@elmex
Bitte genau prüfen, wie im Erstsemester, also step by step:
1.
Liegt ein wirksammer Vertragsabschluss vor, also Einigung gem. § 145 ff. BGB über essentialia negotii, also auch über den konkret vom Kunden zu zahlenden Preis?
Fehlt es an einer solchen Einigung über einen vertragswesentlichen Punkt, kommt wegen eines Dissens gem. § 154 Abs. 1 BGB schon kein Vertrag wirksam zustande und es bestehen deshalb nach einem in Gang gesetzten Leistungsaustauschverhältnis nur bereicherungsrechtliche Ansprüche.
2.
Ausnahme von dieser Regel:
Entgegen § 154 Abs. 1 BGB doch ein Vertragsabschluss jedoch nur dann, wenn ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht gem. § 315 BGB zugunsten des Lieferanten bezüglich des vom Kunden zu zahlenden Entgelts vertraglich vereinbart wurde.
a)
Ein solches kann ausdrücklich oder konkludent vereinbart werden, etwa durch den vertragsgegenständlichen § 4 AVBEltV/ AVBGasV.
Achtung aufgepasst:
Die Bestimmungen sind oft kraft normativer Einbeziehung Vertragsbestandteil, aber nur wenn ein Vertrag zustande kommt (vgl. etwa § 1 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 AVBV).
In diesen Vertragsbestandteilen kann das einseitige Leistungsbestimmungsrecht oft schon enthalten sein, vgl. § 4 AVBV.
Muss man aber erst einmal darauf kommen. :wink:
b)
Hinzu treten Fälle, in denen der BGH zu einer Fiktion gegriffen hat:
Der BGH hat oft betont, dass die Abwicklung des in Gang gesetzten Leistungsaustauschverhältnisses allein nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen nicht den Interessen der Parteien entspricht und deshalb entgegen § 154 Abs. 1 BGB ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Lieferanten angenommen, alo fingiert (vgl. nur etwa BGH, Urt. v. 02.10.1991 - VIII ZR 240/90, BGH, Urt. v. 30.04.2003 - VIII ZR 279/02, BGH, Urt. v. 18.10.2005 - KZR 36/04, BGH, Urt. v. 07.02.2006 - KZR 8/05 und KZR 9/05 sowie BGH, Urt. v. 15.02.2006 - VIII ZR 138/05).
Bitte die Entscheidungen mehrmals gründlich und genau lesen!
Wenn man so will, hat der BGH das vertraglich vereinbarte einseitige Leistungsbestimmungsrecht gem. § 315 BGB oft fingiert , um - auch und gerade im Interesse des Versorgers - überhaupt zu einem wirksamen Vertragsabschluss zu kommen, ohne den schon keine vertraglichen Zahlungsansprüche bestehen.
Darauf sollte kein Versorger ernstlich verzichten wollen, wenn er gut beraten ist. (seit 29.03.2007 sog. "FPS- Kurzschluss")
3.
Kehrseite der selben Medaille ist dann aber auch § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB, weil dem einseitig festgesetzten Preis von Anfang an die "Richtigkeitsgewähr" fehlt, die sonst aus einer Einigung der Parteien über den zu zahlenden Preis folgt.
Allein daraus folgt dann das Bedürfnis nach einer gerichtlichen Billigkeitskontrolle in direkter Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB.
Es genügt für die Schutzbedüftigkeit vollkommen, dass der Kunde den von ihm verlangten Preis subjektiv für zu hoch hält (vgl. etwa BGH NJW 2006, 1667, 1670 Rn. 28 ff. m.w.N.).
Den Fall hat man ja oft.
Auf eine Monopolstellung und allen anderen Summs kommt es deshalb in diesen Fällen gar nicht an.
Der BGH hat sich nur oft in der Vergangenheit unpräzise ausgedrückt, weil es bisher nicht so darauf ankam.
Deshalb die (zu) oft gebrauchte Wendung
"Die entsprechende Anwendung des § 315 BGB hat zur Folge...".
an der sich die Kollegen dann gern über 30 Seiten abarbeiten, obschon es darauf gar nicht ankommt. Am Ende stirbt deshalb noch der Regenwald. :roll:
Dramatisch wie bei Shakespeare steht nämlich immer am Anfang der Prüfung zunächst die Frage:
Vertrag oder Nicht- Vertrag?
Soweit die Dogmatik. :wink:
Hat man das einmal verinnerlicht, ist es plötzlich gar nicht mehr schwer.
Andere schreiben Wälzer und dringen nicht zu diesem Kern vor:
Ohne Vertrag schon kein vertraglicher Zahlungsanspruch, um den es aber vor Gericht zumeist geht. Ohne Vertrag aber auch keine normative Einbeziehung der Bestimmungen der AVBEltV/ AVBGasV bzw. StromGVV/ GasGVV, also etwa § 30 AVBV !
Ausnahme:
Ersatzversorgung gem. § 38 EnWG, wohl ein gesetzliches Schuldverhältnis mit einseitigem Leistungsbestimmungsrecht, ausdrücklich kein Vertragsverhältnis.