Eine Totalverweigerung liegt nur vor, wenn gar nichts mehr bezahlt wird.
Die Preise waren wohl schon bisher zu hoch, vgl. letzte \"Energiedepesche\" Heft 4/2004, S. 25.
Die Preiserhöhung der Ferngasgesellschaften zum 01.10.2004 um 4 % (Wingas, VNG Leipzig, Eon Ruhrgas) konnte wohl nur zu einer Preiserhöhung von 1,2 % führen, da der Erdgasbezug nur ca. ein Drittel an den Endverbraucherpreisen ausmacht.
Mit den von den Verbraucherzentralen vorgeschlagenen zwei Prozent billigt man also wohl schon mehr zu, als es der Billigkeit entsprechen würde.
Man kann auch einfach den alten Preis weiterzahlen. Das Risiko in Bezug auf den Streitwert und die Kosten einer juristischen Auseinandersetzung dürfte sich dadaurch nicht erheblich ändern.
Bei einem geringen Streitwert ist das Risiko anteilig gesehen sogar höher, weil die Gerichts- und Anwaltskosten degressiv gestaltet sind.
Bei einem Streitwert bis 300 EUR beträgt das Kostenrisiko im Falle des Unterliegens 237,50 EUR, abgestellt auf die anfallenden Gerichts- und Anwaltskosten, wenn auf jeder Seite ein Anwalt beteiligt ist.
Dieses Risiko ist genauso groß, wenn man sich nur um einen Euro streitet (siehe: Streitwert bis 300 EUR).
Mithin ist das Risiko oftmals das selbe, ob man nun zwei Prozent zubilligt oder nicht.
Nach dem Einwand der Unbilligkeit ist der gesamte Erhöhungsbetrag nicht zur Zahlung fällig.
Wenn vor einem Zahlungsprozess des Versorgers jedoch die Kalkulation nicht nachvollziehbar offengelegt wurde, sondern erst im Prozess und der Kunde hiernach zu der Überzeugung gelangt, dass die Preiserhöhung angemessen war, kann er die Klageforderung noch sofort anerkennen im Sinne von § 93 ZPO.
Der Kunde hat dann entsprechend seines Anerkenntnisses den streitigen Betrag zu zahlen, den der Versorger sowieso haben wollte.
Der Versorger trägt dabei jedoch die gesamten Prozesskosten, weil der Kunde keine Veranlassung zu Klage gab.
Immerhin hätte der Versorger ja schon zuvor seine Kalkulation nachvollziehbar offen legen können. Dann wäre das Problem ohne Klage aus der welt gewesen.
Bei einem Kunden mit Gasherd kann das bedeuten, dass er anerkennt, die 50 EUR/ Jahr, welche aus der Preiserhöhung resultieren, mehr zu zahlen.
Der Versorger hat Prozesskosten in Höhe von 237,50 EUR zu tragen.
Dann hat der Versorger nicht nur seine Kalkulation offen gelegt, sondern das ganze rechnet sich auch gar nicht für ihn.
Darum und weil die Versorger wohl aus gutem Grund offensichtlich Angst haben, ihre Kalkulation offen zu legen, wird es wohl in absehbarer Zeit zu keinen entsprechenden Klagen kommen; es sei denn die Aktion nimmt solche Ausmaße an, dass die Versorger die Differenzen nicht mehr kompensieren können.
Zudem werden sich die Kunden, die immer noch vollständig zahlen doch wohl die berechtigte Frage stellen, ob sie die Dummen sind, die Zeche für die anderen mit bezahlen, weil die Versorger nicht klagen.
Bevor die Versorger ihre Kalkulationen offen legen, werden sie sich hoffentlich ebenfalls unter Berufung auf Unbilligkeit gegen die Preiserhöhungen ihrer Vorlieferanten zur Wehr setzen.
Das ist viel einfacher und effektiver.
Einzelne Stadtwerke erwägen dies bereits.
Hierzu sollten diese ausdrücklich ermutigt werden:
Der Kunde, der beim Gas den Versorger nicht wechseln kann, kann aber in Aussicht stellen, wenn er von dem selben Versorger auch mit Strom beliefert wird, aus Protest gegen die Gaspreiserhöhung zu einem anderen Stromlieferanten zu wechseln.
Allein die Verbraucher haben die Macht zur Veränderung in einer Marktwirtschaft, weil sie sich entscheiden können, mit wem sie Verträge abschließen und wem sie deshalb dafür Geld zahlen.
So manchem Stadtwerksdirektor dürfte bei der Vorstellung schwindlig werden, dass alle Stromkunden aus Protest ihren Versorger wechseln.
Freundliche Grüße
aus Jena
Thomas Fricke
Rechtsanwalt