Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: Heizwertberechnung des Erdgases  (Gelesen 16805 mal)

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Offline BerndA

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Heizwertberechnung des Erdgases
« am: 16. Februar 2005, 22:06:40 »
Hallo Leute,

ich habe vor kurzem mal gerüchteweise gehört, das zur Druckerhaltung des öfteren im Gasnetz Luft (!) mit eingedrückt wird ?!

Das müßte doch den Heizwert des Gases doch  enorm verändern, ist das überhaupt zulässig ?

Könnte man das messtechnisch nachweisen ? Wenn ja wie ?

Mit freundlichen Grüßen aus dem Münsterland

B.Ahlers

Offline Mabcom

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Heizwertberechnung des Erdgases
« Antwort #1 am: 17. Februar 2005, 08:05:57 »
Hallo,

ein Freund von mir hat seine Ausbildung bei unserem Versorger gemacht und behauptet, dass Stickstoff zusätzlich in die Leitung gegeben wird. Ich halte es eigentlich für unwahrscheinlich.
Da halte ich es für wahrscheinlicher, das Luft eingedrückt wird. Dieses senkt natürlich den Heizwert, aber beweisen läßt es sich sehr schwer.

Bis dann
Marco

Offline RR-E-ft

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Heizwertberechnung des Erdgases
« Antwort #2 am: 17. Februar 2005, 16:49:48 »
Wahrscheinlicher ist die Stickstoff- Variante.
 
Andernfalls stände wohl ein explosives Gas-Luft -Gemisch zu besorgen.


Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
Rechtsanwalt

Offline Rebell

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Heizwertberechnung des Erdgases
« Antwort #3 am: 23. Februar 2005, 11:40:46 »
Hallo Herr Ahlers,

habe heute mal mit meinem Kollegen gesprochen. Er sagte mir, dass weder mit Luft noch mit N2 der Druck aufrecht erhalten werden muss.
Das Gas kommt in Deutschland mit so einen hohen Druck an, das der Druck noch reduziert werden muss. Hat auch was mit physikalischen Eigenschaften zu tun.
Zum Hintergrund, wir sind ein Unternehmen, das Analytische Geräte und Serviceleistungen, u.a. auch im Erdgasbereich, vertreibt. Meine Kollege ist Techniker für den Bereich Erdgaskontrolle. www.axel-semrau.de

Soll keine Werbung in eigener Sache sein, aber wen es interessiert kann ja mal vorbeischauen.

Aber trotzdem ein interessantes Thema, denn der Umrechnungfaktor vom Brennwert des Gases für die Angabe in kWh ist mir immer noch Schleierhaft.
Mir ist wohl bekannt, dass die Eichbehörde den Brennwert (Faktor) vorgibt
aber es ist schon merkwürdig, dass benachbarte EVU einen unterschiedlichen Faktor zum errechnen der kWh benutzen.[/url]

Offline Neckarsurfer

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Heizwertberechnung des Erdgases
« Antwort #4 am: 24. Februar 2005, 15:40:48 »
Für unterschiedliche Faktoren zur Berechnung der kWh gibt es viele Möglichkeiten. Die Versorger berechnen den Brennwert normalerweise selbst, dabei werden ein paar Werte von den Versorgern festgelegt oder verändert:

- mittlere geodätische Höhe der Höhenzone (je Höher, desto kleiner der Luftdruck und damit der Sauerstoffgehalt. Am Meer ist der Brennwert am größten.)
- Messdruck (Druck am Gaszähler, wird durch Druckregler konstant gehalten, ca. 18-25 mBar)
- Messtemperatur (Angenommene Temp., normalerweise 15°C oder 288,15 K, für andere Temp. wird eine Genehmigung der Eichbehörde benötigt)
- die rel. Feuchte des Gases und der Sättigungsdruck des Wasserdampfs (normalerweise schon trocken, fällt also weg)

Der Normbrennwert, die Grundlage des Berechnungsbrennwertes wird entweder selber gemessen oder vom Lieferanten als Monats- oder Jahresmittelwert mitgeteilt.
Es könnte aber auch sein, daß das Gas aus versch. Fernleitungen bezogen wird.

Viel interessanter ist aber die Frage, ob Richtig gerechnet wird.
Zitat aus dem Abschlussbericht der Arbeitsgemeinschaft Mess- und Eichwesen:
\"Das Ergebnis zeigt, dass bei den
Versorgungsunternehmen zum Teil noch
deutliche Defizite aufgrund mangelnder
Kenntnisse oder nicht ausreichender Sorgfalt
bestehen. Die Auswertung der
Schwerpunktaktion belegt, dass es aus Sicht des
Verbraucherschutzes nicht ausreicht, nur die
Messgeräte zu eichen. Um eine richtige
Verrechnung der gelieferten Energie
sicherzustellen, ist es zwingend notwendig, dass
die Gasversorger der Ermittlung und Verwendung
der relevanten Einflussgrößen größte Sorgfalt
widmen.\"
http://www.sachsen.de/de/bf/verwaltung/eichbehoerde/infos/pdf/BGW_DVGW_Chemnitz_2004.pdf

Das Luft oder Stickstoff beigemengt werden glaube ich kaum, das würde eine Differenz zwischen den eingekauften kWh und den verkauften kWh ergeben. Das wird aber von den Eichbehörden überprüft.

Gruß aus Tübingen
Jens Eichhorst

Offline Hennessy

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Heizwertberechnung des Erdgases
« Antwort #5 am: 25. Februar 2005, 13:54:12 »
Diese üblen und sachlich zweifelhaften \"Gerüchte\" wurden (gezielt?) vom Bund der Energieverbraucher in die Welt gesetzt und von allen Medien begierig weiterverbreitet. Bis vor wenigen Wochen war noch auf dieser Homepage der Hinweis auf die \"Verdünnung\" mit Luft und die falschen Rechnungen zu lesen!

Ein Schelm ist, wer hier bewußte Stimmungsmache vermutet.

Zur Sache:
    Wegen der Druckhaltung wird weder Luft noch Stickstoff beigemischt - hier hat der Rebell mit seiner Aussage Recht.

    Weder Luft noch Stickstoff haben einen Brennwert/Heizwert, d.h. keine verwertbare Energie (kWh=0). Das heißt, wenn ich energiehaltiges Gas (kWh) mit Luft oder Stickstoff (0 kWh) \"verdünne\", ändert sich der Energieinhalt auf der Abrechnung nicht! Somit kann das Gasversorgungsunternehmen, so böswillig es auch immer sein mag, keinen zusätzlichen Gewinn erzielen.

    Es gibt technische Erfordernisse, bei denen Stickstoff oder Luft gezielt zur \"Verdünnung\" eines hochenergiehaltigen Gases (H-Gas) eingesetzt werden. Damit kann man dieses angepasste H-Gas auch in einem Gebiet verteilen, in dem die Geräte auf L-Gas (niedriger Energieinhalt) eingestellt sind. Mit Qualität des Gases hat das überhaupt nichts zu tun. Weiterhin gibt es in Ausnahmefällen eine Flüssiggas-Luft-Zudosierung an besonders kalten Tagen um den Leistungspreis ggü. dem Vorlieferanten zu reduzieren. Aber nochmal: Abgerechnet wird nur was brennt (kWh), bzw. die Energie, die der Kunde mit seiner Heizung in Wärme umwandeln kann.

    Die Rechnungserklärung des Neckarsurfers ist fast korrekt. Wer zu seinen Abrechnungsparametern (Umrechnungsfaktor, z-Wert, Brennwert, Höhe, Druck und Temperatur) nähere Aussagen haben möchte kann sich an das Versorgungsunternehmen wenden. Wenn von dort keine Angaben gemacht werden, hilft das Eichamt als überwachende Behörde sicher auch gerne weiter.[/list:u]

Offline Mabcom

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Heizwertberechnung des Erdgases
« Antwort #6 am: 25. Februar 2005, 14:26:39 »
@Hennessey

Ich muß Dir leider widersprechen.
Du sagst, wenn man Gas mit Luft \"verdünnt\" ändert sich an der Abrechnung bzw. dem Brennwert nichts?!? Ist so nicht ganz richtig.

Die Gasuhr mißt den Verbrauch in m³, nicht in kwh. Wenn mein Gasbrenner aber, um 100l Wasser auf 60 Grad zu bringen, 10 Minuten laufen muß, anstatt nur 9, dann habe ich mehr m³ verbraucht.
Folglich rechnet der Versorger auch mehr ab. Und das zu Unrecht.

Ein Vergleich:
Du wirst bei einem 40%tigem Schnaps nach 3 Pinnchen besoffen.
Der Wirt geht nun hin und verdünnt seinen Schnaps mit Wasser.
Nun brauchst Du 4 Pinnchen Schnaps um besoffen zu werden. Also hat der Wirt dich beschissen.

Oki, nichts für ungut, aber Deine Aussagen sind für mich allesamt falsch.

MfG
M. Brinker

Offline terminator3

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Heizwertberechnung des Erdgases
« Antwort #7 am: 25. Februar 2005, 14:37:36 »
@ hennessy:

Ihnen muß ich mal hier wiedersprechen. Das der Bund für Energieverbraucher hier irgendetwas \"Zweifelhaftes\" in die Welt gesetzt hat ist doch wohl an den Haaren herbei gezogen.
Vielmehr liegt es doch an den Energieversorgern diese \"Unklarheiten\" zu beseitigen, was sie bis heute nicht gemacht haben. Oder warum wurde die Untersuchung der Eichbehörde bis heute nicht veröffentlicht ???

Des weiteren: Ihr Zitat:\"

wenn ich energiehaltiges Gas (kWh) mit Luft oder Stickstoff (0 kWh) \"verdünne\", ändert sich der Energieinhalt auf der Abrechnung nicht!

Ach so....Wenn also z.B. 1 m³ Luft (angenommen es ist tatsächlich Luft) durch meinen Gaszähler rauschen, was habe ich dann später auf meiner Rechnung stehen.....
1 x 11,0 (Multiplikationsfaktor Gas) = 11 kWh. Und das ist 0 ?? Denn die meisten Haushalte haben leider immer noch den berühmter \"Gaszähler\" der lediglich Volumen in m³ messen kann und nicht neuartige Brennwertzähler.... Das ist doch das Problem !!

@Neckarsurfer:

Volle Zustimmung ! Genau hier ist der Hase im Schnee begraben !
Es wird falsch abgerechnet. Welche fatalen Auswirkungen das hat, kann jeder selber mal an Hand seiner Jahresabrechnung überprüfen, indem man einfach mal den Multiplikationsfaktor ändert und zwar um nur 0,5 Punkte. Also statt 11.0, z.B. auf 10.5. Die REchnung sieht nun ganz anders aus...
Dieses gilt natürlich nur für Haushalte die keinen Brennwertzähler haben, sondern lediglich über einen ganz einfachen \"Gaszähler\"....., wobei das Wort Gaszähler eigentlich zu Unrecht vergeben worden ist. Dieser mißt lediglich Volumen in m³ und ist von der Eichbehörde geeicht....
Nehmen wir z.B. mal an mein Gaszähler hätte nur eine Genauigkeit von 95 %: Die Rechnung würde dann bei einem mittleren Haushalt mit einem Verbrauch von z.B. 2200 m³, eine Differenz von 110 m³ ausmachen. In kWh wären das dann schon 1210 kWh oder in Euro ca. 84,21 (bei 0,06 ct./kWh netto)
Und auch hier gibt es Mängel...Wann wird eine Prüfung des Gaszählers wiederholt ?? Jedes Jahr ?? Ich glaube nicht...

VG t3
 :twisted:

Offline Neckarsurfer

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Heizwertberechnung des Erdgases
« Antwort #8 am: 25. Februar 2005, 16:01:55 »
Servus,

das Thema Brennwert scheint ja richtig strittig zu sein.

1. Das Gerücht scheint vom Spiegel zu sein:
Spiegel 7.8.2004 \"Die große Luftnummer - Die Erdgasversorger strecken ihren Rohstoff zum Nachteil der Kunden\"
Kann jemand den genauen Wortlaut davon hochladen?

\"Saar-Ferngas\" schreibt dazu in einer Presseerklärung:

\"In der Bundesrepublik Deutschland wird Erdgas aus verschiedenen Ländern importiert. Erdgas ist ein Naturprodukt und hat je nach Herkunftsland unterschiedliche Qualitäten. Um die Austauschbarkeit der Gase zu gewährleisten, wird insbesondere das aus der Nordsee (Norwegen) stammende hochkalorische Erdgas konditioniert, das heißt, der Brennwert und die brenntechnischen Eigenschaften dieses Gases werden denen des aus Russland stammenden Gases angeglichen. Dafür gibt es verschiedene Verfahren. Konditionierungsanlagen werden bereits seit Jahrzehnten betrieben. Die Prozesse entsprechen den Regeln der Technik.\"

2. Zu meinem Hinweis auf die AGME:
Aus den Ergebnissen der Studie geht aber nicht hervor dass die Stadtwerke total falsch rechnen, nur dass sie nicht fähig sind genau zu rechnen! Die Rechnung an sich ist relativ kompliziert und die Messgeräte richtig zu bedienen und zu warten erfordert Hirn.
Es rechnen zwar viele \"falsch\", es wurden aber kaum Fehler festgestellt deren Auswirkung größer als 1% war.

3. Zur Abrechnung:
Der Brennwert muß in der Rechnung mit 2 Nachkommastellen abgerechnet werden, es darf aber auf eine Stelle gerundet werden, wenn dies \"zum Vorteil\" des Kunden geschieht, d.h. abgerundet wird. (Dies ist kaum zum Vorteil des Kunden, da die Stadtwerke den Verlust, der dadurch entsteht sicher auf den Grund- oder Arbeitspreis aufschlagen.)

Die Zähler müssen alle paar Jahre mal geeicht werden (8 Jahre?), was aber nicht heißt, daß das Eichamt dies macht (die überprüfen stichprobenartig ob richtig geeicht wird). Die Zähler sind auch relativ genau, wenn sie richtig geeicht wurden. Fordern sie vom Hersteller das Datenblatt und vom Versorger die Eichkurve und Datum der letzten Eichung an. Da stehen dann die Messfehler drauf mit denen sie maximal zu rechnen haben.

Wenn ihnen irgendetwas komisch vorkommt, teilen sie dies der zuständigen Eichbehörde mit, die sind sicher dankbar für Hinweise.
Ich habe dem Eichamt mitgeteilt, daß mein Brennwert sich seit 1996 nicht mehr verändert hat und gefragt ob das sein kann. Daraufhin haben die gleich eine Kontrolle durchgeführt und mir mitgeteilt, daß der Brennwert \"gerade noch gesetzlich erlaubt\" ist.

4.Fraglich ist ob Kontrollen oft genug durchgeführt werden:

Aus einer Stellungnahme der Landesregierung BW
Drucksache 13 / 3867

\"Seit der flächendeckenden Einführung der thermischen Gasabrechung hat die
Eichverwaltung Baden-Württemberg ab dem Jahr 1987 damit begonnen, die
Gasversorgungsbetriebe in Baden-Württemberg zu überprüfen. Bis heute
wurden etwa 90 % der 120 Unternehmen untersucht.
Im Jahr 2003 wurden im Rahmen einer bundesweiten Schwerpunktaktion bei
10 baden-württembergischen Gasversorgungsunternehmen Überprüfungen
durchgeführt und zusätzlich außerhalb dieser Aktion weitere 3 Unternehmen
kontrolliert. Mit der Schwerpunktaktion sollte festgestellt werden, ob bei der
Abrechnung die gesetzlich vorgeschriebenen Vorgaben der anerkannten Regeln
der Technik (DVGW-Arbeitsblatt G 685) richtig angewandt werden.
Aufgrund der Ergebnisse der Schwerpunktaktion wurden die bisherigen
Überprüfungen im Jahr 2004 verstärkt und Kontrollen bei weiteren 19 Versorgungsunternehmen
vorgenommen. Somit wurden in den Jahren 2003 und
2004 bei 32 (entsprechend 27 %) der in Baden-Württemberg ansässigen Versorgungsunternehmen
Überprüfungen der Gasabrechnung vorgenommen.\"

Die Haben es in 17 Jahren nicht geschafft alle Unternehmen zu überprüfen!!

Ich empfehle die Drucksache 13 / 3867 mal ganz zu lesen, da gibt es noch ein paar Ergebnisse aus der AGME-Kontrolle:
http://www3.landtag-bw.de/WP13/Drucksachen/3000/13_3867_d.pdf

Jens

Offline Neckarsurfer

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Heizwertberechnung des Erdgases
« Antwort #9 am: 25. Februar 2005, 18:01:32 »
@Hennessy
Wie wird denn bei dem Gasversorger, bei dem Sie arbeiten, die Brennwertberechnung durchgeführt?
Es ist mir klar, daß es mehrere Möglichkeiten gibt, die von mir angeführte dürfte aber der Normalfall sein.
Eine andere Möglichkeit ist, das der Leitungsbetreiber den Stadtwerken den Brennwert an der Übergabestation mitteilt und diese den Wert dann für die versch. Höhenzonen umrechnen.
Kleine Versorger bekommen oft den fertig berechneten Brennwert mitgeteilt, da sie keine Angestellten haben die fähig sind oder dies zuviel Zeit benötigt.

Welches ist den die schönste Stadt der Welt? Ich nehme an Sie meinen Tübingen. :D

Jens Eichhorst

 

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