Die Abhandlung von Prof. Säcker:
http://www.agfw.de/fileadmin/dokumente/rec/Aufsatz_Saecker_RdE_2006_65ff.pdfLesenswert !
Für uns hier interessant sind insbesondere die Ausführungen auf Seite 67 ff.
Es wird auch dort die Auffassung vertreten, die Preisänderungsklauseln in den Energielieferungsverträgen seien zumeist schon unwirksam gem. § 307 BGB.
Soweit ausgeführt wird, niemand habe Anspruch auf einen billigeren Preis, denn den wettbewerbsanalogen Preis, mag dies im Grundsatz richtig sein, ist jedoch nicht zielführend:
Der
wettbewerbsanaloge Preis ist ein
Grenzkostenpreis des effizienten Leistungserbringers.
Diesen kann mithin allenfalls bestimmen, wer die entsprechenden Grenzkosten kennt.
Im Ergebnis führt auch dies dazu, dass zur Feststellung des "billigen" Preises gem. § 315 BGB die Offenlegung der Preiskalkulation erforderlich ist, wobei es nicht auf ineffiziente Kostenansätze ankommen kann.
Deshalb käme es nicht auf die Kostensituation des konkreten Versorgers, sondern eines imaginären effizienten Leistungserbringers an.
Dies könnte zur Folge haben, dass ein Versorger mit den Preisen nicht einmal seine tatsächlich anfallenden, aber wegen Unwirtschaftlichkeit nicht berücksichtigungsfähigen Kosten abdecken darf, so dass ihm auch kein angemessener Gewinn mehr verbleibt (so schon KG Berlin, RdE 1997, 239 - Spreegas).
Grundsätzlich sind Ziel und Grenzen beider Kontrollen unterscheidlich und nicht deckungsgleich. Ein unbilliger Preis muss nicht in jedem Falle kartellrechtswidrig sein. Umgekehrt ist jedoch jeder kartellrechtswidrige Preis evident unbillig.
Unzutreffend sind auch die Ausführungen zum "Preissockel". Verkannt wird dabei der in die Vergangenheit gerichtete Rückforderungsanspruch gem. § 812 BGB. Niemand ist gezwungen, einen solchen Rückforderungsanspruch immer weiter anwachsen zu lassen.
Durch den bestehenden Rückforderungsanspruch auch hinsichtlich vollkommen vorbehaltlos geleisteter Zahlungen (BGH NJW 2003, 1449) ergibt sich zugleich, dass es gar keinen nicht mehr überprüfbaren "Preissockel" geben kann (vgl. auch
Fricke, WuM 2005, 547 und
Ambrosius).
Zutreffend sind insbesondere die Ausführungen auf Seite 75, re. Sp., wonach für die Prüfung der Billigkeit erhöhter Preise nicht allein auf gestiegene Beschaffungskosten abgestellt werden darf.Wer sich durch den Aufsatz durchgearbeitet hat, liest hier gleich weiter die Anmerkung von Prof. Markert:
http://www.pontepress.de/pdf/200602U2.pdfDabei halte ich angesichts des eindeutigen Wortlauts des § 315 III BGB lediglich die in Fußnote 25 geäußerte Ansicht für nicht vertretbar:
Im Falle der Unbilligkeit wird nämlich von Anfang an nur ein vom Gericht fetzusetzender Preis geschuldet, der
insgesamt erst mit der Rechtskraft des entsprechenden Gestaltungsurteils fällig wird. Daraus folgt, dass bis dahin (Rechtskraft des Gestaltungsurteils) gar nichts fällig ist.
Dies sehen die Kollegen von Clifford Chance ebenso:
http://www.competence-site.de/energie.nsf/3CFBC8F794D6718AC12571540032DC3D/$File/0602unbilligkeit%20von%20gaspreisen.pdf
"Selbst im Falle von oft jahrelangen Rechtsstreitigkeiten über die Billigkeit kann sich der Versorger nicht auf eine Art "vorläufige" Fälligkeit des billigen Anteils an seiner Forderung berufen."
So ist es.
Soweit zu den Hausaufgaben. :wink:
Wer sich dieser Mühen unterzogen hat, dem möge der daraus folgende Erkenntnisgewinn nutzen.
Freundliche Grüße
aus Jena
Thomas Fricke
Rechtsanwalt