Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: Wie weiter nach dem Gaspreisurteil - BGH, Urteil v. 13.06.2007 - VIII ZR 36/06  (Gelesen 20952 mal)

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Offline kamaraba

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Hier die Presse - widersprüchlich  ?(
Süddeutsche Zeitung
Überraschende BGH-Entscheidung
Gaspreiserhöhungen können angefochten werden
Rheinpfalz
Überprüfung von Gaspreiserhöhungen womöglich unzulässig
BGH sieht Gasversorger nicht als Monopolisten
FTD
\"Gaspreis-Rebell\" scheitert in Karlsruhe
Gruss aus der EnBW-Hauptstadt Karlsruhe
www.Faire-Energiepreise.de

Offline RR-E-ft

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@kamaraba

Es kommt ja nicht darauf an, wie die Presse die Entscheidung verstanden hat.

Die in der Süddeutschen wiedergegbene AFP- Meldung ist inhaltlich voll daneben.

Tarifkunden können alle Preiserhöhungen auf ihre Billigkeit kontrollieren lassen. Der Versorgermuss die Billigkeit (der Erhöhung) nachweisen.

Nach der Pressemitteilung des BGH sollte man die Entscheidung im Volltext abwarten.

Die Pressestimmen sind übrigends keine Grundsatzurteile zum Energiepreisprotest.

Offline lelas

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Das war\'s... ab morgen werden die EV\'s abkassieren...   :-(

Offline lelas

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An den RA aus Jena: Das ist doch das berühmte Pfeifen im Walde, oder? Ich bitte um eine EHRLICHE Einschätzung. Immerhin werden ansonsten hunderte/tausende Verbraucher in die Gerichtskostenfalle getrieben. Oder was?

Offline RR-E-ft

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@lelas

Ich weiß nicht, wer wo pfeift oder auch nur hierher kommt und dicke Backen macht.

Ich habe die Pressemitteilung des BGH gelesen und die Ausführungen mit denen im Urteil vom 28.03.2007 verglichen und habe die Schlussfolgerungen daraus dargetan.

Wer die Preiserhöhungen als unbillig gerügt und nicht beanstandungslos hingenommen hat, für den sind die Erhöhungen nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entsprechen, was der Versorger nachzuweisen hat.

Geschieht dies erst in einem Zahlungsprozess, besteht in engen Grenzen die Möglichkeit eines sofortigen Anerkenntnisses, so dass der Versorger die Prozesskosten zu tragen hat (vgl. etwa Energiedepesche Sonderheft oder WuM 2005, 547 ff.).

Zudem besteht weiterhin die Rechtsprechung zur Unwirksamkeit von Preisänderungsklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Gaslieferanten gem. § 307 BGB (BGH, OLG Köln, OLG Stuttgart, LG Bremen, LG Berlin, LG Dresden, LG Kassel, LG Essen..).

Für Kunden mit Sonderverträgen, wo der Versorger gerade kein gesetzliches Preisänderungsrecht in Anspruch nehmen kann, weil ein solches gar nicht besteht, ändert das Urteil rein gar nichts.

Hätte es nämlich in dem konkreten Fall kein gesetzliches Preisänderungsrecht gegeben, so wäre der Gaslieferant gar nicht dazu berechtigt gewesen, die Preise einseitig abzuändern.

Nicht völlig auszuschließen, dass eine Auslegung ganz bestimmter Sonderverträge nach § 157 BGB auch ergeben kann, dass die Parteien von Anfang an ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vereinbart hatten, so dass in diesen ganz konkrteten Fällen deshalb der Gesamtpreis zur Billigkeitskontrolle steht.

Es kommt auf die konkrete Ausgestaltung der Sonderverträge an, die von Ort zu Ort und teilweise bei ein und dem selbsen Versorger abhängig vom Zeitpunkt des Vertragsabschlusses sehr verschieden sein können.

Von mir gibt es hier nur ehrliche Antworten.

Mal ganz ehrlich:

Haben Sie schon vom Anwalt prüfen lassen, aufgrund welchen Vertragstyps die Belieferung konkret erfolgt und ob ggf. Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen

a) überhaupt gem. § 305 Abs. 2 BGB wirksam in den Vertrag einbezogen und

b) anhand der gefestigten Rechtsprechung des BGH zur Transparenzkontrolle von Preisänderungsvorbehalten gem. § 307 BGB überhaupt wirksam sind?

Es bedarf sicher in jedem Einzelfall einer konkreten Prüfung der entsprechenden Umstände.

Kein einziger  Verbraucher wird in eine Gerichtskostenfalle getrieben.

Das müssen Sie wohl ehrlicherweise zugeben.

Jedem war und ist es überlassen, sich einem Anwalt (mit bestehender Berufshaftpflichtversicherung) anzuvertrauen oder aber - unter Begebung der eigenen Rechtsposition -  Rechnungsbeträge widerstandslos zu zahlen.

Oder was?

Wer nicht zum Anwalt geht, und eine Prüfung im konkreten Fall vornehmen lässt, der ist genauso eigenverantwortlich unterwegs, wie derjenige, der sich bei Glatteis auf der Straße bewegt.

Offline J.S.

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Ein Frage die sich mir jetzt stellt:
Bislang war doch die Hürde für die Versorger, dass sie für eine Festellung der Billigkeit ihrer Preise möglicherweise ihre gesamte Kalkulation offenlegen mussten, damit der Preis in seiner Gesamtheit überprüft werden kann.
In der Pressemitteilung hört es sich jetzt so an, als wäre es für die Feststellung der Billigkeit der Erhöhungen ausreichend, wenn die Versorger nur darlegen, dass ihre Bezugspreise gestiegen sind. Und dazu sind sie doch sicher in der Lage.
Damit würde also einen Prozess aus deren Sicht nicht mehr viel im Weg stehen, oder?

Offline RR-E-ft

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@J.S.

Soweit man es übersehen kann, sind die meisten Heizgas- Sonderkunden, für die das AGB- Recht gilt.

Das Urteil hat primär nur Bedeutung für echte Tarifkunden.

Im vom BGH zu beurteilenden konkreten Fall fiel es dem Versorger deshalb leicht, weil der Kläger den entsprechenden Vortrag nicht substantiiert bestritten hatte, so dass der Vortrag des Versorgers als wahr unterstellt wurde. Eine Beweisaufnahme fand deshalb gar nicht statt. Das sieht man, wenn man das voraus gegangene Urteil des LG Heilbronn liest. Das Urteil gründet also - neben der Tatsache, dass nur die eine Preiserhöhung streitig gestellt wurde,  auch auf einem unzureichenden Bestreiten des Klägers.

Möglicherweise hätte sich aus den Verträgen und Bezugskostenrechnungen etwas anderes ergeben, wenn das Gericht solche kritisch zu prüfen gehabt hätte.

Offline kamaraba

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@RR-E-ft

wollte eigentlich keinen neuen Thread eröffnen, bin aber auf den falschen Button gekommen. Sollte nur ein kurzer Presseabriss sein, für alle....
Als Sondervertragskunde der STW KA fühle ich mich von dem Urteil auch nicht betroffen.
Gruss aus der EnBW-Hauptstadt Karlsruhe
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Offline lelas

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Noch mal an den RA aus Jena:

Alles klar soweit, danke. Aber was machen wir, wenn der Versorger nicht vor Gericht geht sondern einfach absperrt, so dass wir dann klagen müssen?

Offline Free Energy

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Hallo Herr Fricke,

auch ich habe da jetzt gewisse Verständnisfragen:

wenn ich das alles jetzt richtig gedeutet habe, sollten diejenigen Mitstreiter, die bisher bereits Widerspruch eingelegt haben und die Abschläge auf der Preisbasis von 2004 gekürzt haben, wie bisher weiter kürzen und wie bisher jeder Preisänderung widersprechen.

Habe ich somit auch richtig verstanden, dass diejenigen, die bisher noch keinen Widerspruch eingelegt haben und die bisherigen Preise deshalb vorbehaltlos gezahlt haben, zwar Widerspruch einlegen sollten, (sowohl bei Gas, als auch bei Strom), aber die Arbeitspreise und die Rechnungen nicht mehr mehr auf die Preise des Jahres 2004 kürzen können, sondern nur noch die Preise weiterzahlen sollten, die in dem Rechnungsjahr, in dem Widerspruch eingelegt worden ist, gültig waren ?

Oder habe ich das falsch verstanden und auch hier ist eine Kürzung auf den Arbeitspreis von 2004 möglich ?

Mit freundlichen Grüßen

Free Energy

Offline RR-E-ft

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@lelas

Hinsichtlich der Frage der Unzulässigkeit der Sperrandrohung hat sich überhaupt nichts geändert. Die Frage stellen Sie ggf. auch dem Kollegen, bei dem Sie Ihren Sachverhalt prüfen lassen.

@FreeEnergy

Der BGH meint wohl:

Wer zu spät kommt, den bestraft der Wärmemarkt.

Genaues sehen wir, wenn das Urteil im Wortlaut vorliegt.

Offline okieh

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Offline Cremer

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@okieh,

nein, ein klares

\"Go ahead\"
MFG
Gerd Cremer
BIFEP e.V.

info@bifep-kh.de
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gerd@cremer-kreuznach.de

Offline RR-E-ft

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Anwalt: Schlechte Karten habe nur, wer seine Rechnungen anstandslos bezahlt hat.

Anstandsloses Verhalten kann eben negative Folgen zeitigen.

Offline okieh

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müsste der Satz \"Voraussetzung für künftige Klagen ist nach dem Urteil jedoch, dass Verbraucher die Jahresabschlussrechnungen nur unter Vorbehalt bezahlt haben.\" nicht auch noch ergänzt werden für die, die eben insoweit nicht \"unter Vorbehalt\", sondern eben gar nicht gezahlt haben (wie gesagt: insoweit!)?

danke und gruß

 

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