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Autor Thema: Konzessionsabgabe  (Gelesen 194969 mal)

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Re: Konzessionsabgabe
« Antwort #315 am: 22. Mai 2013, 15:37:46 »
Weiterhin: Ein kommunaler Zweckverband ist etwas anderes als ein kommunaler Eigenbetrieb und auch etwas anderes als ein Stadtwerk. Sie werfen hier gern lustig alle Begriffe durcheinander.  Auch ist steuerliche Quersubventionierung etwas anderes als "Sponsoring" und wieder etwas anderes als eine Gewinnausschüttung an die Gemeinde.
Was ein Zweckverband ist kann man hier nachlesen: http://de.wikipedia.org/wiki/Zweckverband
Warum sollen für einen Zusammenschluss kommunaler Gebietskörperschaften, der zur gemeinsamen Erledigung bestimmten öffentlichen Aufgaben dient, andere Rechtsgrundlagen gelten, als für die einzelne Gebietskörperschaft? Was Sponsoring ist, ist mir bekannt, der Hinweis war nicht notwendig. Lenken Sie nicht ab, es geht um die Wirkung. Das Sponsoring wie die Quersubventionierung werden aus den Einnahmen gedeckt.

Wie Sie selbst schon herausgefunden haben, ist es gerade in den Gemeindeordnungen vorgesehen, dass durch kommunale Unternehmen ein Ertrag für den Haushalt der Gemeinde abgeworfen werden soll. Nichts anderes passiert bei Stadtwerken.

Wenn Sie den zulässigen Ertrag an der "marktüblichen Eigenkapitalverzinsung" bemessen wollen, ist darauf hinzuweisen, dass die BNetzA für die Festlegung der Netzentgelte eine Eigenkapitalverzinsung von 9,05 % (Neuanlagen) und 7,14 % (Altanlagen) als angemessen ansieht. Höher dürfte die Rendite von Stadtwerken auch nicht sein.
Das habe ich nicht "herausgefunden", das ist mir schon lange bekannt. Das ist nicht der Zweck der Stadtwerke, der erfüllt werden muss. Das ist eine mögliche ("soll") Nebensache, es geht gegebenenfalls um einen begrenzten Ertrag. Klar, heute will man gerne daraus eine grenzenlose Hauptsache machen. Die Verbraucher müssen sich wehren.

Werfen nur Sie die Begriffe nicht lustig durcheinander. Verwechseln Sie nicht die üppige kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung der BNetzA mit den erzielten Renditen auf das durch den kommunalen Gesellschafter eingebrachte (gezeichnete) Eigenkapital. Sichtbar auf der Passivseite der Bilanz. Verwechseln Sie die Ausschüttung auch nicht mit dem betriebswirtschaftlich notwendigen Ergebnis.
 
Das geschmälerte an die Kommune ausgeschüttete Ergebnis dürfen Sie um die Quersubventionierung vor der Renditeberechnung korrigieren, damit sich die korrekte Rendite ergibt. Die "verdiente" Konzessionsabgabe, die zusätzlich steuerfrei an die Kommune abgeführt wird, muss man, um die wahre Rendite auszuweisen, noch dazurechnen. Da bin ich anderer Meinung als RR-E-ft. Dass die Konzessionsabgabe eine Rolle spielt wurde ja erst kürzlich in einem Urteil festgestellt. Der Eigentümer der Stadtwerke kassiert ja den ausgeschütteten Gewinn plus die steuerfreie Konzessionsabgabe. Investiert hat der Eigentümer nur das ausgewiesene gezeichnete Kapital. Die Rendite ergibt sich dann aus Ergebnis und Einsatz mit einem einfachen Dreisatz.

Die angemessene, anzustrebende Kalkulationsrendite entspricht dem Zinssatz, den die Kommune mit einer Alternativinvestition erzielen könnte → Opportunitätskosten des Kapitals (vor Steuern) = Langfristige Anlage von kommunalem Geld auf dem Kapitalmarkt.

§ 1 EnWG verpflichtet alle EVU gleichermaßen und zwar unabhängig davon, ob sie kommunal oder privatwirtschaftlich organisiert sind. Hieraus folgen also keine besonderen Wirtschaftspflichten speziell für Stadtwerke.
Richtig, aber es ergeben sich eben doch neben den kommunalen Verbindlichkeiten, weitere Verbindlichkeiten (preisgünstige Versorgung!). Den Eindruck, den Sie hier offensichtlich erwecken möchten, trifft nicht zu. Energieversorger, Stadtwerke ausdrücklich eingeschlossen, dürfen sich nicht uferlos entfalten.  Für kommunale Stadtwerke gilt das noch etwas mehr.  Das gehört nunmal zu unserer sozialen Marktwirtschaft im Gegensatz zu einer freien MW.

Dass diese verkappte Konzessionsabgabe, ein Relikt aus Monopolzeiten, schon der Begriff ist heute irreführend, abgeschafft gehört, ist für mich keine Frage. Kommunen müssen sich seriös, stabil und anders finanzieren wie aus solch windigen, ungerechten und unausgegorenen Einnahmequellen.

Offline Black

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Re: Konzessionsabgabe
« Antwort #316 am: 22. Mai 2013, 16:15:39 »
Ich noch immer keinen Zusammenhang zwischen den von Ihnen lustig in einem Brei verrührten Fragen:

- ob Stadtwerke überhaupt Gewinne machen dürfen (ja, dürfen sie),

- wie hoch diese Gewinne sein dürfen (keine gesetzliche Vorgabe, Begrenzung durch den Markt, da bei zu hohen Preisen Kunden abwandern)

- was die Stadtwerke mit ihren Gewinnen so alles anfangen (Sponsoring erlaubt)

- ob eine steuerliche Quersubventionierung möglich ist (wovon der Verbraucher gar nicht betroffen ist)

UND

- der ewigen Frage warum es Konzessionsabgaben gibt (weil es so im Gesetz steht)

Wenn Sie die Konzessionsabgaben jetzt zu den möglichen Gewinnen einer Gemeinde aus dem Stadtwerk dazurechnen wollen, um so rechnerisch eine tolle Rendite zu generieren, vergessen Sie, dass die Gemeinde die Konzessionsabgabe immer erhält, unabhängig davon ob  ein eigenes Stadtwerk da ist oder nicht. Die Zusatzeinnahme aus der Konzessionsabgabe ist also kein Effekt, der durch die Existenz eines Stadtwerkes hervorgerufen wird.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline Lothar Gutsche

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Re: Gewinne und Konzessionsabgaben (Teil 1)
« Antwort #317 am: 22. Mai 2013, 18:21:01 »
1. Konzessionsabgaben keine Kosten, sondern Teil der "Aktionärsrendite"
Im Prozess der Stadtwerke Würzburg gegen mich wurden auch die Konzessionsabgaben thematisiert, vgl. im Schriftsatz vom 25.10.2011 der Würzburger Kanzlei Bohl & Colegen auf Seite 32 - 36 unter http://www.ra-bohl.de/Schriftsatz_an_OLG_Nurnberg_v._25.10.2011.pdf. Dort heißt es auf Seite 33/34:
...
Herbert Wolf, der kaufmännische Geschäftsführer des WVV-Konzerns und Vorstand der Klägerin von 1986 bis zum 31.12.2005, rechnete im Jahr 2002 in der Zeitung für Kommunale Wirtschaft (ZfK) die Konzessionsabgabe zur „Aktionärsrendite“ der Stadt Würzburg. Wörtlich heißt es in dem ZfK-Heft 1/2002 auf Seite 5:

Die WVV als operative Holding gehört allein der Stadt Würzburg. Die weiß den Wert ihres Unternehmens zu schätzen. Und obwohl die Stadt zu den vom Finanznotstand besonders hart betroffenen Kommunen gehört, denkt man nicht an einen Verkauf der produktiven Tochter. Die Ar-beitsteilung zwischen dem kommunalen Infrastrukturdienstleister und der Kommune beschreibt Wolf so: Stadt/Kommunalpolitik geben der WVV die notwendige Rückendeckung, damit diese unternehmerisch handeln kann; es wird kontrolliert, aber nicht ins operative Geschäft reingeredet. Die WVV bedankt sich dafür mit ordentlichen Ergebnissen. Konkret heißt das, daß der Umwelt-konzern (im Geschäftsjahr 2000) 34 Mio. DM Verkehrsverlust trug, mit 17 Mio. DM die volle Kon-zessionsabgabe leistete, gut 8 Mio. DM Gewerbesteuer abführte und in diesem Jahr zusätzlich weitere 2 Mio. DM als Gewinn ausschüttet. Das entspricht einer auf das Eigenkapital bezogenen Aktionärsrendite von fast 55 %.

B e w e i s : ZfK-Heft 1/2002, Seite 5 in Kopie, Anlage B25 (http://zfk.ve.m-online.net/navframe/firm/02_1_wuerzburg.html)

Als Teil der „Aktionärsrendite“ kann die Konzessionsabgabe keine Kosten bezeichnen, die zur Leistungserstellung für die Strom-, Gas- oder Wasserversorgung der Klägerin betriebsnotwendig wären. Durch die von der Klägerin am 10.08.2011 behauptete Rückerstattung derartiger Millionenbeträge von der Hauptgesellschafterin an die Klägerin wird bestätigt, dass mit der Konzessionsabgabe keine Güter oder Dienstleistungen verbraucht werden, wie es zur Bewertung der Konzessionsabgabe als betriebswirtschaftliche Kosten notwendig wäre. Auch wenn die Klägerin mit Schriftsatz vom 05.10.2011 ihre eigene Aussage zu den Konzessionsabgaben aus dem Schriftsatz vom 10.08.2011 zu korrigieren sucht, stellen die Konzessionsabgaben – zumindest im vorliegenden Fall wegen der Gesellschafter-beziehung zur Stadt Würzburg – offenbar keine Kosten dar. Nach dem zitierten Ansatz des früheren Vorstandes der Klägerin bilden auch die Gewerbesteuern, die von der Klägerin an ihre Hauptgesellschafterin entrichtet werden, keine Kosten, sondern sind Teil des Gewinns.

Auf Seite 4 in Abschnitt II.1 ihres Schriftsatzes vom 30.09.2011 bestätigt die Klägerin, dass auch nach ihrer heutigen Auffassung die Konzessionsabgabe zum Gewinn gehört:
Die Stadt Würzburg beauftragte die Klägerin, mit dem Verkauf von Strom und Gas die Gewinne zu erzielen, die notwendig sind, dass die der Stadt Würzburg geschuldete Konzessionsabgabe und das im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) jährlich zwangsläufig entstehende Defizit erwirtschaftet wird.


2. Grenze für die Höhe der Gewinne von Stadtwerken
Der User "Black" behauptet, es existierten keine gesetzlichen Vorgaben für die Höhe der Gewinne von Stadtwerken. Die Gewinne wären nur durch den Markt begrenzt, da bei zu hohen Preisen Kunden abwandern würden. Diese Behauptung unterschlägt, dass Stadtwerke, so weit sie sich noch mehrheitlich in öffentlicher Hand befinden, zum hoheitlichen Handeln der Kommune gehören und Teil der öffentlichen Verwaltung sind. Dadurch sind Stadtwerke unmittelbar an die Grundrechte gebunden und dürfen insbesondere durch ihre Preisgestaltung die Eigentumsrechte und Entfaltungsrechte ihrer Kunden nicht beeinträchtigen. Die Städte und Gemeinden dürfen sich nicht über das Instrument eines städtischen Betriebes in verfassungswidriger Weise Einnahmen verschaffen und gegen den Gleichheitsgrundsatz bei der Auferlegung öffentlicher Lasten verstoßen.

Laut ihren Geschäftsberichten und ihren Satzungen ist die Hauptaufgabe eines Stadtwerks die Versorgung und Sicherung der Energie- und Trinkwasserversorgung für Bevölkerung und Wirtschaft in einer bestimmten Region. Der Betrieb eines gemeindlichen Unternehmens unterliegt speziellen öffentlich-rechtlichen Vorschriften und gehört zum schlicht-hoheitlichen Handeln, selbst wenn sich die Gemeinde bei der Ausführung einer privatrechtlichen Unternehmensform bedient. Dies hat schon der Bundesgerichtshof in seinem Leitsatzurteil VI ZR 19/68 vom 23.09.1969 am Fall eines nordrhein-westfälischen Verkehrsbetriebes festgestellt, vgl. BGHZ 52, 325. Demnach ist die Daseinsvorsorge für die Beklagte Teil ihrer hoheitlichen Tätigkeit. In den Gründen des BGH-Urteils vom 23.09.1969 heißt es, zitiert nach http://sorminiserv.unibre.ch:8080/tools:

Zu Unrecht beruft sich die Beklagte darauf, daß die Stadt DL ihr Verkehrsunternehmen nicht in der Form eines Eigenbetriebes (§ 74 GO NW), sondern als rechtlich selbständiges Wirtschaftsunternehmen (§ 72 GO NW: Eigengesellschaft) organisiert hat. Die Rechtsform entscheidet nicht darüber, ob die öffentliche Hand dem Verwaltungs- und nicht dem Privatrecht unterworfen und damit an den Gleichheitssatz gebunden ist. Alles, was funktionell zur Daseinsvorsorge gehört, ist nach den Grundsätzen des öffentlichen und nicht des privaten Rechts zu beurteilen (Forsthoff, Verwaltungsrecht I 9. Aufl. S. 382,484; Wolff, Verwaltungsrecht 7. Aufl. Bd. I § 23 II b1; vgl. BGH Urt. V. 10. Juli 1969 – KZR 13/68-, Betrieb 1969,1790). Infolgedessen ist die Tarifgestaltung der Beklagten nicht Sache des privaten Beliebens, sondern gehört zur öffentlichen Aufgabe der Daseinsvorsorge.


2.1 wirtschaftliche Betätigung von Stadtwerken als Teil der Verwaltung
In der Zeitschrift GEWERBEARCHIV (GA) Zeitschrift für Gewerbe- und Wirtschafts-verwaltungsrecht ist am 10. Januar 2005 der Artikel „Die wirtschaftliche Betätigung von Gemeinden zwischen Grundrechtsrelevanz und kommunalem Selbstverwaltungsrecht“ von dem Kommunalrechtsexperten Dr. Christian Scharpf erschienen. In Kapitel „C. Reichweite und Grenzen wirtschaftlicher Betätigung nach Grundgesetz und Bayerischer Verfassung“ heißt es unter „I. Reichweite und Grenzen aufgrund der Grundrechte Privater“ in Abschnitt „2. Kritik an der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte“:

Betätigt sich eine Gemeinde wirtschaftlich, so bleibt sie, auch wenn sie ihre einem öffentlichen Zweck dienenden Gemeinwohlaufgaben mit einem Unternehmen in der Rechtsform des Privatrechts erfüllt, trotzdem öffentliche Verwaltung. Dies macht nicht zuletzt Art. 86 BayGO deutlich, wenn er sagt, dass die Gemeinde Unternehmen außerhalb ihrer allgemeinen Verwaltung in den dort genannten Rechtsformen betreiben kann, was klar macht, dass der Betrieb von Unternehmen zur besonderen Verwaltung gehört. Der Einwand, dass die Grundrechte gemäß Art. 1 Abs. 3 GG nur die vollziehende Gewalt binden würden, die fiskalische Tätigkeit der Verwaltung aber keine vollziehende Gewalt sei, greift nicht und würde ansonsten dazu führen, dass der Staat sich durch die Wahl zivilrechtlicher Organisationsformen seinen grundrechtlichen Verpflichtungen entziehen könnte. Würde man zwischen hoheitlicher Verwaltung und (privat-)wirtschaftlicher Betätigung kommunaler Unternehmen unterscheiden, würde man die Reglementierung der Kommunalwirtschaft als solche in Frage stellen, denn für die Bindung an einen öffentlichen Zweck oder die Festlegung auf die Grundrechte wäre damit die Grundlage entzogen. Eine solche Sichtweise ist jedoch verfassungsrechtlich nicht haltbar, denn sie würde zur Fiktion eines Doppelgängers führen, der neben der hoheitlichen Verwaltung in Form der öffentlichen Unternehmen keinen öffentlichrechtlichen Bindungen unterworfen wäre. Für diese Konstruktion findet sich in der Verfassung keine Stütze.

D. h., aus Artikel 86 BayGO lässt sich ableiten, dass Kommunalunternehmen sehr wohl zur Verwaltung der Kommune gehören, wenn auch nicht zur „allgemeinen Verwaltung“. Damit unterliegen sie selbstverständlich auch kommunalrechtlichen Vorschriften u. a. zur Gewinnbegrenzung, zur Äquivalenz, zur Gleichbehandlung und zum Kostendeckungsprinzip.


2.2 Bindung der Stadtwerke an Prinzipien öffentlichen Finanzgebarens
In dem Leitsatzurteil III ZR 12/83 vom 5.4.1983 hat sich der Bundesgerichtshof mit der Frage beschäftigt, inwieweit die in den Formen des Privatrechts handelnde öffentliche Verwaltung an die Vorschriften über die Zulässigkeit der Erhebung öffentlicher Abgaben (hier: Kosten der Löschwasserversorgung) gebunden ist. In Abschnitt II 3. b) der Urteilsgründe in dem Verfahren STAWAG (Stadtwerke Aachen AG) gegen das Land Nordrhein-Westfalen heißt es (Hervorhebungen durch Verfasser):

aa) Der Verwaltung selbst stehen bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben nur die privatrechtlichen Rechtsformen, nicht aber die Freiheiten und Möglichkeiten der Privatautonomie zu. Nimmt die Verwaltung in den Formen des Privatrechts Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahr, so werden die Normen des Privatrechts durch Bestimmungen des öffentlichen Rechts ergänzt, überlagert und modifiziert (sog. Verwaltungsprivatrecht, vgl. Wolff/Bachof, VerwR I 9. Aufl. § 23 II; von Münch aaO § 3 II 2 S. 49; Ehlers DVBl 1983, 422, 423; Stober NJW 1984,449 ff.). Dabei besteht Einigkeit darin, daß die Verwaltung im Bereich des Verwaltungsprivatrechts nicht nur die Grundrechte zu beachten hat, sondern weitergehenden Bindungen unterworfen ist (Ehlers aaO S. 425 ff.; Stober aaO S. 452 ff.; vgl. auch Erichsen/ Martens aaO § 32 S. 310; für eine Verpflichtung jedenfalls auf die substantiellen öffentlich-rechtlichen Grundsätze im Fall der privatrechtlichen Ausgestaltung des Entgeltverhältnisses bei Leistungen der Daseinsvorsorge Bauernfeind/Zimmermann aaO § 6 Rn. 2). Wenn auch keine Bindung an alle Grundsätze des Verwaltungsrechts besteht (Frotscher aaO S. 29), ist doch davon auszugehen, daß die in den Formen des Privatrechts handelnde Verwaltung jedenfalls die grundlegenden Prinzipien öffentlicher Finanzgebarung zu beachten hat (Ossenbühl DVBl 1974, 541, 543; vgl auch Frotscher aaO S. 33). Die Flucht in das Privatrecht darf nicht zum Mittel der Erschließung illegaler Finanzquellen werden (Ossenbühl aaO). Der erkennende Senat hat es im Urteil vom 25. März 1982 (III ZR 159/80 = LM Vorb. zu § 145 BGB Nr. 15 = NVwZ 1983, 58, 60) als unbedenklich bezeichnet, daß eine Gemeinde durch Allgemeine Geschäftsbedingungen eine nach dem Kommunalabgabengesetz zulässige Maßnahme in entsprechender Weise in ein privatrechtliches Nutzungsverhältnis übertragen hat. Durchgreifenden rechtlichen Bedenken würde es dagegen begegnen, wollte man durch Allgemeine Geschäftsbedingungen dem einzelnen Bürger Entgelte für Leistungen abverlangen, für die bei öffentlich-rechtlicher Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses Abgaben nicht erhoben werden dürften.

bb) Die Bindungen des Verwaltungsprivatrechts sind der Verwaltung auferlegt, wenn sie selbst in privatrechtlichen Formen Aufgaben der öffentlichen Verwaltung erfüllt. Damit ist der Anwendungsbereich des Verwaltungsprivatrechts aber nicht erschöpft. Die typischen öffentlich-rechtlichen Bindungen sind vielmehr auch dann anwendbar, wenn die Verwaltung nicht selbst oder durch einen Eigenbetrieb in privatrechtlicher Form handelt, sondern in Gestalt eines von der Verwaltung beherrschten, privatrechtlich verfaßten Rechtssubjekts - etwa einer Gesellschaft des Handelsrechts - dem Bürger gegenübertritt. Ein Betrieb, der einer öffentlichen Aufgabe gewidmet ist, übt Verwaltung im funktionellen Sinne aus (Rudolf in: Erichsen/Martens aaO § 56 II 3 S. 555). Ein solches Unternehmen stellt nur eine besondere Erscheinungsform dar, in der öffentliche Verwaltung ausgeübt wird (BVerfGE 45, 63, 80); es ist daher nicht nur in der Frage der Grundrechtsfähigkeit (dazu BVerfG aaO), sondern auch in den Fragen der Grundrechtsbindung und der weiteren Folgen der Anwendbarkeit des Verwaltungsprivatrechts wie der Verwaltungsträger selbst zu behandeln.



2.3 verfassungsrechtliche Grenzen des Steuerstaates
Wenn in der Gemeindeordnung eines Bundeslandes nur die Frage geklärt wird, ob eine Kommune sich wirtschaftlich betätigen darf, und wenn in der Bayerischen Gemeindeordnung über das Wie der Wirtschaftstätigkeit keine Vorgaben gemacht werden, dann ist die Art und Weise, wie sich die Kommune wirtschaftlich betätigt, nicht beliebig, sondern Landes- und Bundesverfassung füllen diese Regelungslücke. In seiner Dissertation befasst sich Dr. Christian Scharpf u. a. mit der Reichweite und den Grenzen wirtschaftlicher Betätigung von Kommunen nach allgemeinen Verfassungsgrundsätzen. Die Dissertation trägt den Titel „Kommunales Unternehmensrecht in Bayern – Voraussetzungen und Grenzen kommunaler Wirtschaftstätigkeit nach Art. 87 BayGO“ und ist 2004 im Münchener Herbert-Utz-Verlag erschienen. Im Abschnitt „Steuerstaatskonzeption“ auf Seite 19/20 hält Dr. Christian Scharpf fest:

Schließlich wird durch die wirtschaftliche Betätigung der Gemeinde das staatsrechtliche Steuerstaatskonzept tangiert. Diese im Grundgesetz zwar nicht explizit genannte Konzeption lässt sich aus den Wirtschaftsgrundrechten und der Finanzverfassung des Grundgesetzes ableiten und wurde vom Bundesverfassungsgericht mehrfach bestätigt. Danach ist der Staat zur Finanzierung seiner Ausgaben auf die Erhebung von Abgaben, vor allem Steuern, verwiesen, während die Einnahmebeschaffung durch wirtschaftliche Betätigung grundsätzlich den Privaten vorbehalten bleibt. Der Staat soll an den mittels wirtschaftlicher Betätigung erzielten Gewinnen der Privatunternehmer durch die Vereinnahmung von Steuern nur teilhaben. Ein Verbot kommunalwirtschaftlicher Tätigkeit lässt sich daraus freilich nicht ableiten. Vielmehr wurde mit der Steuerstaatskonzeption nur eine ordnungspolitische Grundentscheidung getroffen, die für die Bestimmung der Reichweite kommunalunternehmerischer Betätigung zu berücksichtigen ist.

In den zugehörigen Fußnoten verweist Dr. Christian Scharpf auf die drei folgenden, viel zitierten Leitsatz-Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts:
  • „Fehlbelegungsabgabe für Sozialwohnungen“ unter den Aktenzeichen 2 BvL 9/85 und 2 BvL 3/86 vom 08.06.1988, siehe BVerfGE 78, 249 und NJW 1988, 2529
  • „steuerliche Belastung von Grundbesitz und sonstigem Vermögen bei der Vermögen-steuer“ unter Aktenzeichen 2 BvL 37/91 vom 22.06.1995, siehe BVerfGE 93, 121 und NJW 1995, 2615
  • „Wasserpfennig“ unter Aktenzeichen 2 BvR 413/88 und 2 BvR 1300/93 vom 07.11.1995, siehe BVerfGE 93, 319 und NJW 1996, 2296
Die sogenannte bundesstaatliche Finanzverfassung des Grundgesetzes ist in den Artikeln 104a – 109 des Grundgesetzes geregelt. Der Verfassungsgeber ist bei der Schaffung der Finanzverfassung davon ausgegangen, dass sich die Gemeinden vor allem aus Einnahmen durch Abgaben und nicht durch die Selbstbewirtschaftung von Eigentum oder durch Gewerbetriebe finanzieren. So formuliert es Dirk Hauser in seiner 2004 vorgelegten Dissertation „Wirtschaftliche Betätigung von Kommunen – Beschränkungen durch Verfassung, Gemeindeordnung und Wettbewerbsrecht“ auf Seite 117 in dem Abschnitt über das Prinzip des Steuerstaats. Das Bundesverfassungsgericht drückt den Gedanken in den juris-Randnummern 149, 153 und 166 der „Wasserpfennig“-Entscheidung 2 BvR 413/88 vom 7.11.1995 wie folgt aus:

Der Finanzverfassung liegt die Vorstellung zugrunde, dass die Finanzierung der staatlichen Aufgaben in Bund und Ländern einschließlich der Gemeinden in erster Linie aus dem Ertrag der in Art. 105 ff. GG geregelten Einnahmequellen erfolgt (Prinzip des Steuerstaates). ...
Der Verfassungsgrundsatz der Vollständigkeit des Haushaltsplans ist berührt, wenn der Gesetzgeber Einnahme- und Ausgabekreisläufe außerhalb des Budgets organisiert. Der Grundsatz der Vollständigkeit des Haushaltsplans zielt darauf ab, das gesamte staatliche Finanzvolumen der Budgetplanung und -entscheidung von Parlament und Regierung zu unterstellen. Dadurch soll gewährleistet werden, daß das Parlament in regelmäßigen Abständen den vollen Überblick über das dem Staat verfügbare Finanzvolumen und damit auch über die dem Bürger auferlegte Abgabenlast erhält. Nur so können Einnahmen und Ausgaben vollständig den dafür vorgesehenen Planungs-, Kontroll- und Rechenschaftsverfahren unterworfen werden. ....
Die für die Abgrenzung zur Steuer unerläßliche Abhängigkeit der Wasserentnahmeentgelte von einer Gegenleistung bleibt allerdings nur erhalten, wenn deren Höhe den Wert der öffentlichen Leistung nicht übersteigt. Andernfalls würde die Abgabe insoweit - wie die Steuer – ‚voraussetzungslos’ erhoben. Sie diente dann nicht mehr nur der Abschöpfung eines dem Abgabeschuldner zugewandten Vorteils, sondern griffe zugleich auf seine allgemeine Leistungsfähigkeit im Blick auf die Finanzierung von Gemeinlasten zu. Das Heranziehen des Einzelnen zur Finanzierung von Gemeinlasten ist jedoch allein im Wege der Steuer zulässig.


Das Bundesverfassungsgericht hat sich 1994 mit dem sogenannten Kohlepfennig beschäftigt. Der Kohlepfennig war ein Preisaufschlag auf die Strompreise der Energieversorgungsunternehmen in Deutschland, den die Verbraucher der alten Bundesländer von 1974 bis 1995 zu entrichten hatten. Ziel war die Finanzierung des Steinkohlebergbaus in Deutschland, der ohne den Kohlepfennig gegenüber dem Ausland nicht konkurrenzfähig gewesen wäre. Die Subventionierung des deutschen Steinkohlebergbaus war nach Ansicht des Gesetzgebers aus energie-, sozial- und regionalpolitischen Gründen erforderlich. Am 11. Oktober 1994 entschied der zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts jedoch, dass der Kohlepfennig verfassungswidrig ist. Das Verfassungsgerichtsurteil vom 11. Oktober 1994 unter Aktenzeichen 2 BvR 633/86 findet sich z. B. unter http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv091186.html. Seit dem 1.1.1996 wird der Steinkohleabbau aus dem Staatshaushalt subventioniert.

Die beiden Leitsätze des Urteils vom 11.10.1994 lauten:

1.   Um die bundesstaatliche Finanzverfassung wie auch die Budgethoheit des Parlaments vor Störungen zu schützen und den Erfordernissen des Individualschutzes der Steuerpflichtigen im Blick auf die Belastungsgleichheit Rechnung zu tragen, ist eine Sonderabgabe nur in engen verfassungsrechtlichen Grenzen zulässig; sie muß deshalb eine seltene Ausnahme bleiben.
2.   Die Ausgleichsabgabe nach § 8 Drittes Verstromungsgesetz (sog. Kohlepfennig) ist nicht als Sonderabgabe zu rechtfertigen, weil sie eine Allgemeinheit von Stromverbrauchern belastet, die als solche keine besondere Finanzierungsverantwortlichkeit für die Aufgabe trifft, den Steinkohleneinsatz bei der Stromerzeugung zu sichern.


In Abschnitt C II 2 der Begründung zum Urteil vom 11.10.1994 stellt das Bundesverfassungsgericht im Hinblick auf die Abgabe des Kohlepfennigs fest:

Die mit der Abgabe belasteten Stromverbraucher bilden eine den Trägern von Verbrauchsteuern ähnliche Allgemeinheit von Betroffenen, die als solche keine besondere Finanzierungsverantwortlichkeit für die Kohleverstromung trifft. … Die Sicherstellung der Strom- oder Energieversorgung aber ist ein Interesse der Allgemeinheit, das deshalb als Gemeinlast - durch Steuer - finanziert werden muß. … Die Befriedigung eines solchen Interesses ist eine Gemeinwohlaufgabe des Parlaments, das Finanzierungsinstrument die Gemeinlast der Steuern.

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zeigt, dass gerade Energiepreise nicht mit sachfremden Abgaben belastet werden dürfen, selbst wenn deren Verwendungszweck dem Allgemeinwohl dient. Wenn es gute umwelt-, sozial- und verkehrspolitische Gründe gibt, den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) zu subventionieren, dann muss das im zuständigen Parlament auf Bundes-, Landes- oder Kommunalebene erörtert und entschieden werden. Ob und in welchem Umfang der ÖPNV oder Schwimmbäder mit öffentlichen Mitteln gefördert wird, ist auf Basis der verfügbaren Steuereinnahmen im Rahmen des Haushaltes vom demokratisch gewählten Parlament festzulegen. Die parlamentarisch gewollte Subvention des ÖPNV darf aber nicht in völlig intransparenter Weise über die Energie- und Trinkwasserpreise finanziert werden, sondern ist über Steuern aus dem allgemeinen Haushalt zu bezahlen.

Auch der Bundesgerichtshof hat sich mehrfach mit dem Kostendeckungsprinzip und den grundlegenden Prinzipien öffentlichen Finanzgebarens befasst. Exemplarisch sei verwiesen auf die beiden Leitsatzurteile VIII ZR 7/05 und VIII ZR 8/05 des BGH vom 21.09.2005, die sich mit Baukostenzuschüssen in der Wasserversorgung befassen.
« Letzte Änderung: 22. Mai 2013, 20:04:10 von Lothar Gutsche »

Offline Lothar Gutsche

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Re: Gewinne und Konzessionsabgaben (Teil 2)
« Antwort #318 am: 22. Mai 2013, 18:22:10 »
3. Verfassungswidrige Aufträge von Kommunen an Stadtwerke zu Konzessionsabgaben und Gewinnen
In dem Zivilstreit zwischen der Stadtwerke Würzburg AG und mir am OLG Nürnberg wegen offener Forderungen für Strom, Gas und Trinkwasser äußerten sich die Stadtwerke als Klägerin auch umfassend zu ihrem Geschäftsauftrag. In ihrem Schriftsatz vom 30.9.2011 zum Verfahren 1 U 605/11 am OLG Nürnberg erklärten die Stadtwerke Würzburg dem OLG Nürnberg, vgl. Seite 4:

Die Stadt Würzburg beauftragte die Klägerin, mit dem Verkauf von Strom und Gas die Gewinne zu erzielen, die notwendig sind, dass die der Stadt Würzburg geschuldete Konzessionsabgabe und das im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) jährlich zwangsläufig entstehende Defizit erwirtschaftet wird.

Auf den Seiten 4 – 6 des Schriftsatzes vom 30.9.2011 erläuterten die Stadtwerke Würzburg diesen Auftrag und bezifferten unter anderem die jährlichen Verluste des ÖPNV im Zeitraum 2001 – 2008.

Das Verständnis dieses Auftrages geht bei den Stadtwerken Würzburg sogar so weit, dass sie einen Überschuss als Kosten darstellt. Bei der Herleitung des Anfangspreises für Gas benennt die Stadtwerke W"ürzburg AG den „nach Vorgabe des Mehrheitsgesellschafters zu erzielenden Überschuss zur Abdeckung des Defizits für den ÖPNV“ als einen der wesentlichen Einflussfaktoren für die Preisbestimmung. Wörtlich bezeichnet die Klägerin auf Seite 21 ihres Schriftsatzes vom 30.9.2011 den Überschuss als „Kostenposition“. Mit der gleichen Selbstverständlichkeit übernimmt der WVV-Konzern im Auftrag der Stadt Würzburg nicht nur den Betrieb des Dallenbergbades, sondern auch die mutmaßlich hohen, wenn auch unbezifferten Verluste aus dem Betrieb des öffentlichen Schwimmbades.

Der frühere Vorstand der Klägerin und zugleich Geschäftsführer der WVV GmbH, Professor Dr. Norbert Menke, hat der Würzburger Main-Post ein großes Interview gegeben, das am 22.3.2011 veröffentlicht wurde. Darin stellt der Main-Post-Redakteur Ernst Jerg u. a. die folgende Frage: „Die Stadtwerke finanzieren mit ihrem Noch-Gewinn den ÖPNV. Das sind fast 17 Millionen Euro jedes Jahr. Wenn sich die Situation auf dem Energiemarkt verschärft, ist die Querfinanzierung dann noch möglich und wenn ja wie lange?“ Darauf antwortet Herr Professor Menke:

Eine der Hauptaufgaben des Konzerns ist es, eine Abdeckung der Verluste aus dem öffentlichen Nahverkehr zu erwirtschaften. Es wird zunehmend schwerer mit Erträgen aus dem Energiesektor. Bereits frühzeitig hat die WVV neue Geschäftsfelder eröffnet, die Gewinne beitragen müssen. Unsere Planung ist auch mittelfristig darauf ausgerichtet, den ÖPNV-Bedarf im Konzern zu erwirtschaften.

Nach eigener Recherche handelt es um ein autorisiertes Interview, das den „Auftrag“ der Beklagten an die Stadtwerke Würzburg AG und den WVV-Konzern nochmals bestätigt. Der Auftrag der Stadt Würzburg an die Klägerin erstaunt umso mehr, als er trotz seiner überragenden Bedeutung nicht von der Satzung der Klägerin gedeckt wird. Seit Jahren nennt die Satzung der Klägerin in § 2 als Gegenstand des Unternehmens:

Gegenstand des Unternehmens ist die Versorgung mit elektrischer Energie, Wärme, Erdgas, Trinkwasser, der Betrieb von Bädern, die Wertstoffentsorgung,  und die Entsorgungsaufgaben im Rahmen der Abfallgesetze sowie die Übernahme artverwandter Aufgaben.

Die so wichtige Aufgabe, das erhebliche Defizit aus dem ÖPNV bei den Stadtwerken zu erwirtschaften, wird in der Satzung der Stadtwerke Würzburg nicht einmal erwähnt. Nach dem Kommunalrecht und nach der Finanzverfassung wäre ein solcher Auftrag von der Stadt Würzburg an die Stadtwerke auch gesetzwidrig, wie oben bereits umfassend dargelegt wurde.


4. kein Schutz der Verbraucher
In einer Bananenrepublik wie Deutschland halten sich weder die Stadtwerke oder der Stadtrat oder die städtische Verwaltung noch die Aufsichtsbehörden wie die Regierung von Unterfranken und das bayerische Innenmisterium an die eindeutigen gesetzlichen Vorgaben. Eine Kapitalgesellschaft im öffentlichen Eigentum unterliegt nach Auffassung der verantwortlichen Politiker und Regierungsbeamten eben allein rein marktwirtschaftlichen Spielregeln, wie sie der User Black genannt hat. Wer dazu Belege möchte, kann meinen umfangreichen Schriftwechsel mit den genannten Behörden von 2008 - 2011 gern in elektronischer Form  per Email bekommen.

Das Handeln der Verantwortlichen müsste nach den Maßstäben der BGH-Leitsatzentscheidung 5 StR 394/08 vom 9.6.2009 und 17.7.20009 zur Berliner Straßenreinigung auch strafrechtliche Konsequenzen als mutmaßlicher Betrug in besonders schweren Fällen haben. Denn was wird nicht alles zur Täuschung und Irreführung der zu schröpfenden Konsumenten vorgetragen? Mehrfach hatte ich eindringlich alle Verantwortlichen bei den Stadtwerken, im Stadtrat und in der Regierung über die Gesetzwidrigkeit der Quersubvention informiert. Es ging mir nicht um die steuerrechtliche Bewertung des Querverbundes, der erst nach der Neufassung des § 8 Abs. 7 KStG im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2009 möglicherweise legalisiert wurde. Vielmehr steht allein die Finanzierung der Quersubvention im Zentrum meiner Kritik, die Herkunft der Mittel für die Quersubvention. Sowohl auf die verfassungsrechtlichen und kommunalrechtlichen Rahmenbedingungen als auch auf die energiewirtschaftsrechtlichen und kartellrechtlichen Vorgaben hatte ich umfassend hingewiesen. Trotzdem wurden die überhöhten Preise für Energie und Trinkwasser verteidigt und werden weiter gefordert, um den städtischen Auftrag der Quersubvention zu erfüllen.

Besonders verwerflich ist dabei die Tatsache, dass die Kommunen das große Vertrauen missbrauchen, das Stadtwerke in der Bevölkerung genießen. In mehreren Rechtsstreitigkeiten zwischen der Nürnberger goldgas SL GmbH und der Bremer swb AG (früher Stadtwerke Bremen) ging es um den Gebrauch des Namenszusatzes „Stadtwerke“. Die Bezeichnung „Stadtwerke“ erweckt den Eindruck, es handele sich um ein kommunales Unternehmen, bei dem die eigene Kommune einen bestimmenden Einfluss auf die Unternehmenspolitik hat. Endkunden verbinden mit dem Begriff „Stadtwerk“ immer noch die Vorstellung besonderer Verlässlichkeit, Seriosität und Bonität. Es wird erwartet, dass sich ein Stadtwerk gegenüber der Bevölkerung besonders verantwortlich fühlt und sein Engagement nicht gewinnorientiert ist.

Das Hanseatische Oberlandesgericht Bremen nannte in den Gründen seines Urteils vom 09.04.2010 unter Aktenzeichen 2 U 7/10
•   die Erwartung, dass ein kommunal geführtes Unternehmen eine mit der Region besonders verbundene und auf die Interessen der einheimischen Bevölkerung im besonderen Maße Rücksicht nehmende Unternehmenspolitik betreibt, die insbesondere auch soziale Belange einbezieht und bei der - unabhängig von der konkreten Rechtsform - kein echtes Insolvenzrisiko besteht, weil hinter dem Unternehmen "der Staat" steht (siehe OLG Hamm, Urteil vom 08.12.09, 4 U 129/09; LG Kiel, Urteile vom 27.07.09 zu 15 O 47/09 und 15 O 77/09; LG Bochum, Urteil vom 30.06.09, I-12 O 25/09; LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 09.12.08, 3 O 10286/08 - jeweils zitiert in juris). Allerdings dürfte heute angesichts der allseits bekannten Finanznöte der öffentlichen Hand und insbesondere der Kommunen bei dem verständigen Verbraucher bekannt sein, dass auch kommunale Unternehmen im Grundsatz rentabel zu führen sind. Das schließt aber nicht die Erwartung aus, es nicht mit einem allein profitorientierten Unternehmer zu tun zu haben, der insbesondere in seiner Preispolitik sich nicht von sozialen oder kommunalen Erwägungen leiten lässt, sondern die Gewinne erwirtschaften will, "die der Markt hergibt". Auch die mit einem kommunalen Unternehmen verbundenen negativen Assoziationen, die aus einer Gleichsetzung solcher Unternehmen mit der öffentlichen Verwaltung herrühren (insbesondere Langsamkeit, Umständlichkeit und Bürgerferne, "Bürokratie"), sind nach Einschätzung des Senats nicht geeignet, von vornherein die bereits aufgeführten positiven Assoziationen zu neutralisieren.
•   die daran anknüpfende Vorstellung, dass ein solcher kommunaler Energieversorger sich den Endverbrauchern gegenüber kundenfreundlicher verhält oder "seriöser" ist als ein Unternehmen, das diesen kommunalen Bezug nicht hat.

D. h., ein „Stadtwerk“ genießt als Kommunalunternehmen eine besondere Vertrauensstellung beim Verbraucher und kann daraus im Wettbewerb konkrete wirtschaftliche Vorteile ziehen. Viele Stadtwerke wie die in Würzburg nutzen das Vertrauen in Form drastisch überhöhter Energie- und Trinkwasserpreise aus. Entgegen der eindeutigen Fakten führt der Oberbürgermeister der Stadt Würzburg, Herr Georg Rosenthal, die Bevölkerung vorsätzlich in die Irre, als er in einem Interview 2008 behauptet, die Stadtwerke Würzburg AG sei kein „rein gewinnorientierter Wirtschaftsbetrieb“.
 
Die EU-Kommission hatte am 20.12.2011 im Entwurf unter Aktenzeichen 2011/0438 (COD) die Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die öffentliche Auftragsvergabe vorgestellt. Darin ist unter anderem eine Privatisierung der Wasserversorgung durch die EU vorgesehen. Zur Einschätzung der Sachlage wird Frau Kristina Kessler, die Pressesprecherin der WVV, von einer örtlichen Wochenzeitung befragt. In dem am 20.2.2013 publizierten Interview erklärt Frau Kessler, warum die Wasserversorgung in Würzburg nicht privatisiert werden sollte:

Ein kommunales Unternehmen möchte nicht den Gewinn maximieren. Hier steht das kostendeckende Arbeiten im Fokus.

Weiter heißt es in dem Artikel vom 20.2.2013 mit Bezug auf die Pressesprecherin: „Die öffentliche Wasserversorgung muss sich auch in Zukunft am Gemeinwohl und nicht an der Profitmaximierung orientieren.“ Die Pressesprecherin erweckt den Eindruck, als ob die WVV und speziell die Stadtwerke Würzburg AG, der die Wasserversorgung obliegt, nur am Gemeinwohl orientiert sei, keine Profite maximieren will und mit ihren Preisen nur eigene Kosten deckt. Angesichts der hohen Eigenkapitalrenditen bei der Stadtwerke Würzburg AG und bei der Trinkwasserversorgung Würzburg GmbH verstärkt Frau Kessler mit diesen Aussagen die Irreführung der Kunden über die wahren Gewinnabsichten der WVV. Die Volljuristen unter uns können sicher erklären, ob solche Aussagen schon Beihilfe zum Betrug sind und ob das Zusammenwirken derart vieler Verantwortlicher schon die Kriterien organisierter Kriminalität erfüllt, vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Organisierte_Kriminalit%C3%A4t.

Lothar Gutsche
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« Letzte Änderung: 22. Mai 2013, 20:27:54 von Lothar Gutsche »

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Re: Konzessionsabgabe
« Antwort #319 am: 22. Mai 2013, 20:51:54 »
Danke Lothar Gutsche! Eine Antwort von meiner Seite erübrigt sich. Der Sachverhalt ist von Ihnen umfassend und gründlichst dargestellt.

User Black kann ich nur empfehlen, sich damit ernsthaft auseinanderzusetzen und nichts "lustig zu einem Brei zu verrühren".

@Black, die Rechtsgrundlage für diese "Abgabe" steht in welchem Gesetz?
Ist die Rechtsgrundlage nicht ein privater Vertrag, quasi der Kommune mit sich selbst, sprich mit dem eigenen Energieversorgungsunternehmen?! Die Verordnung deckelt nur die mögliche Vereinbarung. Man vereinbart dann immer die Höchstsätze, da man davon ausgeht, diese immer mindestens vollständig über die Preise an die Verbraucher weiterzuwälzen und sie so zu "erwirtschaften". Das geht gegenüber dem Fiskus solange gut, wie die Abgabe "verdient" und nicht als verdeckte Gewinnausschüttung erkannt wird. Ansonsten ist die steuerfreie "Ausschüttung" dahin. Beispiel
Zitat
Die Stadt X ist mittelbar beherrschende Gesellschafterin der V-AG. Bei Zahlung an einen beherrschenden Gesellschafter kann eine vGA vorliegen, wenn die Gesellschaft eine Leistung erbringt, für die es an klaren, im Voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt. Das FG wird festzustellen haben, welche Vereinbarung den Konzessionsabgaben zugrunde lag.
BFH-Urteil vom 31.1.2012,I R 1/11

Ohne Vertrag gibt es jedenfalls keine Rechtsgrundlage. Konzessionsabgaben sind entgegen ihrer Bezeichnung keine Abgaben, sondern bürgerlich-rechtliche Verträge "eigener Art". Zu den Merkwürdigkeiten der Ausgestaltung dieser tollen Verordnung ist schon alles geschrieben. Man kann nachlesen.

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Re: Konzessionsabgabe
« Antwort #320 am: 22. Mai 2013, 23:02:34 »
Zitat
Ohne Vertrag gibt es jedenfalls keine Rechtsgrundlage. Konzessionsabgaben sind entgegen ihrer Bezeichnung keine Abgaben, sondern bürgerlich-rechtliche Verträge "eigener Art".

Mit jeder Vergabe der Konzession wird die KA vertraglich geregelt. Es ist furzegal, ob ein G4-Konzern oder ein Gemeindewerk diese für i.d.R. 20 Jahre erhält, die Inhalte sind klar.

Gruß

NN

Offline RR-E-ft

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Re: Konzessionsabgabe
« Antwort #321 am: 22. Mai 2013, 23:12:18 »
Es lässt sich vertraglich auch eine Unentgeltlichkeit der sog. Konzession vereinbaren.
« Letzte Änderung: 22. Mai 2013, 23:19:13 von RR-E-ft »

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Re: Konzessionsabgabe
« Antwort #322 am: 22. Mai 2013, 23:29:04 »
Es lässt sich vertraglich auch eine Unentgeltlichkeit der sog. Konzession vereinbaren.
So ist es, z.B. Eibelstadt (glücklich wurde man damit bei dieser total absurden Verordnung aber auch nicht.
Eibelstadt:
Die Stadt ist die einzige Kommune im Gasverbundgebiet der Stadtwerke Würzburg, die auf ihre Konzessionsabgabe verzichtet. Tatsächlich erschien in den Rechnungen der Eibelstadter nie das Wort "Konzessionsabgabe", wie in anderen Orten. So waren die Stadträte und die Gaskunden stets der Auffassung, dass für Eibelstadt ein reduzierter Gaspreis berechnet wurde. Bis man feststellte, dass dem nicht so ist. Die Stadtwerke teilten auf Anfrage mit, dass der Verzicht der Konzessionsabgabe in die Gesamtkalkulation eingehe. Das Energieunternehmen sei nur zu einer Gesamtkalkulation verpflichtet. Das soll und muss der Gaskunde glauben, kontrollieren kann er es nicht.

Konzessionsabgabe löst sich in Luft auf!

und noch zur Erinnerung oder Entspannung ;):Total absurd

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"Konzessionsabgabe" - mit zweierlei Maß im "Rechtsstaat"
« Antwort #323 am: 23. Mai 2013, 09:36:34 »
Bezug:
Zitat
Es wird endlich Zeit dass die Quersubventionierung allgemeiner öffentlicher Aufgaben durch die Energieverbraucher aufhört.
http://forum.energienetz.de/index.php/topic,18287.msg100801.html#msg100801

Da muss noch viel mehr aufhören. Einfach mal genau hinsehen was die Energieverbraucher offen und versteckt so alles finanzieren. "Bananenrepublik" ist zwar ein hartes Urteil für unseren Staat, die Beispiele zur Tendenz dorthin lassen sich aber immer öfter finden. Was die kommunalen Lobbyverbände über die Verflechtung mit der Landes- und Bundespolitik da mit Salamitaktik übr die Jahre insgesamt geschaffen haben ist so ein Beispiel. Die rückwirkende Sanktion der Stadtwerkesonderregelung "steuerliche Quersubvention" war der Gipfel und kratzt gewaltig am Lack der Rechtsstaatlichkeit. So hat das auch der ehemalige Präsident des BFH gesehen.

Nach § 8 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Elektrizitätsversorgung (AVBEltV) haben private Grundstückseigentümer für Zwecke der örtlichen Versorgung Leitungen etc. pp. unentgeltlich zuzulassen.

Angenommen, es wäre hier, im Gleichsatz wie auf den Flächen im öffentlich-rechtlichen (Gemein)-Eigentum, ebenfalls die Entgeltlichkeit ("Konzessionsabgabe") gang und gäbe, wer glaubt, dass der Private dieses Entgelt steuerfrei einnehmen dürfte?
PS
Z.B. so wird der Bürger und Verbraucher für blöd verkauft. Laut BFH rechtwidrig, dann ändert man halt nachträglich die Gesetze:
Zitat
Durch die Verabschiedung des Jahressteuergesetzes wurde die Quersubventionierung für den öffentlichen Personennahverkehr auf eine rechtlich stabile Grundlage gestellt. Die SPD- Kreistagsfraktion begrüßt in ihrer Stellungnahme, dass es nunmehr weiterhin zulässig ist, dass die Ergebnisse aus dem defizitären Bereich des ÖPNV mit der gewinnträchtigen Energieversorgung verrechnet werden kann.
"Jahressteuergesetz schafft Rechtsicherheit" - "weiterhin zulässig"
Bemerkenswert, u.a. für die Kommunalpolitiker ist "steuerfrei" ein Synonym für "legal"
Der Deutsche Steuerberaterverband (DStV), wohl als fachlich qualifiziert anzusehen, hat immer wieder auch zu Jahressteuergesetzen verfassungsrechtliche Zweifel angemeldet. Gehört wurden die Fachleute nicht!

Für rechtsstaatlich fragwürdig hält der Verband die oft wiederholte Praxis von Nichtanwendungserlassen und Nichtanwendungsgesetzen, um unerwünschte höchstrichterliche Rechtsprechung zu beseitigen. Verfassungsrechtlich bedenklich erscheint nicht nur dem Verband dazu, Änderungen dann für Vorjahre anzuwenden. Damit verstößt man gegen die strenge Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Rückwirkungsverbot.

Solche Praktiken gehen letztendlich zu Lasten der Verbraucher. Warum die Vertreter der Verbraucher da nicht genauer hinsehen und Widerstand leisten, ist mir unerklärlich.
« Letzte Änderung: 23. Mai 2013, 10:45:25 von PLUS »

Offline Black

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Re: Gewinne und Konzessionsabgaben (Teil 1)
« Antwort #324 am: 23. Mai 2013, 11:22:09 »

Der User "Black" behauptet, es existierten keine gesetzlichen Vorgaben für die Höhe der Gewinne von Stadtwerken. Die Gewinne wären nur durch den Markt begrenzt, da bei zu hohen Preisen Kunden abwandern würden. Diese Behauptung unterschlägt, dass Stadtwerke, so weit sie sich noch mehrheitlich in öffentlicher Hand befinden, zum hoheitlichen Handeln der Kommune gehören und Teil der öffentlichen Verwaltung sind. Dadurch sind Stadtwerke unmittelbar an die Grundrechte gebunden und dürfen insbesondere durch ihre Preisgestaltung die Eigentumsrechte und Entfaltungsrechte ihrer Kunden nicht beeinträchtigen. Die Städte und Gemeinden dürfen sich nicht über das Instrument eines städtischen Betriebes in verfassungswidriger Weise Einnahmen verschaffen und gegen den Gleichheitsgrundsatz bei der Auferlegung öffentlicher Lasten verstoßen.

Der User Black weist Sie darauf hin, dass ein Stadtwerk, dass dem Kunden eine Rechnung für seinen Energieverbrauch auf Basis vertraglich vereinbarter Preise schickt und Bezahlung verlangt nicht hoheitlich sondern privatrechtlich handelt. Insoweit liegt gegenüber dem Kunden schon kein Grundrechtseingriff vor. Weiterhin ist weder der Energiepreis noch die Konzessionsabgabe eine öffentliche Last.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline Lothar Gutsche

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Re: Konzessionsabgabe
« Antwort #325 am: 23. Mai 2013, 12:07:48 »
Hat der User Black schon einmal den Begriff "Verwaltungsprivatrecht" gehört? Wenn nicht, dann empfehle ich für den Einstieg die Lektüre von http://www.fes-kommunalakademie.de/_data/VR_Verwaltungsprivatrecht.pdf und zur Vertiefung die von mir oben zitierten Urteile des BGH und des Bundesverfassungsgerichts. Zur Grundrechtsbindung öffentlicher Unternehmen, die in den Formen des Privatrechts organisiert sind, hat sich das Bundesverfassungsgericht auch ausführlich am 22.2.2011 in der Leitsatz-Entscheidung zum Fall FraPort unter Aktenzeichen 1 BvR 699/06 geäußert, siehe http://www.bverfg.de/entscheidungen/rs20110222_1bvr069906.html. Ein Stadtwerk in der Privatrechtsform einer AG oder GmbH, das aber mehrheitlich der öffentlichen Hands gehört, ist eben keine gewöhnliche Kapitalgesellschaft, die nur die Vorschriften des Aktien- oder GmbH-Gesetzes einhalten müsste. Vielmehr müssen solche Stadtwerke in ihrem Handeln und speziell in der Preisgestaltung auch öffentlich-rechtliche Grenzen beachten.

Mit Ihrem Hinweis "Rechnung für seinen Energieverbrauch auf Basis vertraglich vereinbarter Preise" kommen wir im Rahmen der Grundversorgung oder gar im Monopolfall der Wasserversorgung nicht wirklich weiter. Die angebliche "vertragliche Vereinbarung" endet in einer endlosen Diskussion wie bei der Preissockeltheorie.

Bei der Konzessionsabgabe müsste noch die Frage gestellt werden, welche Kosten der Kommune durch Überlassen der Wegerechte entstehen. Nach dem Kostendeckungs- und  Wirtschaftlichkeitsprinzip der Finanzverfassung dürften die Konzessionsabgaben letztlich nur die tatsächlichen Aufwendungen der Kommune decken und nicht neue Finanzquellen erschließen, mit denen aus dem Nichts hohe Gewinne erwirtschaftet werden. Faktisch gehören die Konzessionsabgaben zur Aktionärsrendite der Gemeinden, wie es der frühere Würzburger Stadtwerke-Vorstand in der Zeitschrift für Kommunalwirtschaft sehr treffend ausgedrückt hat. Als Energieverbraucher und steuerzahlender Bürger sehe ich deshalb bei der Konzessionsabgabe einen Widerspruch.

Viele Grüße
Lothar Gutsche
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Re: Konzessionsabgabe
« Antwort #326 am: 24. Mai 2013, 13:19:10 »
Ausufernde Einnahme- und Finanzierungsquelle Energieverbraucher! - Konzessionsabgabe und mehr. Nur noch als Ergänzung zur Diskussion "Quersubventierung" bei Stadtwerken, dieser heutige Zeitungsartikel:

Premium-Sponsor Stadtwerke - Profisport mietfrei?!

Stuttgarter Zeitung - Profikommerzsport Eishockey - Steelers
« Letzte Änderung: 26. Mai 2013, 11:37:22 von PLUS »

Offline Black

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Re: Konzessionsabgabe
« Antwort #327 am: 31. Mai 2013, 13:55:39 »
Bei der Konzessionsabgabe müsste noch die Frage gestellt werden, welche Kosten der Kommune durch Überlassen der Wegerechte entstehen. Nach dem Kostendeckungs- und  Wirtschaftlichkeitsprinzip der Finanzverfassung dürften die Konzessionsabgaben letztlich nur die tatsächlichen Aufwendungen der Kommune decken und nicht neue Finanzquellen erschließen, mit denen aus dem Nichts hohe Gewinne erwirtschaftet werden.

Das Kostendeckungsprinzip greift hier nicht. Der Gesetzgeber hat mit den Regelungen nach § 46 Abs. 1 Satz 2 EnWG i.V.m. § 2 KAV eindeutige Vorgaben zur Konzessionsabgabenhöhe festgelegt. Das Kostendeckungsprinzip kann nicht zur Nichtanwendbarkeit bestehender Gesetze führen.

Ich verstehe den gewählten Ansatz ohnehin nicht.

Entweder man ist der Auffassung die Konzessionsabgabe ist nach derzeit geltendem Recht unzulässig. Dann sollte einfach die Zahlung verweigert werden, so dass eine gerichtliche Klärung herbeigeführt werden kann. Da könnte man ja versuchen beim zuständigen Gericht diese ganzen umfassenden Endlostexte zu rechtlichen Prinzipien einzubringen, die hier im Forum gepostet werden.

Oder man ist der Auffassung, dass die Konzessionsabgabe nach geltendem Recht zwar zulässig ist, aber diees Recht geändert werden muss. Dass ist dann aber keine juristische sondern eine politische Frage bzw. eine politische Forderung.

Eine politische Forderung muss aber nicht juristisch begründet werden.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

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Re: Konzessionsabgabe
« Antwort #328 am: 31. Mai 2013, 15:22:54 »
Das Kostendeckungsprinzip greift hier nicht. Der Gesetzgeber hat mit den Regelungen nach § 46 Abs. 1 Satz 2 EnWG i.V.m. § 2 KAV eindeutige Vorgaben zur Konzessionsabgabenhöhe festgelegt. Das Kostendeckungsprinzip kann nicht zur Nichtanwendbarkeit bestehender Gesetze führen.

Ich verstehe den gewählten Ansatz ohnehin nicht.

Entweder man ist der Auffassung die Konzessionsabgabe ist nach derzeit geltendem Recht unzulässig. Dann sollte einfach die Zahlung verweigert werden, so dass eine gerichtliche Klärung herbeigeführt werden kann. Da könnte man ja versuchen beim zuständigen Gericht diese ganzen umfassenden Endlostexte zu rechtlichen Prinzipien einzubringen, die hier im Forum gepostet werden.

Oder man ist der Auffassung, dass die Konzessionsabgabe nach geltendem Recht zwar zulässig ist, aber diees Recht geändert werden muss. Dass ist dann aber keine juristische sondern eine politische Frage bzw. eine politische Forderung.

Eine politische Forderung muss aber nicht juristisch begründet werden.
Ja, das Kostendeckungsprinzip wird gerne in die Tonne getreten. Mit Salamitaktik versucht man, sich langsam aber sicher ganz davon zu befreien. Kreativ werden analog wie bei der Quersubvention neben den Steuern und Abgaben weitere Einnahmequellen und undurchsichtige Konstrukte für alles Mögliche geschaffen. Die Verbraucher von Strom, Gas und Wasser sind da willkommene und bis heute in der Mehrzahl sehr geduldige Melkkühe.

@Black, nicht  "entweder oder". Das kann sehr wohl politisch und rechtlich begründet werden. Das EINE ergibt sich gegebenenfalls aus dem ANDEREN. Die Erhebung der Konzessionsabgabe ist ein chaotisches kontrollfreies und ungerechtes Abkassieren der Verbraucher. Es gibt starke Gründe und genügend Beispiele für die Unrechtmäßigkeit. Sie sind hier im Forum nachzulesen. 

Liegt denn im Zusammenhang mit den Versorgungsleitungen der Stadtwerke in den Gemeindestraßen überhaupt die Benutzung einer öffentlichen Einrichtung durch einen Dritten vor? Wem gehören die Leitungen? Wer bezahlt dafür bereits?

Mit dem Eigenbetrieb, den eigenen Stadtwerken schließt die Kommune so einen Vertrag mit sich selbst zu Lasten Dritter. Was ist die Konzessionsabgabe denn, eine Abgabe? Angeblich liegt eine privatrechtliche Ausgestaltung vor und es soll sich um ein privatrechtliches Entgelt handeln, das ja "nur" an die Verbraucher in der Preiskalkulation weitergereicht wird.
Wird denn nicht für den Transport (Leitungen, Unterhalt ...) zum Verbraucher nicht bereits ein mehr als nur kostendeckendes Netzentgelte kassiert?

Sind die Bürger bzw. die Einwohner einer Gemeinde nicht grundsätzlich berechtigt und manchmal sogar verpflichtet, die Einrichtungen der Gemeinde zu nutzen und dabei "nur" verpflichtet, die Lasten zu tragen, die damit verbunden sind (Kostendeckung!)?  Maßstab ist immer das Kostendeckungsprinzip! Spielen die Verfassungen keine Rolle mehr?  Z.B. in Artikel 71 (3) der Verfassung von Baden-Württemberg ist immer nur die Rede von Kostendeckung zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben.

Man nennt die heimliche Kommunalverbraucherprivatsteuer immer noch "Konzessionsabgabe" wie in alten Monopolzeiten. Man hat sie so raffiniert ausgestaltet, dass der einzelne Verbraucher keinen Hebel zum Greifen findet. Eine Zukunft hat diese Abgabe so trotzdem nicht. Früher oder später ...

PS:
@Black, damit bei Ihrer gewählten Formulierung auch kein Missverständnis aufkommt:

Der Gesetzgeber hat in der KAV "die Abgabenhöhe" lediglich mit Höchstbeträgen "eindeutig" begrenzt. Er hat aber nicht festgelegt, dass sie überhaupt "vereinbart" und dem Verbraucher weiterberechnet werden muss.
« Letzte Änderung: 31. Mai 2013, 15:44:31 von PLUS »

Offline RR-E-ft

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Re: Konzessionsabgabe
« Antwort #329 am: 31. Mai 2013, 16:07:41 »
Am besten nochmal nachlesen, was unser aller Gesetzgeber getextet hat.

§ 46 Abs.1 EnWG:

Zitat
Gemeinden haben ihre öffentlichen Verkehrswege für die Verlegung und den Betrieb von Leitungen, einschließlich Fernwirkleitungen zur Netzsteuerung und Zubehör, zur unmittelbaren Versorgung von Letztverbrauchern im Gemeindegebiet diskriminierungsfrei durch Vertrag zur Verfügung zu stellen. Unbeschadet ihrer Verpflichtungen nach Satz 1 können die Gemeinden den Abschluss von Verträgen ablehnen, solange das Energieversorgungsunternehmen die Zahlung von Konzessionsabgaben in Höhe der Höchstsätze nach § 48 Abs. 2 verweigert und eine Einigung über die Höhe der Konzessionsabgaben noch nicht erzielt ist.

§ 48 EnWG:

Zitat
§ 48 Konzessionsabgaben
(1) Konzessionsabgaben sind Entgelte, die Energieversorgungsunternehmen für die Einräumung des Rechts zur Benutzung öffentlicher Verkehrswege für die Verlegung und den Betrieb von Leitungen, die der unmittelbaren Versorgung von Letztverbrauchern im Gemeindegebiet mit Energie dienen, entrichten. Eine Versorgung von Letztverbrauchern im Sinne dieser Vorschrift liegt auch vor, wenn ein Weiterverteiler über öffentliche Verkehrswege mit Elektrizität oder Gas beliefert wird, der diese Energien ohne Benutzung solcher Verkehrswege an Letztverbraucher weiterleitet.
(2) Die Bundesregierung kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Zulässigkeit und Bemessung der Konzessionsabgaben regeln. Es kann dabei jeweils für Elektrizität oder Gas, für verschiedene Kundengruppen und Verwendungszwecke und gestaffelt nach der Einwohnerzahl der Gemeinden unterschiedliche Höchstsätze in Cent je gelieferter Kilowattstunde festsetzen.
(3) Konzessionsabgaben sind in der vertraglich vereinbarten Höhe von dem Energieversorgungsunternehmen zu zahlen, dem das Wegerecht nach § 46 Abs. 1 eingeräumt wurde.
(4) Die Pflicht zur Zahlung der vertraglich vereinbarten Konzessionsabgaben besteht auch nach Ablauf des Wegenutzungsvertrages für ein Jahr fort, es sei denn, dass zwischenzeitlich eine anderweitige Regelung getroffen wird.

Auf der Grundlage des § 48 Abs. 2 EnWG gilt weiter die Konzessionsabgabeverordnung: http://www.gesetze-im-internet.de/kav/BJNR000120992.html

Bei Lichte betrachtet:

Kein einziger Verbraucher zahlt sog. Konzessionsabgaben.

Sofern ein Konzessionsvertrag abgeschlossen und damit die Zahlung von Konzessionsabgaben vertraglich vereinbart wurde, so ist der jeweilige Netzbetreiber der Schuldner der Konzessionsabgaben, § 48 Abs. 3 EnWG.

Beim Netzbetreiber stellen die gezahlten bzw. zu zahlenden sog. Konzessionsabgaben einen Kostenbestandteil dar, der in der Regel über Netzentgelte auf die Energielieferanten abgewälzt werden kann.
Für den Energielieferanten stellen wiederum die gezahlten bzw. zu zahlenden Netzentgelte einen Kostenbestandteil dar, der in der Regel über die Energiepreise auf die Letztverbraucher abgewälzt wird.

Eine Verringerung oder gar der vollständige Fortfall der sog. Konzessionsabgaben haben nicht unmittelbar eine Verringerung der Letztverbraucherpreise für Energie zur Folge.

Liegt zu einem vom Energielieferanten beanspruchten Preis die Kostenkalkulation nicht vollständig offen, kann man nicht wissen, ob und ggf. in welcher Höhe einzelne Kostenbstandteile ggf. in die Preiskalkulatio eingeflossen sind oder aber ggf. außen vor gelassen wurden.

Wohl allenfalls für grund- bzw. ersatzversorgte Stromkunden könnte sich aus § 4 Abs. 2 KAV noch unmittelbar etwas herleiten lassen.

Zitat
§ 4 Tarifgestaltung
(1) Konzessionsabgaben sind in den Entgelten für den Netzzugang und allgemeinen Tarifen auszuweisen. Gelten die Entgelte für den Netzzugang und allgemeinem Tarifpreise für mehrere Gemeinden, genügt die Angabe der für sie maßgeblichen Höchstbeträge sowie der Hinweis auf den Vorrang von Vereinbarungen, daß keine oder niedrigere Konzessionsabgaben zu zahlen sind.
(2) Soweit bei Versorgungsgebieten mit mehreren Gemeinden das Versorgungsunternehmen und eine Gemeinde vereinbaren, daß für die Belieferung von Stromtarifabnehmern keine Konzessionsabgaben oder niedrigere als die nach den §§ 2 und 8 zulässigen Beträge gezahlt werden, sind die Entgelte für den Netzzugang und die allgemeinen Tarife in dieser Gemeinde entsprechend herabzusetzen.
(3) Bei Strom gelten die Verpflichtungen nach den Absätzen 1 und 2 erst von dem Zeitpunkt an, zu dem eine nach dem 1. Januar 1992 erteilte Tarifgenehmigung wirksam wird.

« Letzte Änderung: 31. Mai 2013, 16:48:58 von RR-E-ft »

 

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