Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
Sondervertragskunden/Rückforder./Sch.ersatz/Verjährung
RR-E-ft:
@berghaus
Endlose Diskussion.
Viel Freude bei der weiteren Diskussion, derweil man etwaige Rückforderungsansprüche verjähren lässt, statt diese zeitnah prüfen zu lassen und ggf. geltend zu machen. Gut, dass einmal darüber geredet wurde. Manchem geht es womöglich weniger um die Rückforderung selbst als um die Diskussion darüber. Wie sollte denn wohl ein Sondervertragskunde erst noch Kenntnis von der Nichtschuld einer bereits geleisteten Zahlung erlangen, zumal wenn die Zahlung unter Vorbehalt erfolgt war ?
berghaus:
@RR-E-ft
--- Zitat ---Wie sollte denn wohl ein Sondervertragskunde erst noch Kenntnis von der Nichtschuld einer bereits geleisteten Zahlung erlangen, zumal wenn die Zahlung unter Vorbehalt erfolgt war ?
--- Ende Zitat ---
Vorbehalte wurden doch meist erst ab 2004 gemacht. Ich erst mit meiner Unkenntnis und Unwissenheit ab 2006.
Spitzfindig könnte man Ihre Ausführungen nun wieder dahingehend auslegen, dass mit dem ersten Vorbehalt die Verjährungsfrist auch für die Menge der Überzahlungen in den 10, 20 und mehr Jahren davor begonnen hat.
Verständlich erklärt wurde das mit der Kenntnis immer noch nicht.
berghaus
tangocharly:
@ Lothar Gutsche
Auch wenn ich Sie verstehe, was die bestehende Ohnmacht gegen die Arroganz der Versorger anlangt und engagierteres Verhalten der versammelten Verbraucher hiergegen anlangt (\"Wir sind das Volk\"), Ihr Mut in allen Ehren.
Eine 100%-ige Kürzung ist jedenfalls (derzeitig) keine Verhandlungsbasis, auch wenn Sie den Gesamtpreis als unbillig rügen.
Mal abgesehen davon, dass Sie damit gegen den Widerstand der unteren Instanzen auflaufen, die alle nur den VIII. Senat zitieren (worüber ich mich allenthalben wundere. Denn Richter können ja lesen. Und weil sie dies können, können sie ja auch Entscheidungen des Kartellsenats lesen -- die sie aber vielleicht nicht verstehen 8) ), werden Sie spätestens dann, wenn sich die Vergleichsmarkt-Kriterien eingebürgert haben, erhebliche Probleme erwarten. Hierüber will ja der VIII. Senat ja noch einmal nachdenken 8o
Vor einer Versorgungssperre sind Sie nur soweit geschützt, als der Unbilligkeitseinwand nach § 315 BGB reicht. Sollte der Versorger dann genau auf dieser Linie liegen (Vergleichsmarktpreis), dann müssen Sie aber schnell für eine Kontokorrentdeckung sorgen.
RR-E-ft:
@tangocharly
Voraussetzung für Vergleichsmarkt wäre überhaupt, dass tatsächlich der Gesamtpreis der Billigkeitskontrolle unterliegt, also etwa dann, wenn der Versorger eine Monopolstellung einnimmt, das Berfungsgericht eine solche festgestellt hatte, der BGH als Revisionsinstanz an diese Feststellung gebunden ist (BGH, Urt. v. 13.06.2007 - VIII ZR 36/06 Rn. 35). Unterliegt der Gesamtpreis aber der gerichtlichen Billigkeitskontrolle, so kann man sich diesem gegenüber auch auf § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB berufen (vgl. BGH, Urt. v. 05.07.2005 - X ZR 60/04 , NJW 2005, 2919).
Der Kartellsenat hat im Urteil vom 29.04.2008 - KZR 2/07 zutreffend gefolgert, dass bei einem gesetzlichen Leistungsbestimmungsrecht gegenüber Tarifkunden aus der unmittelbaren Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB auch eine Verpflichtung besteht, die Entgelte abzusenken, wenn dies für die Kunden günstig ist. Damit müsse auf die Kostenentwicklung des Versorgers reagiert werden. Demnach kann m. E. der angemssene Tarifpreis nur das Ergebnis der konkreten Kostenkalkulation des Unternehmens sein (ähnlich BGH, Urt. v. 18.10.2005 - KZR 36/04 - Netzentgelte I und Urt. v. 04.03.2008 - KZR 29/06 - Netzentgelte III sowie BGH, Urt. v. 18.10.2007 - III ZR 277/06 - Landeentgelte).
In seinem Urteil vom 02.10.1991 - VIII ZR 240/90 (NJW-RR 1992, 183) wurde das Vergleichsmarktprinzip bei der Billigkeitskontrolle einseitig festgesetzter Energiepreisen mit Rücksicht auf § 1 EnWG zutreffend ausdrücklich abgelehnt, anders noch zuvor BGH, Urt. v. 16.06.1971 (MDR 1971, 908 - Stromlieferung).
Kürzt man zuviel, besteht die Gefahr des teilweisen Unterliegens deshalb. Andererseits ist die Entscheidung wegen des höheren Gegenstandswerts der Klage eher berufungsfähig. Geht der Streit nämlich nur um einen Betrag unter 600 € ist nach der ersten Instanz regelmäßig Schluss. Gerade wenn der Streit nur um Kleinbeträge geht, ist das Ergebnis hinsichtlich der Kostentragungspflicht wegen der verhältnismäßig hohen Prozesskosten besonders bitter. Da nützt es dann nichts, wenn man davon überzeugt ist, das Gericht habe nicht zutreffend geprüft, eben weil die Entscheidung nicht berufungsfähig ist.
Selbstredend muss jeder, der nach Unbilligkeitseinrede Rechnungsbeträge kürzt, entsprechende Rücklagen für den Fall bilden, dass sich die gerichtlich zu kontrollierende einseitige Entgeltfestsetzung gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB - auf welchem Wege auch immer - dabei als billig erweist. In diesem Fall war das einseitig festgesetzte Entgelt von Anfang an verbindlich und fällig, was jedoch erst durch entsprechende gerichtliche Entscheidung festgestellt werden kann (vgl. BGH Urt. v. 05.07.2005, aaO.).
Wichtig ist, dass nicht alle Energiepreise der Billigkeitskontrolle unterliegen. Selbst aus einer marktbeherrschenden Stellung eines Gasversorgers folgt kein Recht zur einseitigen Entgeltneufestsetzung gegenüber Kunden, die aufgrund von Sonderabkommen beliefert werden (BGH, Urt. v. 29.04.2008 - KZR 2/07).
@berghaus
Es ist nicht ersichtlich, was Sie davon abhalten könnte, Ihren ganz konkreten Fall durch einen Anwalt prüfen zu lassen, sich das Ergebnis dieser Prüfung verständlich erklären zu lassen und sich dadurch die entsprechenden Kenntnisse zu verschaffen. Dafür ist es ohne Belang, ob Sie - warum auch immer - erst seit 2006 dafür Veranlassung sehen sollten...
Lothar Gutsche:
@ tangocharly
Was die Kontokorrentdeckung anlangt, so habe ich inzwischen über 3500 Euro an zurückbehaltenen Zahlungen auf einem eigenen Konto angesammelt. Gegenüber den Stadtwerken habe ich nicht einfach nach Schema F die Unbilligkeit des Gesamtpreises nach § 315 BGB eingewendet, sondern ich habe ausführlich beschrieben, was der Billigkeitsnachweis mindestens klären muß. Die fünf wichtigsten Positionen lauten:
[*]Nachweis, dass sich die Millionenverluste der Stadtwerke aus ihren spekulativen Zinsderivatgeschäften nicht in den Energie- und Wasserpreisen niederschlagen
[*]Notwendigkeit der Quersubvention von öffentlichem Nahverkehr und Schwimmbädern über Gewinne aus dem Energieverkauf, nachdem das Bundesverfassungsgericht am 11. Oktober 1994 unter Aktenzeichen 2 BvR 633/86 im Urteil zum sogenannten Kohlepfennig jegliche Sonderabgabe auf Energiepreise untersagt hat
[*]Nachweis des kostengünstigen Bezugs von Vorleistungen für Erdgas und Strom bei Vorlieferanten, insbesondere Erklärung der Preisspaltung zwischen Kraftwerkskunden und Haushaltskunden
[*]Berücksichtigung der kostenlos zugeteilten CO2-Emissionszertifikate im Strompreis
[*]Nachweis, dass die Stadtwerke bei ihren Vorlieferanten nach einschlägigen Entscheidungen des Bundeskartellamtes Schadenersatz geltend gemacht haben
[/list] Mit dem letzten Punkt komme ich auch auf den Titel des Threads \"Sondervertragskunden/Rückforder./Sch.ers atz/Verjährung\" zurück. Nicht nur wir als Endverbraucher haben mögliche Schadenersatzansprüche gegenüber unserem Regionalversorger zu prüfen, sondern auch die Stadtwerke gegenüber ihren Vorlieferanten! Wenn die Stadtwerke solche Schadenersatzansprüche nicht geltend machen, obwohl sie schriftlich darauf hingewiesen wurden, dann bekommen sie keinen Euro von mir, sondern Strafanzeigen wegen Untreue und Steuerhinterziehung. Z. B. ist die Quersubvention dauerhaft defizitärer Betriebe nach Auffassung des Bundesfinanzhofes vom 22.8.2007 unter Aktenzeichen I R 32/06 eine verdeckte Gewinnausschüttung.
So ohnmächtig, wie Sie annehmen, sind wir als Verbraucher gar nicht. Es erfordert allerdings ziemliches Standvermögen gegenüber Steuerfahndern, Staatsanwälten, Kartellwächtern und Kommunalaufsehern, damit die zuständigen Beamten auch ihren Job tun. Die Gefahr besteht nämlich darin, dass begünstigte Politiker deren Arbeit negativ beeinflussen. Wer auf sein Stadtwerk ebenfalls Druck ausüben möchte, kann mich gern unter der E-Mail-Adresse Lothar.Gutsche (at) arcor.de kontaktieren. Ich bin übrigens kein Jurist, sondern berichte nur über meine persönlichen Erfahrungen.
Viele Grüße
Lothar Gutsche
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