Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: Widerspruchsschreiben 2007: Gibt es neue Urteile ?  (Gelesen 6101 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Offline Energiesparfuchs

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 19
  • Karma: +0/-0
Widerspruchsschreiben 2007: Gibt es neue Urteile ?
« am: 01. Mai 2007, 16:42:16 »
Hallo,

gibt es bei dem Widerspruch gegen die Jahresrechnung für das Jahr 2006/2007 und der obligatorischen "Erneuerung" des Widerspruchs wegen §315 BGB irgend etwas Neues zu beachten?

Gibt es neue Urteile, auf die man sich berufen kann/sollte oder nimmt man das alte Musterschreiben von vor ca. 1 Jahr?

Bis jetzt habe ich auf die gefestigte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs :

BGH NJW 2003, 3131 f.
LG Köln, RdE 2004, S. 306
und Entscheidung vom 5. Juli 2005, X ZR 60/04 verwiesen.

Reicht das, oder gibt es etwas wichtiges Neues, was noch ergänzt werden sollte?


Mfg  

Energiesparfuchs

Offline Cremer

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 5.185
  • Karma: +2/-0
  • Geschlecht: Männlich
    • http://www.cremer-kreuznach.de
Widerspruchsschreiben 2007: Gibt es neue Urteile ?
« Antwort #1 am: 01. Mai 2007, 18:41:18 »
@Energiesparfuchs,

Lesen Sie doch mal die Urteilesammlung unter www.energienetz.de
MFG
Gerd Cremer
BIFEP e.V.

info@bifep-kh.de
www.bifep-kh.de
gerd@cremer-kreuznach.de

Offline Energiesparfuchs

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 19
  • Karma: +0/-0
Widerspruchsschreiben 2007: Gibt es neue Urteile ?
« Antwort #2 am: 03. Mai 2007, 18:23:59 »
Hallo Herr Cremer,

nachfolgend das, was ich an möglicherweise relevanten Urteilen auf Ihren Link (Direktlink scheint nicht zu gehen?) gefunden habe.

Nun denke ich, daß die Anführung aller Urteile zuviel des Guten ist, es sei denn man will den Versorger ärgern, in dem er soviel lesen darf.

Bisher habe ich Urteile bis Herbst 2005 angeführt.

Die Frage ist, ist es notwendig weitere Urteile anzuführen, um zu "beweisen", daß man up to date ist und nicht schläft, oder nicht?

Wenn sinnvoll, dann welche - sagen wir mal - 3 bis 5 Urteile sind besonders wirksam bzw. gefestigte Rechtssprechung? Das kann ich als Laie nicht wirklich beurteilen. Die Experten hier wissen es sicher!
Oder nimmt man einfach die Neuesten (s.u. 1-6) von 2007, egal welche?

Es wäre sehr hilfreich, wenn diese Frage beantwortet würde, denn wenn ich mit alten Kamellen komme, dann denkt der Versorger vielleicht auch: "Na dieser Nachtmütze, der werden wir mal aufs Fell rücken! Der weiß nix, mit dem kann man\'s mal machen."

Oder denken die gar nicht?  :wink:

Was meinen Sie?

2007

1. Beschluss Bundesgerichtshof vom 14. März 2007 - Az: VIII ZR 36/06
BGH hält u.a. die Frage der Billigkeit der Ausgangspreise für erörterungsbedürftig sowie die Frage nach dem Monopolstatus des Gasversorgers. Beschluss.

2. Urteil Landgericht Frankfurt vom 7. März 2007 - Az: 2-8 O 489/06

Entega wird verurteilt, es zu unterlassen, von den Klägern ungünstigere Erdgasentgelte zu fordern, als sie die e-ben von gleichartigen Abnehmern fordert. Urteil.
3. Urteil Landgericht Hannover vom 19. Februar 2007 - Az: 21 O 88/06
Unter Abweisung der Klage wird festgestellt, dass der Beklagten kein weiterer Anspruch auf ein Entgelt für die Gasversorgung zusteht, das die im Urteil genannten Preise übersteigt; Gaspreise um 30 Prozent überhöht. Urteil.
4. Hinweisbeschluss Landgericht Düsseldorf vom 14. Februar 2007 - Az: 12 O 542/05
Die Klägerin hat die Billigkeit der Preiserhöhung überprüfbar zu beweisen, indem sie die preisbildenden Faktoren und die daraus resultierende Kalkulation der Erhöhung darlegt. Die in Betracht kommenden Faktoren werden aufgeführt. Beschluss.
5. Urteil Landgericht Kassel vom 5. Februar 2007 - Az: 6 O 33/07
Unbilligkeit und Unwirksamkeit der Gaspreiserhöhung durch Energie Waldeck-Frankenberg seit August 2005 wird festgestellt. Urteil.
6. Urteil Landgericht Köln vom 11. Januar 2007 - Az: 84 O 106/06
§ 315 BGB in der Stromversorgung aufgrund der faktischen Monopolstellung des Versorgers und der Störung der Vertragsparität anwendbar, Beweislast beim Versorgungsunternehmen. Die erlassene einstweilige Verfügung gegen eine Stromsperre ist berechtigt. Urteil.

2006

7. Urteil Amtsgericht Wittenberg vom 29. Dezember 2006 - Az: 8 C 511/06 (VI)
Nachweis gestiegener Bezugskosten und Marktüblichkeit reichen zur Begründung der Billigkeit nicht aus, Darlegung zu weiteren Kostenbestandteilen erforderlich. Urteil.

8. Hinweise Landgericht Hannover vom 7. und 17. November 2006 sowie vom 6. Dezember 2006 - Az: 21 O 104/06
Zur Überprüfung der Billigkeit der Preiserhöhung ist die Beklagte gehalten, die gesamte Preiskalkulation offenzulegen. Hinweise.
9. Urteil Amtsgericht Lingen vom 13. November 2006 - Az: 12 C 423/06 (X)
Gaspreiserhöhungen der Stadtwerke Lingen für unbillig und daher unwirksam erklärt. Urteil.
10. Urteil AG Haldesleben Urteil vom 8. November 2006 - Az 17C 319/06
Zahlungklage des Versorgers wird zurückgewiesen, da die Billigkeit und Angemessenheit der Preise nicht begründet wurde. Urteil.
11. Beschluss Landgericht Gera vom 8. November 2006 - Az: 3 HK O 81/05
Versorger hat Darlegungs- und Beweispflicht, dass seine Tarife im Sinne des § 315 BGB festgesetzt sind. Preis- und Kostenkalkulation müssen so offengelegt werden, dass die Angaben von allen Beteiligten "verstanden werden können und damit nachvollziehbar und prüffähig sind". Beschluss.
12. Beschluss Landgericht Koblenz vom 2. Oktober 2006 - Az: 10 O 208/06
Versorger wird verpflichtet, die Kalkulation offenzulegen und darüber hinaus zu beweisen, dass die Preiserhöhungen nicht anderweitig abgefangen werden konnten. Beschluss.
13. Urteil Amtsgericht Leipzig vom 29. August 2006 - Az: 103 C 559/06
Preiserhöhungen für sind unwirksam und unbillig. Urteil.
14. Urteil Amtsgericht Delmenhorst vom 4. August 2006 - Az: 4A C 4063/06 IV
Klage auf Nichtigkeit der Gaspreiserhöhungen seit 2004 wird stattgegeben. Erhöhungen sind nichtig und unwirksam. Urteil.
15. Beschluss Landgericht Mönchengladbach vom 7. Juli 2006 - Az: 2 S 166/05
Beurteilung der Erfolgsaussichten der Berufung nur ausreichend möglich, wenn der Versorger seine Gesamtkalkulation offenlegt. Beschluss.
16. Landgericht Dresden vom 30. Juni 2006 - Az: 10 O 3613/05
LG Dresden kassiert Gaspreiserhöhungen und stellt frühere, niedrigere Preise als weiterhin gültig fest. Urteil.
17. Urteil Oberlandesgericht Karlsruhe vom 28. Juni 2006 - Az: 7 U 194/04
Bestätigung des Urteils LG Mannheim vom 16.08.2004 (Az: 24 O 41/04),

Zahlungsklage des Gasversorgers wurde abgewiesen, weil Preiskalkulation nicht rechtzeitig und nicht umfangreich genug offengelegt. Urteil.
18. Urteil Landgericht Berlin vom 19. Juni 2006 - Az: 34 O 611/05
Landgericht Berlin erklärt die Gaspreiserhöhungen für ungültig. Beschluss
19. Urteil Landgericht Bremen vom 24. Mai 2006 - Az: 8-O-1065/05
Die Preiserhöhungen der SWB für die 58 klagenden Verbraucher sind unwirksam. Denn die Preisänderungsbestimmungen halten einer Inhaltskontrolle nicht stand. Urteil.

 
Freundliche Grüße


Energiesparfuchs

Offline Cremer

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 5.185
  • Karma: +2/-0
  • Geschlecht: Männlich
    • http://www.cremer-kreuznach.de
Widerspruchsschreiben 2007: Gibt es neue Urteile ?
« Antwort #3 am: 03. Mai 2007, 19:36:21 »
@Energiesparfuchs,

sicherlich kann da unser Experte Fricke bessere Auskunft geben.

Relevant erscheinen mir allerdings die Urteile unter

1, 2,3,6,13,16,19.
MFG
Gerd Cremer
BIFEP e.V.

info@bifep-kh.de
www.bifep-kh.de
gerd@cremer-kreuznach.de

Offline Energiesparfuchs

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 19
  • Karma: +0/-0
Widerspruchsschreiben 2007: Gibt es neue Urteile ?
« Antwort #4 am: 07. Mai 2007, 10:03:13 »
@Cremer,

vielen Dank für die Antwort!

Herr Fricke hat wohl leider keine Zeit Ihre Aussage zu bestätigen oder zu ergänzen?

Oder ist er in der glücklichen Lage und hat mal Urlaub? Verdient hätte er es ja!

Mfg

Energiesparfuchs

Offline RR-E-ft

  • Rechtsanwalt
  • Forenmitglied
  • ***
  • Beiträge: 17.078
  • Karma: +15/-2
  • Geschlecht: Männlich
Widerspruchsschreiben 2007: Gibt es neue Urteile ?
« Antwort #5 am: 07. Mai 2007, 12:54:50 »
@Energiesparfuchs

Es gibt nichts Neues zu beachten.

Man braucht dem Versorger überhaupt keine Urteile zu übersenden, um etwas zu zeigen. Man zeigt damit nur, dass man in der Lage ist, Kopien zu fertigen und einzutüten. Man braucht auch nicht mit der Nennung von Gerichtsentscheidungen "glänzen".

Ganz wesentlich scheint, ob man sich bei Vertragsabschluss auf einen konkreten Preis in konkreter Höhe  geeinigt hat, dieser gilt dann grundsätzlich für beide Seiten bis zur wirksamen Vertragsbeendigung.

Ist man Tarifkunde und wurden  nach Vertragsabschluss die derzeit geltenden Preise in Ausübung der Rechte aus § 4 Abs. 1 und 2 AVBV vom Versorger neu festgesetzt, kann § 315 BGB darauf direkt angewendet werden, ohne dass es auf eine Monopolstellung ankommt (vgl. BGH, Urt. v. 28.03.2007 - VIII ZR 144/06 Rn. 16).

Der Kartellsenat nimmt bei Preisen in Form Allgemeiner Tarife unter Verweisung auf jeweils geltende Preisblätter  von Anfang an ein vertraglich vereinbartes einseitiges Leistungsbestimmungsrecht an, auf welches § 315 BGB direkte Anwednung findet (vgl. BGH, Urt. v. 18.10.2005 - KZR 36/04 = NJW 2006, 684 ff. Rn. 9, 10; BGH, Urt. v. 07.02.2006 - KZR 8/05 = NJW-RR 2006, 915 Rn. 12, BGH, Urt. v 07.02.2006 - KZR 9/05).

Ist man Sondervertragskunde und hatte sich bei Abschluss des Vertrages auf einen Preis in konkreter Höhe geeinigt und kein wirksames Preisänderungsrecht vereinbart, gilt der Preis, auf den man sich bei Vetragsabschluss geeinigt hatte, weiter.

Preisänderungsbestimmungen in den AGB müssen dem Bestimmtheits- und Transparenzgebot des § 307 BGB entsprechen und sind sonst unwirksam (vgl. BGH, Urt. v. 13.12.2006 - VIII ZR 25/06), so dass gar keine Preiserhöhungen darauf gestützt werden können.

Unmöglich ist es, in AGB ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Versorgers zu vereinbaren, weil der weite Spielraum der Billigkeit nach der Rechtsprechung des BGH nicht den Anforderungen an das Maß der Konkretisierung gem. § 307 BGB entspricht (vgl. BGH NJW 2000, 652; KZR 10/03 unter II.6).

Hatte man sich bei Vertragsabschluss hingegen auf keinen konkreten Preis geeinigt und wurde auch kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Versorgers gem. § 315 BGB vereinbart, so ist ein Energielieferungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen. Alles andere verstieße gegen die Denkgesetze (vgl. BGH, Urt. v. 07.02.2006 - KZR 24/04 Rn. 35).

Ist doch ganz einfach, oder?

Dafür muss man sich doch nicht kiloweise Papier hin und herschicken:

Der Versorger ist darlegungs- und beweisbelastet für die vertragliche Leistungspflicht des Kunden, also dafür, worauf man sich bei Vertragsabschluss konkret geeinigt hatte, dass  ggf. ein einseitiges Leistungsbesteimmungsrecht bei Vertragsabschluss vereinbart wurde - er also die Preise mit bestimmender Wirkung für den Kunden schon bei Vertragsabschluss (oder nach Vertragsabschluss einseitig neu) festsetzen durfte und dass im Falle der Einräumung eines solchen Rechts die von ihm ausgeübte Leistungsbestimmung der Billigkeit entsprach (BGH, Urt. v. 30.04.2003 - VIII ZR 276/02=  NJW 2003, 3131 und BGH, Urt. v. 05.02.2003- VIII ZR 111/02 =  NJW 2003, 1449) , wofür der BGH bei einseitig festgelegten Strompreisen die Offenlegung der Preiskalkulation verlangt (BGH, Urt. v. 02.10.1991 - VIII ZR 240/90 = NJW-RR 1992, 183, 184; BGH, Urt. v. 05.02.2003 - VIII ZR 111/02 = NJW 2003, 1449), was auf die Gastarifpreise übertragen werden kann (OLG Karlsruhe, RdE 2006, 356).

Die vertragliche Leistungspflicht folgt nicht allein daraus, dass der Versorger für Energielieferungen Rechnungen gelegt hat, die unbezahlt blieben (vgl. BGH, Urt. v. 28.03.2007 - VIII ZR   144/06 Rn. 21).

Im Falle der Unbilligkeit einer einseitigen Leistungsbestimmung wird erst die vom Gericht auf Antrag des Versorgungsunternehmens getroffene Ersatzbestimmung gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB mit der Rechtskraft des Urteils für den Kunden wirksam, die Forderung fällig und kann dieser in Verzug geraten (vgl. BGH, Urt. v. 05.07.2005 - X ZR 60/04 = NJW 2005, 2919 unter II 1 b).

Entscheidungen des BGH kann jedermann unter www.bundesgerichtshof.de nachlesen.

Man muss sich also keine unnützen Papierschlachten liefern.

Es kommt auch nicht darauf an, den Versorger zu überzeugen.

Mit guten Argumenten überzeugt werden müssen nur Gerichte.

Diese müssen bei Klagen des Versorgers von diesem überzeugt werden, dass dessen vertraglicher Anspruch überhaupt in der geltendend gemachten Höhe (derzeit) fällig und durchsetzbar besteht.

Also Umwelt schonen, Papier sparen und nicht sinnlos Papierberge verschicken !!!

Bei den meisten Versorgersn sind die Kunden, die sich auf die Unbilligkeit bzw. Unwirksamkeit der Preiserhöhungen berufen haben, in der EDV besonders ausgesteuert, so dass es etwa keine Sperrandrohungen mehr gibt. Daran ändert sich auch nichts, wenn man in einem neuen Schreiben noch ein Urteil anführt oder nicht. Es ist keinesfalls so, dass wirklich jemand Interesse am Inhalt der Schreiben der Kunden hätte. Es wird nur ein Haken in der EDV gemacht und das war es zumeist.

Wer denkt, über den Inhalt seiner Schreiben würden Fachkonferenzen abgehalten, irrt.

Dies gilt vor allem, wenn man zu ungeschickt ist, um die Abschläge und Rechnungsbeträge wirlich zu kürzen, weil man weiterhin zuviel zahlt.

Das wirkt dann nur komisch.

Man sollte sich die Energie sparen für ein Gerichtsverfahren.


MfG an ETE-R

Offline Energiesparfuchs

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 19
  • Karma: +0/-0
Widerspruchsschreiben 2007: Gibt es neue Urteile ?
« Antwort #6 am: 08. Mai 2007, 17:03:42 »
@RR-E-ft

Na ein Glück!

Vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort!

Die spart Arbeit und Papier und hilft weiter! Was will man noch mehr!  :wink:

Mfg

Energiesparfuchs

Offline Fridericus Rex

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 56
  • Karma: +0/-0
Widerspruchsschreiben 2007: Gibt es neue Urteile ?
« Antwort #7 am: 12. Mai 2007, 17:33:14 »
Zitat von: \"RR-E-ft\"
Ist man Tarifkunde und wurden  nach Vertragsabschluss die derzeit geltenden Preise in Ausübung der Rechte aus § 4 Abs. 1 und 2 AVBV vom Versorger neu festgesetzt, kann § 315 BGB darauf direkt angewendet werden, ohne dass es auf eine Monopolstellung ankommt (vgl. BGH, Urt. v. 28.03.2007 - VIII ZR 144/06 Rn. 16).
Vielleicht für mich das juristen"Deutsch" nur schwer zu verstehen, aber wenn der BGH ausführt:
Zitat
Anders mag es ... liegen. [...] Darum geht es im vorliegenden Fall nicht
dann verstehe ich das so, dass sich der BGH dieser Frage überhaupt nicht angenommen hat. Oder ist es für Sie als Anwalt eindeutig, dass der BGH bei einer Preisänderung immer den § 315 BGB direkt anwenden wird?

Zitat von: \"RR-E-ft\"
Der Kartellsenat nimmt bei Preisen in Form Allgemeiner Tarife unter Verweisung auf jeweils geltende Preisblätter  von Anfang an ein vertraglich vereinbartes einseitiges Leistungsbestimmungsrecht an, auf welches § 315 BGB direkte Anwednung findet (vgl. BGH, Urt. v. 18.10.2005 - KZR 36/04 = NJW 2006, 684 ff. Rn. 9, 10; BGH, Urt. v. 07.02.2006 - KZR 8/05 = NJW-RR 2006, 915 Rn. 12, BGH, Urt. v 07.02.2006 - KZR 9/05).
Sehen das die für die Klagen der Haushaltskunden zuständigen Zivilsenate nicht anders (siehe das zuvor von Ihnen zitierte Urteil)?

Zitat von: \"RR-E-ft\"
Hatte man sich bei Vertragsabschluss hingegen auf keinen konkreten Preis geeinigt und wurde auch kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht

Und auch hier stoße ich wieder an die Grenzen meiner Vorstellungskraft. Der BGH hat doch im Urteil vom 28.03.2007 (VIII ZR 144/06) Rn. 13 ausdrücklich ausgeführt, dass ein Stromliefervertrag zu den veröffentlichten Bedingungen zustande kommt und "eindeutig" bestimmt ist. Dies gelte auch bei faktischen Verträgen. Da aber allgemeine Preise gem § 36 Abs. 1 EnWG
Zitat
(1) 1Energieversorgungsunternehmen haben für Netzgebiete, in denen sie die Grundversorgung von Haushaltskunden durchführen, Allgemeine Bedingungen und Allgemeine Preise für die Versorgung in Niederspannung oder Niederdruck öffentlich bekannt zu geben und im Internet zu veröffentlichen und zu diesen Bedingungen und Preisen jeden Haushaltskunden zu versorgen. 2Die Pflicht zur Grundversorgung besteht nicht, wenn die Versorgung für das Energieversorgungsunternehmen aus wirtschaftlichen Gründen nicht zumutbar ist.
zu veröffentlichen sind, besteht doch keine Möglichkeit, sich gerade auf keinen Preis zu einigen, oder? Mir fällt jedenfalls keine Möglichkeit ein.

Und das die Versorger die grundsätzlich die Preise anpassen dürfen, ergibt sich doch aus einer von der Bundesregierung erlassenen Verordnung:
Zitat
§ 5 StromGVV Art der Versorgung
(1) Welche Stromart (Drehstrom oder Wechselstrom) und Spannungsart für das Vertragsverhältnis maßgebend sein sollen, ergibt sich aus der Stromart und Spannung des jeweiligen Elektrizitätsversorgungsnetzes der allgemeinen Versorgung, an das die Anlage, über die der Kunde Strom entnimmt, angeschlossen ist.

(2) 1Änderungen der Allgemeinen Preise und der ergänzenden Bedingungen werden jeweils zum Monatsbeginn und erst nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam, die mindestens sechs Wochen vor der beabsichtigten Änderung erfolgen muss. 2Der Grundversorger ist verpflichtet, zu den beabsichtigten Änderungen zeitgleich mit der öffentlichen Bekanntgabe eine briefliche Mitteilung an den Kunden zu versenden und die Änderungen auf seiner Internetseite zu veröffentlichen.

(3) Änderungen der Allgemeinen Preise und der ergänzenden Bedingungen werden gegenüber demjenigen Kunden nicht wirksam, der bei einer fristgemäßen Kündigung des Vertrages mit dem Grundversorger die Einleitung eines Wechsels des Versorgers durch entsprechenden Vertragsschluss innerhalb eines Monats nach Zugang der Kündigung nachweist.


Also alles doch nicht so einfach?

Viele Grüße
Fridericus Rex

Offline RR-E-ft

  • Rechtsanwalt
  • Forenmitglied
  • ***
  • Beiträge: 17.078
  • Karma: +15/-2
  • Geschlecht: Männlich
Widerspruchsschreiben 2007: Gibt es neue Urteile ?
« Antwort #8 am: 12. Mai 2007, 18:40:09 »
@Fridericius Rex

Ich habe gar schon viele Urteile des BGH in jüngster Zeit gelesen, wo durch die Entnahme von Energie zwar ein Vertrag geschlossen wurde, gleichwohl keine Einigung auf einen konkreten Preis erfolgte (BGH, Urt. v. 30.04.2003 - VIII ZR 279/02 = NJW 2003, 3131 oder aber Urt. v. 15.02.2006 - VIII ZR 138/05 = NJW 2006, 1667 Rn. 16, 28 ff.).

Das Urteil vom 15.02.2006 betraf gerade keinen Monopolisten.

Wenn ein Nichthaushaltskunde Energie aus dem Netz entnimmt, kommt es zu keinem konkludenten Vertragsabschluss gem. § 2 Abs. 2 GVV.

Auch sonst gibt es Fälle, wo es durch die Entnahme gar nicht zu einem Vertragsabschluss kommt.

Dafür gibt es gerade die in § 38 EnWG geregelte Ersatzbelieferung für den Fall, dass die Lieferung nicht auf vertraglicher Grundlage erfolgt.

Ohne Vertrag auch keine Einigung auf einen Preis in konkreter Höhe.
Andererseits nicht mit  jedem Vertragsabschluss geht notwendig eine Einigung auf einen Preis in konkreter Höhe einher (vgl. BGH aaO.; KZR 8/05 und KZR 9/05).

Das erfordert überhaupt keine zu große Vorstellungskraft, zumal, wenn Sie in der Lage sein wollen, dem BGH voraus zu denken...

Auf die Ausübung gesetzlicher Leistungsänderungsrechte durch eine Vertragspartei im laufenden Vertragsverhältnis hat der BGH bereits § 315 BGB in der Vergangenheit angewandt, direkt.

Wurde schon mehrmals an anderer Stelle gepostet.

Nur gilt ja die StromGVV für Sonderverträge weder direkt noch analog (vgl. schon BGH NJW 1998, 1640, 1642 für die AVBEltV).

Auf vertraglich vereinbarte Leistungsänderungsrechte in Form von AGB kommt § 307 BGB zur Anwendung, sonst § 315 BGB direkt:

http://www.jur-abc.de/cms/index.php?id=181

§ 315 BGB bedarf dafür einer Konkretisierung, die sich in §§ 1, 2 Abs. 1 EnWG finden ließe.

Dies entspräche der Rechtsprechung des Kartellsenats.

Banken kann man ja schon lange frei wählen.

Zinssätze sind die Entgelte für die Krdeitgewährung, deren Festlegung sich die Banken teilweise in ihren AGB vertraglich vorbehalten haben.

Das hat mit einer Monopolstellung schlicht und ergreifend gar nichts zu tun.

Die Beklagte trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, daß ihre Bestimmung der Zinssätze der Billigkeit entspricht (BGHZ 41,271, 279; BGH Urteile vom 30. Juni 1969 -VII ZR 170/67-=NJW 1969,1809 und vom 20. Oktober 1980 -II ZR 190/79 - = NJW 1981, 571, 572; Baumgärtel, Handbuch der Beweislast Bd. 1, 1981, § 315 Rdn. 2 m. w. Nachw.).

Das gilt für alle Preisänderungsvorbehalte innerhalb von AGB.

Ist doch ganz einfach.

Man muss sich nur einfach etwas mehr vorstellen können. Dann erkennt man auch die betehenden Möglichkeiten. :wink:

Und Energiesparfuchs ist so beschlagen, der weiß das ganz genau.
Sonst wäre er nicht aus diesem Fuchsbau ETE.

 

Bund der Energieverbraucher e.V. | Impressum & Datenschutz