@all
vorausschickend sei erwähnt, dass es sich hier um Überlegungen und Gedankenanstöße zu
Sondervertragskunden (mit Altverträgen, abgeschlossen vor 2002) und
Rückforderungen/Schadensersatz handelt,
die vielleicht für all diejenigen interessant sind, die weiterhin nicht nur passiv sondern auch aktiv Bewegung in die Sache (natürlich ist Eigennutz nicht ausgeschlossen :wink: )
bringen möchten.
Es wird schliesslich viel darüber genörgelt, dass nur wenige den Mut zur
aktiven Wahrnehmung ihrer Rechte haben und sich die meisten sicherheitshalber auf die "Vorreiter" verlassen, um (Rechts-) Sicherheit zu erlangen.
Nur der Klarheit halber, damit keine Missverständnisse aufkommen: das ist absolut verständlich, menschlich und nachvollziehbar.
Ich möchte den Vorschlag von eislud zu einer weiterführenden Diskussion (Eigennutz ausdrücklich nicht ausgeschlossen :lol: ) daher in einem eigenen Thread gerne aufgreifen.
Warnung: verdammt lang, Durchhaltevermögen erforderlich:siehe hier:
http://forum.energienetz.de/viewtopic.php?t=4984z.Info: die Klage auf Rückforderung (2000-2004) wurde beide Male abgewiesen. Auf §812 kam es nicht mehr an.
Denn beide Parteien hatten ursprünglich bei Vertragsschluss die Höhe der Arbeitspreise (Stand 1988) festgelegt.
Da stellt sich doch im Umkehrschluss die Frage was passiert wäre, wenn dieses nicht so gewesen wäre.
Hypothese:
Z.B. wenn man in einen bestehenden S-Vertrag mit Sonderpreisen, ursprünglich vom Versorger mit einem Bauträger in grauer Vorzeit abgeschlossen, eintritt, der z.B für die ersten 10 J. nicht kündbar wäre.
Und der Versorger einen zusätzlich nach Einwand von §315 i.J. 2004, 2 Jahre nicht nur im Glauben lässt Tarifkunde zu sein, sondern auch noch fahrlässig Falschinformationen gibt, die diesen Glauben stärken.
Wie steht es denn dann mit dem Zeit- und Umstandsmoment bzgl. der Verjährung/Verwirkung?
Oder greift vielleicht eine Hemmung der Verjährung seit 04 wegen der Verhandlung über den Anspruch bzw. der dem Anspruch zugrunde liegenden Umstände?
Wie weit könnte man also mit einer Rückforderung zurückgehen?
3J. sind normal, aber falls fahrlässige Täuschung durch den Versorger seit 2004 vorläge? Und deswegen ev. eine Hemmung?
Wären es es dann 3J. rückwirkend seit 2004?
Hinzu kommt, dass für Dauerschuldverhältnisse nach Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB vom 1. Januar 2003 an nur noch das Bürgerliche Gesetzbuch in der ab dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung anzuwenden ist.
Das hiesse vielleicht vor 2003 gelten noch 10 J. Verjährung nach altem BGB?
Welche Auswirkungen wären damit verbunden?
@Kampfzwerg
Ich weiss nicht, ob hier der richtige Platz ist, um über die Hypothese zu diskutieren, weil es hier ja eigentlich um das Gerichtsurteil geht. Insbesondere nach der neuen Gruppierung im Forum. Deshalb fasse ich mich kurz.
Ob sich aus falschen Informationen des Versorgers eine andere Verjährungsfrist ergeben kann, kann ich im Moment nicht beurteilen.
Eine Hemmung der Verjährung kann laut Schuldrechtsreform zum 01.01.2002 - grob gesagt - durch ernsthafte, andauernde Verhandlungen oder eine Klageerhebung eintreten. Der Billigkeitseinwand und zwei oder drei Briefwechsel pro Jahr mit dem Versorger wären meines Erachtens weder ernsthaft noch andauernd. Zudem sollte es dabei regelmäßig auch gar nicht um eine Rückforderung gehen, sondern vielmehr um den Billigkeitseinwand und ausstehende Zahlungen. Eine Hemmung der Verjährung sollte also in der Regel nicht bestehen.
Die Überleitungsvorschriften des BGBEG Art. 229 § 5 und § 6 zur Schuldrechtsreform zum 01.01.2002 sind meines Erachtens bereits zeitlich ausgeschöpft, was die neue Verjährungsfrist von 3 Jahren angeht. Die Überleitungsvorschriften waren genau dazu da, die unterschiedlichen Verjährungsfristen von alten Fällen (vor 01.01.2002) und neuen Fällen (nach 31.12.2001) anzugleichen. Das sollte seit 01.01.2005 für Schuldverhältnisse und seit spätestens 01.01.2006 für Dauerschuldverhältnisse gelten, die der neuen 3-jährigen Verjährungsfrist unterliegen. Es gilt also meines Erachtens bezüglich Rückforderungsansprüchen eine Verjährungsfrist von grundsätzlich 3 Jahren.
Eine Verwirkung, kann meines Erachtens nur bis zu einem Zeitpunkt eintreten, zu dem der Versorger noch keine Kenntniss des Billigkeitseinwandes hat. Ab diesem Zeitpunkt sollte also eine Verwirkung ausgeschlossen sein. Der Umstandsmoment scheint hier nicht gegeben.
Vielleicht sollte man einen eigenen Thread aufmachen, wenn das Thema weiter diskutiert werden soll.
Was passiert, wenn...
Hypothese:
1. Man ist in einen bestehenden S-Vertrag mit Sonderpreisen, ursprünglich vom Versorger mit einem Bauträger in grauer Vorzeit,
vor der Schuldrechtreform 2002, abgeschlossen,
eingetreten.
Die Möglichkeit einer
individuellen Vereinbarung bestand also nicht.
Lt. Urteil OLG Karlruhe vom 28.06.06 ist § 315 anzuwenden.
Der Widerspruch mit 315 wurde 2004 eingereicht.
und2. Die Preisänderungsklauseln sind gemäß § 307 unwirksam.
3. Der Versorger lässt den Kunden zusätzlich nach Einwand von § 315 i.J. 2004, z.B. 2 Jahre nicht nur in dem Glauben Tarifkunde zu sein, sondern gibt auch noch fahrlässig Falschinformationen, die diesen Glauben stärken:
Er machte sich nicht die Mühe das bestehende Vertragsverhältnis
vor seiner Antwort mittels Textbausteinen zu prüfen.
4. Wie weit könnte man also mit einer Rückforderung zurückgehen?
5. In welcher Höhe und für welchen Zeitraum liesse sich Schadenersatz zzgl. geltend machen?
3J. sind nach der
regelmäßigen Verjährungsfrist (
nach der Schuldrechtsreform 2002) normal.
Ausnahmen bestätigen aber die Regel, wie das OLG Karlsruhe zu SV-Kunden und § 315 ausführte.Falls daher fahrlässige Täuschung und eine Verletzung der Sorgfaltspflicht durch den Versorger seit 2004, immerhin 2 J. lang, vorläge?
§ 812 BGB regelt den Herausgabeanspruch aus ungerechtferigter Bereicherung.
Dies ist bei erfolgter Leistung auf ohne rechtlichen Grund gestellte Forderungen der Fall.
(gem. § 307 unwirksame Preisänderungsklauseln, unwirksame Einbeziehung der AGB in den SV-Vertrag)
Ergo Anspruch auf Rückzahlung.
Hinzu käme m.E.
§ 823 "Schadensersatzpflicht" wegen Vorsatz oder
Fahrlässigkeitund ggf.
§ 819 BGB "Verschärfte Haftung bei Kenntnis und bei Gesetzes -oder Sittenverstoß":
(1) Kennt der Empfänger den Mangel des rechtlichen Grundes bei dem Empfang oder erfährt er ihn später, so ist er von dem Empfang oder der Erlangung der Kenntnis an zur Herausgabe verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Herausgabe zu dieser Zeit rechtshängig geworden wäre. in § 199 BGB "Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist und Höchstfristen" heisst es:
(
1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem
1. der Anspruch entstanden ist
und
2. der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren
1. ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2. ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an. Auf der Seite
http://www.olg-koeln.nrw.de/home/aufgaben/ju_verw/schuldrechtsreform.htmist folgendes, immerhin von einem Richter am OLG Köln, erklärt:
2. Überblick über das Übergangsrecht
Die Übergangsvorschriften finden sich in Art. 229 § 5 bis § 7 EGBGB. Das neue Recht gilt danach im Grundsatz nur für die Schuldverhältnisse, die ab dem 1. Januar 2002 entstanden sind, während auf Schuldverhältnisse, die vor dem 1. Januar 2002 entstanden sind, das bisherige Recht anwendbar ist, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist. Eine Ausnahme gilt für Dauerschuldverhältnisse, die vor dem 1. Januar 2002 entstanden sind; auf sie ist nur noch bis zum 31. Dezember 2002 das bisherige Recht anwendbar, ab dem 1. Januar 2003 dagegen das neue Recht.
Ferner sieht für das Verjährungsrecht Art. 229 § 6 EGBGB eine besondere (recht komplizierte) Regelung vor. Es sind drei Kategorien von Ansprüchen zu unterscheiden:
Auf Ansprüche, die bereits vor dem 1. Januar 2002 verjährt sind, ist altes Recht anwendbar.
Auf Ansprüche, die erst nach dem 31. Dezember 2001 entstehen, findet ausschließlich das neue Recht Anwendung.
Nur für die am 1. Januar 2002 bestehenden, aber – nach altem Recht – noch nicht verjährten Ansprüche greift die Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 6 EGBGB ein. Danach gelten im Grundsatz die neuen Verjährungsvorschriften, allerdings mit verschiedenen Modifikationen, auf die ich später noch eingehen werde. [/color]
Weiterhin heißt es:
5. Beginn der Verjährungsfrist und Höchstfristen (§§ 199 bis 201 BGB)
Völlig neu geregelt ist der Beginn der (dreijährigen) Regelverjährungsfrist. Nach § 199 BGB ist der Verjährungsbeginn grundsätzlich kenntnisabhängig ausgestaltet. Die regelmäßige Verjährung beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
Dagegen ist die weitere Voraussetzung der Kenntnis des Anspruchs und der Person des Schuldners neu. Die Anlehnung an die bisherige Regelung des § 852 Abs. 1 BGB, der deshalb auch in dieser Form entfällt, ist offensichtlich, wobei außer dem Tatbestandsmerkmal der Kenntnis dasjenige der grob fahrlässigen Unkenntnis hinzutritt.....
Darüber hinaus unterliegt die Regelverjährung jedoch auch einer zeitlichen Obergrenze, was wegen der Kenntnisabhängigkeit erforderlich ist. Dies sind die sog. Höchstfristen, die in § 199 Abs. 2 bis 4 geregelt sind.
Nach § 199 Abs. 2 verjähren Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an. Die Berechnung erfolgt – wie bei allen Höchstfristen, aber anders als beim Beginn der Regelverjährung – tagegenau.
Nach § 199 Abs. 3 verjähren sonstige Schadensersatzansprüche
(1) ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung (= Schaden) an, und
(2) ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist dabei die früher endende Frist.Anhand dieser Ausführungen scheint mir für die eingangs genannte Hypothese:
1. entweder ein Anspruch auf Rückzahlung und Schadenersatz für 10J. anstatt für 3J. in Frage zu kommen
oder doch lieber die Variante
2. wegen des Dauerschuldverhältnisses: Rückzahlung 3J., Schadenersatz 10J.
Oder gibt es gar eine Nr.3...4...5?
Was meint Ihr?