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Autor Thema: BGH: § 315 BGB verlangt kein Monopol/ Angewiesenheit  (Gelesen 4168 mal)

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Offline RR-E-ft

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BGH: § 315 BGB verlangt kein Monopol/ Angewiesenheit
« am: 06. März 2007, 18:29:26 »
[ VI-ZR-67-06  23-01-2007 ]

Dem Urteil des BGH vom 23.01.2007 - VI ZR 67/06 - in Randnummer 14 lässt sich entnehmen, wann die zivilrechtliche Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB zur Anwendung kommt:

Eine Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB findet dann statt, wenn bei fehlender Vereinbarung eines Preises/ einer Vergütung/ eines Honorars dem Leistungserbringer ein einseitiges Preisbestimmungsrecht zusteht, zum Beispiel einem Kfz- Sachverständigen.

http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=8666cfb1b5223251905a1ca00b5e0249&client=%5B%273%27%2C+%273%27%5D&client=%5B%273%27%2C+%273%27%5D&nr=39041&pos=0&anz=42

Kein Monpol, keine Angewiesenheitslage.

Entsprechende Sachverständige gibt es "wie Sand am Meer" (ich übertreibe etwas).

Es gibt fast so viele Sachverständige wie Rechtsanwälte.  :wink:

Und wo ist nun also noch der Unterschied zwischen einem solchen Sachverständigen zu einem Energieversorgungsunternehmen im liberalisierten Markt?

Es gibt keinen.

Stadtwerkevertreter würden vielleicht gegen eine zu hohe Honorarforderung des Sachverständigen argumentieren, man könne ja wechseln, Billigkeitskontrolle deshalb nicht erforderlich.

Sicher.

Nur wer bezahlt die gepfefferte Honorarrechnung, die der Sachverständige für seine Tätigkeit ins Haus geschickt hat?  :roll:

Für die Frage, ob diese zu hoch oder angemessen ist, kommt es doch nicht darauf an, dass man beim nächsten Mal einen anderen Sachverständigen wählen kann.

Nicht anders verhält es sich mit den als gepfeffert empfundenen Energieverbrauchsabrechnungen.

Logisch, aber den Kollegen aus der Energiewirtschaft offensichtlich schwer vermittelbar. An dem Beispiel merkt man, wie krude und verkorkst die Argumente der Energieversorger gegen eine Billigkeitskontrolle einseitig festgelegter Preisbestimmungen sind.

Ach ja:

Der Kfz- Sachverständige hatte selbstredend nicht einmal eine Monopolstellung oder auch nur marktbeherrschende Stellung, so dass für die Vorschriften des Wettbewerbs- und Kartellrechts von Anfang an gar kein Platz war....

Fehlte nur noch, dass ein Energieversorger riefe, aber man sei doch Monopolist und könne deshalb quasi aus der Natur der Sache nicht "billig".

Schlussendlich Anschluss- und Benutzungszwang: Ebenso Fehlanzeige.


Fazit:

Ohne Vereinbarung eines konkreten Preises unterfällt die einseitige Preisbestimmung der Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB oder es gibt (von Ausnehmen abgesehen) schon keinen wirksamen Vertragsabschluss.

Das "billige Ermessen" ist bei der einseitigen Preisfestsetzung zu beachten.


Das gilt auch für EVU, selbst wenn sie eine Monopolstellung inne haben sollten.

Maßstab für die Billigkeit einer einseitigen Preisbestimmung eines Energieversorgungsunternehmens ist aber die Beachtung des das gesamte Energiewirtschaftsrecht beherrschenden Grundsatzes der Preisgünstigkeit  gem. § 1 EnWG (vgl. BGH NJW-RR 1992, 183 ff.).

 

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