Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
neue Bedingungen??
RR-E-ft:
@eislud
--- Zitat ---Die Bedingungen der GVV könnten doch nur dann Anwendung finden, wenn sie ohne den Anwendungsbereich laut GVV quasi abgeschrieben in die AGB des Versorgers integriert werden.
--- Ende Zitat ---
Das nennt sich dann gerade "Ersatzklauselwerk" in AGB.
Der Streit kann darüber gehen, ob man die Bestimmungen der GVV die mit "Im übrigen gelten die Bestimmungen der GVV entsprechend" gemeint sein sollen, überhaupt konkret genau benannt hat, ob diese Bedingungen für eine wirksame Einbeziehung gesondert vor Vertragsabschluss ausgehändigt werden müssen, so dass deren Inhalt zur Kenntnis genommen werden kann usw. usf..
In jedem Falle handelt es sich in Bezug auf Sonderverträgen lediglich um AGB des Verwenders, die der AGB- Kontrolle unterliegen.
Es stellt sich deshalb immer zunächst die Frage nach der wirksamen Einbeziehung in einen Vertrag und sodann - bei wirksamer Einbeziehung - die Frage nach der Wirksamkeit entsprechender Klauseln anhand der besonderen Bestimmungen gem. §§ 305 ff. BGB.
Jeweils abhängig von den Umständen des Einzelfalles kann es bei dieser Prüfung zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen, so dass sich eine globale Aussage gerade nicht treffen lässt.
Probleme werden schon bei der wirksamen Einbeziehung gem. § 305 BGB und hinsichtlich der verwendeten Formulierungen bei der Transparenz gem. § 307 BGB liegen, neben anderen.
Wer sich als Verbraucher nun aber anschicken würde, nach Formulierungen zu suchen, die wirksame Klauseln begründen, wäre wohl mit Rücksicht auf § 306 f. BGB "mit dem Klammerbeutel gepudert".
Es ist nicht unsere Aufgabe, den Versorgunsunternehmen und deren Juristen ihre schwierige Arbeit abzunehmen, auch wenn einige der Meinung sein könnten, für ihren privaten Hausgebrauch hobbymäßig durchaus in der Lage zu sein, eigene Allgemeine Geschäftsbedingungen erfolgreich zu konzipieren, was bezweifelt werden darf.
Mancher traut sich hinsichtlich solch komplexer Rechtsmaterie wie dem AGB- Recht einfach zuviel zu, wenn er ohne entsprechende Ausbildung Aussagen zu entsprechenden Vertragsangeboten treffen und entsprechende Einschätzungen abgeben wollte......
Beredtes Zeugnis dafür legt die obige "Kaffesatzleserei"ab.
Meine Meinung:
"Es ist des Menschen Recht auf Erden, Recht zu haben und Jurist zu werden." (Wenzel)
eislud:
@RR-E-ft
Danke für die Ausführungen.
Ich wollte mit meiner obigen "Kaffesatzleserei" keineswegs eine globale Aussage über Einbeziehung der GVV oder Wirksamwerden von Bedingungen der GVV in Sonderverträgen treffen. Mir ist durchaus bewußt, dass es hier immer auf den Einzelfall ankommt.
Ich hatte vielmehr speziell eine Meinung dazu erhofft, ob die von @Cremer zuletzt zitierte "Vertragsgrundlage", um die es doch hier noch gehen sollte, dazu führen kann, dass der in § 1 der GVV festgelegte Anwendungsbereich nicht mehr gilt und gleichzeitig die anderen §§ der GVV angewendet werden können.
Demzufolge ging es eben gerade um die §§ 305 bis 307 und gegebenenfalls auch weitere §§.
Ich mußte dazu voraussetzen, dass die GVV in den Vertrag einbezogen wurde, weil ich nicht in der Lage bin, das schlüssig aus den Gesetzen abzuleiten. Natürlich kann diese Voraussetzung durchaus fehlen, das kann ich garnicht beurteilen.
Es ging aber auch nur um ein abstraktes, isoliertes Modell, also einem eingeschränkteren Umfeld, für eine pragmatichere Art der Argumentation. Man nimmt sich ein fest abgestecktes Umfeld und argumentiert innerhalb dieses Umfelds und das unabhängig davon, ob es je dazu kommen kann, weil andere Größen ausserhalb des Umfeldes ein solches niemals zulassen würden.
Macht jeder regelmäßig jeden Tag.
Die Modellbetrachtung sieht also etwa wie folgt aus:
Angenommen die GVV wird durch die "Vertragsgrundlage" in den Vertrag einbezogen.
Wiederspricht nicht der § 1 der GVV nun der entsprechenden Anwendung auf einen Sondervertrag?
Wird gegebenfalls von den Vertragsparteien die Kenntniss erwartet, dass der § 1 der GVV sinngemäß entsprechend auf den Sondervertragsnehmer transformiert werden muss?
Eine Meinung könnte nun lauten, dass sich die Frage nicht stellen kann, weil es zur Einbeziehung in diesem Fall nicht kommen kann weil .... Das wäre zwar keine isolierte Modelbetrachtung mehr, wäre aber nachvollziehbar. Wozu sich Gedanken über etwas machen, was sowieso nicht eintreten kann.
Eine andere Meinung könnte darin bestehen, dass der § 1 GVV in der Modellbetrachtung dafür sorgt, dass die weiteren §§ der GVV unmöglich auf einen Sondervertrag angewendet werden können, weil ...
Eine weitere Meinung könnte zum gegenteiligen Schluss kommen, weil ...
Ihre Ausführungen gehen weit darüber hinaus und bewegen sich auch nicht im Modell.
Als themenkundiger Jurist macht das für Sie natürlich absolut Sinn, den Weg von vorne zu gehen. Ich kann den Weg von vorne bis hinten aber nicht mitgehen. Ich kann nur einen bestimmten Teil des Weges mitgehen, muss mich zum Beginn des Teilweges beamen (Annahmen treffen) und muss mich am Ende des Teilweges auch wieder abholen lassen (Konsequenzen herleiten).
"Vertragsgrundlage" von @Cremer
Die "Lieferbedingungen Speicheranlagen" und die AGB-Strom der EWR gelten als vertraglich vereinbart. Soweit dieser Vertrag oder die vorgenannten Bedingungen nichts Abweichendes vorsehen, gilt die Verordnung über Allgeinen Bedingungen für die Grundversorgung von Haushaltskunden und die Ersatzstromversorgung mit Elektrizität aus dem Niedersapannungsnetz (Stromgrundversorgungsverordnung - StromGVV) und die "ergänzenden Bestimmungen" hierzu entsprechend.
Gruss eislud
RR-E-ft:
@eislud
Ich meinte Sie gar nicht mit der Kaffesatzleserei. :wink:
Naturwissenschaftler und Techniker wie auch Wirtschaftswissenschaftler arbeiten gern und notwendigerweise mit ceteris paribus - Modellen.
Hier ist das etwas anders.
Hinsichtlich der AGB eines Versorgungsunternehmens fragt man nur nach deren konkreter Wirksamkeit.
Die AGB können inhaltsgleich abgeschrieben sein oder aber auf die GVV pauschal verweisen und vermögen doch nie, die GVV selbst und deren Anwendungsbereich zu tangieren, noch handelt es sich dabei um die GVV.
Es sind zwei vollkommen voneinander getrennte Welten.
Es sind und bleiben ganz normale AGB.
Für die GVV und deren Anwendungsbereich ist es also vollkommen egal, welche AGB einzelne Versorgungsunternehmen verwenden.
Dies hat keinerlei Auswirkungen auf die GVV und deren Anwendungsbereich.
Möglicherweise reden wir nur aneinander vorbei.
eislud:
@RR-E-ft
Sie sind ja ein richtiger Schelm (Gott sei dank befinden wir uns nicht mehr im 17. Jahrhundert).
Obwohl ich zugeben muss, dass es hier nirgends anders geschrieben steht, handelt es sich natürlich nicht um die GVV als solche, die in irgendeiner Weise geändert werden soll, auch nicht Ihre Bedeutung. Ich kann jetzt auch gut nachvollziehen, dass Sie immer wieder betonen, dass es sich um AGB handelt, obwohl ich jedesmal hätte schreien wollen - weiß ich doch.
Wird aus einer AGB bezug auf die GVV genommen, werden die §§ der GVV Bestandteil der AGB, so auch in der "Vertragsgrundlage" von @Cremer. Ich hoffe so kann man es formulieren.
Immerhin sollte damit klar sein, dass es sich bei den aus der GVV in die AGB übernommene §§ um einen insich zusammenhängenden Bereich handelt. Beginnend mit einem § 1 und endend mit einem § 23.
Meines Erachtens widerspricht der aus der GVV in die AGB übernommene § 1 nun der entsprechenden Anwendung der aus der GVV in die AGB übernommen §§ 2 bis 23 auf einen Sondervertrag.
Meines Erachtens kann auch von den Vertragsparteien nicht erwartet werden, dass der aus der GVV in die AGB übernommene § 1 sinngemäß entsprechend auf den Sondervertragsnehmer transformiert werden muss. Davon dürfte schon deshalb nicht auszugehen sein, weil die AGB regelmäßig nicht nur für Sonderverträge gelten.
Das sagt mir aber nur mein Bauch :-). Auch wenn mein Bauch ständig "hinzulernt" und auch einen kleinen Überblick über die Transparenzkriterien des § 307 BGB hat, ist er aber nicht wirklich gefragt oder in der Lage eine begründete Meinung abzugeben.
Ich würde mich über eine weitere Antwort freuen.
Gruss eislud
RR-E-ft:
@eislud
Wir reden wohl aneinander vorbei, was nicht an Schelmereien liegt sondern eher am Unverständinis über die Reichweite der Privatautonomie:
Stellen Sie sich eine mit § 1 GVV inhaltsgleiche, ggf. sogar wortgleiche Klausel in einem Vertrag vor.
Diese kann zwischen den Vertragspartnern in deren Vertragsverhältnis überhaupt nichts regeln.
Mehr als in ihrem Vertragsverhältnis zu regeln, sind die Vertragspartner aufgrund der Vertragsautonomie jedoch nicht befugt.
Insbesondere können die Vertragspartner sich nicht kraft ihrer Wassersuppe an die Stelle des Verordnungsbebers setzen und die GVV ändern. Schon der Verordnungsgeber bedurfte zum Erlass der Verordnung der Ermächtigungsgrundlage in § 39 EnWG.
Wieviel weniger können also Privatpersonen ermächtigt sein, die Verordnung zu ändern.
Vertragspartner können immer nur ihr eigenes Vertragsverhältnis im Wege einer Einigung regeln, mehr nicht.
Eine vereinberte Vertragsklausel mit dem Inhalt des § 1 GVV liefe also vollkommen leer.
Man hätte auch statt dessen eine Klausel mit in den Vertrag aufnehmen können, die sich - ebenso unnütz- zur Rolle des Theaters in der Antike verhält.
Etwa so:
§ 1
"Das Theater hatte in der Antike einen weit höheren politischen Stellenwert als heute."
Schön, wenn man sich (ggf. nach langen Verhandlungen) mit seinem Versorger darüber einig werden konnte. Für die vertragsgegenständlichen Energielieferungen kann es indes keinerlei Bedeutung erlangen. Die Klausel ist so unnütz wie ein Kropf oder einfach redundant.
(Eine solche Klausel hätte nicht nur für einen Energieliefervertrag keinerlei Bedeutung. Sie wäre auch - vollkommen offensichtlich - ungeeignet, die tatsächliche Rolle des Theaters in der Antike überhaupt zu tangieren. Diese würde sich kraft vertraglicher Vereinbarung eben nicht ändern lassen.)
Entsprechende Lyrik findet sich indes in mehr Verträgen als man gemeinhin annimmt.
Das gilt schon bei individueller Einigung auf eine entsprechende Klausel.
Es gilt umsomehr, wo eine solche Klausel im Wege von AGB einseitig gestellt wird.
Man könnte die Frage stellen, welche Bestimmungen der GVV überhaupt noch neben den ausdrücklichen Vertragsbestimmungen (allesamt oft AGB) noch wo ergänzend wie entsprechend gelten sollten.....
Das könnte schon allein eine Intransparenz bedeuten.
Indes:
Niemand hindert Sie daran, beim Abschluss eines Wohnungsmietvertrages oder eines Kaufvertrages über einen Gebrauchtwagen vertraglich zu vereinbaren:
"§ 1 StromGVV gilt entsprechend."
Dabei weiß dann auch niemand etwas damit anzufangen.
Möglicherweise sieht es schick aus.
Ungewöhnlich wäre es allemal und verboten ist es nicht.
Einige versuchen, sich auf diesem Weg Bedeutung zu verleihen.
Man könnte ebenso auch jedem x- beliebigen anderen Vertrag irgendwelchen anderen Nonsens voranstellen oder aufnehmen, etwa bei einem Gartenpachtvertrag:
"§ 3 EnWG gilt entsprechend."
Wenn man den Verkäufer vom Bratwurststand kennt, lässt sich dieser ggf. sogar darauf ein, wenn man die nächste Wurst dort kauft.
Man wird sich einig über den Bratwurstkauf und vereinbart zudem "Im übrigen gilt § 3 EnWG entsprechend."
Probiert es nur aus ! Es funktioniert und keiner holt deshalb die Polizei ! :D :D :D
Schon hat man einen bedeutungsschweren, ganz ungewöhnlichen Bratwurstkaufvertrag abgeschlossen
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