Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
Verpflichtung zur möglichst preisgünstigen Gasversorgung gemäß §§ 1, 2 Abs. 1 EnwG - Urteile?
Wusel:
Hallo,
gibt es eigentlich bezüglich der Verpflichtung eines Versorgers zur möglichst preisgünstigen Gasversorgung gemäß §§ 1, 2 Abs. 1 EnwG schon Urteile?
Ich meine damit Urteile, die allein wegen Verstoß gegen diese Verpflichtung Gaspreise eines Versorgers and Endkunden für unwirksam erklärt haben?
Dies dürfte für die Fälle interessant sein, in denen die Preisgestaltung eines Versorgers tatsächlich nachweislich der Billigkeit nach §315 entsprechen würden. Denn über §315 kommt man ja als Endkunde an die richtige Vorlieferantenauswahl und Vertragsgestaltung nicht heran.
Gruß
Wusel
RR-E-ft:
@Wusel
Was ist los?
Es gibt in der Urteilessammlung mehrere Urteile, wonach der Gaslieferant die Billigkeit seiner einseitig festgesetzten Entgelte nicht nachgewiesen hatte und deshalb die Zahlungsklage abgewiesen bzw. die negative Feststellungsklage der Kunden zugesprochen wurde, vgl. LG Duisburg vom 10.05.07, LG Hannover vom 19.04.07; AG Gotha vom 09.11.07,.....
Pelikan:
moin moin,
@RR-E-ft
Alles was nicht fest ist! ;-)
Wusels Frage kann ich durchaus verstehen, als Beispiel 41C310/05 AG HRO
Importpreis 2005: 1,613ct/kWh
Bezugspreis Stadtwerke: 2,880ct/kWh
Importpreis 2006: 2,134ct/kWh
Bezugspreis Stadtwerke: 3,802ct/kWh
Der Importpreis hat sich um 0,512ct erhöht, der Bezugspreis um 0,922ct.
Der Lieferant VNG ist gleichzeitig mit 12,55% an den Stadtwerken beteiligt.
Das legt den Verdacht eines ungünstigen Preises nahe.
Mit Gruß vom
Pelikan
RR-E-ft:
@Pelikan
Wenn, so stellt man auf die Großhandelspreise für Erdgas ab, wie sie im Monitoringebericht der Bundesnetzagentur auf Seite 155 ff. dargestellt sind. Diese spielen aber nur für die Bezugskosten und somit nur für einen Teil der Preiskalkulation eine Rolle.
Etwaig gestiegene Bezugskosten können durch rückläufige Kosten in anderen Bereichen, bei anderen preisbildenden Faktoren vollständig ausgeglichen sein. Dies lässt sich nur beurteilen, wenn die gesamte Preiskalkulation offen gelegt wird, so wie es der BGH auch für die Wirksamkeit von Preisanpassungsklauseln innerhalb Allgemeiner Geschäftsbedingungen verlangt.
Auch alle übrigen preisbildenden Faktoren müssen grundsätzlich dem das gesamte Energierecht beherrschenden Grundsatz der Preisgünstigkeit entsprechen, vgl. etwa LG Gera, Beschluss vom 08.11.06.
Dies alles spielt aber überhaupt nur da eine Rolle, wo entweder bei Vertragsabschluss ausdrücklich ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht gem. § 315 Abs. 1 BGB vereinbart wurde oder wo sich ein solches aus dem Gesetz ergibt und deshalb § 315 Abs. 3 BGB unmittelbare Anwendung findet.
Weil die Bezugs-, Absatz- und Netzstruktur bei den einzelnen Versorgern deutlich von einander abweichen, müssen demnach auch die der Billigkeit entsprechenden einseitigen Entgeltbestimmungen unterschiedlich sein, so dass es keine der Billigkeit entsprechende einseitig festgesetzte Entgeltbestimmung geben kann, die quasi für alle Unternehmen gleichermaßen gilt.
Das Ergebnis ist grundsätzlich bei jedem Unternehmen anders, weil sich ja auch die Kosten bei den einzelnen Unternehmen vollkommen unterschiedlich entwickeln.
Und deshalb ist es auch vollkommen unwichtig, was bei einem anderen Versorger der Billigkeit entspricht, so dass sich kein der Billigkeit entsprechendes Entgelt auf andere Unternehmen übertragen lässt (vgl. schon Held, NZM 2004, 164 ff. m.w.N.).
Wer also meint, ein Gericht würde ein für alle Gasversorger gleichermaßen geltendes, der Billigleit entsprechendes Entgelt für Gaslieferungen ermitteln, der hat die Sache entweder nicht verstanden oder ist deutlich schief gewickelt. ;)
Schließlich müssen sich auch die einseitig festgesetzten Entgelte eines Lieferanten für verschiedene Abnahmefälle (Jahresverbrauch 1.000 kWh, 5.000 kWh, 30.000 kWh ...) voneinender unterscheiden, weil den einzelnen preisbildenden Faktoren bei der Gesamtpreiskalkulation jeweils eine andere Gewichtung zukommt. Man denke dabei nur an die Konzessionsabgaben.
Irgendwie scheinen hier einige, wuselig zu sein. ;)
P.S.
Zu einem schlecht ausgehandelten Bezugsvertrag gehören immer zwei. Aus der Sicht des einen Vertragsteils mag der Vertrag schlecht sein, aus der Sicht des anderen Vertragsteils hingegen günstig. Schließlich versucht man sich beim Vertragsabschluss im Wettbewerb egoistisch gegenseitig über den Tisch zu ziehen. Regelmäßig ist ein Vertragsteil dabei etwas stärker und zieht entsprechend stärker.
Schon Preisbindungs- und Ausschließlichkeitsbezugsvereinbarungen (HEL- Bindung bei Gas) stellen ein Kartell dar.
Wusel:
Vielleicht ist meine Frage nicht richtig rübergekommen. Es ging mir nicht um die Billigkeit der lokalen Versorger für sich genommen.
Es ging mir hier ausschließlich um die Angemessenheit der Preise der Vorlieferanten an den lokalen Versorger. An diese Vorlieferantenpreise kommt man ja nur über die Verpflichtung eines Versorgers zur möglichst preisgünstigen Gasversorgung gemäß §§ 1, 2 Abs. 1 EnwG heran.
Um es mal vereinfacht auszudrücken:
Ist ein Versorger schon einmal wegen Unbilligkeit verurteilt worden, nur weil er als Versorger (natürlich unter Berücksichtigung der lokalen Gegebenheiten) zu hohe Preise bzw. Preiserhöhungen vom Vorlieferanten einfach so ungeprüft akzeptiert und an den Endkunden weitergegeben hat oder weil er bei seiner Lieferantenauswahl den teureren Anbieter gewählt hat, wo ein preisgünstigerer verfügbar gewesen wäre etc., also unter Berufung auf §§ 1, 2 Abs. 1 EnwG?
In diese Richtung ging meine Frage.
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