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Autor Thema: Rückforderung über drei Jahre hinaus  (Gelesen 3617 mal)

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Offline berghaus

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Rückforderung über drei Jahre hinaus
« am: 18. Februar 2008, 16:12:04 »
@RR-E-ft

in Ihrem Beitrag vom 03.04.2007 in Grundsatzfragen/Sondervertragskunden stützen Sie m.E. die Ansicht von Kampfzwerg, dass sich bei Sonderverträgen mit unwirksamen Preisklauseln \'Rückforderungen durchaus auf einen lange zurückliegenden Zeitraum erstrecken können\' mit folgenden Worten:

Zitat
Nur die Richtung weisend:
Gibt es einen Rückforderungsanspruch, könnte sich der Versorger ggf. auf Verjährung berufen.
Dafür ist Voraussetzung, dass die Verjährung überhaupt zu laufen begann.
Das kann auch von der positiven Kenntnis des Gläubigers abhängen, also desjenigen, der Rückforderungsansprüche geltend macht (Kunde), dass es solche gibt.
Der Versorger müsste deshalb ggf. den Zeitpunkt beweisen, ab dem der Kunde positive Kenntnis darüber hatte.
Bei Berufung auf § 814 BGB muss der Versorger auf Bestreiten des Kunden beweisen, dass der Kunde im Zeitpunkt der Zahlung auf eine Nichtschuld positive Kenntnis darüber hatte, dass er auf eine Nichtschuld leistet....
Immer an den Seitenwechsel bei Betrachtung der Verjährung und § 814 BGB denken und immer schön beweglich bleiben.

In Ihrem Beitrag vom 21.01.08 in Grundsatzfragen/Unbedingt 3 Jahre alte Preise ansetzen schreiben Sie jedoch:

Zitat
Nach dem Urteil des LG Dortmund vom 18.01.2008 soll man alle aufgrund unwirksamer Preiserhöhungen zuviel bezahlten Beträge zurückfordern können, wobei der Rückforderungsanspruch grundsätzlich der dreijährigen Verjährung unterliegt (so schon BGH, Urt. v. 05.02.2003 - VIII ZR 111/02).

und erwecken hier den Eindruck, dass die dreijährige Verjährungsfrist eben grundsätzlich gilt.
(In dem Dortmunder Urteil habe ich allerdings nichts über Verjährung gefunden und der letzte Satz des BGH Urteils vom 05.02.2003 lautet:
\'3. Da sonach die geltend gemachten Bereicherungsansprüche des Klägers nicht begründet sind, kommt es nicht mehr darauf an, ob die Ansprüche für die Zeit vom 01.01.990 bis 31.12.95 bereits gemäß § 197 BGB a.F. verjährt sind.\')

In einer Versammlung der Gaspreisrebellen vor ein paar Tagen vertrat der dort anwesende Rechtsanwalt auch die Ansicht, dass auch bei Sonderkunden mit Verträgen mit unwirksamer Preisklausel (und Kenntnis erst jetzt)  auf jeden Fall die dreijährige Verjährungfrist greife. Begründung: der Gesetzgeber habe alsbaldigen Rechtsfrieden gewollt.

Ich bin aber noch nicht ganz überzeugt, dass für die Zeit vor 2005 nichts mehr zu holen ist. Ich habe hierzu auch im Forum und im Internet nichts eindeutiges gefunden. Gibts aber vielleicht.

Hier meine Frage zu § 199 BGB:

Wann entsteht bei Überzahlungen in den Jahren 1985 - 2004 der (Rückforderungs)anspruch?
- In jedem Jahr, wenn die zu hohe Rechnung kommt? oder erst,
- wenn ich im Jahr 2008 die Rückforderung geltend mache?

Beim \'googeln\' habe ich folgenden Satz gefunden.
Zitat
Ein Anspruch ist danach entstanden, sobald er erstmals geltend gemacht und notfalls im Wege der Klage durchgesetzt werden kann, was grundsätzlich voraussetzt, dass der Anspruch auch fällig ist (BGHZ 53,22,225; BGHZ 55,m 340,341; BGHZ 113, 188, 193).

Es scheint es auch egal zu sein, wann der Anspruch entstanden ist, weil die Verjährungsfrist erst zu laufen begint, wenn der Gläubiger Kenntnis erlangt hat.   (und steht da)

§ 199Abs. 4 sagt dann aber:

 \'Andere als Schadenersatzansprüche verjähren ohne Kenntnis ... in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.\'

Dann könnte man wenigstens für 10 Jahre etwas zurückfordern.

Oder habe ich jetzt alles durcheinandergebracht?

berghaus

Offline Christian Guhl

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Rückforderung über drei Jahre hinaus
« Antwort #1 am: 18. Februar 2008, 17:40:02 »
@berghaus
Also, so wie ich es bisher verstanden habe, beginnt bei Sondervertragskunden die Verjährungsfrist zu laufen, wenn man Kenntnis von der Ungültigkeit der Preisanpassungsklausel erhält. Und das kann ja frühestens dann sein, wenn ein Gericht die Klausel kippt. Vorher habe die Ungültigkeit nur vermutet und vorsichtshalber die entsprechenden Beträge einbehalten.

Offline RR-E-ft

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Rückforderung über drei Jahre hinaus
« Antwort #2 am: 18. Februar 2008, 20:19:41 »
Der Rückforderungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 BGB) entsteht in dem Moment, wo etwas (zumeist Geld) ohne Rechtsgrund an einen anderen geleistet wird. Es ist also unsinnig, dass der Anspruch erst dann entsteht, wenn es einem gerade in den Sinn kommt.

Unter einer Leistung versteht man dabei die bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens. Der bereicherungsrechtliche Anspruch entsteht jedenfalls nicht, bevor man selbst etwas rechtsgrundlos gezahlt hat. Allein dadurch, dass man eine Rechnung bekommen hat, kann der Anspruch also nicht entstehen. Überhöhte Rechnungen sind also keine Wertpapiere. Er ist gem. § 814 BGB ausgeschlossen, wenn man im Zeitpunkt der Leistung Kenntnis von der Nichtschuld hatte. Dieser bereicherungsrechtliche Anspruch unterliegt - wie jeder Anspruch - der Verjährung, vorliegend der regelmäßigen Verjährung. Stützt man den Anspruch auf culpa in contrahendo wegen Verwendung unzulässiger AGB, gelten wieder Besonderheiten.

Wer es ganz genau wissen will, buche einen Kurs in der Volkshochschule. ;)

Offline Zottel

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Rückforderung über drei Jahre hinaus
« Antwort #3 am: 18. Februar 2008, 22:10:57 »
Zitat
Original von RR-E-ft
......................................
Wer es ganz genau wissen will, buche einen Kurs in der Volkshochschule. ;)

oder lasse seinen Vertrag durch einen Anwalt (z.B. des BdE) pruefen.
 ;) ;)

Offline berghaus

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Rückforderung über drei Jahre hinaus
« Antwort #4 am: 18. Februar 2008, 23:52:02 »
@ RR-E-ft
Vielen Dank für die Vorbereitung auf den Kurs in der Volkshochschule.
Der nächste Kurs ‚Fragen von Gaspreisrebellen zum Schuldrecht’ ist aber frühestens im Herbst.
Es wäre doch schade, wenn der Versorger sich weiter mit Verzugszinsen bereichern könnte.

Deshalb noch mal die Frage:
Wenn ich Sie richtig verstanden habe, ist z.B. die Überzahlung im Mai 2000 Ende 2003 (regelmäßig) verjährt.
(Unregelmäßigkeiten wie ‚culpa in contrahendo’ klärt im Einzelfall natürlich der Anwalt.)
Warum spielt dann die 2008 gewonnene (Er)kenntnis oder wie Christian Guhl meint, erst ab Gerichtsentscheid, hier keine Rolle?

@ Christian Guhl
Vielen Dank, dass sich auch noch jemand anders äußert.
Ich weiß nicht, ob RR-E-ft Dir mit seinem  Beitrag widersprochen hat.
Vielleicht hast Du mir aber den richtigen Denkanstoss gegeben!
Also, ich versuchs noch mal selbst: Der ‚bereicherungsrechtliche Anspruch’ verjährt jahrelang regelmäßig am Ende des dritten Jahres nach dem Jahr, in dem man, ohne es zu wissen, gutgläubig zu viel bezahlt hat.
In dem Moment, wo man erfährt (oder nach C. Guhl ein Gericht das endgültig festgestellt hat), dass man jahrelang zu viel gezahlt hat, kann man noch für die noch nicht verjährten 3 Jahre Rückforderungen stellen. (Natürlich mit Anwalt und mit Fristsetzung wegen der Verzugszinsen).
Jetzt braucht RR-E-ft nur noch sagen –genau so!-  ohne auf Ungereimtheiten in der mangelhaften juristischen Ausdrucksweise herumzuhacken, dann können wir uns mal auf die Rückforderung für die letzten drei Jahre konzentrieren.

Die Reduzierung der Abschläge unter Berücksichtigung des Anfangspreises habe ich jetzt schon vorgenommen.
Wenn ich bei einem Verbrauch von 35.000 kWh/Jahr den Anfangspreis meines Vertrages zugrunde lege und aufrechnen dürfte, (was ja noch umstritten ist), dürfte ich bei den derzeitigen Preisen 8 Jahre lang nichts (0) zahlen, um nur die Überzahlung der letzten drei Jahre heraus zu bekommen. Solange, fürchte ich, wird der Vertrag nicht halten. Also muss ich wohl bald klagen.
berghaus

Offline RR-E-ft

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Rückforderung über drei Jahre hinaus
« Antwort #5 am: 19. Februar 2008, 01:02:58 »
@berghaus

Wer sich mit dem Gedanken trägt, (anwaltlich vertreten) Rückforderungsansprüche geltend zu machen, weil er meint, etwaig rechtsgrundlose Zahlungen geleistet zu haben, der wende sich mit einem solchen Ansinnen tunlichst zeitnah an einen  Rechtsanwalt, der das Bestehen solcher Ansprüche vor der gerichtlichen Geltendmachung umfassend zu prüfen hat. Es wäre also vertane Zeit, erst selbst einen \"Volkshochschulkurs\" zu belegen, um danach einen Anwalt mit der Prüfung zu beauftragen.

Anders gewendet:

Wer eine weite Reise mit dem Zug vorhat (z.B. Transsib bis Wladiwostok) erwägt deshalb wohl auch nicht erst, zuvor eine Grundausbildung als Lokführer zu absolvieren. Bis die Ausbildung beendet ist, ist womöglich nicht nur der Zug schon abgefahren, sondern auch die Strecke schon stillgelegt.

Offline berghaus

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Rückforderung über drei Jahre hinaus
« Antwort #6 am: 19. Februar 2008, 02:05:49 »
@ RR-E-ft

Herzlichen Glückwunsch zum 8.400sten Beitrag.
 
berghaus

 

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