Energiepreis-Protest > Infra Fürth

Preiserhöhung in der Mindestlaufzeit sittenwidrig?

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ChrSchn:
Hallo,

es geht zwar um einen konkreten Anbieter (infra fürth), aber ich denke, die Sache ist generalisierbar.

Wir haben zum 1.9.07 in einen Öko-Strom-Tarif gewechselt. Dieser hat einen Mindestlaufzeit von einem Jahr (also bis 31.8.08 ).

Nun hat unser Versorger eine Preissteigerung zum 1.1.08 angekündigt.

Nun stellt sich mir die Frage, weshalb der Anbieter dies innerhalb der Mindestlaufzeit so einfach tun kann, schließlich haben beide Seiten einen Vertrag geschlossen, in dem die Entgelte ja der vornehmlichsten Vertragsbestandteile sind.
In den AGB ist zwar die Klausel enthalten, dass der Versorger jederzeit die Preise anpassen dürfe, dem Kunden allerdings in diesem Fall ein Sonderkündigungsrecht zubilligt...

Ich würde nun gerne wissen, ob es nicht sittenwidrig ist, dass dem \"starken\" Vertragspartner, dem EVU, zugestanden werden kann ohne Rücksicht auf die geschlossenen Verträge und die darin akzeptierten Tarife, die Preise zu erhöhen. Dem \"schwachen\" Partner, dem Verbraucher, aber zugemutet wird, innerhalb der Mindestlaufzeit nichts am Vertrag zu ändern.
Einen wichtigen Grund sehe ich außerdem in Preiserhöhungen nicht. Wer, wenn nicht das EVU, sollte in der Lage sein, Tarife und Preise für ein Jahr im Voraus zu kalkulieren? Dem Verbraucher ist dies aus meiner Sicht nicht zumutbar.

Müsste nicht vielmehr gelten: Pacta sund servanda. Also der einmal geschlossene Vertrag muss eingehaltenb werden, es sei denn beide Vertragsparteien einigen sich auf eine einvernehmliche Änderung oder Auflösung.
Eine Mindestlaufzeit soll ja gerade beiden Vertragspartnern dazu dienen, für diese Zeit Sicherheit in Bezug auf die zu gewährenden Leistungen und die dafür zu entrichtenden Entgelte zu gewinnen. Wenn nun aber einer der beiden Parteien, den anderen insoweit übervorteilen kann, als dass er \"ohne Weiteres\" aus diesem Vertragsverhältnis ausbrechen kann - mithin vertragsbrüchig wird, und das sogar ohne Konsequenzen - würde ich das als sittenwidrig bzw. einen Verstoß gegen Treu und Glauben beurteilen. Schließlich ist es dem Verbraucher innerhalb der Mindestlaufzeit auch verwehrt im Falle von Marktänderungen (das Strompreisniveau könnte ja auch sinken und dann kann ich als Verbraucher ja auch nicht einfach innerhalb der Mindestlaufzeit den Versorger wechseln) darauf zu reagieren...

Gibt es hierzu evtl. schon Urteile?

Vielen Dank

eislud:
@ChrSchn
Eine Mindestvertragslaufzeit in einem Vertrag ist nicht das Gleiche wie ein Festpreisvertrag, bei dem bis zu einem bestimmten Zeitpunkt ein fester Preis zwischen den Vertragsparteien vereinbart wird. Bei der Mindestvertragslaufzeit geht es meines Erachtens auch weniger um die Schaffung von Sicherheit in Bezug auf die zu gewährenden Leistungen, anderes als bei einem Festpreisvertrag. Über eine Mindestvertragslaufzeit soll meines Erachtens üblicherweise dem Aufwand rechnung getragen werden, den der Versorger mit der Integration des neuen Kunden hat.

Natürlich muß auch hier gelten, dass Verträge einzuhalten sind. Für die Preisanpassung ist deshalb ja auch eine Preisanpassungsklausel in den AGB vorgesehen.

Ich würde also vermuten, dass in diesem Zusammenhang die Berufung auf Treu und Glauben nicht helfen wird.


Eine Preisanpassungsklausel ist jedoch regelmäßig unwirksam, weil sie der Inhaltskontrolle des BGB nicht standhält. Ohne wirksame Preisanpassungsklausel kann der Versorger dann aber schon nicht die Preise anheben. Damit wärst Du dann gegebenenfalls im Kreise der Widersprüchler gelandet.

Zu unwirksamen Preisanpassungsklauseln gibt es beispielsweise hier und hier Urteile und Informationen.

Grundsätzliche Informationen zum Widerspruch gegen die Preise der Versorger gibt es dann bei den Grundsatzfragen, insbesondere in den mit wichtig gekennzeichneten Beiträgen ganz oben.
 
Sofern Du Sondervertragskunde bist, wovon ich ausgehe, gibt es hier auch eine ausführliche Argumentationshilfe.

Gruss eislud

ChrSchn:

--- Zitat ---Original von eislud
Natürlich muß auch hier gelten, dass Verträge einzuhalten sind. Für die Preisanpassung ist deshalb ja auch eine Preisanpassungsklausel in den AGB vorgesehen.

Ich würde also vermuten, dass in diesem Zusammenhang die Berufung auf Treu und Glauben nicht helfen wird.

--- Ende Zitat ---
Erst mal danke für die Antwort.

Mir geht es auch weniger um Treu und Glauben sondern eher um die Sittenwidrigkeit.
Schließlich bin ich als Endkunde während der Mindestlaufzeit an den Vertrag gebunden, wohingegen der Anbieter jederzeit und ohne weitere bergündung den Strompreis ändern können soll. Das ist eine unbotmäßige Benachteiligung für mich - jedenfalls würde ich das so beurteilen.
Ich soll als schwächere Part gebunden sein, wohingegen der EVU als stärkerer Part sich jederzeit das Herausnehmen dürfen soll, ws ihm passt?! Dann bestehe ich wenigstens aufd er Einhaltung der einjährigen Vertragslaufzeit.

In den Allgemeinen Bedingungen heißt es:
5. Stromentgelt, Steuern und Preisänderung
Die Kundin/Der Kunde vergütet der infra fürth gmbh ein Stromentgelt, das sich aus einem Grundpreis und einem verbrauchsabhängigen Arbeitsentgelt zusammensetzt. Die Bruttopreise beinhalten Energie, Entgelte für Netznutzung, Messung und Abrechnung, Konzessionsabgabe, Belastungen aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), dem Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz (KWKG), Stromsteuer und Mehrwertsteuer (derzeit 19%). Bei Änderung oder Neueinführung von Abgaben, Steuern bzw. gesetzlich veranlassten Mehrkosten wird die infra fürth gmbh die Preise entsprechend anpassen (Strompreisanpassung).
Im Übrigen ist die infra fürth gmbh berechtigt, die Bedingungen der Allgemeinen Vereinbarungen sowie die Strompreise zu ändern (Strompreisänderung). Die Kundin/der Kunde hat dann das Recht, den Stromlieferungsvertrag mit einmonatiger Frist auf das Ende des der öffentlichen Bekanntgabe folgenden Kalendermonats zu kündigen.
Der Kunde kann durch öffentliche Bekanntmachung im amtlichen Veröffentlichungsblatt und/oder in der Tagespresse informiert werden.

 
--- Zitat --- Bei der Mindestvertragslaufzeit geht es meines Erachtens auch weniger um die Schaffung von Sicherheit in Bezug auf die zu gewährenden Leistungen, anderes als bei einem Festpreisvertrag. Über eine Mindestvertragslaufzeit soll meines Erachtens üblicherweise dem Aufwand rechnung getragen werden, den der Versorger mit der Integration des neuen Kunden hat
--- Ende Zitat ---
Hier stimme ich auch in gewisser Weise zu. Wenn aber der Grundsatz gelten soll, dass der Vertragspartner mit dem Informationsvorsprung, also der EVU, Sicherheit gewinnt, während der schwache Vertragspartner, also wir, jederzeit der Willkür des Anbieters ausgeliefert wird, dann halt eich auch das für sittenwidrig.

eislud:
@ChrSchn
Zur Sittenwidrigkeit würde ich genauso argumentieren wie zu Treu und Glauben.
Meines Erachtens würde also auch die Berufung auf die Sittenwidrigkeit nicht helfen.

Zudem bist Du ja durch das Sonderkündigungsrecht bei Preiserhöhungen gerade nicht bis zur Mindestvertragslaufzeit an den Sondervertrag gebunden.

Punkt 5. der Allgemeinen Bedingungen kann man meines Erachtens den Hasen geben. Sprich, diese Klausel wird wohl einer Inhaltskontrolle nicht standhalten. Damit sind keine Änderungen an den \"Bedingungen der Allgemeinen Vereinbarungen\" (was immer das sein soll) und auch keine Preiserhöhungen möglich.

Wenn Du also dein Recht durchsetzen möchtest, dann schau Dir mal die Links in meinem vorangegangenen Posting an.

Gruss eislud

bjo:
Hallo,
alle mir bekannten Anbieter haben Preiserhöhungsklausen in Ihren Verträgen drin. Aussnahme die mit Vorkasse und Jahresverträgen.

Es gibt ein Urteil, das ein ein Kunde erstritten hat, der sich ebenfalls ubers Ohr gehauen fühlte.

- Wärmepumpenstrom Sondervertrag
- 14 Tage später Preiserhöhungen eingefordert die das Wärmepumpenprojekt
fast unrentabel machte.
Such mal hier bzw. mit Google.de

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