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Autor Thema: Schuldanerkenntnis  (Gelesen 6992 mal)

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Offline f22

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Schuldanerkenntnis
« am: 14. März 2005, 15:47:30 »
Hallo,

Als ich wegen überzogenen Nachschlagsforderungen von Stadtwerke Duisburg AG einen Finanzplan forderte, hat man mir ein Blatt mit Zahlungsterminen vorgesetzt. Ich unterschrieb. Zu Hause angekommen merkte ich, dass dieses Blatt u.a. mit dem Titel \"Schuldanerkenntnis\" überschrieben war. Ich habe mich höllisch geärgert, da ich den Sachbearbeiter ausdrücklich gesagt hatte, dass ich diese astronomische Nachsclagsforderung gerne überprüfen lassen möchte.

Nach paar Wochen las ich in einem Zeitungsbeitrag, dass solche Nachschlagsforderungen dem Konsumenten gegenüber nicht durchsetzbar seien. Jetzt will ich mit dem Musterbrief auf der Seite von netzenergie.de
dagegen wehren und die Rechnung anfechten.

Meine Frage:
a) Ich habe einige Raten der Nachschlagsforderung gezahlt, damit man mir nicht den Strom abdreht.
b) Wie oben erwähnt, hatte ich diese \"Schuldanerkenntnis\" dummerweise unterschrieben.

Kann ich unter diesen Bedingungen dennoch mein Recht holen und die Rechnung anfechten?

Für etwaige Auskünfte bin ich sehr dankbar.

Offline RR-E-ft

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Schuldanerkenntnis
« Antwort #1 am: 14. März 2005, 17:01:00 »
@f22

Wenn Sie ein Schuldanerkenntnis abgegeben haben, wird es schwierig.

Man unterscheidet zwei Arten von Schuldanerkenntnissen:

a) deklaratorische    b) konstitutive

Bei einem deklaratorischen Schuldanerkenntnis wird lediglich eine bestehende Schuld etwa aus Energielieferungen entsprechend fälliger Rechnungen bestätigt.

Bei einem konstitutiven Schuldanerkenntnis wird vollkommen neben der bestehenden Schuld und vollkommen unabhängig von dieser eine eigenständige Schuld daneben begründet, so dass man dabei sogar mit berechtigten Einwendungen gegen die bereits bestehende Schuld ausgeschlossen ist.

In Verbindung mit einer Ratenzahlungsverinbarung handelt es sich zumeist um ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis.

Haben Sie ein solches unter Druck abgegeben, um eine Versorgungseinstellung abzuwenden, kommt unter Umständen eine Anfechtung der Erklärung gem. § 123 BGB in Betracht.

Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten, § 123 BGB.

Die Anfechtung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Anfechtungsgegener. Anfechtungsgegner ist bei einem Vertrag der andere Teil bzw. der, der aus dem Vertrag unmittelbar ein Recht erworben hat, § 143 BGB.

Anfechtungsgegner wäre Ihr Versorger.

Die Anfechtung einer nach § 123 BGB anfechtbaren Willenserklärung kann nur binnen Jahresfrist erfolgen. Die Frist beginnt im Fall der arglistigen Täuschung mit dem Zeitpunkt, in dem der Anfechtungsberechtigte die Täuschung entdeckt, im Fall der Drohung in dem Zeitpunkt, in welchem die Zwangslage aufhört; § 124 BGB.

Wird ein anfechtbares Rechtsgeschäft angefochten, so ist es als von Anfang an nichtig anzusehen; § 142 BGB.

Ob aber ein Anfechtungsgrund im Sinne von § 123 BGB vorliegt ist fraglich, da Ihr Versorger zunächst gem. §§ 30, 33 Abs. 2 AVBV wohl zur Einstellung der Versorgung berechtigt war, es sei denn, die geltend gemachten Ansprüche Ihres Versorgers bestanden nicht.

Hierzu müßten Sie sich ggf. durch einen Anwalt oder die Verbraucherzentrale beraten lassen.

In einem Rückforderungsprozess tragen Sie die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass Sie nichts oder weniger schuldeten.

Ihr Versorger ist dabei in der komfortablen Situation, das Schuldanerkenntnis vorzuweisen, wenn Sie dieses nicht durch Anfechtung aus der Welt schaffen können.

Die Aussichten sind also nicht gut.

Zuerst müsste das Schuldanerkenntnis durch Anfechtung aus der Welt und dann müßten Sie erst noch die Unbilligkeit einwenden, möglichst bevor Sie Ihr Versorger auf Zahlung verklagt oder eine Versorgungseinstellung androht.


Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
Rechtsanwalt

Offline f22

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Schuldanerkenntnis
« Antwort #2 am: 15. März 2005, 15:24:15 »
Für diese ausführliche und informative Antwort danke ich Ihnen herzlich, Herr Fricke.

Subsummiert heisst das, dass ich auf verlorenen Posten stehe. Die Energiversoger habe viele Fälle zu bearbeiten. Und sie sind auch routinierter als die Verbraucher. Da kann es leicht passieren, dass man als Konsument etwas unterschreibt, worüber man nicht viel nachdenkt. Nach dem Motto: \"Das haben bestimmt viele andere unterschrieben. Da kann nichts krummes dabei sein.\"

Wenigstens lässt mein Fall vielleicht andere ahnungslose Verbraucher aufhorchen. Schade nur, dass man sich erst Gedanken über solche Sachen macht, wenn man schon abgeprellt wurde.

Ich werde wohl die verbleibenden Raten bezahlen und in der Zukunft besser aufpassen, was ich unterschreibe. Vielen Dank nochmals!

MfG
f22

 

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