Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
Widerspruchsschreiben 2007: Gibt es neue Urteile ?
RR-E-ft:
@Energiesparfuchs
Es gibt nichts Neues zu beachten.
Man braucht dem Versorger überhaupt keine Urteile zu übersenden, um etwas zu zeigen. Man zeigt damit nur, dass man in der Lage ist, Kopien zu fertigen und einzutüten. Man braucht auch nicht mit der Nennung von Gerichtsentscheidungen "glänzen".
Ganz wesentlich scheint, ob man sich bei Vertragsabschluss auf einen konkreten Preis in konkreter Höhe geeinigt hat, dieser gilt dann grundsätzlich für beide Seiten bis zur wirksamen Vertragsbeendigung.
Ist man Tarifkunde und wurden nach Vertragsabschluss die derzeit geltenden Preise in Ausübung der Rechte aus § 4 Abs. 1 und 2 AVBV vom Versorger neu festgesetzt, kann § 315 BGB darauf direkt angewendet werden, ohne dass es auf eine Monopolstellung ankommt (vgl. BGH, Urt. v. 28.03.2007 - VIII ZR 144/06 Rn. 16).
Der Kartellsenat nimmt bei Preisen in Form Allgemeiner Tarife unter Verweisung auf jeweils geltende Preisblätter von Anfang an ein vertraglich vereinbartes einseitiges Leistungsbestimmungsrecht an, auf welches § 315 BGB direkte Anwednung findet (vgl. BGH, Urt. v. 18.10.2005 - KZR 36/04 = NJW 2006, 684 ff. Rn. 9, 10; BGH, Urt. v. 07.02.2006 - KZR 8/05 = NJW-RR 2006, 915 Rn. 12, BGH, Urt. v 07.02.2006 - KZR 9/05).
Ist man Sondervertragskunde und hatte sich bei Abschluss des Vertrages auf einen Preis in konkreter Höhe geeinigt und kein wirksames Preisänderungsrecht vereinbart, gilt der Preis, auf den man sich bei Vetragsabschluss geeinigt hatte, weiter.
Preisänderungsbestimmungen in den AGB müssen dem Bestimmtheits- und Transparenzgebot des § 307 BGB entsprechen und sind sonst unwirksam (vgl. BGH, Urt. v. 13.12.2006 - VIII ZR 25/06), so dass gar keine Preiserhöhungen darauf gestützt werden können.
Unmöglich ist es, in AGB ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Versorgers zu vereinbaren, weil der weite Spielraum der Billigkeit nach der Rechtsprechung des BGH nicht den Anforderungen an das Maß der Konkretisierung gem. § 307 BGB entspricht (vgl. BGH NJW 2000, 652; KZR 10/03 unter II.6).
Hatte man sich bei Vertragsabschluss hingegen auf keinen konkreten Preis geeinigt und wurde auch kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Versorgers gem. § 315 BGB vereinbart, so ist ein Energielieferungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen. Alles andere verstieße gegen die Denkgesetze (vgl. BGH, Urt. v. 07.02.2006 - KZR 24/04 Rn. 35).
Ist doch ganz einfach, oder?
Dafür muss man sich doch nicht kiloweise Papier hin und herschicken:
Der Versorger ist darlegungs- und beweisbelastet für die vertragliche Leistungspflicht des Kunden, also dafür, worauf man sich bei Vertragsabschluss konkret geeinigt hatte, dass ggf. ein einseitiges Leistungsbesteimmungsrecht bei Vertragsabschluss vereinbart wurde - er also die Preise mit bestimmender Wirkung für den Kunden schon bei Vertragsabschluss (oder nach Vertragsabschluss einseitig neu) festsetzen durfte und dass im Falle der Einräumung eines solchen Rechts die von ihm ausgeübte Leistungsbestimmung der Billigkeit entsprach (BGH, Urt. v. 30.04.2003 - VIII ZR 276/02= NJW 2003, 3131 und BGH, Urt. v. 05.02.2003- VIII ZR 111/02 = NJW 2003, 1449) , wofür der BGH bei einseitig festgelegten Strompreisen die Offenlegung der Preiskalkulation verlangt (BGH, Urt. v. 02.10.1991 - VIII ZR 240/90 = NJW-RR 1992, 183, 184; BGH, Urt. v. 05.02.2003 - VIII ZR 111/02 = NJW 2003, 1449), was auf die Gastarifpreise übertragen werden kann (OLG Karlsruhe, RdE 2006, 356).
Die vertragliche Leistungspflicht folgt nicht allein daraus, dass der Versorger für Energielieferungen Rechnungen gelegt hat, die unbezahlt blieben (vgl. BGH, Urt. v. 28.03.2007 - VIII ZR 144/06 Rn. 21).
Im Falle der Unbilligkeit einer einseitigen Leistungsbestimmung wird erst die vom Gericht auf Antrag des Versorgungsunternehmens getroffene Ersatzbestimmung gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB mit der Rechtskraft des Urteils für den Kunden wirksam, die Forderung fällig und kann dieser in Verzug geraten (vgl. BGH, Urt. v. 05.07.2005 - X ZR 60/04 = NJW 2005, 2919 unter II 1 b).
Entscheidungen des BGH kann jedermann unter www.bundesgerichtshof.de nachlesen.
Man muss sich also keine unnützen Papierschlachten liefern.
Es kommt auch nicht darauf an, den Versorger zu überzeugen.
Mit guten Argumenten überzeugt werden müssen nur Gerichte.
Diese müssen bei Klagen des Versorgers von diesem überzeugt werden, dass dessen vertraglicher Anspruch überhaupt in der geltendend gemachten Höhe (derzeit) fällig und durchsetzbar besteht.
Also Umwelt schonen, Papier sparen und nicht sinnlos Papierberge verschicken !!!
Bei den meisten Versorgersn sind die Kunden, die sich auf die Unbilligkeit bzw. Unwirksamkeit der Preiserhöhungen berufen haben, in der EDV besonders ausgesteuert, so dass es etwa keine Sperrandrohungen mehr gibt. Daran ändert sich auch nichts, wenn man in einem neuen Schreiben noch ein Urteil anführt oder nicht. Es ist keinesfalls so, dass wirklich jemand Interesse am Inhalt der Schreiben der Kunden hätte. Es wird nur ein Haken in der EDV gemacht und das war es zumeist.
Wer denkt, über den Inhalt seiner Schreiben würden Fachkonferenzen abgehalten, irrt.
Dies gilt vor allem, wenn man zu ungeschickt ist, um die Abschläge und Rechnungsbeträge wirlich zu kürzen, weil man weiterhin zuviel zahlt.
Das wirkt dann nur komisch.
Man sollte sich die Energie sparen für ein Gerichtsverfahren.
MfG an ETE-R
Energiesparfuchs:
@RR-E-ft
Na ein Glück!
Vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort!
Die spart Arbeit und Papier und hilft weiter! Was will man noch mehr! :wink:
Mfg
Energiesparfuchs
Fridericus Rex:
--- Zitat von: \"RR-E-ft\" ---Ist man Tarifkunde und wurden nach Vertragsabschluss die derzeit geltenden Preise in Ausübung der Rechte aus § 4 Abs. 1 und 2 AVBV vom Versorger neu festgesetzt, kann § 315 BGB darauf direkt angewendet werden, ohne dass es auf eine Monopolstellung ankommt (vgl. BGH, Urt. v. 28.03.2007 - VIII ZR 144/06 Rn. 16).
--- Ende Zitat ---
Vielleicht für mich das juristen"Deutsch" nur schwer zu verstehen, aber wenn der BGH ausführt:
--- Zitat ---Anders mag es ... liegen. [...] Darum geht es im vorliegenden Fall nicht
--- Ende Zitat ---
dann verstehe ich das so, dass sich der BGH dieser Frage überhaupt nicht angenommen hat. Oder ist es für Sie als Anwalt eindeutig, dass der BGH bei einer Preisänderung immer den § 315 BGB direkt anwenden wird?
--- Zitat von: \"RR-E-ft\" ---Der Kartellsenat nimmt bei Preisen in Form Allgemeiner Tarife unter Verweisung auf jeweils geltende Preisblätter von Anfang an ein vertraglich vereinbartes einseitiges Leistungsbestimmungsrecht an, auf welches § 315 BGB direkte Anwednung findet (vgl. BGH, Urt. v. 18.10.2005 - KZR 36/04 = NJW 2006, 684 ff. Rn. 9, 10; BGH, Urt. v. 07.02.2006 - KZR 8/05 = NJW-RR 2006, 915 Rn. 12, BGH, Urt. v 07.02.2006 - KZR 9/05).
--- Ende Zitat ---
Sehen das die für die Klagen der Haushaltskunden zuständigen Zivilsenate nicht anders (siehe das zuvor von Ihnen zitierte Urteil)?
--- Zitat von: \"RR-E-ft\" ---Hatte man sich bei Vertragsabschluss hingegen auf keinen konkreten Preis geeinigt und wurde auch kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht
--- Ende Zitat ---
Und auch hier stoße ich wieder an die Grenzen meiner Vorstellungskraft. Der BGH hat doch im Urteil vom 28.03.2007 (VIII ZR 144/06) Rn. 13 ausdrücklich ausgeführt, dass ein Stromliefervertrag zu den veröffentlichten Bedingungen zustande kommt und "eindeutig" bestimmt ist. Dies gelte auch bei faktischen Verträgen. Da aber allgemeine Preise gem § 36 Abs. 1 EnWG
--- Zitat ---(1) 1Energieversorgungsunternehmen haben für Netzgebiete, in denen sie die Grundversorgung von Haushaltskunden durchführen, Allgemeine Bedingungen und Allgemeine Preise für die Versorgung in Niederspannung oder Niederdruck öffentlich bekannt zu geben und im Internet zu veröffentlichen und zu diesen Bedingungen und Preisen jeden Haushaltskunden zu versorgen. 2Die Pflicht zur Grundversorgung besteht nicht, wenn die Versorgung für das Energieversorgungsunternehmen aus wirtschaftlichen Gründen nicht zumutbar ist.
--- Ende Zitat ---
zu veröffentlichen sind, besteht doch keine Möglichkeit, sich gerade auf keinen Preis zu einigen, oder? Mir fällt jedenfalls keine Möglichkeit ein.
Und das die Versorger die grundsätzlich die Preise anpassen dürfen, ergibt sich doch aus einer von der Bundesregierung erlassenen Verordnung:
--- Zitat ---§ 5 StromGVV Art der Versorgung
(1) Welche Stromart (Drehstrom oder Wechselstrom) und Spannungsart für das Vertragsverhältnis maßgebend sein sollen, ergibt sich aus der Stromart und Spannung des jeweiligen Elektrizitätsversorgungsnetzes der allgemeinen Versorgung, an das die Anlage, über die der Kunde Strom entnimmt, angeschlossen ist.
(2) 1Änderungen der Allgemeinen Preise und der ergänzenden Bedingungen werden jeweils zum Monatsbeginn und erst nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam, die mindestens sechs Wochen vor der beabsichtigten Änderung erfolgen muss. 2Der Grundversorger ist verpflichtet, zu den beabsichtigten Änderungen zeitgleich mit der öffentlichen Bekanntgabe eine briefliche Mitteilung an den Kunden zu versenden und die Änderungen auf seiner Internetseite zu veröffentlichen.
(3) Änderungen der Allgemeinen Preise und der ergänzenden Bedingungen werden gegenüber demjenigen Kunden nicht wirksam, der bei einer fristgemäßen Kündigung des Vertrages mit dem Grundversorger die Einleitung eines Wechsels des Versorgers durch entsprechenden Vertragsschluss innerhalb eines Monats nach Zugang der Kündigung nachweist.
--- Ende Zitat ---
Also alles doch nicht so einfach?
Viele Grüße
Fridericus Rex
RR-E-ft:
@Fridericius Rex
Ich habe gar schon viele Urteile des BGH in jüngster Zeit gelesen, wo durch die Entnahme von Energie zwar ein Vertrag geschlossen wurde, gleichwohl keine Einigung auf einen konkreten Preis erfolgte (BGH, Urt. v. 30.04.2003 - VIII ZR 279/02 = NJW 2003, 3131 oder aber Urt. v. 15.02.2006 - VIII ZR 138/05 = NJW 2006, 1667 Rn. 16, 28 ff.).
Das Urteil vom 15.02.2006 betraf gerade keinen Monopolisten.
Wenn ein Nichthaushaltskunde Energie aus dem Netz entnimmt, kommt es zu keinem konkludenten Vertragsabschluss gem. § 2 Abs. 2 GVV.
Auch sonst gibt es Fälle, wo es durch die Entnahme gar nicht zu einem Vertragsabschluss kommt.
Dafür gibt es gerade die in § 38 EnWG geregelte Ersatzbelieferung für den Fall, dass die Lieferung nicht auf vertraglicher Grundlage erfolgt.
Ohne Vertrag auch keine Einigung auf einen Preis in konkreter Höhe.
Andererseits nicht mit jedem Vertragsabschluss geht notwendig eine Einigung auf einen Preis in konkreter Höhe einher (vgl. BGH aaO.; KZR 8/05 und KZR 9/05).
Das erfordert überhaupt keine zu große Vorstellungskraft, zumal, wenn Sie in der Lage sein wollen, dem BGH voraus zu denken...
Auf die Ausübung gesetzlicher Leistungsänderungsrechte durch eine Vertragspartei im laufenden Vertragsverhältnis hat der BGH bereits § 315 BGB in der Vergangenheit angewandt, direkt.
Wurde schon mehrmals an anderer Stelle gepostet.
Nur gilt ja die StromGVV für Sonderverträge weder direkt noch analog (vgl. schon BGH NJW 1998, 1640, 1642 für die AVBEltV).
Auf vertraglich vereinbarte Leistungsänderungsrechte in Form von AGB kommt § 307 BGB zur Anwendung, sonst § 315 BGB direkt:
http://www.jur-abc.de/cms/index.php?id=181
§ 315 BGB bedarf dafür einer Konkretisierung, die sich in §§ 1, 2 Abs. 1 EnWG finden ließe.
Dies entspräche der Rechtsprechung des Kartellsenats.
Banken kann man ja schon lange frei wählen.
Zinssätze sind die Entgelte für die Krdeitgewährung, deren Festlegung sich die Banken teilweise in ihren AGB vertraglich vorbehalten haben.
Das hat mit einer Monopolstellung schlicht und ergreifend gar nichts zu tun.
Die Beklagte trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, daß ihre Bestimmung der Zinssätze der Billigkeit entspricht (BGHZ 41,271, 279; BGH Urteile vom 30. Juni 1969 -VII ZR 170/67-=NJW 1969,1809 und vom 20. Oktober 1980 -II ZR 190/79 - = NJW 1981, 571, 572; Baumgärtel, Handbuch der Beweislast Bd. 1, 1981, § 315 Rdn. 2 m. w. Nachw.).
Das gilt für alle Preisänderungsvorbehalte innerhalb von AGB.
Ist doch ganz einfach.
Man muss sich nur einfach etwas mehr vorstellen können. Dann erkennt man auch die betehenden Möglichkeiten. :wink:
Und Energiesparfuchs ist so beschlagen, der weiß das ganz genau.
Sonst wäre er nicht aus diesem Fuchsbau ETE.
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