälte gescannt:
\"wir nehmen Bezug auf die bisherige Korrespondenz, zuletzt unser Schreiben vom xx.xx.2008, und unternehmen hiermit einen nochmaligen Versuch zur außergerichtlichen Klärung der Angelegenheit.

I. Sachverhalt

Ihr Mandant hat Widerspruch gegen die erforderlichen Anpassungen der Gaspreise unserer Mandantin erhoben. Er bezweifelt das Recht zur Preisanpassung unserer Mandantin und hält die Preise unserer Mandantin für unbillig. Zum Nachweis der Billigkeit fordert er die Offenlegung der Kalkulationsgrundlagen unserer Mandantin. Aufgrund seines Widerspruchs hat ihr Mandant die von unserer Mandantin in Rechnung gestellten Preise für die Versorgung mit Gas nur noch teilweise gezahlt und ist daher in Zahlungsrückstand geraten.

11.

Rechtliche Würdigung

Ihr Mandant ist verpflichtet, den Zahlungsrückstand vollumfänglich auszugleichen und die in Rechnung gestellten Abschläge in voller Höhe zu bezahlen. Unserer Mandantin steht ein Recht zur Preisanpassung zu. Die von unserer Mandantin vorgenommenen Preisanpassungen waren angemessen und entsprachen der Billigkeit.

1. Recht zur Preisanpassung

Dem Vertrag über die Lieferung von Gas zwischen ihrem Mandanten und unserer Mandantin liegt die Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Grundversorgung von Haushaltskunden und die Ersatzversorgung mit Gas aus dem Niederdrucknetz vom 26. 10.2006 (GasGW) zugrunde. Gemäß § 1 GasGW in Verbindung mit § 36 des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) stellt das Versorgungsunternehmen Gas zum jeweiligen allgemeinen Preis für die Grundversorgung zur Verfügung. Die allgemeinen Preise werden öffentlich bekannt gegeben. Den jeweiligen allgemeinen Preisen hat sich ihr Mandant bei Vertragsschluss unterworfen. Versorgungsunternehmen haben gemäß § 5 Abs. 2 GasGW die Möglichkeit, Kostensteigerungen während der Vertragslaufzeit durch öffentliche Bekanntgabe neuer Tarife an ihre Kunden weiterzugeben. Genau so ist es hier geschehen.

Vor Geltung der GasGW sah die Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Gasversorgung von Tarifkunden (AVBGasV) in ihrem § 4 eine dem § 5 GasGW entsprechende Regelung vor.

2. Anwendung des § 315 BGB

Eine Prüfung nach § 315 BGB, also eine Prüfung im Hinblick auf die Billigkeit, ist nur für Preisänderungen durchzuführen, die vom Kunden rechtzeitig beanstandet wurden.

a) Anwendung des § 315 BGB auf den Preis bei Vertragsschluss

Auf den Anfangspreis für Gas, das heißt den Preis, den ihr Mandant mit unserer Mandantin ursprünglich bei Vertragsschluss vereinbart hat, findet § 315 BGB weder direkt noch analog Anwendung.
Die unmittelbare Anwendung des § 315 BGB setzt voraus, dass die Parteien vereinbart haben, das Versorgungsunternehmen solle nach Abschluss des Vertrages die Leistungspflicht (also die Zahlungshöhe) bestimmen. An dieser Voraussetzung fehlt es vorliegend bei dem bei Vertragsabschluss geltenden Preis. Ihr Mandant ist Kunde in der Grundversorgung. Der Preis für ihre Gaslieferung ergibt sich aus den jeweiligen - veröffentlichten - allgemeinen Preisen (Grundversorgungspreisen) für die leitungsgebundene Versorgung mit Gas und war Ihrem Mandanten bei Vertragsabschluss bekannt. Der Grundversorgungspreis wurde damit vereinbart, woraus folgt, dass eine direkte Anwendung des § 315 BGB auf den Preis bei Vertragsabschluss ausscheidet.

Auch eine entsprechende Anwendung des § 315 BGB auf den Anfangspreis findet nicht statt. Wurde eine analoge Anwendung des § 315 BGB früher gelegentlich mit der Monopolstellung eines Gasversorgungsunternehmens begründet, so hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 13.06.2007 festgestellt, dass eine solche nicht existiert (BGH, Urteil vom 13.06.2007, Az. Vlll ZR 36/06). Auf dem Wärmemarkt stehen Gasversorgungsunternehmen - wie unsere Mandantin - in einem Substitutionswettbewerb mit Anbietern konkurrierender Heizenergieträger wie Heizöl, Strom, Kohle und Fernwärme. Ihrer Mandantschaft als Kunde steht es somit nicht nur frei, den Gasanbieter zu wechseln, sondern auch auf einen anderen Wärmeträger umzustellen.

Erst kürzlich hat der Bundesgerichtshof in einem Urteil vom 19.11.2008 (Az.: Vlll ZR 138/07) noch mal bestätigt, dass eine entsprechende Anwendung des § 315 BGB auf.den Anfangspreis ausscheidet. Er hat dies in diesem Urteil damit begründet, dass eine entsprechende Anwendung des § 315 BGB der Intention des Gesetzgebers zuwider liefe. Der Gesetzgeber habe eine staatliche Prüfung und Genehmigung von Gastarifen wiederholt abgelehnt. Auch bei der gerichtlichen Kontrolle der Billigkeit der Tariffestsetzung fände aber für das betroffene Gasversorgungsunternehmen eine Preisregulierung statt, wenn der Tarif nach Auffassung des Gerichts unbillig überhöht und deshalb durch Urteil zu bestimmen wäre.

b) Keine Anwendung des § 315 BGB auf unbeanstandet hingenommene Preise

Auch unbeanstandet hingenommene Preisveränderungen und solche Preisanpassungen, die nicht rechtzeitig gerügt wurden, unterliegen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH, Urteil vom 13.06.2007, Az.: Vlll ZR 36/06 und BGH, Urteil vom 19.11.2008, Az.: Vlll ZR 138/07) keiner Billigkeitskontrolle.

c) Anwendung des § 315 BGB auf die Preiserhöhungen

Die Preiserhöhungen unserer Mandantin entsprachen, unabhängig davon, ob diesen rechtzeitig widersprochen wurde oder nicht, stets der Billigkeit im Sinne das § 315 BGB.
Unsere Mandantin hat mit den Preissteigerungen allein ihre gestiegenen Bezugskosten an Ihren Mandanten weitergegeben. Dass eine solche Preispolitik rechtmäßig ist, hat der Bundesgerichtshof mit seinem Urteil vom 13.06.2007 abschließend festgestellt. So hat der Bundesgerichtshof in dieser Entscheidung ausgeführt:

\"Durch Preiserhöhungen wegen gestiegener Bezugskosten nimmt das Gasversorgungsunternehmen sein berechtigtes Interesse wahr, Kostensteigerungen während der Vertragslaufzeit an die Kunden weiterzugeben.\"

Der BGH hat die im Urteil vom 13.06.2007 aufgestellten Grundsätze in seinem Urteil vom 19.11.2008 (Az.: Vlll ZR 138/07) auch diesbezüglich bestätigt.

Wie Sie dem auf der Internetseite unserer Mandantin unter xxxxxxxx/Testat xxxxxxxxx.pdf veröffentlichten, diesem Schreiben beiliegenden Testat der iNVRA Treuhand AG vom 03.02.2009 entnehmen können, haben die Prüfungen dieser Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ergeben, dass die Erhöhungen der Gastarife im Zeitraum vom 01.01.2004 bis zum 30.06.2009 auf die gestiegenen Bezugskosten zurückzuführen sind. Die Bezugskostensteigerungen wurden noch nicht einmal in vollem Umfang von unserer Mandantin an Ihre Mandantschaft weitergegeben. Auch dies ergibt sich aus dem Gutachten, welches auf objektiver Grundlage von einem unabhängigen Wirtschaftsprüfungsunternehmen erstellt wurde.

Das Testat ist zum Billigkeitsnachweis geeignet und ausreichend. In seinem Urteil vom 19.11.2008 (Az. Vlll ZR 138/07) hat der BGH den Forderungen vieler Verbraucher auf Offenlegung der Kalkulation zum Billigkeitsnachweis erneut eine klare Absage erteilt. Der BGH erkennt insoweit das Bestehen von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen von Versorgungsunternehmen an.

Ill. Ergebnis

Nach alledem fällt es uns schwer, die Beschwerden Ihres Mandanten gegen die Preiserhöhungen unserer Mandantin nachzuvollziehen. Unbeschadet eines durchaus nachzuvollziehenden Interesses an der Entwicklung von Preissteigerungen im Versorgungsbereich haben wir kein Verständnis für die Kürzung der Zahlungen. Diesbezüglich möchten wir Ihren Mandanten auch darauf hinweisen, dass das Berufen auf § 315 BGB nicht zu einer Leistungsbefreiung seinerseits führt. Lediglich wenn die Preiserhöhungen tatsächlich und gerichtlich festgestellt unbillig wären, stünde ihm ein Leistungsverweigerungsrecht zu. Eine Weitergabe von Bezugskostensteigerungen, wie vorliegend, ist jedoch in jedem Fall billig im Sinne von § 315 BGB.
Im Übrigen geben wir zu Bedenken, dass auch das Landgericht Augsburg in einer am 27.01.2009 ergangenen Entscheidung (Az. 2 HK O 1154/08) auf ganzer Linie der oben skizzierten Rechtsprechung des BGH gefolgt ist.

Namens und in Vollmacht unserer Mandantin fordern wir ihre Mandantschaft daher auf, den gegenwärtigen Schuldsaldo in Höhe von

Xxxxx€

bis zum xx.xx.2009 auf dem ihrem Mandanten bekannten Konto unserer Mandantin auszugleichen.

Bei fehlendem Zahlungseingang werden wir unserer Mandantin nicht zuletzt aus Gründen Fairness gegenüber regelmäßig und vollständig zahlenden Kunden raten gerichtliche Schritte die bei ihrer Mandantschaft zu weiteren Kosten führen werden, einzuleiten.\"

Horrido
Terri

 

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