Energiepreis-Protest > EWE
18.10.07 Verhandlung beim LG Oldenburg
RR-E-ft:
Möglicherweise hat niemand das Gericht darauf aufmerksam gemacht, dass sich aus den Veröffentlichungen der EWE eindeutig ergibt, dass es sich bei den Sonderabkommen S 1 und S 2ausdrücklich nicht um die Allgemeine Versorgung gem. § 10 EnWG 1998 handelte. Folglich konnte schon gem. § 1 AVBGasV die Verordnung gar keine Anwendung finden.
Möglicherweise haben die Kläger Anträge auf gerichtliche Billigkeitskontrolle anstatt auf Feststellung der Unwirksamkeit der Preiserhöhungen gestellt, was sich als fatal erweisen kann, weil es auch ein wohlwollendes Gericht in die falsche Richtung treibt:
Schließlich muss eine Klage auf gerichtliche Billigkeitskontrolle auch dann abgewiesen werden, wenn ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht gem. § 315 Abs. 1 BGB (wie im Falle von Sonderabkommen) nicht besteht.
Möglicherweise wollte das Gericht dehalb den Klägern entgegen kommen und dehalb eine Billigkeitskontrolle nur der Preiserhöhung ausschließlich anhand des unbestrittenen Parteivortrages durchführen.
Wer zuviel mit Billigkeitskontrolle argumentiert, kann als Verbraucher auch ins Hintertreffen gelangen.
Herr Kollege Dr. Kunth überzeugte die Kammer in der Verhandlung davon, dass er des Lesens mächtig ist und las mit mehr oder minder guter Betonung aus dem Berufungsurteil des Landgerichts Rostock vor.
Dessen Zustandekommen kann man sich wohl nicht anders erklären, als dass der dortige Kläger und Berufungskläger noch vor dem Amtsgericht eine gerichtliche Billigkeitskontrolle beantragt hatte, die das Amtsgericht Rostock allein wegen der vom Kläger nicht nachgewiesenen Monopolstellung der Stadtwerke abgelehnt hatte.
Offensichtlich wollte das Landgericht Rostock die Berufung gegen das klageabweisende Urteil des AG Rostock nicht allein deshalb zurückweisen, weil schon gar kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht bestand und § 315 BGB gar keine Anwendung findet, sondern für den Berufungskläger zumindest eine Billigkeitskontrolle der Erhöhung durchführen.
Das geht aber regelmäßig nicht ohne unzulässige Sachverhaltsquetsche. Und gequetscht wurde bei diesem Urteil noch und noch.
Thomas S.:
Das wäre ja ähnlich dem aktuell so heiß diskutierten letzten \"Gasurteil\" des BGH, wobei ich die mangelnde Vorbereitung meine. Wir können hier nur spekulieren, was die Gründe sind.
Aber warum kann so etwas passieren, wenn man doch eigentlich gut vorbereitet in so eine Verhandlung geht - bzw. gehen sollte?
Es scheint sich zu zeigen, daß es nicht so ohne weiteres möglich ist, einen (beliebigen) RA zu beauftragen, auch wenn er sich als Kenner der Materie zu erkennen gegeben hat.
Macht es eigentlich Sinn, wenn sich ein RA VOR der (Gegen-)Klage mit Ihnen, sozusagen als \"Berater\", in Verbindung setzt?
RR-E-ft:
@Thomas S.
An der fachlichen Kompetenz des Kollegen, der heute die Kläger vertreten hat, bestehen keinerlei Zweifel, ebensowenig an der Kompetenz des Kollegen, der sich in Untervollmacht in einigen der Termine vertreten ließ und die Schriftsätze gefertigt hatte. Welche Kollegen die Berufungskläger in erster Instanz vor dem Amtsgericht vertreten hatten, weiß ich nicht.
Es macht keinerlei Sinn, wenn sich irgendein Kollege vor seiner Verhandlung mit mir in Verbindung setzt. Ich bin weder eine Telefonauskunft oder -beratung, noch von der Heilsarmee und muss mir die Honorare in den Verfahren, die ich selbst betreue, auch selbst hart erarbeiten. Es ist wohl so, dass sich auch Bäcker und Fleischer nicht gegenseitig anrufen, um ihre eigenen Rezepte untereinander auszutauschen. Nicht nur Gasversorger haben Geschäftsgeheimnisse, auf denen der Erfolg beruht. Wir Anwälte stehen in einem harten Wettbewerb auf dem Beratungsmarkt.
Wenn der Bund der Energieverbraucher oder die Verbraucherzentralen aber Rechtsanwälte besonders schulen wollten, dann können sie das tun und sicher auch geeignete Referenten für solche Veranstaltungen gewinnen.
Nun warten wir einfach mal ab.
Vor der Verkündung der Oldenburger Urteile liegt erst noch die Verkündung des womöglich richtungsweisenden Berufungsurteils des OLG Bremen.
Der heutige Verhandlungstag in Oldenburg sollte für keinen EWE- Kunden Veranlassung sein, sich entmutigen zu lassen oder aufzugeben. Zusammengezählt wird immer erst am Ende.
Unvergessen der Verhandlungstag vor dem Landgericht Dresden in Sachen Enso, wo sich Herr Kollege Dr. Kunth auch bereits nach Schluss der mündlichen Verhandlung am Ziel wähnte. Dann kam doch alles ganz anders und selbst in der Berufungsverhandlung vor dem OLG Dresden wurde ihm das Pferd unter dem Hintern sogleich noch wieder weg gezogen. Verblüffend epochemachend.
RR-E-ft:
Die EWE- Gaspreise in den alten Bundesländern liegen geringfügig unter den EWE - Gaspreisen in Brandenburg und Mecklenburg- Vorpommern.
Verblüffend ist aber, dass die Netzentgelte in den alten Bundesländern weit niedriger liegen als im Osten. Im Westen findet auch die kostengünstige Eigenförderung der EWE statt. Obwohl also die EWE- Gaspreise im Westen insgesamt etwas niedriger liegen, ist die darin einkalkulierte Vertriebsmarge als Gewinnanteil wohl noch weit höher als die im Osten.
Das sollte man sich gewiss einmal genauer ansehen. Denn im Umkehrschluss ergibt sich daraus, dass EWE auch im Westen mit einer geringeren Marge auskommen könnte, die Preise dort jedenfalls noch stärker abgesenkt werden könnten, wenn es auf eine möglichst preisgünstige, effiziente Energieversorgung ankommt.
Der Gaspreis, der auf den ersten Blick günstiger erscheint, enthält auf den zweiten Blick also noch viel mehr Gewinn und ist deshalb noch stärker unbillig. Famos.
jroettges:
Moin Leute,
Hier im EWE-Land gibt es zurzeit eine rege Diskussion darüber, ob es klug gewesen ist. die EWE per Sammelklage wegen ihrer Preise und Erhöhungen anzugehen.
Offenbar ist Oldenburg kein gutes Pflaster, um gegen die EWE zu prozessieren. Zu kürzen und darauf zu warten, dass man von der EWE verklagt wird, mag bessere Erfolgsaussichten haben. Wenn aber die anstehenden Klagen scheitern, werden auch diejenigen schlechtere Karten haben, die konsequent kürzen und auf eine Klage der EWE zuwarten. Die EWE wird unter Verweis auf zu ihren Gunsten ergangener Urteile in den Ring steigen. Daher sollten wir alle ein gemeinsames Interesse daran haben, dass die aktuellen Klagen erfolgreich für den Gasprotest ausgehen und uns dafür voll einsetzen.
Mich hat in den Verhandlungen am 18. Oktober der Winkelzug der EWE-Anwälte verblüfft, die ehemaligen S-Tarife und den derzeitigen Tarif EWE Erdgas classic kurzerhand als Tarif der Grundversorgung zu titulieren, damit nun das milde Licht des BGH-Urteils darauf fallen kann. Mehr noch hat mich allerdings verblüfft, dass die Anwälte der Klägerseite dazu keinen Ton gesagt haben. Hoffentlich gibt es in den Schriftsätzen der Klägeranwälte dazu eine klare, auch für Richter Boklage verständliche Gegenposition. Wenn nicht, könnte sich dies als die Achillesverse aller Klagen erweisen. Richter Boklage scheint ja bereit zu sein, diesem Licht zu folgen, weil er sonst nur unheimliche Dunkelheit sieht.
Die EWE stellt in ihren Publikationen und in ihrem Internetangebot den Tarif EWE Erdgas classic eindeutig neben und damit außerhalb die Grundversorgung. Dazu ein Auszug aus dem EWE Infobrief Nr. 5 vom Februar 2007. Die EWE bietet in der Grundversorgung zwei Preisstufen G I und GII an, die abhängig vom Verbrauch bis oder ab 7.059 kWh gelten. Der Tarif EWE Erdgas classic steht also in eindeutiger Konkurrenz zum Grundversorgungstarif G II.
Übrigens hat die EWE uns als Widersprüchler und Verweigerer einer Unterschrift unter einen neuen Vertrag im Mai 2007 zwangsweise in den Grundversorgungstarif G II versetzt, wobei wir diesem einseitigen Willkürakt natürlich schärfstens widersprochen haben und ebenso natürlich keinen Cent mehr zahlen. Würde es sich beim Tarif EWE Erdgas classic um einen Tarif der Grundversorgung handeln, warum hat dann die EWE uns nicht einfach in diesen Tarif eingestuft? Nein sie hat uns diesen Tarif quasi vorenthalten, um unsere Unbotmäßigkeit zu bestrafen.
In unserem mehrjährigen Schreibekrieg mit der EWE hat es auch nie den leisesten Hinweis darauf gegeben, dass es sich beim Tarif Sodervereinbarung S1 und den nun nachfolgenden Tarifen nach Ansicht der EWE um Tarife innerhalb der Grundversorgung handelt. Auch der zwischen der EWE und uns in 1995 abgeschlossene Vertrag trennt beide Seiten noch sauber voneinander.
Die Kläger sind also gut beraten, diesen schäbigen Trick der EWE-Anwälte als solchen zu entlarven und die vorhandenen guten Argumente dagegen zu setzen. Wenn es einer kann, sollte er die Fakten auch Herrn Richter Boklage mal stecken.
mit solidarischem Gruß zum Wochenende
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