Ermutigend ist die gesamte Entwicklung nicht, aber auch nicht entmutigend.
Die gesetzliche Grundlage des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG 2005) wird so recht nicht gewürdigt – außer im Sondergutachten der Monopolkommission:
„§ 1 (1) Zweck des Gesetzes ist eine möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente und umweltverträgliche leitungsgebundene Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität und Gas.
§ 2 (1) Energieversorgungsunternehmen sind im Rahmen der Vorschriften dieses Gesetzes zu einer Versorgung im Rahmen des § 1 dieses Gesetzes verpflichtet.“
Der „Rahmen“ ist da, aber das passende „Bild“ bisher nicht.
Die Grande Dame der Liberalen (nicht der Neo-Liberalen), Hildegard Hamm-Brücher, hat sich zum Ende einer TV-Sendung ANNE WILL am 28.10.2007 über den Verfall der „Parlamentarischen Demokratie“ beklagt: „…das Parlament ist nicht mehr die erste Gewalt im Staat, sondern eine nach geordnete Einrichtung der Regierung …Es geht um die Demokratie…“
Eine Minderheit bestimmt, wo es langgeht. Die politischen Entscheidungen werden in „Zirkeln und Hinterzimmern“ ausgekungelt. Das Parlament darf dann auf Geheiß der „Fraktions-Zuchtmeister“ bestimmungsgemäß abstimmen – geringe „Abweichler“ werden zum Anschein einer „Gewissensentscheidung“ geduldet.
Da bedient man sich auch recht obskurer Berater mit einer Vorliebe (dieses Wort hat in diesem Zusammenhang eine eigenartige Bedeutung) zum „horizontalen Gewerbe“ und einer Manipulation der Betriebsverfassung – wie sich hinterher herausstellt. Externe Berater aller Couleur. Da gibt es riesige Ministerien mit Heerscharen von hoch ausgebildeten und hoch bezahlten Beamten und Angestellten. Trauen die Politiker – und die sie dominierende Wirtschaftselite - ihnen nichts zu oder treuen sie ihnen nicht – oder beides?!
Fehlt für diesen informellen Machtapparat noch eine passende Bezeichnung, z.B. „Polit-Komitee“. Aber gekungelt wird ja eigentlich in Büros…Die Abgeordneten und Volksvertreter hocken dann gelegentlich in der „Parlaments-Kammer“ beieinander. Dort gehen sie ihrer liebsten Beschäftigung nach: Der Erhöhung ihrer Diäten.
Dazu passt die Forderung des neuen RWE-Chefs, Jürgen Großmann, am 31.10.2007 auf den Niedersächsischen Energietagen in Hannover: „Großmann will neuen Energiepakt - Die aktuelle Konfrontation zwischen Industrie, Energiewirtschaft und Politik muss ein Ende haben. Wir können so nicht weitermachen. …Notwendig seien vielmehr mehr Transparenz der Stromkonzerne gegenüber den Kunden … “
Wohlgemerkt: Ein „neuer“ Energiepakt, also gibt es schon einen „alten“.
Ein „Pakt“ geht regelmäßig zu Lasten Dritter. Industrie – Energiewirtschaft – Politik: Was bleibt da für „Otto-Normal-Verbraucher“ übrig?
Das Wort „Pakt“ hat eine bestimmte Lautverwandtschaft mit einem Wort in einem Sprichwort, in dem man sich schlägt und wieder verträgt.
Bundeskanzlerin Angela Merkel bläst dann am 06.11.2007 auf dem Steinkohletag in Essen auch prompt ins gleiche Horn: …Sie wolle sich nicht an Verdächtigungen beteiligen, werde aber Transparenz einfordern…“ und hat sich für eine Verständigung zwischen Energieversorgern und Politik ausgesprochen.
Wer hat denn da zuletzt „auf der Leitung“ gestanden? Oder liegt es daran, dass die Wirtschaft die von ihnen bezahlten Mitarbeiter aus den Bundesministerien zurückziehen musste?
Die Energiewirtschaft sitzt durch die politischen „Steigbügelhalter“ auf einem „hohen Ross“. Zumindest seit „Rot-Grün“ war politisch eine Marktgestaltung von Energie-Oligopolen gewollt. Dabei sollte mit politischer Duldung beim Energieverbraucher genügend Kapital generiert werden, um in der weiteren Entwicklung als „Europa Player“ aufzutreten. Habgier: So drastisch und rigoros hatten sich die Politiker die Erhöhungen der Energiepreise nicht vorgestellt. Erschrocken stellen sie nun fest, dass ihnen die Energie-Oligopole „aus dem Ruder gelaufen“ sind. Es ging ja schließlich auch gegen den Rest der Wirtschaft, insbesondere die kleinen Gewerbebetriebe. Außerdem hat es erhebliche negative Auswirkung auf die Kaufkraft von „Otto-Normal-Verbraucher“ und damit auf die Binnennachfrage.
Ein Wirtschaftsminister vertritt die Interessen der Wirtschaft – was sonst!? Wer soll eigentlich die Interessen der Verbraucher vertreten?
Wirtschaftsminister Alois Rhiel, Hessen, teilt dem Volk der Energieverbraucher auch laufend wohlmeinende Absichtserklärungen mit – wohl wissend, dass diese folgenlos bleiben.
Der Präsident des Bundeskartellamtes, Bernhard Heitzer, hat in einem Interview – das an deutlicher Kritik an den E.ON-Konzern kaum noch zu überbieten ist - mit der Süddeutschen Zeitung u.a. gesagt: „…Die Strompreiserhöhung von Versorger Eon sei dreist…Denn hinter einer Missbrauchsuntersuchung steht ja sehr deutlich der Vorwurf, ihr handelt unredlich. Die Reputation der Energiewirtschaft ist schon so hinreichend ramponiert.“
[„Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert.“]
„Der Unredliche konstruiert eine Schein-Wirklichkeit, die von der Wirklichkeit ablenken soll… Der Fehler, Konstrukte für Realität zu halten, ist sicher eine der Hauptursachen für die neue Unredlichkeit.“ (Rupert Lay und Ulf D. Posé – Die neue Redlichkeit. Werte für die Zukunft, Campus Verlag, Frankfurt 2006). Eine Lektion für die herrschenden Eliten in Politik und Wirtschaft.
Die Monopolkommission spricht in ihrem Sondergutachten „Strom und Gas 2007“ von „Vermachtete Marktstruktur …Ferner gibt es [bei Strom] keine Möglichkeit, auf substitutive Produkte auszuweichen und so einen disziplinierenden Einfluss auf die Erzeuger auszuüben…Die Monopolkommission sieht in der bloßen Weitergabe von Kosten eines Quasi-Monopolisten eine große Gefahr, da diese Kosten in der Regel überhöht sind…Auffällig ist, dass die Grundsätze, die der Bundesgerichtshof in den beiden Urteilen [28.03.2007 und 13.06.2007] zu § 315 BGB aufgestellt hat, nicht mit der Marktabgrenzung übereinstimmen, die das Bundeskartellamt bei Anwendung der GWB-Bestimmungen im Energiesektor nach wie vor zugrunde legt und die von der Rechtsprechung in der Vergangenheit bestätigt wurden… Ein flächendeckender Wettbewerb um HuK-Kunden findet nicht statt…“
Expertengespräch Bund der Energieverbraucher am 16.08.2007 in Hannover: „…Einige Teilnehmer äußerten die Vermutung, dass der Bundesgerichtshof [BGH-Urteil vom 13.06.2007] durch diese Sichtweise die Justiz im Lande vor einer Prozesslawine schützen wollte…“
Vielleicht ist die Rechtsprechung der unteren Instanzen hilfreicher; der 8. Zivilsenat des BGH mit seinem Vorsitzenden Richter Wolfgang Ball ist es mit den aktuellen Urteilen vom 28.03.2007 (Strompreis) und 13.06.2007 (Gaspreis) wohl eher nicht. Herr Ball hält ja auch Vorträge bei der Energiewirtschaft.
Fazit für „Otto-Normal-Verbraucher“:
Preisgünstig ist Energie, wenn nach dem Einwand gem. § 315 BGB nur ein anfänglich verminderter Preis weitergezahlt wird, der günstiger ist als ein möglicher Wechsel-Preis.
Rechtsanwalt Thomas Fricke, Jena, hatte sich in der TV-Sendung „Fakt ist…!“ zu dieser Lösung bekannt.
Danach käme als zweitbeste Lösung der Versorgerwechsel, wobei zu beachten ist, dass man nicht „vom Regen in die Traufe“ kommt.
Apropos Transparenz, die von der Bundeskanzlerin eingefordert wird:
§ 42 EnWG (Energiewirtschaftsgesetz) Stromkennzeichnung, Transparenz der Stromrechnung.
Wie eine ordnungsgemäße Stromrechnung aussehen kann, zeigen z.B. die Stadtwerke Wittenberge auf ihrer Web-Seite
http://www.stadtwerke-wittenberge.de =>Aktuelles/Rohrpost =>11.Rohrpost 02 /2006.
Der Versorger ist zu diesen Angaben in der Rechnung verpflichtet.
Mit freundlichen Grüßen