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Autor Thema: Die Gaspreise der Stadtwerke sind rechtlich einwandfrei  (Gelesen 7240 mal)

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Offline wulfus

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Die Gaspreise der Stadtwerke sind rechtlich einwandfrei
« am: 03. März 2008, 11:23:15 »
Wie und wo informieren sich eigentlich Amtsrichter?
Was sagt ihr Lübecker zu diesem Urteil?
http://www.ln-online.de/artikel/2314514

Offline kamaraba

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Gruss aus der EnBW-Hauptstadt Karlsruhe
www.Faire-Energiepreise.de

Offline marten

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Die Gaspreise der Stadtwerke sind rechtlich einwandfrei
« Antwort #2 am: 03. März 2008, 15:44:41 »
Reicht jetzt schon eine grobe Plausibilitätkontrolle der Testate von \"unabhängigen Wirtschaftsprüfern\" um Recht zu sprechen!
Warum wird die Möglichkeit einer Berufung strikt abgelehnt?
In anderen Prozessen gegen die Energieversorger muss sich der Verbraucher bei einem Erfolg durch die Instanzen kämpfen und hier ist schon nach der ersten Instanz Schluß.
Wieso spricht das Gericht davon, das der Tarif frei vereinbart sein soll?
Nach dem Wortlaut des Urteil schließe ich, das der Kunde Grundversorgungskunde ist.
Wenn der Preis der Billigkeitskontrolle unterliegt, so handelt es sich doch um einseitige Preisfestsetzungen der Versorgers.
Das Urteil gilt jetzt zwar erstmal nur für den klagenden Kunden, welche Chancen bestehen jetzt noch für andere Kunden der Stadtwerke Lübeck die die Billigkeit nach § 315 angezweifelt haben?

gruss

marten

Offline RR-E-ft

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Die Gaspreise der Stadtwerke sind rechtlich einwandfrei
« Antwort #3 am: 03. März 2008, 20:27:02 »
@marten

Für andere Kunden der Stadtwerke Lübeck bestehen noch alle Chancen, weil das Urteil für diese gar nicht bindend ist, jeder Fall nach dem eigenen Vortrag/  Bestreiten etc. pp. zu entscheiden ist.

Offline marten

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Die Gaspreise der Stadtwerke sind rechtlich einwandfrei
« Antwort #4 am: 03. März 2008, 22:22:05 »
Zitat
Original von RR-E-ft

Für andere Kunden der Stadtwerke Lübeck bestehen noch alle Chancen, weil das Urteil für diese gar nicht bindend ist, jeder Fall nach dem eigenen Vortrag/  Bestreiten etc. pp. zu entscheiden ist.

Auch vor dem Amtsgericht Lübeck?

Wie soll die Unbilligkeit bewiesen werden wenn die gesamte Kalkulation gar nicht offengelegt werden braucht?
bzw. wenn das Gericht die Billigkeit feststellt indem nur eine grobe Plausibilitätskontrolle der eingereichten Testate, Unterlagen durchgeführt wird?

Aber vielleicht besteht ja die Möglichkeit, das man seinen Fall vor dem zuständigen Landgericht verhandeln kann und dieses eine gründlichere Prüfung durchführt.

gruss

marten

Offline RR-E-ft

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Die Gaspreise der Stadtwerke sind rechtlich einwandfrei
« Antwort #5 am: 04. März 2008, 00:36:03 »
@marten

Wer auf Rückzahlung klagt, muss ggf. die Unbilligkeit beweisen, wenn feststeht, dass ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht überhaupt bestand.... Wer kürzt und sich verklagen lässt, muss - wenn überhaupt ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht besteht - die Unbilligkeit gerade nicht nachweisen, sondern zunächst nur die Unbilligkeit rügen. Der Versorger muss vielmehr in diesem Fall die Billigkeit seiner einseitigen Leistungsbetimmung darlegen und ggf. beweisen. Das ist ein ganz gehöriger Unterschied. Jenachdem wie der beklagte Kunde seine Verteidigung einstellt, ist das Amtsgericht zudem sachlich gar nicht zuständig. Und möglicherweise ergeben sich ja neue Aspekte nach der mündlichen Verhandlung des Kartellsenats des BGH  am 04.03.2008 um 10.00 Uhr.

Warum das Amtsgericht Lübeck - besser gesagt ein einzelner Amtsrichter -  nach seinem weisen Ratsschluss so entschieden hat und nicht anders, lässt sich nicht sagen. Man sollte gerade wenn man selbst klagt, schon darauf achten, dass das Urteil berufungsfähig ist. Das lässt sich zum Beispiel durch eine Streitgenosschenschaft erreichen, welche zu einem höheren Streitwert führt. Wo die Berufungssumme nicht erreicht wird, läuft man Gefahr, dass eine Rechtsmittel nicht gegeben ist und ein Amtsrichter, dem dies bewusst ist, eine schnelle Entscheidung trifft, die dem einzelnen nicht nachvollziehbar erscheint.

Aus dem Urteil selbst geht nicht hervor, ob nicht etwa das Gericht ein Sachverständigengutachten eingeholt und sich dabei der genannten Prüfungsgesellschaft bedient hatte:

Zitat
Die Prüfung durch die AGN Treuconsult GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hat ergeben, dass lediglich Bezugskostenerhöhungen an die Endverbraucher weitergegeben wurden.

Dies kann sonst allenfalls dann zutreffend im Urteil stehen, wenn es sich dabei um einen unbestrittenen Vortrag des beklagten Versorgers handelte. Im Falle des Nichtbestreitens einer solchen Tatsache (eigentlich Hilfstatsache) braucht und darf das Gericht den Sachverhalt nicht von selbst weiter prüfen (§ 138 ZPO).

Im Übrigen würde es sich um einen Verstoß gegen den zivilprozessualen Grundsatz der Beweisunmittelbarkeit und mithin des rechtlichen Gehörs handeln, wie Bundesgerichtshof und das Bundesverfassungsgericht in früheren Entscheidungen festgestellt hatten. Hatten die Verbraucher eine Prüfung durch ein Parteigutachten und deren Ergebnis bestritten, so hätte das Gericht selbst ein Sachverständigengutachten einholen müssen, wenn zuvor hinreichende Anknüpfungstatsachen vorgetragen waren, die einem solchen Beweis zugänglich waren.

Offline marten

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Die Gaspreise der Stadtwerke sind rechtlich einwandfrei
« Antwort #6 am: 04. März 2008, 00:59:58 »
Zitat
Original von RR-E-ft

Wer auf Rückzahlung klagt, muss ggf. die Unbilligkeit beweisen, wenn feststeht, dass ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht überhaupt bestand.... Wer kürzt und sich verklagen lässt, muss - wenn überhaupt ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht besteht - die Unbilligkeit gerade nicht nachweisen, sondern zunächst nur die Unbilligkeit rügen. Der Versorger muss vielmehr in diesem Fall die Billigkeit seiner einseitigen Leistungsbetimmung darlegen und ggf. beweisen. Das ist ein ganz gehöriger Unterschied.

Jenachdem wie der beklagte Kunde seine Verteidigung einstellt, ist das Amtsgericht zudem sachlich gar nicht zuständig. Und möglicherweise ergeben sich ja neue Aspekte nach der mündlichen Verhandlung des Kartellsenats des BGH  am 04.03.2008 um 10.00 Uhr.


Kurz zusammengefasst:

Man verbessert seine Chancen nicht unerheblich vor Gericht wenn man seine Energierechnung gleich kürzt und möglicherweise vom Energieversorger verklagt wird, als unter Vorbehalt zu zahlen und dann den Versorger auf Rückzahlung zu verklagen.

Dann drücken wir heute alle mal die Daumen, das die mündliche Verhandlung vom dem Kartellsenat positiv für den Verbraucher ausgeht.

gruss

marten

Offline RR-E-ft

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Die Gaspreise der Stadtwerke sind rechtlich einwandfrei
« Antwort #7 am: 04. März 2008, 01:03:43 »
@marten

Erst unter Vorbehalt vollständig zu zahlen um danach aufwendig (Prozesskostenvorschuss) auf Rückzahlung zu klagen, erscheint schlichtweg dumm.

Nun ist nicht nur das Geld \"weg\", sondern man hatte auch noch \"mit dem Schinken nach der Wurst geworfen\".

Glücklich ist, wer vergisst, was nicht mehr zu ändern ist.

 

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