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Autor Thema: Die Lebenserfahrung von Bundesrichtern  (Gelesen 6704 mal)

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Offline marten

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Die Lebenserfahrung von Bundesrichtern
« am: 06. März 2008, 22:14:19 »
In diesem Link wurde von dem bei Energieverbrauchern allseits beliebten Richter Ball und seinen Kollegen vom VIII Zivilsenat des BGH ein Urteil gefällt indem in der Urteilsbegründung u.a. auf die Lebenserfahrung hingewiesen.

http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=pm&Datum=2008&Sort=3&Seite=1&nr=42847&linked=urt&Blank=1&file=dokument.pdf

Wo war die Lebenserfahrung der Richter beim Urteil vom 13.06.07 in dem sie u.a. von einem einheitlichen Wärmemarkt sprachen.
Gas konkurriert mit Heizöl oder mit anderen Energieträgern.

Wenn  Heizöl z.B. günstiger als Gas, dann kauf mir mal eben einen Heizöltank und eine neue Heizungsanlage, verschrotte meine bisherige Heizungsanlage (Gasbrennwerttechnik ), die ca. 1500 € Baukostenzuschuss schreibe ich auch ab usw.

Aufgrund der Lebenserfahrung der Richter vom VIII Zivilsenat sind diese wohl der Meinung der Verbraucher könnte alle paar Monate den Energieträger wechseln.


gruss

marten

Offline ESG-Rebell

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Die Lebenserfahrung von Bundesrichtern
« Antwort #1 am: 07. März 2008, 12:13:08 »
Zitat
Original von marten
Wo war die Lebenserfahrung der Richter beim Urteil vom 13.06.07 in dem sie u.a. von einem einheitlichen Wärmemarkt sprachen.
Gas konkurriert mit Heizöl oder mit anderen Energieträgern.

Wenn  Heizöl z.B. günstiger als Gas, dann kauf mir mal eben einen Heizöltank und eine neue Heizungsanlage, verschrotte meine bisherige Heizungsanlage (Gasbrennwerttechnik ), die ca. 1500 € Baukostenzuschuss schreibe ich auch ab usw.
Auch Ihr Kommentar gibt die Urteilsbegründung des BGH wieder einmal verkürzt und damit inhaltlich falsch wieder.

Der BGH hat genau das oben Gesagte nicht behauptet.
Vielmehr hat er bestätigt, dass Kunden aufgrund ihrer hohen Transaktionskosten eben nicht mal eben den Energieträger wechseln können.

Ein einheitlicher Wärmemarkt soll aber dadurch bestehen, dass Neu- und Altkunden alle zu demselben Tarif beliefert werden.
Werden Neukunden durch hohe Preise abgeschreckt, so profitieren folglich davon auch die Altkunden, die nicht wechseln können.

So weit - so logisch - so \"lebenserfahren\".

A B E R:
Dieser Wärmemarkt - so er denn besteht - ist weitgehend statisch.
Die Neukunden machen nur ca. 2% der Bestandskunden aus.
98% der Kunden können keinen Preisdruck auf ihren Versorger ausüben.
Pfeifft der Versorger auf ein gutes Neukundengeschäft, so muss er folglich ca. 2% Absatz- und Umsatzrückgang pro Jahr hinnehmen.
Und dies auch nur dann, wenn kein Kunde durch sonstige Zwänge zur Abnahme von Gas (z.B. Bauvorschriften zur leitungsgebundenen Energieversorgung) genötigt wird.

Die Preise dürften aber - vorsichtig geschätzt - schon längst 30% bis 50% überhöht sein.
Würde der Versorger Kampfpreise anbieten, um Neukunden zu gewinnen, so würde ihm dies entsprechend hohe Umsatzeinbußen einbringen.

Soweit zu Theorie und Praxis des Wärmemarkts.

Im Übrigen habe ich dieses Argument in der mündlichen Verhandlung auch zum ersten Mal gehört.
Die Wechselquote von nur 2% war mir damals auch noch nicht bekannt.
Ehrlicherweise muss ich zugeben, dass mir wohl genauso wenig wie Herrn Waldeyer-Hartz meine obige Erwiderung schon damals eingefallen wäre.

Gruss,
ESG-Rebell.

Offline marten

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Die Lebenserfahrung von Bundesrichtern
« Antwort #2 am: 07. März 2008, 14:45:06 »
@ESG-Rebell

Ihr Zitat:

Der BGH hat genau das oben Gesagte nicht behauptet.
Vielmehr hat er bestätigt, dass Kunden aufgrund ihrer hohen Transaktionskosten eben nicht mal eben den Energieträger wechseln können.

Ein einheitlicher Wärmemarkt soll aber dadurch bestehen, dass Neu- und Altkunden alle zu demselben Tarif beliefert werden.
Werden Neukunden durch hohe Preise abgeschreckt, so profitieren folglich davon auch die Altkunden, die nicht wechseln können\".


Der Sachverhalt den Sie hier schildern war mir schon bekannt.

Meine Aussage sollte auch nur untermauern wie unsinnig und lebensfremd  es ist von einem einheitlichen Wärmemarkt zu sprechen, deshalb bin ich auf diesem Punkt auch nicht eingegangen.

Wenn ich mich einmal für einen Energieträger entscheide, kann ich wegen der hohen Transaktionskosten praktisch nicht wechseln.

Wenn ich mich auf einen \"einheitlichen Wärmemarkt\" befinden würde, dann müsste ich als Bestandskunde nicht nur von einem Wettbewerb der Energieträger um Neukunden profitieren, der wie Sie selber aussagen weitgehend statisch ist, sondern wirklich ohne große Wechselkosten jederzeit die Wahl haben zwischen den Energieträgern.
Die Marktabgrenzung hat sich nach dem nachgefragten Gut zu richten, z.B. Gas oder Heizöl, nicht aber Gas und Heizöl u.a. ( Einheitlicher Wärmemarkt)

Deshalb kann es meiner Meinung zumindest für Bestandskunden auch keinen einheitlichen Wärmemarkt geben!

gruss

marten

 

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