Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: § 315 BGB umgehen durch die Hintertür? > Neue Verträge, E  (Gelesen 7901 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Offline EmptyWallet

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 13
  • Karma: +0/-0
§ 315 BGB umgehen durch die Hintertür? > Neue Verträge, E
« am: 27. September 2006, 12:26:58 »
Neue Tarifmodelle bei der ENSO

Ab dem Jahr 2007 bietet die ENSO den bisher gültigen Sondervertrag S1 nicht mehr. Bis dahin soll sich der Verbraucher zwischen zwei Neuverträgen entscheiden – ENSO Vario und ENSO Fix.

Der Hintergrund der ganzen Aktion scheint ganz offensichtlich – man möchte damit den Sondervertrag, mit der in erster Gerichtsinstanz für unwirksam erklärten Preisanpassungsklausel über Bord werfen. Gleichzeitig zwingt man natürlich die ganzen „widerspenstigen“ Kunden in neue Verträge, die wohl oder übel die neuen Preise anerkennen müssen – um nicht in den noch teureren Allgemeinen Tarif zu fallen.

Wer kann mir hier rechtlich bisschen auf die Beine helfen. Kann es wirklich sein, dass die ENSO meine bisherigen fünf Widersprüche zu vergangenen Preisanhebungen mit dieser Vertragskündigung kassiert? Zwar steht mir nach Vertragsänderung das Recht zum Wechsel des Versorgers zu – was aber nicht wirklich eine Alternative ist, da es einfach keinen zweiten Anbieter gibt (und wahrscheinlich auch bis Jahresende nicht geben wird).

Könnte ich aus diesem Grund die Option haben – zwar in den neuen Vertrag einzutreten, aber zu meinem reduzierten Preis (da in Widerspruch befindlich) aus dem Altvertrag? Und müsste die ENSO mich dann tatsächlich auch versorgen (rein formal soll ja ein Wechsel zum Oktober möglich sein)?


EmptyWallet

Offline RR-E-ft

  • Rechtsanwalt
  • Forenmitglied
  • ***
  • Beiträge: 17.078
  • Karma: +15/-2
  • Geschlecht: Männlich
§ 315 BGB umgehen durch die Hintertür? > Neue Verträge, E
« Antwort #1 am: 27. September 2006, 13:42:29 »
@EmptyWallet

Die Fragen, die Sie beschäftigen, beschäftigen die Erdgaskunden der Bremer swb schon lange.

Vielleicht lassen Sie sich von den Beiträgen im entsprechenden Thread inspirieren:

Stadtwerke Bremen SWB

In Sachsen ist die Lage nicht anders als in Bremen.


Freundliche Grüße
aus Jena




Thomas Fricke
Rechtsanwalt

Offline RR-E-ft

  • Rechtsanwalt
  • Forenmitglied
  • ***
  • Beiträge: 17.078
  • Karma: +15/-2
  • Geschlecht: Männlich

Offline EmptyWallet

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 13
  • Karma: +0/-0
§ 315 BGB umgehen durch die Hintertür? > Neue Verträge, E
« Antwort #3 am: 27. September 2006, 22:05:47 »
Sehr geehrter Herr Fricke (und andere vom Thema Betroffene),

zunächst vielen Dank für die schnelle Antwort und die Links zum Thema (welche ich leider bisher übersehen hatte).
Nach eingehendem Studium der verschiedenen Einträge bin ich nicht wirklich zu einem gangbaren Weg gekommen. Teils wird die Meinung vertreten, dass nichts zu unterschreiben und demnach auch nichts anzuerkennen sei – da dies im umgekehrten Fall, u.U. bei möglicher späterer gerichtlicher Auseinandersetzung die Justiz zu der Annahme verleiten könnte – dass man ja doch mit den neuen Verträgen bzw. Gaspreisen einverstanden war.

Andererseits wird die Meinung vertreten (ebenso vom Verbraucherschutz), dass man tatsächlich den neuen Vertrag unterschreiben könnte, gleichzeitig in Widerspruch gehen und dann den alten, aus dem vorhergehenden Vertrag, geschuldeten Gaspreis bezahlen sollte. Ich würde also den Vertrag (so wie vorgelegt) akzeptieren und dann widersprechen. Aber wozu soll ich denn Widerspruch leisten – wenn ich doch vorher akzeptiert habe.

Erscheint eigentlich bloß Variante 1 Sinn zu machen. Nur muss ich mich dann in den teuren Tarif einstufen lassen. Muss ich?

Vielleicht hat jemand inzwischen die ultimative Lösung gefunden und kann helfen.


EmptyWallet

Offline Renhuppel

  • Wenigschreiber
  • Beiträge: 8
  • Karma: +0/-0
§ 315 BGB umgehen durch die Hintertür? > Neue Verträge, E
« Antwort #4 am: 28. September 2006, 02:43:41 »
Werter Herr Fricke,

die jetzige  Kündigungswelle mit  einhergehenden neuen Verträgen hat doch nur den einzigen Zweck, die Preiserhöhungen
im Nachhinein zu zementieren und bei der Gelegenheit gleich den rebellischen Kunden die Grundlage des Einspruchs der
Unbilligkeit zu entziehen.
Es würde doch z.B. keinem Versicherer oder einer Bank im Traum einfallen, die Verträge zu kündigen, nur weil sich
die allg. Vertragsbedingungen ändern.

Daher möchte ich Sie fragen ob der Tip 48 vom Bund der Energieverbraucher nicht auch in diesem Fall gilt.
 http://www.energieverbraucher.de/index.php?itid=1707&st_id=1707&content_news_detail=4823&back_cont_id=1707
Wäre aber auch interessant zu wissen ob man die Kündigung anfechten kann, eben weil kein zwingender Grund dafür vorhanden ist.


An EmptyWallet,
wenn man sich mit dem Gedanken trägt die neuen Verträge zu unterschreiben, muss einiges bedacht werden.
Erstens erkenne ich die darin festgelegten Preise an. Was dann passieren kann ist hier zu lesen.
http://forum.energienetz.de/viewtopic.php?t=4112
Desweiteren steht im Vertrag §2 Satz 3 folgendes:
„Die Vertragspartner sind sich einig, dass es sich hierbei um ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht der ENSO Erdgas handelt.
Dieses wird die ENSO nach billigem Ermessen ausüben.“ Für mich klingt das nach „Die Ausübung des Ermessens“ übernimmt die ENSO.
An die Rechtskundigen, wenn ich falsch liege bitte korrigieren.

Anderseits, warum überhaupt was unterschreiben. Ich zahle den gültigen Preis vom April 2005, den ich für angemessen hielt.
Und den zahle ich weiterhin, egal was mir die ENSO erzählt. Die Billigkeit hat mir die ENSO ja bis jetzt nicht nachgewiesen.
Kann doch so falsch nicht sein.
Wobei ich zugeben muss, das meine Situation noch komfortabel ist, da die mir zugestellte Kündigung erst im Sept. 07 wirksam ist,
somit kann ich die Entwicklung weiter beobachten ohne in Hektik zu verfallen.
_____
M.f.G.

Offline terminator3

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 128
  • Karma: +0/-0
§ 315 BGB umgehen durch die Hintertür? > Neue Verträge, E
« Antwort #5 am: 30. September 2006, 14:25:22 »
@renhuppel: Ich könnte mir vorstellen das in naher Zukunft die Kündigung der Verträge so einfach nicht mehr möglich ist, weil dadurch eindeutig das Recht auf Billigkeit der Preise gem. §315 unterbunden wird und somit rechtwidrig ist. Solange die Billigkeit nicht nachgewiesen ist und die Forderungen der Verbraucher auf eine nachweisbare Kalkulation nicht vorliegen, sehe ich das als sehr problematisch an.  : :idea:

Offline Cremer

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 5.185
  • Karma: +2/-0
  • Geschlecht: Männlich
    • http://www.cremer-kreuznach.de
§ 315 BGB umgehen durch die Hintertür? > Neue Verträge, E
« Antwort #6 am: 30. September 2006, 14:33:17 »
@terminator3
@Renhuppel

Achtung bei neuen Verträgen.

Zunächst werden die Grundlagen nach BAT rausgeschmissen und den neuen Tarif TV-V der Versorgungsindustrie eingebracht

Aber wehe, wenn sich andere Textpassagen noch geändert haben.

Also neue vorgelegte Verträge genau studieren.

Bei uns wollen die Stadtwerke Kreuznach den Kunden neue Textpassagen vertraglich unterschieben, nachdenen, wenn die Veröffentlichung des Durchschnittswertes für HEL vom Statischtischen Bundesamt nicht vorliegt, auch sonst irgendwoher Schätzpreise genommen werden können.

wörtlich:
"Sie brauchen nichts weiter zu tun, als die neuen Verträge zu Ihren Akten zu nehemen"

Es ist eine riesen Sauerei, was hier bei uns abgeht, denn Vertragsänderungen oder Ergänzungen bedürfen der beiderseitgen schriftlichen Anerkenntnis.

Die Stadtwerke setzen sich einfach über die bestehenden Vertragsbedingugnen hinweg.
MFG
Gerd Cremer
BIFEP e.V.

info@bifep-kh.de
www.bifep-kh.de
gerd@cremer-kreuznach.de

 

Bund der Energieverbraucher e.V. | Impressum & Datenschutz