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Autor Thema: OLG Celle, Urt. v. 17.01.2008 - 13 U 152/07  (Gelesen 3021 mal)

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OLG Celle, Urt. v. 17.01.2008 - 13 U 152/07
« am: 30. Januar 2008, 19:12:51 »
Das OLG Celle hat mit Urteil vom 17.01.2008 - 13 U 152/07 die Berufung der Verbraucherzentrale Bremen gegen das Urteil des LG Verden vom 05.07.2007, Az. 5 O 419/06 zurückgewiesen.

Siehste hier.

Das OLG Celle meint, es sei möglich, dass sich ein Gasversorger innerhalb seiner AGB für Sonderkunden ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht gem. § 4 AVBGasV bzw. § 5 GasGVV folgender Art einräumen lasse:

Zitat
„kgu darf den Festpreis und den Verbraucherpreis entsprechend § 5 Abs. 2 GasGVV anpassen. Es handelt sich um eine einseitige Leistungsbestimmung, die wir nach billigem Ermessen ausüben werden. Soweit sich der Festpreis oder der Verbrauchspreis ändert, können Sie den Vertrag entsprechend § 20 GasGVV kündigen“,

Wenn dies nicht möglich wäre, so wären ja Sonderkunden gegenüber Tarifkunden bzw. Kunden in der Grundversorgung besser gestellt.

Das OLG Celle hat hiergegen jedoch die Revision zugleassen.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Anmerkung:

Wie schon das LG Verden verkannte wohl auch das OLG Celle, dass das einseitige Leistungsbestimmungsrecht in § 5 GasGVV sich allein daraus rechtfertigt, dass der Grundeversorger gem. § 20 Abs. 1 Satz 3 GVV den Vertrag selbst dann nicht kündigen kann, wenn ihn deutlich höhere Kosten als bei Vertragsabschluss treffen.

Eine entsprechende Rechtfertigung für eine Preisanpassungsklausel in einem Sondervertrag gibt es schon nicht, wenn ein Recht zur ordnungsgemäßen Kündigung für das Unternehmen besteht, das Recht zur ordentlichen Kündigung durch den Versorger im Vertrag nicht ausgeschlossen wurde. Denn wer selbst ordnungsgemäß  kündigen kann, bedarf schon gar keines einseitigen Preisanpassungsrechts.

Ebenso war die Regelung in § 4 AVBGasV untrennbar mit der gesetzlichen Versorgungspflicht gem. § 6 EnWG 1935 bzw. § 10 EnWG 1998/ 2003 verbunden.

Eine gesetzliche Versorgungspflicht besteht für Sonderabkommen jedoch gerade nicht.

Zudem hatte der BGH immer wieder deutlich gemacht, dass der weite Spielraum der Billigkeit gerade nicht in das \"enge Korstett\" des § 307 BGB passt. Die Auslegung des OLG Celle führt dazu, dass die von § 310 BGB nicht ausgeschlossene Inhaltskontrolle nach § 307 BGB faktisch leer läuft.

Schließlich handelt es sich bei den Vorschriften der AVBGasV/ GasGVV auch gar nicht um gesetzliche Regelungen, die für Sonderabkommen gelten. Die Vorschriften der Verordnungen gelten für Sonderabkommen der Energieversorgungsunternehmen nämlich weder unmittelbar noch analog (BGH NJW 1998, 1640, 1642), so dass es sich um gar keine \"gesetzlichen Regelungen\" im Sinne von § 307 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3 BGB handeln kann.

Um es plastisch zu machen:

Eine entsprechende Klausel in Stromlieferungsverträgen der YelloStrom GmbH mit Haushaltskunden würde gegen § 307 BGB verstoßen. Die StromGVV entält bezüglich des Nicht- Grundversorgers YelloStrom GmbH schon keine gesetzliche Regelungen. Im Gasbereich kann es nicht anders liegen.


In der Klausel wird zum einen auf ein Kündigungsrecht in § 20 GVV abgestellt, obschon diese Norm gar kein Sonderkündigungsrecht im Falle von Preisänderungen  kennt.

Zudem ist die Formulierung \"soweit\" irreführend, als man annehmen könnte, der Vertrag könnte nur teilweise gekündigt werden, nämlich allein den Erhöhungsbetrag betreffend, sei im übrigen jedoch nicht kündbar, insbesondere nicht unabhängig von Preiserhöhungen.

Weiter ist jedenfalls auch nicht in jedem Falle klar, dass eine solche Kündigung bereits vor Wirksamwerden der Preisänderung wirksam wird (vgl. BGH NJW 2007, 1056).

Dem OLG Celle war wohl selbst nicht recht wohl bei seiner Entscheidung. Es räumt selbst ein, dass die getroffene Entscheidung unbillg erscheinen könne gegenüber Gasversorgungsunternehmen, deren demgegenüber konkreteren Preisanpassungsklauseln  sich wegen Verstoß  gegen § 307 BGB als unwirksam erweisen.

Weil es bisher keine höchstrichterliche Entscheidung für die zur Entscheidung stehende Klausel in einem Gaslieferungsvertrag gäbe, wurde die Revision zum BGH zugelassen.

 

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