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Autor Thema: Sofortvollzug für Verbraucher gestrichen  (Gelesen 5072 mal)

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Offline Ralleph

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Sofortvollzug für Verbraucher gestrichen
« am: 25. Oktober 2007, 09:59:52 »
Was bedeutet die heutige Gesetzesänderung denn genau? Laut Focus-Online müssen die Verbraucher, trotz Widerspruch, die Preiserhöungen erst einmal bezahlen. Da fällt den Versorgern doch immer was ein, um das Geld nicht mehr zurückzahlen zu müssen.

Offline superhaase

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Sofortvollzug für Verbraucher gestrichen
« Antwort #1 am: 25. Oktober 2007, 10:31:46 »
Wie wärs mit mehr Infos oder einem Link?
Hab bei Focus nix gefunden....
8) solar power rules

Offline Thomas S.

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Sofortvollzug für Verbraucher gestrichen
« Antwort #2 am: 25. Oktober 2007, 10:46:30 »
Bitte schön...

Steht aber nix Informatives drinn.

Daher mal nichts überbewerten.

Und ich halte sowieso an meinem Einspruch fest, da er VOR der MÖGLICHEN Rechtsänderung (die ich hier noch gar nicht sehe) abgegeben wurde - basta.

Offline Ralleph

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Offline RR-E-ft

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Sofortvollzug für Verbraucher gestrichen
« Antwort #4 am: 25. Oktober 2007, 13:37:21 »
@Ralleph

Es geht um die Novellierung des Kartellrechts.
Das hat nichts mit §§ 315, 307 BGB zu tun.

Nach der Kartellrechtsverschärfung sollen die Kartellbehörden gegen die Unternehmen bei kartellrechtswidrigem Preishöhenmissbrauch eine Senkung der Energiepreise verfügen und den Sofortvollzug anordnen können, so dass Rechtsmittel der betroffenen Energieunternehmen gegen getroffene Verfügungen  keine aufschiebende Wirkung mehr haben. Macht die Kartellbehörde von der Anordnung des Sofortvollzugs  Gebrauch, müssen also Preise abgesenkt werden, was sich sofort beim Endkunden bemerkbar machen sollte.

Der Kunde selbst hat schon jetzt die Möglichkeit, sich auf einen kartellrechtswidrigen Preishöhenmissbrauch zu berufen, den er grundsätzlich darlegen und beweisen muss. Die Rechtsfolge eines solchen kartellrechtswidrigen Preishöhenmissbrauchs ist gem. §§ 1, 19, 20, 33 GWB iVm. § 134 BGB die Nichtigkeit des verboten kartellrechtswidrig überhöhten Preises, selbst wenn dieser Preis vertraglich vereinbart wurde und deshalb keiner Billigkeitskontrolle unterliegt.

Der Verbraucher, der sich darauf beruft, braucht m. E. schon keinerlei Sofortvollzug, weil die Rechtsfolge des § 134 BGB die Nichtigkeit einer solchen Preisforderung ist.

Ein solcher Preis ist folglich von Anfang an nicht geschuldet, ohne dass es dafür erst einer Verfügung der Kartellbehörden bedarf.

Kürzt ein Kunde mit dieser Begründung die Entgeltforderung des EVU, muss dieses, um den Zahlungsanspruch durchzusetzen, klagen.

Wenn es dem  Kunden im Zahlungsprozess gelingt, den Preishöhenmissbrauch nachzuweisen, so ist das Entgelt aus den genannten Gründen nicht geschuldet und die Zahlungsklage wird abgewiesen.

Wenn sich der verklagte Kunde auf einen kartellrechtswidrigen Preishöhenmissbrauch beruft, ist der Streit darüber streitwertunabhängig von den Kartellgerichten zu entscheiden, erstinstanzlich von einer Kammer für Handelssachen an einem Landgericht als Kartellgericht. Von einem solchen Verfahren ist die Kartellbehörde (etwa das Bundeskartellamt) zu unterrichten. Diese kann sich an dem Verfahren beteiligen und eigene Erkenntnisse hinsichtlich Marktbeherrschung und Preismissbrauch  in dieses Verfahren einbringen. Das war schon bisher so und daran ändert sich rein gar nichts.

Die SPD will nun wömöglich die Energiekonzerne als ihr Klientel dadurch schützen, dass die in § 29 GWB vorgesehene Beweislastumkehr zu Lasten der Energieversorger nur in behördlichen Preismissbrauchsverfahren der Kartellbehörden gilt, nicht aber auch bei Zivilkartellrechtsstreitigkeiten der vorgenannten Art, so dass es weiterhin dabei bleibt, dass in solchen Verfahren  der Kunde den kartellrechtswidrigen Preishöhenmissbrauch darlegen und beweisen muss. Es soll also zu keiner Beweislastumkehr zugunsten der Kunden kommen.

Hintergrund ist der, dass die Kartellbehörden selbst personell schlecht ausgestattet sind und deshalb gar nicht eine Vielzahl von Verfahren betreiben können, sich nur auf die \"Spitze des Eisbergs\" konzentrieren können.

Richtig geschärft wäre das Kartellrecht erst dann, wenn auch das Zivilkartellrecht greift, vornehmlich Großkunden, die über ihre Verbände über das notwendige know how verfügen, sich gegen kartellrechtswidrige Preise zur Wehr setzen. Um diese \"Verbraucher\" geht es, etwa die Norddeutsche Affinerie unter der Führung eines Werner Marnett.

Das Kalkül der Energielobby auch innerhalb der SPD im laufenden Gesetzgebungsverfahren ist ziemlich simpel:

Man kann das Kartellrecht schärfen, wie man will. Wenn beim Bundeskartellamt in Bonn nur acht Leute sitzen, die dafür zuständig sind, können die unmöglich jeden geeigneten Sachverhalt aufgreifen und entsprechende Anordnungen treffen.

Wo kein Kläger, da kein Richter.....

Worum es geht.

Für den normalen Haushaltskunden ändert sich dadurch jedoch nichts.
Es bleibt eben, wie es ist und verbessert sich nicht. Dank SPD.

Womöglich bedanken sich die Konzerne mit roter Farbe für Wahlkampfplakate. Möglicherweise denken auch einige schon an eine Zukunft in der Energiewirtschaft, wie Gert von der Groeben. Immerhin könnte es ja mit der Sitzezahl im nächsten Deutschen Bundestag knapp werden.

Offline superhaase

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Sofortvollzug für Verbraucher gestrichen
« Antwort #5 am: 25. Oktober 2007, 13:55:01 »
Vielen Dank Herr Fricke für Ihre detailierten Ausführungen!

Ich werde in meinem nächsten Brief an die SWM meinen Vorwurf des kartellrechtswidrigen Preishöhenmissbrauchs präzisieren und besser formulieren und für den Streitfall den Gang zum Kartellgericht verlangen.

Mit meinen Worten hatte ich den Vorwurf ja bereits in früheren Schreiben an die SWM erhoben.

Auf diese Weise sollte doch die Masche mit der Vorverlagerung der überhöhten Gewinne in der Lieferkette zu erschlagen sein.

ciao,
sh
8) solar power rules

Offline RR-E-ft

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Sofortvollzug für Verbraucher gestrichen
« Antwort #6 am: 25. Oktober 2007, 14:03:44 »
@superhaase

Vorwerfen lässt sich viel. Auf den Nachweis kommt es an.
Und dafür bedarf es möglicherweise schon mal sehr teurer Gutachten (siehe VIK), in jedem Falle aber eines Anwalts, der die Sache vor dem Kartellgericht ausficht, sich mit Energiekartellrecht auskennt und zur Vertretung bereit ist. Den sollte man dan auch schon die Schreiben verfertigen lassen, um keinen Unsinn zu schreiben. Die Tatbestandsvorausetzungen eines kartellrechtswidrigen Preishöhenmissbrauchs und deren Nachweis sind nicht eben einfach, zu schade, wenn man da Unsinn schreibt und ein Gericht deshalb später den Eindruck von Querulantentum gewinnen könnte. Man kann auch zuviel schreiben. Dass passiert leider nicht selten. :rolleyes:

Offline superhaase

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Sofortvollzug für Verbraucher gestrichen
« Antwort #7 am: 25. Oktober 2007, 14:13:59 »
Das ist mir schon klar.
Die Suche nach einem entsprechenden Anwalt wird wohl schwierig werden.
Teure Gutachten schrecken mich nicht - ich bin erstens dem Prozesskostenfonds des BDE beigetreten und zweitens rechtsschutzversichert. :)

Nach den derzeitigen Urteilen und der Vorgehensweise der Versorger wird das aber m.E. die einzige Möglichkeit für Tarifkunden wie mich sein, sich gegen die überhöhten Preisforderungen vor Gericht zu behaupten.

Wenn Sie einen solchen Anwalt kennen, nur raus mit der Sprache! ;)
Dann geh ich sofort zu dem.
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Offline RR-E-ft

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Sofortvollzug für Verbraucher gestrichen
« Antwort #8 am: 25. Oktober 2007, 14:21:56 »
@superhaase

Man sollte sich erkundigen, ob der Prozesskostenfond wirlich für ein solches Gutachten aufkommt. Ein einziges Gutachten könnte den gesamten Fond aufzehren. Solche Gutachten sind wirklich teuer. Möglicherweise kommt die Gegenseite mit einem eben so teuren Gegengutachten. Am Ende zahlt der Unterlegene alle Kosten. Aber der Streit  in der Hauptsache ging ja auch um \"stolze\" 1.000 EUR. Da lassen sich im Unterliegensfalle getrost auch 50.000 EUR oder mehr für Gerichts-, Anwalts- und Gutachterkosten drauflegen, die man teilweise vorzuschießen hat. Zur Not lässt sich ja vielleicht Oma´s Häuschen verkaufen.

Um die Darlegungs- und Beweislast im Kartellrecht wird nicht umsonst von der Energielobby verbittert gestritten. Und ein großes Dankeschön an die Abgeordneten gibt es sicher nicht umsonst.

Offline Ralleph

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Sofortvollzug für Verbraucher gestrichen
« Antwort #9 am: 25. Oktober 2007, 14:47:52 »
Also bleibt alles wie bisher und wenn ich denke es kommt schlimmer rufe ich Sie mal wieder an. Viele Grüße

Offline superhaase

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« Antwort #10 am: 25. Oktober 2007, 14:50:47 »
@Fricke:

Sie können einem aber auch Mut machen!   :( ;)
8) solar power rules

Offline RR-E-ft

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Sofortvollzug für Verbraucher gestrichen
« Antwort #11 am: 25. Oktober 2007, 16:42:07 »
SPD: Kartellrechtsnovelle weiter auf dem Weg

Na hoffentlich bleibt sie nicht auf der Strecke, nachdem sie schon so lange auf dem Weg ist.

Offline RR-E-ft

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« Antwort #12 am: 15. November 2007, 15:49:18 »

Offline terminator3

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Sofortvollzug für Verbraucher gestrichen
« Antwort #13 am: 17. November 2007, 12:13:52 »
@all: Wir könnten ja dann alle zusammenlegen ! Das wäre doch mal ne Maßnahme.  :)

 

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