Ein nicht abgedruckter Leserbrief an die Lingener Tagepost:
Lingener Tagespost
Redaktion
Schlachterstraße 6 – 8
49808 Lingen (Ems)
23.11.2007
Leserbrief
Lingener Tagespost vom 15.11.2007 „Strom und Gas werden teurer“
Stadtwerke Lingen GmbH, Gaspreis ab 01.01.2008
Sehr geehrte Damen und Herren der Redaktion,
die gesetzliche Grundlage des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG 2005) gilt auf allen Handelsstufen:
„§ 1 (1) Zweck des Gesetzes ist eine möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente und umweltverträgliche leitungsgebundene Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität und Gas.
§ 2 (1) Energieversorgungsunternehmen sind im Rahmen der Vorschriften dieses Gesetzes zu einer Versorgung im Rahmen des § 1 dieses Gesetzes verpflichtet.“
Gesellschaftsvertrag der Stadtwerke Lingen GmbH:
§ 7 (6) „…Die von der Stadt Lingen (Ems) entsandten Aufsichtsratsmitglieder sind an die Weisungen des Rates der Stadt gebunden…
§ 9 (2) …Geschäftsführung bedarf …der Zustimmung des Aufsichtsrates: a) Festsetzung und Änderung der allgemeinen Tarifpreise …“ Ein Aufsichtsrat, der in seinen Aufgaben behindert wird, könnte sein Amt niederlegen.
Das Amtsgericht Lingen hat in drei Urteilen (13.11.2006, 19.09.2007 und 04.10.2007 – nachzulesen auf den Web-Seiten
http://www.rcka.de und
http://www.energieverbraucher.de ) von der Stadtwerke Lingen GmbH Transparenz durch Offenlegung der Kalkulationsgrundlagen gefordert: „…wenn die Preiserhöhung allein mit den höheren Bezugskosten begründet wird. …offen, ob sich für die Versorgerin Einsparungen in anderen Bereichen ergeben haben. …nicht aber die Einsparungen weiter gegeben werden. …der gesamte Preis zur Überprüfung steht…“
Auf der Web-Seite der Stadtwerke Lingen ist zur Tariffestsetzung ab 01.01.2008 folgende Preisstruktur erkennbar:
Arbeitspreis: Vertrieb 3,498 + Netznutzung 0,468 + Konzessionsabgabe 0,270 + Erdgassteuer 0,550 = 4,786 Cent pro Kilowattstunde (kWh);
Grundpreis: Vertrieb 92,69 + Netznutzung 19,10 + Messung 13,64 + Abrechnung 12,57 = 138,00 Euro pro Jahr.
Nur der Vertriebskostenanteil des Arbeitspreises wurde zum 01.01.2008 um 0,330 Cent/kWh erhöht.
Preisbestandteile, die die Stadtwerke Lingen nicht bestimmen können, bleiben unverändert.
Die von der Stadtwerke Lingen GmbH bestimmte (§ 5 GasGVV) und zu vertretende Tariffestsetzung des Arbeitspreises beträgt daher 10,42 Prozent im Verhältnis zum Tarif vom 01.04.2007.
Der Grundpreis ist in Bezug auf den Vertriebskostennteil fragwürdig. Nicht alle Verwaltungskosten der Stadtwerke Lingen sind von den Kunden „Strom, Gas, Wasser“ zu tragen, z.B. Wirtschaftsbetriebe Lingen, Bauhof.
Die Bundesnetzagentur hat die Netzentgelte der Stadtwerke Lingen ab 01.05.2007 deutlich gesenkt. Dieser Beschluss (BK9-06/203) war sofort anzuwenden.
Die von den Stadtwerken Lingen begründete Erhöhung des Gaspreises hat so wenig mit dem Heizölpreis zu tun wie der Kartoffelpreis mit dem Brotpreis. Die bisherige Anpassungsregel 3/1/3 funktioniert wegen der Gasversorgungsverordnung ab 01.4.2007 ohnehin nicht mehr, weil die Versorger eine Tarifänderung mindestens 6 Wochen vor Wirksamkeit den Kunden mitteilen müssen, und zwar dreifach (§ 5 GasGVV): Bekanntmachung in der Zeitung, schriftlich als Brief und auf der Internetseite des Versorgers.
Der Referenzpreis \"Leichtes Heizöl 40-50 hl Deutschland\", den die Stadtwerke Lingen zugrunde legen veränderte sich wie folgt (Quelle: DESTATIS - Statistisches Bundesamt): Monat April bis September 2006 Durchschnitt 314,84 / 6 = 52,47 €/hl; Monat April bis September 2007 Durchschnitt 296,49 / 6 = 49,42 €/hl. Das entspricht einer Minderung in Höhe von 5,8 Prozent.
Von der Aussage der Geschäftführung der Stadtwerke Lingen in der Lingener Tagepost vom 15.11.2007: \"...exorbitant gestiegenen Preise für das leichte Heizöl\" kann also gar keine Rede sein.
Die eigentliche Grundlage für die Bezugskosten bilden die Gas-Importpreise. Der Endverbraucherpreis dürfte sich daher nur so verändern, wie der Gas-Importpreis, abgesehen von den Netzkosten, der Mehrwertstuer und dem Brennwert. Es besteht also ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den Gas-Importpreisen und den Haushaltskundenpreisen.
Der Gas-Importpreis (Quelle: BAFA - Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle) ist seit April 2007 gegenüber 2006 erheblich gesunken: April -8,7; Mai -13,0; Juni -11,7; Juli -11,0; August -11,7; September -9,8 Prozent.
Warum und wie hoch die Bezugskosten der Stadtwerke Lingen gestiegen sind, ist also darlegungs- und nachweisbedürftig.
Mit freundlichen Grüßen Anlagen