Niedersächsisches Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr
Referat 24, Landeskartellbehörde
Hannover
E-Mail:
info@mw.niedersachsen.de17.02.2009
Stadtwerke Lingen GmbH, Gaspreis, Tarifentwicklung 01.01.2003 bis 01.01.2009
Missbrauchsverfahren gem. § 29 GWB
Sehr geehrte Damen und Herren,
auf der Grundlage der „Preismissbrauchsnovelle - § 29 GWB“ soll das Bundeskartellamt zusammen mit den Landeskartellbehörden vor allem die Angemessenheit der Strom- und Gaspreise wettbewerbsrechtlich überprüfen.
Das Bundeskartellamt hat entsprechend einer Mitteilung auf der Web-Seite sowie verschiedener Presseberichte inzwischen mehrere Missbrauchsverfahren im Gasbereich abgeschlossen. Danach waren diese Energieversorger veranlasst, ihren Kunden den Erlös aus überhöhten Gaspreisen wieder zu erstatten.
Das Bundeskartellamt teilt auch mit, dass für 85 % der Gaskunden die Landeskartellbehörden zuständig sind. Gleichwohl waren mehrere Gasversorger von den Landeskartellbehörden an das Bundeskartellamt verwiesen worden.
Ich gehe davon aus, dass die Stadtwerke Lingen GmbH in der Zuständigkeit Ihrer Behörde verblieben ist.
Insoweit nehme ich in dieser Angelegenheit auch Bezug auf meine EMail vom 10.03.2008 an Ihre Behörde.
Entsprechend einer Mitteilung in der Lingener Tagespost vom 01.10.2008 „25 Gasversorger im Visier der Kartellwächter - geht seit dem 01. Oktober 2008 auch Ihre Behörde gegen die hohen Preise bei 25 Gasversorgern in Niedersachsen vor. Es seien Vorermittlungen gegen zehn Anbieter eingeleitet und weitere fünfzehn Verfahren stünden bevor.“
In einer Verfügung vom 05.12.2006 hatte Ihre Behörde festgestellt, dass die vom regionalen Gasversorger Stadtwerke Uelzen GmbH zwischen November 2005 und März 2006 erhobenen Jahresgesamtpreise missbräuchlich überhöht gewesen sind. Der Versorger habe seine marktbeherrschende Stellung ausgenutzt. Sie haben angeordnet, dass die zuviel erhobenen Gaspreise an die Verbraucher zurück zu erstatten sind.
Der Kartellsenat des OLG Celle hat mit Beschluss vom 10.01.2008 diese Verfügung für rechtswidrig erklärt und aufgehoben, weil die marktbeherrschende Stellung des Versorgers nicht nachgewiesen sei.
Nunmehr hat der BGH mit Beschluss vom 10.12.2008 – KVR 2/08 in der Kartellverwaltungssache „Stadtwerke Uelzen“ entschieden, dass Ihre Verfügung rechtmäßig ist:
„GWB § 19 Abs. 1 - Der für die Beurteilung einer marktbeherrschenden Stellung eines Gasversorgers sachlich maßgebliche Markt ist kein einheitlicher Wärmeenergiemarkt, sondern der Markt für die leitungsgebundene Versorgung von Endkunden mit Gas. In räumlicher Hinsicht wird dieser Markt – solange keine Veränderung der bisherigen Wettbewerbsverhältnisse eintritt – durch das Versorgungsgebiet des örtlichen Anbieters bestimmt (im Anschluss an BGHZ 151, 274 – Fernwärme für Börnsen; BGHZ 176, 244 – Erdgassondervertrag).
… Für den Fall, dass das Beschwerdegericht bei seiner erneuten Prüfung einen Missbrauch feststellen sollte, weist der Senat darauf hin, dass nach § 32 Abs. 2 GWB keine grundsätzlichen Bedenken dagegen bestehen, im Rahmen einer Abstellungsverfügung auch Maßnahmen anzuordnen, die der Beseitigung einer geschehenen, aber noch gegenwärtigen Beeinträchtigung diene. Dazu gehört die Anordnung, durch das missbräuchliche Verhalten erwirtschaftete Vorteile zurückzuerstatten (vgl. Bornkamm in Langen/Bunte, Kartell-recht, 10. Aufl., § 32 GWB Rdn. 26).
BGH, Beschluss vom 10. Dezember 2008 – KVR 2/08 – OLG Celle“
Die Stadtwerke Uelzen haben dann durch eine Mitteilung vom 05.12.2008 – „im vorauseilenden Gehorsam“ – ihre Gaspreise zum 01.01.2009 um bis zu 30 Prozent gesenkt.
Gegenüber den Kunden wurde diese deutliche Preisreduzierung dann allerdings irreführend mit den fallenden Ölpreisen auf dem Weltmarkt begründet. Die so genannte „Ölpreisbindung“ besteht jedoch auf der Handelsebene zwischen Importeur bzw. Großhändler und Weiterverteiler Stadtwerke – wie bisher behauptet wurde – tatsächlich als „Gas-Heizöl-Preisbindung“ und nicht als „Gas-Rohöl-Preisbindung“.
Der Referenzpreis Heizöl ist jedoch in dem Vergleichszeitraum – wegen der großen Nachfrage – auch bei einer quartalsweisen Anpassung bei weitem nicht in dem Umfang gesunken, der eine derartige Preisreduzierung begründen würde. Hier zeigt sich einmal mehr die Unglaubwürdigkeit und Willkürlichkeit der Preisgestaltung mit der so genannten „Ölpreisbindung“.
Ihr Ministerium hat sich auf der Web-Seite u.a. wie folgt geäußert:
„…Eine starke Missbrauchsaufsicht ist eines der wichtigsten Instrumente zur Förderung von Transparenz und Wettbewerb auf dem Energiemarkt. Wir wollen den aufgeklärten Verbraucher….“
Ich bitte daher um Aufklärung.
Es stellt sich hier nun die Frage, ob die Stadtwerke Lingen GmbH mit gleichartiger Preisgestaltung wie die Stadtwerke Uelzen GmbH ebenfalls Ihrer Missbrauchskontrolle gem. § 29 GWB unterstellt wurde und was gegebenenfalls das Ergebnis einer Überprüfung ist?Die Stadtwerke Lingen GmbH hat - überraschend und ohne Einhaltung von Formen und Fristen (§ 5 GasGVV) - in einem PR-Artikel der regionalen Zeitung Lingener Tagespost vom 23.12.2008 mitgeteilt, dass ihre Gastarif-Kunden zusätzlich auf die bereits ab 01.01.2009 um 0,5 Cent/kWh netto gesenkten Gaspreise für den Zeitraum vom Januar bis März 2009 einen so genannten „Winter-Bonus“ in Höhe 0,4 Cent/kWh netto erhalten.
Ich bitte um Prüfung und entsprechende Mitteilung.
Mit freundlichen Grüßen
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Zitat:
Absender
Niedersächsisches Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr
- Landeskartellbehörde
EMail:
26.02.2009
Betreff Anfrage Gaspreise
Sehr geehrter ..,
vielen Dank für Ihre ausführliche Anfrage vom 17.02.2009 zu den Gaspreisen der Stadtwerke Lingen.
Die niedersächsische Landeskartellbehörde führt eine nachträgliche Missbrauchsaufsicht über alle Energieversorgungsunternehmen, die nur in Niedersachsen tätig sind.
Für in mehreren Bundesländern tätige Energieversorgungsunternehmen ist dagegen das Bundeskartellamt zuständig.
Die Stadtwerke Lingen fallen in meinen Zuständigkeitsbereich. Im Rahmen der nachträglichen Missbrauchsaufsicht führe ich regelmäßig Preisabfragen bei den niedersächsischen Gasversorgungsunternehmen durch.
Die Ergebnisse der Abfrage zum Stichtag 30.06.2008 können Sie im Internet einsehen (
http://www.mw.niedersachsen.de).
Die von Ihnen genannten Preisveränderungen konnten in die letzte Preisabfrage noch nicht mit einfließen, sie werden jedoch beim nächsten Stichtag berücksichtigt.
Außerhalb der regelmäßigen Preisabfragen bin ich selbstverständlich für Informationen zur Preisgestaltung der niedersächsischen Gasversorgungsunternehmen dankbar, um ggf. im Rahmen meines Aufgreifermessens kartellrechtliche Ermittlungen einzuleiten.
Ich bitte jedoch um Verständnis, dass ich im Einzelfall keine Aussagen zum Stand eventueller Ermittlungen treffen kann.
Mit freundlichen Grüßen
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