Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: Wie weiter nach dem Gaspreisurteil - BGH, Urteil v. 13.06.2007 - VIII ZR 36/06  (Gelesen 20954 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Offline eislud

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 737
  • Karma: +0/-0
@all

Der Kläger muss doch nun irgendwann die zurückbehaltenen Zahlungen an den Gasversorger leisten. Andere empfehlenswerte Möglichkeiten hat er doch nicht mehr, oder?

Kann er nicht vielleicht anschließend eine Rückforderungsklage gegen den Gasversorger anstreben? Diesmal dann vielleicht unter Berücksichtigung des Gesamtpreises. Es würde sich ja dann um einen neuen Angriffspunkt handeln. Die Rechnungen aus 2004 und folgende dürften ja auch noch nicht verjährt sein.

Gruss
eislud

Offline ESG-Rebell

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 615
  • Karma: +2/-0
  • Geschlecht: Männlich
Zitat
Original von eislud
Der Kläger muss doch nun irgendwann die zurückbehaltenen Zahlungen an den Gasversorger leisten.
Nicht wenn Verjährung oder Verwirkung eingetreten ist.

Zitat
Original von eislud
Kann er nicht vielleicht anschließend eine Rückforderungsklage gegen den Gasversorger anstreben?
Kann er - ist aber nahezu aussichtlos aufgrund der Beweislast.

Sehr genaue Auskünfte zu obigen Fragen gibts im Forum Grundsatzfragen.

Dort bitte nach den Stichwörtern Verjährung,  Verwirkung, Rückforderungsklage und Autor RR-E-ft suchen.

Gruss,
ESG-Rebell

Offline eislud

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 737
  • Karma: +0/-0
@ESG-Rebell, danke für die Antworten.

Zitat
Nicht wenn Verjährung oder Verwirkung eingetreten ist.
Meine Fragen beziehen sich ausschließlich auf das BGH Urteil v. 13.06.2007 - VIII ZR 36/06, das hier Thema ist.
Der Kläger hat vor dem BGH verloren, muss dann doch also seine zurückbehaltenen Zahlungen an den Versorger leisten.
Eine Verjährung oder Verwirkung der Gasrechnungen ist hier ja nicht mehr relevant, es gibt ja ein Urteil.

Zitat
Kann er - ist aber nahezu aussichtlos aufgrund der Beweislast.
Auch bei Rückforderungsprozessen obliegt die Beweislast dem Gasversorger.


@All

Es geht mir eigentlich um die Frage, ob genau dieser Kläger trotz letzinstanzlich verlorener Klage vor dem BGH, eine weitere Klage, eben einen Rückforderungsprozess, führen darf. Quasi, ob eine solche Klage zulässig wäre, schließlich ist ein ähnliches Thema, eben des Klägers Feststellungsklage, schon mal vor Gericht behandelt worden.

Wenn die Klage zulässig wäre und der Kläger hier nun die Billigkeit des Gesamtpreises bemängelt und auch die Richtigkeit der vorgelegten Zahlen des Versorgers in Frage stellt, also die Fehler aus der Feststellungsklage nicht mehr macht, dann könnte er sich damit sein Geld zurückholen, oder?

Gruss eislud

Offline RR-E-ft

  • Rechtsanwalt
  • Forenmitglied
  • ***
  • Beiträge: 17.078
  • Karma: +15/-2
  • Geschlecht: Männlich
@eislud

Man wird die Begründung des BGH- Urteils abzuwarten haben, um dann schon zu sehen.....

Was einmal gerichtlich entschieden ist, ist entschieden und kann nicht in einem anderen Prozess nochmals entschieden werden (Wirkung der Rechtskraft).

Die Rechtskraft einer Entscheidung hindert also eine neue Klage mit dem gleichen Streitgegenstand. Mit anderen Worten: Über die gleiche Sache kann nicht noch einmal gestritten werden. Schließlich soll ein Urteil den Streit beenden und den Rechtsfrieden herstellen. Dafür geht man ja gerade zu Gericht.

Um divergierende Entscheidungen zu verhindern gilt zudem das Verbot der doppelten Rechtshängigkeit. Man kann also die gleiche Rechtsfrage nicht bei verschiedenen Gerichten zugleich anhängig machen, die dann womöglich unterschiedlich darüber entscheiden.

Offline eislud

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 737
  • Karma: +0/-0
@RR-E-ft, vielen dank, sehr aufschlussreich.

Offline enerveto

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 128
  • Karma: +0/-0
Neue Osnabrücker Zeitung vom 14.06.2007

„Gaspreise: Rebellischer Richter unterliegt vor Gericht – Anbieter dürfen Steigerungen einseitig weitergeben“
KOMMENTAR
„Wenig hilfreich“ Von Burkhard Ewert

[gelöscht von Evitel2004, @enerveto: Bitte in PN-Box schauen]

Offline RR-E-ft

  • Rechtsanwalt
  • Forenmitglied
  • ***
  • Beiträge: 17.078
  • Karma: +15/-2
  • Geschlecht: Männlich
@enerveto

Bitte hier keine Auszüge aus Presseerzeugnissen einstellen, die ggf. dem Urheberrechtsschutz gem. UrhG unterliegen.

Der Kommentar zeugt davon, dass nicht verstanden wurde, weshalb eine Billigkeitskontrolle erfolgt, nämlich weil der Lieferant ein gesetzliches Recht zu einseitigen Preisänderungen im laufenden Vertragsverhältnis für sich in Anspruch nimmt und ausübt.

Damit dürften sich Gurkenhändler schwer tun, weil es für diese ein solches gesetzliches Recht schon nicht gibt. Um eine Monpolstellung geht es dabei gerade nicht.

Offline Free Energy

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 119
  • Karma: +0/-0
Hallo Herr Fricke,

ich habe da doch nochmal eine Frage:

wir haben von unserer Regionalgruppe hier im Münsterland spätestens ab August 2007 wieder einige Veranstaltungen mit sicher mehreren hundert Besuchern.

Darunter werden auch wieder einige \"Neuzugänge\" sein, also Verbraucher, die jetzt das erste Mal vom Widerstand hören, und evtl. auch Widerspruch einlegen wollen.

Wir hier vor Ort sind uns jetzt immer noch unsicher, was wir diesen Leuten zu den Kürzungen sagen sollen.

Wenn ich alle Beiträge hier richtig deute, empfehlen alle \"Rechtskundigen\", lediglich den aktuellen Preis \"einzufrieren\", also auf keinen Fall mehr auf Preisbasis von 9/2004 zu kürzen.

Der Thread Welcher Preis f. Ermittlung d. Abschlag / Verjährungsfrist wurde aber diesbezüglich noch nicht geändert.

Was sollen wir den \"Neueinsteigern\" denn jetzt empfehlen ?

Gruß

Free Energy

Offline RR-E-ft

  • Rechtsanwalt
  • Forenmitglied
  • ***
  • Beiträge: 17.078
  • Karma: +15/-2
  • Geschlecht: Männlich
@Free Energy

Da haben Sie wohl etwas falsch verstanden.

Wer sich bereits gegen die Preiserhöhungen ab September 2004 von Anfang an zur Wehr gesetzt hatte, der kann auch weiter auf den Stand August 2004 kürzen und den Billigkeitsnachweis fordern. Wer später einen höheren Preis vereinbart hatte, demgegenüber soll insoweit keine einseitige Preisfestsetzung vorliegen, so dass er sich auch nicht auf § 315 BGB berufen können soll.

Es lässt sich abschließend noch nichts sagen, weil zum einen die Urteilsbegründung noch nicht vorliegt und zum anderen noch weitere Revisionsverfahren am BGH anhängig sind, u.a. beim Kartellsenat, der möglicherweise eine andere Sicht auf die Dinge hat.

\"Neueinsteigern\" kann anhand von bisher  aufgelaufenen Kürzungsbeträgen womöglich darüber referiert werden, wie nachteilig es für diese ggf. ist, dass sie sich nicht von Anfang an zur Wehr gesetzt hatten.

Denen können Sie dann ggf. empfehlen, sich nicht darüber zu ärgern:

\"Glücklich ist, wer vergisst, was nicht mehr zu ändern ist.\"

Schließlich ist das Geld auch nicht ganz weg. Das haben jetzt nur andere.

Offline superhaase

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 4.098
  • Karma: +7/-6
  • Geschlecht: Männlich
Aber es bleibt doch weiterhin möglich, auch jetzt als Tarifkunde die Unbilligkeit des Gesamtpreises einzuwenden und künftige Zahlungen auf einen beliebigen Preis zu kürzen. Schließlich ist ja nach Unbilligkeitseinwand erst mal nichts fällig.
Irgendwelche Gutachten der EVU oder dergleichen sollte man als unzureichend zurückweisen und auf einer prüffähigen Offenlegung der Gesamtkalkulation bestehen.

Welchen Preis ein Gericht im Falle einer Klage als billig feststellen wird, ist halt völlig offen.
Kann man dann im Verfahren nicht durchsetzen, dass die Gesamtkalkulation geprüft wird und auch die Vorlieferanten dabei einbezogen werden (wo ja das Geld hauptsächlich hängen bleibt, wegen der unsinnigen Heizölpreisbindung in den Vorlieferantenverträgen), so muss man schlimmstenfalls den gesamten geforderten Preis nachzahlen. Also sollte man das Geld dafür bereithalten und nicht vorschnell versaufen. ;)

Ansonsten sehe ich nicht, warum man jetzt \"Widerspruchsneulingen\" eine Absage erteilen und eine lange Nase machen sollte ....

ciao,
sh
8) solar power rules

Offline nomos

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 2.448
  • Karma: +0/-0
Die Verunsicherung ist groß und die Leute wollen wissen, was sie jetzt tun sollen.  Da kommen jetzt die Jahresabrechnungen mit geringen Nachzahlungsforderungen oder oft sogar mit Rückzahlungen aufgrund des milden Winters. \"War ja alles nicht so schlimm und jetzt noch dieses Urteil.\" So oder ähnlich wird jetzt oft reagiert. Soll die Rechnung jetzt überhaupt noch korrigiert werden? Wenn ja, wie?

Trotz Klimawandel, der nächste Winter kommt bestimmt! Wer jetzt den Widerstand aufgibt und alles akzeptiert was da vom Energielieferanten kommt, der hat sich wirklich umsonst bemüht. Wir brauchen die alten Mitstreiter die bei der Stange bleiben und auch Neue, trotz oder gerade wegen diesem Urteil.

Möglich ist noch viel und keiner sollte davon ausgehen, dass der BGH einen Freischein für Preiserhöhungen ausgestellt hat.  

Das Urteil ist noch nicht veröffentlicht. Interpretiert und kommentiert wird viel:

Z.B. sieht der \"Baurechtsexperte\"  da offensichtlich eine vom Gesetz abweichenden willkürliche Entscheidung des Gerichts.

Baurechtsexperte - Motive des Gesetzgebers zu 315 BGB

Offline Schöfthaler

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 123
  • Karma: +0/-0
@Fricke:
Zitat
weitere Revisionsverfahren am BGH anhängig sind, u.a. beim Kartellsenat
Können Sie bitte die Ihnen bekannten, am BGH anhängigen Revisionen konkreter benennen? Gegenüber weiteren Versorgerbriefen wäre die Info sehr hilfreich.
E.R.N.A. - Energie-Rebellen Neckar-Alb
http://www.E-R-N-A.de

Offline RR-E-ft

  • Rechtsanwalt
  • Forenmitglied
  • ***
  • Beiträge: 17.078
  • Karma: +15/-2
  • Geschlecht: Männlich
@Schöfthaler

zB. nach dem

- Urteil des LG Karlsruhe vom 03.02.2006, Aktenzeichen KZR 5/06
- Urteil des OLG Dresden vom 11.12.2006, Aktenzeichen KZR 2/07

beide beim Kartellsenat anhängig.

Offline enerveto

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 128
  • Karma: +0/-0
Die Fachzeitschrift \"Finanztest\" schreibt in Ihrer Ausgabe 8 / August 2007 auf Seite 40 auch einen Kommentar zum Gaspreis-Urteil des BGH vom 13.06.2007. Überschrift: \"Gerichte prüfen nur Erhöhungen\".
Dazu kommt noch die Empfehlung nur unter Vorbehalt zu zahlen.

Mit freundlichen Grüßen

Offline ESG-Rebell

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 615
  • Karma: +2/-0
  • Geschlecht: Männlich
Zitat
Original von enerveto
Die Fachzeitschrift \"Finanztest\" schreibt in Ihrer Ausgabe 8 / August 2007 auf Seite 40 auch einen Kommentar zum Gaspreis-Urteil des BGH vom 13.06.2007. Überschrift: \"Gerichte prüfen nur Erhöhungen\".
Dazu kommt noch die Empfehlung nur unter Vorbehalt zu zahlen.
Auch dieser Artikel basiert auf einer Interpretation der Pressemitteilung des BGH und berücksichtigt - genauso wie die meisten anderen Pressemitteilungen - nicht die Besonderheiten des verhandelten Falles.

Siehe die Diskussion zum BGH Urteil 13.06.07

Gruss,
ESG-Rebell.

 

Bund der Energieverbraucher e.V. | Impressum & Datenschutz